Perry Rhodan 433: Die Stadt der tausend Fallen - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 433: Die Stadt der tausend Fallen E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Das Tapurium ist sein Reich - jeder Eindringling spielt mit dem Tode Auf Terra und den anderen Planeten des Solaren Imperiums der Menschheit schreibt man Ende Dezember des Jahres 3433. Perry Rhodan, der von Tipa Riordan, der Piratenlady, die Information erhielt, wohin sich Supermutant Ribald Corello nach seiner Flucht vom Geheimplaneten Last Hope gewandt hatte, wartet in seinem Flaggschiff INTERSOLAR mit zunehmender Ungeduld auf eine Nachricht von Gevonia, der Zentralwelt des Supermutanten. Atlan ist mit seinem Team dort gelandet, um Ribald Corello dingfest zu machen. Der terranische Stoßtrupp hat den Planeten Gevonia nur deshalb erreichen können, weil Corello durch widersprüchliche Befehle, die seiner geistigen Verwirrung zuzuschreiben sind, das planetare Verteidigungssystem gestört hat. Aber noch sind Atlan und seine Leute vom Tapurium, dem eigentlichen Machtbereich Corellos, weit entfernt. Die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt Gevonias ist gegen sie - und DIE STADT DER TAUSEND FALLEN...

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Nr. 433

Die Stadt der tausend Fallen

Das Tapurium ist sein Reich – jeder Eindringling spielt mit dem Tode

von WILLIAM VOLTZ

Auf Terra und den anderen Planeten des Solaren Imperiums der Menschheit schreibt man Ende Dezember des Jahres 3433.

Perry Rhodan, der von Tipa Riordan, der Piratenlady, die Information erhielt, wohin sich Supermutant Ribald Corello nach seiner Flucht vom Geheimplaneten Last Hope gewandt hatte, wartet in seinem Flaggschiff INTERSOLAR mit zunehmender Ungeduld auf eine Nachricht von Gevonia, der Zentralwelt des Supermutanten.

Atlan ist mit seinem Team dort gelandet, um Ribald Corello dingfest zu machen.

Der terranische Stoßtrupp hat den Planeten Gevonia nur deshalb erreichen können, weil Corello durch widersprüchliche Befehle, die seiner geistigen Verwirrung zuzuschreiben sind, das planetare Verteidigungssystem gestört hat.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Großadministrator wartet auf den Menschenfeind Nummer Eins.

Ribald Corello – Herr des Tapuriums.

Atlan – Der Lordadmiral betätigt sich als Kidnapper.

Alaska Saedelaere, Icho Tolot, Ras Tschubai und Gucky – Lordadmiral Atlans Begleiter auf dem Marsch zum Tapurium.

Kytoma – Der »Schreckliche« hat keine Macht über sie.

Gevoreny Tatstun – Ribald Corellos Mutter.

1.

Sonnenaufgang!

Die Nacht hatte sich hinter den Horizont zurückgezogen; graue Wolkenschleier am Himmel waren ihre letzten Zeugen.

Atlan, der die ganze Nacht über wach geblieben war, erhob sich, schaltete seinen Mikrodeflektor ein und verließ die Bodensenke, in der sie die letzten Stunden verbracht hatten.

Alaska Saedelaere schlief. Icho Tolot war vor einer Stunde aufgebrochen, um die nähere Umgebung zu erkunden. Die beiden Teleporter unterhielten sich leise, um Saedelaere nicht zu wecken.

Atlan stieg auf einen Hügel in der Nähe, von dem aus er einen guten Ausblick auf Tapura hatte. Die Hauptstadt des Planeten Gevonia, Sitz des Supermutanten Ribald Corello, lag im Licht der Morgensonne. Die hellen Dächer verschiedener Gebäude reflektierten die Sonnenstrahlen.

Die Stadt war nicht sehr groß. Von Atlans Platz aus glich sie einer kompakten Festung. Auch in der Peripherie standen die Gebäude dicht gedrängt. Im Zentrum der Stadt flackerte ein zwanzig Kilometer durchmessender Schutzschirm, der eine Höhe von tausend Meter besaß. Dort lag das Tapurium, der Tempel Ribald Corellos.

»Überlegen Sie, wie wir unser Ziel am schnellsten erreichen können?«

Atlan zuckte zusammen, als die Stimme Alaska Saedelaeres unmittelbar neben ihm aufklang. Saedelaere hatte ebenfalls seinen unsichtbar machenden Mikrodeflektor eingeschaltet und war zu Atlan heraufgestiegen. Wie immer hatte er sich lautlos bewegt.

»Sie sollten sich nicht von hinten an mich heranschleichen, Alaska. Das kann gefährlich werden. Vor allem auf einer Welt wie dieser.«

Er hörte den Transmittergeschädigten leise auflachen.

»Entschuldigen Sie, Sir. Ich wollte Sie nicht erschrecken.«

Atlans Ärger verflog. Er hob den Kopf, als sie von ein paar Transportgleitern überflogen wurden.

»Ich wundere mich, dass man uns noch nicht entdeckt hat, Alaska.«

»Das haben wir Corellos Anfällen zu verdanken«, erwiderte der Mann mit der Maske. »Solange er sich nicht beruhigt, wissen seine Marionetten nicht, was sie tun sollen. Diese Menschen leben zum Teil schon jahrzehntelang als Corellos geistige Sklaven und sind daran gewöhnt, dass man ihnen alle Handlungen vorschreibt. Jetzt, da Corello psychisch krank ist, sollen sie plötzlich von sich aus handeln. Das können sie nicht.«

»Sehen Sie sich den Schutzschirm um das Tapurium an!«, forderte Atlan den Mann an seiner Seite auf. »Er flackert immer, wenn Corello einen Anfall hat.«

»Das ist unser Glück«, meinte Saedelaere. »Es bedeutet, dass der Schutzschirm nicht mit voller Intensität arbeitet.«

Sie verließen den Hügel und kehrten in die Senke zurück.

»Schaltet eure Mikrodeflektoren ein«, befahl Atlan den beiden Teleportern. »Das Gebiet rund um die Stadt wird ständig von Transportmaschinen überflogen. Ich möchte nicht, dass man uns durch einen dummen Zufall entdeckt.«

Atlan war entschlossen, die Stadt zu durchqueren und in das Tapurium einzudringen. Er wartete nur noch auf Icho Tolots Rückkehr, dann würde er den Befehl zum Aufbruch geben.

Etwa hundert Meter hinter der Senke begann der Dschungel. Atlan war froh, dass sie ihn hinter sich gelassen hatten. Er hoffte, dass es ihnen erspart blieb, auf dem Rückweg dieses Gebiet noch einmal durchqueren zu müssen.

»Wie wollen wir jetzt vorgehen?«, erkundigte sich Gucky. »Ich schlage vor, dass wir bis zum Rand des Schutzschirms teleportieren, sobald Corello einen heftigen Anfall hat.«

»Ras wird zunächst einen Versuchssprung machen und feststellen, ob es in Tapura Psi-Fallen gibt«, ordnete Atlan an. »Wenn wir aufs Geratewohl teleportieren, können wir alle zusammen ausgeschaltet werden.«

Von der auf Gevonia gelandeten Gruppe war Ras Tschubai das einzige Mitglied, das Corello unter allen Umständen töten wollte. Tschubai hatte offen zugegeben, dass er es ablehnte, mit einem Verbrecher wie Corello zusammenzuarbeiten.

Für Atlan bedeutete Tschubais Einstellung ein Problem. Sie mussten Corello erreichen und mit ihm verhandeln. Es gab Anzeichen, die auf eine Veränderung von Corellos Psyche hindeuteten. Der Supermutant begann sich offenbar Gewissensbisse wegen seiner verbrecherischen Taten zu machen. Darauf hatte Perry Rhodan seinen Plan aufgebaut.

Ob er sich verwirklichen ließ, war im Augenblick völlig ungewiss.

Icho Tolot kam zurück und ließ sich neben den anderen nieder.

»Ich habe die gesamte Stadt umrundet«, berichtete er. »Es sieht fast überall so aus wie hier. Besonders günstige Stellen, wo man ungehindert ins Stadtzentrum vordringen könnte, gibt es nicht. Die Gebäude stehen überall dicht zusammengedrängt. Nur wenige Menschen sind zu sehen. Die meisten von ihnen machen einen nervösen und verwirrten Eindruck.«

»Kein Wunder!«, sagte Atlan. »Bei der augenblicklichen Verfassung des Mutanten weiß niemand in Tapura, was er tun soll.«

Tolot zögerte einen Augenblick. Dann fuhr er fort: »Es ist eine seltsame Stadt. In ihrer Kompaktheit erinnert sie mich an ... an einen Behälter. Ich möchte um keinen Preis dort leben.«

Atlan erkannte erstaunt den starken Widerwillen in Tolots Stimme. Er glaubte sogar Entsetzen aus den Worten des Haluters herausgehört zu haben. Was hatte Tolot so stark beeindruckt? Es konnte nur die Atmosphäre sein; die düstere Stimmung dieser Stadt, die so gar nicht zu ihrem Aussehen passte. Wenn man Tapura zum ersten Mal sah, glich es einer Märchenstadt.

Atlan lenkte seine Gedanken gewaltsam in eine andere Richtung.

»Machen Sie jetzt den Probesprung, Ras.«

Er konnte Tschubai nicht sehen, aber wenige Sekunden später zeigte ein schwaches Flimmern die Stelle an, von der aus der Afroterraner teleportiert war.

Tschubai blieb nicht lange weg. Als er zurückkam, schaltete er seinen Mikrodeflektor aus. Atlan sah bestürzt, dass der Teleporter schwankte. Er machte einen Schritt auf ihn zu und stützte ihn.

»Sie sind fast in eine Psi-Falle geraten!«, meinte er. »Oder wurden Sie von einem Schutzschirm zurückgeschleudert?«

Tschubai blickte sich um, als müsste er sich zunächst wieder an diese Umgebung gewöhnen. Sein Gesicht wirkte verkrampft, die Augen traten leicht hervor. Er atmete schwer.

»Ras!«, rief Atlan. »Was ist geschehen, Ras?«

Tschubai presste die Augen fest zusammen und öffnete sie wieder. Er blieb stumm.

»Er hat einen Schock erlitten!« Atlan führte Tschubai zum Rand der Senke und drückte ihn dort sanft auf den Boden. »Gucky, kannst du seine Gedanken erkennen?«

»Nein«, sagte der Mausbiber knapp.

»Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Sir!«

Atlan fuhr herum, als er Tschubai so unverhofft sprechen hörte.

Tschubai lächelte gequält.

»Was ist geschehen?«, erkundigte sich der Arkonide. Ohne zu wissen warum, rechnete er mit einer Antwort, die ihre Unternehmen zum Scheitern bringen konnte. Er spürte, dass Tschubai etwas Entscheidendes widerfahren war.

»Ich weiß nicht genau, was geschehen ist«, berichtete Tschubai und hob hilflos die Schultern. »Es gab weder Schutzschirme noch Psi-Fallen. Ich materialisierte vor dem Schutzschirm, der das Tapurium umschließt. Es war die Stadt, die eine starke Wirkung auf mich ausübte. Sie ... sie ist keine Stadt im üblichen Sinne. Corello hat ihr und ihren Bewohnern seinen Stempel aufgedrückt.«

Er blickte auf und schüttelte den Kopf.

»Wenn ich es nur erklären könnte! Sie müssten selbst hingehen, um zu wissen, wie es ist.«

Tschubai befeuchtete seine Lippen mit der Zungenspitze. Es war ein Zeichen seiner großen Nervosität.

»Diese Stadt ist wie etwas Lebendiges! Die Gebäude und Straßen strahlen Corellos Geist aus. Es ist, als hätte alles in der Nähe des Tapuriums etwas von Corellos Kraft in sich aufgesogen. Jeder Stein, jedes Sandkorn reflektiert die Ausstrahlung Corellos.«

Atlan blickte den Mutanten aufmerksam an.

»Wie konnten Sie das feststellen, Ras?«

Tschubai presste seine Handflächen gegeneinander. Seine Füße scharrten im Boden.

»Es war nicht greifbar«, antwortete er. »Trotzdem war es allgegenwärtig. Dabei war es nicht irgendein Gefühl. Es lässt sich noch am ehesten mit einem dünnen Nebelschleier vergleichen, der über Tapura liegt. Die Stadt schien zu spüren, dass ich ein Fremdkörper war. Ich passte nicht dorthin. Deshalb stießen mich die Gebäude und die Straßen ab. Sie waren meine Feinde.«

»Du kannst doch nicht von Straßen und Gebäuden reden, als wären sie etwas Lebendiges, Ras!«, mischte sich Gucky ein. »Das ist verrückt.«

Tschubai lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Seine Augen blickten in den blauen Himmel.

»Wir ändern unsere Pläne«, eröffnete Atlan. »Um sicher zu sein, dass wenigstens ein paar von uns das Tapurium erreichen, werden wir uns trennen.«

»Das halte ich für einen Fehler«, protestierte Gucky. »Bisher hatten wir Erfolg, weil wir zusammengeblieben sind.«

»Das galt für den Dschungel. Doch jetzt sind die Voraussetzungen anders. Wir müssen die Stadt durchqueren. Mit dieser Stadt stimmt etwas nicht. Wir wissen nicht genau, was es ist, aber es hat in Ras einen Schock ausgelöst und Icho Tolot beeindruckt.«

Gucky kratzte sich an den Ohren und schwieg. Es war ihm anzumerken, dass er eine Trennung nach wie vor ablehnte. Er musste sich jedoch den Befehlen des Arkoniden fügen.

»Wir bilden drei Gruppen«, entschied Atlan. »Alaska und ich brechen zuerst auf und versuchen, das Tapurium zu Fuß zu erreichen. Tolot, der sich am schnellsten bewegen kann, begibt sich auf die andere Seite des Stadtrands und dringt von dort aus zum Zentrum vor. Wahrscheinlich wird er noch vor Alaska und mir dort ankommen.«

»Und was ist mit Ras und mir?«, erkundigte sich Gucky.

»Ihr teleportiert, sobald wir vor dem Schutzschirm angekommen sind«, ordnete Atlan an. »Wir können euch dann eventuell helfen, wenn ihr Schwierigkeiten habt. Sollte nur eine der drei Gruppen das Ziel erreichen, wird das Unternehmen fortgesetzt. Jeder weiß, worum es geht.«

Atlan schaltete seinen Mikrodeflektor ab. Auch Alaska Saedelaere wurde sichtbar.

»Ich halte es für sicherer, wenn wir versuchen, uns als Sklaven Corellos auszugeben«, erklärte Atlan seine Maßnahme. »Wenn wir mit eingeschaltetem Mikrodeflektor geortet werden, erwecken wir größeres Misstrauen, als wenn wir uns unauffällig durch die Straßen der Stadt bewegen.«

Der Arkonide wollte weitere Diskussionen vermeiden und brach zusammen mit Saedelaere auf. Wenige Augenblicke später erreichten sie eine der zahlreichen Straßen, die in die Stadt führten. Sie bestand aus dunkelbraunem Kunststoff und war an den Seiten befestigt. Die Sonne stand im Rücken der beiden Männer und tauchte die Randgebäude der Stadt in helles Licht.

Der flexible Boden dämpfte die Schritte der beiden Männer. Es war angenehm warm, ohne schwül zu sein. Aus Richtung des Dschungels wehte ein leichter Wind zur Stadt hin.

»Ein goldener Käfig«, murmelte Alaska Saedelaere und sprach damit aus, was auch der Arkonide empfand.

Die Anti-Priester, die Tapura vor mehr als viertausend Jahren gebaut hatten, konnten nicht geahnt haben, dass diese wunderbare Stadt eines Tages Hauptquartier eines Monstrums sein würde. Sie hatten eine heilige Stätte errichten wollen, zu der sich Anhänger des Báalol-Kults aus allen Teilen der Galaxis hingezogen fühlten.

Atlans Gedanken wurden unterbrochen, als sich von der Stadt aus ein Fahrzeug näherte. Es war ein Gleiter, der auf einem energetischen Prallfeld schwebte. Es war fast so breit wie die Straße und über zehn Meter lang. Atlan vermutete, dass es sich um ein Transportfahrzeug handelte. Es war aus dieser Entfernung nicht festzustellen, ob der Wagen besetzt war.

»Wollen wir uns verstecken?«, fragte Saedelaere.

Atlan schüttelte den Kopf.

»Jetzt haben wir vielleicht eine Gelegenheit, die Reaktion eines Stadtbewohners auf unsere Anwesenheit zu testen.«

Sie stellten sich an den Straßenrand und warteten. Der Transporter glitt vorbei, ohne seine Geschwindigkeit zu verringern.

»Ich glaube, er war robotgesteuert«, bemerkte Saedelaere und blickte dem Fahrzeug erleichtert nach.

Sie gingen weiter. Je näher sie den ersten Gebäuden kamen, desto stärker spürte Atlan die Drohung, die von der Stadt ausging. Jetzt verstand der Arkonide, was Ras Tschubai ihnen vergeblich begreiflich zu machen versucht hatte. Die schönen Fassaden der Häuser erschienen Atlan jetzt wie Fallen. Unwillkürlich wurde er an die fleischfressenden Pflanzen des Dschungels erinnert, die mit ihrer Blütenpracht ahnungslose Opfer anzulocken versuchten. Atlan merkte, dass Saedelaere sich immer zögernder bewegte. Der Transmittergeschädigte griff immer häufiger nach seiner Maske. Die Aktivität des Cappinfragments hatte anscheinend wieder zugenommen. Im hellen Sonnenlicht war nur schwer festzustellen ob es stärker als zuvor unter der Maske hervor leuchtete.

Unmittelbar vor der Stadt gabelte sich die Straße und führte in zwei Richtungen um eine Häusergruppe herum.

»Es sind kaum Menschen zu sehen«, wunderte sich Atlan. »Ob nicht mehr in Tapura leben?«

»Vielleicht sind sie unterwegs, oder sie halten sich in den Gebäuden auf und warten auf klare Befehle«, antwortete Saedelaere.

Ein paar Fluggleiter, die irgendwo in der Stadt gestartet waren, huschten lautlos über die beiden Männer hinweg. Ein Tier, das wie die Karikatur eines Hundes aussah, lief direkt vor ihnen quer über die Straße und verschwand zwischen zwei Häusern.

Tapura war die sauberste Stadt, die Atlan jemals gesehen hatte. Es schien unvorstellbar zu sein, dass sich irgendwo in diesen Gebäuden Schmutz ansammeln konnte. Die Häuser wirkten fast steril.

Die Stille war unheimlich. Die beiden Männer hörten nur das Säuseln des Windes, der sich in den Dächern der Gebäude verfing. Die Fahrzeuge, die ihnen begegneten, bewegten sich mit völliger Lautlosigkeit. Die Stadt schien zu schlafen.

Atlan blieb stehen. Er hatte das Gefühl, dass sie beobachtet wurden. Sein Wunsch, umzukehren und in den Dschungel zu fliehen, wurde immer stärker. Er presste die Lippen zusammen. Das war ja lächerlich! Er fürchtete sich vor ein paar Gebäuden.

»Etwas stimmt hier nicht!« Saedelaere sprach im Flüsterton. »Ich fühle es. Es gibt hier irgendeine Gefahr.«

»Unsinn!« Atlan erschrak vor seiner eigenen Stimme. »Wir gehen weiter.«

Die Türen der Häuser waren verschlossen. Fenster gab es nicht. Die Außenwände der Gebäude waren mit seltsamen Malereien verziert. Gelb und Rot bildeten die vorherrschenden Farben. Atlan sah künstlerisch gestaltete Darstellungen von Anti-Priestern, die gegen mehrköpfige Ungeheuer kämpften. Die Farben hatten nichts von ihrer Leuchtkraft verloren. In dieser Stadt schien außer den Bewohnern nichts zu altern.

Plötzlich hörte der Arkonide Schritte. Er packte Saedelaere am Arm und bedeutete ihm stehenzubleiben.

Das Geräusch kam aus einer Nebenstraße.

Die Schritte wurden lauter und verklangen dann wieder. Atlan starrte auf seine Füße. Seine und Saedelaeres Schritte wurden vom Kunststoffbelag der Straße gedämpft. Es war nicht anzunehmen, dass die anderen Straßen einen festeren Belag hatten. Das machte die Sache noch unheimlicher.

Atlan wurde das Gefühl nicht los, dass die Häuser dichter zusammenrückten und sie einschlossen. Seine Augen bewiesen ihm das Gegenteil, aber die Furcht, allmählich zwischen den Gebäuden zerdrückt zu werden, ließ nicht nach.

Irgendwo begann jemand zu pfeifen. Es waren klagende Geräusche, die ein Echo zwischen den Häusern fanden. Atlan hatte niemals zuvor eine solche Melodie gehört. Sie war schön und drückte gleichzeitig tief empfundenes Leid aus.

»Können Sie feststellen, woher das kommt?«

Saedelaere deutete auf einen freien Platz, in den die Straße mündete.

»Von dort vorn, glaube ich.«

In der Mitte des freien Platzes stand eine Säule. Sie bestand aus ineinander verschlungenen Körpern, die ein Künstler aus einem Stück herausgehauen hatte. Aus der Ferne sah es aus, als drehten sich die Körper im Sonnenlicht. Der Boden des Platzes war mit Kristallplatten ausgelegt. Atlan wurde an einen See im Sonnenlicht erinnert.

»Niemand zu sehen«, sagte Saedelaere unbehaglich.

»Wir können nicht den gesamten Platz sehen«, erwiderte Atlan.

Das Pfeifen brach einen Augenblick ab und begann dann erneut. Atlan glaubte zu hören, dass das Geräusch jetzt aus einer anderen Richtung kam.

Sie erreichten das Ende der Straße. Da sahen sie das Mädchen. Es war klein und mager. Es lehnte mit dem Rücken an eine Hauswand und blickte zur Säule hinüber.

»Ein Mädchen!«, stieß Saedelaere hervor.

Eigentlich hätten sie jetzt Erleichterung empfinden müssen, aber der Anblick des Mädchens machte das Gefühl tödlicher Gefahr noch gegenwärtiger; das Pfeifen ließ Atlans Pulsschlag schneller werden.