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›ALEJANDRO‹, wie es in sein Namensschild hinter der Frontscheibe eingeprägt ist, ist ein leidenschaftlicher Fernfahrer im internationalen Fernverkehr, regelmäßig bereist er die iberische Halbinsel. Der Autor begleitet den Fernfahrer aus Leidenschaft, durch zahllose wahre und überlieferte Erlebnisse rund um die internationalen Touren. Es sind Geschichten von Raubüberfällen bis zum Mord an unliebsamen Zeugen, Situationen zwischen Leben und Tod, von purer Lust am Leben und trüben Momenten, von Sekundenschlaf und totaler Übermüdung. Das Leben auf der Straße, unverblümt und ungeschönt. Bereits als Jugendlicher hatte er eine klare Vorstellung von einem glücklichen Familienleben. Von einer warmherzigen Frau, von drei Kindern, am liebsten alles Mädchen, träumt er seither. Dafür würde er seinen Job jederzeit an den Nagel hängen, das weiß er ganz genau. Im spanischen Albacete lebt die Unternehmers-Tochter Felicia mit ihrer dreijährigen Tochter Pepita. Sie ist unabhängig und intelligent, nach außen wirkt sie selbstbewusst. Im damaligen Spanien, der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts, genießen Frauen mit unehelichen Kindern geringes Ansehen und haben es schwer einen Mann zu finden, zu groß sind Vorurteile und der Einfluss der katholischen Kirche. Feli, wie sie überall liebevoll genannt wird, ist eine bildhübsche, groß gewachsene junge Frau, doch hat sie es mit ihrer Körpergröße von 1,85 Metern schwer einen passenden Partner zu finden. Sie sehnt sich nach einem Ehemann und Papa für ihre Tochter, mit dem beide durch dick und dünn gehen können, einen Mann, mit dem sie bis an ihr Lebensende lachen und weinen kann. Sind dies nur Wunschträume oder gibt es da draußen tatsächlich ein solches Exemplar? Sie lächelt ihn mit großen Augen an, nein es ist kein normales Lächeln, es ist anders, ihre Augen beginnen zu glänzen und zu funkeln. Ihre Blicke treffen ihn genau in sein Herz. Sein Herz schlägt schneller. Er erwidert ihr Lächeln mit einem freundlichen nicken und strahlt sie dabei an. »Nicht zu lange anschauen, schnell woanders hinsehen, sonst glaubt sie noch ich würde sie anstarren«, schießt es ihm durch den Kopf. Felicia erwidert das Lächeln des Camioneros. Ihr Magen scheint sich zu drehen, sie hat ein Kribbeln in ihrem Bauch, »Was ist los mit mir? Ist er es, ist es der, auf den ich gewartet habe?« Feli hat das Gefühl ihren Verstand zu verlieren, das Herz schlägt bis hinauf in ihren Hals, sie blickt erneut nach draußen, er unterhält sich mit Pedro, dem Lageristen, »Los, schau bitte noch einmal zu mir, bitte, bitte!« Als er sich wieder zu ihr hingewendet hat, hatte sie ihren Kopf bereits erneut auf ihren Schreibtisch gerichtet. Sofort springt sein Kopfkino an, es sind Bilder rund um ein Familienleben, er sieht sich, die wunderschöne Lady und eine kleine Horde Kinder, genau wie in seinen zahllosen Träumen. Alexander fängt sich wieder und wischt die Bilder so schnell weg, wie sie aufgekommen sind. »Hör auf zu träumen«, ruft er sich zur Besinnung. »In einer halben Stunde bist du hier weg und wirst nie mehr zurückkommen«. Er dreht sich erneut zu ihr, sie blickt ihm freudig in seine klaren Au-gen, er lächelt zurück, es ist ein Lächeln, das Felis Herz schmelzen lässt. Sie kann keinen klaren Gedanken fassen. Sie steht auf und läuft schnell nach nebenan in Mamas Büro, sie hat es eilig. Maria fragt, ob der Camionero ein Deutscher sei, dass die Ladung aus Alemania kommt, hat sie bereits an den Behältern gesehen. Ihr Lagerist meint, »Ich glaube schon«.
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Seitenzahl: 309
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Über Sandy Nell
Nach einem turbulenten Leben, das ihm viel abverlangte, hat er mit seiner zweiten Frau die Ruhe und das Glück gefunden, nach dem er sein ganzes Leben lang suchte.
Nell kam zum Schreiben über Umwege. Alles begann mit der Veröffentlichung zahlreicher Artikel zum Thema Behinderung und Barrierefreiheit, während seines ehrenamtlichen Engagements.
Sandy Nell
point of no return
Mein langer Weg zu Dir
Romannach realen Erlebnissen
© 2024 by Sandy Nell
Impressum
© 2024 Sandy Nell
Umschlag, Illustration: Norbert Sandmann
Lektorat, Korrektorat: Norbert Sandmann
Bildnachweis: IStock, 961956422 ;529681994; 1138089745
Druck und Distribution im Auftrag Sandy Nell
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland
ISBN
Softcover 978-3-384-11111-1
Hardcover 978-3-384-11112-8
E-Book 978-3-384-11113-5
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Widmung
Dieser Roman basiert auf einer langjährigen, gefühlsbetonten Beziehung zu einem fantastischen Menschen.
Er ist für einen besonderen Menschen geschrieben, der an mich von der ersten Stunde an glaubte und mich inspirierte.
Cover
Über Sandy Nell
Titelblatt
Urheberrechte
Widmung
Die Geschichte
Prolog
Mr. Right
Hält die Ladungssicherung?
Der gefällt dir, oder?
Die Kehle durchgeschnitten
Die falsche Ausfahrt
Baden im Mittelmeer
Bakschisch
Umweltkatastrophe
Dreibeiner
Ausgeraubt
Papito
Grau in Grau
Weiße Elefanten
Frankreichblockade
Toledo
Er ist da
Letzte Tour
Schwarzwälder Kirschtorte
Anfang vom Ende
Fantasien
Laudatio
Epilog
BITTE REZENSIERE DIESES BUCH!
Cover
Introduction
Über Sandy Nell
Titelblatt
Urheberrechte
Widmung
BITTE REZENSIERE DIESES BUCH!
Cover
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Die Geschichte
›ALEJANDRO‹, wie es in sein Namensschild hinter der Frontscheibe eingeprägt ist, ist ein leidenschaftlicher Fernfahrer im internationalen Fernverkehr, regelmäßig bereist er die iberische Halbinsel.
Der Autor begleitet den Fernfahrer aus Leidenschaft, durch zahllose wahre und überlieferte Erlebnisse rund um die internationalen Touren. Es sind Geschichten von Raubüberfällen bis zum Mord an unliebsamen Zeugen, Situationen zwischen Leben und Tod, von purer Lust am Leben und trüben Momenten, von Sekundenschlaf und totaler Übermüdung.
Das Leben auf der Straße, unverblümt und ungeschönt.
Bereits als Jugendlicher hatte er eine klare Vorstellung von einem glücklichen Familienleben. Von einer warmherzigen Frau, von drei Kindern, am liebsten alles Mädchen, träumt er seither. Dafür würde er seinen Job jederzeit an den Nagel hängen, das weiß er ganz genau.
Im spanischen Albacete lebt die Unternehmers-Tochter Felicia mit ihrer dreijährigen Tochter Pepita. Sie ist unabhängig und intelligent, nach außen wirkt sie selbstbewusst. Im damaligen Spanien, der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts, genießen Frauen mit unehelichen Kindern geringes Ansehen und haben es schwer einen Mann zu finden, zu groß sind Vorurteile und der Einfluss der katholischen Kirche. Feli, wie sie überall liebevoll genannt wird, ist eine bildhübsche, groß gewachsene junge Frau, doch hat sie es mit ihrer Körpergröße von 1,85 Metern schwer einen passenden Partner zu finden. Sie sehnt sich nach einem Ehemann und Papa für ihre Tochter, mit dem beide durch dick und dünn gehen können, einen Mann, mit dem sie bis an ihr Lebensende lachen und weinen kann. Sind dies nur Wunschträume oder gibt es da draußen tatsächlich ein solches Exemplar?
Sie lächelt ihn mit großen Augen an, nein es ist kein normales Lächeln, es ist anders, ihre Augen beginnen zu glänzen und zu funkeln. Ihre Blicke treffen ihn genau in sein Herz. Sein Herz schlägt schneller. Er erwidert ihr Lächeln mit einem freundlichen nicken und strahlt sie dabei an.
»Nicht zu lange anschauen, schnell woanders hinsehen, sonst glaubt sie noch ich würde sie anstarren«, schießt es ihm durch den Kopf. Felicia erwidert das Lächeln des Camioneros.
Ihr Magen scheint sich zu drehen, sie hat ein Kribbeln in ihrem Bauch,
»Was ist los mit mir? Ist er es, ist es der, auf den ich gewartet habe?«
Feli hat das Gefühl ihren Verstand zu verlieren, das Herz schlägt bis hinauf in ihren Hals, sie blickt erneut nach draußen, er unterhält sich mit Pedro, dem Lageristen, »Los, schau bitte noch einmal zu mir, bitte, bitte!«
Als er sich wieder zu ihr hingewendet hat, hatte sie ihren Kopf bereits erneut auf ihren Schreibtisch gerichtet. Sofort springt sein Kopfkino an, es sind Bilder rund um ein Familienleben, er sieht sich, die wunderschöne Lady und eine kleine Horde Kinder, genau wie in seinen zahllosen Träumen. Alexander fängt sich wieder und wischt die Bilder so schnell weg, wie sie aufgekommen sind. »Hör auf zu träumen«, ruft er sich zur Besinnung. »In einer halben Stunde bist du hier weg und wirst nie mehr zurückkommen«. Er dreht sich erneut zu ihr, sie blickt ihm freudig in seine klaren Augen, er lächelt zurück, es ist ein Lächeln, das Felis Herz schmelzen lässt. Sie kann keinen klaren Gedanken fassen.
Sie steht auf und läuft schnell nach nebenan in Mamas Büro, sie hat es eilig.
Maria fragt, ob der Camionero ein Deutscher sei, dass die Ladung aus Alemania kommt, hat sie bereits an den Behältern gesehen.
Ihr Lagerist meint, »Ich glaube schon«.
Prolog
A lexander liegt in der Koje seines Lastzuges, einem IVECO Turbostar Special Edition mit 420 PS. Er befindet sich in der Nähe der baskischen Stadt Bilbao. Draußen regnet es wie so oft in diesem Teil Europas in Strömen. Der Wind, der über den Golf der Biskaya weht, pfeift um das Fahrerhaus, die Plane seines Aufliegers klatscht fortwährend gegen das Planengestell. Während draußen die Böen um den Lkw pfeifen, hält die bullernde Standheizung die Kabine auf einer angenehmen Temperatur. Er grübelt über seine Beziehung zu Susanne, er muss sich eingestehen, dass es bisher nicht gut zwischen ihnen gelaufen ist. Gut, sie wäscht ihm seine Wäsche, sie kauft für ihn die Lebensmittel, die er mit auf Tour nimmt. Was Alexander fehlt, ist Nähe, Körperkontakt, liebevoller Umgang, Begegnung auf Augenhöhe. Dann sind da noch ihre Wutattacken und der Alkoholkonsum, die ihre Beziehung belasten. Er gesteht sich ein, dass sein Beruf mit den langen Zeiten der Abwesenheit einem Familienleben nicht förderlich ist. Sexuell passen sie ebenfalls nicht zusammen. Während für ihn sexuelle Harmonie ein wichtiger Teil einer Beziehung darstellt, ist nach eigener Aussage Susannes, ›Sex etwas Besonderes‹. Sicherlich geht sie unter bestimmten Umständen los, wenn sie ihren Eisprung hat oder reichlich Alkohol im Spiel ist. Das Letztere ist für ihn der absolute Lustkiller. Alexander ist sich bewusst, dass diese Beziehung nicht seinen Vorstellungen entspricht, seine Sehnsüchte liegen woanders. Er könnte das Verhältnis zu ihr beenden, es würde eine ausgiebige Auseinandersetzung folgen und genau hier ist sein größtes Problem. Er hat als Kind nicht gelernt, seine eigenen Interessen in den Vordergrund zu stellen oder eigene Wünsche durchzusetzen. Es war für ihn als Kind eine Überlebensstrategie zu schweigen und den Unmut und die Verzweiflung hinunterzuschlucken, dafür sorgte sein Vater, mit seinen Wutausbrüchen, dem Terror innerhalb der Familie, den Gewaltausbrüchen und nicht zuletzt seinen Demütigungen. So kam es, dass er als gestandener Mann, Fracksausen vor dem Beenden der Beziehung hatte, er kannte Susannes Wutanfälle und Gemeinheiten nur allzu gut, sie war damit nicht weit von seinem Vater entfernt. Ihm war bewusst, dass er diesen Weg gehen musste, wolle er nicht seine Träume an den Nagel hängen und sich selbst aufgeben.
Seine Freundin Nathalie, sie stammt aus dem sibirischen Wladiwostok und ist mehr als 20 Jahre älter als Alexander, riet ihm seit Längerem, das Verhältnis zu Susanne zu beenden. Du gehst sonst unter, du gehst andernfalls psychisch kaputt, hatte sie erst neulich wieder zu ihm gesagt. Er musste es tun, komme, was wolle.
Die seelische sowie auch körperliche Nähe ist ein wichtiger Bestandteil einer jeden Beziehung. Existieren solche Familien nur in seiner Fantasie, oder gibt es sie ebenfalls in der Realität? Ja, es gibt sie!
Bereits öfter fielen ihm ältere Ehepaare auf, die einen liebevollen Umgang miteinander pflegten und sichtlich ineinander verliebt waren. Alexander erinnert sich an eine Begegnung beim Einkaufen, mit einer Frau im mittleren Alter. Sie erzählte ihm, dass ihr Mann an A L S (eine tödliche Erkrankung) erkrankt sei und sich bereits seit einem Jahr in vorgezogener Rente befinde. Sie erzählte, dass sie früh um acht Uhr zur Arbeit ginge und ihr Gatte bis zehn Uhr schlafen würde. Das Besondere daran, mit welcher sanften und liebevollen Stimmlage sie äußerte, »Er hat doch recht, wenn er so lange schläft«, die beiden schien, eine tiefe Verbundenheit zu verbinden. Dies sind seine Vorbilder, seine Inspirationen, seine Ziele, im Alter, nach vielen Jahren des Zusammenseins noch tiefe Zuneigung verspüren. Kann es etwas Erstrebenswerteres im Leben geben? Wohl kaum!
Hatte er nicht schon genug häusliche Gewalt und Demütigungen in seiner Ursprungsfamilie erleben müssen? Er konnte und wollte es in seinem weiteren Leben nicht mehr zulassen. Würde sein allergrößter Wunschtraum in Erfüllung gehen? Würde er die passende Frau kennenlernen? Würde er sie erkennen, wenn sie vor ihm stände? Fragen über Fragen und keine Antworten. Noch bis weit in die Nacht hinein kreisten die Gedanken in seinem Kopf und ließen ihn nicht einschlafen.
Mr. Right
Sie hat eine fünfjährige Tochter und ist finanziell unabhängig. Das Einzige, was ihr fehlt, ist ein Ehemann, der ihre Pepita wie sein eigenes Kind annimmt, der ihr Geborgenheit und Wärme gibt, der mit ihr durch dick und dünn geht. Hätte sie mit ihm noch guten Sex, dann würde sie glücklich und zufrieden sein. Sie würde alles für ein solches Exemplar von Mann geben. Mit ihren 1 Meter und 85, ist sie groß gewachsen. Wenn sie auch mit ihren langen Haaren und ihrer Figur umwerfend aussieht und zudem einen Hochschulabschluss in Wirtschaftskunde in der Tasche hat, war es für eine Frau, mit einem unehelichen Kind, einen Mann abzubekommen, damals mitunter schwer. Während der Ära der 1990er-Jahre, hielten viele spanische Männer, Frauen mit unehelichen Kindern als schlechte Ehefrauen, als Frauen, die sich leichtfertig Männern hingaben, als Chicas. Während Männer mit sexueller Erfahrung als coole Kerle galten, wurden sexuell aufgeschlossene Frauen als leichte Mädchen, als Schlampen abgestempelt. Deren Kinder galten oft genug als Bastarde. Einen geeigneten Ehepartner zu finden ist, zumindest hier in Süden Europas, für sie schwierig. In den großen Städten wie Madrid und Barcelona schien die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Frauen weltoffener zu sein. Selbst hier in Albacete, einer Stadt mit 170.000 Einwohner, wurden die spanischen Männer zum Großteil noch mit frauenverachtenden Anschauungen erzogen, die aus dem 19. Jahrhundert stammten. Frauen sollten für das Gebären der Kinder und die Hausarbeit verantwortlich sein. Viele spanische Machos wollten obendrein noch angehimmelt werden. Zumindest traf dies auf die meisten Kerle zu, denen sie begegnet war. Sie würde lieber die Jahre mit ihrer Tochter allein verbringen, als sich an einen eingebildeten Proleten zu binden. Andere wiederum lebten die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, doch keiner hatte ernsthaftes Interesse an ihr gefunden. Ihre Körpergröße macht es ihr ohnehin schwer, den für sie passenden Lebensgefährten kennenzulernen. Sie ist eine bildhübsche, sympathische und intelligente Frau, vielleicht sind es gerade diese besonderen Eigenschaften, die, die Männer Abstand von ihr halten ließen. Körpergröße, Intelligenz und Kind wurden bei ihr zum Ausschlusskriterium für eine Beziehung. Vereinzelte Stimmen bezeichneten, die 33-Jährige, hinter vorgehaltener Hand als alte Jungfer, die mit ihrem Kind ohne Vater keiner haben wollte. Ältere Männer, welche sich mit einer jungen Frau zeigen wollten, zeigten Interesse an ihr, doch für einen solchen Patron hat Felicia (Feli) nichts übrig, nur als Schmuckstück und Vorzeigeobjekt möchte sie sich nicht hergeben. Eine Affäre mit einem verheirateten Mann kam ebenso wenig in Betracht. In dieser Beziehung zeigt sich Felicia traditionsverbunden, eine lockere Beziehung zu einem Mann kam auf Dauer für sie nicht infrage. Ihr Ziel war es, zu heiraten. Was ihr in der Vergangenheit immer wieder fehlte, waren körperliche Nähe, Wärme, Geborgenheit und nicht zuletzt guter und intensiver Sex. Wenn auch Ihre Eltern, ihr Geborgenheit und Liebe geben, ist es nicht mit einem intimen Menschen vergleichbar. Feli hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach Sex mit anderen Frauen, sie ist bisexuell veranlagt. Eine Liebesbeziehung mit einer Frau war für sie jedoch nicht denkbar, Liebesgefühle kann sie nur gegenüber einem Mann aufbringen. Ihre Eltern würden eine Frau an ihrer Seite dagegen akzeptieren, sie allerdings wünschte sich eine Familie mit Mann und Kindern. Sie würde notfalls ihre eigenen Bedürfnisse hintenan stellen. Ganz so, wie sie sich ihren Mann ›Mr. Right‹, den Richtigen, in ihren Träumen ausmalte, wollte und konnte sie im Wachzustand, nicht an ihn glauben, die Realität sah anders aus. So manches Mal beneidet sie ihre Eltern, führten sie eine glückliche Ehe, eine Ehe voller gegenseitigen Respekts, liebevoll und zuvorkommend, zudem, mit einem erfüllten Liebesleben, das sie zu den unterschiedlichsten Zeiten bis in ihre Wohnung hören konnte. Es ist nicht verwunderlich, dass sie sich selbst danach sehnt. Wenn sie abends allein in ihrem großen Bett, das mehr als ausreichend Platz für einen Mann gehabt hat, nicht einschlafen konnte, sie über ihr bisheriges Leben grübelt, bekam sie Zweifel an dem, was sie früher, noch vor Pepitas Zeiten, gerne tat. Es waren ihre sexuellen Neigungen und Vorlieben, die sie in vollen Zügen während ihrer Eskapaden auslebte. Es waren die Männer und Frauen, denen sie sich hemmungslos hingab und mit denen sie viele Stunden der Lust und Begierde erleben durfte, mit denen sie ihre intimsten Träume auslebte. Heute, da sie sich so sehr eine intakte eigene Familie wünscht, steht ihre Vergangenheit ihr im Weg. Es sollte noch ein weiteres Jahr andauern, bis Felicia einen geeigneten Mann in ihrem Alter kennenlernte.
Hält die Ladungssicherung?
Es ist Freitagnachmittag, Alexander steht mit seinem Lkw in Passau und hat nach dem Beladen, die Ladung gesichert und die Plane verschlossen, nun kann das Wochenende beginnen. Nach drei Wochen kommt er wieder einmal nach Hause. Es sind nur noch läppische 300 Kilometer von Passau nach Schweinfurt, ein Klacks. Sein Magen knurrt, hatte er bereits heute früh gegen fünf das letzte Mal einen Bissen zu sich genommen. Er beschließt auf dem Autohof Hengersberg herauszufahren, und sich noch ein leckeres Fernfahrersteak mit Speckbohnen und Bratkartoffeln zu gönnen, so viel Zeit muss sein. Besonders eilig hat er es nicht, Susanne konnte warten, die Beziehung ist inzwischen abgekühlt. Er hat sehr geschmackvoll gegessen, seine Laune ist ausgezeichnet und er befindet sich wieder auf der Autobahn A3. Die Ausfahrt Parsberg ist bereits in Sichtweite, es besteht ein Überholverbot für Brummis. Mit gemütlichen 90 km/h fährt er hinter einem slowakischen Sattelzug her, der Sicherheitsabstand von 50 Metern passt. Im linken Rückspiegel sieht Alexander einen Pkw mit hoher Geschwindigkeit schnell näherkommen, als er sich fast auf gleicher Höhe befindet, verzögert er stark seine Geschwindigkeit. Der will doch wohl nicht jetzt noch die Ausfahrt nehmen, schießt es ihm durch den Kopf.
Die Einhundertmeterparke haben beide eben passiert, er fährt auch schon an Alexander vorbei und blitzartig wechselt der Wahnsinnige auf die rechte Spur, und bremst seinen Sportwagen noch einmal stark ab, um die Ausfahrt zu schaffen. Es blieb keine andere Möglichkeit, als eine Notbremsung einzuleiten. Blitzschnell tritt er das Bremspedal mit aller Kraft nach unten, um ein Auffahren, auf den Lamborghini zu verhindern. In Bruchteilen einer Sekunde steigt der Puls auf hundertachtzig, hält die Ladungssicherung? Er erwartet bereits einen lauten Knall von hinten, dass die Ladung in seinem Fahrerhaus landet. Inzwischen hat der Raser gerade noch die Ausfahrt geschafft und ist gleich darauf verschwunden. Gott sei Dank, die Sicherung hat gehalten. Alexander ist in diesem Moment mit den Nerven fertig, hatte er doch in den vielen Jahren auf der Straße schon so manchen schweren Unfall gesehen. So manches Führerhaus wurde dabei durch schlecht gesicherte Ladung zertrümmert. Wie oft konnten die Helfer, die Kollegen nur noch tot bergen, kein schöner Anblick! Er schaltete die Gänge hoch, um wieder auf Geschwindigkeit zu kommen. Daheim auf dem Firmengelände angekommen, nimmt er seine bereits vorbereiteten Frachtpapiere der letzten drei Wochen, um sie im Büro abzugeben. Seine Spesen für die vergangenen Wochen lässt er sich wie immer in bar auszahlen, es kam wieder eine beachtliche Summe zusammen, zudem die Bordkasse in verschiedenen Währungen wie Deutsche Mark, französische Franc und spanische Peseta. Alles in allem handelte es sich dabei regelmäßig um 2.000 bis 4.000 Mark, die er in verschiedenen Währungen bei sich trug. Die Geschäftsgelder sind der mit Abstand geringste Anteil. Für einige Halunken wäre ein Schlag auf seinem Kopf, bei einer solchen Summe eine lohnende Beute. Alexander ist Fernfahrer aus Leidenschaft. Seine Touren führen ihn regelmäßig auf die iberische Halbinsel, nach Spanien. Länder wie Italien, Österreich, Tschechische Republik, den Niederlanden und Frankreich befährt er ebenfalls. Sein Zuhause sind die Straßen Europas. Am wohlsten fühlt er sich, wenn Strecken von 1.000 bis 2.000 oder mitunter sogar 3.000 Kilometer vor ihm liegen. Seine persönliche Grenze zwischen Nahverkehr und Fernverkehr, liegt bei 1000 Kilometern, entsprechend der Strecke Schweinfurt bis zur französischen Metropole Lyon. Alles darunter zählte er als Nahverkehr. Diese Touren dauerten im Schnitt zwei bis vier Tage, in denen er unterwegs war, ohne dass er seinen Lkw hätte entladen oder beladen müssen. Während dieser Fahrten war er nicht gezwungen, in der Gegend umherzuirren, was für ihn meistens puren Stress bedeutete, bis er endlich den Kunden fand. Er benötigte weder Polizei noch Taxi, die vor ihm herfuhren, um ihn ohne Umwege zum Kunden zu bringen. Wie oft legten Fahrerinnen und Fahrer ganze Ortschaften lahm, weil sie sich dank mangelnder Ortskenntnisse festfuhren. Diese Entfernungen entsprachen Touren, wie sie die Trucker auf dem nordamerikanischen Kontinent absolvieren. Es handelte sich dabei um Strecken so weit wie von ›Seattle im Bundesstaat Washington‹ bis nach ›Dallas in Texas‹. Quer durch den Kontinent. Es fühlt sich für ihn an wie ›maximale Freiheit‹. Nun nachdem er seine schmutzige Kleidung in den Pkw gepackt hat, geht es ab zu Susanne, sie wartet bereits auf ihn. Sie sortiert seine schmutzige Wäsche, um sie anschließend in die Waschmaschine zu stopfen. Nachdem sie die erste Trommel mit seiner Wäsche gefüllt hat, kocht Susanne erst mal eine Kanne Kaffee, sie unterhalten sich über banale Dinge, wie der Nachbar hat wieder dies oder das gemacht. Susanne konnte einfache Themen problemlos nachvollziehen. Auf dieser Ebene fanden die meisten Unterhaltungen statt. Später lädt er Susanne zum Essen ein, auch hier haben sie nicht viel gemeinsamen Gesprächsstoff. Seine Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Beziehung mit Susanne werden von Mal zu Mal größer. Alexander will nach Hause, er ist von der Fahrt müde. Nachdem Susanne ihr drittes Bier bestellt hat, schlägt er ihr vor, »nach diesem Bier würde ich gerne nach Hause gehen, ich bin todmüde, musste heute bereits um vier Uhr aufstehen!«. Susanne zeigt Verständnis, sie legt ihre Hand auf seinen rechten Unterarm und willigt ein. Alexander musste auf Toilette, als er wiederkommt, steht bereits das nächste Glas vor ihr auf dem Tisch. Jetzt wird er leicht gereizt und meint an sie gerichtet, »Wir wollten doch heim gehen, jetzt hast du dir noch eines bestellt, es ist bereits dein Viertes«. Susanne versucht zu beschwichtigen. Während sie ihr Bier trinkt, reflektiert er erneut das Verhältnis mit ihr. So kann es nicht weitergehen, etwas muss sich ändern!
Als sie endlich ihr Glas leert, meint ihr Freund, war er es überhaupt noch? »Ich rufe jetzt den Kellner zum Bezahlen«. Susanne will allerdings noch ein fünftes Glas Bier, Alexander protestiert, Susanne begann jämmerlich zu bitten und zu betteln, »Bitte, bitte noch eins, dann gehen wir, versprochen!« Er kennt die Frau, welche ihm gegenübersitzt, wenn er jetzt nicht nachgab, bestand die reale Gefahr, eines Wutausbruches, weshalb er resigniert und ihr noch ein fünftes Bier bestellen lässt. Wie erbärmlich ihr Auftritt wieder einmal ist, es muss sich etwas ändern, fünf Bier, das waren 2,5 Liter, bei ihrer Statur mit gerade einmal 48 Kilo, geht es ihm durch seinen Kopf. Alexander konnte und wollte sich keinen Rausch leisten, ist er doch auf seine Fahrerlaubnis angewiesen, zudem fühlte er sich im nüchternen Zustand wohler. Ihm reichen normalerweise zwei Bier, um nicht mehr fahren zu können, viel vertragen hat er noch nie, es war nicht sein Ding. Alexander schließt die Haustüre auf, beide gehen die Treppen hoch in ihre Dachwohnung. Auf dem letzten Absatz wird sie unerwarteterweise wild, nein nicht in der Form von Bösartigkeit, sie wollte auf der Stelle Sex, noch im Treppenhaus beginnt sie ihm die Kleider auszuziehen. Anfangs will er nicht, ihm sitzt noch immer ihr Rausch auf der Leber. Erst als sie ihm in seine Jeans langt und befummelt, regt sich etwas bei ihm. Dann in der Wohnung zerrt sie ihren Freund in ihr Bett und will ihn auf der Stelle spüren. Breitbeinig liegt sie vor ihm und zerrt ihn auf sich. Alexander gibt nach und lässt sich darauf ein, er gibt ihr, was sie jetzt benötigt, Alexander dringt in sie ein. Er nimmt sie, er ist noch lange nicht für den Höhepunkt bereit, er glaubt zu spinnen und bekommt große Augen, sein Kinn fällt ihm runter. Das kann jetzt nicht wahr sein, die schnarcht, sie schläft, ihm vergeht jetzt alles. Das war es jetzt für ihn, er raus aus ihr, ihm war die Lust gehörig vergangen. So ähnlich gingen die meisten Wochenenden dahin, wenn sie unterwegs waren, dann soff sie und wenn beide zu Hause blieben, trank sie genauso. Sie widert ihn von Mal zu Mal mehr an. Auch sonst war die Luft aus ihrer Beziehung raus, Susannes Alkoholkonsum tat das Seine dazu.
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Alexander ist nun 31 Jahre und ist sich im Klaren, dass sein Beruf, mit den langen Abwesenheiten, nicht förderlich für eine Beziehung ist. Andererseits gibt es viele Paare, bei denen ein Leben mit regelmäßiger Abwesenheit reibungslos funktioniert. Wenn er ehrlich zu sich selbst ist, so würde er für eine Familiengründung gerne einen anderen Beruf wählen, eine Arbeit, bei der er täglich zu Hause sein könnte. Die Vorstellung, dass seine Kinder eines Tages Onkel zu ihm sagen könnten, glich einem Albtraum.
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Samstags gingen Susanne und er größtenteils zum Shoppen, Geld war genug vorhanden. Ab Sonntagmittag kommt immer wieder ein Kribbeln in ihm hoch, je näher die Zeit in Richtung 22 Uhr fortschreitet, umso hibbeliger wird er, er will wieder los, gedanklich befindet er sich bereits auf der Autobahn in Richtung Südeuropa. Das muss wohl daran liegen, dass Diesel anstatt Blut in seinen Adern fließt. Am Abend startet er den Achtzylinder, er spürt das Vibrieren des Motors, die 420 Pferde unter dem Hintern warten genauso ungeduldig wie er, ungeduldig auf den Start um 22 Uhr. Doch vorher räumt er die Staufächer am Sattelauflieger und der Zugmaschine mit den Vorräten und der reichlichen Wäsche ein. Alexander ist ein reinlicher Typ, seine Wäsche wechselt er regelmäßig und zum Duschen nimmt er viele Gelegenheiten, die sich ihm bieten wahr. Fein säuberlich und platzsparend muss der Kühlschrank eingeräumt werden, damit alle verderblichen Lebensmittel ihren Platz finden. Seine Kabine ist nicht nur sein Arbeitsplatz, nein sie ist Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küche und das alles auf gerade mal fünf Quadratmetern. Um genau 22 Uhr ist es endlich so weit, die Zeit des Wartens ist nun für beide, Alexander und seinem Laster vergangen, nun können Mann und Maschine zeigen, was in ihnen steckt. Mit einem anschwellenden Brummen und Dröhnen setzt sich der Vierzigtonner in Bewegung. Gang für Gang schaltet er höher, bis er bei siebzig Sachen den 16. Gang einlegt und sein IVECO leise surrend über die Landstraße zieht. Anschließend auf der Autobahn ist bereits die Hölle los. Laster an Laster ziehen sie ihre Ladungen wie an einer unsichtbaren Schnur aufgereiht durch die Nacht. Über Würzburg und dem Kreuz Weinsberg bei Heilbronn bis in der Nähe der Stadt Heidelberg weiter nach Süden in Richtung Basel geht die nächtliche Fahrt. In der Zwischenzeit trinkt er bereits die dritte Tasse Kaffee aus der von zu Hause mitgebrachter Thermoskanne, so langsam überkommt ihn die Müdigkeit. Auf der Höhe von Karlsruhe setzt er den rechten Blinker, um sich auf dem dortigen Parkplatz ein Stündchen Schlaf zu gönnen. Bis nach Frankreich hinein, will er es diese Nacht noch schaffen, um dann bei Besançon seine wohlverdiente Nachtruhe einzulegen, Vorhänge zu, hinein in sein Federbett und die Augen für acht Stunden schließen. Am nächsten Morgen, es ist halb elf am Vormittag, er geht erst mal in die Rastanlage zum Duschen. Anschließend gönnt er sich einen Kaffee Creme, der mit viel Milch und ein Croissant. Wie meist auf diesen Touren im Ausland fanden sich ein paar Kollegen über CB-Funk zusammen. Gequatscht wird dann über dies und das, Fernfahrergeschichten oder die aktuelle Politik, auch die neusten Fernfahrerwitze finden ihre Verbreitung. Inzwischen hat er auf die ›Route du Soleil‹, die ›Autobahn der Sonne‹ gewechselt. Mit guten 100 Kilometern pro Stunde geht es in den Süden Europas, dorthin, wo andere Urlaub machen, verdienten sie die Fahrer ihr Geld, auch nicht schlecht. In sich hat es jedes Mal der ›Fourviere Tunnel‹ von Lyon mit seinem 6 % Gefälle hinunter ins Rhônetal mit seinem Zusammenfluss von Saone und Rhone. Kurz bevor die Autobahn frontal auf den Fluss stößt, wird die Höchstgeschwindigkeit für die Camions, wie die Lkws in Frankreich und Spanien genannt werden, nicht ohne Grund auf sechzig begrenzt. Bildet doch dort die Autobahn eine rechtwinklige Kurve, um dann für 230 Kilometer dem Fluss bis Avignon, unweit der Mittelmeerstadt Marseille zu folgen. Anschließend wechselt er von der A7 auf die A9, um die restlichen 260 Kilometer über Montpellier und Narbonne entlang des Mittelmeeres, bis an die spanische Grenze zu fahren. Entlang der 160 Kilometer langen Teilstrecke von Montpellier bis Perpignan fährt Alexander liebend gerne mit offenem Fenster, kann er dort die nahe Küste förmlich riechen. Ein Geruch nach salziger Luft, der sich mit dem Duft der hier unten dominierenden Baumart, den Pinien vermischt. Ein einzigartiges Geruchserlebnis, kommen dann noch die warmen Winde vom afrikanischen Kontinent hinzu, versetzt es ihn in ein Gefühl der Hochstimmung, ein Gefühl der unendlichen Weite, der Freiheit. Er kann in so einem Moment alle Sorgen und Probleme hinter sich lassen. Dieser Küstenabschnitt ist Balsam für seine Seele. Er denkt sich, ich liebe das Leben!
Seine Mahlzeiten kommen in Frankreich meistens aus der Bordküche, denn Restaurants sind im Land der Genüsse teuer. Neben seinen frischen Lebensmitteln und den Konserven hat er immer einen kleinen Gaskocher mit einer Ersatzkartusche Gas dabei. Besteck, Topf, Trinktasse und Schneidbrettchen fehlten nie in der Bordküche. Zwei Kanister mit jeweils fünf Litern Wasser, einen gefüllt mit Trinkwasser und der andere mit Waschwasser, gehörten ebenso zur Grundausstattung. Warum getrennte Kanister? Während aus deutschen und französischen Wasserleitungen bestes Wasser in Trinkwasserqualität sprudelt, ist es in Spanien nicht empfehlenswert, das Leitungswasser zu trinken. Dieser Umstand wird bereits in den beiden Kanistern sichtbar. Während der für Trinkwasser innen blitzblank ist, bilden sich in dem anderen, Algen, die auf verschmutztes Wasser hindeuten. Die Strandmatte, Badehose und der Campingstuhl sind ebenfalls das ganze Jahr über an Bord, manchmal hat Alexander Glück und er kommt abseits der Autobahnen an einem ›Le Routiers‹ Restaurant vorbei, dort können die Fernfahrer für umgerechnet 12 Mark ein Viergängemenue mit Wein und/oder Wasser genießen. Der Ausspruch ›Leben wie Gott in Frankreich‹ hat hier seine Berechtigung, so opulent und vielfältig werden die Speisen angeboten. Eine kostenlose Dusche und ein großer kostenfreier Lkw-Parkplatz sind zudem standardmäßig vorhanden. An einen dieser für ihn seltenen Besuche erinnert sich Alexander für den Rest seines Lebens. Es ist das Jahr 1991, als er zur Mittagszeit das Lokal betritt. Anwesend sind vielleicht 20 Fahrer. Alle sitzen an einer langen Tischreihe und genießen bei angeregter Unterhaltung die servierten Speisen. Kaum dass Alexander das Lokal betritt, wird er auch schon von ein paar Fahrern aufs herzlichste an die Tafel gebeten. Seine Tischnachbarn reichen ihm Schüsseln und Fleischplatten, alle sind freundlich und aufgeschlossen ihm gegenüber. Aufgeschlossen, bis einer fragt, woher er käme. Er antwortet, dass er aus Alemania, Deutschland kommt. Im selben Augenblick verstummt sämtliche Konversation unter den Fahrern, es schauen ihn ausnahmslos alle an, um sich anschließend von ihm abzuwenden. Was ist jetzt los, habe ich etwas Falsches gesagt, fragt er sich selbst. Er fängt an, zu grübeln. Kein einziger beachtet ihn. Jetzt wird ihm klar, weshalb er so plötzlich ausgegrenzt wird. Ein paar wenige Tage zuvor kam es erst in Rostock-Lichtenhagen und ein paar Tage später in Hoyerswerda zu Massenausschreitungen gegen Asylsuchende. Übergriffe, wie man sie bisher nur aus den dunkelsten Jahren der deutschen Geschichte kannte. Behörden wie Polizei und Feuerwehr überließen dem Mopp auf der Straße das Geschehen. Sie verhinderten nicht, dass die gewalttätige Meute die Unterkünfte in Flammen aufgehen ließen und die Menschen in den Unterkünften qualvoll umkamen. Die ganze Welt blick mit Entsetzen auf die Geschehnisse und wird unweigerlich an die Pogrome während der Nazi-Diktatur gegen die jüdischen Mitbürger erinnert. Kritiker der ›Deutschen Einheit‹ sahen sich in ihren Befürchtungen bestätigt, dass Deutschland durch die Wiedervereinigung zu alter Stärke und Grauen emporsteigen könne. Alexander erhob sich und erklärte den Anwesenden, dass auch er die Gewalttaten und die Ausgrenzung von Menschen aufs schärfste ablehne und verurteile. Erst jetzt wurde er wieder in die Fahrergemeinschaft aufgenommen.
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Bis zur spanischen Grenze wollte Alexander es noch schaffen, um dort seine Nachtpause einzulegen. Nach Narbonne geht es langsam hoch in die Pyrenäen, oben am Grenzübergang auf der spanischen Seite ist ein schattiger Parkplatz gleich gefunden, um die Nacht hier oben zu verbringen. Einige vollgepackte Pkws mit französischen Kennzeichen stehen herum, deren Insassen, der Kleidung nach zu urteilen, Nordafrikaner sind, vielleicht aus Marokko, Algerien oder Tunesien. Sie haben es sich bereits für die Nacht gemütlich gemacht. Sie schlafen unter freiem Himmel auf ihren mitgebrachten Teppichen. Schlafen geht nur mit offenen Fenstern und Dachluke. Alexander gönnt sich vor seiner Nachtruhe noch einen Schluck Rotwein, den er in seinem Campingstuhl sitzend im Freien genießt. Er lauscht dem Zirben, der Grillen und dem Zwitschern der Vögel. Es ist an der Zeit zu schlafen, Vorhänge zugezogen und gehofft, dass er nicht überfallen wird. Gute Nacht!
Am nächsten Morgen scheint die Sonne bereits seit einigen Stunden und hat die Luft schon so weit aufgeheizt, dass an ein Weiterschlafen, nicht zu denken ist. Raus aus den Federn, neben dem Lkw die tägliche Körperhygiene, währenddessen brühte die 24-Volt-Kaffeemaschine den Kaffee auf. Von draußen hört Alexander bereits das letzte Blubbern der Maschine, das Zeichen, dass der Kaffee fertig ist. Die erste Tasse mit dem herrlichen, gut duftenden schwarzen Muntermacher hatte sich Alexander eingeschenkt, den Rest füllte er in die Thermoskanne. Ein Brötchen vom Samstag bestreicht er mit Butter und obendrauf eine Portion gute Kirschmarmelade und dann ganz gemütlich im Campingstuhl gefrühstückt, könnte ein Morgen besser beginnen? Nein, so wie es ist, so ist es gut!
Der gefällt dir, oder?
Ein lauer Sommerabend, die Grillen zirpen heute wieder besonders laut, der Wetterbericht hatte für die nächsten Tage sehr heiße Winde vom afrikanischen Kontinent kommend angekündigt. Felicia sitzt mit ihrer fünfjährigen Tochter Pepita (Pepi) in einem Straßencafé, beide gönnten sich ein Eis. Pepi hat sich Spaghetti-Eis gewünscht und ihre Mama hatte eine Amarena-Schale, mit viel Schlagsahne und den herrlichen Kirschen mit dem Amarena Likör bestellt. In vielen Bereichen zeigte sich Felicia seit je her als Genießerin, nicht nur bei ihrem ausschweifenden Intimleben, nein auch beim Essen, was man ihr allerdings nicht ansah. Am liebsten waren ihr die Speisen ihrer Mama oder die, die sie selbst zubereitete, sie zeigte sich als talentierte Köchin, die sich ständig neu erfindet und neue Kreationen auf den Tisch servierte. Die besten Voraussetzungen, um einen Mann kulinarisch zu verwöhnen. An einem der Nachbartische sitzt ein hübscher Mann, der Felicia auffällt. Er hat einen modernen Haarschnitt, trägt chice Freizeitkleidung und was Felicia besonders gut gefällt, er hat ein gepflegtes Äußeres, zudem ein bezauberndes Lächeln. In dem Moment, als sich beider Blicke trafen, lächelten sie sich liebenswürdig an. Felicia führt ihre Unterhaltung mit ihrer Tochter fort. Zwischendurch blickte sie in Wortzwischenräumen zu dem Typen am Nachbartisch. Der gefällt mir, mit dem könnte ich mir eine gemeinsame Zukunft vorstellen, geht es ihr durch den Kopf. Immer wieder treffen sich die Blicke der beiden, immer wieder lächeln sie sich an. Sie fragt ihre Tochter mit gedämpfter Stimme, »Pepi, was hältst du von dem Mann am Nachbartisch?«, worauf ihre Kleine für alle hörbar von sich gibt, »Ja, Mama, der gefällt dir, oder?«.
Typisch Pepita, ihre direkte Art hatte sie von ihrer Oma geerbt. Felicia möchte am liebsten im Erdboden versinken, so peinlich ist ihr die Situation. »Psst, nicht so laut«, erwidert sie an ihre Tochter gerichtet.
Der Mann vom Nachbartisch grinst vielsagend und fragt, ob er sich zu den beiden setzen darf. Alle drei hatten anschließend eine nette Zeit zusammen. »Du kannst gut mit Kindern«, stellt sie ihm gegenüber fest.
Seine Antwort, »Ja, ich mag Kinder und Pepita ganz besonders!«.
Die beiden Erwachsenen wollen sich wieder treffen und vereinbaren daher ein weiteres Date. Die ersten zarten Berührungen tauschen sie aus.
Wenn Diego doch nur etwas intensiver ran ginge, ein wenig mehr Initiative zeigen würde, kommen ihr bereits nach zwei Wochen, gedanklich die ersten Zweifel. Liebt sie doch das Spontane, das Direkte, die hemmungslosen Intimitäten, die ausschweifenden Liebesspiele. Auf der anderen Seite, was will ich eigentlich, sei doch einfach froh, dass ein Mann Interesse an dir zeigt. Du bist jetzt so lange allein, gebe dich mit ihm zufrieden, rügt sie sich selbst.