Pinocchio - Carlo Collodi - E-Book

Pinocchio E-Book

Carlo Collodi

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Beschreibung

Komplette Bearbeitung der Erstübersetzung - Mit 100 Illustrationen "Pinocchio" ist die Geschichte einer lebenden Marionette, die sich nichts sehnsüchtiger wünscht, als ein Mensch, ein Junge zu sein. Doch leider scheitert sie immer wieder an ihrer Unartigkeit und schier grenzenlosen Naivität. Sie wird in die verrücktesten Abenteuer gezogen, landet beim Marionettentheater, fällt unter Räuber, wird von einer schönen Fee gerettet, in einen Esel verwandelt und schließlich sogar von einem Riesenfisch verschluckt. Und dabei will Pinocchio doch nur ein ganz normaler Junge sein und seinen Vater, den Schnitzer Geppetto, wiederfinden. Ein zauberhaftes Märchen, ein Klassiker der Kinderbuchliteratur, der Vorlage war für viele andere Geschichten und Erzählungen. Der Herausgeber hat die ursprüngliche Übersetzung bearbeitet, ohne dabei ihren Charakter zu verändern. Im Gegensatz zur unglücklichen schwäbisch geprägten Erstübersetzung heißt Pinocchio hier auch wirklich Pinocchio und nicht "Bengele". Und es ist nicht von einem Hampelmann die Rede, sondern wirklich von einer Marionette, und Geppetto heißt Geppetto - wie es sich gehört - und nicht Seppel und und und Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 193

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Carlo Collodi

Pinocchio

Illustriertes Kindermärchen

Carlo Collodi

Pinocchio

Illustriertes Kindermärchen

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019Übersetzung: Jürgen Schulze, Anton GrumannIllustrationen: Enrico Mazzanti, Carlo Chiostri 3. Auflage, ISBN 978-3-943466-90-4

null-papier.de/139

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Pi­noc­chio - Das Kin­der­buch

Vor­wort

Ers­tes Stück – Ein Holz­scheit, das spre­chen, la­chen und wei­nen kann

Zwei­tes Stück – Meis­ter Gep­pet­to er­hält das Stück Holz

Drit­tes Stück – Pi­noc­chio kommt auf die Welt – Sei­ne ers­ten Spitz­bu­be­rei­en

Vier­tes Stück – Pi­noc­chio und Heim­chen

Fünf­tes Stück – Ein Eier­ku­chen, der da­von­fliegt

Sechs­tes Stück – Pi­noc­chio geht bet­teln – Die ab­ge­brann­ten Füße

Sieb­tes Stück – Pi­noc­chi­os Mor­gen­brot

Ach­tes Stück – Pi­noc­chio er­hält neue Füße – Das ABC-Buch

Neun­tes Stück – Pi­noc­chio ver­kauft das ABC-Buch und geht ins Kas­per­le­thea­ter

Zehn­tes Stück – Pi­noc­chio und sei­ne höl­zer­nen Brü­der

Elf­tes Stück – Feu­er­fres­ser muss nie­sen

Zwölf­tes Stück – Pi­noc­chio er­hält fünf Gold­stücke – Sei­ne Freund­schaft mit dem Fuchs und der Kat­ze

Drei­zehn­tes Stück – Im Gast­haus »Zum ge­leim­ten Vo­gel«

Vier­zehn­tes Stück – Pi­noc­chio fällt un­ter die Räu­ber

Fünf­zehn­tes Stück – Die »Gro­ße Ei­che«

Sech­zehn­tes Stück – Das Mägd­lein mit dem gol­de­nen Haar

Sieb­zehn­tes Stück – Die To­ten­grä­ber – Das Lü­gen und die lan­ge Nase

Acht­zehn­tes Stück – Auf dem Wun­der­feld

Neun­zehn­tes Stück – Der Rich­ter von Dum­mers­heim

Zwan­zigs­tes Stück – Die Rie­sen­schlan­ge

Ein­und­zwan­zigs­tes Stück – Die Mar­der­fal­le – Pi­noc­chio wird Hof­hund

Zwei­und­zwan­zigs­tes Stück – Be­lohn­te Treue

Drei­und­zwan­zigs­tes Stück – Vom wei­ßen Mar­mor­stein ans brau­sen­de Meer

Vier­und­zwan­zigs­tes Stück – Flei­ßi­gen­stadt

Fün­f­und­zwan­zigs­tes Stück – Pi­noc­chio will sich bes­sern

Sechs­und­zwan­zigs­tes Stück – Pi­noc­chio in der Schu­le

Sie­ben­und­zwan­zigs­tes Stück – Die Rau­fe­rei am Mee­re

Acht­und­zwan­zigs­tes Stück – Der grü­ne Fi­scher

Neun­und­zwan­zigs­tes Stück – Bol­los Dank­bar­keit

Drei­ßigs­tes Stück – Nächt­li­che Heim­kehr – Die ge­müt­li­che Schne­cke

Ein­und­drei­ßigs­tes Stück – Freund Lu­ci­gno­lo

Zwei­und­drei­ßigs­tes Stück – Fau­len­zer­land – ein schö­nes Land

Drei­und­drei­ßigs­tes Stück – Zwei neue Esel

Vierund­drei­ßigs­tes Stück – Der Esel Pi­noc­chio im Zir­kus

Fün­fund­drei­ßigs­tes Stück – Die Fi­sche fres­sen den Esel

Sechs­und­drei­ßigs­tes Stück – Der Gro­ße Hai

Sie­ben­und­drei­ßigs­tes Stück – An freu­di­ges Wie­der­se­hen

Achtund­drei­ßigs­tes Stück – Der gute Del­phin – Zwei be­straf­te Räu­ber

Neun­und­drei­ßigs­tes Stück – Neu­es Le­ben

Vier­zigs­tes Stück – Der Ma­rio­net­te Ende

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Pinocchio - Das Kinderbuch

Das Buch Pi­noc­chio zählt zu den Kin­der­buch­klas­si­kern. Die nai­ve und fre­che Holz­pup­pe wur­de von Car­lo Lo­ren­zi­ni er­fun­den, der von 1826 bis 1890 leb­te. Ab 1860 nann­te der Au­tor sich Col­lo­di. Un­ter dem Ti­tel „Sto­ria di un burat­ti­no“ (deutsch: Ge­schich­te ei­ner Ma­rio­net­te) er­schi­en die ers­te Fol­ge von Pi­noc­chio 1881 in der Kin­der­zeit­schrift „Gior­na­le per i bam­bi­ni“, die in Rom von Fer­di­n­an­do Mar­ti­ni ge­grün­det wor­den war. Von 1881 bis 1883 er­schie­nen in 36 Fort­set­zun­gen wei­te­re Ge­schich­ten von „bur­ra­ti­no“.

Im Fe­bru­ar 1883 kam die ers­te Buch­aus­ga­be auf den Markt. En­ri­co Maz­zan­ti steu­er­te Fe­der­zeich­nun­gen bei. Der Frei­bur­ger Ver­lag Her­der ver­öf­fent­lich­te 1913 die ers­te deutsch­spra­chi­ge Aus­ga­be, die An­ton Gru­mann über­setzt hat­te. Be­reits 1911 wur­de der Stoff zum ers­ten Mal er­folg­reich ver­filmt.

Auch wenn aus heu­ti­ger Sicht mo­ra­li­sie­ren­de Aspek­te in der Ge­schich­te nicht zu über­se­hen sind, so war das Buch im Kon­text der da­mals gän­gi­gen Kin­der­li­te­ra­tur ein ge­wag­tes und mo­der­nes Werk. Die aus Holz ge­schnitz­te Pup­pe be­rei­tet ih­rem Er­fin­der Gep­pet­to gleich zu Be­ginn an Kum­mer. We­gen des­sen gel­ber Perücke ver­ulkt er ihn als Po­len­di­na und nimmt da­bei Be­zug auf das ita­lie­ni­sche Mais­ge­richt Po­len­ta.1 Daraus ent­steht eine Ver­wechs­lung. Gep­pet­to hält sei­nen Kol­le­gen Ci­lie­gia für den, der ihn ver­spot­tet hat, und prü­gelt sich bald mit ihm.

Col­lo­di ori­en­tier­te sich beim Schrei­ben der Ge­schich­ten am Volks­thea­ter und der ko­mi­schen Dar­stel­lung der Sze­nen, die sich nicht nur auf die Er­wach­se­nen be­schränkt. Auch die Kin­der­welt steckt vol­ler ko­mi­scher Fa­cet­ten. Auf die­se Wei­se wird Pi­noc­chio mit Frei­hei­ten aus­ge­stat­tet, von de­nen auch heu­te vie­le Kin­der nur träu­men kön­nen. Die höl­zer­ne Fi­gur leis­tet ve­he­ment Wi­der­stand, wenn es um Dis­zi­plin geht. Pi­noc­chi­os Ar­beitsei­fer hält sich in Gren­zen. Er zeigt eine große Ab­nei­gung ge­gen alle er­zie­he­ri­schen Maß­nah­men ge­gen­über und hält we­nig von Schu­le und Aus­bil­dung. Über­mä­ßig aus­ge­prägt sind da­ge­gen sein Frei­heits­drang und sein an­ar­chi­sches Ver­hal­ten, die stets An­lass für Ver­wick­lun­gen ge­ben und zu neu­en Aben­teu­ern füh­ren. Am An­fang fin­det Pi­noc­chio im­mer et­was be­son­ders be­geh­rens­wert. Oder es sind Fuchs und Kat­ze, die ihm ein­re­den, dass er eine be­stimm­te Sa­che für sich be­an­spru­chen soll. Pi­noc­chio weiß wohl, dass er falsch han­delt. Auch die Er­fah­rung, dass er für sein Han­deln be­straft wird, hält ihn nicht ab. Al­ler­dings be­reut er hin­ter­her sein Tun und lie­fert Schuld­be­kennt­nis­se ab. Es sind die­se zwei Ebe­nen, die der Au­tor ver­bin­det und die zu­gleich Wi­der­sprüch­lich­keit der Fi­gur aus­ma­chen.

Pi­noc­chi­os cha­rak­te­ris­ti­schem Frei­heits­drang wird ent­ge­gen­ge­hal­ten, wie wich­tig es ist, von den Er­wach­se­nen zu ler­nen, ohne mit ih­nen in je­der Wei­se kon­form zu ge­hen. Die ko­mi­schen Sei­ten der Ge­schich­ten sind es, durch die der päd­ago­gi­sche An­satz re­la­ti­viert wird. Pi­noc­chio er­füllt die­sen Part, in­dem Col­lo­di ihn un­ge­schickt mit der Spra­che um­ge­hen lässt. Die­sel­be Ko­mik er­zielt er, wenn er die da­mals ge­bräuch­li­che Fra­ge- und Ant­wort­form in den Schul­bü­chern par­odiert. Pi­noc­chio bleibt bis heu­te die wun­der­ba­re Fi­gur, die im­mer wie­der einen Weg aus dem „Wald der Ver­feh­lun­gen“ fin­det. Dem gu­ten Gep­pet­to ste­hen der böse Feu­er­fres­ser und der Tu­nich­gut Lu­ci­gno­lo ge­gen­über. Zwi­schen den bei­den Po­len Gut und Böse muss Pi­noc­chio sich be­wäh­ren. Nach vie­len ne­ga­ti­ven Er­fah­run­gen – er wird be­lo­gen und be­tro­gen und so­gar fest­ge­nom­men – fin­det er am Ende auf den Pfad der Tu­gend.

In der deut­schen Über­set­zung wird aus der Po­len­ta ein Fink, ge­nau­er ein Gelb­fink.  <<<

Vorwort

Nen­ne ei­nem ita­lie­ni­schen Kin­de Pi­noc­chio, und sei­ne dunklen Au­gen schau­en zu dir em­por im leuch­ten­den Glanz der Freu­de; hast du ihm doch den Na­men ei­nes Freun­des aus­ge­spro­chen. Alle ken­nen ihn, den all­zeit lus­ti­gen höl­zer­nen Klei­nen. Sie freu­en sich im­mer wie­der an sei­nen lus­ti­gen Strei­chen, trau­ern mit ihm, wenn es ihm schlecht er­geht, und ler­nen aus sei­nen Stra­fen das Böse mei­den im ei­ge­nen Le­ben. »Den­ke an Pi­noc­chio und sei­ne lan­ge Nase!« mahnst du einen klei­nen Lüg­ner; er greift rasch an sei­ne ei­ge­ne Nase und wird nach­denk­lich. »Erin­nerst du dich des Esels­fie­bers, das Pi­noc­chio so große Sor­gen mach­te?« fragst du ein Fau­len­zer­chen, und du hast ihm die bes­te Straf­pre­digt ge­hal­ten. – Her­zens­freu­de und er­zie­he­ri­schen Nut­zen hat das Büch­lein all­über­all ver­brei­tet, wo es Ein­gang ge­fun­den. In mehr denn ei­ner hal­b­en Mil­li­on Exem­pla­ren hat es sei­nen Sie­ges­zug ge­hal­ten un­ter der ita­lie­ni­schen Ju­gend. In Deutsch­land ist das Schrift­chen kaum be­kannt ge­wor­den. Zwei Be­ar­bei­tun­gen sind vor­han­den, ha­ben aber kei­ne nen­nens­wer­te Ver­brei­tung ge­fun­den. Der Grund mag dar­in lie­gen, dass sie, den tie­fen sitt­li­chen In­halt des Büch­leins ver­ken­nend, eine leich­te Kas­per­les­ge­schich­te dar­aus ge­macht oder dass sie in der Über­tra­gung zu eng an das Ori­gi­nal sich an­ge­schlos­sen und dem deut­schen Kin­de un­ver­ständ­li­che Si­tua­tio­nen ge­schaf­fen ha­ben.

Seit Jah­ren im engs­ten Ver­kehr mit der ita­lie­ni­schen und deut­schen Ju­gend, glaub­te ich den Ver­such wa­gen zu dür­fen, eine neue Be­ar­bei­tung her­aus­zu­ge­ben, die ohne we­sent­li­che Ab­wei­chun­gen vom ita­lie­ni­schen Ori­gi­nal deutsch zur deut­schen Ju­gend spricht.

Beim Er­schei­nen des Büch­leins den­ke ich dank­bar zu­rück an einen großen Freund der Ju­gend, Herrn Dr. Ernst Gerad­aus, der einst an lin­den Früh­lings­ta­gen, da uns mil­de Ze­phir­win­de von den Blü­ten­hü­geln der Ar­no­stadt flu­ten­de Wel­len von Düf­ten ent­ge­gen­tru­gen, zu­erst den deut­schen Pi­noc­chio ge­hört und sich der Aus­ga­be mit großer Lie­be an­ge­nom­men hat.

Flo­renz, Juli 1913.An­ton Gru­mann, Rek­tor.

Erstes Stück

Ein Holzscheit, das sprechen, lachen und weinen kann

Es war ein­mal …

»Ein Kö­nig!« – mei­nen gleich die klu­gen klei­nen Le­ser.

Aber dies­mal, Kin­der, habt ihr weit da­ne­ben ge­ra­ten. – Es war ein­mal: ein Stück Holz, ja, ein ganz ge­wöhn­li­ches Holz­scheit! Drau­ßen lag es im Wald mit vie­len an­de­ren Stücken auf der Bei­ge. Ein Fuhr­mann kam, lud sie alle auf den Wa­gen und fuhr da­mit zur Stadt dem Schrei­ner-Toni vor das Haus. Das Holz ward ge­sägt und ge­spal­tet; denn im kal­ten Win­ter soll­te es im knis­tern­den Ofen die Stu­be wär­men. – Ein Glück, dass Toni das eine Scheit be­merk­te. Es war so hübsch ge­ra­de und hat­te kei­nen Ast; drum stell­te es der Schrei­ner in eine Ecke sei­ner Werk­statt und dach­te: »Ein gu­tes, glat­tes Stück, ’s wär scha­de, es zu ver­bren­nen.«

Toni ver­stand sein Hand­werk und war über­all be­kannt. – Man nann­te ihn frei­lich nur den Meis­ter Pflaum; doch das kam da­von, dass sei­ne zier­lich run­de Na­sen­spit­ze so duf­tig blau er­glänz­te wie eine rei­fe Pflau­me, die un­be­rührt am Bau­me hängt.

Ei­nes Ta­ges war Meis­ter Pflaum dar­an, einen Tisch zu ver­fer­ti­gen. Eben sah er sich in der Werk­statt nach dem pas­sen­den Hol­ze um, er­blick­te das Scheit in der Ecke, rieb sich freu­dig die Hän­de und mur­mel­te zu­frie­den vor sich hin: »Das Stück da kommt mir wie ge­ru­fen, es gibt einen Tisch­fuß.« Gleich nahm er das schar­fe Beil, um die Rin­de ab­zu­schla­gen. Der ers­te Hieb fiel auf das Holz, da – »Oje, oje«, wim­mer­te er­bärm­lich ein zar­tes Stimm­chen, »nicht so arg schla­gen, nicht so arg!« –

Potz Blitz! Was war das? – Kal­te Angst kam über den gu­ten Schrei­ner, die Haa­re stan­den ihm zu Ber­ge, er hat­te nicht mehr Zeit, die aus­ge­streck­te Hand mit dem Bei­le sin­ken zu las­sen, und so stand er un­be­weg­lich da wie das Ein­fahrts­zei­chen an der Ei­sen­bahn, wenn es dem da­her­brau­sen­den Zuge »Halt!« ge­bie­tet.

Nach ei­ni­ger Zeit er­hol­te sich Meis­ter Pflaum von sei­nem Schre­cken, und nun durch­such­te er ängst­lich die gan­ze Werk­statt. – Es war nie­mand zu se­hen. Er guck­te un­ter die Ho­bel­bank, – nie­mand! In den stets ver­schlos­se­nen Schrank, – nie­mand! In den Korb mit den Ho­bel­spä­nen und dem Sä­ge­mehl, – nie­mand! Er mach­te die Türe auf und sah auf die Stra­ße, – auch nie­mand! Nanu? …

Mit er­zwun­ge­nem La­chen kratz­te sich der Schrei­ner hin­ter den Ohren und sprach:

»Ganz klar! Ich hab’s.« – Das Stimm­chen war eine när­ri­sche Ein­bil­dung. »Nur wie­der mu­tig an die Ar­beit!«

Fest nahm er das Beil in die Hand, kräf­ti­ger noch wie das ers­te Mal führ­te er den Hieb auf das Holz, tief drang die schar­fe Schnei­de ein: »Au! Wie hat das weh­ge­tan!« klag­te laut das glei­che Stimm­chen.

Jetzt ward Meis­ter Pflaum wie ver­stei­nert: sei­ne Au­gen tra­ten weit her­vor aus den Höh­len, sein Mund stand sper­rof­fen, die Zun­ge hing ihm über die Un­ter­lip­pe her­ab so tief wie den Was­ser­spei­ern am Spring­brun­nen.

Nach ei­ni­ger Zeit fand er die Spra­che wie­der; aber er zit­ter­te im­mer noch ent­setz­lich und frag­te stot­ternd:

»Wo mag denn nur dies Jam­mer­stimm­chen her­ge­kom­men sein? Das Holz da wird doch nicht wei­nen und kla­gen kön­nen wie ein klei­nes Kind! – Un­mög­lich! – Schau mir’s nur ei­ner an: ist es nicht ein Scheit wie je­des an­de­re? Hät­te man es ge­sägt und ge­spal­tet, so wäre es viel­leicht längst zu Asche ver­brannt. – Nanu!? – Oder … wirk­lich! Es könn­te sein? – Ei­ner ver­steckt in dem Hol­ze? – Na! Der hät­te sich einen un­ge­schick­ten Platz ge­sucht! Wart, dir will ich’s be­que­mer ma­chen; gleich hel­f’ ich dir her­aus.«

Sprach’s, pack­te das un­schul­di­ge Scheit mit bei­den Hän­den und warf es er­bar­mungs­los an die Wand der Werk­statt.

Nun stand er da ganz still; er horch­te, er neig­te sei­nen Kopf ge­gen das Holz hin und lausch­te. Zwei – drei – fünf Mi­nu­ten wa­ren schon ver­gan­gen – al­les blieb ru­hig, nichts reg­te sich – gar nichts.

»’s ist doch zum La­chen … haha!« sprach jetzt der mu­ti­ge Schrei­ner und fuhr sich durch die strup­pi­gen Haa­re. »Wie man dumm sein kann! – Ver­steht sich! Das Stimm­chen hab’ ich mir ein­ge­bil­det. – Nein! Schon so viel Zeit ver­lo­ren! Jetzt geht es in al­lem Ernst an die Ar­beit!«

Und doch hat­te er im­mer noch Angst. Zwar fing er an, ein lus­tig Lied­lein vor sich hin zu sin­gen; aber er tat es nur, um sich Mut zu ma­chen.

Mit dem Bei­le ge­trau­te er sich nicht mehr an das ver­hex­te Holz; ein biss­chen bes­ser woll­te er es doch be­han­deln. So spann­te er das Scheit auf die Ho­bel­bank, hol­te von der Wand einen lan­gen Ho­bel und ließ ihn über das raue Holz hin und her glei­ten.

Auf ein­mal ki­cher­t’s und lacht’s in der Werk­statt:

»Hör auf! – Ich bin so kit­ze­lig!« Da war’s mit Meis­ter Pflaums Mute vor­bei. Wie vom Blitz ge­trof­fen sank er nie­der und war wie tot. – Als er wie­der zu sich kam und die Au­gen auf­mach­te, merk­te er, dass er auf dem Bo­den saß.

Wenn ihr ihn hät­tet se­hen kön­nen! Starr glotz­ten die Au­gen aus dem ver­stör­ten Ge­sich­te, und die run­de Na­sen­spit­ze saß mit­ten dar­in wie eine schwarz­glän­zen­de Toll­kir­sche.

Zweites Stück

Meister Geppetto erhält das Stück Holz

Es klopf­te an.

»Nur zu!« rief der Schrei­ner; er saß noch im­mer auf dem Bo­den.

Ein lus­ti­ger Al­ter kam zur Türe her­ein; es war der Gep­pet­to. Von sei­nem Hand­werk hat­te er den Na­men »Schnit­zer«, denn er war ein ge­schick­ter Holz­schnit­zer. Die bö­sen Bu­ben in der Nach­bar­schaft hie­ßen ihn frei­lich nur den »Gelb­fin­ken«. Sei­ne gel­be Perücke hat­te die­sen Über­na­men ver­schul­det.

Der »Schnit­zer-Gep­pet­to« war sehr jäh­zor­nig. Gna­de Gott dem, der ihn »Gelb­fink« nann­te. Das mach­te ihn teu­fels­wild, und im Zor­ne kann­te er sich selbst nicht mehr.

»Gu­ten Tag, Meis­ter Toni!« grüß­te Gep­pet­to ar­tig, »was schaffst du denn auf dem Bo­den?«

»Ich will den Amei­sen das ABC bei­brin­gen.«

»Ein neu­er Be­ruf! – Gu­ten Er­folg!«

»Was bringt dich heu­te zu mir, Gep­pet­to?«

»Eine klei­ne Sor­ge, Toni; ich möch­te dich um einen Ge­fal­len bit­ten. – Heu­te früh ist mir ein neu­er Ge­dan­ke in den Kopf ge­kom­men.«

»Lass hö­ren!« sag­te der Schrei­ner und stand vom Bo­den auf.

»Ich möch­te mir eine höl­zer­ne Ma­rio­net­te schnit­zen; denn ich habe eine neue Art er­fun­den, die Zau­ber­ma­rio­net­te. Fech­ten und seil­tan­zen muss sie mir ler­nen. Dann rei­se ich mit ihr durch die Welt und ver­die­ne mein Brot. – Was meinst du dazu, Toni?«

»Sehr gut, Gelb­fink!« kreisch­te ein fei­nes Stimm­chen.

Gep­pet­to hör­te »Gelb­fink«, ward vor Zorn rot wie eine Him­bee­re und fuhr den Schrei­ner wü­tend an:

»Wa­rum sagst du mir eine Grob­heit?«

»Wer?« –

»Du! – Gelb­fink hast du mich ge­hei­ßen!«

»Aber ich nicht!«

»Wer denn? Vi­el­leicht ich sel­ber? – Lüg nicht! – Du hast’s ge­sagt!«

»Nein!«

»Doch!«

»Nein!!«

»Doch!!«

Im­mer hit­zi­ger wird der Streit. Mit Wor­ten ist ihr Zorn nicht mehr zu­frie­den: schon pa­cken sie sich an den Kit­teln; der eine schlägt, der an­de­re beißt; jetzt rin­gen sie mit­ein­an­der auf dem Bo­den; jetzt schnel­len sie bei­de auf und las­sen ein­an­der los. Zwei Sie­gern gleich ste­hen sie da, ei­ner stol­zer wie der an­de­re. Der Schnit­zer zer­knit­tert To­nis Zip­fel­müt­ze in sei­ner Faust; Meis­ter Pflaum aber schwingt als Sie­ges­fah­ne den künst­li­chen Haar­wuchs des »Gelb­fin­ken«.

Eine Zeit lang schau­en sie sich tri­um­phie­rend an; dann sagt der Schrei­ner:

»Gib mir mei­ne Müt­ze her!«

»Wenn du mir mei­ne Perücke gibst.«

La­chend tausch­ten die bei­den Al­ten ihre Beu­te aus, ga­ben ein­an­der die Hand und ver­spra­chen treu und fest, nie mehr zu rau­fen, son­dern stets gute Freun­de zu blei­ben.

»Nun denn, lie­ber Gep­pet­to«, fing der Schrei­ner an, »wo­mit kann ich dir die­nen?« –

»Ich su­che ein Stück Holz für mei­ne Ma­rio­net­te; hast du ein pas­sen­des?«

Toni nahm das Scheit von der Ho­bel­bank, das ihm so viel Angst ein­ge­jagt hat­te, und woll­te es dem Freun­de in die Hand ge­ben.

Wupp!! – Das Scheit schnellt dem gu­ten Meis­ter Pflaum aus der Hand, über­schlägt sich und ver­setzt dem ar­men Gep­pet­to einen der­ben Hieb auf die har­ten Kno­chen sei­ner Schien­bei­ne.

»Au!! – au!! – So, Toni! – Ist das die Freund­schaft? Die Bei­ne hast du mir halb ab­ge­schla­gen! – Au!«

»Ich habe es nicht ge­tan; du kannst es mir glau­ben.«

»Dann bin ich es wie­der selbst ge­we­sen!«

»Das Holz­scheit war’s.«

»Rede nicht so ein­fäl­tig! Du hast es mir an die Bei­ne ge­schla­gen!«

»Es ist nicht wahr!«

»Ver­lo­ge­ner Kerl!«

»Gep­pet­to, kei­ne Un­ar­ten! – Sonst hei­ße ich dich Gelb­fink.«

»Esel!«

»Gelb­fink!«

»Ochs!«

»Gelb­fink!«

»Dum­mer Affe!«

»Gelb­fink!«

Drei­mal »Gelb­fink«, das war für Gep­pet­to zu viel. Es ging ihm Hö­ren und Se­hen aus, er stürz­te auf den Schrei­ner los, und der Kampf ent­brann­te hit­zi­ger als zu­vor.

Schließ­lich hat­te der Schrei­ner-Toni zwei rote Krat­zer mehr auf sei­ner blau­en Pflau­men­na­se; dem Gep­pet­to aber fehl­ten zwei wei­te­re Knöp­fe an der Wes­te. – Ihre Rech­nung war da­mit aus­ge­gli­chen; sie drück­ten ein­an­der die Hand und ge­lob­ten sich aufs neue ewi­ge Freund­schaft.

Gep­pet­to nahm sein Holz­scheit, dank­te dem gu­ten Meis­ter Pflaum, und ob­gleich ihn sein Bein noch schmerz­te, hin­k­te er doch fröh­lich nach Hau­se.

Drittes Stück

Pinocchio kommt auf die Welt – Seine ersten Spitzbubereien

Ein klei­nes Zim­mer zu ebe­ner Erde war Gep­pet­tos gan­ze Woh­nung. Es hat­te ein ein­zi­ges Fens­ter und war nur not­dürf­tig aus­ge­stat­tet. Ein wa­cke­li­ger Stuhl, ein wurm­sti­chi­ger Tisch, ein elen­des Bett, das wa­ren die Mö­bel des ar­men Schnit­zers. – In der Ecke stand ein klei­ner ei­ser­ner Ofen; er brann­te lus­tig, und das Was­ser in dem Top­fe, der dar­auf stand, koch­te und dampf­te, dass es eine Freu­de war.

Als Gep­pet­to nach Hau­se kam, nahm er gleich sein Werk­zeug und fing an, die Ma­rio­net­te zu schnit­zen.

Es quäl­te ihn nur noch eine Sor­ge. Er wa­ckel­te mit dem Kop­fe hin und her, sann und dach­te und frag­te sich: »Ein Name!? – Ein Name!? – Was für einen Na­men soll ich mei­ner Ma­rio­net­te ge­ben?« Plötz­lich sprang er auf, griff sich an die Stir­ne und sag­te:

»Ja! – ›Pi­noc­chio‹ muss er hei­ßen. Das ist ein schö­ner Name und er bringt ihm Glück. Ich habe eine gan­ze Fa­mi­lie Pi­noc­chio ge­kannt: der bra­ve Va­ter Pi­noc­chio, die flei­ßi­ge Mut­ter Pi­noc­chio, die Pi­noc­chio Bu­ben, alle so tüch­tig, und al­len ist es in der Welt gut ge­gan­gen. Ei­ner von ih­nen hat so­gar Kien­holz in der Stadt ver­kauft.«

Als Gep­pet­to den Na­men ge­fun­den hat­te, ar­bei­te­te er mit dop­pel­tem Ei­fer. – Schon konn­te man die Haa­re, die Stir­ne, die Au­gen der Ma­rio­net­te er­ken­nen.

Wie zit­tert da plötz­lich die Hand des em­si­gen Schnit­zers! – Die Holzau­gen rol­len wie Glas­ku­geln, blei­ben ste­hen und schau­en den Meis­ter starr und steif an.

Gep­pet­to wur­de stets är­ger­lich, wenn ihn je­mand fi­xier­te, und sag­te jetzt ge­reizt:

»Stiert mich nicht so blö­de an, ihr höl­zer­nen Glotzau­gen!«

Al­lein die Au­gen küm­mer­ten sich um des Meis­ters Wor­te nicht. – Ver­stimmt ar­bei­te­te Gep­pet­to wei­ter und form­te die Nase.

Eine neue Über­ra­schung! – Aus dem Ge­sich­te her­aus wächst und wächst das Holz, und in we­ni­gen Mi­nu­ten steht eine Nase da, so lang und spitz wie eine Gel­brü­be.

Alle Mühe, sie kurz und stumpf zu schnei­den, ist ver­lo­ren; je mehr der arme Gep­pet­to schnitzt, de­sto schnel­ler wächst die Nase. Er muss­te sie schließ­lich las­sen, wie sie wach­sen woll­te.

Ge­dul­dig fuhr er fort zu ar­bei­ten und bil­de­te den Mund. – Eine an­de­re Un­ge­zo­gen­heit: die Ma­rio­net­te lacht und schnei­det Gri­mas­sen.

»Lass das dum­me La­chen!« ge­bie­tet der Meis­ter; aber al­les Re­den ist um­sonst.

»Lass mir das La­chen, ich sag’ es dir zum letz­ten Male!« Sie­he da! Der Klei­ne lacht nicht mehr, er streckt aber die Zun­ge weit her­aus.

Gep­pet­to woll­te sich nicht mehr stö­ren las­sen, tat, als mer­ke er nichts, und schaff­te ru­hig wei­ter. Das Kinn, der Hals, die Schul­tern, der Leib, die Arme, die Hän­de des höl­zer­nen Männ­leins ge­lan­gen dem Künst­ler ta­del­los. – Gep­pet­to schnitz­te eben die Füße, als er merk­te, dass ihm je­mand die Perücke vom Kop­fe zog. Er schau­te auf und sah – nein, die­se Bu­be­rei! – die Kopf­be­de­ckung in der Hand der Ma­rio­net­te.

»Pi­noc­chio, set­ze mir gleich die Perücke wie­der auf!«

Der Sch­lin­gel aber hat­te sich die gel­be Müt­ze schon über den ei­ge­nen Kopf ge­zo­gen und stak so tief dar­in, dass er schier er­stick­te. All die­se Un­ar­ten der Ma­rio­net­te verd­ar­ben dem wa­cke­ren Gep­pet­to die gute Lau­ne. Trau­rig und weh­mü­tig hielt er mit der Ar­beit inne und sprach:

»Wo­mit habe ich das ver­dient? – Woll­te ich nicht eine schö­ne bra­ve Ma­rio­net­te zu­we­ge brin­gen? – Und nun! – Was soll das noch wer­den? – Er ist ein Sch­lin­gel, noch ehe er fer­tig ist. Ich fürch­te, ach, er wird ein Un­glücks­bu­be.«

Trä­nen glänz­ten dem gu­ten Al­ten in den Au­gen. Er hät­te am liebs­ten auf­ge­hört zu schnit­zen; aber nun woll­te er doch die Zau­ber­ma­rio­net­te ganz aus­füh­ren.

Un­ter des tüch­ti­gen Meis­ters Hand ent­stan­den ein Paar zier­li­che Bei­ne und Füße.

Gep­pet­to freu­te sich sei­ner Kunst, da – er­hielt er einen Tritt auf die Na­sen­spit­ze.

»Ich habe es nicht bes­ser ver­dient«, mur­mel­te er, »ich hät­te das al­les frü­her er­wä­gen müs­sen; jetzt ist es zu spät. – Hät­te ich doch nie an eine Zau­ber­ma­rio­net­te ge­dacht!«

Nun war das Werk vollen­det, und der Meis­ter soll­te bald Zau­ber ge­nug er­le­ben.

Gep­pet­to nahm sei­nen höl­zer­nen Pi­noc­chio und stell­te ihn auf den Bo­den, da­mit er das Ge­hen ler­ne.

Die Ma­rio­net­te hat­te stei­fe Glie­der und konn­te noch nicht mar­schie­ren. Va­ter Gep­pet­to führ­te sie an der Hand und zeig­te ihr, wie man einen Fuß vor den an­de­ren stellt.

Bald wa­ren die Bei­ne ge­len­kig und Pi­noc­chio konn­te al­lein im Zim­mer ein­her­ge­hen. Auf ein­mal be­merk­te er die Türe, ein Sprung auf die Stra­ße, und er rann­te da­von. Gleich lief ihm Gep­pet­to nach; aber er konn­te ihn nicht mehr ein­ho­len. Die Ma­rio­net­te sprang wie ein Hase. Wie klap­per­ten ihre Holz­fü­ße auf dem Stra­ßen­pflas­ter! Hun­dert Bau­ern­kin­der, die mit Holz­schu­hen zur Kir­che kom­men, hät­ten kei­nen är­ge­ren Lärm ma­chen kön­nen.

»Hal­tet ihn! – Packt ihn!« schrie Va­ter Gep­pet­to. Aber die Leu­te auf der Stra­ße blie­ben alle höchst ver­wun­dert ste­hen, als sie die höl­zer­ne Ma­rio­net­te wie einen Pu­del ren­nen sa­hen. Dann fin­gen sie an zu la­chen, und lach­ten so toll, dass man sich’s gar nicht vor­stel­len kann.

Zum gu­ten Glück kam ein Schutz­mann. Der hat­te den Spek­ta­kel ge­hört und dach­te, es sei mal wie­der ein Pferd durch­ge­brannt. Drum stell­te er sich mit ge­spreiz­ten Bei­nen mit­ten auf die Stra­ße und war fest ent­schlos­sen, den Gaul zu hal­ten und grö­ße­res Un­glück zu ver­hü­ten.

Pi­noc­chio hat­te schon von wei­tem das Hin­der­nis er­kannt, das ihm die gan­ze Stra­ße ver­sperr­te. Da kam der Ma­rio­net­te ein schlau­er Ge­dan­ke. Sie rann­te im vol­len Lau­fe auf den Schutz­mann zu, bück­te sich flink und woll­te ihm zwi­schen den weit ge­spreiz­ten Bei­nen durch­schlüp­fen.

Aber Pi­noc­chio hat­te sich ver­rech­net. Der stram­me Po­li­zist rühr­te sich nicht vom Plat­ze. Mit ei­ner ge­schick­ten Hand­be­we­gung hat­te er schon den Durch­bren­ner ge­fasst. Ra­tet mal, wie? – Die Nase war Pi­noc­chi­os Un­glück. Sie war ja viel zu lang; der Schutz­mann er­wi­sch­te sie und hielt ihn dar­an fest.

Er übergab den Sch­lin­gel gleich dem Va­ter Gep­pet­to. Schon woll­te ihm die­ser eine kräf­ti­ge Ohr­fei­ge ge­ben, aber es ging nicht. Ra­tet mal, warum? – In sei­ner Eile hat­te der Schnit­zer der Ma­rio­net­te kei­ne Ohren ge­schnitzt.

Da fass­te der Meis­ter den Klei­nen im Ge­ni­cke und schob ihn fort. Pi­noc­chio sperr­te sich, so gut er konn­te; aber es half ihm nichts. Gep­pet­to wa­ckel­te ganz be­denk­lich mit dem Kop­fe und sprach:

»Marsch, nach Hau­se! Pass nur auf, da­heim wol­len wir mit­ein­an­der ab­rech­nen.«

Da der Wind von die­ser Sei­te pfiff, woll­te Pi­noc­chio nicht mehr wei­ter und leg­te sich lang­wegs auf den Bo­den. Es dau­er­te nicht lan­ge, so ka­men auch schon ein Paar Stra­ßen­bumm­ler und stell­ten sich um die bei­den her­um. Sie schwatz­ten hin und her. – »Arme klei­ne Ma­rio­net­te«, mein­te ei­ner, »du hast ganz recht, wenn du nicht nach Hau­se willst. Der Gep­pet­to ist ein Gro­bi­an und wird dich halb­tot schla­gen.«

An­de­re spöt­tel­ten bos­haft und sag­ten:

»Der Schnit­zer-Gep­pet­to! – Ja, ja! – Er hat ein zucker­sü­ßes Ge­sicht. Aber man kennt ihn. Ein Un­mensch ist er, ein Ra­ben­va­ter. Bei die­sem Un­ge­heu­er wird der un­schul­di­ge Klei­ne gut auf­ge­ho­ben sein! Seht doch mal wie­der die klu­ge Po­li­zei.«

Im­mer grö­ßer ward die Men­schen­men­ge, im­mer lau­ter ihr Schimp­fen. Da kam der Schutz­mann wie­der, ver­haf­te­te den Meis­ter Gep­pet­to und führ­te ihn fort ins Ge­fäng­nis.

Der un­glück­li­che Alte tat kei­ne Wi­der­re­de. Er wein­te still und sprach:

»Die Zau­ber­ma­rio­net­te wird mein Sor­gen­kind. – Wie habe ich mir doch Mühe ge­ge­ben, einen or­dent­li­chen Klei­nen aus dem Hol­ze zu schnei­den! – Wenn man doch nur an al­les vor­her den­ken könn­te! Jetzt bin ich sel­ber schuld an mei­ner Schan­de.«