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Auf Persephones Spuren werden manche Mythen lebendiger, als geplant. Katis ist von ihrem neuen Chef Armin wirklich angetan. Nicht nur, dass er gut aussieht und offenbar noch zu haben ist, er vertraut ihr auch einen wichtigen Auftrag an: Gemeinsam mit ihm soll sie in Rom die Wellness-Landschaft eines kleinen, sehr exklusiven Hotels studieren und für einen reichen Kunden in Nürnberg nachbauen. Doch die Ernüchterung folgt prompt: Das Hotel ist uralt und heruntergekommen, die Angestellten des Hotels stellen Kati nach und ihr Chef wird von seiner Ex-Frau verfolgt. Als Kati dann auch beginnt, Tote zu hören, überschlagen sich die Ereignisse und Realitäten. Während sich Armins Ex als Hexe entpuppt, gerät eine geplante Party im Wellnessbereich außer Kontrolle und gipfelt in einer göttlichen Orgie. Schließlich sieht Kati nur noch einen einzigen Ausweg. Aber der führt sie in die Unterwelt des Hotels, direkt in die Katakomben.
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Seitenzahl: 378
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Angelika Monkberg
Die Autorin:
Angelika Monkberg ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die unter ihrem Realnamen bereits einige Veröffentlichungen im Bereich der Fantasy aufweisen kann. Sie lebt und arbeitet in Franken, der Region, in der auch ihr erster Roman für Elysion zum Teil spielt.
ANGELIKA MONKBERG
WWW.Elysion-Books.com
ELYSION-BOOKS TASCHENBUCH
BAND 4046
1. Auflage: Mai 2012
VOLLSTÄNDIGE TASCHENBUCHAUSGABE
ORIGINALAUSGABE
© 2012 BY ELYSION BOOKS, GELSENKIRCHEN
ALL RIGHTS RESERVED
Sämtliche Namen, Orte, Charaktere und Handlungen
sind frei erfunden und reine Fiktion der Autorin.
Alle Ähnlichkeiten mit Personen, lebend oder tot, sind Zufall.
UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert
www.dreamaddiction.de
LAYOUT & WERKSATZ: Hanspeter Ludwig
www.imaginary-world.de
Lektorat: Jennifer Schreiner
ISBN 978-3-942602-25-9
Mehr himmlisch heißen Lesespaß finden Sie auf
www.Elysion-Books.com
Für Marcus
Die Wiesen sahen matt aus. Hinter Creußen lag ab und zu sogar noch Schnee auf dem Bahndamm, aber es regnete nicht mehr. Gott sei Dank. Ich lief nicht gerne durch nasse Straßen zu einem Vorstellungsgespräch. Selbst mit Schirm bekam man von vorbeifahrenden Autos immer den einen oder anderen Dreckspritzer ab. Da schon lieber Frost.
Ich senkte die Augen wieder in das Buch.
Um die Mittagszeit schien sich der allgegenwärtige Nebel etwas zu heben. Der Horizont hellte sich auf, doch die ewige Nacht wich auch jetzt nicht ganz.
»Zum Hades mit diesem kalten Land! Wird es hier denn niemals Tag?«
Er zuckte mit den Schultern. Soweit er sich erinnerte, hatte ihm die Göttin diese Gegend genau so beschrieben. Die steilen Berghänge rechts und links, die schmale Wasserstraße, die sie bis tief ins Landesinnere geführt hatte.
Schmal war auch der Strand.
Zwei der Gefährten trugen die Schafe auf ihre Schultern, die Übrigen die anderen Gaben: Milch und Honig Wein und Mehl. Klares Wasser schöpften sie unterwegs aus einem Bach.
Voraus, wo das Flüstern des Meeres kaum noch zu hören war, gähnte im Fels ein schwarzes Loch.
Ein hohler Pfiff, die Welt rauschte in Dunkelheit hinein. Druck legte sich auf meine Ohren. Stimmen riefen mich in der Finsternis, ein vielstimmiger Chor. Mein Vater flüsterte: Kati? Hallo, Katinka!
In diesem Augenblick flammte die Deckenbeleuchtung im Eisenbahnwagen auf. Gleichzeitig wurde die Welt draußen wieder hell.
Winterhell.
Ich lockerte den Griff um das Buch.
Kein Grund zur Aufregung, der Regionalexpress hatte nur den ersten der sieben Tunnel auf der Strecke zwischen Hersbruck und Schnabelwaid passiert. Wenn der Zug in die schwarze Röhre einfuhr, staute sich die Luft. Das und dazu das Brüllen der Diesellok, die Echos im Tunnel, alle zusammen triggerte meine Psychose. Kein Wunder, dass ich wieder Stimmen hörte.
Nach den ersten Panikattacken hatten mich meine Eltern zum Test geschleppt. Doch ich war keine Psi, weder Hexe noch Heilerin. Dass ich an dunklen Orten ab und zu Stimmen hörte, bewies leider gar nichts. Nur Angst. Dumme, unerklärliche Angst.
Da kam schon das nächste verdammte schwarze Loch.
Ich mochte keine Tunnel. Überhaupt nichts, was dunkel war. Als Kind hatte ich meine Eltern einmal zu einem Umweg von mehreren hundert Kilometern gezwungen, weil ich die Reise durch den Tauerntunnel verweigert hatte. Damals hatte ich zum ersten Mal Stimmen gehört. Doch so richtig, so, dass ich die Worte verstand, hörte ich sie erst seit etwa achtzehn Monaten.
Vorher war das nur ein töchterlicher Spleen gewesen, mit dem meine Mutter lange nicht umgehen konnte. Ich wiederum wusste nicht, was ich mehr hasste: Die Erinnerung an den verpatzten Urlaub – oder meine erste Therapeutin Frau Kolbermeier, die mir die Angst vor der Dunkelheit dadurch zu nehmen versucht hatte, dass sie mich in ihrem Keller einsperrte. (So viel zu Hexen!)
Heiler hingegen … na ja, sie waren okay. Die meisten vermutlich schon.
Der dritte Tunnel kam. Jetzt, da ich darauf gefasst war, ging es besser. Zum Glück konnte ich meine Ängste inzwischen ganz gut vor meiner Umgebung zu verbergen.
Wenn nur die Abstände zwischen den Tunneln nicht dermaßen verflucht kurz gewesen wären! Kaum dem Einen entronnen, kam schon der Nächste. Mir brach der Schweiß aus. Doch Gott sei Dank, so angestrengt ich auch lauschte, ich hörte nur richtige Menschen sprechen. Die Pendler im Zug.
Der Regionalexpress glitt zurück ins Freie.
Bewaldete Hänge umgaben jetzt ein Dorf an einem kleinen Fluss. Kein namenloser Fjord im Land der Mitternacht, einfach Franken. Keine Irrfahrten.
Irrfahrten, also wirklich, ich hätte auch gerne einen blinden Seher nach meiner Zukunft befragt. Oder vielleicht meinen Vater. Doch ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ich ihn bewusst hätte rufen sollen.
»Konzentrieren Sie sich auf Ihren Alltag, grübeln Sie nicht«, hatte mein letzter Therapeut gesagt, der wie meine Eltern zu den Rationalisten zählte.
»Es gibt weder Götter noch Engel, die Toten sind tot.«
Zu Zeiten Homers war man da noch anderer Meinung gewesen und ich hatte auch gewisse Zweifel. Doch wenn ich damit begonnen hätte, in meiner winzigen Einzimmerwohnung Altäre aufzustellen wie die Pantheisten, hätten meine Verwandten beim nächsten Besuch vermutlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Sie glaubten mir ja nicht einmal, dass ich ab und zu tatsächlich Dinge voraussah. Für die Bewerbung heute zum Beispiel hatte ich ein gutes Gefühl. So gut, dass ich mich sogar durch die Unterführung zum Bahnhof gewagt hatte.
Ich verstaute das Buch über die Reise ins Land der Kimmerer im Rucksack, und zog stattdessen die Kopie der Annonce heraus.
Armin Landgraf Hoch- und Tiefbau sucht Student/Studentin der Fachrichtung Kunst oder Architektur für circa 20 Stunden pro Woche, befristet. Bitte melden Sie sich persönlich mit Ihren Bewerbungsunterlagen 90459 Nürnberg, Hinterm Bahnhof, Parkplatz vor Restaurant Southside.
Rauschen, Finsternis, Tunnel fünf.
Ich erschrak.
»Atme bewusst, zähle bis zwanzig.« Die simplen Ratschläge der alten Bäuerin, die mich damals im Urlaub in Kärnten mitten auf der Straße angesprochen hatte, waren bis heute die einzigen, die mir wirklich halfen.
»Denk an etwas Schönes, mein Kind«, hatte die alte Frau gesagt. »Was du dir vorstellst, geht keinen Menschen etwas an. Oder wen.«
Aber diesen Teil hatte ich erst später verstanden.
Ich fragte mich bis heute, wie sie mir angesehen hatte, womit ich mich plagte. Vielleicht war die alte Frau eine Heilerin gewesen, oder einfach weise. Ich war keine Psi. Doch irgendetwas stimmte trotzdem nicht mit mir. Ich erkannte Hexen und Heiler, wann immer ich ihnen begegnete – man konnte sagen, ich roch sie. Obwohl das natürlich kein wirklicher Geruch war, er entstand nur in meinem Kopf. Doch ich täuschte mich darin nie.
Hexen verbreiteten einen üblen Geruch, Heiler rochen angenehm. Hansen wie frisches Brot. Nur gegen die Stimmen geholfen hatten die Stunden bei ihm leider nicht. Wenigstens nicht langfristig.
Ich atmete tief durch. Wenn ich angespannt war wie jetzt, wurden der Chor in meinem Kopf besonders schlimm. Ab nächster Woche war ich arbeitslos. Das ging vielen meiner Studienkollegen so, oder zumindest denen aus meiner Fakultät. Alle Geisteswissenschaftler, die ich kannte, schlugen sich mehr oder weniger nur durch.
Ich verkaufte zur Zeit Blumen, bei Blumen-Gärtner in der Passage am Zentralen Omnibusbahnhof. Doch das Geschäft ging schlecht, die Filiale schloss nächste Woche. So gesehen kam mir Armin Landgraf Hoch- und Tiefbau wie gerufen. Ich ging im Geist noch einmal durch meine Bewerbungsunterlagen. Lebenslauf mit aktuellem Foto, Magisterurkunde Universität Bonn, Zeugnis Technomuseum Mannheim, Zeugnis Magna-Mater Kunstpostkartenverlag, Zeugnis Bundesakademie Wolfenbüttel. Der Beschäftigungsnachweis von Blumen-Gärtner Bayreuth fehlte noch, obwohl ich schon seit einem Monat darauf drang. Zeugnisse für Aushilfskräfte stellte Frau Gärtner senior grundsätzlich nicht aus.
Ich hoffte, dass ich mir im Herbst endlich wieder Urlaub leisten konnte. Wenigstens einen kurzen, es mussten ja nicht gleich die Norwegischen Fjorde sein. Aber ein Billigflug, drei, vier Tage nach Wien zum Beispiel, das wäre schön.
Der Regionalzug rauschte aus dem letzten Tunnel. Ich lehnte den Kopf gegen die Fensterscheibe. Draußen weitete sich die Landschaft.
Armin Landgraf Hoch- und Tiefbau residierte »Hinterm Bahnhof«. Eine sprechende Adresse, die Straße hieß tatsächlich so. Ich entdeckte nach kurzem Suchen auch das Restaurant Southside, es lag ein wenig versteckt zwischen Bäumen. Die drei knallgelb lackierten Baucontainer davor verrieten, dass ich mein Ziel gefunden hatte. Der Weg vom Bahnhof bis hierher war wirklich nicht sehr weit.
Ich ging quer über den Parkplatz zu dem Container, auf dessen Schmalseite das Schild Büro klebte. Landgraf Hoch- und Tiefbau war mit einem Codeschloss mit Zahlenfeld gesichert, aber sonst war das hier eindeutig ein Provisorium. Ich kam mir in meinem Hosenanzug reichlich overdressed vor. Hoffentlich vermittelten wenigstens meine derbbesohlten Stiefel, dass ich auch für Baustellen taugte. Falls es dazu kam. Ich klopfte an.
Die Tür wurde aufgerissen, als hätte der Mann, der im Rahmen stand, schon auf mich gewartet.
»Kommen Sie herein!«
Er war irgendetwas zwischen Dreißig und Fünfzig, genau sah ich das wegen des wuchernden Bart- und Haupthaars nicht. Straßenköterblond, leicht angegraut, nicht größer als ich. Mein Gegenüber trug eine verwaschene Jeans und trotz der Winterkälte ein kurzärmliges Shirt.
»Was führt Sie denn zu mir?«
Er legte beide Hände auf den Werkzeuggürtel, den er um die Hüften trug. Es steckte aber nur ein einsamer Hammer darin.
»Ich wollte mich bewerben.«
»Wunderbar! Nehmen Sie doch bitte Platz.«
Er wies auf den Besuchersessel. Seine nackten Arme waren Gott sei Dank nur wenig behaart. Meiner Meinung nach mussten sich Männer nicht unbedingt den ganzen Körper rasieren. Aber einen Pelz hielt ich auch nicht für prickelnd.
»Also Frau …?«
Er setzte sich hinter den Schreibtisch und legte die Hände locker auf die voll beladenen Arbeitsplatte. Seine Hände und seine Fingernägel waren sauber. Und für den angenehmen Bariton konnte ich mich auch erwärmen.
»Katinka Friedrich. Sie suchen eine Kunststudentin. Nun, ich bin Magister.«
Ich warf einen schnellen Blick über den Schreibtisch. Keine Bewerbungsmappe zu sehen, aber ein ganzer Stapel Baupläne, ein aufgeklappter Laptop, ein Kaffeevollautomat, daneben ein benutzter Henkelbecher. Außerdem lagen auf der Arbeitsfläche ein zerkratzter Schutzhelm, ein Handy, ein Taschenrechner und eine altmodische Addiermaschine. Der Blick nach draußen verriet mir noch, dass ich mich nicht über den prompten Empfang zu wundern brauchte. Der Bürocontainer stand strategisch günstig platziert. Mein Gegenüber sah schon von Weitem, wer sich der Firma näherte.
Mir wurde unbehaglich bewusst, dass ich mit einem mir völlig fremden Mann allein war. Was mir reichlich spät einfiel. Ich sah mich unauffällig nach dem Fluchtweg um. Die ganze Längswand des Baucontainers nahm ein übervolles Bücherregal ein.
Wenn ich alles erwartet hatte: Das nicht.
Mein Gegenüber lachte leise.
»Sind Sie fertig mit der Musterung? Nein, keine Angst, ich weiß auch gerne, mit wem ich es zu tun habe. Räume verraten viel. Möchten Sie einen Kaffee?«
»Wasser bitte, wenn das möglich ist.«
Mein Mund war ziemlich trocken.
»Gerne.«
Er stand auf, holte ein Glas aus dem Schrank an der Rückwand des Containers und die Flasche Mineralwasser aus dem Kasten auf dem Fußboden davor. Glas und Flasche wurden in bequemer Reichweite vor mir abgesetzt. Ich drehte am Verschluss, doch der saß bombenfest.
»Lassen Sie mich mal!«
Er öffnete die Flasche mit einer einzigen kräftigen Handgelenksdrehung, die den Plastikverschluss absprengte. Die Kappe flog im hohen Bogen vor meine Füße.
»Oh, verdammt!«
Er bückte sich schneller als ich, ich zog den Kopf gerade noch rechtzeitig zurück. Waschmittelparfüm kitzelte meine Nase. Der fast unvermeidliche Unterton Männerschweiß fehlte. Der Herr wusch sich.
Wie angenehm!
Er legte die Verschlusskappe auf die Tischplatte und ging zu seiner Seite des Schreibtischs zurück. Er hatte schöne breite Schultern, obwohl er für einen Mann verhältnismäßig klein war. In Highheels überragte ich ihn wahrscheinlich sogar um ein, zwei Zentimeter. Nicht schlimm und es stand natürlich überhaupt nicht zur Diskussion. Außerdem gab es Männer, die das mochten.
Bernie Ecclestone zum Beispiel.
Der Hintern von Ich-arbeite-bei-Armin-Landgraf-Hoch-und-Tiefbau war knackig. Ich versenkte die Augen blitzschnell in mein Glas, weil er sich ausgerechnet jetzt zu mir umdrehte. Nur eine halbe Sekunde später und mein Blick wäre automatisch auf seinem Schritt gelandet. Schon der Gedanke war peinlich.
Ich trank.
Er wartete, bis ich das Glas wieder absetzte.
»Nun, Frau Friedrich. Verzeihung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Armin Landgraf.«
Der Geschäftsinhaber selbst! Mein Herz tat einen erschrockenen Sprung.
Er reichte mir die Hand. Sein Griff war angenehm trocken und warm. Einen Ring trug er nicht. Aber darauf verzichteten ja viele Handwerker, wegen der Verletzungsgefahr.
Landgraf lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück.
»Sie möchten also für mich arbeiten. Dann lassen Sie mich doch mal einen Blick in Ihre Unterlagen werfen!«
»Bitte, gerne.«
Ich reichte die Mappe über den Schreibtisch.
»Keine Angst, ich halte Sie nicht lange auf. Das Wichtigste habe ich ja schon gesehen.«
Ich nahm noch einen Schluck Wasser und hielt mein Gesicht ruhig. Falls er das tatsächlich meinte, was er soeben gesagt hatte, überhörte ich es für den Anfang lieber.
Er blätterte. Landgrafs Augenbrauen gingen hoch. Viel zu schnell klappte die Mappe wieder zu. Er schob sie mir quer über den Tisch zurück.
»Respekt. Sie sehen viel zu jung für Ihre Vita aus.«
»Ich bin achtundzwanzig.«
»Das habe ich mir ausgerechnet.«
Ich ging nicht darauf ein, übersah zur Sicherheit auch den beinahe zärtlichen Blick. Landgraf sah aus wie ein Waldschrat, aber ein freundlicher. Mir wurde in dem Hosenanzug ziemlich warm.
»Verraten Sie mir das Thema Ihrer Magisterarbeit? Ganz kurz. Ich möchte nur wissen, auf welchem Gebiet Sie gearbeitet haben.«
»Die Architektur des Fin de Siecle in Stadt und Land. Dargestellt an Beispielen in Wien und Bad Gastein.«
»Nun, das passt leider überhaupt nicht.« Landgraf faltete die Hände. »Außerdem sind Sie für meine Zwecke deutlich überqualifiziert, Frau Friedrich. Zu teuer.«
Autsch!
Sollte ich etwa anbieten, für weniger Geld zu arbeiten? Für wie wenig überhaupt? Noch weniger als vierhundert Euro?
»… aber ich sage Ihnen einfach, wofür ich Sie brauche und dann entscheiden Sie selbst.«
Er drehte sich mehr zu mir.
»Ich habe einen Auftrag, das heißt: Ich kriege ihn, wenn das Konzept stimmt. Kennen Sie sich mit antiker Badekultur aus?«
»Leidlich.«
»Sehen Sie, Katinka – ich darf Sie doch Katinka nennen?«
»Bitte lieber Kati.«
Er nickte.
»Gerne. Wir haben vor zwei Jahren etwas außerhalb von Zirndorf eine Villa gebaut, vollkommen versteckt im Wald.« Landgraf grinste kurz. »Ich möchte nicht wissen, was Malchow Google Maps bezahlt hat, dass sie seinen Besitz auf den Satellitendarstellungen nicht darstellen.«
Ich sagte nichts.
Er rieb sich den Nacken. »Am besten erzähle ich Ihnen die ganze, traurige Wahrheit. Als der Wellnesstrakt im Rohbau stand, kam mir die Scheidung dazwischen. Meine Ex hatte den besseren Anwalt. Corinna und ich führen jetzt zwei getrennte Baufirmen.«
»Verstehe ich das richtig, dass Sie jetzt mit Ihrer Exfrau um den Auftrag konkurrieren?«
»Richtig.«
Darum also der Wunsch nach einer Kunststudentin, Landgraf wollte mit Expertenwissen punkten.
»Hat Ihr Kunde gesagt, welche Art antike Badekultur er sich wünscht?«
»Es soll wohl eine Art römische Therme werden. Glauben Sie, Sie können mir bei der Dekoration auf die Sprünge helfen? Ich kann Ihnen allerdings höchstens achthundert pro Monat bieten.«
Genial! Der Urlaub war gesichert. Wo durfte ich unterschreiben?
»Ich muss aber diese Woche noch für Frau Gärtner arbeiten.«
»Das kann ich abwarten. Sagen wir, wir treffen uns kommenden Montag am Hauptbahnhof unter der Zuganzeige. Können Sie den gleichen Zug wie heute nehmen?«
»Ja natürlich.«
»Sehr gut! Wir müssen einkaufen!«
Die Königsstraße in Nürnberg faszinierte mich jedes Mal wieder. Man trat aus dem Hauptportal eines gründerzeitlichen Bahnhofsgebäudes – von dem allerdings nach zwei Kriegen höchstens noch die Fassade original erhalten war – und erblickte gegenüber eine mittelalterliche Stadtmauer. Mit dem einzigen Nachteil, dass man nicht einfach den mehrspurigen Altstadtring überqueren konnte, sondern zurück in den Untergrund musste. Das störte mich. Aber an Armin Landgrafs Seite war die Königstorpassage gut zu ertragen. Außerdem quirlte hier das Leben. Menschen kamen und gingen, Imbissstände boten Bratwürste, Döner, Backwaren oder fristgepresste Säfte an. Alles war hell erleuchtet und Glasfassaden rechts und links führten zu Geschäften.
Trotzdem war ich heilfroh, als wir schon nach wenigen Minuten die Treppe erreichten, die uns an die Oberfläche zurückführte. Nürnberg war eine Hochburg der Rationalisten, aber sogar hier gaben einige Götterstatuen Passanten Gelegenheit zum Gebet. Ich verbeugte mich im Vorübergehen andeutungsweise und pauschal vor der mit Blumen bekränzte Ganesha-Statue, dem immerhin fast lebensgroßen Bronze-Merkur und dem schlichten Wanderstab (für Wotan, den großen Reisenden). Armin Landgraf tat es mir gleich.
»Glauben Sie an Götter, Herr Landgraf?«
“Nicht eigentlich.”
Also ein Indifferenter. Trotzdem gefiel mir die Respektsbezeugung. Ich fand sie angenehmer, als den vehementen Nicht-Glauben zuhause. Meine Mutter und mein Stiefvater Zachi, der bei der Kripo Mittelfranken arbeitete, akzeptierten gerade noch die Existenz von Psi, vermutlich gegen ihre eigentliche Überzeugung. Dass es einen oder mehrere Götter geben könnte, ging über ihren Horizont. Bei Zachi konnte ich das sogar noch verstehen. Er sah als Fahnder zu viele Opfer von Gewalt. Die vielen Tote, die Verbrechen auf der Welt, sie waren für meinen Stiefvater der klassische Gegenbeweis.
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