Platon. Eine Einführung - Bettina Fröhlich - E-Book

Platon. Eine Einführung E-Book

Bettina Fröhlich

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Beschreibung

Kein Philosoph hat seinen Interpreten größere Rätsel aufgegeben als Platon. Die Debatten über die richtige Deutung seiner Philosophie setzten unmittelbar nach seinem Tod ein und halten bis heute an. Fröhlich führt in Leben und Werk des Philosophen sowie in die wichtigsten Deutungstraditionen ein. In Bezug auf Platons Philosophie geht sie thematisch vor. So erklärt sie dessen Ansätze in Bezug auf den Aufstieg des Menschen zum Guten anhand des Höhlengleichnisses, stellt dar, was Platon unter dem Guten im Menschen selbst bzw. in seiner Seele, in der Gemeinschaft und im Kosmos versteht, und untersucht Platons Kritik an der Vorsokratik anhand bestimmter Fragestellungen: Ist das Sein Materie oder Geist? Ist Erkenntnis Wahrnehmung oder Denken? Ist Sprache Konvention oder Natur? Ist das gute Leben Lust oder Wissen? Ein Ausblick auf Platon heute, eine kommentierte Bibliographie, ein Verzeichnis der Schlüsselbegriffe sowie eine Zeittafel runden diese für Schule, Studium und Selbststudium bestens geeignete Einführung ab.

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Seitenzahl: 328

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Bettina Fröhlich

Platon

Eine Einführung

Reclam

RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK Nr. 962173

2023 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung: Cornelia Feyll, Friedrich Forssman

Coverabbildung: Platon. Abguss einer Marmorskulptur. Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München, Foto: Heide Glöckler, Kopf des Platon (Abguss München, Inv. 1172), Original in Aix-en-Provence, Musée Granet.

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2023

RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-962173-9

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-014414-5

www.reclam.de

Inhalt

Platon und seine Interpreten

Aristoteles

Plotin und der Neuplatonismus

Schleiermachers Großtat

Die ›Tübinger Schule‹

Wielands Kritik

Vorsokratische Denktraditionen

Platons Lösung

I. Leben und Werk

Biographie

Die Schriften Platons (Corpus Platonicum)

Chronologie

Werkübersicht

Dialogform

Vielfalt der Methoden

II. Aufstieg zur Erkenntnis des Guten

1. Leben in der Höhle

2. Umkehr zur Suche nach der Wahrheit

3. Aufstieg zur Erkenntnis im Tugenddialog

4. Grund und Ziel: Idee des Guten

5. Bildung zum Aufstieg

6. Der sokratische Weg des Aufstiegs

III. Das Gute in Seele, Polis und Kosmos

1. Tugend als Ordnung der Seele

2. Gerechtigkeit als Ordnung der Polis

3. Vernunft als Ordnung des Kosmos

IV. Rückstieg: Kritik der Vorsokratik

1. Sein: Materie oder Geist?

2. Erkenntnis: Wahrnehmung oder Denken?

3. Sprache: Konvention oder Natur?

4. Gutes Leben: Lust oder Wissen?

Platon heute

Literaturhinweise

Siglen der platonischen Schriften

Zitierte Literatur

Kommentierte Bibliographie

Schlüsselbegriffe

Zeittafel

Register

Zur Autorin

[7]Platon und seine Interpreten

Kein Philosoph hat seinen Interpreten größere Rätsel aufgegeben als Platon. Die Debatten über die richtige Deutung seiner Philosophie setzten unmittelbar nach seinem Tod ein und halten bis heute an. Dabei geht es alles andere als gemäßigt zu. Die Meinungsverschiedenheiten werden häufig mit einer derartigen Schärfe und Erbitterung ausgetragen, dass man sich verwundert die Augen reibt. Die Geschichte der Platon-Deutung ist ein einziges Schlachtfeld, auf dem es keine wirklichen Sieger zu geben scheint. Die Frage, worum es Platon eigentlich geht, was im Zentrum seines Philosophierens steht, hat bis heute keine erschöpfende Antwort erfahren, die unangefochten Geltung für sich beanspruchen dürfte. Gegen alle Ansätze sind gewichtige Einwände vorgetragen worden, die die Diskussion stets von neuem angefacht haben.

Es gibt jedoch einige sehr einflussreiche Deutungstraditionen, die das Platon-Bild über Jahrhunderte hinweg maßgeblich bestimmt haben. Dazu gehören insbesondere die aristotelische und die neuplatonische Auslegung. Beide Traditionen konnten sich lange Zeit behaupten und erweisen bis heute ihre Wirkmächtigkeit, obgleich die moderne Forschung deren jeweilige Problematik längst aufgezeigt hat.

Aristoteles

Besondere Wirksamkeit vermochte das aristotelische Platon-Bild zu entfalten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Aristoteles (384–322 v. Chr.) ein langjähriges Mitglied der [8]Platonischen Akademie und Schüler Platons war. Er trat 17-jährig in die Akademie ein und lernte, forschte und lehrte dort 20 Jahre lang bis zu Platons Tod. Aus seinen Schriften wissen wir, dass er Platon hochgeschätzt hat, gleichwohl aber mit Kritik nicht sparsam war.

Seine Sicht auf Platon entfaltet Aristoteles vor allem in der Metaphysik im Zusammenhang mit der Kritik der vorsokratischen Ursachenlehren. Hier findet sich der Keim zu jener Zwei-Welten-Theorie, die bis heute mit seinem Werk verbunden wird. Aristoteles warf Platon eine verhängnisvolle Substantialisierung der Allgemeinbegriffe vor. Der aristotelischen Deutung zufolge hat Sokrates im ethischen Bereich nach dem Allgemeinen gesucht und war auf Wesensdefinitionen ausgerichtet. Platon hingegen habe den Fehler begangen, dem Allgemeinen eine eigenständige Existenz zuzusprechen und es von den sinnlichen Dingen abzusondern (Metaphysik 987b).

Mit dieser Deutung war die Grundlage für die später als platonistisch verstandene Zwei-Welten-Theorie gelegt, die von getrennten Gegenstandsbereichen ausgeht, nämlich von der Welt der wahrnehmbaren sinnlichen Dinge und dem Reich der nur denkbaren intelligiblen Ideen, die gegenüber dem veränderlichen Werden das wahre Sein bezeichnen. Nach Aristoteles bildet die Ideentheorie das Zentrum der platonischen Philosophie. Er sah in dieser Theorie Platons eigentümlichen Lösungsansatz hinsichtlich der Frage nach den ersten Ursachen und Prinzipien des Seienden. Platon habe die Idee (idéa) als Ursache der sinnlichen Wirklichkeit gesetzt und die Beschaffenheit der Dinge durch Teilhabe (méthexis) an den Ideen erklärt (Metaphysik 987b).

[9]Gegen die Ideentheorie hat Aristoteles zahlreiche Einwände vorgetragen. Der Kern seiner Kritik besteht in dem Argument, dass die Idee als getrennte Entität und als reines Formprinzip ohne bewegende, hervorbringende Kraft gerade das nicht leisten kann, was sie leisten soll: Sie kann nicht Ursache der sinnlichen Dinge sein. Das Problem der Teilhabe zwischen Idee und Ding bleibe bei Platon ungelöst (Metaphysik 991a).

Die aristotelischen Einwände gegen die Ideentheorie sind zweifellos berechtigt. Es fragt sich nur, ob Platon solch eine Theorie überhaupt vertreten hat. In der modernen Platon-Forschung sind diesbezüglich erhebliche Zweifel angemeldet worden. Man hat darauf verwiesen, dass sich in den platonischen Dialogen weder eine ausgearbeitete Ideentheorie noch eine Zwei-Welten-Lehre findet.1 Die Idee werde nur in relativ wenigen Dialogen und wenn, dann nur äußerst knapp thematisiert. Die zentralen Fragen, die eine Theorie der Ideen eigentlich zu klären hätte, nämlich wie die Teilhabe zu denken ist, von welchen Dingen es Ideen gibt oder wie eine Systematik der Ideen aussehen könnte, fänden bei Platon keine theoretische Aufmerksamkeit.

Es gibt jedoch einen Dialog, in dem sich tatsächlich solch eine Theorie zu finden scheint, wie sie Aristoteles beschreibt. Im Phaidon, auf den sich Aristoteles in der Metaphysik (991b) ausdrücklich bezieht, wird die Idee als Ursache des So-Seins der sinnlichen Dinge eingeführt und eine Teilhabe des Dings an der Idee angenommen (Phaid. 99d–101e). Platon distanziert sich jedoch deutlich von dieser Theorie, indem er sie als Teil einer autobiographischen Erzählung der Sokrates-Figur darstellt, sie also historisiert, und die Idee als Ursachenhypothese bestimmt, die zu [10]prüfen und zu überschreiten ist, bis man zu einem letzten Grund gelangt (Phaid. 101d/e, 107b). Die Idee ist also keineswegs Platons letzte Antwort auf die Frage nach der Ursache. Das wird nicht zuletzt dadurch bezeugt, dass die Ideentheorie im Parmenides (130a–135c) und im Sophistes (248e–249a) eine fundamentale Kritik erfährt. Im Parmenides werden bereits jene Einwände gegen die Idee vorgetragen, die Aristoteles in der Metaphysik anführt. Die Ideenkritik ist also schon eine ureigenste platonische Kritik.

Plotin und der Neuplatonismus

Die zweite wirkmächtige Deutungstradition ist der Neuplatonismus, der auf den Philosophen Plotin (205–270 n. Chr.) zurückgeht. Anders als Aristoteles, der vornehmlich als Platon-Kritiker auftrat, sah sich Plotin als Platon-Verteidiger bzw. Exeget. Seinem Selbstverständnis nach hat er keinen neuen philosophischen Ansatz entwickelt, sondern lediglich Platons Gedanken ausformuliert.

Plotin betrachtete die platonische Philosophie als Metaphysik, die eine dem Sinnlichen übergeordnete rein geistige Welt annimmt. Diese geistige Sphäre besteht nach Plotin aus drei Entitäten, die auseinander hervorgehen: Die höchste Wesenheit ist das transzendente Eine, die Ursache von allem, die nicht durch diskursives Denken, sondern nur durch eine mystische Erfahrung zu erfassen ist. Die zweite Wesenheit ist der Nous, der aus dem Einen ausströmende Geist, der den Ideenkosmos in sich enthält und durch denkenden Bezug auf sich selbst bestimmt ist. Die dritte geistige Entität ist die Seele, die als Weltseele und [11]Gesamtheit der Einzelseelen in Erscheinung tritt und den Geist mit der Materie verbindet, indem sie die Formen in den Stoff hineinprägt und das Stoffliche damit am Geistigen teilhaben lässt. Nach Plotin gehen diese metaphysischen Grundannahmen auf Platon zurück. Die Leistung, die er selbst erbracht zu haben meinte, besteht in der Entfaltung und klaren Formulierung der entsprechenden Gedanken (EnneadeV 1,8).

Plotins Selbsteinschätzung als getreuer Exeget ist allerdings in der modernen Forschung auf Kritik gestoßen. Die plotinische Auslegung ist ähnlich problematisch wie die des Aristoteles. In Platons Werk findet sich nirgendwo ein Ansatz zu solch einem metaphysischen System der geistigen Entitäten, wie Plotin es entwirft. In Platons Politeia ist zwar vom Guten als Ursache von allem die Rede (rep. 516b/c), und in den späteren Dialogen werden im Rahmen einer Kosmologie der Nous und die Weltseele thematisiert (Timaios, NomoiX). Den Entwurf einer abgesonderten Welt von hierarchisch geordneten geistigen Wesenheiten sucht man dort jedoch vergeblich. Insbesondere findet sich im platonischen Werk keine spekulative Philosophie des Einen. Im Dialog Parmenides (137c–166c), auf den sich Plotin in besonderem Maß bezieht (EnneadeV 1,8), entwirft Platon keine metaphysische Philosophie des Einen, sondern präsentiert in kritischer Absicht ein dialektisches Ableitungsverfahren, das auf einer formalen Verstandeslogik basiert und zu paradoxen Resultaten gelangt.1

Eine kritische Betrachtung der neuplatonischen Auslegung muss zu dem Ergebnis kommen, dass Plotin weniger die platonischen Gedanken entfaltet als vielmehr seine eigene spekulative Geistphilosophie in Platon hineingelesen [12]hat. So wie Aristoteles’ Platon-Bild erkennbar vom eigenen Verständnis der Philosophie im Sinn einer theoretischen Wissenschaft von den ersten Ursachen und Prinzipien des Seienden bestimmt ist, so liegt auch Plotins Auslegung vornehmlich die eigene Metaphysik zugrunde.

Schleiermachers Großtat

Nachdem die platonische Philosophie im Laufe der Jahrhunderte viele Überformungen erfahren hat, ist in der Neuzeit die Forderung laut geworden, sich wieder vorrangig den Originalschriften zuzuwenden, um auf diese Weise Missverständnisse auszuräumen und den wahren Platon zum Vorschein zu bringen. So lautete das Anliegen des Theologen und Philosophen Friedrich Schleiermacher (1768–1834), der Anfang des 19. Jahrhunderts die platonischen Werke ins Deutsche übersetzt und mit Einleitungen und Anmerkungen versehen hatte. Die Idee zu solch einem umfassenden Übersetzungswerk kam von Friedrich Schlegel (1772–1829), der zunächst das Unternehmen gemeinsam mit Schleiermacher durchführen wollte, sich dann aber vom Projekt zurückzog.

Schleiermachers Übersetzung gab den Anstoß zu einer intensiven philologischen und philosophischen Auseinandersetzung mit Platons Werken, die bis heute anhält. Sie bildet sozusagen die Geburtsstunde der modernen Platon-Forschung. Von großer Wirkmächtigkeit waren dabei nicht nur die Übersetzungen, sondern auch die hermeneutischen Überlegungen in der Einleitung.1Schleiermacher hat unter anderem darauf verwiesen, dass Form und Inhalt bei Platon [13]unauflöslich miteinander verbunden sind. Die Dialogform sei nicht bloße literarische Einkleidung, sondern habe einen philosophischen Sinn. Philosophische Erkenntnis sei bei Platon an das Gespräch, an die gemeinsame Überlegung und den Wechsel von Frage und Antwort gebunden. Den schriftlichen Dialog deutet Schleiermacher als Nachbildung des lebendigen mündlichen Gesprächs. Platon verfolge damit die Absicht, zur intellektuellen Selbsttätigkeit und zur eigenen Einsicht anzuregen.2 Folgenreich für die weitere Platon-Forschung war zudem die Annahme, die schriftlichen Werke nähmen eine Vorrangstellung gegenüber den überlieferten mündlichen Lehren ein. Schleiermacher war der Auffassung, dass die gesamte Philosophie Platons im schriftlichen Werk enthalten ist.3

Die ›Tübinger Schule‹

Mit diesen Überlegungen waren einige orientierende Pflöcke in die Platon-Deutung eingeschlagen. Allerdings stieß Schleiermachers Ansatz nicht überall auf Zustimmung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde er scharf kritisiert. Die ›Tübinger Schule‹1 warf Schlegel und Schleiermacher eine Missdeutung des platonischen Philosophiebegriffs vor. In einer Fundamentalkritik am Platon-Bild der modernen Forschung erhob Hans Joachim Krämer (1929–2015) den Einwand, diese sei vom neuzeitlichen Skeptizismus geprägt.2 Die neuere Forschung verstehe die platonische Philosophie als ein Fragen ohne letztgültige Antworten, als ein Problematisieren ohne Problemlösungen, als unendliche Annäherung, die nie zum Ziel komme und [14]unvollendet bleibe.3 Diese Deutung Platons geht, so Krämer, auf Schlegel zurück. Von ihm rührten alle zentralen Kategorien der neueren Platon-Deutung her: der Gedanke der Entwicklung, des Unfertigen, Unvollendbaren und Asystematischen, des agnostisch Undurchsichtigen und Unsagbaren und der Ironie.4Krämer sieht darin eine unreflektierte Übertragung des romantischen Philosophiebegriffs auf den Philosophiebegriff antiker Denker. Der wahre Platon ist nach Auffassung der ›Tübinger‹ ein systematischer Ontologe und Metaphysiker, der ein vollständiges Systemgebäude entworfen hat und über eine Theorie vom Seinsaufbau der Welt und den höchsten Seinsprinzipien verfügte.

Die ›Tübinger Schule‹ stützt ihre Platon-Deutung auf die ›ungeschriebene Lehre‹. Dabei handelt es sich um Lehrinhalte, die Platon den Berichten des Aristoteles und den Zeugnissen der Schultradition zufolge im mündlichen, innerakademischen Unterricht dem Schülerkreis mitgeteilt hat. In deutlichem Widerspruch zu Schleiermachers Auffassung sind die ›Tübinger‹ der Ansicht, dass in der ›ungeschriebenen Lehre‹ die eigentliche Philosophie Platons zu finden sei. Das Kernstück des platonischen Denkens, das Platon in keinem seiner schriftlichen Werke entwickelt und nur mündlich mitgeteilt habe, bestehe in einer ontologischen Prinzipienlehre, die alles Seiende auf wenige Wesenheiten zurückführe: auf das ›Eine‹ und die ›unbestimmte Zweiheit‹. Den Grund dafür, dass Platon die Prinzipienlehre nur mündlich mitgeteilt hat, sehen die ›Tübinger‹ in dem Bestreben, eine unsachgemäße Rezeption und Bewertung der Lehre zu verhindern.

Die Platon-Deutung der ›Tübinger Schule‹ hat nicht nur Anhänger gefunden, sondern auch scharfe Kritik erfahren. [15]Einer der Haupteinwände bezieht sich auf den unkritischen Umgang mit den Zeugnissen. Bei der Rekonstruktion der ›ungeschriebenen Lehre‹ aus dem Quellenmaterial der indirekten Überlieferung stützen sich die ›Tübinger‹ vor allem auf Aristoteles sowie auf antike Autoren, die mündliche Berichte des Aristoteles oder dessen Nachschriften der Lehrgespräche wiedergeben. Die Möglichkeit, dass die aristotelischen Berichte ihrerseits Missverständnisse enthalten könnten oder auf einer Rezeptionsweise basieren, die die platonische Intention verfehlt,5 wird von den ›Tübingern‹ dabei völlig außer Acht gelassen. Der 20-jährige Aufenthalt des Aristoteles in der Platonischen Akademie bietet ja keineswegs Gewähr für die Richtigkeit seines Platon-Verständnisses. Dass Schüler ihre Lehrer auch grundsätzlich missverstehen können, ist eine Binsenweisheit.

Ein weiterer Kritikpunkt besteht in der einseitigen Auslegung und Vereinnahmung von Platons Kritik an Schriftlichkeit. Bei ihrer Begründung, warum Platon die Prinzipienlehre nicht schriftlich niedergelegt hat, beziehen sich die ›Tübinger‹ auf dessen kritische Äußerungen zur Schriftlichkeit im Phaidros (274b ff.) und im Siebten Brief (341b–342a). An den besagten Stellen werden jedoch keineswegs nur die Grenzen und Gefahren der schriftlichen, sondern auch die Gefahren der mündlichen Darstellung aufgezeigt. Der mündliche Lehrvortrag ist ebenso wie die Schrift Missverständnissen ausgesetzt. Platon wertet hier nicht die Mündlichkeit als solche gegenüber der Schriftlichkeit, sondern den Dialog gegenüber dem Monolog auf.6

Häufig kritisiert wurde zudem die Formalität und Inhaltsarmut der Prinzipientheorie, die deren [16]Leistungsfähigkeit begrenze und den behaupteten Stellenwert als Kernstück der platonischen Philosophie mehr als fragwürdig erscheinen lasse.

Wielands Kritik

Einer der schärfsten Kritiker der ›Tübinger‹ Platon-Deutung ist Wolfgang Wieland (1933–2015). Nach Meinung Wielands sind die schriftlichen Dialoge weitaus gehaltvoller und inhaltlich bedeutsamer als die rekonstruierte ungeschriebene Lehre. Jeder Dialog enthalte mehr philosophische Substanz als die Prinzipientheorie.1 Aus der Problematik der dogmatischen Deutungen zog Wieland die Konsequenz, dass es Platon gar nicht um ein theoretisches Wissen von Gegenständen, sondern um eine ganz andere Art des Wissens, nämlich um ein Gebrauchswissen geht, das sich im sachgerechten Umgang mit Dingen und Inhalten bewährt.2 Platons Interesse richte sich auf drei Arten des Gebrauchswissens:

auf das technische Wissen, das sich darauf versteht, Werkzeuge und Stoffe zu gebrauchen und das allgemeine Fachwissen anzuwenden,

auf das praktische Wissen, das die technischen Fertigkeiten in Gebrauch zu nehmen und allgemeine Regeln in der konkreten Situation richtig anzuwenden vermag, und

auf die Dialektik, die mit Begriffen und Meinungen sachgerecht und dem Kontext gemäß umzugehen weiß.

[17]Die Dialektik werde, so Wieland, von Platon zwar auch thematisiert, vor allem aber werde sie gezeigt und vorgeführt. Dies geschehe vornehmlich in den Frühdialogen. In den Tugenddialogen trete in der Gestalt des Sokrates ein erfahrener Dialektiker auf, der über praktische Vertrautheit im Umgang mit Menschen und Reden verfügt, der mit den Behauptungen seiner Partner richtig umzugehen vermag und die Ansprüche auf Wissen zu prüfen fähig ist.3 In der dialektischen Kompetenz sieht Wieland den eigentlichen Gehalt der Tugenddialoge.

Auch wenn Wieland das Verdienst zukommt, den von den dogmatischen Auslegungen weitgehend ignorierten sokratischen Dialog wieder stärker beachtet zu haben, ist seine Deutung nicht minder anfechtbar als die der vorangegangenen Interpreten. Das Problem besteht in der aporetischen Deutung der Dialektik. Nach Wieland ist die sokratische Dialektik nicht ausschließlich Selbstzweck. Sie ziele auf die Entlarvung von Selbsttäuschungen und die Einsicht in das Nichtwissen. Damit sei die Erkenntnis gemeint, über das praktische Wissen nicht wirklich zu verfügen.4 Hierbei geht es zuletzt um die fehlende Erkenntnis des Guten, da das praktische Wissen, so Wieland, bei Platon durch die Einsicht in das Wertprinzip des Guten konstituiert wird. In seiner Interpretation der Gleichnisse der Politeia führt Wieland zwar aus, dass Platon die Dialektik als Weg zu eben dieser Einsicht bestimmt. Seiner Meinung nach ist es jedoch fraglich, ob Platon hier tatsächlich eine erreichbare Erkenntnis vor Augen hat oder ob der im Höhlengleichnis dargestellte Aufstieg zur Idee des Guten nicht vielmehr als Konzeption eines vom Menschen nicht erreichbaren Wissens aufzufassen ist, die die Funktion einer [18]Grenzbestimmung oder eines Ideals erfüllt. Eindeutig ist für Wieland nur, dass der durch die Person des Sokrates verkörperte Dialektiker genau diese Einsicht nicht besitzt.5 Daraus folgt in letzter Konsequenz eine rein aporetische Dialektik, die ungerechtfertigte Wissensansprüche aufzudecken vermag, jedoch keine Einsicht in das Gute gewinnt.

Die Debatte über das richtige Platon-Verständnis scheint damit nach vielen Umwegen dort wieder angekommen zu sein, wo sie schon einmal war. Nachdem die Akademie nach Platons Tod zunächst von metaphysisch-ontologischen Theorien und Systembildungen bestimmt worden war, erfolgte mit Arkesilaos eine Wende vom Dogmatismus zum Skeptizismus. Arkesilaos (315–240 v. Chr.) erinnerte an das aporetische Moment der platonischen Dialoge und führte eine skeptische, widerlegende Methode der Gesprächsführung ein, die sich auf das Vorbild des platonischen Sokrates berief.

Die Geschichte der Platon-Deutung scheint durch einen Wechsel von Dogmatismus und Skeptizismus bestimmt zu sein. Aufgrund ihrer je eigenen Problematik schlagen die beiden Positionen immer wieder ineinander um. Das Problem der dogmatischen Auslegungen besteht darin, dass bei Platon gar kein metaphysisch-ontologisches System zu finden ist. Die skeptischen Deutungen hingegen sehen sich dem Einwand ausgesetzt, dass Platon in seinen Dialogen unablässig zum Aufstieg zur Erkenntnis motiviert und folglich von der Möglichkeit der Erkenntnis des Guten ausgeht. Das Dilemma der Platon-Deutung besteht also darin, eine positive Erkenntnis bei Platon annehmen zu müssen, aber diese gleichzeitig nicht annehmen zu können, weil eine solche in keinem System und keiner wissenschaftlichen Theorie mitgeteilt wird.

[19]Vorsokratische Denktraditionen

Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist möglicherweise dadurch zu gewinnen, dass man den geistesgeschichtlichen Kontext stärker beachtet und von dorther den Zugang zu einem Verständnis der platonischen Philosophie sucht. Platon konnte auf eine lange Tradition des philosophischen Nachdenkens zurückblicken, die durch verschiedene Lösungsansätze bestimmt worden war. Seine eigene Philosophie knüpft einerseits an die vorsokratischen Überlegungen an. Andererseits gelangt er durch Umwandlung und Verbindung der vorherigen Ansätze zu einer ganz neuen Art des Denkens, für das Sokrates das Vorbild war.

Das griechische Denken beginnt mit den Naturphilosophen. Diese alten Weisen suchten nach der arché, dem Anfang oder Grund, der die ganze Wirklichkeit durchzieht und das Sein ausmacht, aus dem die Dinge hervorgehen. Die Ursache wurde zunächst im Stofflichen gesucht. Thales von Milet (wahrscheinlich um 624/23 – zwischen 548 und 544 v. Chr.) gelangte zu dem Schluss, dass alle Dinge im Wasser ihren Anfang haben und dies der Urstoff von allem sei. Anaximenes (um 585 – zwischen 528 und 524 v. Chr.) hingegen bestimmte die Luft als arché: Dieser Stoff durchziehe, umfasse und belebe die ganze Wirklichkeit. Andere Denker unternahmen den Versuch, alle Grundstoffe in einer Theorie über die Ursachen zu verbinden.

Die Suche nach einem Urstoff als Prinzip der Dinge wurde jedoch schon bald als ungenügend erkannt. Das Stoffliche vermochte keine Erklärung von Sinn, Zweck und Ordnung der physikalischen Wirklichkeit zu bieten. Die [20]Lösung bestand darin, ein geistiges Prinzip anzunehmen, das in der Natur wirksam ist und alles Geschehen lenkt.

Xenophanes (um 580/570 – ins frühe 5. Jahrhundert v. Chr.) entwickelte in Abgrenzung von der anthropomorphen Polis-Religion das Konzept eines gestaltlosen, vollkommenen göttlichen Wesens, das durch sein Bewusstsein alles steuert.

Nach Auffassung des Anaxagoras (um 499–428 v. Chr.) ist der Nous – der Geist – Ursache aller Dinge. Die physikalische Welt wurde hier von einem geistigen Grund her gedacht, der das Stoffliche bewegt und ordnet.

Besondere Wirkmächtigkeit hat die Theorie des Parmenides (um 520/515 – um 460/455 v. Chr.) erlangt. Dieser Philosoph entwickelte eine Lehre vom Sein, die oft als Beginn des metaphysischen Denkens interpretiert wird. Er bestimmte das Sein als unteilbares, in sich gleichartiges Ganzes, dessen Vollkommenheit einer Kugel gleicht. Dem Sein kämen die Prädikate der Unvergänglichkeit und Unveränderlichkeit, der Ruhe und der Raum- und Zeitlosigkeit zu, vor allem aber das Merkmal der alleinigen Existenz. Nur das Sein ist, das Nichtseiende und damit das Werden in seiner ganzen Vielfalt und Veränderlichkeit ist nicht. Damit wurden Sein und Werden, Denken und empirische Anschauung scharf voneinander abgegrenzt. Erkenntnis gibt es nach Parmenides nur vom unwandelbaren Sein; die Sinneserfahrung hingegen, die eine veränderliche Realität widerspiegelt, ist trügerisch und dem Schein verfallen.

Die parmenideische Lehre vom Sein, die so schwer mit unserer Erfahrungswirklichkeit zu vereinbaren ist, hat viel Widerspruch erfahren. Ein radikaler Zweifel ist von der Sophistik artikuliert worden. Gegen die Annahme eines [21]unbeweglichen, unveränderlichen Seins hat Gorgias (zwischen 490/485 – frühestens 396 v. Chr.), einer der Hauptvertreter dieser kritischen Aufklärungsbewegung, eingewendet, dass nichts existiert. Sollte doch etwas existieren, so sei es nicht erkennbar, und selbst wenn es erkennbar wäre, so wäre es doch unsagbar und nicht mitteilbar.

Die Sophistik übte scharfe Kritik an der gesamten religiösen und philosophischen Tradition. Religion, Geisttheorie und Seinslehre wurden als Fiktionen und Entwürfe des Menschen entlarvt, die keine Objektivität besäßen. Nach Auffassung der Sophisten gibt es keine objektiven Sachverhalte und keine ewigen, vom Menschen unabhängigen Maßstäbe. Religion, Recht, Moral und Sprache basieren, so die Meinung der Sophisten, auf menschlichen Konventionen, Setzungen und Bedürfnissen. Diese skeptisch-relativistische Sichtweise wird in dem berühmten Homo-mensura-Satz des Protagoras (um 490 – um 411 v. Chr.) prägnant auf den Punkt gebracht: »Der Mensch ist das Maß aller Dinge«.1

Mit der sophistischen Kritik an der Tradition war eine Verlagerung des Schwerpunkts des philosophischen Nachdenkens von der Naturbetrachtung zur menschlichen Lebenswelt verbunden. Ins Zentrum der Reflexion rückten jetzt die Tugend, Staat und Recht, Verfassungslehre, Sprache und Rhetorik.

Wurden die philosophischen Kontroversen in der älteren griechischen Philosophie innerhalb der Naturphilosophie ausgetragen, so bildeten sich mit dem Auftritt der Sophisten zwei große Lager, nämlich die dogmatische Geisttheorie und Spekulation um das Wesen des Seins auf der einen Seite und die skeptische Philosophie des [22]Menschenmaßes auf der anderen Seite. Dogmatismus und Skepsis standen einander im Streit gegenüber. Die Skeptiker konnten den Dogmatikern vorwerfen, dass sie sich in leeren und abstrakten Spekulationen verlieren und Wirklichkeiten konstruieren, die empirisch nicht nachprüfbar sind. Die Dogmatiker hingegen konnten den Skeptikern vorhalten, dass ihr relativistisches und kritisches Denken zu einer Auflösung der Erkenntnisgegenstände und der sittlichen Normen führt, was einen Verfall von Vernunft, Moral und Gesellschaft zur Folge hat.

Platons Lösung

Platon ordnet sich selbst keinem der beiden Lager zu. Er geht weder in der einen noch in der anderen Position auf, sondern beschreitet – indem er seinem Lehrer Sokrates folgt – ganz neue Wege. Die platonische Philosophie greift zentrale Annahmen sowohl der Naturphilosophie als auch der Sophistik auf, deutet diese aber in völlig anderer Weise. Platon knüpft zum einen an den naturphilosophischen Gedanken eines übergeordneten Vernunftprinzips an. Zum anderen aber folgt er der von der Sophistik vollzogenen Wendung zum Menschen hin.

Beide Anknüpfungspunkte erfahren im platonischen Denken eine Umwandlung und Neuausrichtung. Die geistige Ursache wird bei Platon nicht nur verstandesmäßig erschlossen und gedacht, sondern als Wirklichkeit gesucht. Und der Mensch wird im Gegensatz zur Sophistik nicht als Maß aller Dinge gesetzt, sondern auf einen Maßstab bezogen.

[23]Aus der Verbindung dieser beiden Ansätze ist eine Philosophie entstanden, die im Unterschied zur vorsokratischen Naturphilosophie beim Menschen ansetzt und über die Untersuchung des menschlichen Seins den Zugang zur Erkenntnis der arché zu gewinnen trachtet. Platon entwickelte ein Konzept vom Aufstieg, das von der Leitidee getragen ist, dass der Weg zum Urprinzip der Wirklichkeit über die Prüfung der Vorstellungen vom menschlichen Gutsein und die Einsicht in die Tugend führt. In der Erkenntnis des Guten als Ursache der menschlichen Bestheit wird, so Platons Gedanke, die Ursache des Ganzen berührt. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Bestheit, Schönheit und Ordnung sowie deren Wirkursache im menschlichen und physikalischen Bereich durch eine Wesensähnlichkeit bestimmt sind. In der Ursache der menschlichen Tugend ist dementsprechend das Prinzip enthalten, das auch in der Ursache der physikalischen Ordnung wirksam ist.

Die Prüfung der Wertvorstellungen und die darin vollzogene Suche nach dem Guten führt Platon in den Frühdialogen vor. Dem sokratischen Dialog kommt somit in der platonischen Philosophie eine herausragende Bedeutung zu: Sokrates ist sozusagen der Schlüssel zum Verständnis des Platonismus. In der Geschichte der Platon-Deutung wurde der platonische Sokrates meist unterschätzt, und zwar sowohl von den Dogmatikern, die ihn gänzlich ignoriert oder als unvollkommenen Anfang des Philosophierens gedeutet haben, als auch von den Skeptikern, die im sokratischen Gespräch nur den aporetischen Dialog, der zu keinem positiven Resultat gelangt, zu sehen vermochten. Für Platon hingegen ist Sokrates die Vollendung der [24]Weisheit und der Inbegriff einer erfolgreichen philosophischen Suche nach Erkenntnis.

Jede Platon-Interpretation sieht sich der Gefahr ausgesetzt, auf jene Positionen zurückzufallen, die Platon selbst längst hinter sich gelassen hatte. Je nachdem, welches Philosophieverständnis dem eigenen Denken zugrunde liegt, wird Platon entweder als Konstrukteur eines Systemgebäudes oder als aporetischer Denker verstanden. Platon hat jedoch weder ein spekulatives metaphysisches System der Ideen oder ersten Seinsprinzipien entworfen, noch geht er in einer rein problemorientierten skeptischen Philosophie auf, die Irrtümer und Widersprüche aufzeigt, ohne zu eigenen Lösungen zu gelangen.

In den platonischen Dialogen finden sich viele theoretische Überlegungen zu Tugend, Seele, Sein, Nous und Kosmos, die jedoch hinsichtlich der Erkenntnismethode und der Wissensform stets eingeschränkt werden und daher nicht als Zentrum des platonischen Denkens betrachtet werden können. Es scheint so, als ob jeder Ansatz, der Platon über eine Theorie oder Lehre zu fassen sucht, unabhängig davon, ob diese im schriftlichen Werk oder in der mündlichen Überlieferung gesucht wird, zum Scheitern verurteilt ist.

Die platonische Philosophie lässt sich am ehesten als Wegphilosophie verstehen. Platon bietet uns keine Theorie des Guten, aber er zeigt einen Weg auf, wie das Gute zu erreichen ist. Die ganze platonische Philosophie ist von der Intention bestimmt, zum Aufstieg und zur Ausbildung der Tugenden zu motivieren. Das Werk Platons besteht also weniger in der Mitteilung eines aufgefundenen Wissens als vielmehr im Appell, selbst tätig zu werden.

[25]I. Leben und Werk

Biographie

Eine wichtige Quelle zu Platons Biographie ist Diogenes Laertios, ein Philosophiehistoriker aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., dessen Sammlung φιλοσόφων βίων καὶ δογμάτων συναγωγή (›Zusammenstellung über Leben und Lehren der Philosophen‹) viele Angaben und Anekdoten enthält. Überliefert sind zudem zahlreiche Legenden, die nach Platons Tod entstanden sind. Eine der sichersten und zuverlässigsten Quellen ist für uns der Siebte Brief aus der Sammlung der 13 Briefe, die unter Platons Namen überliefert sind.

Platon wurde 428/27 v. Chr. in Athen geboren, das damals als kulturelles Zentrum Griechenlands galt.1 Sein Vater Ariston und seine Mutter Periktione stammten aus vornehmen Familien. Platon hatte zwei Brüder – Glaukon und Adeimantos, die in der Politeia als Gesprächspartner des Sokrates auftreten, sowie eine Schwester – Potone – und einen Halbbruder namens Antiphon, der im Dialog Parmenides erwähnt wird. Platon genoss in Kindheit und Jugend eine musisch-gymnastische Ausbildung, wie sie in aristokratischen Familien üblich war. Wir können davon ausgehen, dass er mit allen wichtigen Werken der griechischen Dichtung und Philosophie von Jugend an bestens vertraut war. Im Alter von 20 Jahren begegnete Platon jenem Philosophen, der für sein ganzes weiteres Leben und Wirken maßgeblich wurde: Sokrates (469–399 v. Chr.). Er schloss sich dem Kreis um Sokrates an und war bis zu dessen Hinrichtung einer seiner engsten Schüler. Wie prägend diese [26]Begegnung war, wird nicht zuletzt daran ersichtlich, dass Platon sein ganzes Werk am philosophischen Gespräch des Sokrates ausgerichtet hat und diesen in fast allen Dialogen als Gesprächsführer auftreten lässt.

Als Spross einer vornehmen Familie lag es nahe, dass Platon die politische Laufbahn einschlug. Der Siebte Brief berichtet davon, dass Platon die Absicht hatte, als Politiker in Athen zu wirken (epist. VII 324b). Die politischen Entwicklungen führten jedoch dazu, dass er sich von diesen Ambitionen zunehmend distanzierte. Nach der Niederlage Athens im Peloponnesischen Krieg (431–404 v. Chr.) übernahm 404 v. Chr. eine Gruppe von Oligarchen die Macht in Athen. Die ›Herrschaft der Dreißig‹ wurde von Platon wie von vielen anderen zunächst begrüßt (epist. VII 324d). Die Oligarchen traten mit dem Anspruch auf, die von Unruhen und moralischen Verfallserscheinungen erschütterte Polis wieder in eine gesetzliche Ordnung zu führen und die Bürger zur Tugend anzuleiten. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass die ›Dreißig‹ eine Herrschaft der Gewalt und Willkür errichteten. Alle Kritiker und politischen Gegner wurden skrupellos ermordet. Als Gipfelpunkt des Unrechts wurde von Platon und vielen anderen der Versuch empfunden, unschuldige Bürger in die grausamen Taten zu verstricken. Entsprechend versuchten die ›Dreißig‹, auch Sokrates mitschuldig zu machen, indem sie ihm und anderen Bürgern befahlen, Leon aus Salamis, einen verdienstvollen Mann, der offenbar eine prodemokratische Gesinnung hatte und damit den Oligarchen ein Dorn im Auge war, zu entführen, damit er getötet werden konnte. Sokrates weigerte sich, den Befehl auszuführen, und ging nach Hause. Dieses tapfere Festhalten am Recht hätte Sokrates [27]vermutlich das Leben gekostet, wenn nicht kurze Zeit später die ›Dreißig‹ unter Führung des Thrasybulos (um 440–388 v. Chr.) gestürzt worden wären.

Die Wiederherstellung der attischen Demokratie war für Platon zunächst mit der Hoffnung verbunden, seine politischen Ambitionen doch noch verwirklichen zu können. Diese Hoffnung wurde jedoch durch neues Unrecht zunichte gemacht: Im Rahmen der Asebieprozesse wurde Sokrates von Athener Bürgern angeklagt. Man warf ihm Gottlosigkeit und Jugendverderb vor und verurteilte ihn 399 v. Chr. zum Tod. Die Verurteilung und Hinrichtung jenes Mannes, der im Siebten Brief als der »Gerechteste seiner Zeit« (epist. VII 324e) bezeichnet wird, muss für Platon der Inbegriff des Unrechts gewesen sein. Ein politisches Wirken in seiner Heimatstadt Athen war für ihn unter diesen Umständen nicht denkbar.

Nach dem Tod des Sokrates reiste Platon mit anderen aus dem Schülerkreis nach Megara, wo Eukleides, ebenfalls ein Schüler des Sokrates, lebte. In dieser Zeit begann Platon mit der Abfassung philosophischer Werke. In den ersten zehn Jahren nach Sokrates’ Tod verfasste er Dialoge nach dem Vorbild jener sokratischen Tugendgespräche, die er in den Jahren seiner Schülerschaft intensiv kennengelernt und studiert hatte.

Im Alter von 40 Jahren (um 389–387 v. Chr.) unternahm Platon eine Reise nach Unteritalien und Sizilien. Im griechisch besiedelten Unteritalien traf er Pythagoreer, Anhänger einer philosophischen Schule, die von Pythagoras von Samos (um 570 – nach 510 v. Chr.) gegründet worden war. Dort hatte er auch Kontakt mit Archytas von Tarent (zwischen 435 und 410 – zwischen 355 und 350 v. Chr.), einem [28]pythagoreischen Philosophen, der sich mit Mathematik, Musik und Physik beschäftigte. Wie der Siebte Brief bezeugt (epist. VII 339e, 350a), war Platon mit Archytas freundschaftlich verbunden.

In Sizilien begegnete Platon Dionysios I. (um 430–367 v. Chr.), dem tyrannischen Herrscher von Syrakus, der von Machtstreben durchdrungen war und auf Größe und militärische Stärke zielte. Der Siebte Brief beschreibt Verhältnisse in Syrakus, die weit von einer gerechten Ordnung entfernt waren. In der Stadt herrschten Sinnenlust, Sittenverfall und Vernunftfeindlichkeit (epist. VII 326b–d). Ein prägendes Erlebnis war für Platon die Bekanntschaft mit Dion (409–354 v. Chr.), einem Verwandten von Dionysios. Dion zeigte großes Interesse an der Philosophie und begeisterte sich für die Ideen einer gerechten staatlichen Ordnung und einer vernunftorientierten Politik. Zwischen Dion und Platon entwickelte sich eine Freundschaft, die weitere folgenreiche Besuche in Sizilien nach sich ziehen sollte.

Nach seiner Rückkehr in die Heimatstadt kaufte Platon ein Grundstück am Stadtrand von Athen und gründete dort eine Schule – die Akademie. Der Name stammt vom Heros Akademos ab, einer griechischen Heldenfigur, der das Grundstück geweiht war. Die Akademie war neben der Schule des Rhetoriklehrers Isokrates (436–338 v. Chr.) die erste höhere Bildungseinrichtung in Griechenland. Platons Schule gewann rasch hohes Ansehen und zog viele junge Leute an. Einer der berühmtesten Schüler war Aristoteles, der 20 Jahre lang in der Akademie lernte und lehrte und einige Jahre nach Platons Tod eine eigene Schule in Athen gründete, die später Peripatos (aus dem Altgriechischen für [29]›Wandelhalle‹, ›Säulengang‹, also jenen Ort, an dem die Lehrgespräche stattfanden) genannt wurde.

Die Akademie verstand sich als Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden. Die Ausrichtung auf das philosophische Bildungs- und Erkenntnisziel begründete eine Verbundenheit, die sich in gemeinsamen Mahlzeiten, Symposien (gesellige Treffen) und Festen widerspiegelte. Das Studium in der Akademie war unentgeltlich und stand jedem frei, der Begabung und Eignung mitbrachte. Auch Frauen waren offenbar zugelassen. Abstammung, Herkunft und Geschlecht spielten allem Anschein nach weder bei der Aufnahme noch bei der Strukturierung des Lehr- und Lernbetriebs eine Rolle. Fortgeschrittene Schüler übernahmen Lehr- und Forschungsaufgaben. Hier bestanden den Zeugnissen zufolge viele Freiheiten. In der Akademie konnten gegensätzliche Auffassungen und Lehrmeinungen vertreten und diskutiert werden. Eine Dogmatik der Lehrinhalte lag Platon fern. Ihm ging es weniger um dogmatische Wissensvermittlung als vielmehr um eine Schulung des philosophischen Denkens, die mit einer entsprechenden Persönlichkeitsbildung verbunden war.

Leider sind uns kaum Angaben dazu überliefert, wie der Unterricht ablief und welches die konkreten Inhalte waren. Einige Anhaltspunkte bietet das schriftliche Werk Platons:

In der Politeia wird ein Bildungsprogramm entworfen, das der Einübung des philosophischen Denkens diente. Die Beschäftigung mit den theoretischen Wissenschaften – Arithmetik, Geometrie, Stereometrie, Astronomie, Harmonik – sollte die Vernunft schulen und die Dialektik vorbereiten (rep. 521c–531c). Vermutlich entspricht dieses Programm einem Teil des akademischen Unterrichts. Daneben [30]werden alle Gegenstände eine Rolle gespielt haben, die auch in den schriftlichen Dialogen erörtert werden: Sprache, Erkenntnis, Kritik an Sophistik und Rhetorik, Seelenlehre, Ethik, Verfassungslehre, Kosmologie, Theologie. Das eigentliche Zentrum der akademischen Lehre und Forschung dürften jedoch dialektische Untersuchungen zur Tugend und zum Guten gewesen sein: Wie Platon in der Politeia deutlich macht, ist die Erkenntnis des Guten nicht nur Voraussetzung für eine gelingende Praxis, sondern auch Grundlage von theoretischen Erörterungen (rep. 511b–d, 517c).

Neben der Lehrtätigkeit hat Platon philosophische Schriften in Dialogform verfasst. In den ersten zwei Jahrzehnten nach der Akademiegründung sind die Dialoge Phaidon, Symposion, Phaidros und die Politeia entstanden. Der Staat (gr. Politeia) gilt als Platons Hauptwerk.

Im Alter von etwa 60 Jahren unternahm Platon eine zweite Reise nach Sizilien (367/6 oder 366/5). Anlass war ein Machtwechsel in Syrakus. Dionysios II. (um 396 – nach 337 v. Chr.) übernahm nach dem Tod seines Vaters die Herrschaft. Dion hatte den Eindruck, dass sich der neue Herrscher für die Philosophie gewinnen lasse und die Umsetzung der Idee einer gerechten politischen Ordnung greifbar nahe sei. Der Bitte Dions, ihm bei der philosophischen Bildung des jungen Herrschers Beistand zu leisten, kam Platon schließlich nach. Er fühlte sich dem Freund und der Sache verpflichtet und trat, wenn auch nicht ohne Bedenken, die Reise an. Doch der Aufenthalt verlief alles andere als erfolgreich. Dion wurde bei Dionysios II. wegen angeblicher Umsturzpläne denunziert und von diesem verbannt. Dionysios II. nötigte Platon zum Bleiben, obgleich er kaum [31]Ambitionen zeigte, sich auf die Philosophie einzulassen. Nachdem Platon den Tyrannen schließlich überzeugen konnte, ihn ziehen zu lassen, kehrte er nach Athen zurück.

Fünf Jahre später (361 v. Chr.) erfolgte eine dritte Reise nach Syrakus. Aus Sizilien kam die Nachricht, dass sich Dionysios II. nun doch verstärkt mit Philosophie beschäftige und von großem Eifer für die Sache ergriffen sei. Dionysios II. schickte mehrere Einladungen an Platon, die von dem Versprechen begleitet waren, sich mit Dion auszusöhnen. Nachdem auch Dion und die pythagoreischen Freunde aus Tarent unter Verweis auf Dionysios’ Fortschritte in der Philosophie Platon zur Reise drängten, entschloss sich dieser, wenngleich mit größter Skepsis, ein drittes Mal nach Syrakus zu fahren. Es zeigte sich schnell, dass die Zweifel sehr berechtigt waren. Der Tyrann hatte kein tieferes Interesse an der Philosophie. Er war von Ehrgeiz und Renommiersucht getrieben. Nachdem Dionysios II. Platon unter Vorgabe falscher Versprechungen genötigt hatte, seinen Aufenthalt zu verlängern, geriet dieser zunehmend in Gefahr und konnte nur mit Hilfe seines Freundes Archytas von Tarent nach Athen zurückkehren.

Einige Jahre später (357 v. Chr.) unternahm Dion trotz Platons Einspruch den Versuch, Dionysios II. mit Gewalt zu stürzen. Es gelang ihm, den Tyrannen zu vertreiben. Dion wurde jedoch schon bald Opfer eines Attentats, so dass er seine Vorstellungen einer gerechten Ordnung nicht verwirklichen konnte.

Die letzten Jahre bis zu seinem Tod verbrachte Platon in Athen. In dieser Zeit entstanden der Dialog Philebos und die großen Alterswerke Timaios sowie die Gesetze (gr. Nomoi), die von Platons Schüler postum herausgegeben [32]worden sind. Platon starb 80-jährig im Jahr 348/7 v. Chr. als ein Philosoph, der in der Öffentlichkeit großes Ansehen genoss.

Nach Platons Tod übernahm zunächst sein Neffe Speusippos (um 348/7–339 v. Chr.) und später Xenokrates von Chalkedon (396/395–314/313 v. Chr.) die Leitung der Akademie. Die Akademie hatte eine sehr wechselvolle Geschichte, erwies sich aber als überaus langlebige Institution. Sie wurde erst im Jahr 529 n. Chr. von Kaiser Justinian I. (um 482–565 n. Chr.) geschlossen. Platons Akademie lebt bis heute als Vorbild der modernen europäischen Universität fort.

Die Schriften Platons (Corpus Platonicum)

Von vielen antiken Philosophen sind uns nur Fragmente überliefert. Bei Platon ist jedoch das gesamte Werk vollständig erhalten. Das grenzt fast an ein Wunder, wenn man bedenkt, wie zahlreich Brände, Zerstörungen, Kriege im Laufe der Jahrhunderte waren und wie viele wertvolle Kulturgüter dem zum Opfer gefallen sind. Für das Phänomen gibt es jedoch eine Erklärung: Im Vergleich zu anderen Autoren der Antike ist Platon viel intensiver und umfangreicher überliefert bzw. tradiert worden. Das wiederum ist darin begründet, dass man offenbar schon früh die Bedeutung seiner Philosophie erkannt hat.

Die Überlieferung erfolgte zunächst auf Papyri. Im Mittelalter wurden die Texte in aufwändig angefertigten Handschriften tradiert. Nach der Erfindung des Buchdrucks in der Neuzeit wurden schließlich Druckausgaben hergestellt. Die ältesten Papyri stammen aus dem 4. bzw. 3. [33]Jahrhundert v. Chr. Die meisten der zahlreichen Handschriften des Mittelalters gehen auf Vorlagen des 9. Jahrhunderts n. Chr. zurück.1 Die erhaltenen Papyri und Handschriften haben ganze Forschergenerationen beschäftigt. Das Problem besteht darin, dass unterschiedliche Überlieferungsstränge existieren und die Handschriften zum Teil voneinander abweichen.2

Zudem herrscht Unsicherheit darüber, ob einige Dialoge tatsächlich echt sind. Das Corpus Platonicum umfasst 43 Schriften, die zwar alle unter Platons Namen überliefert sind, die jedoch nicht alle von Platon stammen. Einige Dialoge sind bereits in der Antike als unecht erkannt worden. Die Authentizität anderer Texte wurde erst von der modernen Forschung angezweifelt.

In der Antike hat man eine sogenannte Tetralogien-Ordnung der platonischen Schriften erstellt, an der sich die mittelalterlichen Handschriften orientiert haben, die aber auch für moderne Editionen noch maßgeblich ist. In diesem Standard-Corpus sind 36 Dialoge zu neun Vierergruppen geordnet. Darin sind etliche Dialoge enthalten, die heute in ihrer Echtheit umstritten sind. Dazu zählen

Alkibiades I, Alkibiades II, Anterastai, Epinomis, Hipparchos, Hippias I, Kleitophon, Minos und Theages.

Der Alkibiades I, ein Dialog über das Problem der Selbsterkenntnis, galt in der Spätantike als Einführungslektüre in das Studium der platonischen Schriften und wurde von den Neuplatonikern besonders geschätzt. Es gab keinerlei Zweifel daran, dass Platon der Verfasser des Textes ist. Erst Friedrich Schleiermacher (1809) hat Bedenken gegen die [34]Annahme der Echtheit angemeldet. In der jüngeren Platon-Forschung zeichnet sich jedoch eine deutliche Tendenz ab, den Dialog wieder als echt anzusehen.3

Bei den als unecht geltenden oder umstrittenen Schriften handelt es sich keineswegs um Fälschungen, sondern um Texte, die im Umkreis der Platonischen Akademie entstanden sind und die Auffassungen und Überlegungen der Schultradition widerspiegeln. In diesen Schriften ist also durchaus platonisches Gedankengut enthalten.

Die folgenden 26 Dialoge werden heute als echt bezeichnet:

Apologie, Charmides, Euthydemos, Euthyphron, Gorgias, Hippias II, Ion, Kratylos, Kritias, Kriton, Laches, Lysis, Menexenos, Menon, Nomoi, Parmenides, Phaidon, Phaidros, Philebos, Politeia, Politikos, Protagoras, Sophistes, Symposion, Theaitetos und Timaios.

Neben den dialogischen Schriften sind 13 Briefe unter Platons Namen überliefert. Die meisten von diesen gelten heute als unecht. Die Authentizität einiger Briefe ist umstritten. Dazu gehört der inhaltlich bedeutsame Siebte Brief, in dem Aussagen über die philosophische Einsicht und den Stufenweg der Erkenntnis getroffen werden. Ähnlich wie beim Alkibiades I verteidigen inzwischen viele Forscher dessen Echtheit.4

Im Corpus Platonicum überliefert ist zudem eine Sammlung von 300 Definitionen (gr. hóroi), die von der modernen Forschung jedoch als unecht eingeschätzt werden.

Einer der maßgeblichen Herausgeber der platonischen Werke in der Moderne ist John Burnet (1863–1928). Die [35]sogenannte Oxforder Ausgabe ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts erschienen (1900–1907, 21905–1913, 5 Bände) und gilt noch heute als Standard-Ausgabe. Gegenwärtig wird an einer neuen kritischen Oxforder Gesamtausgabe gearbeitet, die die erhaltenen Handschriften, die Papyrus-Funde, aber auch die Zitationen bei antiken Autoren und die Resultate der bisherigen Textkritik berücksichtigt.

Grundlegend für die Zitierweise der platonischen Werke ist noch heute die 1578 in Genf erschienene Ausgabe von Henricus Stephanus