Perry Rhodan 678: Zeus Anno 3460 - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 678: Zeus Anno 3460 E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Begegnung mit einem Gott - Menschen zwischen Illusion und Wirklichkeit Jetzt, im Frühjahr 3460 terranischer Zeitrechnung, existiert das Solare Imperium nur noch dem Namen nach, denn seit einiger Zeit haben die Laren, die Vertreter des Konzils der Sieben Galaxien, die Macht in der Milchstraße übernommen. Aller Widerstand, den Perry Rhodan und seine Terraner geheim oder offen den Invasoren leisteten, fruchtete letztendlich nicht. Der Widerstand verzögerte nur den Moment der Machtübernahme um eine geraume Zeit. Dann, als die Laren die "Zeittaucher" ins Spiel brachten, bot auch das ATG-Feld dem Solsystem keinen genügenden Schutz mehr, und Perry Rhodan nutzte die einzige Chance, die den Solariern noch blieb: die Flucht durch den Sol-Transmitter! Aber Terra und Luna rematerialisierten nicht, wie der Große Plan es vorsah, im Archi-Tritrans-System, sondern sie schossen weit über ihr Ziel hinaus. Der Planet und sein Trabant landeten im Unbekannten, in einem völlig fremden Kosmos, mitten im "Mahlstrom der Sterne". Kaum ist jedoch der ärgste Schock ob des Fehlsprungs verwunden, da schickt Perry Rhodan die BOX-7149, das gegenwärtig einzige fernflugtaugliche Raumschiff der Terraner, zur Erkundung der näheren Umgebung aus. Doch der Flug des Posbi-Schiffs findet auf einem unbekannten Planeten ein schnelles Ende. Es kommt zur Notlandung - und die Besatzung der BOX begegnet einem Phänomen. Dieses Phänomen ist ZEUS ANNO 3460 ...

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Nr. 678

Zeus Anno 3460

Begegnung mit einem Gott – Menschen zwischen Illusion und Wirklichkeit

von WILLIAM VOLTZ

Jetzt, im Frühjahr 3460 terranischer Zeitrechnung, existiert das Solare Imperium nur noch dem Namen nach, denn seit einiger Zeit haben die Laren, die Vertreter des Konzils der Sieben Galaxien, die Macht in der Milchstraße übernommen.

Aller Widerstand, den Perry Rhodan und seine Terraner geheim oder offen den Invasoren leisteten, fruchtete letztendlich nicht. Der Widerstand verzögerte nur den Moment der Machtübernahme um eine geraume Zeit.

Dann, als die Laren die »Zeittaucher« ins Spiel brachten, bot auch das ATG-Feld dem Solsystem keinen genügenden Schutz mehr, und Perry Rhodan nutzte die einzige Chance, die den Solariern noch blieb: die Flucht durch den Sol-Transmitter!

Aber Terra und Luna rematerialisierten nicht, wie der Große Plan es vorsah, im Archi-Tritrans-System, sondern sie schossen weit über ihr Ziel hinaus. Der Planet und sein Trabant landeten im Unbekannten, in einem völlig fremden Kosmos, mitten im »Mahlstrom der Sterne«.

Kaum ist jedoch der ärgste Schock ob des Fehlsprungs verwunden, da schickt Perry Rhodan die BOX-7149, das gegenwärtig einzige fernflugtaugliche Raumschiff der Terraner, zur Erkundung der näheren Umgebung aus.

Die Hauptpersonen des Romans

Reginald Bull – Der Staatsmarschall begegnet einer Sagengestalt.

Goshmo-Khan – Der Professor hat einen Plan.

Gucky, Ras Tschubai, Fellmer Lloyd und Takvorian – Mitglieder des Mutantenkorps.

Zeus – Ein Gigant sucht Gesellschaft.

Fontain – Ein Cyborg.

Filz – Ein Matten-Willy.

1. Der Matten-Willy

Aufprall ...

Schreie gellen durch Korridore und Räume der BOX-7149.

In diesem Chaos, das den Tod gefährlich nahe kommen lässt, gibt mein Bewusstsein in Bruchstücken die Erinnerung an den schönsten Augenblick in meinem Leben frei.

Ich habe mir eine flache Mulde gebohrt und fühle die wohlige Wärme einiger Dutzend von über hundert Sonnen auf meiner Haut, die freundschaftlichen Impulse des Zentralplasmas dringen auf telepathischem Wege in mein Bewusstsein.

Das ist der schönste Augenblick in meinem Leben.

Lügner!

Da sind andere Bilder, die sich in den Vordergrund drängen. Eine Tür öffnet sich, und ein kolossaler Mensch betritt den Raum. Seine Uniform ist an einigen Stellen angesengt, aber er grinst breit, wobei seine wurmförmigen, pechschwarzen Augenbrauen auf und nieder tanzen und seinem Gesicht zusätzliches Leben verleihen.

Unter seinem rechten Arm trägt er ein Fässchen.

Ich lasse ein Pseudoauge aus meinem Protoplasmakörper gleiten und starre ihn an. Er versetzt der Tür einen Tritt, dass sie zuknallt.

»Das Hotel brennt noch immer«, sage ich.

Er schüttelt den Kopf.

»Wir haben den Brand gelöscht.«

Ich lasse elf weitere Pseudoaugen aus meinem Körper wachsen und starre ihn mit einem Dutzend gelber Pupillen an. Irgend jemand hat mich einmal wissen lassen, dass Menschen eine unterschwellige Furcht vor gelben Pupillen haben.

Er durchquert mit weitausholenden Schritten den Raum, wobei er wie durch Zufall auf meinen Saum tritt und lässt sich in einen Sessel fallen.

»Weißt du«, sagte er, noch immer grinsend, »ich wundere mich, dass man euch Burschen Stühle und Tische zur Verfügung stellt. Ich habe noch nie einen Matten-Willy an einem Tisch sitzen sehen.« Sein Blick wird etwas unstet, es fällt ihm offensichtlich schwer, mir in alle Augen zu sehen. Er winkte mit der Hand. »Außerdem machst du das mit den Augen falsch. Du darfst die Farbe nicht auf das Zentrum konzentrieren, sondern rundherum auf die Iris – wenn du weißt, was das ist.«

Gleich darauf verliert er jedes Interesse an mir, obwohl er und sieben andere Mitglieder der Solaren Abwehr nur im Hotel sind, um auf unsere Delegation aufzupassen.

Er öffnet das Fässchen und schnuppert an der Öffnung.

Sechs meiner zwölf Augen schnellen in die Höhe, aber ich kann nicht erkennen, was sich innerhalb des Fässchens befindet.

»Wie heißt du?«, frage ich, um die Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken.

»Cardok«, sagte er.

»Manche Menschen haben zwei oder mehr Namen«, erinnere ich mich.

»Ich«, sagt er gelassen, »habe nur einen Namen.«

Er hebt das Fässchen an den Mund und trinkt. Als er es absetzt, glänzen seine Augen. Er wischt sich mit dem Handrücken über die Lippen.

»Und du?«, fragt er.

»Wir nennen uns Matten-Willys«, antworte ich. »Keiner von uns hat einen Eigennamen. Ich auch nicht.«

»Ich werde dich Filz nennen«, sagt er nachdenklich. Dann steht er auf, nimmt das Fässchen in beide Hände und kommt auf mich zu. »Ich habe leider nur Scotch.«

Er dreht das Fässchen, bis die Öffnung weit genug nach unten zeigt, um den Inhalt herauströpfeln zu lassen. Ein paar Tropfen fallen auf meine Haut und sickern ein. Es ist ein angenehmes Gefühl, aber ich habe ein schlechtes Gewissen. Natürlich kommt kein Matten-Willy auf die Erde, ohne sich einmal mit Whisky berieseln zu lassen, aber bei mir geschieht es jetzt schließlich inoffiziell, ohne Zustimmung der anderen.

»Ich wette«, sagt Cardok, »das gefällt dir.«

Sicher ist es unhöflich, wenn ich jetzt zustimme. Ich lasse die Augen in meinen Körper zurücksinken und mache mich ganz flach, so dass möglichst viele Stellen begossen werden können.

Cardok lacht leise, dann kippt er das Fässchen völlig herum, so dass der warme Whisky in einem breiten Strahl auf mich herabplätschert. Er hört nicht auf zu schütten, bis das Fässchen leer ist, dann wirft er es in einen Sessel.

Der Whisky hüllt meine Haut in warmes Feuer, er macht mich träge und leicht zugleich. Ungeheure Gedanken tauchen in meinem Bewusstsein auf. Ich höre Cardok noch einmal kichern, dann verlässt er den Raum. Eine Zeitlang bewege ich mich nicht, Geräusche und Farben dringen mit niemals zuvor erlebter Intensität auf meine Sinne ein.

Ich entwickle einen Pseudoarm und greife nach dem Fässchen im Sessel. Es ist wirklich leer. Ein paar Minuten später kommt Cardok zurück. Ich mache mir ein Auge und sehe ihm erwartungsvoll entgegen. Er hat offenbar kein Fässchen mehr bekommen, sondern nur eine Flasche.

»Wohin möchtest du sie haben?«, fragt er.

»Überallhin«, erwidere ich ungeduldig.

Er entleert sie über mich und sagt entschieden: »Damit ist Schluss, ich will dich schließlich nicht betrunken machen, Filz.«

»Matten-Willys werden nicht betrunken!«, sage ich. »Ich dachte, Menschen, die auf uns aufpassen, hätten ein bestimmtes Wissen über unseren Metabolismus.«

»Ich bin der beste Matten-Willy-Kenner den es gibt, lieber Filz«, versichert er. »Deshalb gibt es jetzt auch keinen Whisky mehr.«

Das Geschrei wird immer durchdringender. Ich höre unbewusst, dass sich in das Stöhnen und Rufen verletzter Menschen auch das Miauen anderer Matten-Willys mischt. Ich befürchte, dass beim Aufprall des Posbi-Raumers ein paar Stahlkuppeln geplatzt sind. Es besteht die Gefahr, dass das Steuerplasma ausgelaufen ist.

Das ist die Wirklichkeit – die schreckliche Wirklichkeit. Ich will sie nicht wahrnehmen, mein Bewusstsein flieht vor ihr, findet Rettung in der Erinnerung.

»Mein Vater lebte zwölf Jahre auf der Hundertsonnenwelt«, fährt Cardok fort. »Ich wurde dort geboren und wuchs mitten unter Matten-Willys auf. Ich bin nicht nur Major der Solaren Abwehr, sondern auch Biochemiker und Anthropologe. Jahrelang habe ich mich mit eurer Kultur beschäftigt.«

Dann schreit Cardok.

»Filz!«

Sein Schreien ist in der Gegenwart, es entreißt mein Bewusstsein allen Träumen von einer Vergangenheit.

Ich mache ein halbes Auge, gerade soviel, um ihn anzusehen. Wieder trägt er eine versengte Uniform, wenn auch diesmal aus anderen Gründen. Aber er lacht nicht. Sein Gesicht ist verzerrt, es spiegelt Schmerzen und Furcht wider.

Er hat beide Hände gegen die Brust gepresst. An dieser Stelle ist seine Uniform rot. Er blutet. Er schwankt.

Zwei Tentakel wachsen aus meinem Körper, packen ihn an den Hüften und stützen ihn. Er ist Betreuer der Matten-Willys an Bord von BOX-7149. Er ist der beste Betreuer, den ich jemals kennengelernt habe. Manche nennen ihn grob und roh, aber das ist nur seine Schale. Wir können uns auf ihn verlassen. Nur Menschen können so zuverlässig sein. Cardok ist wuchtig, er hat große Hände und eine dröhnende Stimme.

Weißt du noch, damals im Hotel, als er dich verließ?

Ich vervollkommne mein Auge und sehe Cardok in meinen Tentakeln sterben.

In meinem zukünftigen Leben werde ich noch tausend mal tausend Augen machen.

Aber keines, das weint.

*

Ich krieche über die schräge Ebene, die einmal ein Korridor war. Etwa zwanzig Matten-Willys folgen mir. Es wird nicht einfach sein, in die Zentrale zu gelangen. Der Korridor ist an vielen Stellen aufgeplatzt, riesige Blechtafeln wurden zu grotesken Formen verdreht. Wir kommen nur langsam voran.

Inzwischen kehrt Ordnung an Bord zurück, die Notmaßnahmen funktionieren. Löschroboter rasen auf Energiefeldern vorbei. Posbis sind praktisch überall. Die Lichtbogen der Schweißbrenner tanzen über die Wunden der Schiffshülle. Das alles muss schon unmittelbar nach dem Aufprall in Gang gekommen sein, als ich wie in Trance in unserer Kammer lag.

Vor mir entsteht ein Flimmern, dann wird Gucky sichtbar, er hat Reginald Bull bei sich. Der Terraner hat das Kinn trotzig vorgeschoben und blickt sich um, als wären all die zerstörten Teile seine persönlichen Gegner. Er hat einen Thermostrahler in der Hand, um überall und jederzeit Verletzte aus den Trümmern schneiden zu können.

»Wer ist Filz?«, schreit er.

Ich mache einen Finger, damit er sieht, wo ich bin.

»In Ordnung«, sagt er grimmig. »Du führst die Matten-Willys in die Zentrale und versuchst, das Steuerplasma zu retten. Ein paar Tanks sind leckgeschlagen, so dass das Plasma ausläuft. Beeile dich, bevor es erstickt.«

»Wir sind gerade unterwegs«, sagte ich. Meine Stimme schwankt, aber Bull ist jetzt kaum in der Stimmung, um darauf zu achten.

»Wo ist euer Betreuer, dieser Cardok?«, fragt Gucky.

»Tot!«, antworten wir im Chor.

Da ist sein Bild vor mir, ganz lebendig – ich bin in diesem Augenblick in meinem Zimmer des fast niedergebrannten Hotels und sehe Cardok an der Tür stehenbleiben. Er dreht sich zu mir um und lacht verschmitzt.

»Ich würde mein Zimmer in der nächsten Stunde nicht verlassen, Filz.«

Seine Stimme klingt wie zehn mächtige Orgeln und das Licht, das vom raucherfüllten Flur hereindringt, hat alle Farben des Spektrums.

»Ich könnte fliegen«, sage ich. Halb im Scherz mache ich ein paar Pseudoschwingen und bewege sie auf und ab.

Er schließt die Tür, und seine Schritte verklingen draußen auf dem Korridor. Ich warte, bis es still geworden ist, dann öffne ich die Tür. Der Rauch stört mich nicht, auch die Hitze macht mir wenig aus. Der Gang liegt verlassen vor mir.

Die Wand im Hintergrund ist verschwunden ...

Die durch eine Explosion entstandene Öffnung erleichtert mir und den anderen das Eindringen in die Zentrale. Ich sehe ziellos herumirrende Männer. Wissenschaftler sind damit beschäftigt, batteriegetriebene Wärmestrahler aufzustellen, um das Steuerplasma zu retten. Ohne dieses Plasma wird die BOX-7149 nie wieder fliegen können.

Auf einem Podest sehe ich Goshmo-Khan stehen und Befehle brüllen. Er ist der wissenschaftliche Leiter der fehlgeschlagenen Expedition.

Mir wird bewusst, dass mein Schicksal eng mit dem dieser Menschen verbunden ist, denn an eine Rückkehr zur Hundertsonnenwelt ist im Augenblick nicht zu denken.

Goshmo-Khan springt vom Podest und stürmt uns entgegen.

»Schnell!«, schreit er. »Das Plasma verfärbt sich bereits.«

Die anderen Matten-Willys und ich verteilen uns rund um die aufgeplatzten Stahltanks. Das Plasma liegt wie ein toter Fladen am Boden. Ich nehme telepathischen Kontakt zu meinen Artgenossen auf.

»Macht euch so flach wie möglich. Wir müssen mit unseren Körpern eine Schicht über das Plasma ziehen und es hermetisch von der Außenwelt abschließen. Dann versuchen wir, es langsam in die Tanks zurückzudrängen.«

Ich lasse mich auseinanderfließen, bis ich nicht mehr höher als ein paar Millimeter bin. Wie ein Tuch breite ich mich über dem Steuerplasma aus. Dabei strahle ich beruhigende Impulse aus. Es ist jetzt wichtig, dass das Plasma nicht in Panik gerät. Bei einem Kollektivlebewesen ist das identisch mit dem sicheren Ende.

Inzwischen ruft Goshmo-Khan Männer mit Schweißaggregaten herbei. Sobald es uns gelungen ist, das Plasma in seine Tanks zurückzutreiben, müssen sie die Lecks verschweißen.

Gucky und Bull materialisieren in der Zentrale.

»Wir werden trotz aller Schwierigkeiten an Bord ein Kommando bilden und ausschleusen«, kündigt er an. »Es ist wichtig, dass wir schnell herausfinden, wo wir gelandet sind. Ärger mit Fremdintelligenzen können wir jetzt nicht brauchen.«

Jemand lacht.

Es ist ein Donnergetöse.

Es kommt von draußen – von außerhalb des Schiffes. Die Bewegungen der Männer ersterben.

»Was war das?«, bringt Goshmo-Khan schließlich hervor. »Ein Bergrutsch?«

»Unser Absturz kann Veränderungen in der Landschaft ausgelöst haben«, versucht Bull zu erklären. »Die Natur reagiert oft seltsam. Denkt an die singenden Winde oder ähnliche Naturerscheinungen auf der Erde.«

Sie sehen sich an. Bull kratzt sich am Kinn und fügt nachdenklich hinzu: »Wir werden die Männer, die wir hinausschicken, vorsichtshalber bewaffnen.«

Das Plasma unter mir beginnt zu zucken und beansprucht meine gesamte Aufmerksamkeit. Ich bin froh, dass es jetzt eine so heftige Reaktion zeigt. Das bedeutet, dass unser Rettungsversuch Aussicht auf Erfolg hat. Ich hoffe, dass keiner der Posbis an Bord durch den Aufprall so beschädigt wurde, dass er die Kontrolle über sich verliert. Solche Zwischenfälle können unsere beängstigende Lage aussichtslos werden lassen.

Während das Plasma unter mir pulsiert, wird noch einmal die Vergangenheit in mir lebendig.

Ich habe mich in ein aufrecht gehendes Wesen verwandelt, eine Umwandlung, die ich immer dann vornehme, wenn ich auf der Erde bin und die Vermutung naheliegt, jemand könnte mir begegnen. Das ist nicht allein eine Frage der Höflichkeit – es gibt mehr Menschen, die Furcht vor quallenähnlichen Lebewesen haben, als man annehmen sollte. Diese unterschwellige Furcht der Menschen vor fremden Lebensformen ist nicht allein mit auf das jeweilige Individuum begrenzte Vorurteile zu erklären, hier müssen mythologische Kollektiverinnerungen einer ganzen Art eine Rolle spielen.

Hier im Hoteleingang hat es vor einer Stunde noch gebrannt, aber das ist sicher nicht der Grund dafür, dass ich mehr schwanke, als mir lieb ist.

Ich weiß nicht, warum, aber ich ignoriere völlig, dass am Ende des Ganges die Wand verschwunden ist. Bevor ich mir richtig darüber klarwerde, rutsche ich über den Abgrund. Ich bin dreiundsechzig Etagen hoch, das Trümmergerippe des Hotels ragt bis zu mir empor. Mir wird schwindlig.

Ich kippe nach vorn, aber instinktiv krallt sich einer meiner Pseudofüße an einem Mauervorsprung fest. Jemand schreit. Die Stimme ist tief unter mir, von der Straße aus hat mich jemand gesehen. So hänge ich zwischen Himmel und Erde dieser fremden Welt und die Lichter der nächtlichen Stadt wirbeln in einem bunten Reigen um mich herum. Der Whisky hat mich so geschwächt, dass ich mich nicht hochziehen kann. Vielleicht will ich es in diesem Augenblick auch gar nicht. Plötzlich sehe ich alles ganz klar vor mir: mein Leben, meine Bestimmung und alles, was damit zu tun hat. Ich bin dieser ganzen Sache überdrüssig. Der Griff meiner Pseudoklaue lockert sich. Ich bin mir darüber im klaren, dass auch ein Matten-Willy den Sturz aus dieser Höhe nicht überleben wird.

Doch da ist Cardok.

Er steht hoch über mir, breitbeinig, die wurmähnlichen Augenbrauen ungläubig hochgezogen, als könne er nicht verstehen, was da geschieht.

»Zum Teufel mit dir, Filz!«, dröhnt seine Stimme.

Er packt das fußähnliche Gebilde, mit dem ich mich die ganze Zeit über festgehalten habe und zieht mich hoch. Ich könnte diesen »Fuß« opfern und meinen Körper in die Tiefe allen lassen, aber Cardoks Anwesenheit hindert mich daran. Vor ihm kann ich nicht mein Gesicht verlieren, ich darf ihm gegenüber nicht solche Schwächen zeigen.

»Ich hätte die Verantwortung an deinem Tod«, sagt er. »Vielleicht bildest du jetzt gefälligst einen Hintern, damit ich dir einen Tritt versetzen kann.«