Perry Rhodan 362: Der Irre und der Tote - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 362: Der Irre und der Tote E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Ein Mann flieht in die Totenhalle - und findet die Antwort auf die letzte Frage des Lebens An Bord des in der Kugelgalaxis M-87 verschollenen Solaren Flottenflaggschiffs CREST IV schreibt man Mitte Juli des Jahres 2436 irdischer Zeitrechnung. Während die Männer, die stellvertretend für Perry Rhodan die Geschicke des Solaren Imperiums lenken, nicht wissen, ob die CREST mitsamt ihrer Besatzung überhaupt noch existiert, ist der Großadministrator über die jüngsten Vorgänge in der heimatlichen Galaxis eingehend unterrichtet. Perry Rhodan weiß, daß jeden Augenblick ein vernichtender Schlag von seiten der Schwingungswächter oder deren Befehlsgeber gegen die Menschheit geführt werden kann. Und daher muß er bestrebt sein, jedes Mittel schleunigst anzuwenden, das zur Heimkehr in die Galaxis führen kann - denn dort ist sein Platz in der Stunde der Not. Wiederholt schon sind die Versuche der Terraner fehlgeschlagen, die mysteriösen Herren von M-87, die sich Konstrukteure des Zentrums nennen, zur Hilfeleistung zu bewegen - und auch der Kontakt mit den Okefenokees, den Philosophen von M-87 ist nicht vom Glück begünstigt. Angreifende Bestien, die den Terranern folgten, störten die Verhandlungen und trugen Tod und Vernichtung in ein friedliches Planetensystem. Nach Beendigung des Abwehrkampfes traten schließlich 32 tote Okefenokees ihre Reise ins Unbekannte an - und Lordadmiral Atlan schickte die KC-1 aus mit dem Befehl, der Flotte der fliegenden Särge zu folgen. Mausbiber Gucky, ein prominenter Teilnehmer an dem riskanten Einsatz, wird dabei auf dem Planeten Monol einer Verjüngungskur unterworfen, die auf äußerst abenteuerliche und abstrakte Art und Weise erfolgt. Aber die Welt der Kristalle hält noch weitere Überraschungen für die ungebetenen Besucher bereit! So begegnet das terranische Einsatzkommando auf Monol einem Mann von der CREST, der die Stelle eines Toten vertritt...

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Nr. 362

Der Irre und der Tote

Ein Mann flieht in die Totenhalle – und findet die Antwort auf die letzte Frage des Lebens

von WILLIAM VOLTZ

An Bord des in der Kugelgalaxis M 87 verschollenen Solaren Flottenflaggschiffs CREST IV schreibt man Mitte Juli des Jahres 2436 irdischer Zeitrechnung. Während die Männer, die stellvertretend für Perry Rhodan die Geschicke des Solaren Imperiums lenken, nicht wissen, ob die CREST mitsamt ihrer Besatzung überhaupt noch existiert, ist der Großadministrator über die jüngsten Vorgänge in der heimatlichen Galaxis eingehend unterrichtet.

Perry Rhodan weiß, dass jeden Augenblick ein vernichtender Schlag von Seiten der Schwingungswächter oder deren Befehlsgeber gegen die Menschheit geführt werden kann. Und daher muss er bestrebt sein, jedes Mittel schleunigst anzuwenden, das zur Heimkehr in die Galaxis führen kann – denn dort ist sein Platz in der Stunde der Not.

Wiederholt schon sind die Versuche der Terraner fehlgeschlagen, die mysteriösen Herren von M 87, die sich Konstrukteure des Zentrums nennen, zur Hilfeleistung zu bewegen – und auch der Kontakt mit den Okefenokees, den Philosophen von M 87 ist nicht vom Glück begünstigt. Angreifende Bestien, die den Terranern folgten, störten die Verhandlungen und trugen Tod und Vernichtung in ein friedliches Planetensystem.

Nach Beendigung des Abwehrkampfes traten schließlich 32 tote Okefenokees ihre Reise ins Unbekannte an – und Lordadmiral Atlan schickte die KC-1 aus mit dem Befehl, der Flotte der fliegenden Särge zu folgen.

Mausbiber Gucky, ein prominenter Teilnehmer an dem riskanten Einsatz, wird dabei auf dem Planeten Monol einer Verjüngungskur unterworfen, die auf äußerst abenteuerliche und abstrakte Art und Weise erfolgt.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Gründer und Großadministrator des Solaren Imperiums der Menschheit.

Dr. Jean Beriot – Ein Irrer tritt an die Stelle eines Toten.

Screecher – Kontaktmann zwischen Okefenokees und Terranern.

Gucky – Ein »biophysikalisch hyperregenerierter« Mausbiber.

Harl Dephin – USO-Spezialist von Siga und Lenker Paladins.

Major Hole Hohle – Flottillenchef und Kommandant der KC-1.

Quam Penzabyne

1.

Der Zwerg kam aus dem Eingang der kleinen Halle. Unter anderen Umständen hätten seine Bewegungen auf Menschen lächerlich gewirkt, aber jetzt verlieh ihm seine unverkennbare Traurigkeit eine gewisse Würde.

Perry Rhodan, der neben Atlan auf der Warterampe der Klinik stand, senkte den Kopf.

»Da kommt Screecher«, sagte er. »Offenbar bringt er schlechte Nachrichten.«

»Es sieht so aus, als hätte sich das Befinden Scanlon Ocachee weiter verschlechtert«, antwortete Atlan.

Screecher kletterte schwerfällig die Rampe hinauf, auf der es von Okefenokees wimmelte. Die meisten Zwerge warteten darauf, etwas über den Gesundheitszustand ihrer Angehörigen in der Klinik zu erfahren. Beim Angriff der Bestien auf das Scintilla-System waren viele Zwerge verletzt worden.

Ein wenig atemlos kann Screecher neben Rhodan und Atlan an. Sein hässliches Gesicht mit der aufgestülpten Nase verriet innere Bewegung.

»Scanlon Ocachee ist tot«, sagte er.

Rhodan blickte den Okefenokee betroffen an. Er hatte damit gerechnet, dass Ocachee sich von seinen Verwundungen erholen würde. Nun war der Dreidenker überraschend gestorben.

Rhodan gab sich keinen Illusionen hin. Mit Ocachee war jener Okefenokee gestorben, der für die Schwierigkeiten der Terraner das größte Verständnis hatte. Die anderen Zwerge anerkannten zwar die Haltung der Fremden, aber sie zeigten auch oft genug, dass sie einen engeren Kontakt ablehnten. »Es tut mir leid«, sagte Rhodan.

Screecher, der seit Ocachees Verletzung als Verbindungsmann fungierte, wackelte mit seinem großen Kopf. Er besaß nicht Ocachees Intelligenz, aber seine Haltung zeugte von einer unbestechlichen Objektivität, und er behandelte die Terraner mit einer Sachlichkeit, die von keinerlei Emotionen getrübt war.

Vielleicht, überlegte sich Rhodan, würde sich das jetzt ändern. Viele Okefenokees würden den Terranern indirekt die Schuld am Tod des Dreidenkers geben.

»Durch das bedauerliche Schicksal des Zwerges kommen wir in eine schlechte Position«, sagte Atlan und bewies damit, dass er ähnlich dachte wie Perry Rhodan.

»Ich weiß«, stimmte Rhodan zu. »Trotzdem müssen wir weiter mit den Okefenokees verhandeln. Vielleicht erklären sie sich irgendwann zu aktiver Hilfe bereit.«

Atlan lehnte sich auf das Geländer der Warterampe. Er blickte über die Klinik hinweg, hinter der sich das Industriegebiet ausdehnte. Weit im Hintergrund ragte die CREST IV über die Gebäude hinaus. Rhodan hatte sich zu einer Landung auf Kliban entschlossen, weil er sich davon eine psychologische Wirkung auf die Zwerge versprach. Die BOX-13111 und die beiden halutischen Raumschiffe standen dagegen weiterhin im Raum und flogen Ortungsschutz, um im Falle eines erneuten Angriffs von Bestien sofort Alarm geben zu können.

Perry Rhodans Hoffnung konzentrierte sich jetzt auf die Männer, die an Bord der KC-1 aufgebrochen waren, um den fliegenden Särgen der Okefenokees zu folgen.

Screechers Stimme unterbrach Rhodans Gedanken.

»Wir haben die Lage nach Ocachees Tod besprochen«, sagte der Zwerg. »Es liegt uns daran, die Freundschaft zwischen unseren Völkern zu erhalten.«

»Das freut mich«, entgegnete Rhodan. »Ich hoffe, dass wir jetzt die Gespräche über unsere Heimkehr fortsetzen können. Alles, was wir auf Pompeo Posar und Kliban gesehen haben, lässt uns hoffen, dass uns die Okefenokees einen Heimflug ermöglichen können.«

Screechers nächste Worte ließen erkennen, dass die Zwerge nicht daran dachten, etwas zur Unterstützung der Terraner zu unternehmen.

»Es gibt noch zu viele Bedenken«, sagte der Okefenokee. »Wir kommen euch jedoch entgegen und laden euch ein, für immer bei uns zu leben.«

Rhodan unterdrückte eine heftige Entgegnung. Er fing einen warnenden Blick Atlans auf.

»Wir bedanken uns für die angebotene Gastfreundschaft«, sagte der Arkonide. »Wir werden uns überlegen, ob wir das Angebot annehmen.«

Screecher deutete zur Klinik hinüber.

»Ocachee wird heute Abend in eine Totenhalle gebracht«, sagte er. »Wir hoffen, dass Sie eine Abordnung schicken, um den Toten zu ehren.«

»Das tun wir bestimmt«, versprach Rhodan.

Screecher ging zu den anderen Zwergen auf der Rampe und übermittelte ihnen Nachrichten.

Rhodan zuckte mit den Schultern.

»Im Augenblick sind wir hier überflüssig«, sagte er. »Fahren wir zurück zum Schiff.«

»Was hältst du vom Angebot der Zwerge?«, fragte Atlan.

»Es handelt sich um eine mehr oder weniger diplomatische Weigerung, uns zu helfen«, erklärte Rhodan.

Sie stiegen die Spiraltreppe hinab. Von der Klinik klang Totenmusik zu ihnen herüber. An den Bäumen vor dem Eingang hingen ein paar Zwerge in ihrer charakteristischen Meditationsstellung. Auf Kliban gab es nur wenige solcher Bäume. Wer von den Okefenokees Lust zum Meditieren verspürte, begab sich über die Paraportscheiben nach Pompeo Posar. Seit dem Angriff der Bestien waren die Gewohnheiten der Zwerge jedoch etwas durcheinandergeraten.

Rhodan und Atlan bestiegen den kleinen Spezialwagen, den sie aus der CREST IV ausgeschleust hatten. Er war gleichermaßen für Fahrten auf glattem Boden und unwegsamen Gelände geeignet.

»Die Techniker werden das Angebot der Zwerge zum Anlass nehmen, um erneut vorzuschlagen, mit Hilfe der Ersatzkalups des Posbischiffes in die Galaxis zurückzukehren«, bemerkte Atlan, als das Fahrzeug anruckte.

Rhodan nickte grimmig. Er wusste, dass sich wegen der unterschiedlichen Auffassung über die sicherste Methode der Heimkehr bereits zwei Parteien unter der Besatzung der CREST IV gebildet hatten. Rhodan vertrat nach wie vor die Meinung, dass es sicherer war, von den Völkern in M 87 ein Dimetranstriebwerk zu erstehen, als sich auf das Risiko eines Linearflugs über 30 Millionen Lichtjahre hinweg einzulassen.

Sie fuhren auf einer Hochstraße durch das Industriegebiet. Die Fabriken waren bis auf wenige Ausnahmen vollautomatisiert, so dass die Okefenokees genügend Zeit hatten, sich mit philosophischen Problemen auseinanderzusetzen. In den letzten Tagen hatte Perry Rhodan wiederholt versucht, mit den Zwergen über die Konstrukteure des Zentrums ins Gespräch zukommen. Die Okefenokees hatten jedoch nur gelächelt, als Rhodan behauptet hatte, zwischen ihnen und den KdZ bestünde ein besonderes Verhältnis. Aus Mangel an Informationen blieb Rhodan auf Vermutungen angewiesen.

»Erst wenn wir überhaupt keine Chance mehr haben, ein Dimetranstriebwerk zu bekommen, werde ich auf die Kalups an Bord des Posbischiffs zurückgreifen«, sagte Rhodan.

Er fuhr langsamer, weil am Straßenrand ein paar Zwerge standen und miteinander diskutierten. Die Okefenokees beachteten den Wagen nicht. Innerhalb kürzester Zeit waren die Terraner auf Kliban zu einem Teil des Gesamtbilds geworden, so dass sich niemand darum kümmerte, wenn sie irgendwo auftauchten. Es war schwer zu sagen, ob die Interesselosigkeit der Zwerge echt oder gespielt war.

Das Fahrzeug erreichte den Landeplatz der CREST IV. Das große Schiff stand auf einem freien Gelände zwischen zwei ausgedehnten Industrieanlagen. Mit Hilfe seiner Antigravprojektoren war es gelandet, ohne den geringsten Schaden anzurichten.

Rhodan fuhr bis zum unteren Ende der Gangway, wo drei Besatzungsmitglieder Wache hielten.

»Besondere Vorkommnisse?«, erkundigte sich Rhodan bei dem Wachoffizier.

»Alles in Ordnung, Sir«, antwortete der junge Mann. »Wir haben keinen Okefenokee in der Nähe des Schiffes gesehen.«

»Damit war auch nicht zu rechnen«, entgegnete Rhodan.

»Soll ich das Fahrzeug einschleusen lassen, Sir?«

Rhodan schüttelte den Kopf.

»Wir brauchen es heute Abend wieder, wenn Scanlon Ocachee bestattet wird.«

Rhodan und Atlan fuhren mit dem Antigravlift nach oben. In der Schleuse stand eine weitere Wache. Rhodan ging kein Risiko ein. Er hatte innerhalb der Virgo-Wolke bereits soviel unliebsame Überraschungen erlebt, dass er auch den Zwergen nicht völlig vertraute. Während des Kampfes gegen die Bestien hatten die Okefenokees bewiesen, dass sie nicht nur meditieren konnten. Sie waren mutig und verfügten über schreckliche Waffen.

»Willst du die Besatzung vom Angebot der Zwerge unterrichten?«, erkundigte sich Atlan, als sie das Schiff durch die Schleusenkammer betraten.

»Vorläufig nicht«, sagte Rhodan. »Sobald Hole Hohle mit der Korvette zurückgekehrt ist, werde ich zur Besatzung sprechen.«

Atlan begriff, dass Rhodan Informationen erhoffte, die ihnen weiterhelfen konnten.

Sie bogen in den Hauptgang ein und näherten sich einem Antigravschacht. Ein junger Sergeant kam ihnen entgegen.

»Sir, Sie möchten sich bitte sofort mit Dr. Myteren in Verbindung setzen«, sagte er zu Rhodan.

»Was ist passiert?«, fragte Rhodan.

»Das weiß ich nicht«, antwortete der Sergeant. »Der Arzt sagte mir jedoch, dass ich Sie sofort nach Ihrer Ankunft unterrichten sollte.«

Gefolgt von dem Arkoniden, begab sich Rhodan zum nächsten Interkomanschluss und stellte eine Verbindung zur Krankenstation der CREST IV her. Zunächst meldete sich einer der jüngeren Mediziner, dann erhellte sich der Bildschirm über dem Sprechgerät, und Dr. Myterens hageres Gesicht zeichnete sich darauf ab.

»Ich will Sie wegen Dr. Jean Beriot sprechen«, erklärte Dr. Myteren.

»Was ist mit ihm?«, fragte Rhodan.

Beriot, der Chefphysiker der CREST IV, war auf dem Planeten Dwellion von den Aphaneus einem Paraverhör unterzogen worden. Seit dieser Zeit war er wahnsinnig und befand sich in psychiatrischer Behandlung. Nach übereinstimmendem Urteil der Ärzte an Bord der CREST IV war Dr. Beriot nicht mehr zu heilen. Teile seines Gehirns blieben funktionsunfähig. Beriot würde zeit seines Lebens ein Schwachsinniger mit der Intelligenz eines Neugeborenen bleiben. Rhodan hatte den Physiker zweimal besucht. Beriot lag apathisch in seinem Bett und musste gefüttert werden.

»Ich würde vorschlagen, dass Sie ihn sich persönlich ansehen«, unterbrach Myterens Stimme die Gedanken des Großadministrators.

»Ich komme«, versprach Rhodan und unterbrach die Verbindung.

»Ich begleite dich«, sagte Atlan, der mitgehört hatte.

Als sie wenig später die Krankenstation erreichten, führte Dr. Myteren sie sofort in die kleine Kabine, in der Dr. Beriot lag.

Der Physiker lag starr in seinem Bett. Seine Augen waren aufgerissen und traten leicht hervor. Obwohl er zugedeckt war, konnte man erkennen, dass er ein körperlicher Krüppel war. Früher hatte Beriot unter seinem Aussehen gelitten, doch in seinem jetzigen Zustand war er unfähig, Gefühle wie Scham oder Ärger zu empfinden.

»Passen Sie auf«, sagte Dr. Myteren. Er zog eine kleine Kassette aus der Tasche, schob eine Tonspule ein und schaltete das Gerät ein. Leise Musik erklang.

Beriot richtete sich auf.

»Er lauscht«, sagte Rhodan verblüfft.

»Zumindest reagiert er auf Musik«, erwiderte Dr. Myteren. »Das ist bei seiner Verfassung mehr als ungewöhnlich.«

»Glauben Sie, dass doch noch Aussicht auf Heilung besteht?«, fragte Atlan.

»Wir haben Dr. Beriot ein paar Mal gründlich untersucht«, erwiderte Dr. Myteren. »Sein Gehirn ist zerstört, und niemand kann ihm helfen.«

»Wie erklären Sie sich dann sein Verhalten beim Abspielen dieser Musik?«, wollte Rhodan wissen.

»Überhaupt nicht, Sir«, entgegnete der Arzt. »Es ist ein Phänomen.«

»Haben Sie noch andere ungewöhnliche Reaktionen des Kranken beobachtet?«

»Er reagiert auf Bilder mit grellen Farben«, berichtete Dr. Myteren. »Helle Farben scheinen ihm Furcht einzujagen, während dunklere beruhigend auf ihn wirken.«

Perry Rhodan trat an das Bett des Wissenschaftlers heran. Dr. Beriot atmete gleichmäßig. Seine Augen glänzten wie im Fieber. Er schien keinen der Anwesenden wahrzunehmen.

»Ich werde die Behandlung weiterführen«, sagte Dr. Myteren. »Vor allem werde ich den Kranken ständig beobachten und immer wieder den üblichen Tests unterziehen.«

Als Rhodan die Krankenstation verließ, beschäftigte er sich in Gedanken bereits wieder mit den Okefenokees. Er bedauerte das Schicksal des Chefphysikers, obwohl er wusste, dass Beriot nicht zu helfen war.

»Wen schicken wir zu Ocachees Bestattung?«, fragte Atlan, als sie die Zentrale betraten.

»Ich werde hingehen und zwei oder drei Offiziere mitnehmen«, sagte Rhodan. »Vielleicht passiert etwas, was uns die Mentalität der Okefenokees besser verstehen lässt.«

Insgeheim hoffte Rhodan, dass er etwas über das Verhältnis zwischen den Konstrukteuren des Zentrums und den Zwergen erfahren würde. Die Okefenokees nahmen in M 87 eine Sonderstellung ein. Kein dumfriesisches Schiff war aufgetaucht, um die Zwerge im Kampf gegen die Bestien zu unterstützen. Auch die Stützpunktingenieure kümmerten sich nicht um dieses eigenartige Volk. Offenbar glaubten die KdZ, dass die Okefenokees mit allen Problemen allein fertig wurden.

Aber warum waren ausgerechnet die hässlichen Zwerge die erklärten Favoriten der KdZ?

Rhodan ahnte, dass sich mit einer Beantwortung dieser Frage alle Rätsel dieser Galaxis lösen ließen.

*

Die Totenhalle, in der die Trauerfeier für Scanlon Ocachee stattfand, war nur einen knappen Kilometer vom Landeplatz der CREST IV entfernt. Kurz vor Anbruch der Dunkelheit erschien Screecher an der Gangway der CREST IV, um die terranische Abordnung abzuholen. Perry Rhodan wurde vom Zweiten Offizier, Major Drave Hegmar, und von Leutnant Mark Berliter begleitet.

Rhodan lud Screecher ein, im Wagen mitzufahren, aber der Okefenokee zog es vor, die kurze Strecke mit einem Teleportersprung zurückzulegen. Er erwartete die drei Terraner am Rande der Trauerhalle. Das Gebäude, in dem die Feierlichkeiten stattfinden sollten, war kuppelförmig und ruhte auf drei Sockeln. Aus den ovalen Eingängen drang Licht ins Freie. Fremdartige Musik klang über den freien Platz vor der Halle.

Rhodan und die beiden Offiziere stiegen aus.

Screecher kam heran und winkte den drei Männern zu.

»Bitte schweigen Sie während der Feier«, sagte er, »wenn Sie dem toten Dreidenker die letzte Ehre erweisen wollen.«

Rhodan war enttäuscht darüber, dass während der Feier nicht gesprochen werden sollte. Das verringerte die Aussicht, dass sie etwas über die KdZ erfuhren.

Screecher führte seine drei Begleiter auf den Haupteingang der Halle zu.

»Wo sind die anderen Trauergäste?«, fragte Hegmar leise.

»Wahrscheinlich bereits in der Halle«, antwortete Rhodan.

Seine Vermutung bestätigte sich. Die Halle war überfüllt. Die dichtgedrängt stehenden Okefenokees boten ein beeindruckendes Bild. Ungefähr in der Mitte der Halle schwebte, von Energiefeldern gehalten, ein grünblau leuchtender Riesenkristall. Er war rund und durchmaß etwa drei Meter. Seine Leuchtkraft reichte aus, um das Halleninnere zu erhellen. Die Blicke des Okefenokees waren auf den Kristall gerichtet. Unmittelbar unter dem Kristall stand ein Sockel.

Von irgendwoher kam gedämpfte Musik, die trotz ihrer Fremdartigkeit ergreifend war. Sie erinnerte entfernt an Orgelspiel, obwohl sie wahrscheinlich von völlig anderen Instrumenten erzeugt wurde.

Screecher ging bis zum leeren Sockel voraus. Dort blieb er stehen und reckte beide Ärmchen in die Luft. Rhodan nahm an, dass er und seine Begleiter aufgefordert waren, es Screecher gleichzutun. Das Licht des Kristalls tat seinen Augen weh, als er zur Mitte der Halle schritt. Er war sich der Blicke einiger hundert Okefenokees bewusst, als er vor dem Sockel stand und beide Arme hob. Dann waren Hegmar und Berliter an der Reihe.

Screecher schaute zu und nickte beifällig. Dann deutete er auf einen freien Platz auf der anderen Seite der Halle. Rhodan begab sich mit den beiden Offizieren dorthin, um zu warten. Die Okefenokees blieben vollkommen still. Niemand bewegte sich, so dass sich den Terranern ein unheimliches Bild bot.

Jedes Mal, wenn die Musik anschwoll, verstärkte der Kristall seine Leuchtkraft. Die Zeitabstände, in denen der Kristall heller wurde und wieder verblasste, wurden immer kürzer, so dass er bald heftig pulsierte.

Dann öffnete sich eine kleine Seitentür. Die Musik brach abrupt ab. Der Kristall wurde dunkel. Im ungewissen Licht erkannte Rhodan vier Okefenokees, die einen Transmittersarg hereintrugen. Der Deckel des Sarges war offen. Scanlon Ocachee lag im Sarg. Er war so gekleidet, dass man nichts von seinen Verletzungen sehen konnte. Er lag auf dem Rücken. Im Halbdunkel ähnelte sein hässliches Gesicht einer Maske.

Die vier Zwerge blieben einen Augenblick vor dem Sockel stehen. Die Stille wirkte fast schmerzhaft. Rhodan glaubte zu spüren, wie sich die Gedanken der Zwerge auf dieses tote Wesen im Sarg konzentrierten. Während eines kurzen Zeitraums bildeten die Versammelten eine geistige Einheit, aus der nur Rhodan und seine beiden Begleiter ausgeschlossen blieben.

Unvermittelt setzte die Musik wieder ein, und der Kristall flammte auf.

Rhodan zuckte zusammen.

Die vier Träger setzten den Sarg auf dem Sockel ab. Sie verharrten einen Augenblick und hoben die Arme.