Pikante Weihnachtsüberraschung für den CEO? - Natalie Anderson - E-Book

Pikante Weihnachtsüberraschung für den CEO? E-Book

Natalie Anderson

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Er ist unwiderstehlich! Alle Bedenken wirft Violet über Bord, und der Abend mit dem sexy Fremden endet in seiner Hotelsuite, in seinem Bett. Danach trennen sich ihre Wege. Bis Violet einen Job als Hostess in einem luxuriösen Privatzug annimmt. Sie weiß, sein Eigentümer, der mächtige CEO der weltweit operierenden Fraser Holdings, will von New York aus quer durch die Weiten der USA reisen, um den Festtagen zu entfliehen. Violet traut ihren Augen nicht, als sie sieht, wer er ist: Roman Fraser – ihr unvergesslicher Lover, dem sie ein süßes Geständnis machen muss …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 208

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2022 by Natalie Anderson Originaltitel: „Carrying Her Boss’s Christmas Baby“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe 2023 in der Reihe JULIA, Band 2626 Übersetzung: Ivonne Senn

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2023 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751518970

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

1. KAPITEL

Halloween

Roman Fraser suchte sich einen Weg durch das verlassene Atrium, dessen Boden von Halloween-Dekorationen übersät war. Die Party war eindeutig ein Erfolg gewesen. Er sollte jetzt eigentlich auf dem Weg zu einer weiteren Party sein – einer, die wilder war als diese hier im Hauptsitz seiner Firma. Aber genauso, wie er diese hier ausgelassen hatte, würde er vermutlich auch nicht zur nächsten gehen.

Als CEO war er zu sehr damit beschäftigt, sich um die verschiedenen Firmen und Interessen seiner Fraser Holding, die er auf dem Vermächtnis seiner Großeltern hatte aufbauen können, zu kümmern: die Handelsbank, die Hotelgruppe und die Firma für Luxusgüter wuchsen in rasantem Tempo. Mittlerweile stand der Name Fraser für solides Finanzwesen und außergewöhnliche Luxusreisen, und Roman hatte endlich den globalen Erfolg, nach dem er so lange gestrebt hatte.

Morgen würde er nach Übersee fliegen, um einigen Tochterunternehmen und Hotels einen Besuch abzustatten, aber jetzt gerade lag ihm ein riesiges Paar Flügel im Weg. Sie waren schneeweiß und funkelten. Einer von ihnen war gebrochen. Stirnrunzelnd hob er sie vom Boden auf und hängte sie sich über die Schultern, damit das Putzteam sie nicht rausschleppen musste. Ihn überraschte es nicht, dass der Engel, der sie getragen hatte, sie hier zurückgelassen hatte. Nicht, dass es Engel gab. Dämonen hingegen? Von denen hatte er mehr im Kopf, als an diesem Abend durch ganz Manhattan liefen.

Gedankenverloren trat er auf den Bürgersteig. Seinem Fahrer hatte er den Rest der Nacht freigegeben, weil der Mann Halloween mit seiner Freundin hatte feiern wollen. Was bedeutete, dass Roman entweder ein Taxi nehmen oder zu Fuß gehen musste – was ihn beides nicht sonderlich ansprach. Diese Woche hatte er mehrere Anrufe von Frauen abgewimmelt, die über ihn an eine Einladung zu dem heutigen exklusiven Event seines Freundes Alex Costa kommen wollten. Er wusste, dass es dort endlos Champagner gab, Essen, wunderschöne Frauen. Wenn Roman Gesellschaft gewollt hätte, wäre das der Ort gewesen, um sie zu finden. Aber er wollte keine Gesellschaft. Die konnte er kriegen, wann immer es ihn danach verlangte. Was derzeit nie vorkam.

Halloween markierte den Beginn der Weihnachtssaison. Bald würden überall fröhliche Weihnachtslieder in Endlosschleife gespielt werden. Die Erwartung, Partys zu besuchen, würde ins Unermessliche steigen. Es war die Zeit, um zu geben und zu empfangen, zu essen, zu trinken und fröhlich zu sein. Am Abend unter dem Mistelzweig zu küssen und noch einmal, wenn die Uhr Mitternacht schlug. Doch Roman wollte nichts davon tun.

Er war gelangweilt. Abgestumpft. Bereit, sich in die Arbeit zurückzuziehen. Nicht einmal die Aussicht auf wunderschöne Frauen in knappen Hexen- oder Nymphenkostümen zog ihn an. Diese Zeit im Jahr war für ihn die schlimmste. Deshalb würde er morgen mit dem ersten Flieger verschwinden. Ja, er war ein grummeliger Griesgram, der allein sein wollte. Der immer allein sein wollte. Vor allem jetzt.

Violet Summers sperrte etwas zu spät ab. Sie hatte die Energie der Menschen genossen, die verkleidet am Laden vorbeigezogen waren, bereit, die Nacht zu feiern. Halloween war hier so anders als zu Hause in Neuseeland, so viel bunter und ausgelassener.

An diesem Abend hatte sie allein in dem winzigen Macaron-Shop im Herzen des Finanzviertels gearbeitet. Wenn ihre überbehütenden Eltern sie nur jetzt sehen könnten. Sie hatte es sogar geschafft, die Alarmanlage einzuschalten, ohne sie aus Versehen auszulösen. Sie zog den Schlüssel aus dem Türschloss, drehte sich um und erstarrte. Während sie den Rücken der Straße zugewandt hatte, war ein Engel vom Himmel gefallen und nur knapp zwei Meter neben ihr gelandet. Ein großer, wunderschöner Engel mit breiten Schultern.

Er hielt auf dem Bürgersteig inne, als wüsste er nicht, wo er hingehen sollte. Seine Flügel waren riesig, und einer von ihnen war gebrochen. Was die Wirkung, dass der Fremde nicht von dieser Welt war, noch verstärkte. Er war der umwerfendste Mann, den sie seit ihrer Ankunft in New York vor zwei Wochen gesehen hatte – und sie hatte hier viele stylishe, attraktive Männer gesehen. Sie gingen jeden Tag an ihrem Laden vorbei. Aber dieser Mann? Vielleicht lag es am harten Licht der Straßenlaternen, das seine Gesichtszüge betonte und seiner Haut eine Blässe verlieh, die extrem geheimnisvoll wirkte. Er wäre die perfekte Inspiration für einen Anime-Künstler. Ach, was dachte sie da – er wäre perfekt für jeden mit einem Puls.

Ganz starr blieb sie stehen, weil sie fürchtete, er könnte verschwinden, wenn sie auch nur blinzelte. Sie wollte den Anblick so lange genießen, wie sie konnte. Dann lachte sie innerlich über sich. Stand sie wirklich hier und gaffte einen Fremden an?

Er hatte sich immer noch nicht gerührt, sondern starrte vor sich hin, als wäre er nicht wirklich hier – war er in beunruhigenden Gedanken gefangen? Neugierde stieg in ihr auf, bald gefolgt von Besorgnis. Er sah aus, als trüge er eine Last, die wesentlich größer war als die Flügel auf seinen Schultern.

Vorsichtig machte sie einen Schritt vor und sagte leise: „Brauchen Sie Hilfe?“

Er wandte sich ihr zu. Die Leere in seinem Blick wurde sofort von Wachsamkeit ersetzt. Er lächelte nicht, als er mit fassungslosem Unterton fragte: „Reden Sie mit mir?“

Die Schärfe in seiner Stimme machte ihn ein kleines bisschen weniger attraktiv. Was eine Schande war. Er war nicht nur ein gefallener, sondern auch ein verbitterter Engel.

Sie schluckte. „Ja.“

„Wie kommen Sie darauf, dass ich Hilfe brauche?“

„Sie sahen so …“ Die Situation war ihr unangenehm, aber sein Mangel an Dankbarkeit befeuerte auch ihren Trotz. Es gab keinen Grund, unhöflich zu jemandem zu sein, der einfach nur freundlich war. „Sie sahen verloren aus.“

„‚Verloren‘?“, wiederholte er spöttisch.

„Ja. Als wären sie an einem Ort gelandet, an den Sie nicht gehören.“ Innerlich zuckte sie bei ihren Worten zusammen.

„An einem Ort, an den ich nicht gehöre?“

Okay, es war offensichtlich, dass sie nicht von hier war. Aber trotzdem. „Und Ihr Kostüm ist …“

„‚Kostüm‘?“ Er wirkte irritiert.

„Die Flügel sind übrigens großartig. Der gebrochene passt sehr gut zu Ihrem gesamten …“ Ihre Stimme verebbte, als Violet zu spät der feine schwarze Anzug auffiel. „Sie sind nicht verkleidet, oder?“

Er schüttelte den Kopf, und seine Miene wurde ein wenig weicher.

„Sie halten die Flügel für jemand anderen?“, hakte sie nach.

Vermutlich wartete er darauf, dass sein Date aus dem noblen Gebäude nebenan kam. In wenigen Minuten würde eine Limousine mit Chauffeur vorfahren, um die beiden zu einer exklusiven Halloween-Party zu bringen.

„Nein. Ich habe sie gefunden.“

„Also suchen Sie nach dem Besitzer?“

Er kam näher, und Violet starrte ihn an. Seine Augen waren lebhaft und blau, und in einer Iris erkannte sie einen kleinen Fleck in einer anderen Farbe. Um zu sehen, welche, müsste sie ihm näher sein – was ein Teil von ihr unbedingt wollte.

„Sie gehören nicht Ihnen, oder?“, fragte er.

„Sehen die aus, als würden sie mir passen?“ Sie würde umkippen, wenn sie die Flügel anlegte. „Ich bin eher Kobold als Engel.“

Sein Blick glitt über ihr rotes Samtkleid. Mit einem Mal erfasste sie eine solche Hitze, dass sie den Kopf ein wenig senkte. Was bedeutete, dass sie sich nun eines umwerfenden maskulinen Körpers gegenübersah.

„Oder“, sagte er rau, „Sie sind ein süß aussehender, aber gefährlicher Dämon.“

„Ein ‚Dämon‘?“ Überrascht sah sie ihm wieder in die Augen.

Doch er hatte seine Aufmerksamkeit bereits auf einen Punkt hinter ihr gerichtet. „Achtung …“

In dem Moment wurde sie auch schon von hinten angerempelt. „Oh!“

Bevor sie stolpern konnte, hatte er sie gepackt und drehte sich mit ihr zusammen um. Dann presste er sie mit dem Rücken gegen das Schaufenster und blieb vor ihr stehen, um sie zu schützen. Vor was genau, wusste sie nicht. Denn sie war wie gebannt von dem Glühen in seinen engelsgleichen Augen. Sie riss sich zusammen und schaute über seine Schulter. Ein Exodus von Menschen eilte an ihnen vorbei. Wobei – es waren nicht wirklich Menschen.

„Was zum …“, hauchte sie geschockt – sowohl von dem Anblick als auch von seinem harten Körper, der gegen ihren gepresst war. Die Flügel erhoben sich wie ein Schutzschild hinter ihm, und Violet wollte sich nie wieder hier wegbewegen.

Adrenalin schoss durch ihre Adern, als wäre sie in ernster Gefahr. Die Menge rannte als stöhnende, wogende Masse aus Gliedmaßen, Körperfarben und Aufregung an ihnen vorbei.

„Zombies.“ Er schüttelte leicht den Kopf.

Es mussten Hunderte sein.

Violet war es egal, ob es Zombies, Vampire oder Werwölfe waren. Ihre Aufmerksamkeit galt allein der Hitze des Fremden, seinen starken Muskeln. Sie sollte sich von ihm lösen, einen Schritt zur Seite treten. Doch sie rührte sich nicht, um den Bann nicht zu brechen.

„‚Zombies‘?“, flüsterte sie. „Ich hätte nicht gedacht, dass die sich so schnell bewegen.“

„Vielleicht sind es Vampirzombies“, murmelte er. „Egal … Geht es Ihnen gut?“ Er schaute ihr in die Augen, und seine Gereiztheit verwandelte sich in etwas anderes. „Tut mir leid, dass ich Sie beinahe erdrückt habe.“

Doch er trat nicht zurück, auch wenn ihm sicherlich ebenfalls klar war, dass diese Nähe nicht länger nötig war. Aber sie war angenehm. Ihre Körper passten zusammen, als wenn ihre Größe und seine Stärke zueinander gehörten.

Jetzt sah sie auch, dass der Fleck in seinem linken Auge braun war. Wie ein Rauchtopas. Er glühte förmlich und war so faszinierend, dass sie nicht aufhören konnte, ihn anzustarren.

„Sie haben schnell reagiert“, sagte sie leicht atemlos.

„Instinkt.“

Ja. Er war von Natur aus ein Beschützer. Ihr ganzes Leben lang war sie von beschützenden Menschen umgeben gewesen und sollte nicht den Wunsch verspüren, sich gegen ihn sinken zu lassen und einfach … zu bleiben. Doch das war genau das, was sie in dieser Sekunde wollte: Zuflucht in seinen Armen suchen. Aber in einem Wimpernschlag veränderte sich dieses Gefühl, und sie wurde sich des Feuers bewusst, das zwischen ihnen entbrannte. Wie betäubt senkte sie den Blick, als sie die Hitze in seinen Augen nicht länger ertrug.

In dem Moment sah sie es. Instinktiv legte sie eine Hand an seine Brust, wo ein Fleck auf seinem gestärkten weißen Hemd prangte. „Sie bluten!“

„Das ist Kunstblut. Und nicht von mir. Keine Sorge, mir geht es gut.“

Wieder schaute sie ihm in die Augen. Sie glaubte ihm nicht, denn sie hatte selbst schon zu oft auf genau dieselbe Weise gelogen.

Mir geht es gut.

Das Blut war nicht echt, aber sie spürte, dass es dennoch eine reale Wunde gab. Eine, die tief ging. Sie spürte sein starkes Herz unter ihrer Handfläche schlagen.

Die Situation hätte viel zu intim sein müssen, aber diese Flügel waren wie ein Schutzwall vor der Welt, der sie beide in einem sicheren Hafen einschloss. Eingeklemmt zwischen der Glasscheibe und seinem Körper, verspürte Violet einen Anflug von Verlangen. Dieses Gefühl war vollkommen untypisch für sie, doch sie wusste, wenn er seinen Kopf jetzt senken würde, würde sie ihn küssen.

„Die Flügel haben noch mehr Federn verloren“, sagte sie atemlos, um sich abzulenken. „Was eine Schande ist. Es hat bestimmt lange gedauert, sie zu machen.“ Sie bestanden aus Karton, Kleber, Federn und ein paar Millionen Glitzersteinen, um sie funkeln zu lassen.

„Aber ihre Trägerin hat sie vor Mitternacht zurückgelassen“, erwiderte er.

„Wirklich? Was, wenn jemand zurückkommt, um sie zu holen? Sie haben sie eigentlich gestohlen.“

„Guter Punkt.“ Ein Lächeln breitete sich langsam auf seinem Gesicht aus. „Tut mir leid.“

In diesem Moment veränderte sich Violets Leben für immer. Sie wurde zu einer anderen Frau. Eine Welle wilder Begierde überspülte sie und brachte alles in ihr durcheinander. Und das nur wegen eines himmlischen Lächelns.

„Vielleicht sollten Sie ein Schild an dem Gebäude anbringen“, schlug sie vor. „Gebrochene Flügel gefunden – melden Sie sich am Empfang.“

Er nickte. „Sie sind ehrlich gesagt ziemlich schwer.“

„Meinen Sie, ein Engel zu sein war zu schwer und deshalb wurden die Flügel zurückgelassen?“

„Hm. Es muss ziemlich hart sein, immer gut sein zu müssen.“ Da war etwas in seiner Stimme und ein verruchtes Funkeln in seinen Augen.

Sie lächelte. „Sind Sie es leid?“

„Ich bin alles leid.“

Seine Ehrlichkeit bewies ihr, dass sie mit ihrer vorherigen Einschätzung recht gehabt hatte. Diesem Mann ging es nicht gut.

„Was machen Sie dann?“, fragte sie. „Wenn Sie alles leid sind …“

Er hielt ihren Blick fest. „Nichts Engelsgleiches.“

Noch ein Geständnis, das einen Blitz durch ihre Adern schießen ließ. „Ach?“

Das Zucken um seine Mundwinkel löste einen Kurzschluss in Violets Gehirn aus.

Verlieb dich nicht in einen übellaunigen, kaputten Kerl.

Einst war sie die Kaputte gewesen. Jetzt suchte sie nach gesundem Spaß. Wollte im Moment leben und das meiste aus ihm herausholen. Das hier war ihre Chance. Endlich befand sie sich auf der anderen Seite der Welt, weit weg von ihrer liebevollen, aber erdrückenden Familie. Sie hatte alldem entkommen müssen, um zu tun, was sie wollte. Vier ältere Brüder mit Beschützerinstinkt zu haben und noch dazu Eltern, die sich ständig Sorgen um ihre Tochter machten, auch wenn sie versuchten, es sie nicht merken zu lassen, war nicht leicht.

Sie hatte einfach ein wenig Raum gebraucht, um frei atmen zu können. Um sich zu überlegen, was sie mit ihrem Leben anstellen wollte. Um sich und allen zu beweisen, dass sie genauso fähig war wie ihre überintelligenten Brüder und nicht reich heiraten musste, um ihre Zukunft zu sichern …

Wie sollte sie auch heiraten – reich oder nicht –, wenn sie bisher nicht einmal wirklich geflirtet hatte? Wenn ihr kaum erlaubt worden war, irgendwelche Erlebnisse mit einem Mann zu haben?

Ihr Atem beschleunigte sich.

Der Fremde kniff ein wenig die Augen zusammen, und er schüttelte den Kopf. „Was macht eine Frau wie Sie nachts ganz allein auf der Straße?“

Eine Frau wie Sie? Was sollte das denn heißen? „Ich habe seit heute früh in diesem Laden gearbeitet.“ Sie reckte das Kinn. „Und was machen Sie so spätabends ganz allein auf der Straße?“

Erneut wirkte er irritiert. „Ich habe auch gearbeitet. Jetzt soll ich eigentlich auf eine Party gehen, aber ich …“

„Sie kennen den Weg nicht?“, riet sie. „Ja, in dieser Gegend ist es ab und zu schwer, ein Taxi zu kriegen.“ Sie nickte. „Sie könnten die U-Bahn nehmen.“

Er blinzelte. „‚Die U-Bahn‘?“

„Ja. Sie wissen schon, diese Bahn, die unter der Erde fährt.“

„Ich weiß. Aber ich bin noch nicht oft damit gefahren.“

„Ich auch nicht“, gestand sie.

„Weil Sie nicht von hier sind. Das verrät mir Ihr Akzent. Und doch glauben Sie, dass Sie mir irgendwie helfen können?“

„Zwei Köpfe sind normalerweise besser als einer“, erwiderte sie leicht defensiv. „Und ich bin ehrlich gesagt sehr gut darin, Leuten zu helfen. Viele meiner Kunden sind Touristen, die nach dem Weg oder nach Tipps fragen, was sie unternehmen können. Und ich kann ihnen helfen. Auch wenn wir in Aotearoa nicht mal eine U-Bahn haben.“

„Aotea…?“

„Aotearoa. Neuseeland.“ Sie sah seine verblüffte Miene. „Rede ich zu schnell? Ja, vermutlich tue ich das. Dann ist es schwerer, mich zu verstehen. Und ich rede auch zu viel“, murmelte sie, doch es war, als hätte jemand ein Ventil geöffnet, und außerdem war es besser, als den Mann weiterhin anzustarren, als wäre er der attraktivste Mensch, den sie je erblickt hatte. Denn das war er. Aber das musste er nicht wissen, weil er ein arroganter Brummbär war.

„Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich liebe Neuseeland, aber ich wollte immer mal im Ausland leben. Vor allem in New York. Es ist eine große Stadt, wissen Sie? Das hier ist mein erstes Mal …“

„Das ‚erste Mal‘, hm?“, unterbrach er sie, und um seine Mundwinkel zuckte es.

Er machte sich über sie lustig. Hitze stieg ihr in die Wangen. „Daran ist nichts Schlimmes.“

„Nein. Überhaupt nicht. Alle brauchen ein erstes Mal, und es sollte immer etwas Besonderes sein.“

Sie hielt inne, als sie plötzlich wieder von heftigem Verlangen erfasst wurde. Aber es war verrückt, sich nach jemandem zu sehnen, den sie kaum kannte.

„Sie sind auch nicht von hier“, sagte sie, um sich abzulenken. Denn wie könnte er, wenn er nie mit der U-Bahn fuhr?

„Da irren Sie sich. Auch wenn ich eigentlich aus Upstate New York stamme, wohne ich die meiste Zeit in Manhattan.“

Wenn er „die meiste Zeit“ in Manhattan lebte, hieß das, dass er noch mindestens einen anderen Wohnort hatte, an dem er den Rest verbrachte. Der gefallene Engel hier war kein armer Tourist wie sie. Der gefallene Engel trug kein Kostüm, sondern einen Anzug, der vermutlich mehr als ein halbes Jahresgehalt von ihr gekostet hatte. Er war niemand, mit dem sie sich üblicherweise unterhalten würde – außer er käme in ihren Laden, um Macarons zu kaufen. Was er jedoch nicht tun würde, denn sie wusste, dass er einen ausgefeilteren Geschmack hatte.

Zu ihrer großen Enttäuschung trat er mitten in ihren Überlegungen einen Schritt zurück und legte die Flügel auf den Boden.

„Was haben Sie mit ihnen vor?“, fragte sie.

„So weit habe ich noch nicht gedacht. Ich wollte …“

„Sie einfach als Verkleidung in letzter Minute nutzen, weil Sie Ihr Kostüm vergessen haben?“

„Nein.“ Er seufzte. „Sie lagen im Innenhof meines Gebäudes auf dem Boden. Früher am Abend hat dort eine Halloween-Party stattgefunden, und es herrschte das reinste Chaos. Die Flügel sind ziemlich schwer, und ich wollte nicht, dass die Putzfrauen sie wegschleppen müssen …“ Er atmete tief ein und schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Ahnung, warum ich Ihnen das alles erzähle.“

„Weil ich gefragt habe“, erwiderte sie.

„Ja, aber normalerweise …“ Er brach ab.

„Reden Sie nicht mit Fremden auf der Straße? Oder mit Frauen wie mir? Oder …“

Er verzog den Mund. „Normalweise bieten mir Fremde auf der Straße nicht ihre Hilfe an.“

„Wir alle brauchen ab und zu Hilfe. Selbst gefallene Engel in Anzügen.“

„‚Gefallene‘ …“ Er sah sie nachdenklich an. „Was glauben Sie, was für eine Hilfe ich benötige?“

„Eine Erleichterung?“, schlug sie vor. „Etwas, das Sie zum Lächeln bringt?“ Sie legte den Kopf schief und musterte ihn schelmisch. „Haben Sie heute überhaupt schon mal gelächelt? Ich meine, bevor Sie mich getroffen haben.“

Jetzt lächelte er nicht nur, sondern lachte sogar leise. „Das ist also Ihre Spezialität? Erleichterung?“

„Das ist nicht nur meine Spezialität, sondern meine Superkraft.“

„Ach wirklich?“ Er trat wieder näher. „Sie glauben also, dass jetzt Sie die Heldin sind?“

„Logisch.“

„Warum musste ich Sie dann davor bewahren, von einer Herde Zombies über den Haufen gerannt zu werden?“

„Wer sagt das? Sie haben eingegriffen, bevor …“

„Bevor Sie niedergetrampelt wurden, weil Sie sie gar nicht bemerkt hatten. Es ist okay, das anzuerkennen. Und es ist auch okay, sich zu bedanken.“

Sie wollte sich nicht bedanken. „Ich musste nicht von Ihnen gerettet werden.“

„Vielleicht tue ich das gar nicht.“

Ein Kribbeln überlief sie, und sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. „Warum gehen Sie nicht zu der Halloween-Party?“

„Ich meide Menschen.“

„Weil Sie Menschen nicht mögen?“

„Lassen Sie mich raten – Sie schon.“

„Na klar. Vor allem an Feiertagen. Kunden geben Leuten, die an diesen Tagen arbeiten müssen, immer ein gutes Trinkgeld.“

Der Topas in seinen Augen funkelte. „Ah, Sie sind also doch nicht so engelsgleich.“

„Ich bin einfach nicht komplett naiv.“ Auch wenn die Leute das immer von ihr glaubten. „Ich arbeite im Verkauf, aber ich werde eine Position als Reiseführerin bekommen, und Feiertage sind die besten Tage.“

Er hob eine Augenbraue. „Sie werden Reiseführerin in einem Land, das nicht Ihre Heimat ist?“

„Ja, warum nicht? Ich habe viele Dinge entdeckt und kann Tricks weitergeben. Außerdem weiß ich, was die meisten Touristen sehen und tun wollen, weil ich selbst einer bin. Und es ist eine Möglichkeit, das Land kennenzulernen.“

Er starrte sie grimmig an. Sie wusste nicht, warum er auf einmal wieder so grummelig war.

„Ich rede mal wieder zu viel.“ Sie zog eine Grimasse.

„Habe ich das gesagt?“

„Das mussten Sie nicht. Ich habe es Ihrem Gesicht angesehen.“

„Dann haben Sie das falsch interpretiert. Das waren nicht meine Gedanken. Ich habe einfach ein …“

„Grummeliges Gesicht?“

„Ein was?“

„Nun ja, vielleicht nicht so sehr grummelig als eher verschlossen.“

„‚Verschlossen‘. Richtig.“ Er atmete ein. „Wie auch immer, Sie haben sich geirrt. Ich habe es genossen, Ihnen zuzuhören. Sie haben eine wunderbare Art, Ihr ‚R‘ zu rollen.“

Sein Blick fiel auf ihren Mund, und wieder überlief sie ein Kribbeln, als sie daran dachte, wie er sie zum Schweigen bringen könnte. Mit seinem Mund auf ihrem. Doch er schüttelte den Kopf und ließ ein selbstironisches Lächeln aufblitzen. Dann war da wieder diese Distanz.

Sie sah zu, wie er ein Taxi herbeirief.

„Gehen Sie auf Ihre Party?“, fragte sie.

„Ich glaube nicht.“

„Sie vermeiden es, sich unter Leute zu mischen.“

„Ja, ich glaube, das ist das Beste.“

Sie runzelte die Stirn. „Nicht unbedingt.“

„Sie sind eine Romantikerin, die an das Knüpfen von Beziehungen glaubt. An Hoffnung.“

„Und Sie sind ein Zyniker. Allein geboren, allein gelebt, allein gestorben.“

„Oh, streuen Sie ruhig Salz in die Wunde. Ich wusste, dass Sie gefährlich sind.“ Er öffnete die Tür des Taxis und trat beiseite, damit Violet einsteigen konnte. „Das Taxi bringt Sie hin, wo immer Sie hinwollen. Egal, wie weit. Die Gebühr ist gedeckt.“

„Das müssen Sie nicht tun.“ Doch sie konnte sich die Taxifahrt selbst nicht leisten, und ein kleiner, ängstlicher Teil in ihr wollte nicht allein durch die Straßen wandern, während Zombie-Vampire herumliefen.

„Stimmt. Aber ich will es.“

„Und Sie tun immer, was Sie wollen.“

Sein Lächeln blitzte erneut auf und ließ seine faszinierenden Augen funkeln. „Ich fürchte, ja.“

„Warum fürchten Sie sich davor, das zuzugeben?“, forderte sie ihn heraus. „Das Leben ist zu kurz, um sich nicht zu nehmen, was man haben will.“

„Sie nehmen sich, was Sie wollen?“ Er wirkte skeptisch.

Und damit lag er richtig. Denn noch fehlte ihr der Mut dazu.

„Sie sind zu süß, um diese Straßen nachts allein entlangzugehen“, sagte er. „Wenn Sie nicht aufpassen, könnten echte Dämonen sich auf Sie stürzen und Sie beißen.“

„Das würden sie schnell bereuen. Vielleicht bin ich nicht so süß oder weich, wie ich aussehe.“

„Wirklich?“

„Bevormunden Sie mich nicht.“

„Fordern Sie mich nicht heraus.“ Er bedachte sie mit einem feurigen Blick und legte eine Hand an ihre Wange. „Das hier …?“

Sie hielt den Atem an.

„Das ist keine gute Idee, Engel. Nicht für Sie.“

Wut flammte in ihr auf. „Wieso sagen Sie das?“ Aus Beschützerinstinkt? Den brauchte sie nicht. „Sie wissen gar nichts über mich. Ihren Schutz brauche ich nicht, und ich will ihn auch nicht.“

Noch nie hatte sie Widerstand geleistet. Weil sie es nie gewollt hatte. Aber es war Mitternacht, an Halloween, und sie war weit weg von zu Hause und endlich frei, sich durchzusetzen. Sie befand sich in einer Traumlandschaft mit einem gefallenen Engel zu Füßen.

Er verzog seine Lippen zu einem wunderschönen, gebrochenen Lächeln. „Natürlich brauchen Sie den. Den braucht jeder.“

2. KAPITEL

Thanksgiving

Roman Fraser ging durch das verlassene Atrium. Am Morgen war er von einer dreiwöchigen Geschäftsreise zurückgekehrt und hatte den ganzen Tag durchgearbeitet, um Liegengebliebenes zu erledigen. Das Büro war aufgrund des Feiertags angenehm leer gewesen, weil alle anderen mit ihren Familien oder Freunden feierten. Zum Glück bot ihm die Arbeit eine nicht enden wollende Liste an Aufgaben, auf die er sich konzentrieren konnte.

Wenn da nicht diese eine Sache wäre, die sich ständig auf den ersten Platz auf dieser Liste schob. Sie war weder Engel noch Dämon, Kobold oder Geist, und doch verfolgte sie ihn seit Halloween Tag und Nacht. Eine zierliche, brünette Frau in einem roten Samtkleid, die in einem fort plapperte und deren Lächeln Stellen in seinem Inneren berührte, die er gut versiegelt geglaubt hatte.

Die Verlockung hatte seine Willenskraft im Würgegriff, flehte ihn an, die Neugierde zu befriedigen, die ihn seit jenem Tag die Konzentration raubte.

Die Erinnerung an die Magie ihres Treffens, an die intime Atmosphäre, während sie eng aneinandergepresst darauf gewartet hatten, dass die Menschenmasse vorbeizog, machte ihn immer noch schwindelig.