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Dieser 9. Band zu Private Equity ist ein Muss für Rechts-, Steuer- und Finanzberater sowie Akteure der Private Equity und Venture Capital-Welt. Die Beiträge decken Themen ab wie die Besonderheiten bei M&A-Transaktionen durch Private Equity, steuerliche Fragen der Akquisitionsstrukturierung sowie Sweet Equity. Ferner werden Private Equity Investments in Publikumsgesellschaften (PIPES und Take Privates) beleuchtet und Fragen rund um das brisante Thema der Steward Ownership beantwortet. Sie basieren auf den Vorträgen erfahrener Fachexperten anlässlich der 9. Tagung zu Private Equity des Europa Instituts an der Universität Zürich vom Januar 2024. Zusammen mit den bisher erschienen Bänden liegt ein Sammelwerk vor über die wichtigsten Themen von Private Equity und Venture Capital, verfasst von führenden Experten auf diesem Gebiet.
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Private Equity in einer Welt von Unsicherheiten und Opportunitäten Copyright © by Dieter Gericke is licensed under a Creative Commons Namensnennung-Nicht kommerziell-Keine Bearbeitung 4.0 International, except where otherwise noted.
© 2024 – CC BY-NC-ND (Werk), CC BY-SA (Text)
Herausgeber: Dieter Gericke – Europa Institut an der Universität ZürichVerlag: EIZ Publishing (eizpublishing.ch)Produktion, Satz & Vertrieb:buchundnetz.comISBN:978-3-03805-736-9 (Print – Softcover)978-3-03805-737-6 (PDF)978-3-03805-738-3 (ePub)DOI: https://doi.org/10.36862/eiz-736Version: 1.02 – 20241022
Das Werk ist als gedrucktes Buch und als Open-Access-Publikation in verschiedenen digitalen Formaten verfügbar: https://eizpublishing.ch/publikationen/private-equity-in-einer-welt-von-unsicherheiten-und-opportunitaeten/.
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Die neunte Folge der Private Equity-Tagung des Europa Instituts an der Universität Zürich / ETHZ im Januar 2024 war wiederum ein inspirierendes Stelldichein von Rechtsexperten, von Vertretern der Finanz- und Investorenbranche, von Unternehmern und Gesellschaften der Private Equity-Szene Schweiz und auch von Vertretern der regulierenden Behörden. Erfreulich war zudem in einer auch heute noch stark männlich dominierten Industrie die signifikante weibliche Beteiligung.
Passend zum durchzogenen wirtschaftlichen Umfeld ging es bei vielen Tagungsbeiträgen um das grundsätzliche Knowhow und aktualisierte Rüstzeug für solide Transaktionen und Transaktionsstrukturen im privaten Bereich sowie das zunehmende Interesse von Private Equity-Investoren an Investments in börsengehandelten Gesellschaften. Abgerundet wurde dies durch viel steuerliches Know-how. In Anbetracht dieser „back to the roots“-Themen haben die Trends der letzten Jahre, wie IPOs, SPACs, DLT oder ESG, an Aktualität verloren. Immerhin wurde im Betrag zu Steward Ownership ein immer öfter anzutreffendes Bedürfnis für Kontrolle des „Purpose“ einer Portfoliogesellschaft beleuchtet. Dies hat nicht zuletzt im Lichte zunehmender Anforderungen an den Beleg „echter“ Sustainability von Investments bzw. zwecks Abwehr von „Greenwashing“-Vorwürfen an Bedeutung gewonnen. In einem sich nunmehr verbessernden wirtschaftlichen Umfeld wird es interessant werden, zu sehen, wohin sich die Reise weiter bewegt.
Die Tagungsbeiträge finden sich in aufgearbeiteter Form in diesem Band wieder, wofür ich den Autorinnen und Autoren hiermit danke. Damit wurde ein weiteres fundamentales Kapitel des „Private Equity-Recht Schweiz“ geschrieben, praxisorientiert und dennoch wissenschaftlich durchdrungen. Die Beiträge sind selbst für erfahrene Private Equity-Experten äusserst lesenswert.
Einmal mehr danke ich dem Europa Institut und seinem Team sowie natürlich seinem Direktoren Prof. Dr. Andreas Kellerhals für die tadellose Organisation. Dem Restaurant Metropol sei für die wiederholte Gastfreundschaft im Saal und in der Restauration gedankt.
Zürich, im November 2024 Dieter Gericke
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Ausgewählte Besonderheiten bei M&A-Transaktionen durch Private Equity Funds
Tino Gaberthüel, LL.M., Rechtsanwalt, Partner bei Lenz & Staehelin, ZürichTill Haechler, Rechtsanwalt, Associate bei Lenz & Staehelin, Zürich
Ausgewählte Themen im Investment Agreement und Shareholders Agreement
Petra Hanselmann, LL.M., Rechtsanwältin, Partnerin bei Pestalozzi Attorneys at Law Ltd., ZürichYannic Schönenberger, MLaw, Rechtsanwalt, Associate bei Pestalozzi Attorneys at Law Ltd., Zürich
Akquisitionsstrukturierung aus steuerlicher Sicht
Dr. Reto Heuberger, LL.M., Rechtsanwalt, Dipl. Steuerexperte, Partner bei Homburger, Zürich
Sweet Equity in Private Equity-Transaktionen
Marc Walter, LL.M., Rechtsanwalt, Partner bei Wenger Vieli AG, ZürichJonas Bühlmann, Dipl. Steuerexperte, Counsel bei Wenger Vieli AG, Zürich
Private Equity auf der Suche nach Public Targets – PIPE und Take Private
Dr. Dieter Gericke, LL.M., Rechtsanwalt, Partner bei Homburger, ZürichCaspar Wehrle, Rechtsanwalt, Associate bei Homburger, Zürich
Purpose, mission lock and capped profits: can steward ownership appeal to private equity?
Dr. Michel Jaccard, LL.M., Rechtsanwalt, Partner bei id est avocats sàrl, Lausanne
Tino Gaberthüel und Till Haechler
Dieser Beitrag behandelt ausgewählte Aspekte von M&A-Transaktionen durch Private-Equity-Funds (nachfolgend „PE“). Zunächst werden ein paar aktuelle Zahlen und Trends zu Private Equity-Transaktionen (nachfolgend „PE-Transaktionen“) in der Schweiz beleuchtet (Kapitel II). Anschliessend werden die grundlegenden Unterschiede zwischen M&A-Transaktionen durch PE und solchen durch strategische Käufer aufgezeigt (Kapitel III), gefolgt von einer Übersicht ausgewählter Besonderheiten bei Buyout-Transaktionen in Bezug auf die relevanten Workstreams, die Due Diligence und den Aktienkaufvertrag (Kapitel IV). Schliesslich werden spezifische Strukturierungsfragen hinsichtlich der Beteiligung des Managements und Co-Investitionen beleuchtet (Kapitel V). Die präsentierten Erkenntnisse basieren auf den praktischen Erfahrungen der Autoren. Für einen vertiefte Darstellung von Teilaspekten wird auf die Spezialliteratur verwiesen.
Die Publikationen und statistischen Erhebungen zur M&A-Aktivität von PE sind zahlreich.[1] Die meisten dieser Veröffentlichungen nehmen dabei eine internationale oder US-amerikanische Perspektive ein, wohingegen eine spezifisch schweizerische Sichtweise seltener ist.
In den letzten zehn Jahren (2014-2023) wurden im Durchschnitt pro Jahr rund 87 M&A-Transaktionen, welche eine Schweizer Zielgesellschaft betrafen, mit Beteiligung von PE registriert. Das aggregierte Deal-Volumen dieser Transaktionen belief sich im genannten Zeitraum auf durchschnittlich USD 12 Mrd. pro Jahr. Seit 2019 haben die PE-Buyouts und PE-Exits mit Schweizer Zielgesellschaften stark zugenommen. Spitzenwerte wurden im Jahr 2021 erreicht mit insgesamt 166 Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von USD 33 Mrd. Seither ist der Trend leicht rückläufig. 2023 wurden 124 M&A-Transaktionen mit PE-Beteiligung mit einem Gesamtwert von USD 10 Mrd. auf Mergermarket erfasst.[2] Damit war 2023 die Anzahl der M&A-Transaktionen durch PE in der Schweiz im 10-Jahres-Vergleich immer noch überdurchschnittlich hoch, das Deal-Volumen aber leicht unterdurchschnittlich. Es lässt sich somit konstatieren, dass 2023 in der Schweiz immer noch erhebliche M&A-Aktivität durch PE stattfand, wobei sich diese tendenziell auf kleinere Transaktionen konzentrierte. Wir gehen davon aus, dass PE auch weiterhin eine wesentliche Rolle bei M&A-Transaktionen in der Schweiz spielen werden.
Abbildung 1: Anzahl und Grösse der M&A-Transaktionen mit Schweizer Zielgesellschaften durch PE (2014-2023)Eine Aufschlüsselung der PE-Transaktionen nach Grössenkategorie zeigt, dass in den letzten zehn Jahren rund 80% aller M&A-Transaktionen durch PE (Buyouts und Exits) in Bezug auf Schweizer Zielgesellschaften ein Volumen von weniger als USD 50 Mio. aufwiesen (sog. Small Cap-Transaktionen).[3] Mid Cap-Transaktionen (USD 50 Mio. bis 500 Mio.) und Large Cap-Transaktionen (über USD 500 Mio.) finden im Schweizer Markt demgegenüber deutlich seltener statt. Dieses Grössenverhältnis blieb in den vergangenen zehn Jahren relativ stabil. Zum Beispiel wurden 2023 auf Mergermarket 104 Transaktionen durch PE mit Schweizer Zielgesellschaften im Small Cap-Bereich registriert. Im Vergleich dazu gab es im gleichen Jahr nur 16 Mid Cap-Transaktionen und nur vier Large Cap-Transaktionen, an denen PE beteiligt waren. Diese 2023 registrierte Verteilung entspricht in etwa dem Trend der vergangenen zehn Jahre.
Abbildung 2: M&A-Transaktionen mit Schweizer Zielgesellschaften durch PE nach Grössenkategorie (2014-2023) (Quelle: Mergermarket, L&S)Mit Blick auf die zehn grössten Buyouts durch PE der letzten fünf Jahre fällt auf, dass keine dieser Transaktionen eine kotierte Schweizer Zielgesellschaft betraf. U.E. liegt das nicht primär am mangelnden Interesse von PE an möglichen kotierten Zielgesellschaften. In der Praxis lässt sich durchaus ein stetiges Interesse von PE an sog. „Take-Private“-Transaktionen feststellen.[4] Die Gründe, warum sich solche Transaktionen trotzdem (noch) nicht bzw. eher selten materialisieren, sind vielfältig.[5]
Abbildung 3: Top 10 Buyouts mit Schweizer Zielgesellschaften (2019-2023) (Quelle: Mergermarket, L&S)Im Juli 2022 titelte The Economist: „Private Equity may be heading for a fall – the era of rising valuations and chep debt is over.“[6] Diese Prognose bewahrheitet sich. Nach einem langen Jahrzehnt der Tiefzingspolitik war die Fallhöhe denkbar hoch. Seither mehrten sich die Negtivschlagzeilen in der internationalen Finanzpresse: Inflation, höhere Zinsen, geopolitische Unsicherheiten in der Ukraine und dem Nahen Osten – all dies stellt PE vor Herausforderungen, mit Auswirkungen auf die Zahl, Grösse und Art der von ihnen durchgeführten M&A-Transaktionen. Diese internationalen Entwicklungen spiegeln sich auch auf dem Schweizer M&A-Markt wider.
Buyout-Transaktionen weisen typischerweise einen relativ hohen Fremdfinanzierungsanteil auf. Höhere Zinsen machen die Finanzierung dieser Transaktionen entsprechend teurer.[7] Wie die oben dargestellten Zahlen zeigen[8], führt dies dazu, dass die von PE seit 2022 durchgeführten M&A-Transaktionen tendenziell eher etwas kleiner sind. Dies fällt insbesondere bei PE auf, die sonst für grössere M&A-Transaktionen bekannt sind.[9]
Die Herausforderungen bei der Finanzierung von M&A-Transkationen durch PE wirken sich auch auf deren Strukturierung aus. Die Praxis zeigt, dass PE in den letzten drei Jahren zunehmend vielfältigere Transaktionsstrukturen in Betracht gezogen haben. Dazu gehören der Erwerb von Minderheitsbeteiligungen, die Übernahme von Zielgesellschaften durch mehrere PE (sog. Club Deals) und Co-Investitionen mit strategischen Investoren.[10] Diese Transaktionsstrukturen erlauben es dem PE, eine tendenziell tiefere Beteiligung an einer Zielgesellschaft zu erwerben und damit das Investitionsrisiko sowie den Fremdkapitalbedarf zu reduzieren. In der Praxis führen diese Transaktionsstrukturen zu komplexen Verhandlungen insbesondere auch unter den Co-Investoren (beispielsweise bezüglich Governance-Struktur nach Vollzug der Übernahme).
Auch die Art der Finanzierung von M&A-Transaktionen durch PE hat sich verändert. Im Vergleich zu PE-Transaktionen in den 2010er- und den frühen 2020er-Jahren ist der Eigenfinanzierunganteil heute tendenziell höher.[11] Teilweise sah man M&A-Transaktionen durch PE, die gänzlich ohne Fremdfinanzierung durchgeführt wurden.[12] Während Finanzierungen durch Banken zwar weiterhin wichtig bleiben, treten vermehrt auch Nicht-Banken (sog. Private Debt-Anbieter) als Fremdkapitalgeber von PE in M&A-Transaktionen auf.[13] Auffallend ist, dass bekannte US-amerikanische PE Private Debt heute nicht nur als alternative Form der Finanzierung[14] nutzen, sondern sich auch selbst als Private Debt-Anbieter an M&A-Transaktionen beteiligen.[15]
Das veränderte Marktumfeld führt ferner dazu, dass PE vermehrt alternative Formen des Exits in Betracht ziehen. Aufgrund des steigenden Zinsaufwands und der tendenziell tieferen Bewertungen der Zielgesellschaften sind die klassischen Exit-Routen (insbesondere Trade Sale[16] und IPO) zurzeit weniger lukrativ. Eine Alternative bieten zum Beispiel sog. Continuation Funds. PE-Gesellschaften setzen Continuation Funds ein, um bestehende Portfoliogesellschaften an einen neuen Fund zu verkaufen, anstatt die betreffende Portfoliogesellschaft im Rahmen eines Trade Sales an einen Dritten zu verkaufen oder an die Börse zu bringen.[17] Ein solcher Verkauf an einen Continuation Fund geschieht typischerweise, wenn die Laufzeit des ursprünglichen Funds endet, aber der Zeitpunkt für einen Verkauf an einen Dritten ungünstig ist. Durch einen Continuation Fund können bereits vor dem eigentlichen Exit, Ausschüttungen an die Investoren (sog. Limited Partners) des ursprünglichen Funds getätigt werden.[18]
Schliesslich führen die Herausforderungen bei M&A-Transaktionen auch dazu, dass PE tendenziell einen stärkeren Fokus auf die bereits erworbenen Portfoliogesellschaften legen (statt auf den Erwerb von neuen). Die Verbesserung der Rendite der Portfoliogesellschaften steht dabei im Vordergrund. Zur Erreichung der Renditeziele werden u.a. auch sog. Add on-Akquisitionen getätigt.[19] Dabei handelt es sich um M&A-Transaktionen, bei denen eine bestehende, von einem PE gehaltene Portfoliogesellschaft selbst als Käufer auftritt und ein betriebswirtschaftlich passendes Target erwirbt. In der Praxis lässt sich in den letzten 2-3 Jahren eine Zunahme solcher Add on-Akquisitionen beobachten.[20]
Angesichts der anhaltenden geopolitischen Spannungen und der immer noch vergleichsweise hohen Zinsen ist nicht auszuschliessen, dass PE auch 2024 eher zurückhaltend investieren werden. Obwohl zahlreiche PE weiterhin – auch in der Schweiz – potenzielle Übernahmeziele prüfen, kommt es zurzeit noch vergleichsweise selten zum Abschluss solcher M&A-Transaktionen. Diejenigen M&A-Transaktionen, die dennoch durchgeführt werden, weisen hingegen tendenziell eine höhere Komplexität auf, insbesondere in Bezug auf ihre Strukturierung und Finanzierung.
Um die Besonderheiten von M&A-Transaktionen durch PE herauszuarbeiten, wird nachfolgend zunächst auf die grundlegenden Unterschiede zwischen PE und strategischen Investoren in Bezug auf M&A-Transaktionen eingegangen. Die folgenden Ausführungen sind dabei notwendigerweise typisierender Natur und in der Praxis kommt es häufig zu Abweichungen und Mischformen.
In erster Linie unterscheiden sich die beiden Investorentypen in Bezug auf die Gründe für die Transaktion. PE geht es in der Regel darum, ein (unterbewertetes) Zielunternehmen zu erwerben, eine Wertsteigerung zu erzielen und es später gewinnbringend wieder zu veräussern.[21] Typischerweise wird dabei zwischen den folgenden drei Strategien unterschieden: (i) Buy & Sell, (ii) Buy & Build und (iii) Buy & Restructure. Im Rahmen einer Buy & Sell-Strategie erwirbt ein PE ein Unternehmen mit dem Ziel, es durch operative und strategische Verbesserungen zu optimieren und es später mit Gewinn zu verkaufen. Bei einer Buy & Build-Strategie wird eine bestehende Portfoliogesellschaft durch Zukäufe (sog. Add on-Akquisitionen) erweitert, um eine starke Wettbewerbsposition zu erlangen und Synergien zu nutzen. Schliesslich zielt die Buy & Restructure-Strategie auf den Erwerb eines Unternehmens, das finanziell herausgefordert ist, um dieses (wiederum im Hinblick auf einen zukünftigen Verkauf) grundlegend zu restrukturieren und strategisch neuauszurichten.[22] Davon unterscheiden sich die typischen Motive eines strategischen Käufers bei einer M&A-Transaktion. Strategische Käufer sind typischerweise daran interessiert, durch einen Unternehmenserwerb neue (geografische) Märkte zu erschliessen oder neue Technologien oder Produktesparten zu erwerben.[23] M&A-Transaktionen sind damit Teil einer betriebswirtschaftlichen Strategie, ohne dass finanzielle Motive dabei unmittelbar im Vordergrund stehen. Umgekehrt geht es strategischen Investoren auch als Verkäufer in der Regel nicht um die Realisierung einer zuvor erzielten Wertsteigerung, sondern um die Bereinigung des Portfolios zwecks Verschlankung und Erhöhung der eigenen Profitabilität.
Diese unterschiedlichen Gründe für M&A-Transaktionen schlagen sich auch in der Auswahl der Zielgesellschaft nieder. Ein PE wählt eine Zielgesellschaft typischerweise danach aus, ob diese im Vergleich zur aktuellen Bewertung über ein Potenzial für eine Wertsteigerung verfügt. Ein strategischer Käufer wählt die Zielgesellschaft hingegen mit Blick darauf aus, ob ein „strategischer Fit“ vorliegt (d.h. ob beispielsweise hinreichendes Synergiepotenzial vorhanden ist oder ob der Erwerb der Zielgesellschaft neue Märkte und Technologien erschliesst).
In Bezug auf die Käuferrolle unterscheiden sich PE und strategische Käufer darin, dass PE – anders als strategische Investoren – typischerweise eine transaktionsspezifische Akquisitionsstruktur errichten. Als Teil dieser Akquisitionsstruktur tritt ein speziell für den Erwerb einer Zielgesellschaft gegründete Akquisitionsgesellschaft formal als Käufer auf. Diese Akquisitionsgesellschaft ist typischerweise eingebettet in einen ganzen „Corporate Tower“ von Haltegesellschaften, über die sich der PE indirekt an der Zielgesellschaft beteiligen lässt. Bei einem strategischen Käufer gestaltet sich der Aufbau der Akquisitionsstruktur oftmals deutlich einfacher. Häufig treten bereits bestehende Gruppengesellschaften als Käufer auf. Regelmässig wird die Zielgesellschaft möglichst rasch nach Transaktionsvollzug komplett in die Käufergruppe integriert und fusioniert.
Auch in Bezug auf die typischerweise angestrebte Beteiligungshöhe bestehen Unterschiede: Ein strategischer Käufer strebt in aller Regel den Erwerb von 100% der Aktien Zielgesellschaft an. Dies vereinfacht eine spätere Integration in das Unternehmen des Käufers zwecks Erreichung der mit der Transaktion verfolgten strategischen Ziele. Auch PE streben regelmässig den Erwerb von 100% der Aktien der Zielgesellschaft an. Jedoch sind die Investitionsstrukturen bei PE diverser. Im Rahmen von Co-Investitionen sind PE oftmals auch bereit, nur eine Mehrheits- oder sogar bloss eine Minderheitsbeteiligung zu erwerben. Neben dem PE hat das Management der Zielgesellschaft typischerweise die Möglichkeit, sich ebenfalls zu beteiligen.
Bezüglich des Kaufpreises liegt der Hauptunterschied darin, dass der PE – sowohl in der Käufer- als auch Verkäuferrolle – in der Regel einen fixen Kaufpreis bevorzugt. Strategische Käufer sind demgegenüber offener in Bezug auf mögliche Strukturierungsvarianten des Kaufpreises. Strategische Käufer verfügen über grössere Flexibilität in der Kaufpreisgestaltung, da sie – anders als PE – nicht verpflichtet sind, innerhalb eines bestimmten Zeitraums Ausschüttungen an die eigene Investorenbasis vorzunehmen.[24]
Strategische Käufer sind tendenziell bereit, einen höheren Kaufpreis zu bezahlen als PE. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Stratege Synergien zwischen dem bestehenden Unternehmen und der Zielgesellschaft erwartet.[25] Manchmal ist es einem strategischen Investor überdies möglich, den Kaufpreis nicht bar, sondern zumindest teilweise in eigenen (kotierten) Aktien zu bezahlen, was für ein PE in der Regel nicht in Frage kommt.[26] Schliesslich wird ein strategischer Investor die M&A-Transaktion vergleichsweise günstig finanzieren können, insbesondere falls es sich bei ihm z.B. um ein etabliertes Grossunternehmen handelt.[27] Dies kann sich wiederum auf die Höhe des offerierten Kaufpreises auswirken.
Ein typisches Merkmal einer M&A-Transaktion durch PE ist, dass sie zu einem relativ hohen Grad durch Fremdkapital (insbesondere von Banken und Private Debt-Anbietern) finanziert ist. Dieser relativ hohe Fremdkapitalanteil erlaubt es dem PE, eine höhere Rendite zu erzielen. Im Unterschied dazu setzt der strategische Käufer regelmässig mehr eigene finanzielle Ressourcen ein.
Ein PE ist zudem eher kritisch gegenüber bestehendem Fremdkapital in der Bilanz der Zielgesellschaft. Ein PE verlangt typischerweise, dass ausstehende Schulden zum Zeitpunkt des Vollzugs der Transaktion zurückbezahlt werden und durch vom PE arrangierte Finanzierungen ersetzt werden.[28]
Bemerkenswert ist auch die unterschiedliche Bedeutung des Managements. Ein PE verfügt üblicherweise nicht über fach- und branchenkundiges Personal, welches das Management der Zielgesellschaft übernehmen könnte.[29] Der PE ist deshalb daran interessiert, das bestehende Management weiterzubeschäftigen und langfristig an die Zielgesellschaft zu binden. Dies wird häufig dadurch erreicht, dass sich das Management an der Zielgesellschaft (indirekt) beteiligt und dadurch an der Wertsteigerung während der Haltedauer des PE partizipiert. Im Gegensatz dazu kommt es bei einem Erwerb durch einen strategischen Käufer nicht selten zur Auswechslung des Managements. Der strategische Käufer verfügt regelmässig selbst bereits über ein geeignetes Management und wird dieses gewöhnlicher Weise auch in der Zielgesellschaft einsetzen wollen. Auch strategischen Käufern kann es aber ein Anliegen sein, dass sich bestimmte Schlüsselpersonen in der Zielgesellschaft für die Dauer des Vollzugs der Transaktion sowie für eine Übergangsphase weiterhin engagieren, damit die Integration und ein allfälliger Knowhow-Transfer erfolgreich umgesetzt werden kann. Ein strategischer Käufer wird dazu zum Beispiel Transaktions- und Retentionsboni einsetzen. Eine Rückbeteiligung des Managements kommt für den strategischen Käufer demgegenüber eher selten in Frage.
Schliesslich unterscheiden sich PE und strategische Käufer auch mit Blick auf die Dauer der Investition. Der PE erwirbt eine Zielgesellschaft mit dem Ziel, sie später gewinnbringend wieder zu verkaufen. Der Erlös aus einem solchen Exit wird später an die Investoren (Limited Partners) ausgeschüttet. Daraufhin wird der Fund üblicherweise liquidiert. Die Dauer der Investition (d.h. von Kauf/Buyout bis Exit) beträgt in der Regel zwischen drei und sechs Jahren.[30] Ein strategischer Käufer hat im Vergleich dazu einen langfristigen Investitionshorizont. Er erwirbt die Zielgesellschaft normalerweise ohne konkrete Absicht, sie später wieder zu verkaufen.
Zahlenmässig sind PE für einen wesentlichen Teil der M&A-Transaktionen in der Schweiz verantwortlich. An rund 30% aller M&A-Transaktionen mit Schweizer Zielgesellschaft sind PE beteiligt.[31] Auch wertmässig fallen M&A-Transaktionen mit PE ins Gewicht. 2023 wurden Schweizer M&A-Transaktionen im Gesamtvolumen von CHF 39 Mrd. durchgeführt, wovon CHF 10 Mrd. auf Transaktionen mit PE entfielen.[32]
Abbildung 4: M&A-Transaktionen mit Schweizer Zielgesellschaften durch strategische Käufer und PE (2019-2023) (Quelle: Mergermarket, L&S)Buyout-Transaktionen durch PE sind ein relativ komplexer Prozess, bei dem zahlreiche Workstreams parallel zueinander verlaufen und entsprechend zu koordinieren sind. Nachfolgend werden die wichtigsten (juristischen und nicht-juristischen) Workstreams kurz skizziert.
Bei einer Buyout-Transaktion durch einen PE bestehen typischerweise folgende juristische Workstreams:
M&A: Dem M&A-Workstream kommt eine Schlüssel- und Scharnierfunktion zu. Dieser Workstream unterscheidet sich nicht grundlegend von dem bei einer gewöhnlichen M&A-Transaktionen ohne PE-Bezug. Im Rahmen dieses Workstreams wird eine juristische Due Diligence der Zielgesellschaft durchgeführt. Zudem werden Verhandlungen geführt über die Transaktionsverträge (insbesondere den Aktienkaufvertrag und bei Co-Investitionen auch über den Aktionärbindungsvertrag) und über die Police der Gewährleistungsversicherung (WI Insurance). Hier spielen käufer- und verkäuferseitig die M&A-Anwälte eine zentrale Rolle. Oftmals sind – insbesondere im Rahmen der juristischen Due Diligence – Anwaltskanzleien aus zahlreichen Jurisdiktionen involviert und werden vom Lead Counsel koordiniert.Akquisitionsstruktur: Ein besonderer Schwerpunkt bei einer PE-Transaktion bildet die Planung und Umsetzung der Akquisitionsstruktur. Häufig wird die Strukturierung von einem (ausländischen) Steuerberater vorgenommen und in einem sog. Tax Strawman festgehalten. Schweizer M&A-Anwälte spielen bei der Planung der Akquisitionsstruktur in der Regel eine etwas weniger zentrale Rolle. Ihnen kommt allerdings eine wichtige Rolle bei deren Umsetzung zu. Insbesondere ist es häufig notwendig, sehr kurzfristig Schweizer Gesellschaften (Akquisitionsvehikel) zu gründen. Dies kann angesichts der Anforderungen des Schweizer Rechts (öffentliche Beurkundung, Anmeldung beim Handelsregister, Kapitaleinzahlungskonto) eine gewisse Herausforderung sein.Finanzierung: Der Finanzierungs-Workstream ist bei einer PE-Transaktion besonders wichtig. Dabei geht es um die Beschaffung von hinreichend Eigen- und Fremdkapital zur Finanzierung der Akquisition. Dieser Workstream ist besonders nach Unterzeichnung (und vor Vollzug) des Aktienkaufvertrags aktiv. Vor Unterzeichnung des Aktienkaufvertrags werden typischerweise erst die sog. Equity und Debt Commitment Letters unterzeichnet. Darin bestätigen die Investoren und Fremdkapitalgeber gegenüber dem Verkäufer, bestimmte Kapitalbeträge für die Finanzierung der Akquisition bereitzustellen. Die eigentlichen Finanzierungsverträge werden oft erst im Hinblick auf den Vollzug der Transaktion ausgearbeitet und abgeschlossen. Im Rahmen des Finanzierungs-Workstreams spielen neben den Anwälten des PE als Käufer auch die Anwälte der Banken eine zentrale Rolle.Regulatorische Aspekte: Je nach Art und Ausgestaltung der Transaktion sind kartell- und investitionskontrollrechtliche Meldepflichten zu beachten. Der regulatorische Workstream unterscheidet sich nicht wesentlich von einer M&A-Transaktion ohne PE-Bezug. Erwähnenswert ist, dass PE-Transaktionen in der Regel innerhalb eines vergleichsweise kurzen Zeitfensters durchgeführt werden. Dies liegt unter anderem daran, dass die Entscheidprozesse bei einem PE in der Tendenz weniger zeitaufwändig sind als bei einem strategischen Käufer. Diese Geschwindigkeit steht in einem Spannungsverhältnis zu den teils langwierigen in- und ausländischen Kontrollverfahren, was bei der Transaktionsplanung zu beachten ist.Transitional Services: Der Workstream Transitional Services befasst sich mit Dienstleistungen, die der Verkäufer für die Zielgesellschaft für die Dauer einer Übergangsphase erbringt. Derartige Dienstleistungen sind insbesondere bei Carve out-Transaktionen notwendig und werden im Rahmen eines sog. Transitional Services Agreement geregelt. Ein PE legt beim Verhandeln von Transitional Services Agreements typischerweise besonders Wert darauf, dass geplante betriebliche Verbesserungen und zukünftiges (starkes) Wachstum nach Vollzug der Transaktion möglich sind. Ansonsten bestehen bei diesem Workstream keine wesentlichen PE-spezifischen Besonderheiten.Beteiligung des Managements: Wie bereits oben ausgeführt, ist ein Wesensmerkmal einer M&A-Transaktion durch PE die Rückbeteiligung des Managements. Dieser Workstream ist eng mit dem M&A- und Strukturierungs-Workstream verknüpft und wird in einem nachfolgenden Kapitel separat behandelt.[33]