Perry Rhodan 92: Geheimmission Moluk - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 92: Geheimmission Moluk E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Schiffbrüchige Terraner erleben die Schrecken der Moluk-Wüsten - 20.000 Lichtjahre von der Heimat entfernt... Als im Jahre 1971 mit der Entdeckung des auf dem Mond gestrandeten arkonidischen Forschungsraumers der Grundstein zur Vereinigung der irdischen Menschheit und dem aus dieser Vereinigung erwachsenden Solaren Imperium gelegt wurde, ahnte noch niemand - auch nicht Perry Rhodan, der Begründer des terranischen Sternenreiches - welche Anstrengungen und Nervenkraft es im Laufe der Jahre kosten würde, dieses Reich gegenüber Angriffen von innen und außen zu erhalten. Die bisher gefährlichste Bedrohung der Menschheit, die in der "Schlacht um Terra" gipfelte, konnte dank arkonidischer Hilfe gebannt werden, ebenso wie die von Thomas Cardif, dem Renegaten, heraufbeschworene innenpolitische Gefahr durch Guckys Alleingang beseitigt werden konnte. Eine friedliche Weiterentwicklung der Menschheit kann aber nur möglich sein, wenn in der Galaxis selbst Friede herrscht - und bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein... Auch Atlan, der Unsterbliche, der erst vor kurzem die gigantische Maschine abgelöst hatte, die mit ihren unerbittlich zuschlagenden Robotflotten jede Revolution gegen die arkonidische Zentralgewalt im Keime zu ersticken pflegte, will den Frieden. Atlan, jetzt Imperator Gonozal VIII genannt, und Perry Rhodan, der Administrator des Solaren Imperiums, unterstützen sich - schon aus reinem Selbsterhaltungstrieb - gegenseitig bei ihren Bemühungen. Atlan und Perry Rhodan sind echte Freunde und Verbündete! Perry Rhodan weiß jedoch, daß bei den gegenwärtigen Machtverhältnissen in der Milchstraße noch weitere Verbündete nur von Vorteil sein könnten. Daher erteilt er auch dem Leichten Kreuzer MEXICO den Startbefehl zur GEHEIMMISSION Moluk!

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Nr. 92

Geheimmission Moluk

Schiffbrüchige Terraner erleben die Schrecken der Moluk-Wüste – 20.000 Lichtjahre von der Heimat entfernt ...

von WILLIAM VOLTZ

Als im Jahre 1971 mit der Entdeckung des auf dem Mond gestrandeten arkonidischen Forschungsraumers der Grundstein zur Vereinigung der irdischen Menschheit und dem aus dieser Vereinigung erwachsenden Solaren Imperium gelegt wurde, ahnte noch niemand – auch nicht Perry Rhodan, der Begründer des terranischen Sternenreiches – welche Anstrengungen und Nervenkraft es im Laufe der Jahre kosten würde, dieses Reich gegenüber Angriffen von innen und außen zu erhalten.

Die bisher gefährlichste Bedrohung der Menschheit, die in der »Schlacht um Terra« gipfelte, konnte dank arkonidischer Hilfe gebannt werden, ebenso wie die von Thomas Cardif, dem Renegaten, heraufbeschworene innenpolitische Gefahr durch Guckys Alleingang beseitigt werden konnte.

Eine friedliche Weiterentwicklung der Menschheit kann aber nur möglich sein, wenn in der Galaxis selbst Friede herrscht – und bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein ...

Auch Atlan, der Unsterbliche, der erst vor kurzem die gigantische Maschine abgelöst hatte, die mit ihren unerbittlich zuschlagenden Robotflotten jede Revolution gegen die arkonidische Zentralgewalt im Keime zu ersticken pflegte, will den Frieden.

Atlan, jetzt Imperator Gonozal VIII genannt, und Perry Rhodan, der Administrator des Solaren Imperiums, unterstützen sich – schon aus reinem Selbsterhaltungstrieb – gegenseitig bei ihren Bemühungen.

Atlan und Perry Rhodan sind echte Freunde und Verbündete!

Perry Rhodan weiß jedoch, dass bei den gegenwärtigen Machtverhältnissen in der Milchstraße noch weitere Verbündete nur von Vorteil sein könnten.

Die Hauptpersonen des Romans

Oberst Marcus Everson – Sein Auftrag lautet, Freunde für Terra zu werben.

Samy Goldstein – Ein Telepath, der mit den MVs bereits unliebsame Erfahrungen gemacht hat.

Poul Weiß – Er geht im wahrsten Sinne des Wortes durch die Wand.

Walt Scoobey – Erster Offizier der MEXICO.

Dr. Morton – Arzt auf der MEXICO.

Murgut und Napoleon

1.

Es gibt Menschen, bei denen die Arbeit an kybernetischen Maschinen einen Minderwertigkeitskomplex auslösen kann.

Sie sitzen an der Auswertungsstelle einer Rechenmaschine und können sich nicht damit abfinden, dass eine positronische Speicherbank schneller und gründlicher logische Argumente und Rückschlüsse hervorzaubern kann, als es ein menschliches Gehirn jemals vermag. Solche Menschen vergessen einfach, dass sie es sind, die die Robotrechner mit einer entsprechenden Programmierung in Gang setzen.

Bei Walt Hunter bestand diese Gefahr noch nicht. Hunters Widerwillen gegenüber einer Positronik beruhte höchstens darin, dass sie ihn während seiner Dienstzeit zum Arbeiten zwang. Ansonsten begegnete er den Geräten stets mit großer Unlust und Gleichgültigkeit.

Einer der Psychologen der Solaren Abwehr hatte Hunter als einen Phlegmatiker bezeichnet. Die Körperfülle des Mathematikers schien dem Seelenarzt recht zu geben.

In diesem Augenblick erhielt Hunter eine Lochkarte durch die Rohrpost über seinem Sitzplatz zugestellt. Er klaubte sie aus dem Kasten.

»He, Ben!«, rief er mürrisch.

Ein schräg hinter ihm sitzender Mann erhob sich und kam zu ihm herüber. Hunter schwenkte die Karte.

»Was, glaubst du wohl, haben die Leute wieder im Sinn?«, fragte er.

Ben betrachtete das Papier wie ein schön durchgebratenes Steak mit viel Zwiebeln darauf.

»Eppan«, sagte er nur und schnalzte mit der Zunge.

Hunter quittierte den Begeisterungsausbruch seines Kollegen mit einem unwilligen Knurren.

»Natürlich«, sagte er unlustig. »Das gesamte positronische Auswertungslabor der Solaren Abwehr ist auf der Jagd nach Molekularverformern. Auf Befehl von Mercant.« Er blies die Backen auf, was ihm das Aussehen eines übersättigten Goldhamsters verlieh. »Wie ich hörte, hatte der gute Mercant nichts anderes zu tun, als einen schnellen Kreuzer mit zwei Mutanten nach Eppan zu schicken, um herauszufinden, ob dieser geheimnisvolle Mataal Spuren hinterlassen hat.«

Er nahm einige Schaltungen an dem Positronengehirn vor. Kontrolllampen leuchteten auf. Ben beugte sich über Hunters Schulter.

»Mercants Idee war durchaus richtig«, sagte er. »Die Mutanten fanden in dem Wohnpalast Mataals Unterlagen, die uns Rückschlüsse auf andere Molekularverformerraumschiffe geben können.«

Relais knackten, ein Summen ertönte, und Hunter schob die Lochkarte in den vorgesehenen Schlitz der Programmierungstasche.

»Molekularverformerraumschiffe«, wiederholte er. »Was für ein Wort!«

»In der augenblicklichen Situation gibt es für das Solare Imperium nur eine Möglichkeit: starke Freunde gewinnen«, erklärte Ben dozierend.

Hunter schnaubte verächtlich.

»Ich sehe Rhodan schon Hand in Hand mit einem dieser netten Wesen durch die Straßen von Terrania spazieren«, behauptete er. »Du weißt, welche Schwierigkeiten Everson mit Mataal hatte. Wenn Goldstein sich damals nicht aus der geistigen Klammer des Molekularverformers gelöst hätte, säßen wir wahrscheinlich jetzt nicht mehr hier.«

Die bisherigen Auswertungen hatten den Spezialisten der Solaren Abwehr bereits einige Anhaltspunkte gegeben. Die von Allan D. Mercant nach Eppan befohlenen Mutanten hatten winzige Metallfolien mitgebracht, die sie bei der Durchsuchung von Mataals Wohnung entdeckt hatten. Das Haus des falschen Gladiators war von den Eppanern unberührt geblieben, da sie davon überzeugt waren, dass ihr Matador eines Tages zurückkehren würde.

Es zeigte sich rasch, dass es sich bei den dünnen Folien um Aufzeichnungen handelte. Den Fachleuten gelang es, mit Hilfe der Kommunikatoren die fremde Sprache zu übersetzen. Die ersten Ergebnisse wiesen darauf hin, dass außer dem verunglückten Schiff Mataals bald ein zweites von dem unbekannten Heimatplaneten der Molekularverformer starten sollte. Mataals Bericht sagte nichts über die Position seines heimatlichen Sonnensystems aus. Dagegen bestanden berechtigte Hoffnungen, den Zielplaneten des zweiten Schiffes herauszufinden.

»Zerbrich dir nicht den Kopf über die Politik deiner Vorgesetzten«, sagte Ben zu Hunter. »In letzter Zeit haben sich bereits Springer und Druuf in unserem Sonnensystem getummelt. Man kann nicht behaupten, dass sie uns außergewöhnlich liebevoll behandelt hätten. Wenn es uns gelingt, die Molekularverformer zu entdecken und als Verbündete zu gewinnen, dann können wir uns sicherer fühlen.«

Hunters Wunsch nach Sicherheit schien bereits vor Jahren erloschen zu sein, denn er lächelte nur spöttisch. Die Positronik unterbrach ihre Diskussion. Der Auswertungssektor setzte sich in Betrieb. Hunter drückte mehrere Tasten. Die Maschine war jetzt dabei, die ihr zugeführten Daten zu einem logischen Ergebnis zu verarbeiten.

»Es geht um die Ortsbestimmung«, bemerkte Hunter. »Mercant möchte wissen, mit welcher Sicherheit die Maschine die kosmische Position des Zielplaneten, den das zweite Molekularverformerraumschiff anfliegen sollte, angeben kann.«

Er tätschelte beinahe liebevoll die Plastikumrandung der Positronik.

Zwei Stunden später hielt er das Ergebnis in seinen Händen. Selbst für eine derartige Robotrechenmaschine war es von erstaunlicher Prägnanz:

Mit 95,639prozentiger Sicherheit hatte das mechanische Gehirn den Zielplaneten herausgefunden.

*

Der große Kahlkopf des Mannes war von einem schütteren Haarkranz mit goldblonder Färbung umgeben. Der Mann war klein, sein Gesicht zeigte einen wohlwollenden Ausdruck.

So kam er den Flur herunter, eine lebhafte, schlanke Gestalt, die durch ihr Äußeres Optimismus verbreitete. Vor einer breiten Tür blieb er stehen.

»Mercant«, sagte er in ein Wandmikrophon. »Darf ich hereinkommen?«

»Nur zu«, erklang eine auffordernde Stimme.

Allan D. Mercant wusste, dass der Mann, dem er in wenigen Sekunden Auge in Auge gegenüberstehen würde, mit Sorgen belastet war wie kein zweiter. Er öffnete die Tür und trat ein.

»Hallo«, begrüßte ihn Perry Rhodan mit einem schwachen Lächeln.

Obwohl es ein heißer Augusttag war, hatte sich der Administrator untadelig in seine Uniform gekleidet. Dieser bereits zur Legende gewordene Mann würde sich seinen Untergebenen gegenüber nie einen Vorteil herausnehmen. Rhodan saß hinter seinem Schreibtisch. An einem weiteren, wesentlich kleineren Tisch war bei Mercants Erscheinen ein junger Kadett aufgesprungen und in Grußstellung erstarrt.

Mercant nickte ihm zu, und der Junge setzte sich wieder. In seinem Gesicht war etwas von jener Atemlosigkeit, die einen normalen Menschen befällt, wenn er berühmten Persönlichkeiten begegnet. Rhodan und Mercant – der Kadett würde sich bei aller Verlegenheit später glücklich preisen, mit beiden Männern in einem Raum zusammen gewesen zu sein.

Für einen Augenblick trafen sich Rhodans und Mercants Blicke in gegenseitigem Respekt und echter Freundschaft.

Mercant legte eine Mappe auf den Tisch.

»Sie können sich setzen«, sagte der Administrator. In Gegenwart Dritter hielten sie die förmliche Anrede aufrecht.

Der Abwehrchef bedankte sich.

»Es handelt sich um Eppan«, sagte er, auf die Mappe deutend. »Sie erinnern sich sicher an das Kommandounternehmen unter Colonel Everson, Sir. Der junge Telepath Goldstein hatte die Kaulquappenbesatzung damals gerettet.«

Rhodans kantiges, beinahe hageres Gesicht verzog sich nachdenklich.

»Sie meinen die Sache mit jenem unheimlichen Wesen, das kraft seiner parapsychologischen Fähigkeiten die molekulare Struktur von Materie beeinflussen und verändern konnte?«

»Ganz richtig, Sir«, bestätigte Mercant.

Der Kadett hatte sich weit über seinen Tisch gebeugt und das Schreiben vergessen. Mercant lächelte milde.

»Ich habe hier Auswertungsmaterial mitgebracht, das Sie interessieren wird«, fuhr der Chef der Solaren Abwehr ruhig fort. »Meine Mitarbeiter in der positronischen Abteilung haben Dinge herausgefunden, die ich für bedeutsam halte.«

Es war typisch für Mercant, dass er seine Untergebenen mit ins Gespräch brachte. Er wäre nie auf den Gedanken gekommen, irgendwelche Erfolge als das Ergebnis seiner eigenen Fähigkeiten hinzustellen.

Rhodan zog die Mappe zu sich heran und klappte sie auf. Eine Weile las er schweigend. Mercant störte ihn nicht. Plötzlich stieß Rhodan einen leisen Pfiff aus.

»Ihre Spezialisten haben also errechnen können, auf welchem Planeten das Schiff der Molekularverformer gelandet sein muss. Nach Mataals Bericht handelt es sich um ein Auswandererschiff. Wenn es an dem Zielort angekommen ist, müssten sich seine Passagiere noch dort befinden.«

Mercants Gesichtsausdruck verriet Zufriedenheit.

»Das betreffende Sonnensystem liegt im Zentrum der Galaxis«, gab er bekannt. »Es ist im Arkon-Sternkatalog verzeichnet als Grüne Sonne MEG-1453-AS-34. Die Entfernung zur Erde beträgt zwanzigtausend Lichtjahre. Die Sonne, wir wollen sie Greenol nennen, wird von sechs Planeten umkreist, die alle als unbewohnt gelten. Der zweite Planet käme für uns in Frage. Einer der Kybernetiker hat bereits einen Namen für ihn geprägt: Moluk.«

Er beugte seinen kleinen Körper nach vorn und zog ein grünes Blatt aus der Mappe, um es Rhodan zu übergeben.

»Das ist ein Bericht des Telepathen Samy Goldstein über die erstaunlichen paranormalen Fähigkeiten jenes Molekularverformers, der sich als blinder Passagier an Bord von Eversons Kaulquappe geschmuggelt hatte. Und das in aller Offenheit, denn der Colonel hielt ihn für einen eppanischen Eingeborenen.«

Rhodan faltete das Papier zusammen und trommelte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte.

»Ich kenne Ihre Gedanken«, sagte er zu Mercant.

Das Gesicht seines Gegenübers drückte schlecht gespielte Überraschung aus. Bevor Mercant jedoch etwas einwenden konnte, sprach Rhodan schon weiter.

»Unsere Lage ist, offen gesagt, verzweifelt. Die Position der Erde ist den raumfahrenden Rassen bekannt. Noch ist das Solare Imperium zu schwach, um einen ernsthaften Angriff abwehren zu können. Atlan hat eigene Sorgen und kann uns nicht so unterstützen, wie er es sicher gerne möchte. Jede einigermaßen starke Flotte könnte eine Invasion riskieren, ohne dass wir uns erfolgreich zur Wehr setzen könnten. Das ist fatal. Selbst die tausend Schiffe, die uns Atlan großzügigerweise überlassen hat, um die schweren Verluste auszugleichen, genügen nicht, um uns absolute Sicherheit zu geben. Zwar rollen die Bandstraßen auf Terra und Luna Tag und Nacht, und die Serienfertigung von Raumschiffen aller Art läuft auf Hochtouren, aber das potentielle Übergewicht eines jeden Gegners würde uns zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt erdrücken.« Er nickte sorgenvoll. »Deshalb würde ich selbst mit dem Teufel paktieren, um die Menschheit zu retten. Wir müssen jedem Weg nachgehen, an dessen Ende ein starker Verbündeter stehen kann. Unser Ziel muss es sein, mächtige Freunde zu suchen, die gemeinsam mit uns das Imperium aufrichten.«

»Das ist auch meine Ansicht, Sir«, stimmte Mercant zu. »Der Versuch, mit den Molekularverformern Verbindung aufzunehmen, kann sich zwar als Bumerang entpuppen, aber wir sollten es riskieren.«

»Lassen Sie mir bitte Ihre Unterlagen hier«, sagte Rhodan. »Ich werde sie genau durcharbeiten. Es ist sicher besser, wenn ich mit verschiedenen Freunden darüber berate.«

»Darf ich noch einen Vorschlag machen, Sir?«, fragte Mercant höflich.

»Natürlich«, sagte der große Mann hinter dem Tisch.

»Schicken Sie Everson«, sagte Mercant. »Und Goldstein.«

2.

Wenn Poul Weiß sich über das Schutzgitter der Plattform hinausbeugte, konnte er mühelos zu den anderen Startplätzen hinübersehen. Die Wolken eines erfrischenden Gewitters hatten sich verzogen, und die Sonne reflektierte in den polierten Metallplatten der Raumschiffe. Weiter unten sah Weiß die Monteure bei der Überprüfung der hydraulischen Teleskop-Landestangen des Kugelraumers. Wie große Käfer krochen sie in ihren weißen Anzügen umher.

Der Montageaufzug kam neben Weiß zum Stehen. Werner Sternal trat ebenfalls auf die Plattform vor der großen Luftschleuse. Seine Tasche war, wie üblich, weit über das zulässige Gewicht gefüllt.

»Ist die Prominenz schon versammelt?«, erkundigte er sich.

»Die Prominenz sind wir«, erklärte Weiß mit einem Seitenblick auf Sternals Gepäck. »Es sei denn, wir wollten diesen unerträglichen Zivilisten, Dr. Morton, der vor wenigen Minuten an Bord ging, so bezeichnen.«

Sternal verschwand in der Luftschleuse des nagelneuen Kreuzers der Staatenklasse. Die superschnelle MEXICO hatte, wie alle Schiffe ihrer Klasse, einen Durchmesser von hundert Metern. Einhundertfünfzig Männer waren notwendig, dieses wunderbare Schiff durch den Kosmos zu steuern.

Weiß kannte den Spezialauftrag, den man zu erfüllen hatte. Unter dem Kommando von Oberst Marcus Everson würden sie nach drei Transitionen, 20.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, im Raum materialisieren. Es galt, auf dem zweiten Planeten der Sonne Greenol zu landen, um nach den Molekularverformern zu forschen, die nach den Ergebnissen der positronischen Auswertung der Solaren Abwehr dort leben mussten.

Weiß dachte nur ungern an die Erlebnisse zurück, die er zusammen mit seinen Kameraden an Bord der Kaulquappe durchgestanden hatte. Er konnte sich schlecht vorstellen, wie man sich mit einem Wesen wie Mataal verständigen wollte, ohne dabei Nachteile zu erleiden.

Er sah Everson und Scoobey über den Landeplatz kommen. Zehn Mann der alten Kaulquappenbesatzung würden an Bord der MEXICO gehen. Dank ihrer Erfahrungen würden sie die Elite der Mannschaft bilden.

Der Aufzug glitt nach unten. Weiß verließ die Plattform mit einem letzten Blick auf die Umgebung.

Raumfahrer sein, heißt immer neuen Abschied nehmen, dachte er. Trotzdem konnte er sich nicht vorstellen, dass er jemals in seinem Leben etwas anderes tun würde, als in eine Luftschleuse zu treten, um sich wenig später in jenen Raum tragen zu lassen, der keinen Anfang und kein Ende hat.

*

Die MEXICO brach aus dem Hyperraum und beendete jenen phantomähnlichen Flug, der ihr gestattete, Lichtjahre zu überwinden. Die Auswirkungen des Verzerrungseffektes ließen nach. Poul Weiß richtete sich auf. Er rieb seine Augen.

Der Lautsprecher knackte.

»Die dritte Transition ist beendet.« Es war Eversons Stimme. »Wir befinden uns im Zielsystem. Unsere Entfernung zur Sonne Greenol beträgt jetzt einhundertsiebzig Millionen Kilometer. Der Planet Moluk, den wir anfliegen werden, befindet sich auf seiner Umlaufbahn gerade hinter der Sonne. Zunächst werden wir uns auf Fernuntersuchungen beschränken, um die Angaben des Arkonkataloges zu überprüfen.«

Weiß schwang seine Beine von der Pneumoliege.

Pentsteven, einer der Astronomen, betrat ohne anzuklopfen die kleine Kabine. Seine Mausaugen richteten sich auf den gähnenden Weiß.

»Es ist das erste Mal, dass ich einen solchen Einsatz fliege«, verkündete er.

»So?«, brummte Weiß ohne Interesse.

»Warum geht der Kommandant nicht näher an Moluk heran? Von unserer Position aus kann er nicht viel feststellen.«

Pentsteven schien, außer mit der verständlichen Neugier eines Greenhorns, noch mit einer gehörigen Portion Hartnäckigkeit ausgerüstet zu sein.

»Bisher«, erklärte Weiß, »war dieses System von Menschen unberührt. Wir wissen kaum etwas über die sechs Planeten. Es ist vollkommen sinnlos, auf gut Glück sofort irgendwo zu landen. Während wir auf dem zweiten Planeten umherspazieren, kann es uns passieren, dass man uns von der Nummer Vier eine kleine Armada auf den Hals schickt. Deshalb verschaffen wir uns zunächst einen Gesamtüberblick, bevor wir uns speziell mit Moluk beschäftigen.«

»Natürlich«, sagte Pentsteven einfältig.

Weiß warf ihm einen missbilligenden Blick zu.

»Wie lange wird es dauern, bis wir auf Moluk landen?«, wollte der Astronom wissen. »Für mich ist das alles ungemein aufregend.«

Weiß' Gesicht nahm die Farbe einer Zimttüte an, was Pentsteven veranlasste, fluchtartig den Raum zu verlassen.

Als sich Weiß etwas später in den Kommando- und Navigationsraum begab, hatten die Spezialisten bereits mit den Auswertungen der ersten Messungen begonnen. Die Schiffspositronik wurde ständig mit neuen Daten versehen.

»Auf den beiden äußeren Planeten herrschen Verhältnisse, wie wir sie ähnlich von Pluto her kennen«, gab Marcus Everson gerade bekannt. »Es ist kaum anzunehmen, dass sie Leben tragen. Auch der innere Planet fällt weg, da er so nahe an Greenol herankommt, dass er sich wahrscheinlich an der Oberfläche bereits weitgehend verflüssigt hat. Interessant bleiben also Nummer zwei, drei und vier.«

Scoobey, der Erste Offizier, sagte: »Bisher konnten wir keine Spuren von Leben feststellen.«

Weiß beobachtete, wie Pentsteven vor Nervosität eine Sternkarte mit seinem Stechzirkel perforierte. Samy Goldstein, der Telepath, stand unweit der Interkomfunkanlage. Sein junges Gesicht wirkte angespannt. Er zählte nicht zur ersten Garnitur, unter den Mutanten. Seine Erfahrungen mit Mataal hatten ihn jedoch für diese Aufgabe geeignet erscheinen lassen.

»Wir werden auf jeden Fall Moluk anfliegen«, meldete sich Everson wieder. »Ich bin davon überzeugt, dass den Spezialisten der Abwehr die Auswertung des vorliegenden Materials richtig gelungen ist.«

Weiß vernahm diese Worte mit etwas gemischten Gefühlen.

Er verstand Rhodans Bestrebungen, auf jeden Fall Verbündete zu gewinnen. Trotzdem überlegte er, ob es nicht besser für die Besatzung der MEXICO wäre, wenn sie keine Molekularverformer entdecken konnten.

Jedes Ding hat zwei Seiten, dachte Weiß. Es ist wie bei einer fallenden Münze, man weiß vorher nie, auf welcher Seite sie landet.

*

Nach zwölf Stunden irdischer Zeitrechnung gab Oberst Everson den Befehl, Moluk anzufliegen. Die Untersuchungen der anderen Planeten hatten keine besorgniserregenden Ergebnisse gebracht.

Moluk benötigte 38 Stunden und 18 Minuten, um sich einmal um seine eigene Achse zu drehen. Diese langsame Eigenrotation ergab atmosphärische Störungen, da die jeweilige Nachtseite lange Zeit abkühlte und am anderen Tag entsprechend »aufgeheizt« wurde.

Everson, dessen Vorsicht in den langen Jahren seiner Dienstzeit fast sprichwörtlich geworden war, ließ die MEXICO an die Nachtseite heransteuern. Bereits der erste Versuch mit den Individual-Ferntastern zeigte Erfolg:

Moluk war bewohnt!

Der sofort eingeschaltete Funkabhördienst ergab keine Signale, die auf einen Funkverkehr schließen ließen. Zwar kamen den Funkern an Bord des Kugelraumers die Tränen, wenn die Störungen einer bewegten Atmosphäre ihre Geräte verrückt spielen ließen, aber Anzeichen einer von intelligenten Wesen ausgebauten Nachrichtenübermittlung wurden nicht entdeckt.

»Wenn es hier tatsächlich technisch hochstehende Lebewesen geben soll, dann müssten doch irgendwelche Anzeichen darauf hindeuten«, sagte Scoobey.