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Starting with the stroke unit, this volume describes care in a treatment team for patients with stroke. It provides nursing professionals with the knowledge they need about the development of ischemic stroke and prophylaxis against it, enabling them to provide competent care and counselling for the individuals affected throughout the entire duration of the disease. On the basis of medical and nursing theory, the nursing problems involved in common stroke symptoms are covered, along with the more subtle limitations that play an important role in enabling patients to communicate and return to everyday life. Nursing and therapeutic aspects are supplemented with information on sociolegal issues and early neurological rehabilitation. Delirium, neuropsychology, palliative care and interprofessional team training are also presented here for the first time. Information about the international situation and professional development rounds out this third edition.
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Seitenzahl: 626
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Das Herausgeberteam
Prof. Dr. phil. Anne-Kathrin Cassier-Woidasky, Krankenschwester, Dipl.-Pflegepädagogin, Professorin für Pflegewissenschaft. Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlands htw saar, Goebenstr. 40, 66117 Saarbrücken.
Prof. Dr. med. Waltraud Pfeilschifter, Fachärztin für Neurologie und Intensivmedizin, Vorsitzende der DSG-Kommission »Pflegefortbildung auf der Stroke-Unit«. Chefärztin der Klinik für Neurologie, Klinikum Lüneburg, Bögelstraße 1, 21339 Lüneburg.
Dr. med. Joerg Glahn, Krankenpfleger, Facharzt für Neurologie und Intensivmedizin, Leitender Oberarzt. Universitätsklinik für Neurologie und Neurogeriatrie, Johannes-Wesling-Klinikum Minden, Hans-Nolte-Str. 1, 32429 Minden.
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3., erweiterte und überarbeitete Auflage 2022
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-036218-5
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-036219-2
epub: ISBN 978-3-17-036220-8
Die spezielle Qualifizierung von Pflegefachfrauen und -männern für eine Arbeit auf Stroke Units ist Grundbaustein der Erfolgsgeschichte dieser Einheiten und daher ein wichtiges Kriterium für Stroke-Unit-Zertifizierungen unserer Fachgesellschaft. Die Erkenntnis, dass qualitativ hochwertige Pflege hinreichend Zeit und damit Personal braucht, war eine Triebfeder der Anfang 2019 eingeführten Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung. Die hier festgeschriebenen Mindestbesetzungen und spätestens auch die Engpässe während der Coronapandemie führen uns vor Augen, dass gut ausgebildete und stabil in ihrem Beruf verankerte Pflegefachkräfte sowie gute Rahmenbedingungen für eine hochwertige Krankenversorgung unverzichtbar sind. Mit nachdrücklicher Unterstützung begleitet die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft daher die dritte Auflage dieses deutschsprachigen Standardwerks für die Pflege von Schlaganfallpatienten auf der Stroke Unit.
Die Schlaganfallmedizin hat in den letzten Jahren bahnbrechende Entwicklungen im Bereich der rekanalisierenden Therapien erlebt, die vielen Patienten, die bei einem schweren Schlaganfall rechtzeitig die Klinik erreichen, danach ein Leben in Selbstständigkeit ermöglichen, wie es früher kaum denkbar war. Es haben sich zahlreiche neue Erkenntnisse in Bezug auf die Entwicklung der Schlaganfall-Sekundärprophylaxe ergeben, aber auch neue Herausforderungen durch das ansteigende Durchschnittsalter der Patienten auf der Stroke Unit. Dadurch gewinnen die Themen Delir und ethische Aspekte bei Therapieentscheidungen am Lebensende an Bedeutung, denen jeweils ein Kapitel dieses Buches gewidmet ist. Eine weitere Ergänzung sind umfangreiche Informationen zu den Bedürfnissen und Unterstützungsmöglichkeiten bei der Rückkehr in den Alltag nach abgeschlossener Rehabilitationsbehandlung. Der zunehmende Spezialisierungs- und Akademisierungsgrad der Pflege stärkt das Selbstbewusstsein in der interprofessionellen Zusammenarbeit und die wissenschaftliche Eigenständigkeit und zunehmende internationale Vernetzung der Pflege, die in weiteren neuen Kapiteln dieser dritten Auflage beleuchtet werden.
Das Buch speist sich aus der langjährigen Erfahrung der Kommission »Fortbildung für Pflegekräfte auf Stroke Units« der DSG mit ihren mittlerweile 22 akkreditierten Fortbildungsstätten, derzeit unter dem Vorsitz von Frau Prof. Dr. Pfeilschifter aus Lüneburg. Die Pflegewissenschaftlerin Frau Prof. Dr. Cassier-Woidasky, inzwischen in Saarbrücken, hat gemeinsam mit ihr und dem Gründer und langjährigen Vorsitzenden der Kommission, Herrn Dr. Glahn aus Minden, dieses gesammelte Expertenwissen in einem vielseitigen Lehr- und Nachschlagwerk für das gesamte interdisziplinäre Stroke-Unit-Team zusammengestellt.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern Spaß bei der Lektüre und viel Erfolg und Zufriedenheit bei deren Umsetzung.
Prof. Dr. Helmuth Steinmetz, FEAN
Vorsitzender der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und der Kommission Leitlinien der DGN
Mit diesem Buch erscheint nun in 2. Auflage das deutsche Standardwerk der Pflege auf einer Schlaganfallspezialstation, der sog. Stroke Unit. Die spezielle Qualifizierung von Pflegekräften für die Arbeit auf einer Stroke Unit ist medizinisch notwendig und sinnvoll, sie wird nach den Zertifizierungskriterien der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) gefordert und erhöht die Attraktivität der Stroke-Unit-Arbeit für Pflegeberufe.
Die Entwicklung der Stroke Units in Deutschland ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte: Mittlerweile sind zur flächendeckenden Versorgung rund 250 Stroke Units zertifiziert, etwa 70 % der Schlaganfallpatienten werden auf einer Stroke Unit akut versorgt. Geschulte und informierte Pflegekräfte sind eine unverzichtbare Voraussetzung für die Finanzierung der Stroke Units durch die OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel), denn mit dem OPS ist es gelungen, diese zeit- und personalaufwändige Behandlung auch adäquat finanziell abzubilden. Somit trägt dieses Buch wesentlich zur erfolgreichen Arbeit auf der Stroke Unit bei.
Das Buch ist das Konzentrat der hervorragenden Arbeit der Kommission Fortbildung für Pflegekräfte auf der Stroke Unit der DSG und deren Vorsitzenden Herrn Dr. Glahn aus Minden. Gemeinsam mit den Mitgliedern der Kommission haben Herr Dr. Glahn und Frau Prof. Dr. Cassier-Woidasky ein gut funktionierendes Fortbildungskonzept erarbeitet und umgesetzt, auf dessen Basis bereits viele hundert Pflegekräfte an verschiedenen Zentren weitergebildet wurden.
Die erste Auflage des Buches mit rund 1.500 Exemplaren war rasch vergriffen und daher kommt nun diese zweite Auflage nach nur 2 1/2 Jahren zur Abdeckung des Bedarfs auf den Markt. Neu ist ein Kapitel zur Ergotherapie. Die Interdisziplinarität in der Versorgung von Schlaganfallpatienten kann an diesem Buch gut abgelesen werden.
Ich wünsche dem Buch, wie der ersten Auflage, eine gute Akzeptanz und weite Verbreitung, damit die Arbeit auf der Stroke Unit für die Pflegekräfte und deren unermüdlichen Einsatz eine breitere theoretische Basis bekommt und Informationen für alle Beteiligten rasch verfügbar werden.
Prof. Dr. Gerhard F. Hamann
1. Vorsitzender der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft
Mit diesem Buch erscheint erstmals eine spezielle Literatur zur Pflege von Schlaganfallpatienten auf der Stroke Unit. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) – verantwortlich für die Zertifizierung der Stroke Units – begrüßt dies außerordentlich, zumal Qualität und Zahl der Pflegekräfte in diesem Prozess eine entscheidende Rolle spielen.
Wesentliches Prinzip der Schlaganfallbehandlung auf der Stroke Unit und in der Rehabilitation liegt in der multiprofessionellen Versorgung, in der die spezielle Pflege des Schlaganfallpatienten naturgemäß eine herausragende Rolle spielt. Die Pflegekräfte sind es, die kontinuierlich am Patienten tätig sind und deshalb vor besondere Herausforderungen gestellt werden.
Welche dominierende Rolle die Pflege in der Schlaganfallbehandlung spielt, haben wir erst gelernt, nachdem wir in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre Schlaganfallspezialstationen (Stroke Units) etabliert haben. Wir haben im Mindener Klinikum diese Situation frühzeitig erkannt und ein aufwändiges Fortbildungsprogramm speziell für Pflegende auf der Stroke Unit und in der Schlaganfall-Rehabilitation entwickelt. Die Herausgeber des vorliegenden Buchs, Joerg Glahn und Jörg Nahrwold aus Minden, haben den inzwischen von der DSG zertifizierten Weiterbildungskurs entwickelt und im Jahre 2001 erstmals angeboten. Es war auch für mich als dem damaligen Leiter der Stroke Unit in Minden eindrucksvoll, mit wie viel Begeisterung und Engagement diese Kurse angenommen wurden. Mittlerweile wird der Qualifikationskurs Stroke Unit flächendeckend in Deutschland angeboten, Anne-Kathrin Cassier-Woidasky aus Karlsbad-Langensteinbach gehört mit zu den ersten, die das Konzept der DSG mitgestaltet und umgesetzt haben.
Das vorliegende Buch ist aus meiner Sicht die logische Konsequenz, welche die Herausgeber aus diesem Kurs gezogen haben. Es spiegelt die Erfahrung der vor Ort Tätigen in anschaulicher Weise aus verschiedenen Perspektiven wider. Den Pflegenden nützt es als Informationsquelle in der täglichen Arbeit am Schlaganfallpatienten auf der Stroke Unit und in der Rehabilitation, der auf der Schlaganfallstation tätige Arzt wird es ebenfalls vielfach gebrauchen können.
Prof. Dr. med. Otto Busse
Gründungsvorsitzender und
Generalsekretär der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft
Geleitwort zur 3. Auflage
Geleitwort zur 2. Auflage (2014)
Geleitwort zur 1. Auflage (2012)
1 Die Rolle der Pflege auf der Stroke Unit
Anne-Kathrin Cassier-Woidasky
1.1 Arbeitsbereiche der Pflege auf der Stroke Unit
1.2 Pflege als Unterstützung auf dem Weg zurück ins Leben
1.3 Fazit
2 Der Schlaganfall – medizinische Grundlagen
Joerg Glahn
2.1 Einführung
2.2 Definition des ischämischen Schlaganfalls
2.3 Epidemiologie
2.4 Optimale Organisationsstrukturen in der Schlaganfallbehandlung
2.5 Diagnostik des Schlaganfalls
2.6 Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls
2.7 Spezifische Schlaganfalltherapie
2.8 Vaskuläre Risikofaktoren und deren Behandlung in der Sekundärprophylaxe
2.9 Prognose des Schlaganfalles
2.10 Pflegetherapie auf der Stroke Unit – Entwicklung eines spezifischen Pflegekonzepts
3 Neurologische Befunderhebung und Scoring auf der Stroke Unit
Joerg Glahn und Helge Wuttig
3.1 Erfassung des neurologischen Befunds mithilfe der National Institutes of Health Stroke Scale (NIHSS)
3.2 Beurteilung der Auswirkungen des neurologischen Defizits auf die Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) mithilfe des Barthel-Index (BI)
3.3 Beurteilung der resultierenden Beeinträchtigung von Alltagsfunktionen, sozialen Fähigkeiten und Lebensqualität nach einem Schlaganfall (Outcome)
3.4 Fazit
4 Überwachung und Monitoring
Rüdiger Haupt und Matthias Kruse (unter Mitarbeit von Anne-Kathrin Cassier-Woidasky)
4.1 Apparative Ausstattung
4.2 Basismonitoring – Überwachung einzelner Funktionen
5 Pflegemodelle und ihre Praxisrelevanz für gute Pflege
Anne-Kathrin Cassier-Woidasky und Sabine Rehwinkel
5.1 Vom Sinn und Nutzen theoriebasierten Handelns in der Pflege
5.2 Historisches
5.3 Dorothea Orem: Selbstpflege-Defizit-Theorie
5.4 Roper, Logan und Tierney: Modell des Lebens
5.5 Monika Krohwinkel: Ganzheitlich-rehabilitierende Prozesspflege
5.6 Der Pflegeprozess und seine Dokumentation
5.7 Pflegeplanung in der Praxis
5.8 Pflege nach Krohwinkel auf der Stroke Unit
5.9 Bedeutung der Pflegedokumentation
5.10 Fazit
6 Therapeutisch-aktivierende Pflege nach dem Bobath-Konzept
BIKA® e. V. Gabi Jacobs und Michaela Friedhoff
6.1 Grundlagen des Bobath-Konzepts
6.2 Schwerpunkte der therapeutisch-aktivierenden Pflege in der Stroke Unit
6.3 Bewegen im Bett (Seitenlagerung und Rückenlage)
6.4 Stabiler Sitz im Bett
6.5 Transfer
6.6 Körperpflege in Seitenlage und im stabilen Sitz im Bett
6.7 Spezifisches Handling der mehr betroffenen Seite (Arm- und Hüfthandling)
6.8 Neuropsychologische Störungen
6.9 Pflegerische Aspekte bei Dysphagie
6.10 Zusammenfassung
7 Basale Stimulation® in der Pflege bei Schlaganfallpatienten
Peter Nydahl
7.1 Definition
7.2 Haltung
7.3 Kompetenz
7.4 Techniken
7.5 Körpererfahrungen
7.6 Kriterien zur Reflexion
7.7 Ein Fallbeispiel
8 Kinaesthetics in der Pflege – ein Angebot für Schlaganfallpatienten
Burkhard Bornemeier
8.1 Was ist Kinaesthetics?
8.2 Wie lernt man Kinaesthetics?
8.3 Das Konzept »Interaktion«
8.4 Fallbeispiel Herr B.
8.5 Mit Kinaesthetics-Konzepten Lernangebote entwickeln
8.6 Störungen und Möglichkeiten in der Praxis
8.7 Fazit
9 Pflege bei Störungen der Harnkontinenz
Simone Hartmann-Eisele und Myrta Kohler
9.1 Funktionelle Inkontinenz
9.2 Bedeutung von Inkontinenz für den Schlaganfallbetroffenen
9.3 Eckpunkte für die Gestaltung des Pflegeprozesses – Abklärungsstrategien im multidisziplinären Team
9.4 Pflegediagnostik
9.5 Festlegung von Pflegezielen
9.6 Planung und Durchführung von Pflegemaßnahmen
9.7 Evaluation des Pflegeprozesses
9.8 Fazit
10 Delir auf der Stroke Unit
Peter Nydahl, Nils G. Margraf und Johannes Meyne
10.1 Diagnose
10.2 Delirformen
10.3 Differentialdiagnosen
10.4 Ursachen
10.5 Folgen
10.6 Häufigkeit
10.7 Erleben der Betroffenen
10.8 Erleben der Familien
10.9 Therapie und Delirmanagement
10.10 Qualitätsmanagement
10.11 Implementierung
11 Pflege und Neuropsychologie – Depression bei Schlaganfall
Katja Werheid und Simon Ladwig
11.1 Depression bei Schlaganfall
11.2 Besondere Merkmale von Depressionen nach Schlaganfall
11.3 Depressive Symptome auf der Stroke Unit
11.4 Dokumentation und standardisierte Screenings
11.5 Depressive Symptome im späteren Verlauf
11.6 Pflegerische und therapieunterstützende Maßnahmen im Umgang mit Depression
12 Pflege und Physiotherapie – Mobilisation auf der Stroke Unit
Frank Andres
12.1 Voraussetzungen und Ziele von Mobilisation auf der Stroke Unit
12.2 Neurophysiologische Therapien
12.3 Welche biologischen Prozesse liegen dem zugrunde?
12.4 Neuere Therapien mit möglichem Einsatz auf der Stroke Unit
12.5 Wann? Wie oft? Wie lange mobilisieren?
12.6 Pragmatische frühe Mobilisation auf der Stroke Unit
12.7 Das Wichtigste in Kürze
13 Pflege und Logopädie – Umgang mit Dysphagie
Nicole Büßelberg und Stefanie Duchac
13.1 Dysphagie beim Schlaganfall
13.2 Besondere Komplikationen von Dysphagien
13.3 Screening-Möglichkeiten
13.4 Grundzüge der Dysphagietherapie
13.5 Apparative Diagnostik
13.6 Prognose
14 Aphasie – was ist das?
Franziska Cerra
14.1 Globale Aphasie
14.2 Broca-Aphasie
14.3 Wernicke-Aphasie
14.4 Amnestische Aphasie
14.5 Sonderformen
14.6 Begleiterscheinungen
14.7 Leistungserfassung der kommunikativen Fertigkeiten
14.8 Aphasie gleich geistige Behinderung?
14.9 Therapie in der Akutphase
14.10 Anregungen für den Alltag mit Aphasikern
15 Pflege und Ergotherapie – Umgang mit dem Phänomen Neglect
Ralf Lehnguth
15.1 Lokalisation, Lateralität und Prognose
15.2 Begriffsbestimmung
15.3 Symptomebenen des Neglects
15.4 Beobachtbares Verhalten und diagnostische Möglichkeiten
15.5 Allgemeine pflegerische und therapeutische Maßnahmen im Umgang mit Neglectpatienten
15.6 Therapeutische Ansätze
15.7 Ausblick
16 Sozialrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Schlaganfall
Daniela König und Anke Siebdrat
16.1 Fragen nach dem Schlaganfall
16.2 Entlassmanagement aus Akut- und Rehakliniken
16.3 Rehabilitation
16.4 Versorgung bei Pflegebedürftigkeit
16.5 Schwerbehinderung
16.6 Berufstätigkeit
16.7 Autofahren nach Schlaganfall
16.8 Case Management und weitere Angebote in der Schlaganfallnachsorge
16.9 Fazit
17 Rehabilitation von Schlaganfallpatienten
Sindy Lautenschläger
17.1 Einleitung
17.2 Möglichkeiten der Rehabilitation nach Schlaganfall
17.3 Multidisziplinäre Versorgung
17.4 Alltagsleben und soziale Teilhabe nach dem Schlaganfall
17.5 Bedürfnisse und Bedarfe bei Angehörigen von Schlaganfallpatienten im Rehabilitationsverlauf
17.6 Selbsthilfe
17.7 Fazit
18 Palliative Versorgung von Schlaganfallpatienten
Frank Erbguth
18.1 Einleitung
18.2 Problemfelder und Herausforderungen
18.3 Was bedeutet ein »Palliativer Therapiezielwechsel«?
18.4 Ethisch-juristischer Rahmen: Legitimität und Legalität medizinischer Maßnahmen
18.5 Entscheidungsfindung, Ethikberatung, Transparenz und Dokumentation
18.6 Gespräche mit Patienten und Angehörigen
18.7 Palliative Therapie
18.8 Fazit
19 Den Schlaganfall gibt es nicht – Perspektiven jüngerer Betroffener auf ihr Erleben eines Schlaganfalls
Ursula Immenschuh
19.1 Die wirklichen Folgen des Schlaganfalls sind unsichtbar
19.2 Ein Schlaganfall in jüngeren Jahren ist abnormal
19.3 Wie gehen jüngere Menschen mit dem Stigma des Schlaganfalls um?
19.4 Pflege und Behandlung aus Sicht von Betroffenen
19.5 Betroffene und ihre Angehörigen
19.6 Selbsthilfegruppen – Möglichkeiten und Grenzen
19.7 Zusammenfassende Darstellung und Schlussfolgerungen für die Pflege
20 Optimierung der Teamarbeit auf der Stroke Unit durch Crew Ressource Management und Simulations-Teamtraining zur Verbesserung der Patientensicherheit und Mitarbeiterzufriedenheit
Waltraud Pfeilschifter und Marcus Rall
20.1 Kurze Einführung in die Geschichte der medizinischen Simulation
20.2 Crew Ressource Management (CRM) – Cockpit-Skills für die Medizin
20.3 Acht Tipps zur Optimierung der Teamarbeit
20.4 Welchen Hürden begegnen der Einführung von Simulationstrainings und Crew Ressource Management im Krankenhaus?
20.5 Praxistipps für die Einführung von Simulationstrainings in Ihrer Klinik
20.6 Fazit
21 Stroke-Pflege im Ausland – Perspektiven für die Professionsentwicklung
Anne-Kathrin Cassier-Woidasky
21.1 Einführung
21.2 Pflege in Australien
21.3 Überlegungen zur Weiterentwicklung in Deutschland
21.4 … und das liebe Geld
21.5 Fazit
Anhang
Anlage 1 : Stroke Manual SOP Fever – Sugar – Swallowing (FeSS) – Pflegegeleitete Basismaßnahmen der Stroke-Unit-Therapie ( Kap. 1; Kap. 4)
Anlage 2 : Pflegerische Ersterhebung ( Kap. 5)
Anlage 3 : Barthel-Index und FrühREHA-Barthel-Index ( Kap. 16)
Weiterführende Hinweise und Unterstützungsmöglichkeiten
Victoria Teipen, Silke Bode, Anke Siebdrat, Daniela König
Literaturtipps
Die Autorinnen und Autoren
Stichwortverzeichnis
Die Stroke Unit ist eine komplexe Organisation mit dem Ziel der möglichst weitgehenden Wiederherstellung des Gesundheitszustands von Patienten1 mit Schlaganfall. Ob das gelingt, wird neben der Schwere der Erkrankung von vielen Faktoren beeinflusst. Das sind zum einen die Strukturen (z. B. beteiligte Fachabteilungen, Personalausstattung und -qualifikation) und Prozesse (z. B. Versorgungspfade und Abläufe), die eine reibungslose Versorgung gewährleisten sollen. Pflegerische Erfolgsfaktoren auf der Stroke Unit sind frühe Mobilisation und Vermeidung von Bettruhe sowie die engmaschige Überwachung der physiologischen Parameter und medizinischen Probleme (Burton et al. 2009; Langhorne & Pollock 2002). Durch die permanente Präsenz und Nähe zum Patienten während der ersten 72 Stunden spielen Pflegende die entscheidende Rolle bei der Identifikation und dem Management von Komplikationen (Watkins & Cadilhac 2020). Zum anderen hängt der Erfolg auch von den jeweils beteiligten Personen im Team und dem Patienten selber ab, denn die Beteiligten beeinflussen sich auch gegenseitig auf der zwischenmenschlichen Ebene. Die Pflegefachperson hat hier eine wichtige Rolle im Team, um die Kommunikation und Organisation rund um die Versorgung und die folgende Entlassung und Rehabilitation sicherzustellen. Gleichzeitig ist der Spagat zwischen patientenorientierter Pflege und intensivmedizinischen Abläufen unter Notfallbedingungen sowie das Zusammenbringen unterschiedlichster Blickwinkel zu leisten. Zum Dritten hat Pflege die grundlegende Bedeutung zur Wiedererlangung guter Lebensqualität. Seit der Schlaganfallstudie von Krohwinkel in den 1990er Jahren (Krohwinkel 2008) ist bekannt, was schieflaufen kann, wenn Pflegende nicht mit qualifizierter Versorgung Bedürfnisse und Probleme der Patienten berücksichtigen. In diesem Kapitel werden zum einen Ansätze betrachtet, wie die Pflegenden ihre Rolle auf der Stroke Unit inhaltlich füllen und damit zum Erfolg beitragen können – sowohl im organisatorischen Gefüge der Schlaganfallstation als auch therapeutisch im direkten Umgang mit den Patienten und ihren Angehörigen. Zum anderen wird ein Ausblick auf die Beiträge weiterer zentraler Professionen im Team gegeben und in die weiteren Kapitel des Buches eingeführt.
Zur Strukturierung des Arbeitsfeldes hat sich das Managementmodell von Monika Krohwinkel (2007, 2008) bewährt, das die Verantwortungsbereiche der Pflege systematisiert: Um den Patienten und seine Angehörigen herum findet Pflegearbeit statt, die sich in unterschiedlichen Anteilen in den Bereichen Koordination, Mitarbeit bei der medizinischen Diagnostik und Therapie, Organisation und pflegerische Versorgung bewegt ( Abb. 1.1).
Im Zentrum der Tätigkeit steht zunächst die Patientin bzw. der Patient. Dessen Befindlichkeit ist grundsätzlich bei allen Abläufen zu berücksichtigen, was die Beteiligten schon durch das Krankheitsgeschehen vor große Herausforderungen stellt. Die erfolgreiche Schlaganfalltherapie erfordert einen schnellen und reibungslosen Diagnostikprozess, ggf. mit der unmittelbaren Einleitung rekanalisierender Therapien wie der systemischen Thrombolyse oder endovaskulären Techniken bzw. Verlegung in spezialisierte Zentren. Das kann Patienten zwar Sicherheit vermitteln (»hier wird mir geholfen«), sie in der Geschwindigkeit aber auch überfordern – vor allem aufgrund der akuten krankheitsbedingten Einschränkungen. Kognitive Veränderungen wie verminderte Aufmerksamkeit und verlangsamtes Denken, physische Veränderungen wie Sprach- oder Sprechstörungen sowie psychische Einschränkungen wie Schockzustand oder Angst wirken sich negativ aus (Christmann et al. 2004). Auch wird gerade bei Menschen mit Aphasie häufig fälschlicherweise angenommen, sie könnten Gesprächen nicht folgen – was dazu führt, dass diese bei der Kommunikation übergangen werden. Weil sie sich nicht äußern können, haben sie keine Möglichkeit, falsche Annahmen ihrer Helfer richtigzustellen oder eigene Bedürfnisse oder Wünsche auszudrücken (Tacke 2006, S. 74). Auch bei Patienten mit Bewusstseins- oder Wahrnehmungseinschränkungen, reduzierter Vigilanz oder dem Locked-in-Syndrom ist immer davon auszugehen, dass sie wahrnehmen, was um sie herum geschieht, wie zahlreiche Erfahrungsberichte zeigen.
Fast ebenso wichtig wie der Patient sind seine Angehörigen. Sie sind Bindeglied zwischen Patient und Therapeuten, die verantwortliche Pflegefachperson ist für sie erster Ansprechpartner. Den behandelnden Professionen können die Angehörigen Informationen zur Anamnese über Vorerkrankungen, zu Medikamenten sowie Lebensgewohnheiten und Bedürfnissen geben, wenn der Patient dazu selber nicht in der Lage ist. Dem Patienten können sie durch ihre Nähe Sicherheit in der fremden Umgebung vermitteln (Nagl-Cupal 2011). Da sich aber auch die Angehörigen durch das Schlaganfallereignis im Ausnahmezustand befinden und durch die intensivmedizinische Umgebung und Überwachung möglicherweise zusätzlich verunsichert werden, ist es wichtig, ihre Ängste und Unsicherheiten ebenso ernst zu nehmen und sie bei allen Informationen und Entscheidungen mit einzubeziehen. Verunsicherte und unzureichend informierte Angehörige werden sonst leicht als Störfaktor (»schwierige« Angehörige) wahrgenommen. Dem kann mit einem angepassten Informationsverhalten zwar vorgebeugt werden, doch die Unsicherheit bleibt bestehen: Das Leben mit Unsicherheit ist auch in den Monaten nach dem Ereignis zentral für Angehörige von Schlaganfallpatienten (Greenwood et al. 2009).
Abb. 1.1: Das Managementmodell der Pflege (nach Krohwinkel 2007, 2008)
Auch ist Vorsicht mit dem allzu selbstverständlichen Umgang mit der »Ressource Angehöriger« geboten. Im ungünstigsten Fall wird auf sie erst wieder bei der Entlassung zurückgegriffen, wenn man sie für die häusliche Versorgung braucht. Der ungeplante und unkoordinierte Rückgriff auf Familienmitglieder führt leicht zu Überforderung bei diesen wie auch beim Patienten. Das ist dann weniger Hilfe als zusätzliche Belastung für alle Beteiligten und kann erneute Krankenhauseinweisungen auslösen, was Doris Schaeffer sehr eindrücklich in einer Fallstudie zu Versorgungserfordernissen bei chronischen Erkrankungen gezeigt hat (Schaeffer 2009). Und: Nicht jeder Patient möchte Pflege von seinen Angehörigen, und nicht jedes Familienmitglied möchte in die Pflege eingebunden werden (Nagl-Cupal & Schnepp 2010). Es ist deshalb notwendig, die Angehörigen in den Aufnahmeprozess und die Pflegeanamnese mit einzubeziehen, so dass es nicht dem Zufall überlassen bleibt, ob und wie deren Ressourcen und Bedürfnisse berücksichtigt werden. Auch das frühzeitig eingeleitete Entlassungsmanagement ist hilfreich, das auf der Basis des Expertenstandards des Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (2. Aktualisierung im Juni 2019, zu beziehen über www.dnqp.de) erfolgen sollte.
Langfristig sind die Angehörigen diejenigen, die die weitere Versorgung für ihr Familienmitglied sicherstellen. Die Forschung zur Belastung der Angehörigen von Schlaganfallüberlebenden ist noch überschaubar, eine Literaturrecherche aus den USA zeigte aber ein erhöhtes Risiko von physischer und psychischer Überlastung bei den meist schon selber im hohen Alter befindlichen Angehörigen. Aufgabe der Pflege ist daher, auch die Angehörigen mit angepassten Interventionen, Anleitung und Beratung auf die Anforderungen ihrer Rolle vorzubereiten (Camak 2015). Um den Patienten herum sind alle Prozesse und Strukturen zu organisieren, in denen die Pflege in mehreren Bereichen tätig ist.
In der Akutphase steht zunächst der reibungslose Ablauf der Diagnostik im Vordergrund, bis die genaue Diagnose feststeht, Therapieentscheidungen getroffen sind und die medizinischen Therapiemaßnahmen eingeleitet wurden. Aufgabe der Pflegefachkraft ist das apparative Monitoring der Vitalparameter und die klinische Überwachung des Patienten sowie die Assistenz bei der neurologischen Diagnostik und Therapie. Das kontinuierliche Monitoring gilt als eines der wesentlichen Erfolgskriterien des Stroke-Unit-Konzepts und hat zum Ziel, frühzeitig Faktoren zu erkennen, die eine weitere Schädigung der Penumbra zur Folge haben können (Ringelstein et al. 2005).
Von besonderer Relevanz beim Monitoring sind Blutzucker, Fieber und Dysphagie, deren Überwachung und Steuerung zu einem deutlich verbesserten Outcome führen können. Dies nützt vor allem auch denjenigen Patienten, die aus verschiedenen Gründen nicht von den rekanalisierenden Therapien profitieren können (Middleton et al. 2011; Middleton et al. 2020). Eine auf Deutschland adaptierte Version der FeSS (Fever-Sugar-Swallow)-Leitlinie von Sandy Middleton wird derzeit (2021) im Rahmen einer Interventionsstudie von einem Team um Anne-Kathrin Cassier-Woidasky und Waltraud Pfeilschifter erprobt. Dabei ist das Ziel, Pflegefachkräften auf der Stroke Unit im Rahmen der Vitalzeichenüberwachung und Steuerung mehr autonome Entscheidungsmöglichkeiten bereitzustellen, womit auch eine bessere Versorgungsqualität erwartet wird, wenn Messung und Entscheidung in einer Hand liegen. Erste Ergebnisse werden 2022 erwartet. Die Leitlinie befindet sich im Anhang ( Anlage 1, vgl. auch Kap. 4 und Kap. 13) und kann, da sie evidenzbasiert ist, von allen interessierten Stroke-Unit-Teams implementiert werden.
Auch das Scoring und die neurologische Befunderhebung könnten von speziell geschulten Stroke-Unit-Pflegefachkräften im Rahmen der Delegation übernommen werden, allerdings ist nach wie vor in der neurologischen Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls festgelegt, dass die neurologische Befunderhebung durch den Arzt zu erfolgen hat (DIMDI 2021). Das bedeutet in der Regel, dass sie nur dann auch vom MDK (Medizinischer Dienst) anerkannt und somit vergütet wird. Ausführlich wird dieser Arbeitsbereich von Joerg Glahn zu den pathophysiologischen Grundlagen des Schlaganfalls ( Kap. 2), von Rüdiger Haupt und Matthias Kruse zur Überwachung der Vitalparameter ( Kap. 4) und von Joerg Glahn und Helge Wuttig zur neurologischen Befunderhebung ( Kap. 3) beschrieben. Mit zunehmender Qualifikation von Pflegenden könnte sich die alleinige Fokussierung auf den Arzt jedoch auch ändern. So wird bereits in den aktualisierten Zertifizierungsrichtlinien der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft von 2018 empfohlen, dass auch durch die Pflege der NIHSS ( Kap. 3.1) zur neurologischen Befundkontrolle erhoben werden sollte (Nabavi et al. 2018). Weitere, bisher nur im Kongressrahmen präsentierte Arbeiten zeigen die Erprobung einer Ausweitung des NIHSS um die pflegerische Perspektive und den Nutzen des erweiterten Blicks für die pflegerische Versorgung (Klawitter 2019). Hier sind in den nächsten Jahren weitere Arbeiten zu erwarten.
Waltraud Pfeilschifter stellt mit dem Simulationstraining auf der Stroke Unit eine Möglichkeit zur Optimierung des reibungslosen Ablaufs bei der Diagnostik vor, die sie mit ihrem Team in den vergangenen Jahren an der Uniklinik Frankfurt/M. entwickelt und ausgebaut hat. In dem gemeinsam mit Marcus Rall verfassten Kapitel wird gezeigt, wie wichtig eine wertschätzende Kommunikation auf Augenhöhe ist, in der die Beobachtungen von jedem Teammitglied ernstgenommen und berücksichtigt werden ( Kap. 20).
Zunehmend wichtig bei der steigenden Anzahl von Lysen ist die Ermittlung des Körpergewichts zur gewichtsadaptierten Lysedosierung. Derzeit sind nur wenige Stroke Units bzw. deren Notaufnahmen mit Waagen ausgestattet, die es ermöglichen, auch bei schwer betroffenen liegenden, hemiplegischen und aphasischen Patienten schnell und reibungslos das genaue Gewicht zu bestimmen (Dorow & Bahls 2013; Cassier-Woidasky 2015). Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Unterdosierung den Rekanalisationserfolg gefährden und Überdosierung ein höheres Risiko für intracerebrale Blutungen bergen kann (z. B. Hacke et al. 1995; Sahlas et al. 2013). In der Notfallsituation wird häufig das Gewicht geschätzt, Abweichungen von mehr als 30 % sind beim Schätzen allerdings keine Seltenheit (z. B. Breuer et al. 2010; Lorenz et al. 2007; Dorow & Bahls 2013). Zwar konnte bisher nicht zweifelsfrei gezeigt werden, inwiefern die korrekt gewichtsadaptierte Dosierung der Lyse entscheidend für den Lyseerfolg und damit die Wiedererlangung der Selbstständigkeit ist. Da aber die Alteplase-Dosis ein relativ einfach kontrollier- bzw. steuerbarer Parameter ist, sollte auf eine in den Aufnahmeprozess integrierte geeignete Boden- oder Bettwaage nicht verzichtet werden, solange die gewichtsadaptierte Dosierung empfohlen wird.
Die verantwortliche Pflegefachperson auf der Stroke Unit hat die zentrale Rolle der Koordination aller den Patienten betreffenden Diagnose- und Therapiemaßnahmen und stellt sicher, dass die Zeit von der Aufnahme bis zum Beginn der Thrombolyse (Door-to-needle) bzw. Thrombektomie (Door-to-groin) möglichst kurz gehalten wird. Nach erfolgter Therapie bzw. in dem Fall, dass keine rekanalisierenden Maßnahmen indiziert sind, koordiniert die Pflegefachperson alle Maßnahmen zwischen Therapeuten, Funktionsabteilungen und Patienten. Sie kann dafür sorgen, dass die Angehörigen rechtzeitig in die Rehabilitation eingebunden werden, arbeitet an der frühzeitigen Definition von Therapiezielen mit und koordiniert die Bereitstellung von Informationen (Köpke et al. 2005). Dazu hält sie den Kontakt mit allen beteiligten Professionen. Für die einheitliche Versorgung sind berufsgruppenübergreifend erarbeitete interdisziplinäre Versorgungspfade (clinical pathways), Standard Operating Procedures (SOP) bzw. Ablaufbeschreibungen (z. B. ein Lyseleitfaden) sinnvoll und hilfreich (mehr dazu z. B. Reinhardt & Georg 2007, S. 526 ff.; Blaschke & Walcher 2015 und Kap. 2). Wichtig für die zentrale Rolle in der Schlaganfallkoordination ist auch das Wissen um die Tätigkeitsbereiche und Schnittstellen zu den Therapeuten, die auf einige Bereiche in den Lebensaktivitäten spezialisiert sind und mit der Pflege Hand in Hand arbeiten. Die Physiotherapie mit dem Schwerpunkt Mobilisation und Pflege ( Kap. 12) stellt Frank Andres vor, und Nicole Büßelberg, Stefanie Duchac und Franziska Cerra schreiben über die zentralen logopädischen Themen Dysphagie und Aphasie ( Kap. 13, Kap. 14). Die Sicht der Ergotherapie mit dem Fokus auf den Neglect stellt Ralf Lehnguth dar ( Kap. 15).
Zur Sicherstellung des Therapieerfolges ist es notwendig, die Pflege- und Ablauforganisation der Stroke Unit bzw. der neurologischen Station patientenorientiert zu gestalten, um Diskontinuitäten und Versorgungsbrüche zu vermeiden. Dazu gibt es verschiedene Modelle. So kann auf neurologischen Allgemeinstationen eine bestimmte Zahl von Betten mit Monitorüberwachung zur Stroke Unit erklärt werden. Verlassen dann die Patienten den Stroke-Unit-Bereich, verbleiben aber auf der Station, können sie weiterhin vom selben Pflegeteam, das ebenso die Möglichkeit zur Rotation hat, versorgt werden. Denkbar ist auch die Angliederung der Stroke Unit an eine internistische oder neurologische Intensivstation oder an geriatrische oder internistische Allgemeinstationen. Interdisziplinäre Einheiten wie Intermediate Care- oder Aufnahmestationen können problematisch sein, wenn das Personal keine speziellen Kenntnisse in der Pflege von Schlaganfallpatienten hat und fachübergreifend eingesetzt wird. Ist eine Station dagegen ausschließlich Schlaganfallpatienten gewidmet (»dedicated Stroke Unit«), führt das mit der Zeit fast von selbst zu einer zunehmenden Ansammlung fachspezifischer Expertise (Ringelstein et al. 2005).
Unterstützt wird die Vertiefung der Expertise durch Qualifizierungsangebote der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) wie Stroke-Unit-Kurse und Refresher-Tage für Ehemalige und verschiedene Kongressangebote wie die jährlich stattfindende ANIM-Tagung (vgl. www.dsg-info.de; www.anim.de; www.dgni.de). Auch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat inzwischen eine Fortbildungsreihe für Pflegefachkräfte auf ihrem Kongress etabliert. Deshalb empfiehlt die DSG in den 2018 aktualisierten Zertifizierungsrichtlinien für die Zertifizierung zur Stroke Unit, das gesamte Pflegeteam nach DSG-SU-Pflege fortzubilden (Nabavi et al. 2018). Die aktuellen Informationen dazu sind auf www.dsg-info.de zu finden. Weitere Entwicklungen, Möglichkeiten und Perspektiven zur Weiterqualifizierung werden in Kap. 21 vorgestellt ( Kap. 21).
Verpflichtend für die Zertifizierung ist der Personalschlüssel mit speziell fortgebildeten Pflegefachkräften für die Überwachungsbetten auf der Stroke Unit und eine dauerhafte Zuordnung. Die gesetzliche Mindestanforderung der seit 2020 geltenden Personaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) liegt bei 1:3 tagsüber und 1:5 nachts (§ 6 PpUGV), während die Stroke-Unit-Zertifizierung für regionale wie überregionale Stroke Units eine einheitliche Personalbesetzung mit degressiver, nach Bettenzahl gestaffelter Quote verlangt:
• Bett 1–8: 1,75 VK/Bett
• Bett 9–12: 1,5 VK/Bett
• Ab Bett 13: 1,25 VK/Bett (Nabavi et al. 2018, Neumann-Häfelin et al. 2021).
Klar muss jedoch sein, dass eine 24/7-Besetzung immer mindestens 5 VK (Vollzeitäquivalente) erfordert, unabhängig von der Zahl der zu versorgenden Patienten.
Die Pflegeorganisation muss die Versorgungskontinuität personell und in den Abläufen sicherstellen, keinesfalls darf sie verrichtungsorientiert sein, weshalb die Funktionspflege definitiv keine Option ist. Daraus ergibt sich sinnvollerweise ein Bezugspflegesystem, wie z. B. Primary Nursing (Manthey 2011) oder Zimmerpflege (Büssing 1997) mit wenig Personalwechseln, wie es z. B. auf Intensivstationen üblich ist. Die verantwortliche Pflegefachperson ist damit die umfassend informierte und kompetente Ansprechpartnerin für alle Beteiligten und kann so die Entwicklung des Patienten am besten begleiten und unterstützen und alle Prozesse koordinieren.
Die strukturierteZusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegenden, den verschiedenen Therapieberufen und dem Sozialdienst wird durch fest installierte regelmäßige TeambesprechungenoderFallkonferenzen erleichtert, in denen die unterschiedlichen Blickwinkel diskutiert werden. Grundlage gelingender Kooperation ist ein starker interdisziplinärer Teamgeist und gegenseitige Wertschätzung, auf deren Basis alle Beteiligten an einem Strang ziehen und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden (Burton et al. 2009).
Neben den zunächst prioritären Aufgaben in der Aufnahmesituation und der Thrombolyse/Thrombektomie steht das eigentliche Kerngeschäft der Pflege. Unter dem von ökonomischen Zwängen geprägten Zeitdruck und der kurzen Aufenthaltsdauer auf der Stroke Unit geraten die direkten Pflegetätigkeiten leicht ins Hintertreffen. Die pflegerischen Kernaufgaben, nämlich das Assessmentvon Risiken und Ressourcen, die Prophylaxe von Komplikationen und die Unterstützung bei den Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL), haben das Ziel, dass der Patient die für ihn bestmögliche körperliche und psychische Verfassung erreicht. Nur so kann er aus der Rehabilitation einen möglichst hohen Gewinn ziehen. Wichtig sind die frühe Mobilisation und Vermeidung von Bettruhe, die frühe Planung und Einleitung der Rehabilitation unter Einbezug anderer Beteiligter und die rechtzeitige Erfassung und Planung der Entlassungsbedürfnisse (Burton et al. 2009). Dazu gehört die Erhebung von Einschränkungen, Behinderungen und Ressourcen des Patienten. Als Leitfaden zur Pflegebedarfsermittlung bietet sich eine priorisierte Struktur der ATL an, daran orientiert können Probleme, Bedürfnisse und Fähigkeiten beobachtet und erfragt werden.
Ein kleines Update von Ausbildungswissen mit weiterführenden Überlegungen zum praktischen Nutzen von Pflegemodellen und deren Integration in den Pflegealltag findet sich bei Sabine Rehwinkel und Anne-Kathrin Cassier-Woidasky ( Kap. 5). Eine weitere Möglichkeit wäre die Strukturierung nach dem Konzept der Pflegediagnosen oder, im späteren Reha-Prozess, die WHO-Klassifikation ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, zu beziehen über www.dimdi.de). Sinnvollerweise wird die Struktur der Pflegedokumentation dem gewählten System angepasst, um mit möglichst wenig Dokumentationsaufwand hohe Transparenz über die geleistete Pflege zu schaffen.
In der Durchführung geht Pflege weit über die körperbezogenen Lebensaktivitäten hinaus. Den Betroffenen hilft weniger die Kompensation von Defiziten als vielmehr die Unterstützung, Beratung, Anleitung und Förderung, um den Weg in den Alltag zu finden. Konkreter wird dieses Kerngeschäft von Marit Kirkevold beschrieben, die schon in den 1990er Jahren systematisch die Rolle der Pflege bei »Hirnschlagpatienten« untersucht hat. Mit den vier therapeutischenFunktionen(erhaltende, deutende, tröstende und integrierende Funktion) umreißt sie das Aufgabengebiet der Pflegekräfte bei der Begleitung der Schlaganfallpatienten – zwei mit dem Hauptgewicht auf der physischen Wiederherstellung und zwei mit Schwerpunkt auf dem psychischen Befinden (Kirkevold 1999). Sie sind relativ komplex und in unterschiedlicher Weise in der Akutphase bzw. in der späteren Phase der Rehabilitation von Bedeutung.
Die Pflegefachperson ergreift Maßnahmen, um bei der Mobilisation Unfälle und Komplikationen zu verhindern (erhaltende Funktion). Sie hilft dem Patienten durch angepasste verständliche Information, seine körperlichen Einschränkungen und daraus resultierende Vorsichtsmaßnahmen zu verstehen, was eine notwendige Voraussetzung für die Kooperationsbereitschaft ist (deutende Funktion), z. B. wenn Patienten mit Dysphagie und deren Angehörige über die Risiken einer versehentlichen Aspiration informiert werden müssen. Schließlich hilft sie in der integrierenden Funktion dem Patienten, für die sichere Ausführung seiner täglichen Aktivitäten neue Wege zu finden (z. B. in der Einübung im Umgang mit Hilfsmitteln). Bei den durch Aphasien ausgelösten Kommunikationsproblemen ist das ähnlich. Hier sind dem Patienten und seinen Angehörigen individuell angepasst die Hintergründe der jeweiligen Aphasie und Möglichkeiten zur Verbesserung der Kommunikation zu erklären (deutende Funktion). Verzweifelte Patienten und Angehörige müssen getröstet (consoling) und unterstützt werden (tröstende Funktion), und schließlich umfasst die integrierende Funktion die Bemühungen, dem Patienten und den Angehörigen zu helfen, die Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern bzw. wiederzuerlangen (Kirkevold 1999).
Diese Funktion umfasst alle Aktivitäten zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung derSelbstpflegefähigkeitim Bereich der ATL, zur Verhinderung von Komplikationen und zur Befriedigung persönlicher Grundbedürfnisse. Da bereits vom Moment der Diagnosestellung an die Rehabilitation einsetzt, ist es nicht sinnvoll, überhaupt noch von »Grundpflege« zu sprechen. Das Aufrechterhalten der normalen Körperfunktionen dient dem Patienten, der in einer guten Verfassung besser die anstrengende Arbeit der Rehabilitation verkraften kann. Auch ist das Einbeziehen der verbliebenen Fähigkeiten im Rahmen rehabilitativ ausgerichteter Pflege selber Teil der Rehabilitation. Die traditionelle »Satt-und-Sauber«-Pflege hält Patienten passiv und manifestiert die Abhängigkeit, während ein rehabilitativer Ansatz, dessen Bedeutung zumindest in der Theorie inzwischen unumstritten sein dürfte, von Beginn an verbesserte Funktionen und reduzierte Sterblichkeitsraten ermöglicht (Kirkevold 1999).
So versterben 10–15 % der Patienten mit Schlaganfall innerhalb der ersten vier Wochen nach dem Ereignis, von den Überlebenden bleibt ein Drittel dauerhaft pflegebedürftig, ein Drittel wird eingeschränkt selbstständig, bleibt aber berufsunfähig. Das heißt, dass etwas weniger als jeder dritte Schlaganfallpatient so gut rehabilitiert wird, dass er ohne Einschränkungen wie vor dem Ereignis leben und arbeiten kann (Ringleb et al. 2016, S. 183). Auch wenn in den letzten Jahren weitere Erfolge in der Schlaganfalltherapie zu verzeichnen sind, die Letalität etwas gesunken ist und etwa 40 % der Betroffenen mit Einschränkungen eine gute Überlebensqualität erreichen (Ringleb et al. 2016, S. 191), kann man annehmen, dass hier noch Entwicklungspotenzial liegt, wenn grundsätzlich sehr früh eine differenzierte, individuelle und rehabilitativ ausgerichtete Förderung einsetzen würde, die über die einzelnen Phasen der Versorgungskette konsistent weitergeführt wird.
Krankenhausaufenthalte – egal, welcher Ursache – sind gerade bei alten Menschen häufig Auslöser für einen kaum noch reversiblen Weg in die Bettlägerigkeit. Haltung, Einstellung und Wissen von Pflegenden spielen in diesem Prozess eine wichtige Rolle, wie Angelika Zegelin in ihrer sehr interessanten Studie zum Prozess des Bettlägerigwerdens festgestellt hat. Patienten selber kommen meist nicht auf die Idee, Mobilisation einzufordern – einmal, weil sie das nicht für eine Aufgabe der Pflege und Medizin halten, zum Zweiten aus Unkenntnis über die fatalen Folgen des Liegens und zum Dritten auch aus Anpassung an die Krankenhausstrukturen (Zegelin 2013).
Pflegende haben eine entscheidende Rolle darin, diesem Prozess des Bettlägerigwerdens entgegenzuwirken. Weil jedoch die Lebensaktivitäten alltäglich erscheinen, Resultate wie das Nichteintreten von Komplikationen häufig nicht sichtbar sind und diese Arbeit dazu noch in Konkurrenz zur medizinischen Assistenz steht, erfährt diese Funktion von den Pflegenden selber wie auch von den Angehörigen anderer Berufsgruppen häufig wenig Wertschätzung und wird am ehesten als verzichtbar betrachtet. Gerade hier jedoch hat professionelle Pflege die größte Bedeutung für die physische Wiederherstellung von Patienten nach Schlaganfall. Bewährte Pflegekonzepte dazu sind etwa Bobath, Basale Stimulation® oder Kinästhetik, für die spezielle, sehr praxisorientierte Fortbildungen angeboten werden und die von jeder Pflegekraft beherrscht werden sollten, die mit Schlaganfallpatienten arbeitet. Einblicke in diese Pflegekonzepte geben die Kapitel von Peter Nydahl, Michaela Friedhoff und Gabi Jacobs sowie von Burkhard Bornemeier in diesem Buch ( Kap. 6, Kap. 7 und Kap. 8). Das Thema Pflege und Kontinenz wird von Simone Hartmann-Eisele und Myrta Kohler ( Kap. 9) bearbeitet.
Mit dem Delir ist ein weiteres Pflegephänomen, das auf der Stroke Unit Ressourcen bindet und komplikationsbehaftet ist, seit einigen Jahren in den Fokus des pflegewissenschaftlichen Interesses gerückt. Peter Nydahl forscht seit vielen Jahren dazu und hat mit Nils Margraf und Johannes Meyne unser Buch um ein Kapitel zum aktuellen Stand erweitert ( Kap. 10).
In Bezug auf die Frage, wie Pflege ihre therapeutische Funktion darüber hinaus ausbauen kann, besteht noch viel Forschungsbedarf. In den letzten Jahren hat sich ein sehr lebendiges Pflegeforschungsnetzwerk entwickelt, in dem auf deutschen, europäischen und weltweiten Kongressen Ergebnisse diskutiert werden. Einen Blick ins Ausland, speziell nach Australien, und einen Einblick in die internationale Welt der neurologischen Pflege gibt es in Kapitel 21. Hier werden auch Wege gezeigt, wie wir in Deutschland die Pflege und die Profession weiterentwickeln können ( Kap. 21).
Pflegende treffen auf Patienten und deren Familienmitglieder in einer existenziellen Krisensituation. Der Patient, »aus heiterem Himmel vom Schlag getroffen«, findet sich plötzlich in einer völlig veränderten Lebenssituation wieder, in der seine gewohnten körperlichen Funktionen ihren Dienst versagen. Auch ohne vitale Bedrohung reißt es seine Lebensplanung aus der gewohnten Bahn. Er erlebt einen Kontrollverlust über seine Mobilität und/oder Kommunikationsfähigkeit, kann grundlegende Dinge wie Essen und Trinken nicht mehr gefahrlos ausführen, nicht einmal mehr selbstständig die Toilette benutzen – er ist von einem Moment auf den anderen nicht mehr Herr der Lage. Dazu wird er Gegenstand komplexer medizinischer und pflegerischer Interventionen in einer unbekannten Umgebung durch ihm unbekannte Personen. Diese für ihn existenziell bedrohliche und extrem belastende Situation muss er gemeinsam mit seinen engsten Angehörigen verarbeiten und benötigt dafür die Unterstützung der professionellen Pflegenden.
Die Pflegefachperson ist unmittelbar mit Fragen, Unsicherheiten und Ängsten des Patienten und seiner Angehörigen hinsichtlich der Zukunft konfrontiert. Unterstützung kann sie leisten, indem sie realistische Informationen über die Erkrankung gibt und damit den Betroffenen beim Verstehen seiner neuen Situation unterstützt. In den Begegnungen mit dem Patienten und seinen Bezugspersonen informiert sie an deren Möglichkeiten angepasst über Behandlung, Verlauf und Rehabilitation der Erkrankung und zeigt Fortschritte und Perspektiven auf, womit Motivation und Hoffnung auf Verbesserung der Lage geweckt werden können. Damit bekommen der Patient und seine Familie durch die Pflegenden eine wesentliche Hilfe zum Verarbeiten ihrer neuen Lebenslage. Das wirkt sich positiv auf die Patientenzufriedenheit aus, baut Ängste ab, ist für das langfristige Outcome von Bedeutung (Forster et al. 2012) und reduziert möglicherweise auch das Risiko von Depressionen (Smith et al. 2008).
Darüber hinaus ist seit langem bekannt, dass es durch gute Informationen zahlreiche weitere positive physische und psychische Wirkungen gibt: Verbesserung der Lebensqualität und des Schlafs, Kreislaufstabilisierung, bessere Krankheitsbewältigung und Selbstpflege, mehr Selbstbestimmung und schnellere Genesung, Partizipation in Entscheidungsprozessen und frühere Entlassung sowie die Stabilisierung familiärer Ressourcen und Unterstützungssysteme (vgl. Quellen bei Christmann et al. 2004).
Ganz praktisch können Pflegende für die Angehörigen tätig werden, indem sie Angehörigenhandbücher und Informationsblätter erarbeiten und diese im Wartebereich auslegen.
Eine große Auswahl verschiedener Informationsmaterialien rund um den Schlaganfall gibt es bei der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe in Gütersloh (www.schlaganfall-hilfe.de), die immer zusammen mit individuellen Informationen über die eigene Stroke Unit für den eigenen Bedarf, und eventuell auch in mehreren Sprachen, zusammengestellt werden sollten.
So bekommen die Angehörigen während der Wartezeiten in den ersten Stunden schon allgemeine Informationen rund um die Erkrankung in Diagnostik, Therapie und Pflege, und die Stroke Unit kann sich mit ihren Teammitgliedern und den Ansprechpartnern vorstellen. Das hilft, Ängste abzubauen und dient auch als »vertrauensbildende Maßnahme«, indem schon ein erstes »Kennenlernen« des Teams ermöglicht wird. Nach Möglichkeit sollten bei der Entwicklung solcher Materialien Laien bzw. (ehemalige) Patienten/Angehörige und die Erkenntnisse aus der Forschung zur Gesundheitskompetenz (z. B. Quenzel & Schaeffer 2016) mit einbezogen werden, um das Material verständlich und adressatengerecht zu gestalten. Zunehmend wichtiger wird auch die Einbindung kultursensibler Konzepte, um auch Menschen aus anderen kulturellen Kontexten adäquat gerecht werden zu können.
• Krankheitsbild, Ursachen, Auswirkungen und Prognose
• Diagnostische und therapeutische Maßnahmen
• Poststationäre Therapie und Verhalten (z. B. prophylaktische Maßnahmen)
• Genesungsverlauf (Dauer und Zustand bei Entlassung) und Möglichkeiten der Mitwirkung bei der Genesung
• Krankheitsbewältigung und Sekundärprävention
• Dienst- und Hilfeleistungen nach der Entlassung (Rehakliniken, Hilfsmittel, Leistungsträger, Beratungsdienste) und Patientenrechte (Christmann et al. 2004)
Gut gestaltetes Informationsmaterial kann die Pflegekräfte auch bei der weiteren Beratung der Patienten und Angehörigen unterstützen. Im weiteren Verlauf sind Pflegende in der Regel die ersten Ansprechpartner für Fragen und Probleme aller Art, die den individuellen Fall betreffen und neben den praktischen Alltagsdingen auch weit in die ganz persönlichen und intimen Lebensbereiche der Betroffenen reichen können. Im Umgang mit Betroffenen und Angehörigen hilft eine patientenorientierte und wertschätzende Haltung, die auch trivial erscheinende Patientensorgen ernstnimmt und von oberflächlichen Banalisierungen absieht.
Pflegende können Kontakte zu den örtlichenSelbsthilfegruppennach Schlaganfall herstellen und sollten selber über Möglichkeiten und Perspektiven nach der Rehabilitation informiert sein, um Patienten realistische Vorstellungen über den Rehabilitationsprozess und die damit verbundene Arbeit, die mitunter Jahre dauern kann, geben zu können. Die eigene Auseinandersetzung von Pflegenden mit Betroffenen, die schon vor längerer Zeit einen Schlaganfall erlitten und diesen überwunden haben, bietet wertvolle Erfahrungen. Diese können an Patienten weitergegeben werden. Auch sensibilisiert der direkte Kontakt zu Betroffenen außerhalb der Kliniksituation die Pflegenden weitaus mehr als jede Lektüre von Fachliteratur für das individuelle Erleben von Schlaganfallpatienten. So werden eigene Handlungsroutinen hinterfragt und überdacht sowie ein vertieftes Verständnis für die Bedürfnisse, Wahrnehmungen und Perspektiven der Akutpatienten gewonnen. Einen Einblick in diese Perspektiven gibt Ursula Immenschuh in diesem Buch ( Kap. 19), empfehlenswert sind auch die Erfahrungsberichte, die Betroffene über ihr Erleben aus dem Koma oder eines Schlaganfalls niedergeschrieben haben (z. B. Clahsen 2003; Rafael 2007; Meyerhoff 2020).
Diese Funktion ist mehr auf die emotionale Unterstützung ausgerichtet. In der Akutphase geht es vor allem darum, eine Beziehung zum Patienten und seinen Angehörigen aufzubauen, die für alle weiteren Aktivitäten eine tragfähige Basis darstellt. Im weiteren Krankheitsverlauf ist es Aufgabe in der tröstenden Funktion, einen normalen Trauerprozess zuzulassen, Hoffnung zu fördern und in dem Ausmaß, in dem sich der Patient über die Folgen des Schlaganfalls für sein Leben bewusst wird, auch Depressionen zu verhindern (Kirkevold 1999).
Eine Depression betrifft etwa ein Drittel der Schlaganfallpatienten (Kutlubaev & Hackett 2014) und kann zunächst eine emotionale Reaktion auf die Veränderungen durch das Krankheitsgeschehen sein. Schlaganfallpatienten mit Aphasie haben ein großes Risiko, eine Depression zu entwickeln, was nachvollziehbar ist, versetzt man sich in die Lage der Betroffenen, die durch das Ereignis einer grundlegenden Ausdruckmöglichkeit beraubt sind. Möglicherweise kann dies durch eine frühe intensivierte Aphasietherapie positiv beeinflusst werden (Worrall et al. 2016).
Inzwischen ist auch erwiesen, dass rezidivierende oder chronische Depressionen in der Anamnese durch ihre Dauerstresswirkung über Cortisol und die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse ein Risikofaktor sein können (Esler 2017), was die hohe Bedeutung der Interaktionen zwischen biologischen und psychosozialen Aspekten in den Vordergrund rückt. Als weitere Erklärung werden pathophysiologische Prozesse aufgrund der ischämiebedingten Läsionen diskutiert (O’Donnell 2010). Unabhängig von den Ursachen kann als gesichert gelten, dass Depression einen negativen Einfluss auf den Prozess und die Ergebnisse der Rehabilitation hat (Kutlubaev & Hackett 2014). Für dieses für Schlaganfallbetroffene und deren Angehörige sehr wichtige Thema bringen Katja Werheid und Simon Ladwig die neuropsychologische Perspektive ein ( Kap. 11).
Indem die Angehörigen mit ins Boot genommen werden, die näher am Patienten dran sind und dessen Schwächen und Stärken kennen, können psychisch labile Patienten gestützt werden. Allerdings müssen die Angehörigen oft mit »therapiert« werden, weil sie mit der Situation überfordert sind. Die betreuende Pflegefachperson sollte erkennen können, welche Art von Zuwendung Patient und Angehöriger gerade benötigt, um die Krankheitsbewältigung möglichst gut unterstützen zu können. Zudem erfordert diese »Dreiecksbeziehung« auch die Kompetenz, die Art der Beziehung zwischen Patient und Angehörigem einschätzen zu können, da man davon ausgehen kann, dass auch diese erheblichen Einfluss auf das Krankheitsgeschehen und die Bewältigung haben kann. Aus der Forschung über Angehörige auf Intensivstationen ist bekannt, dass es für Angehörige wie auch für Patienten von existenzieller Bedeutung sein kann, dem kranken Familienmitglied möglichst oft nahe sein zu können (Nagl-Cupal 2011). Wird das verhindert, etwa durch restriktive Besuchsregelungen, kann das sogar den Genesungsprozess behindern (Nagl-Cupal & Schnepp 2010). Inzwischen ist die Problematik durch die Coronapandemie zwar im Bewusstsein der meisten im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen angekommen, seitdem diese Nähe aus Infektionsschutzgründen unterbunden wurde und die soziale Isolation massive Folgen für die Betroffenen hatte. Jedoch: Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, ist weiter offen.
Pflege von Schlaganfallpatienten ist also zu einem wesentlichen Teil Zuwendungs- oder Beziehungsarbeit. Dies ist essenzieller Teil der Pflege, als solcher zu dokumentieren und mit seinem Nutzen für alle sichtbar zu kommunizieren, damit er auch in die Vergütungsrichtlinien Eingang findet und nicht mehr als zusätzlich zu leistender »Liebesdienst« betrachtet wird.
Diese Funktion der sozialen Reintegration beginnt am ersten Tag mit der Erhaltung der verbliebenen Fähigkeiten. Im späteren Verlauf der Rehabilitation wird sie zunehmend wichtiger, wenn es im physischen Bereich darum geht, praktische Selbstpflegefähigkeiten, die der Patient wiedererlangt bzw. neu erlernt hat, aus der Übungssituation hinaus in die tägliche Pflege einzubeziehen. Perspektivisch sind hier auch Rehabilitationsziele im Bereich der beruflichen Wiedereingliederung zu nennen. Auch die soziale Integration und die Unterstützung bei der Planung des zukünftigen Lebens ist Teil der integrierenden Funktion. Ohne eine solche Begleitung sind Menschen nach Schlaganfall noch nach Jahren isoliert und an die Wohnung gebunden (Kirkevold 1999). Auch wenn sie die meisten körperlichen Funktionen wiedererlangt haben, nehmen Schlaganfallpatienten ihre sozialen Aktivitäten oft nicht wieder auf, so dass sich ihr soziales Leben nur noch auf einen kleinen Kreis ihrer Familienangehörigen und der mit ihnen befassten Gesundheitsfachleute beschränkt. Möglicherweise liegt das an psychischen Veränderungen durch den Schlaganfall bzw. die damit zusammenhängende Depression.
Betrachtet man aber unser mehrstufiges Phasenmodell der Versorgung, in der die integrierenden Funktionen von verschiedenen Instanzen nacheinander erbracht werden, ist es durchaus denkbar, dass der Erfolg der vollen Wiedereingliederung in das soziale Leben im Wesentlichen davon abhängt, wie gut es den einzelnen Versorgern gelingt, die bereits erzielten Erfolge mitzuteilen und darauf aufzubauen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass gerade an den Schnittstellen noch einiges im Argen liegt (Sachverständigenrat 2007). Daher beleuchtet Sindy Lautenschläger die Perspektive der poststationären Versorgung in der neurologischen Frührehabilitation. In ihrer fundierten und gründlich recherchierten Darstellung des internationalen Forschungsstandes wirft sie insbesondere auch einen Blick auf die Angehörigen, die als »Deutschlands größter Pflegedienst« (Wetzstein et al. 2015) in der Zukunft weitaus mehr Aufmerksamkeit bedürfen als es bisher der Fall ist ( Kap. 17). Eine praxisnahe Zusammenstellung von Informationen über Möglichkeiten zur Rehabilitation nach der Krankenhausentlassung und zur Finanzierung von Pflege bei dauerhafter Pflegebedürftigkeit geben Anke Siebdrat und Daniela König. Sie haben das Kapitel zum Sozialdienst neu aufgesetzt und dies um die Perspektive neuerer Unterstützungsansätze wie Case-Management oder Schlaganfallbüros erweitert ( Kap. 16). Darüber hinaus haben wir eine unter Mitarbeit der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe erstellte Übersicht über mögliche Service- und Beratungsangebote und Anlaufstellen aufgenommen. Diese können als Basis zur Erstellung eigenen Infomaterials dienen, das dann um die jeweiligen Adressen vor Ort zu ergänzen ist.
Schließlich bleibt es nicht aus, dass trotz aller ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Bemühungen auf palliative Betreuung umgestellt werden muss. Diesen Aspekt beleuchtet Frank Erbguth in seinem Beitrag zu palliativen Therapieoptionen aus medizinscher, ethischer und rechtlicher Sicht ( Kap. 18).
Bereits in den ersten Stunden und Tagen nach einem Schlaganfall werden die entscheidenden Weichen für die Zukunft gestellt. Hier hat Pflege eine vielseitige Aufgabe, da sie alle Facetten des Menschen mit seiner Krankheit umfasst. In der Sichtweise der biologisch geprägten Akutmedizin liegt der Fokus der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten im Wesentlichen auf der Wiederherstellung der verloren gegangenen Funktionen. Zwar ist das ein wichtiger Bestandteil der Therapie, kann aber nicht der einzige Schwerpunkt sein, denn der Schlaganfall bringt neben physischen Veränderungen und funktionellen Einschränkungen auch erhebliche psychische und soziale Belastungen mit sich, die zu enormen Frustrationen und Ängsten beim Patienten und seinen Familienangehörigen führen (Hafsteinsdóttir & Grypdonck 1997). Es wäre fatal, wenn diese Belastungen noch verstärkt würden, weil die psychosoziale Seite vernachlässigt wird, im multidisziplinären Team Zuständigkeiten nicht definiert sind, Abläufe und Übergänge nicht koordiniert werden, Informationslücken fortbestehen oder ökonomische Sachzwänge die Versorgungsqualität beeinträchtigen, wodurch Patienten und Angehörige letztlich auf sich allein gestellt bleiben.
Eine erfolgreiche Versorgung von Schlaganfallpatienten erfordert neben einer auskömmlichen Zahl sehr gut qualifizierter Beschäftigter reibungslose Abläufe und gelingende Kommunikationsstrukturen und -prozesse. Pflegende auf der Stroke Unit sind mehr noch als in anderen Disziplinen Anwalt des Patienten, die aus seiner Perspektive handeln und sich zum Verstehen seiner Situation in seine Lage hineinversetzen müssen. Solides Fachwissen über Pflegekonzepte und Versorgungsstrukturen ebenso wie über die anatomischen und medizinischen Aspekte des Schlaganfalls, eine patientenorientierte Sichtweise und die Bereitschaft, eigenes Handeln zu reflektieren, ermöglichen es Pflegefachkräften, einen Standpunkt im therapeutischen Team zu vertreten und den Patienten so gut es geht bei der Rehabilitation zu unterstützen. Wir sind weiterhin auf dem Weg, und dieses Buch ist Teil dieses Prozesses, das naturgemäß nur einen kleinen Ausschnitt der Versorgungsmöglichkeiten abbilden kann.
Ziel dieses Buches ist es zum einen, den eher praktisch orientierten Menschen in der Pflege schnelles Handlungswissen bereitzustellen, andererseits aber auch denen, die an Hintergründen interessiert sind und in die Tiefe gehen wollen, theoriebasierte Ansätze und Perspektiven anzubieten. Wir versuchen damit die Kluft zwischen Theorie und Praxis so gut wie möglich zu überbrücken und hoffen, ein möglichst breites Leserspektrum anzusprechen. Da ein Lehrbuch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, sei darüber hinaus auch auf die aktuelle Forschungsliteratur zu den sich immer weiter diversifizierenden Themenfeldern verwiesen.
Blaschke S. & Walcher F. (2015). SOP Handbuch Interdisziplinäre Notaufnahme. Berlin: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
Breuer L., Nowe T., Huttner H., Blinzler C., Kollmar R., Schellinger P., Schwab S. & Köhrmann M. (2010). Weight Approximation in Stroke before Thrombolysis: The WAIST-Study: A Prospective Observational »Dose-Finding« Study. Stroke 41: 2867–2871.
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1 Zugunsten einer lesefreundlichen Darstellung wird im Folgenden in der Regel nur eine Form verwendet, die alle Geschlechter einbezieht.
Der Schlaganfall ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die zweithäufigste Todesursache in der Gruppe der über 60-jährigen Menschen. In der Gruppe der 15 bis 65 Jahre alten Menschen stellt er immer noch die fünfthäufigste Todesursache dar. Jedes Jahr sterben etwa sechs Millionen Menschen an den Folgen eines Schlaganfalles. Der Schlaganfall ist die häufigste Ursache einer bleibenden Behinderung, unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Herkunftsland.
Ein besseres Verständnis der Pathophysiologie eines Schlaganfalls sowie Fortschritte in der Diagnostik der Erkrankung haben in den letzten Jahren zu erheblichen Fortschritten sowohl in der Akuttherapie als auch in der Prophylaxe des Schlaganfalls geführt. Weiterhin sind neue Konzepte in der Rehabilitation entwickelt worden, die in wissenschaftlicher Prüfung eine Wirksamkeit zeigen konnten.
Mit Eröffnung der ersten Schlaganfallstation (Stroke Unit) Mitte der 90er Jahre in Deutschland ist es zu einem grundlegenden Wandel in den Versorgungsstrukturen dieser Patientengruppe gekommen. Unter Führung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), und hier insbesondere der Kommission »Stroke Unit«, sowie der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe (SDSH) wurden frühzeitig Qualitätsstandards entwickelt. Diese betrafen sowohl die strukturellen Merkmale der in den nächsten Jahren neu eröffneten Stroke Units als auch die medizinischen Standards der Behandlung von Schlaganfallpatienten auf Stroke Units. Aus der Kommission »Stroke Unit« der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ging in den nächsten Jahren die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) hervor, die sich mit außerordentlicher Expertise um die Weiterentwicklung und Qualitätssicherung in der Behandlung von Schlaganfallpatienten bemüht.
Heute werden in Deutschland Schlaganfallpatienten vorwiegend von Neurologen betreut – in einem multiprofessionellen Team zusammen mit Pflegenden, Logopäden, Krankengymnasten, Ergotherapeuten und Sozialarbeitern (»Teamapproach«). Ergänzt wird das Team durch Kardiologen, Gefäßchirurgen, Neuroradiologen und Neurochirurgen, die im Bedarfsfall zur Diagnostik und Therapie hinzugezogen werden können.
Während der Schlaganfall vor 30 Jahren noch als kaum oder schlecht behandelbare, schicksalhafte Krankheit – sowohl bei Ärzten als auch in der Bevölkerung – angesehen wurde, hat sich das Bild in den letzten 20 Jahren, insbesondere durch die Etablierung der Stroke Units, dramatisch geändert. Zurzeit gibt es in Deutschland über 300 zertifizierte Schlaganfallstationen, auf denen rund 60 % aller Patienten mit einem akuten Schlaganfall versorgt werden. Es ist das Bestreben der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft, weitere Stroke-Unit-Betten einzurichten, um möglichst jedem Betroffenen die Behandlung auf einer solchen Spezialstation zu sichern.
Abb. 2.1: Zertifizierte Stroke Units in Deutschland (Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, Stand: 01.10.2020, https://www.schlaganfall-hilfe.de/de/fuer-betroffene/akutbehandlung/stroke-unit, zuletzt geprüft am 10.02.2022)
Nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist ein Schlaganfall als ein Krankheitsbild definiert, bei dem sich die klinischen Zeichen einer fokalen (lokalen) Störung zerebraler Funktionen plötzlich bemerkbar machen und mindestens 24 Stunden anhalten, zum Tode führen können und nicht durch andere vaskuläre Ursachen zu erklären sind.
In der klinischen Routine ist ein ischämischer Schlaganfall (Hirninfarkt) durch eine akute fokale Minderdurchblutung des Gehirns definiert. Diese kann vorübergehend oder dauerhaft sein. Der Hirninfarkt ist dann Ausdruck einer bleibenden strukturellen Hirnschädigung infolge der Minderdurchblutung, die eine Narbe hinterlässt.