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Durch einen Tip des Yulocs Torytrae schöpft Perry Rhodan neue Hoffnung auf Rückkehr in die heimatliche Milchstraße. Er macht sich auf die Suche nach den Hinterlassenschaften des längst ausgestorbenen Volkes der Pehrtus und wird fündig - zuerst in Naupaum, danach in der Nachbargalaxis Catron, 104 Millionen Lichtjahre entfernt. In harten Kämpfen gegen die Robotgehirne der Pehrtus und die versteinerten Gehirne dieser uralten Wesen erfahren Perry Rhodan und seine Freunde von dem alten Programm der Bioinfizierung, einer furchtbaren Waffe gegen die Bewohner Naupaums, mit denen die Pehrtus im Krieg lebten. Diese Entdeckung ist so schockierend, daß der Herrscher von Naupaum, Heltamosch, mit seinem ganzen Volk in den Tod gehen will.
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Nr. 72
Kontakte mit der Ewigkeit
Durch einen Tipp des Yulocs Torytrae schöpft Perry Rhodan neue Hoffnung auf Rückkehr in die heimatliche Milchstraße. Er macht sich auf die Suche nach den Hinterlassenschaften des längst ausgestorbenen Volkes der Pehrtus und wird fündig – zuerst in Naupaum, danach in der Nachbargalaxis Catron, 104 Millionen Lichtjahre entfernt. In harten Kämpfen gegen die Robotgehirne der Pehrtus und die versteinerten Gehirne dieser uralten Wesen erfahren Perry Rhodan und seine Freunde von dem alten Programm der Bioinfizierung, einer furchtbaren Waffe gegen die Bewohner Naupaums, mit denen die Pehrtus im Krieg lebten. Diese Entdeckung ist so schockierend, dass der Herrscher von Naupaum, Heltamosch, mit seinem ganzen Volk in den Tod gehen will.
Perry Rhodans Lage wird immer verzweifelter, und da ist es nicht verwunderlich, dass er nach jedem Strohhalm greift, der ihm Hoffnung macht, doch noch in seine heimatliche Milchstraße zurückkehren zu können. In diesem Fall sind dies die Hinterlassenschaften eines geheimnisvollen, uralten Volkes, der Pehrtus, die einst die Todfeinde der alten Yulocs waren. Dabei bekommt seine Suche eine ganz neue Dimension. Er wagt sich an Geheimnisse heran, an denen die Bewohner Naupaums seit Jahrzehntausenden nicht zu rühren wagten.
Aber Rhodan ist nicht wie sie. An ihm prallen ihre Tabus ab. Er geht so vor, wie er es auch in der Heimat schon immer tat. Rhodan gibt nie die Hoffnung auf, so aussichtslos die Situation auch für ihn ist. Dabei fühlt er Verantwortung für die Völker der Galaxis Naupaum, in der er gestrandet ist. Er will auch zu ihrem Besten handeln und kann das nur, weil er eben anders ist und denkt – auch wenn er im Körper eines der ihren steckt.
Im Grunde unterscheidet sich seine jetzige Situation gar nicht so sehr von jener vor knapp 1500 Jahren, als er die eigene Galaxis mit seinen Ideen und Schachzügen verblüffte und die Menschheit zu den Sternen führte. Solchen Ehrgeiz hat er natürlich in Naupaum nicht mehr – er will nur nach Hause ...
Die in dem vorliegenden Buch enthaltenen Romane sind: Das steinerne Gehirn (635) und Das verrückte Gehirn (640) von William Voltz; Der Raytscha stirbt (636) und Die Flotte der Selbstmörder (642) von H. G. Francis; Der Fremde von Catron (637) von Hans Kneifel und Das Geisterspiel (641) von H. G. Ewers.
1971/84 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest. Mit Hilfe der arkonidischen Technik gelingen die Einigung der Menschheit und der Aufbruch in die Galaxis. Das Geistwesen ES gewährt Rhodan und seinen engsten Wegbegleitern die relative Unsterblichkeit. (HC 1–7)
2040 – Das Solare Imperium entsteht und stellt einen galaktischen Wirtschafts- und Machtfaktor ersten Ranges dar. In den folgenden Jahrhunderten folgen Bedrohungen durch die Posbi-Roboter sowie galaktische Großmächte wie Akonen und Blues. (HC 7–20)
2400/06 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda; Abwehr von Invasionsversuchen von dort und Befreiung der Völker vom Terrorregime der Meister der Insel. (HC 21–32)
2435/37 – Der Riesenroboter OLD MAN und die Zweitkonditionierten bedrohen die Galaxis. Nach Rhodans Odyssee durch M 87 gelingt der Sieg über die Erste Schwingungsmacht. (HC 33–44)
2909 – Während der Second-Genesis-Krise kommen fast alle Mutanten ums Leben. (HC 45)
3430/38 – Das Solare Imperium droht in einem Bruderkrieg vernichtet zu werden. Bei Zeitreisen lernt Perry Rhodan die Cappins kennen. Expedition zur Galaxis Gruelfin, um eine Pedo-Invasion der Milchstraße zu verhindern. (HC 45–54)
3441/43 – Die MARCO POLO kehrt in die Milchstraße zurück und findet die Intelligenzen der Galaxis verdummt vor. Der Schwarm dringt in die Galaxis ein. Gleichzeitig wird das heimliche Imperium der Cynos aktiv, die am Ende den Schwarm wieder übernehmen und mit ihm die Milchstraße verlassen. (HC 55–63)
3444 – Die bei der Second-Genesis-Krise gestorbenen Mutanten kehren als Bewusstseinsinhalte zurück. Im Planetoiden Wabe 1000 finden sie schließlich ein dauerhaftes Asyl. (HC 64–67)
3456 – Perry Rhodan gelangt im Zuge eines gescheiterten Experiments in ein paralleles Universum und muss gegen sein negatives Spiegelbild kämpfen. Nach seiner Rückkehr bricht in der Milchstraße die PAD-Seuche aus. (HC 68–69)
3457
Das Kosmische Schachspiel zwischen ES und Anti-ES geht weiter. Kaum hat die Menschheit die ersten beiden Schläge überstanden – Perry Rhodans Versetzung ins Paralleluniversum und die PAD-Seuche – da tut Anti-ES seinen nächsten Zug. Perry Rhodans Gehirn wird in die ferne Galaxis Naupaum verschlagen und landet auf dem Markt der Gehirne, wo es von Doynschto dem Sanften gekauft wird.
Der Paratransplantator erhofft sich viel von dem Ceynach, wie fremde Gehirne auf dem Planeten Yaanzar genannt werden. Doch Rhodan kann fliehen, nachdem sein Gehirn in einen fremden Körper verpflanzt worden ist. Sein ganzes Streben gilt der Suche nach seiner Heimatgalaxis und einer Möglichkeit zur Rückkehr. Und die Zeit brennt, denn bei einem Experiment schaffte er es, kurzzeitig Kontakt zu seinem eigenen Körper auf Terra herzustellen. Er musste feststellen, dass dieser von einem fremden Androidengehirn beherrscht wird, das alles tut, um der Menschheit zu schaden.
In Naupaum gelingt es ihm nach abermaligem Körperwechsel, die Freundschaft des designierten Nachfolgers des Raytschas zu gewinnen, des Herrschers über das größte Sternenreich. Heltamosch ist bereit, ihm zu helfen, auch wenn er sich dabei selbst in Gefahr begibt. Er bringt Perry Rhodan zu einer uralten Welt, die einst von den Yulocs bewohnt wurde, den Vorfahren der humanoiden Völker Naupaums.
Die Hoffnung, dort Hinweise auf die Milchstraße zu finden, erfüllt sich nicht, doch Rhodan gewinnt mit dem Petraczer Gayt-Coor und dem Accalaurie Zeno weitere Freunde. Auf der anderen Seite wird er von dem Ceynach-Jäger Torytrae verfolgt und schließlich gestellt. Torytrae ist einer der letzten beiden Yulocs. Er führt seinen Tötungsbefehl allerdings nicht aus.
In der Folge kommt es zu einem Aufstand gegen die Regierung auf Yaanzar, der niedergeschlagen werden kann. Im Laufe der Kämpfe wird Noc, der zweite noch lebende Yuloc, getötet. Noc soll den Aufstand initiiert haben. Torytrae findet geheime Aufzeichnungen seines Artgenossen und gewinnt neue Erkenntnisse über das ebenfalls uralte und längst ausgestorbene Volk der Pehrtus. Er gibt Perry Rhodan einen Tipp für seine weitere Suche nach der Position der heimatlichen Galaxis.
November 3457
Als Rhodan den Petraczer in die Zentrale kommen sah, fragte er sich unwillkürlich, warum er für dieses Wesen so starke Sympathien empfand. Gayt-Coor war nur 1,70 Meter hoch, aber er hatte fast eineinhalb Meter breite Schultern. Mit seinem beschuppten Körper und dem drachenähnlichen Mund sah Gayt-Coor wie eines jener Fabelwesen aus, die in der Vergangenheit die Erde bevölkert hatten.
»Da kommt das Ungeheuer!«, bemerkte Zeno unbehaglich.
Perry Rhodan lächelte. Er hatte längst bemerkt, dass der Accalaurie im Körper eines Yaanztroners dem Echsenabkömmling mit Zurückhaltung begegnete.
Rhodan, Zeno und Heltamosch standen vor den Bildschirmen der Außenbeobachtung in der Zentrale der PRYHNT. Gayt-Coor hatte in seiner Kabine geschlafen und war über Bordfunk in die Zentrale gerufen worden, nachdem die PRYHNT in das Fuehrl-System eingeflogen war.
Die beiden Doppelaugen Gayt-Coors blickten in Richtung der Gruppe. »Wir haben geschlafen«, sagte er. »Sind wir am Ziel?«
»Ich habe geschlafen«, verbesserte Heltamosch.
»Ich habe geschlafen«, korrigierte Gayt-Coor sich mit sanfter Stimme. »Sind ich am Ziel?«
»Man sollte Ihnen verbieten, unsere Sprache zu benutzen«, sagte Heltamosch. »Ein hochintelligentes Wesen wie Sie dürfte solche Fehler nicht begehen.« Ein misstrauischer Zug trat in sein Gesicht. »Sie machen das wohl nur, um mich zu ärgern?«
»Nein!«, versicherte der Petraczer kühl.
»Die dritte Welt ist interessant«, lenkte Rhodan die Aufmerksamkeit der anderen auf die Ereignisse auf den Bildschirmen.
»Sie heißt Horntol«, erklärte Heltamosch. »Das Fuehrl-System besitzt insgesamt fünf Planeten.«
Rhodan und seine neuen Freunde waren mit dem Frachtraumschiff VALLAD von Yaanzar aus gestartet und dann im Weltraum in die PRYHNT umgestiegen. Torytraes Informationen hatten Heltamosch veranlasst, mit seinem Flaggschiff direkt das Fuehrl-System anzufliegen.
Rhodan warf Heltamosch einen Seitenblick zu. »Ich wundere mich, dass Sie mir noch immer in einer solchen Form helfen«, sagte er. »Was ich für Sie getan habe, ist längst ausgeglichen. Als zukünftiger Herrscher über das Naupaumsche Raytschat haben Sie doch bestimmt andere Dinge zu tun.«
»Ich dachte mir schon, dass Sie diese Frage früher oder später stellen würden.« Heltamosch lächelte. »Natürlich ist es keine Selbstlosigkeit, wenn ich Sie auch diesmal unterstütze. Sie sind kein gewöhnlicher Ceynach, das haben wir alle längst gemerkt. Ich weiß auch, dass es für Sie unmöglich ist, mich mit Raumschiffen und Waffen zu unterstützen. Ein Ceynach-Gehirn Ihres Formats kann jedoch unter Umständen eine große moralische und psychologische Unterstützung bedeuten.«
Rhodan war nicht völlig überzeugt. Er empfand es außerdem als bestürzend, dass er fester Bestandteil von Heltamoschs Plänen war. Das konnte bedeuten, dass Rhodan früher oder später in die innenpolitischen Schwierigkeiten von Naupaum verwickelt werden würde. Daran hatte der Terraner im Körper des Duynters Toraschtyn jedoch kein Interesse.
Rhodan hatte den Schock, dass er nicht nur in einer von seiner Heimat weit entfernten Galaxis, sondern auch gleichzeitig in einer Antimaterieballung lebte, inzwischen überwunden. Sein Optimismus und seine Entschlossenheit hatten ihn schnell wieder aktiv werden lassen. Er wollte sich so schnell nicht geschlagen geben.
»Eine friedliche Welt!«, stellte Gayt-Coor fest und riss mit dieser Bemerkung Rhodan aus den Gedanken. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum der Jäger uns ausgerechnet hierher geschickt hat.«
»Alles, was Torytrae tut, hat einen Sinn«, sagte Rhodan.
Zeno lachte auf. »Sie sprechen von einem Wesen, das noch vor wenigen Tagen nichts unversucht gelassen hat, Sie zu töten.«
»Ich schätze Torytrae trotzdem«, meinte Rhodan. »Es ist schade, dass ich keine Zeit habe, mich mehr mit den Yulocs zu beschäftigen. Sie waren das interessanteste Volk dieser Galaxis.«
»Abgesehen von den Pehrtus!«, sagte Heltamosch.
»Von den Pehrtus kennen wir nur den Namen«, sagte Rhodan. »Wir wissen nicht, ob sie noch existieren. Sie sind nur ein Gerücht.«
»Eine Spur, der Sie hoffnungsvoll nachgehen«, ergänzte Zeno.
Rhodan sah das Wesen mit dem unaussprechlichen Namen, dem erst Gayt-Coor den Namen Zeno gegeben hatte, nachdenklich an.
»Meine Hoffnungen sind auch die Ihren, Zeno! Wenn ich zurückfinde, haben auch Sie eine Chance.«
Zeno schüttelte den Kopf. »Es war ein unglaublicher Zufall, dass zwei Verschollene sich in einer großen Galaxis gefunden haben.«
»Das war kein Zufall«, widersprach Heltamosch. »Ihre Ermittlungen mussten Sie beide früher oder später gleichzeitig gemeinsam an einem Ort auftauchen lassen.«
»Unser Problem heißt Horntol«, erinnerte Gayt-Coor.
Der Petraczer liebte keine langen Diskussionen. Er pflegte jeweils kurz nachzudenken, eine Entscheidung zu treffen und dann zu handeln.
Heltamosch gab weitere Daten bekannt: »Wir sind zwölftausendsiebenhundert Lichtjahre von Yaanzar entfernt und befinden uns am äußeren Rand der Galaxis Naupaum. Die Analyse des Planeten Horntol hat bereits begonnen.« Er wandte sich an einige seiner Besatzungsmitglieder und gab ihnen neue Befehle.
»Der Planet sieht paradiesisch aus«, sagte Zeno.
»Auch paradiesische Welten sind mitunter Höllen!«, meinte Gayt-Coor.
Rhodan ließ die Bildschirme nicht aus den Augen. Die Fernbeobachtung lieferte verschiedene Ausschnittsvergrößerungen. Es war deutlich erkennbar, dass Horntol eine Sauerstoffatmosphäre besaß. Es gab viele Meere, Wälder und Graslandschaften. Anzeichen einer Zivilisation waren nicht zu erkennen. Bisher hatte man von der PRYHNT aus allerdings höchstens zwei Drittel der Planetenoberfläche beobachten können.
Heltamosch meldete sich wieder. Er stand jetzt vor dem Bordrechner und wartete auf die ersten Werte. »Horntol durchmisst dreizehntausend Kilometer. Die Eigenrotation beträgt neunundzwanzig Stunden, die mittlere Temperatur liegt bei achtundzwanzig Grad.«
»Und die Schwerkraft?«, fragte Rhodan.
»Etwas über dem Normalwert!«
»Ideale Bedingungen!«, freute sich Gayt-Coor. »Jetzt müssen wir nur noch nach einem geeigneten Landeplatz für die PRYHNT suchen.«
Rhodan warf Heltamosch einen fragenden Blick zu. Der zukünftige Regierungschef schüttelte den Kopf. Heltamoschs Scheu vor den alten Völkern seiner Galaxis war so groß, dass er sich auch diesmal zurückhalten würde.
»Die PRYHNT wird nicht landen!« Zeno hatte den stummen Austausch von Frage und Antwort zwischen Rhodan und Heltamosch beobachtet und richtig gedeutet.
»Die PRYHNT wird nicht landen!«, wiederholte Gayt-Coor. Damit war die Sache für ihn erledigt. Es war beeindruckend, mit welcher Gelassenheit der Petraczer die Entscheidungen anderer Wesen akzeptierte. Allerdings verlangte er umgekehrt, dass man auch seine Entscheidungen widerspruchslos hinnahm.
»Wir werden weiter vom Raum aus beobachten«, sagte Perry Rhodan. »Es ist möglich, dass wir doch noch etwas Interessantes entdecken.«
»Auch ein Tuuhrt kann sich täuschen«, sagte Heltamosch.
Rhodan unterdrückte ein Lächeln. Aus Heltamoschs Worten sprach die Hoffnung, dass Horntol ein bedeutungsloser Planet sein könnte.
»Die Fernaufnahmen der Tagesseite von Horntol geben auch keine Hinweise auf die Existenz von größeren Lebewesen.« Zeno deutete auf die entsprechenden Bildschirme. »Es sieht alles ein bisschen enttäuschend aus.«
»Wir schlagen eine Kreisbahn ein!«, befahl Heltamosch.
»Jetzt schon?«, entfuhr es Zeno. »Wir könnten noch viel dichter an Horntol herangehen.«
»Wir sind bereits nahe genug!«, sagte Heltamosch.
Rhodan gab dem Accalaurie einen Wink. Sie durften den Mann, auf dessen Raumschiff sie sich befanden und auf dessen Hilfe sie angewiesen waren, nicht mit überhöhten Forderungen verärgern.
Das eiförmige Schiff änderte seinen Kurs. Es war noch achtzigtausend Kilometer von Horntol entfernt, als es seine Kreisbahn stabilisierte.
»So«, sagte Heltamosch erleichtert. »Jetzt können wir in aller Ruhe beobachten und auswerten.«
Rhodan wusste genau, dass auch Heltamosch unter Zeitdruck stand. Der zukünftige Herrscher über die Galaxis Naupaum konnte es sich nicht leisten, tagelang in diesem abgelegenen System zu operieren und die politischen Geschäfte auf Rayt unbeachtet zu lassen. Obwohl er erkorener Favorit des Raytschas war, hatte Heltamosch viele politische Gegner, die seine Abwesenheit für ihre Zwecke ausnutzen würden. Schon aus diesem Grund glaubte Perry Rhodan nicht an einen längeren Aufenthalt im Fuehrl-System.
»Auf den Bildschirmen ändert sich nicht viel!«, stellte Zeno fest. »Wir werden schon landen müssen, um Einzelheiten feststellen zu können.«
»Eine Landung kommt nur mit einem Beiboot in Frage«, sagte Perry Rhodan. »Sie stellen uns doch ein Boot zur Verfügung?«
»Wer ist uns?«, erkundigte sich Heltamosch. »Ich werde nicht zulassen, dass ein Besatzungsmitglied der PRYHNT an einer Expedition nach Horntol teilnimmt. Abgesehen davon haben meine Männer zuviel Angst vor einem solchen Unternehmen.«
»Ich schlage vor, dass Zeno und ich mit einem Beiboot nach Horntol fliegen«, antwortete Perry.
Gayt-Coor räusperte sich durchdringend. »Auch ich werde an Bord sein.«
»Ich weiß nicht, ob ich das zulassen soll«, sagte Heltamosch zögernd. »Gayt-Coor gehört zu den Intelligenzen dieser Galaxis. Seine Einmischung in die Belange alter Völker könnte schlimme Folgen haben.«
»Ich bin allein für mein Handeln verantwortlich«, sagte der Petraczer ärgerlich.
»Das ist richtig!«, kam ihm Rhodan zu Hilfe. »Sie dürfen die Legenden nicht überbewerten, Heltamosch.«
Heltamosch gab seine Zustimmung nur widerstrebend und wahrscheinlich auch nur deshalb, weil er die Entscheidungsfreiheit Gayt-Coors akzeptierte.
Der Echsenabkömmling nickte zufrieden. »Zu dritt haben wir größere Chancen, etwas zu entdecken.«
»Energieortung!«, rief einer der Raumfahrer an den Kontrollen dazwischen. Rhodan blickte überrascht auf. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie über die Bordbeobachtung noch eine Entdeckung machen würden.
»Anpeilen!« Heltamosch verließ seinen Platz an den Bildschirmen und ging zu den Ortungskontrollen hinüber. Im Gegensatz zu großen terranischen Schiffen befanden sich an Bord der PRYHNT viele wichtige Ortungsanlagen innerhalb der Zentrale.
»Peilversuche laufen!«, bestätigte der zuständige Raumfahrer. »Reaktion negativ.«
»Das bedeutet, dass die Impulse nur sehr schwach sind«, sagte Heltamosch enttäuscht. »Aber wir wissen jetzt, dass sich auf Horntol etwas befindet, was nicht natürlichen Ursprungs sein kann.«
Rhodan befürchtete, dass Heltamosch nun seine Zusage, seinen Freunden ein Beiboot zur Verfügung zu stellen, rückgängig machen würde. Doch der zukünftige Raytscha konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf die Bildschirme und Ortungsgeräte.
»Was haben Sie jetzt vor?«, erkundigte sich Rhodan.
Heltamosch war Psychologe genug, um den tieferen Sinn dieser Worte zu verstehen. »Solange wir nicht wissen, wodurch diese Impulse ausgelöst werden, kann das Beiboot die PRYHNT nicht verlassen.«
Rhodan gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu unterdrücken.
»Vielleicht brauchen wir Tage, um die Quelle für diese Impulse zu entdecken«, sagte auch Zeno. »Es besteht sogar die Möglichkeit, dass wir überhaupt nichts herausfinden.«
»Wir werden alles herausfinden!«, verkündete Heltamosch. »Ich werde eine Flugsonde ausschleusen lassen. Sie wird uns in kürzester Zeit die gewünschten Daten liefern.«
Er gab die entsprechenden Befehle. Sekunden später glitt ein unbemannter Flugkörper aus einem Hangar der PRYHNT in den Weltraum hinaus. Auf den Bildschirmen sah man das zylindrische Objekt einen Augenblick im Sonnenlicht aufblitzen, dann war es schon wieder verschwunden. Der Funkkontakt zwischen der PRYHNT und der Sonde riss jedoch nicht ab.
»Die Sonde wird in die obersten Schichten der Atmosphäre von Horntol vordringen und dann Aufnahmen machen. Außerdem wird sie uns genaue Ortungsergebnisse übermitteln.«
Rhodan verkniff sich die Frage, ob Heltamosch mit dem Einsatz der Sonde nicht ebenfalls ein altes Tabu brach. Das war schließlich Heltamoschs Problem; ihn darauf aufmerksam zu machen hätte alles nur kompliziert.
Inzwischen hatte sich Gayt-Coor zwischen den Sitzen auf den Boden gehockt. Er fand alle Sitzgelegenheiten an Bord des Schiffes unbequem und zog daraus die Konsequenzen. Rhodan fragte sich, ob Gayt-Coor eingeschlafen war. Der Echsenabkömmling konnte in jeder Situation schlafen, aber genauso schnell wieder auf den Beinen sein.
Zeno zog Rhodan ein paar Schritte zur Seite. »Was halten Sie von der Sache?«
Rhodan hob die Schultern. »Es ist eine völlig fremde Welt, von der ich nichts weiß«, antwortete er. »Ich werde mich hüten, Vermutungen anzustellen. Das würde ich nicht einmal wagen, wenn dieser Planet in meiner Heimatgalaxis stünde.«
»Darauf wollte ich auch nicht hinaus«, sagte der Accalaurie leise. »Es geht um Heltamosch. Ich habe den Verdacht, dass er mehr über diese Welt weiß, als er uns gegenüber zugibt.«
»Schon möglich!« Rhodans Teilnahmslosigkeit war gespielt. »Aber ich bin froh, dass Heltamosch uns hilft. Mehr können wir nicht verlangen.«
»Vielleicht verfolgt er eigene Ziele. Die Erklärung, die er abgegeben hat, befriedigt mich nicht. Weder Sie noch ich können ihm viel helfen.«
Rhodan wünschte, er hätte dieses Gespräch abbrechen können. Wenn der Accalaurie einmal begonnen hatte, über irgend etwas nachzudenken, hörte er nicht mehr damit auf, bis ihm alle Details bekannt waren. Das Thema, dem er sich jetzt zugewandt hatte, war jedoch brisant. In Anwesenheit Heltamoschs zu flüstern, empfand Perry außerdem als peinlich.
»Wir werden sehen«, sagte Rhodan deshalb ausweichend.
»Tun Sie nicht so unbeteiligt!«, entrüstete sich Zeno.
Zu Rhodans Erleichterung wurden jetzt die ersten Funkimpulse der Sonde empfangen, so dass Zeno abgelenkt wurde.
»Wir haben den Platz, von dem die Impulse ausgehen!«, rief Heltamosch. »Ich werde jetzt eine Ausschnittsvergrößerung einblenden.«
Wenig später wechselten die Bilder auf den Ortungsgeräten. Rhodan sah ein hügeliges Gelände. Im Gegensatz zu anderen Gebieten wirkte das Land, das von der Sonde gefilmt wurde, zerklüftet und unregelmäßig.
»Es sieht aus wie Dünen!«, stellte Gayt-Coor fest.
»Es sind Humusmassen«, erklärte Heltamosch. »Sie wurden vom Wind angeweht. Was immer sich unter diesem Boden befindet, ist nicht natürlichen Ursprungs.«
»Können wir die äußere Form feststellen?«, wollte Zeno wissen.
»Sehen Sie nicht, dass es unglaublich groß ist?«, gab Heltamosch zurück. »Wir müssen die verschiedenen Aufnahmen mit der Logikauswertung zusammensetzen, dann bekommen wir vielleicht ein vernünftiges Bild.« Er gab seinen Technikern die notwendigen Befehle.
»Was kann das sein?«, sinnierte Gayt-Coor. »Eine verschüttete Station?«
Heltamosch schüttelte den Kopf.
»Ein Raumschiff!«
Er presste die Lippen zusammen, ein sicheres Zeichen, dass er diese spontane Antwort bereute.
»Ein Raumschiff?«, wiederholte Rhodan ungläubig. »Dieses Gebiet umfasst etwa zwei Millionen Quadratkilometer.«
»Wahrscheinlich ist es auch kein Raumschiff im herkömmlichen Sinn.« Heltamosch deutete auf ein Bild, das jetzt auf dem Monitor des Bordrechners erschien. »So etwa könnte der gesamte Landstrich aussehen. Es ist eine gestellte Aufnahme, von der Logikauswertung nach den vorliegenden Bildern zusammengestellt.«
Das Dünengebiet in seiner Gesamtheit erinnerte Rhodan entfernt an eine überdimensionale Flunder. Über die Höhe des unter Dünen begrabenen Gebildes ließ sich aufgrund des nun bekannten Umfangs nichts aussagen.
»Ich glaube, dass es sich um eine Station handelt«, sagte nun auch Gayt-Coor. »Vermutlich um eine sehr alte, längst verlassene Einrichtung eines ausgestorbenen Volkes. Ich kenne alle Raumschiffstypen unserer Galaxis. So etwas habe ich jedoch noch nie gesehen – auch nicht in kleinerem Format.«
Heltamosch schwieg. Nachdem weitere Bilder eintrafen, wurde das Fiktivbild auf dem Monitor noch ein paar Mal verändert, jedoch nur so unwesentlich, dass die flunderähnliche Form erhalten blieb.
Obwohl sicher zu sein schien, dass es dort unten kein intelligentes Leben mehr gab, war Rhodan fasziniert. Er spürte etwas vom Hauch vergangener Größe, von der Macht eines vergessenen Volkes. Hatte er eine Spur der Pehrtus gefunden?
Es war verfrüht, sich schon jetzt solche Hoffnungen zu machen. Die Tatsache, dass Torytrae ihm den Weg hierher gezeigt hatte, konnte ebenso bedeuten, dass sich dort unten eine alte Station der Yulocs befand.
Trotzdem wurde Rhodan zunehmend von innerer Erregung ergriffen. Die Überreste alter Kulturen bargen fast immer Antworten auf viele ungelöste Fragen. Das war in Naupaum sicher nicht anders als in Rhodans Heimatgalaxis.
Nachdem weitere Bilder ausgewertet waren, sah Rhodan, dass der größte Teil des mysteriösen Landstrichs von Pflanzen aller Art bewachsen war. Rhodan schloss daraus, dass die Station – oder was immer es war – sich schon seit langer Zeit in diesem Zustand befand.
Wie viele vergessene Kulturen gibt es innerhalb des Universums?, überlegte Rhodan. Sie waren wahrscheinlich nicht zu zählen. Eines Tages würden vielleicht fremde Raumfahrer ihre Füße auf die Überreste menschlicher Niederlassungen setzen und sich Fragen stellen. Nichts in diesem Universum war unvergänglich.
Rhodan verbannte diese Gedanken aus seinem Bewusstsein. Er hatte gelernt, dass sie zu nichts führten.
»Sie sind alle sehr nachdenklich!«, drang Gayt-Coors Stimme in die Stille. »Dabei gibt es nur eine Frage: Bekommen wir das Beiboot, um auf Horntol zu landen?«
Zeno, Gayt-Coor und Rhodan sahen Heltamosch an, der den Kopf gesenkt hatte. Es war zu sehen, wie es in diesem mächtigen Mann arbeitete. Angesichts dieses uralten Gebildes musste auch Heltamosch die Relativität seiner eigenen Bedeutung erkannt haben.
Und da überwand dieser im Grunde genommen einsame Mann seine Scheu und sagte: »Sie bekommen das Beiboot!«
Ein Gebilde, das nur aus Paketen, Waffenbündeln und Ausrüstungsgegenständen zu bestehen schien, bewegte sich schwerfällig auf das eiförmige Beiboot im Hangar der PRYHNT zu.
Zeno, der am unteren Ende der Gangway einen flugfähigen Kampfanzug untersuchte, richtete sich auf. »Da kommt endlich unser Freund!«, rief er in die offene Schleuse.
Rhodan streckte den Kopf heraus. »Um Himmels willen!«, entfuhr es ihm, als er den schwerbeladenen Gayt-Coor erblickte. »Wollen Sie das etwa alles mit an Bord nehmen?«
Aus dem Wust von Gegenständen ertönte zustimmendes Brummen.
»Aber Sie können das doch nicht alles mit in den Einsatz nehmen«, gab Zeno zu bedenken.
»Nicht alles zusammen, aber nacheinander«, erklärte der Echsenabkömmling trocken.
Er hatte die Gangway erreicht und schwankte hinauf. Irgendwie gelang es ihm, durch die Schleuse zu kommen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.
Zeno hörte ihn im Innern des Beiboots rumoren, dann ertönten ein paar Flüche; offenbar konnten der Petraczer und Perry Rhodan sich nicht darüber einigen, wo Gayt-Coors Besitz seinen Platz haben sollte. Nach einer Weile erschien Gayt-Coor wieder in der Schleuse.
»Wohin gehen Sie?«, fragte Zeno misstrauisch.
»Den Rest holen«, versetzte Gayt-Coor gleichmütig.
Zeno starrte ihn fassungslos an. Auch Rhodan kam jetzt heraus. Gemeinsam sahen die beiden Ceynach-Gehirne Gayt-Coor nach.
»Er wird immer problematischer«, seufzte Zeno. »Vielleicht macht er uns so viele Schwierigkeiten, dass er uns keine Hilfe mehr bedeutet.«
»Er ist eben ein Individualist.«
Zeno kratzte sich an den großen Ohren seines yaanztronischen Kopfes. »Ich muss gestehen, dass ich ein bisschen Angst vor unserem Unternehmen habe.«
»Was haben wir zu verlieren?«, fragte Rhodan.
Zeno nickte. »Ich bin mir über unsere Situation im klaren. Aber ich weiß auch, dass wir beide noch Hoffnung haben, dass es eine Rückkehr geben könnte. Wenn wir jetzt den Spuren längst vergessener Zivilisationen folgen, habe ich die Befürchtung, dass wir uns dieser Hoffnung berauben. Wir werden Dinge finden, die uns erst richtig die Ausweglosigkeit unserer Situation vor Augen führen werden. Es gibt Geheimnisse, an denen man besser nicht rühren sollte.«
»Ich verstehe Sie«, sagte Rhodan. »Aber würden Sie deshalb an Bord der PRYHNT bleiben und Gayt-Coor und mich allein nach Horntol fliegen lassen?«
»Natürlich nicht!«, versicherte der Accalaurie mit Nachdruck. »Herz und Verstand sprechen oft eine verschiedene Sprache. Wir haben keine andere Wahl, als den Spuren nachzugehen, die uns erfolgversprechend erscheinen.« Seine Stimme senkte sich. »Können Sie sich vorstellen, in dieser Galaxis leben zu müssen? Für immer?«
»Ich habe schon darüber nachgedacht«, gestand Rhodan. »Ich bin der einzige Mensch in Naupaum. Das erklärt alles.«
»Und ich bin der einzige Accalaurie«, sagte Zeno.
Gayt-Coor kam in den Hangar zurück und schleppte den Rest seiner Ausrüstung in das Beiboot.
»Er ist unser Freund«, sagte Zeno.
»Das sagen ausgerechnet Sie!«, sagte Rhodan verblüfft. »Bisher sind Sie ihm immer mit Misstrauen begegnet.«
»Weil ich ihn nicht verstehe. Trotzdem glaube ich, dass er unser Freund ist, wenn auch ein ziemlich merkwürdiger Freund.«
Gayt-Coors Kopf mit den beiden Doppelaugen erschien in der Schleuse. »Fertig!«, rief er knapp. »Es kann losgehen.«
Rhodan und Zeno begaben sich in das Beiboot. Gayt-Coor, der sich am besten mit der naupaumschen Technik auskannte, übernahm den Pilotensitz. Rhodan stellte eine Funkverbindung zur Zentrale der PRYHNT her. Auf dem Bildschirm der Funkanlage erschien Heltamoschs Gesicht.
»Ich hätte Ihnen die Erlaubnis für dieses Unternehmen nicht geben sollen«, sagte er verdrossen.
»Sie wollen uns doch nicht aufhalten?«, fragte Zeno bestürzt.
»Nein!« Heltamosch schien mit sich selbst uneins zu sein. »Wir öffnen jetzt die Hangarschleuse von der Zentrale aus.«
»Was werden Sie tun, wenn wir mit dem Beiboot gelandet sind?«, wollte Rhodan wissen. Er hatte diese Frage absichtlich nicht vorher erörtert.
»Die PRYHNT bleibt vorläufig in einer Kreisbahn um Horntol«, lautete die Antwort.
Rhodan atmete erleichtert auf und warf dem Accalaurie einen triumphierenden Blick zu. Mit der PRYHNT im Orbit von Horntol hatten sie einen Stützpunkt, auf den sie sich im Augenblick der Gefahr oder des Misserfolgs zurückziehen konnten.
Die Frage war nur, wie lange Heltamosch warten würde!
»Start!«, rief Gayt-Coor.
Das Beiboot wurde förmlich aus dem Hangar des großen Schiffes katapultiert. Auf dem Bildschirm erschien die Oberfläche des dritten Planeten.
»Direkter Zielflug!«, kündigte Gayt-Coor an. »Ich schlage vor, dass wir unmittelbar auf dem auffälligen Gebiet landen.«
»Wir wollen es nicht übertreiben«, meinte Rhodan. »Wir werden irgendwo in der Nähe landen und uns dann vorsichtig umsehen.«
»Einverstanden«, sagte der Petraczer. »Wir sind schließlich in Ihrem und in Zenos Interesse unterwegs. Ich bin nur Begleiter, ohne innere Beziehung zu all diesen Dingen.«
Rhodan sah den Echsenabkömmling von der Seite her an. Er wünschte, etwas von Gayt-Coors Gefühlen hätte sich in diesem starren Gesicht abgezeichnet.
»Bestimmt ist er nicht so teilnahmslos, wie er vorgibt«, meinte Zeno.
»Ich glaube, dass er nur von Abenteuerlust angetrieben wird.« Rhodan lächelte dem Accalaurie zu. »Vielleicht träumt er auch davon, großen Reichtum zu gewinnen.«
Zu Rhodans Enttäuschung konnten sie Gayt-Coor mit diesen Erörterungen auch nicht zu einer Stellungnahme veranlassen.
In diesem Augenblick meldete sich Heltamosch von Bord der PRYHNT aus. »Wir haben neue Ortungsergebnisse!«, teilte er der Besatzung des Beiboots mit. »Die Stärke der Energieimpulse schwankt.«
Rhodan und Zeno sahen sich an.
»Das kann nur bedeuten, dass einige der auf Horntol existierenden Energiequellen manipuliert werden – entweder durch Roboter oder von lebenden Wesen«, fuhr Heltamosch fort. Die Entdeckung hatte ihn noch unsicherer gemacht. »Ich muss Sie unter diesen Umständen zurückbeordern.«
Rhodan warf einen schnellen Blick auf die Bildschirme. Sie hatten sich schon so weit von der PRYHNT entfernt, dass man sie weder einholen noch gewaltsam aufhalten konnte.
Heltamosch schien zu ahnen, was in Rhodan vorging.
»Sie haben doch nicht die Absicht, sich dieser Anordnung zu widersetzen?«
Zeno wollte etwas sagen, doch Rhodan gab ihm ein Zeichen. Sie mussten jetzt vor allem Zeit gewinnen. Jeder übereilte Entschluss konnte alles verderben. Sie waren auf Heltamosch und die PRYHNT angewiesen, denn mit dem Beiboot konnten sie das Fuehrl-System nicht verlassen.
Sobald Heltamosch seine schlimmsten Befürchtungen überwunden hatte, würde er die Situation wieder anders einschätzen.
»Wir stoppen unseren Anflug auf Horntol!«, sagte Rhodan. Er nickte Gayt-Coor zu. »Aber wir werden nicht sofort umkehren, denn wir hoffen, dass Sie uns doch noch die Landeerlaubnis geben.«
Rhodan war entschlossen, auf jeden Fall zu landen, aber er wollte Heltamosch nicht brüskieren.
»Ich will nicht mit Ihnen über diese Sache diskutieren!«, sagte Heltamosch düster. »Die Schwankungen der georteten Impulse wurden offenbar durch unsere Anwesenheit ausgelöst. Sie kennen unser Gesetz, das uns den Kontakt mit Planeten alter Völker verbietet.«
»Es ist Überlieferung, kein Gesetz«, korrigierte Rhodan ruhig.
»Sie wollen Zeit gewinnen!«, stellte Heltamosch fest.
»Ich will, dass Sie darüber nachdenken«, sagte das Terranergehirn. »Es hat sich nicht viel geändert. Die Verantwortung für alles, was auf Horntol geschehen ist und vielleicht noch geschehen wird, übernehmen Zeno und ich.«
»Das zählt nicht!«, rief der Mann an Bord der PRYHNT. »Entscheidend ist, dass Sie ohne meine Hilfe Horntol niemals erreicht hätten.«
»Sogar Torytrae, der selbst Mitglied eines alten Volkes ist, hat nichts gegen eine Landung einzuwenden – sonst hätte er uns kaum die Koordinaten gegeben.«
Heltamosch wurde schwankend. »Niemand weiß genau, was im Gehirn des Jägers vorgeht!«
»Er ist ehrlich!«, sagte Rhodan bestimmt.
»Ich werde noch einmal darüber nachdenken«, versprach Heltamosch. »Bis ich eine Entscheidung getroffen habe, dürfen Sie Ihren Standort nicht verlassen. Nötigenfalls werde ich Sie unter Beschuss nehmen lassen.«
Rhodan wusste, dass Heltamosch diese Drohung nicht verwirklichen konnte, auch wenn er es gewollt hätte. Die Entfernung zwischen dem Beiboot und der PRYHNT war schon zu groß.
Trotzdem schwieg Rhodan. Er wollte den anderen nicht unnötig reizen.
Zeno warf dem Terraner einen triumphierenden Blick zu. Der Accalaurie wusste ebenso wie Rhodan, dass sie gewonnen hatten.
Gayt-Coor hatte sich im Sitz zurücksinken lassen. Sein Kopf hing nach vorn. In dieser Haltung sah er wie ein versteinertes Wesen aus. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Ceynachs und Heltamosch ließ den Petraczer völlig unbeeindruckt.
Als Heltamosch sich abermals meldete, wirkte er ruhiger. »Fliegen Sie weiter!«, sagte er. »Kehren Sie aber sofort um, sobald etwas Unvorhergesehenes geschieht.«
Rhodan konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Er klopfte Gayt-Coor auf die Schulter. »Es geht weiter!«
Gayt-Coor richtete sich langsam auf. Es war erstaunlich, mit welcher Lässigkeit er seinen Körper bewegen konnte. Die Muskelsegmente unter den Schuppen sprangen dabei auf und nieder und schufen Lichtreflexe auf dem Hautpanzer. »Der Aufenthalt war unnötig!«, stellte Gayt-Coor fest.
Rhodan konzentrierte seine Aufmerksamkeit jetzt auf das Bild der Planetenoberfläche. In solchen Augenblicken der völligen Konzentration konnte er sogar die Lage vergessen, in der er sich befand. Er war dabei fähig, den Duynter-Körper als seinen eigenen zu akzeptieren.
Im Zielgebiet des Beiboots war noch immer Tag, deshalb konnten die drei Männer an Bord auch Einzelheiten unterscheiden.
Rhodan hatte den Eindruck, dass die Pflanzen, die auf dem rätselhaften Gebilde wuchsen, ihre Farbe allmählich veränderten. Das konnte aber auch auf den unterschiedlichen Lichteinfall zurückzuführen sein. Wolkenschatten kamen nicht in Betracht, denn der Himmel über diesem Gebiet war wolkenlos.
Rhodan machte die beiden anderen auf das Phänomen aufmerksam.
»Ich glaube nicht, dass die Pflanzen dafür verantwortlich sind«, sagte Zeno. »Es ist der Humusboden. Ich nehme an, dass er mit unzähligen Mikrolebewesen durchsetzt ist, die auf jede Temperaturschwankung mit farblichen Veränderungen reagieren.«
»Das ist auch nur eine Theorie!«, kritisierte Gayt-Coor. »Ebensogut können es Wasseradern oder Blütenstaub sein. Wir werden es erst herausfinden, wenn wir gelandet sind.«
»Halten Sie nach einem Landeplatz Ausschau!«, bat Rhodan den Petraczer.
Gayt-Coor deutete auf den Bildschirm. »Links neben der ausgedehnten Felsformation sehe ich eine grasbewachsene Senke. Sie ist vielleicht fünfzig Meilen vom Zielgebiet entfernt.«
»Einverstanden!«, stimmte Rhodan zu. »Zeno und ich werden das gesamte Gebiet ständig beobachten, damit wir sofort reagieren können.«
Das Beiboot drang jetzt in die obersten Schichten der Atmosphäre ein. Es war ungeschützt und hätte einem Feuerüberfall vom Boden aus nicht standhalten können. Auch wenn es auf Horntol keine intelligenten Wesen gab, musste die Besatzung des Beiboots mit Aktionen von vollrobotischen Anlagen rechnen.
Rhodan wusste, dass das Risiko eines tödlichen Angriffs bei einem solchen Unternehmen nicht ausgeschaltet werden konnte.
Während des Landemanövers ließ Gayt-Coor sich auf keine Experimente ein. Er steuerte das eiförmige Kleinstraumschiff direkt auf die Oberfläche des Planeten zu. Das musste eventuellen Beobachtern den Eindruck vermitteln, dass diese Landung eine selbstverständliche Sache war.
Heltamosch meldete sich jetzt nicht mehr, aber Rhodan konnte sich vorstellen, dass man in der Zentrale der PRYHNT die Bewegungen des Beiboots genau beobachtete.
Gayt-Coor schaltete die Antigravprojektoren ein. Das Beiboot sank langsam auf den ausgewählten Landeplatz hinab.
Rhodan konnte Einzelheiten erkennen. Die Vielfalt der Pflanzen, die auf dem verdächtigen Landstrich wuchsen, erstaunte ihn. In keinem anderen Gebiet des Planeten wuchsen auf engem Raum so viele verschiedene Arten. Rhodan konnte sich nicht vorstellen, dass das allein auf den offenbar besonders fruchtbaren Boden zurückzuführen war. Vielleicht hatten Strahleneinwirkungen Mutationen bei den Pflanzen hervorgerufen. Es war aber auch denkbar, dass Unbekannte das Wachstum steuerten.
Vergeblich hielt Rhodan nach Spuren Ausschau, die auf die Anwesenheit intelligenter Wesen hinwiesen. Auch Einzelheiten einer Station oder eines Riesenschiffs waren nicht zu erkennen. Wenn es überhaupt etwas gab, lag es unter dem Boden.
»Dieses Gebiet wirkt wie ein Anachronismus«, klang Zenos Stimme auf. »Es passt überhaupt nicht auf diese Welt.«
Rhodan hob den Kopf. »Wie wollen Sie das feststellen?«
»Es gibt keine direkten Hinweise – es ist mehr ein Gefühl«, versetzte der Accalaurie. »Horntol ist zweifellos ein paradiesischer Planet. Auch unser Zielgebiet scheint zu diesem Bild zu passen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass dort etwas Unheimliches vorgeht.«
Auch Rhodan spürte inneres Unbehagen, wenn er sich auch weigerte, die gleichen Zusammenhänge wie Zeno zu akzeptieren. Das Beiboot schwebte jetzt genau über der Senke.
»Sie können noch einen letzten Blick auf das Land werfen!«, rief Gayt-Coor. »Gleich wird alles hinter den Hügeln verschwunden sein.«
Wenige Augenblicke später setzte das kleine Schiff auf. Seine Landebeine mit den großen flachen Tellern passten sich den Unebenheiten des Bodens an, so dass das Schiff genau waagrecht stand.
Rhodan entspannte sich. Die Landung war ohne Zwischenfälle verlaufen.
Gayt-Coor atmete erleichtert auf, als er den für ihn so unbequemen Pilotensitz verlassen konnte. Er machte Anstalten, die Schleuse zu öffnen.
»Langsam!«, warnte Rhodan. »Wir führen erst noch einmal zusätzliche Analysen durch. Außerdem wird jeder, der das Beiboot verlässt, einen flugfähigen Kampfanzug tragen.«
»Niemand ist in der Nähe!«, protestierte der Petraczer. »Dass die Luft in Ordnung ist, haben wir bereits von der PRYHNT aus festgestellt.«
»Wir müssen vorsichtig vorgehen«, entschied Rhodan. »Fangen wir an.«
Die Messungen, die sie vornahmen, brachten keine neuen Ergebnisse. In der Umgebung blieb alles ruhig.
»Ich habe das Gefühl, dass wir beobachtet werden«, sagte Zeno.
»Unsinn!«, knurrte Gayt-Coor.
Er hatte inzwischen seinen flugfähigen Kampfanzug angelegt. Wenn sein türkisfarbener Schuppenpanzer nicht sichtbar war, wirkte Gayt-Coor noch eckiger.
»Ich werde einen Erkundungsgang machen!«, kündigte er an.
Rhodan erhob jetzt keine Einwände mehr. Er warnte den Petraczer jedoch, sich weiter als bis zur nächsten Anhöhe vom Schiff zu entfernen.
Die Schleuse wurde geöffnet, und Gayt-Coor verließ das Schiff. Rhodan stand in der Schleusenöffnung und beobachtete, wie Gayt-Coor sich entfernte. Als er etwa hundert Meter weit gegangen war, schaltete der Petraczer sein Flugaggregat ein und schwebte die Anhöhe zum oberen Senkenrand hinauf. »Alles ruhig!«, teilte er über Funk mit.
Rhodan war erleichtert. Er konnte sich seine Befürchtungen nicht erklären, aber er hatte mit unheilvollen Zwischenfällen gerechnet.
Gayt-Coor umrundete die Senke, ohne etwas Ungewöhnliches festzustellen.
»Wir versiegeln unser Schiff und folgen ihm«, sagte Rhodan zu Zeno.
Der Accalaurie sah ihn aus yaanztronischen Augen an. »Halten Sie es nicht für besser, wenn einer von uns zurückbleibt?«
»Sie können gern an Bord warten!«
Zeno machte eine ärgerliche Bewegung. »Ich habe keine Angst, das wissen Sie genau. Ich würde es nur für sicherer halten, wenn einer von uns zurückbleibt.«
Rhodan drückte die Verschlüsse seines flugfähigen Anzugs zu und überprüfte seine Ausrüstung.
»Ich bin einverstanden«, sagte er. »Bleiben Sie vorläufig an Bord. Wir werden Sie über Funk informieren, wenn wir Hilfe brauchen.«
»Ich hoffte, dass Sie zurückbleiben würden!«
Rhodan schüttelte den Kopf. »Solche unnötigen Diskussionen habe ich vorhergesehen, deshalb war ich von Anfang an dafür, dass wir alle gehen. Wenn wir das Schiff mit einem Schutzschirm versiegeln, ist es genauso sicher wie bei einer Bewachung durch einen von uns.«
Zeno gab sich damit zufrieden. Als die beiden Ceynachs das Beiboot verließen, sahen sie Gayt-Coor oben am Senkenrand stehen und winken. In der Senke wuchs breithalmiges, dunkelbraunes Gras. Dazwischen entdeckte Rhodan einzelne pilzähnliche Gewächse und flache Büsche. Das Gras war feucht.
Rhodan blickte zur Sonne hinauf. Er schätzte, dass es später Nachmittag war. »Vielleicht sollten wir eine Nacht an Bord des Beiboots zubringen und bei Tagesanbruch mit den Untersuchungen beginnen«, schlug er vor.
Zeno deutete zum Himmel hinauf. »Wir sollten Heltamoschs Geduld nicht übermäßig strapazieren.«
»Das stimmt«, gab Rhodan zu.
Sie schalteten ihre Aggregate ein und flogen zu Gayt-Coor hinauf.
Rhodan sah die verdächtige Hügellandschaft vor sich liegen. Sie war so riesig, dass ihre Ausdehnungen vom Platz der drei Raumfahrer aus nicht übersehen werden konnten.
»Ich kann nicht glauben, dass das ein Raumschiff sein soll«, sagte Zeno.
Rhodan dachte an OLD MAN und an die verschiedensten Riesenschiffe fremder Völker, die er im Verlauf seines Lebens schon gesehen hatte.
»Was immer es ist, wir werden damit fertig!«, rief Gayt-Coor. »Die Frage ist nur, wie wir ins Innere vordringen können. Ich sehe nichts, was mit einem Eingang vergleichbar wäre.«
»Wir müssen auf die Oberfläche und das Land zwischen den Dünen absuchen«, sagte Rhodan.
Seit ihrer Ankunft auf Horntol hatten sie noch kein größeres Tier gesehen. Das schien ihre Beobachtungen von der PRYHNT aus zu bestätigen.
Die drei verschiedenartigen Wesen flogen jetzt nebeneinander auf den rätselhaften Landstrich zu.
Das kleine Peilgerät, das Rhodan mit sich führte, schlug stärker aus.
»Starke Energiequellen unter der Oberfläche!«, teilte Rhodan den beiden anderen mit.
Sie erreichten das Randgebiet der Dünenlandschaft.
»Sehen Sie sich die Pflanzen an!«, forderte Zeno seine beiden Begleiter auf. »Es sind sehr merkwürdige Gewächse dabei.«
»Mutationen!«, bestätigte Rhodan. Er sah langstielige Blumen, oft mit riesigen, verschiedenfarbigen Kelchen. Dazwischen wuchsen grotesk aussehende Büsche mit verschnörkelten Ästen und schlangenförmigen Luftwurzeln. Obwohl es fast völlig windstill war, kam dieses Pflanzenmeer kaum zur Ruhe. Alle Gewächse schienen ständig in Bewegung zu sein. Rhodan überlegte, ob Bodenunruhen dafür verantwortlich waren.
Einmal glaubte er ganz sicher zu sein, dass unter ihm ein paar stämmig aussehende Pflanzen hin und her liefen, aber als er sich tiefer sinken ließ, konnte er sie nicht mehr sehen. Er nahm an, dass er sich getäuscht hatte.
»Es sieht überall gleich aus!«, stellte Zeno enttäuscht fest. »In diesem Pflanzendschungel finden wir bestimmt keinen Eingang.«
»Nötigenfalls müssen wir uns gewaltsam Zugang verschaffen«, sagte Gayt-Coor entschlossen und klopfte gegen seinen Gürtel, wo er einige seiner Waffen befestigt hatte.
Rhodan scheute vor gewaltsamen Aktionen zurück. Die Reaktionen der Unbekannten, auch wenn es nur Roboter zu sein schienen, waren nicht abzuschätzen.
Warum war die Station – oder das Raumschiff – so abgeschlossen?, fragte sich Rhodan. Waren jene, die vielleicht noch unter der Planetenoberfläche in diesem Gebilde lebten, nicht darauf angewiesen, ab und zu ins Freie zu kommen?
Vielleicht gab es irgendwo einen kleinen Eingang, aber bei dem gewaltigen Ausmaß dieses Landes wäre es Zufall gewesen, wenn sie ihn entdeckt hätten.
»Wir landen und untersuchen den Boden!«, ordnete Rhodan an. »Bleibt dicht zusammen, damit wir uns helfen können, wenn es sich als notwendig erweisen sollte.«
Bereits beim Anflug auf den Boden stellte Perry fest, dass die Pflanzen höher wuchsen, als er ursprünglich angenommen hatte. Ein Teil von ihnen war bis zu fünf Meter groß.
Rhodan und seine beiden Begleiter landeten in einer Gruppe honigfarbener Blüten. Die Blütenkelche schienen zurückzuweichen, als sie von den Männern berührt wurden. Unten am Boden erkannte Rhodan zahlreiche Moose und Farne, auf die ihm bisher der Blick verborgen geblieben war.
Rhodan, Zeno und Gayt-Coor formierten sich. Es fiel Rhodan auf, dass nirgends Blüten abfielen, als die beiden anderen und er sich in Bewegung setzten.
Rhodan hob einen Arm und blieb stehen. Er untersuchte die Pflanzen in unmittelbarer Nähe. Wenn sie künstlich waren, was er nach den letzten Beobachtungen nicht ausschließen konnte, stellten sie ausgesprochen echt wirkende Fälschungen dar.
Aber warum sollte jemand dieses riesige Gebiet mit falschen Pflanzen versehen? Als Tarnung?
Rhodan glaubte nicht daran. Kein Ortungsgerät, das hatten die Anlagen der PRYHNT bewiesen, ließ sich von Äußerlichkeiten täuschen.
Wahrscheinlich traf es doch zu, dass die Pflanzen über der Station – oder dem Raumschiff – mutiert waren. Daran konnten nur Strahlungen schuld sein.
Die drei ungleichen Männer bahnten sich einen Weg durch die Pflanzen. Immer wieder teilten sie mit den Händen dichte Büschel, um auf den Boden blicken zu können, doch sie entdeckten keine Spur eines Eingangs. Der Boden, auf dem sie sich bewegten, war weich. Es war, wenn man den Ortungsgeräten trauen konnte, eine etwa zehn Meter hohe Schicht. Darunter schloss sich eine Metallschicht an, das zeigten die Angaben des mitgeführten Massetasters ganz deutlich.
»Wir können nicht stundenlang hier oben umherirren«, sagte Zeno.
Auch Gayt-Coor schien sich von weiteren Nachforschungen nichts zu versprechen. »Mit unseren Waffen können wir mühelos ein großes Loch in den Boden brennen. Warum fangen wir nicht damit an?«
Rhodan konnte den Grund nicht erklären, aber er schreckte unwillkürlich vor der Zerstörung auch nur eines kleinen Teils dieser Pflanzen zurück.
»Vielleicht haben wir im Zentrum mehr Glück«, meinte er. »Dort sollten wir es noch einmal versuchen, bevor wir irgend etwas zerstören, was sich nicht mehr reparieren lässt.«
Weder Zeno noch der Petraczer erhoben einen Einwand, ein sicheres Zeichen, dass sie ihn genau verstanden.
Die drei Raumfahrer hoben wieder ab und überflogen das hügelige Gelände. Im Mittelpunkt der seltsamen Landschaft sah es nicht viel anders aus als in den Randgebieten.
Rhodan warf einen Blick zur Sonne. Sie stand bereits dicht über dem Horizont und würde bald untergehen.
Eine Zeitlang kreisten Rhodan und seine beiden Begleiter über den Dünen. Jeder untersuchte ein bestimmtes Gebiet, ohne dass sie einen Erfolg erzielten.
»Es hilft nichts«, sagte Rhodan. »Wir müssen wieder landen. Die Blüten und die großen Büsche versperren den Blick auf den Boden.«
»Wasser!«, rief Gayt-Coor plötzlich.
Rhodan blickte in Richtung des Petraczers. »Was meinen Sie?«
»Es gibt offenbar nirgends Wasser«, sagte Gayt-Coor. »Wir haben weder eine Quelle noch einen Fluss oder einen See entdeckt.«
»Vielleicht existieren Wasseradern unter der Oberfläche«, wandte Zeno ein.
»Wenn es sie wirklich gibt, müssen sie künstlich angelegt sein«, sagte Rhodan. »Aber Sie haben recht, Gayt! Bei dieser Blumenpracht müsste es unter normalen Umständen viel Wasser geben.«
»Vielleicht sind es künstliche Pflanzen«, sagte Zeno.
»Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte Rhodan nachdenklich. »Aber wozu sollte sie jemand hier angepflanzt haben?«
»Halten Sie nach Quellen Ausschau!«, empfahl Gayt-Coor, nachdem sie wieder gelandet waren. »Ich bin sicher, dass uns ein See oder ein Bach auf die richtige Spur führen könnte.«
Wasser war für alle lebenden Wesen einer Sauerstoffwelt das wichtigste Element. Wo Wasser war, existierte in den meisten Fällen auch Leben. Daran schien Gayt-Coor zu denken.
Die Pflanzen wurden Rhodan immer unheimlicher. Sein Instinkt, der ihn bisher selten getrogen hatte, ließ ihn ahnen, dass diese Gewächse nur Teil eines Systems waren, das die Eindringlinge nicht verstehen konnten und in das sie auch keinen Einlass finden würden.
Diese Überlegung brachte Rhodan dazu, sich selbst und die beiden anderen mit schädlichen Insekten zu vergleichen, die in dieses Paradies eingefallen waren. Er lachte unterdrückt.
»Was erheitert Sie so?«, wollte Zeno wissen.
Rhodan sagte es ihm.
»Vielleicht ist der Vergleich nicht so abwegig.« Zeno schien bedrückt zu sein. »Schädlinge werden vernichtet.«
Gayt-Coor deutete auf eine Mulde im Boden, die kaum bewachsen war. Die Pflanzen, die dort versucht hatten, Fuß zu fassen, verfaulten langsam. Sogar die anspruchslosen Moose und Farne hatten sich nicht halten können.
»Was kann das sein?«, fragte Zeno unsicher.
Gayt-Coor scharrte mit den Füßen im Boden. Er war hier nicht fest, sondern locker wie Sand.
Rhodan hob etwas von der Masse auf und rieb sie zwischen den Fingern.
»Sand«, sagte er achselzuckend. »Feuchter Sand!«
Gayt-Coor schaufelte mit den Händen ein größeres Loch. Dabei stieß er auf etwas Festes. Er klopfte mit dem Kolben seiner Waffe dagegen.
»Metall!«, rief er triumphierend. »Wir haben eine Stelle gefunden, wo die Station nicht hoch mit Humusboden bedeckt ist. Vielleicht ist es auch nur eine Art Ausläufer, den wir entdeckt haben. Immerhin sind wir jetzt sicher, dass unter uns nicht nur Nährboden existiert.«
Sie begannen jetzt alle drei zu graben und legten innerhalb kurzer Zeit eine leicht nach außen gewölbte Metallschicht frei.
»Das ist der Teil einer Metallkuppel«, sagte Rhodan bestimmt. »Ich nehme an, dass diese Kuppel über die eigentliche Station hinausragt.«
»Sie haben wahrscheinlich recht«, sagte Gayt-Coor zögernd. »Da hätten wir also unseren Eingang. Wir brauchen nur noch ein Loch in das Metall zu strahlen und einzusteigen.«
Sie sahen sich an. Keiner dachte jetzt an Rückzug.
»Ich werde Heltamosch über unseren nächsten Schritt unterrichten«, kündigte Zeno an und schaltete das tragbare Funkgerät ein. Rhodan legte ihm eine Hand auf den Unterarm und schüttelte den Kopf.
»Es gibt mehrere Gründe, warum wir das nicht tun sollten. Heltamosch würde seine üblichen Bedenken äußern und uns vielleicht sogar den Rückzug befehlen. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Botschaft von Fremden abgehört wird.«
Zeno schaltete das Gerät wieder aus. Er sah sich um. »Die Sonne ist untergegangen. Es wird bald dunkel sein. Wollen wir sofort einen Versuch wagen oder bis morgen warten?«
»Wir machen es jetzt!«, entschied Rhodan.
Sie benutzten die Thermowaffen, die sie von Heltamosch erhalten hatten. Die drei Energiestrahlen verbanden sich auf der Metalloberfläche. Ein meterhoher Lichtbogen entstand. Darunter begann das Material unter der ungeheuren Hitze zu zerfließen. Rund um das Zentrum der Einschussstelle färbte sich das Metall rot.
Plötzlich stieg eine helle Dampfsäule in die Höhe: Ein tellergroßes Loch, durch das feuchte Luft ins Freie entwich, war entstanden. Die drei Raumfahrer warteten, bis sich der Dampf verzogen hatte. Als die Hitzeentwicklung nachgelassen hatte, beugte sich Gayt-Coor über die gewaltsam geschaffene Öffnung.
»Ich kann nicht viel erkennen«, sagte er. »Unter uns liegt eine Maschinenhalle. Lebende Wesen sind nicht zu sehen.«
»Wir müssen die Öffnung vergrößern!«, sagte Rhodan. »Dann steigen wir ein.«
Erneut sprachen die Waffen. Schließlich war ein an den Rändern gezacktes, zwei Meter durchmessendes Loch entstanden.
Rhodan trat an den Rand der Öffnung und blickte in die Halle hinab. Er sah fremdartige Maschinen, die kreisförmig um eine bis zur Hallendecke reichende Säule gruppiert waren. Der Hallenboden bestand aus zweifarbigen Metallplatten.
»Wir befinden uns über einer Kuppel, wie ich vermutet habe«, sagte Perry Rhodan. »Es ist ein separater Teil der Station.«
»Worauf warten wir noch?«, fragte Zeno.
Rhodan schaltete seinen Antigravprojektor ein und schwebte ins Innere der Kuppel. Sie durchmaß etwa einhundert Meter und war fünfzig Meter hoch. An der Mittelsäule war ein Scheinwerferkranz angebracht, der das Halleninnere erhellte. Die Anlagen, die diesen Leuchtkörper mit Energie versorgten, mussten noch funktionieren.
Rhodans Duynter-Augen suchten das Halleninnere ab. Kein lebendes Wesen war zu sehen. Trotzdem blieb Rhodan zunächst unter der Hallendecke, um jederzeit fliehen zu können.
Zeno und Gayt-Coor schwebten herein.
»Von hier aus kommen wir bestimmt leicht in die eigentliche Station«, sagte Gayt-Coor.
Der Petraczer landete als erster zwischen den Maschinen. Er hielt seine Waffe schussbereit in der Hand.
»Hier ist niemand!«, rief er zu den beiden anderen hinauf. »Totenstille und eine angenehme Temperatur.«
Rhodan wusste, dass der Echsenabkömmling sich vor allem in feuchtwarmer Luft wohl fühlte.
Er landete neben Gayt-Coor und wischte mit einer Hand über die Verkleidung einer Maschine. Er hinterließ eine dunkle Spur auf dem Metall.
»Schwitzwasser!«, erklärte Gayt-Coor. »Der Dampf kommt dort drüben aus dem großen Trichter.«
Rhodan blickte in die angegebene Richtung und sah einen breiten Behälter, aus dem Dampf aufstieg.
»Dort wird eine Flüssigkeit verkocht«, sagte der Petraczer.
»Alles sieht aus, als wäre es gerade erst verlassen worden«, meinte Zeno.
Gayt-Coor deutete auf ein paar Metallteile. »Es gibt Anzeichen von Oxydation! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Wesen, die um das Fortbestehen ihrer Station besorgt sind, solche Spuren hinterlassen würden. Wahrscheinlich war schon lange kein lebendes Wesen mehr in dieser Halle.«
Rhodan blickte sich um. Gayt-Coors Feststellung war sicher begründet, aber sie genügte nicht, um Rhodans Unbehagen zu vertreiben. Das Gefühl, dass etwas Fremdes und Unheimliches in der Nähe war, hatte sich in Rhodans Bewusstsein noch verstärkt. Er sagte seinen Begleitern jedoch nichts davon, denn er wollte, dass sie ihre Nachforschungen unvoreingenommen fortsetzen sollten.
»Ich glaube, es hat wenig Sinn, wenn wir diese Halle genau durchsuchen«, sagte der Accalaurie. »Wir müssen ins Innere des Raumschiffs vordringen.«
»Es ist nicht bewiesen, dass es sich um ein Raumschiff handelt.«
Zeno sah Rhodan an. »Wir werden noch herausfinden, was es ist.«
Auch diesmal spürte Rhodan eine enge Verbundenheit zu diesem Wesen. Accalauries und Terraner waren so unterschiedlich, wie man es sich überhaupt nur vorstellen konnte, aber in Naupaum hatten sich ein Accalaurie und ein Terraner verbündet. Ihr gemeinsames Schicksal verband sie.
»Ich hoffe«, sagte Zeno müde, »dass wir etwas finden, was uns weiterhelfen kann.«
Im Grunde genommen glaubte er nicht an einen Erfolg, aber er brauchte ebenso wie Perry Rhodan diese Aktivität. Solange sie suchten und Spuren fanden, brauchten sie sich nicht einzugestehen, dass sie für immer in diese fremde Galaxis verbannt waren.
Inzwischen hatte Gayt-Coor eine Bodenklappe gefunden und war damit beschäftigt, sie zu öffnen. Zu seiner Enttäuschung befand sich darunter nur eine Rohröffnung.
Zeno fand schließlich eine zweite Öffnung. Sie ruhte auf einer Metallscheibe, die durch eine Stange mit der Schachtwand verbunden war. Die Schale erinnerte Rhodan an eine flache Badewanne.
»Ich wette, dass es sich um eine Art Lift handelt«, sagte Zeno.
Gayt-Coor berührte das Gebilde behutsam mit dem Fuß. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Ding ein ausgewachsenes Wesen wie mich transportieren kann, ohne zu zerbrechen.«
»Das ist vorläufig nicht unser Problem«, sagte Rhodan. »Zunächst einmal müssen wir den Mechanismus finden, mit dessen Hilfe wir den Lift in Bewegung setzen können – sofern er überhaupt noch funktioniert.«
Sie suchten die Umgebung ab, ohne etwas zu finden.
»Vielleicht wird der Antrieb durch einen ganz bestimmten Impuls ausgelöst – und sei es nur ein besonderer Ruf!«, überlegte Zeno.
Entschlossen stieg Rhodan in die Schale. Zu seiner Überraschung begann sie sofort nach unten zu gleiten. Rhodan unterdrückte seine erste Reaktion, blitzschnell aufzuspringen und sich mit dem Antigravprojektor in Sicherheit zu bringen. Er blieb liegen und wartete, wohin ihn die Schale bringen würde. Die Fahrt ging durch einen geschlossenen Schacht. Von oben fiel genügend Licht herein, um Rhodan die glatten Metallwände erkennen zu lassen.
Er sah Gayt-Coor und Zeno oben am Schachtrand stehen. Sie verfolgten seine Fahrt wahrscheinlich mit gemischten Gefühlen.
Plötzlich sank der Lift in eine transparente Glocke. Außerhalb dieser Glocke sah Rhodan die Eingänge mehrerer Korridore, die alle beleuchtet waren und in die verschiedensten Richtungen führten. Auch hier war kein Lebewesen zu sehen.
Rhodan stieg aus der Schale, die lautlos wieder nach oben glitt.
Das glockenförmige Gebilde aus glasähnlichem Material war etwa sechs Meter hoch und durchmaß zwanzig Meter.
Auf einer Seite der Glocke befand sich ein torbogenförmiger Durchgang. Direkt daneben sah Rhodan einen gebleichten Knochen liegen. Er musste zum Skelett eines größeren Wesens gehört haben. Rhodan fragte sich, wie er hierherkam.
Zeno erschien neben ihm. »Ich glaube, Gayt-Coor wird sich der Schale nicht anvertrauen!«
Sein Lächeln erstarb, als Rhodan wortlos auf den Knochen deutete. »Was bedeutet das?«
»Das wüsste ich auch gern! Es gibt viele mögliche Erklärungen. Auf jeden Fall wissen wir jetzt, dass es hier früher einmal lebende Wesen gab.«
Zeno blickte sich scheu um. »Vielleicht gibt es sie noch.«
»Ausgeschlossen ist das nicht!« Rhodan hob den Knochen auf und untersuchte ihn. Er war fest und zeigte keine Spuren von Verfall.
Hinter Rhodan und Zeno kam die Liftschale ein drittes Mal in die Glocke, diesmal mit Gayt-Coor als Passagier. Der Petraczer hockte wie ein Buddha in der Schale und schien sich nicht besonders wohl zu fühlen.
»Ich habe die Verankerung krachen hören!«, verkündete er, als er aufgestanden war. »Wohin ich auch komme: Alle Transportmittel werden nur für Schwächlinge konstruiert.«
»Die Petraczer sind die Ausnahme«, erklärte Zeno. »Nicht etwa die Yaanztroner oder Duynter.«
Rhodan hielt Gayt-Coor den Knochen vors Gesicht. »Das haben wir gefunden!«
»Stammt von einem yaanztronischen Skelett!«, stellte Gayt-Coor fest.
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
»Wie soll der Knochen eines Yaanztroners in diese Station kommen?«, fragte Rhodan.
»Vielleicht haben früher einmal Yaanztroner hier gelebt oder zumindest Wesen, die mit den Yaanztronern verwandt sind«, versuchte Zeno eine Erklärung.
»Da!«, rief Gayt-Coor plötzlich und deutete in einen der Korridore. Rhodan fuhr herum. Seinen Augen bot sich ein ebenso phantastischer wie unerwarteter Anblick.
Sieben Wesen, die eine starke äußerliche Ähnlichkeit mit Yaanztronern hatten, schleppten einen gefesselten Mann auf den Schultern aus einem Gang. Fünf der Fremden waren nackt, die beiden anderen trugen primitive Röcke aus getrockneten Blättern. Der Gefesselte blutete aus mehreren Wunden und wurde nicht gerade sanft behandelt. Die Männer, die ihn transportierten, sangen laut. Ihre Gesänge hörten sich unmelodisch an und wurden von den drei Raumfahrern innerhalb der Glocke nicht verstanden.
Gayt-Coor wollte sich in Bewegung setzen, doch Perry hielt ihn fest.
»Machen Sie keinen Unsinn, Gayt!«, rief Rhodan beschwörend. »Wo acht solcher Wesen sind, halten sich bestimmt noch mehr auf.«
»Sollen wir zusehen, wie sie ihr Opfer auf diese Weise quälen?«
»Vorläufig haben wir keine andere Wahl«, sagte jetzt auch Zeno. »Wenn wir zum falschen Zeitpunkt eingreifen, kann es sein, dass wir bald auf diese Weise durch das Schiff transportiert werden.«
Die sieben Männer mit ihrem Gefangenen verschwanden in einem anderen Gang. Sie waren so mit ihrem bedauernswerten Opfer beschäftigt, dass sie die drei Eindringlinge in der Glocke nicht bemerkt hatten.
Rhodan atmete unwillkürlich auf. »Diese Station ist also bewohnt!«, stellte er fest. »Und wie es scheint, von Barbaren.«
»Wir dürfen aus dieser Begegnung noch keine Rückschlüsse ziehen!«, warnte Zeno.
»Aber es ist offensichtlich, dass sie primitiv sind«, ergriff Gayt-Coor Rhodans Partei. »Die Art, wie zwei von ihnen sich gekleidet haben, ist bezeichnend. Außerdem haben sie ihren Gefangenen misshandelt.«
Zeno lachte geringschätzig. »Ich kenne Völker, die sich zivilisiert nennen und ihre Gefangenen noch schlechter behandeln. Denken Sie nur an Ihre nahen Verwandten, die Fulgmyrer.«
Gayt-Coor zischte böse. Zum ersten Mal erlebte Rhodan, dass der Petraczer zornig wurde.
Zeno merkte, dass er zu weit gegangen war, und entschuldigte sich.
»Petraczer und Fulgmyrer haben nichts gemeinsam!«, sagte Gayt-Coor.
»Das ist auch nicht unser Problem«, lenkte Perry Rhodan ab. »Wir wissen jetzt, dass wir nicht allein in diesem Gebilde sind. Also müssen wir uns entsprechend vorsichtig verhalten, bis wir genau wissen, was hier gespielt wird.«
Zeno blickte nach draußen. »Wir haben die Wahl, einen dieser Gänge zu benutzen.«
»Ja«, sagte Rhodan. »Wir folgen diesen Wilden.«
Innerhalb des Ganges wirkte die Luft stickig und war noch heißer als oben in der Halle, die die drei Raumfahrer zuerst betreten hatten. Auf dem Boden lagen Abfälle herum, ein sicheres Zeichen, dass hier oft Lebewesen vorbeikamen, die es mit der Sauberkeit nicht besonders genau nahmen. Rhodan schloss daraus, dass es sich um Wesen handelte, die keine besondere Beziehung zu dieser Station oder zu diesem Raumschiff besaßen.
Aber wie kamen diese primitiven Yaanztroner hierher? Handelte es sich um Schiffbrüchige, die im Verlauf der Jahre degenerierten?
Die Antwort konnte Rhodan nur durch weitere Nachforschungen herausfinden. Als er und seine beiden Begleiter den Korridor betraten, waren die sieben Fremden mit ihrem Gefangenen bereits verschwunden. Es herrschte Stille.
Rhodan hoffte, dass sie die Gruppe noch einholen konnten, und trieb die beiden anderen zur Eile an. Der Gang war beleuchtet, obwohl ein Teil der Leuchtkörper beschädigt an der Decke hing.
Der Wunsch, das Rätsel dieser Station zu lösen, wurde in Rhodan übermächtig. Obwohl er erst einen winzigen Teil dieser Station gesehen hatte, spürte er, dass sie hier einen Schlüssel zu den Geheimnissen aller raumfahrenden Völker in Naupaum gefunden hatten. Es kam nun darauf an, diesen Schlüssel richtig zu handhaben.
Rhodans Gedanken wurden von Lärm unterbrochen. Vor ihnen aus dem Gang erklangen Schreie und laute Gesänge. Rhodan hob einen Arm. »Da kommt jemand!«, rief Zeno besorgt. Doch die Geräusche kamen nicht näher.
»Weiter vor uns findet offenbar eine Versammlung statt«, stellte Gayt-Coor fest. »Vermutlich mündet der Gang in eine Halle. Ich nehme an, dass wir dort unsere Freunde wiedersehen werden.«
Rhodan zog seine Waffe. Er hatte nicht die Absicht, sich in einen Kampf einzulassen, aber er musste mit einem Angriff rechnen, wenn man sie entdeckte. Außerdem stand noch nicht fest, ob diese primitiven yaanztronischen Wesen die einzigen Bewohner der Station waren. Die Möglichkeit, dass sich hier auch hochintelligente Fremde aufhielten, war nicht auszuschließen.
»Einer von uns bleibt zurück, um den Korridor gegen Angreifer von der anderen Seite abzusichern«, befahl Rhodan. »Das übernehmen Sie, Zeno. Gayt-Coor und ich gehen weiter.«
Zeno lehnte sich gegen die Wand und nickte seinen Begleitern zu. »Ich komme nach, sobald Sie mir ein Zeichen geben.«
Rhodan winkte dem Petraczer zu, und sie setzten ihren Vormarsch fort. Der Gang beschrieb eine leichte Kurve. Als sie diese hinter sich gelassen hatten, konnten Rhodan und der Echsenabkömmling in einen Raum blicken, dessen Ausmaße so gewaltig waren, dass die gegenüberliegende Wand nicht sichtbar war.
Aus diesem Gebiet kam der Lärm. Rhodan sah ein paar yaanztronische Gestalten, die sich mit seltsamen Körperzuckungen durch die Halle bewegten.
»Sie führen einen Tanz auf!«, flüsterte Gayt-Coor. Er kicherte rau. »Es wundert mich, dass sie sich dabei nicht alle Knochen brechen.«
Eng gegen die Wand gepresst schlichen die beiden Eindringlinge weiter. Schließlich erreichten sie den Zugang zu der riesigen Halle. Rhodan hielt unwillkürlich den Atem an.
Der Raum glich einem Heerlager. Ein paar hundert Yaanztroner hielten sich dort auf. Sie lagerten um mehrere große Feuer, die sie angezündet hatten. Der Rauch zog oben an der Decke ab.
Zwischen den Feuern lag ein etwa zehn Meter durchmessender Felsbrocken. Der Stein war behauen worden und besaß Form und Umrisse eines überdimensionalen Gehirns.
Die Fremden, die wie Yaanztroner aussahen, gebärdeten sich rätselhaft.
»Sie befinden sich in der Drangperiode«, sagte Gayt-Coor. »Auf Yaanzar können Sie zu gegebener Zeit ähnliche Dinge beobachten.«
Rhodan wusste, dass alle intelligenten Wesen in Naupaum in regelmäßigen Abständen einem inneren Zwang zur Zeugung und Paarung unterlagen, dem sie sich nicht widersetzen konnten. Dieses Gesetz schien auch in dieser Station Gültigkeit zu besitzen.
Rhodan, Zeno und Gayt-Coor waren ausgerechnet zu einem Zeitpunkt in die Station eingedrungen, da die mit dieser Drangperiode verbundenen emotionellen Auswüchse ihren Höhepunkt erreicht hatten.
»Wie lange wird das anhalten?«, fragte Rhodan.
Der Petraczer drehte sich zu ihm um. »Ich weiß nicht, wie lange es schon dauert, aber ein paar Wochen werden sie sicher noch in diesem Zustand bleiben. Für uns ist das ein Vorteil, denn sie werden uns kaum wahrnehmen. Andererseits sind sie in diesem Zustand unberechenbar. Wir müssen davon ausgehen, dass ständig etwas Unvorhergesehenes geschehen kann.«
»Haben Sie eine Vorstellung, was dieses große Gehirn bedeuten könnte, das dort drüben liegt?«
»Nein«, sagte Gayt-Coor. »Sie wissen ja, dass sich in Naupaum alles um die Gehirne dreht. Warum soll es hier anders sein? Dieser Steinbrocken ist wahrscheinlich eine Kultstätte.«
Rhodan merkte, dass ihm der Schweiß ausgebrochen war. Warme Luft und penetranter Geruch hatten dazu beigetragen. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.
»Da kommen wir nicht durch«, erkannte er. »Wir müssen einen anderen Korridor benutzen und können nur hoffen, dass es nicht in allen großen Räumen so zugeht wie hier.«
Für Rhodan stand jetzt fest, dass diese Station oder dieses Raumschiff eine autarke Energieversorgung besaß. Es musste Kunstsonnen, Klimaanlagen, Trinkwasservorräte und Nahrungsmittellager geben. Anders war diese seltsame yaanztronische Zivilisation nicht vorstellbar.
»Da!«, machte Gayt-Coor Rhodan auf ein besonderes Ereignis aufmerksam. »Sie kämpfen gegeneinander.«
Rhodan sah, wie ein paar Männer aufeinander losgingen. Sie benutzten dabei primitive Schlagwaffen.
»Sie können sich die hochwertige Technik dieser Station nicht zunutze machen«, meinte Rhodan.
»Vielleicht sind es degenerierte Nachkommen der ehemaligen Besitzer«, überlegte Gayt-Coor. »Was sie wirklich sind, werden wir wohl niemals erfahren. Nur eines ist sicher: Mit den geheimnisvollen Pehrtus sind sie bestimmt nicht identisch.«
Rhodan presste die Lippen aufeinander. Warum hatte Torytrae sie hierhergeschickt? Spielte der geheimnisvolle Yuloc vielleicht doch ein doppeltes Spiel?
»Es muss hier eine Spur der Pehrtus geben«, sagte Rhodan bestimmt.
»Hm!«, machte Gayt-Coor. »Wir werden sehen.«
»Kehren wir zu Zeno zurück!«, schlug Rhodan vor.
Sie wollten umkehren, als in der großen Halle etwas Unerwartetes geschah. Mit lautem Geschrei wurde ein gefesselter Mann auf den großen Stein gezerrt.
»Das ist der Gefangene, den wir vom Lift aus gesehen haben«, erkannte Gayt-Coor. »Ich habe ein ungutes Gefühl. Der arme Kerl soll offenbar geopfert werden.«
»Ich hoffe, dass Sie sich täuschen!«, sagte Perry. »So primitiv können sie doch nicht sein.«
»Doch!« Gayt-Coors Stimme bekam einen grollenden Unterton. »Jetzt binden sie ihn fest.«
Rhodan richtete seine Blicke wieder in die Halle. Die Barbaren hatten den Gefangenen mit dem Rücken auf die Oberfläche des Steines gelegt und banden nun seine Arme und Beine mit Gurten fest.
»Dieses verdammte Steingehirn ist ein Symbol!«, rief Rhodan erregt.
Gayt-Coor schwieg. Seine Facettenaugen schienen das Licht der Flammen zu reflektieren.