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Aufgeben? Niemals! Die Frau, die ihre Abstammung sucht, muss erkennen, dass die Menschen, egal welcher Hautfarbe, in ihren Abgründen gleich sind. Die Oma befiehlt: "Weg mit dem Balg!" und bekennt erst kurz vor ihrem eigenen Tod: "Ei‘ so schwarz wie ich gedacht habe bist du doch gar nicht!" In den USA erfährt sie, wer nicht weiß ist, ist hier "black". Sie erlebt zwei Adoptionen, eine davon ist bis heute rechtlich umstritten. Sie hört Sätze wie "Du lebst, was will Du denn noch mehr?" oder "Heiraten können wir nicht, Du könntest ja ein schwarzes Kind bekommen". Gibt es für dieses Leben irgendwo Liebe? Sie begegnet vielen Formen der Liebe: z. B. Mutterliebe, Vaterliebe, Elternliebe, Großelternliebe, Freundesliebe, Feindesliebe, Hass-Liebe, Geldliebe u.a. Liebt Gott sie überhaupt? Kann Liebe die Lösung zur Überwindung aller Fragen und Probleme sein? Überwindet die Liebe Borniertheit und Schranken der Gesellschaft? Kann Liebe Herzlosigkeit umarmen und den Ablehnenden bis in den Tod weiterlieben? Gibt es eine Liebe, die ohne jegliche Gegenliebe die Hoffnung an das Gute niemals aufgibt? Entdecken Sie mit der Autorin Geliebtes! Die "ProLy-Reihe" erzählt von den Erlebnissen und Erfahrungen einer Frau, einer farbigen Deutschen, einem Heim- und Pflegekind, adoptiert von einer kath. Pfarrhaushälterin in den 60er Jahren. Jenny Jansen, die "Mischlings"-Frau, die in keine Schublade passt. Sie erlebt Rassismus von weißen Deutschen wie von schwarzen Amerikanern. Sie sucht ihren Ursprung, findet die leiblichen Eltern und verliert beide im Tod nach einem Sturm von Lügen und Halbwahrheiten. Ein Gentest deckt auf: Der Amerikaner war nicht ihr leiblicher Vater. Erneute Identitätssuche. Die Wissensträger schweigen bis ins Grab, Unterlagen verschwinden auf mysteriöse Art unter Nichtbeachtung des Menschenrechts auf persönliche Abstammung. Die Autorin erfährt: "Am schwersten wiegt die Ignoranz der Beteiligten, das menschliche Verstummen auf ihre berechtigten Fragen". Doch sie hat weiter geliebt und getrotzt, verziehen und die Hoffnung nie aufgegeben. Sie glaubt an die große Kraft der Liebe. Diese Lebensinspiration führt zu den drei ProLy-Bänden, die für das "Triptychon" ihres "menschlichen Daseins" stehen: Geliebtes, Göttliches, Menschliches. Des Lebens Prosa und des Herzens Poesie vereinigen sich in der ProLy-Reihe zu einer Erzählung, die Wachstum und Werden wiedergibt, die Tränen und Freude zeigt und die Menschen an ihrem Leben teilhaben lässt. Ihre Texte sind eine Tür zum Herzen, ein Fenster zum Leben und eine Brücke zum Himmel. ProLy, Band 1: Geliebtes Dreißig Lebensbilder werden in nachdenklicher, aber auch vielfach humorvoller emphatischer Prosa erzählt und mit einem Lyrikteil zur jeweiligen Szene abgerundet.
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Seitenzahl: 111
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„ProLy” erzählt in drei Schritten, in drei Bänden von den Erlebnissen, Erfahrungen und Ereignissen einer Frau, einer farbigen Deutschen, aufgewachsen in einem katholischen Eifelpfarrhaus in den 60er Jahren. Eine Frau, die in keine Schublade passt. Rassismus von den weißen Deutschen wie von den schwarzen Amerikanern als unwillkommene Begleiter erlebt. Getrotzt und den Widerständen entgegen hat sie nicht aufgegeben, nie die Hoffnung verloren und weiter geliebt.
Ihre Herkunft nicht kennend und suchend, ihre Abstammung findend und wieder verlierend. Die Geschichte einer Identitätssuche zwischen der Welt Europas und den USA, zwischen Schwarz und Weiß stehend, verzweifelnd, aber nicht aufgebend. Unbequem und lästig ihre Fragen. Die Liebe siegt und gibt nicht auf, die Liebe verzeiht und hofft immer wieder neu.
Die Facetten des Lebens sich widerspiegelnd in den Farben der Liebe, der Menschlichkeit bis hin zur Göttlichkeit. Der Liebe begegnend, die Menschlichkeit bis in die Abgründe erfahrend und die Erfüllung in der Göttlichkeit findend. Die Inspiration leitet zu den drei ProLy-Bänden, die für das „Triptychon des menschlichen Daseins“ stehen.
Des Lebens Prosa und des Herzens Poesie vereinen sich in der „ProLy“-Reihe zu einer Erzählung, die Wachstum und Werden wiedergibt, die Tränen und Freude zeigt und die Menschen am Leben teilhaben lässt. Ein Fenster zum Leben, eine Tür zum Herzen, eine Brücke zum Himmel.
Abschnittsweise wird eine Lebenssituation geschildert, ein Land, eine Szene. Diese Ereignisse hinterließen Spuren. Der Pfad führte zu Gedanken, die auf dem Papier zur prosaischen Lyrik erwachen. Beginnen Sie die Reise mit mir.
Dreißig Lebensbilder werden in nachdenklicher, aber auch vielfach humorvoller emphatischer Prosa erzählt und mit einem Lyrikteil zur jeweiligen Szene abgerundet.
Starten wir in 1986.
Das Jahr, das mein Leben grundlegend veränderte. Die Liebe in ihrer reinsten, ursprünglichsten Form wird im Buch der Bücher beschrieben. Ich habe viele Arten und Abarten kennengelernt.
Doch mein Ideal anzustreben bleibt die Sehnsucht meines Denkens und Wollens bis zum letzten Tag:
Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig.
Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf.
Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil,
lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach.
Sie freut sich nicht über das Unrecht,
sondern freut sich an der Wahrheit.
Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand.
Die Liebe hört niemals auf …
Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.
(Die Bibel: 1. Korinther 13)
Ich bin der Typ, der alte Dinge mag. Meine Adoptivmutter lebte in einem Haus von alten Wertsachen umgeben. Nein, es waren nicht Reichtümer unter den Begriff der Wertsache zu definieren. Aber ich lernte den Wert einer Sache mit Vergangenheit zu schätzen.
Die antike Glasvitrine war mein Schatz. Ich gestehe, dass mir das Staubwischen und Deckchenrücken trotz verbalisierter Proteste 14-täglich jeden Samstag insgeheim Freude bereitet hatte. Jedes Stück in diesem Schrank hatte eine Geschichte. Im Laufe der Zeit hatte ich einige von meiner Adoptivmutter erfahren. Mich hat tief beeindruckt, dass mein Lieblingsgeschirr, das nur im Schrank stand und nie benutzt wurde, sogar einmal während des 2. Weltkrieges vergraben war. Meine Adoptivmutter war die Tochter einer Deutschen und eines Holländers. Sie wuchs bei ihren alten Tanten im Rheinland auf. Die Mutter muss wohl wieder geheiratet haben. Ihr Bruder, der holländische Piet, besuchte uns einmal. Die Erinnerung an ihn und besonders an seinen kleinen schwarzen Sportwagen blieb lange haften. Er war sehr lebensfroh und lustig, übrigens blond mit blauen Augen, die mich auf eine Spazierfahrt im offenen Wagen durchs Dorf einluden. Ich war so stolz an diesem Nachmittag. Mit Onkel Piet war das Leben heiter und auf der Sonnenseite. Warum er nie mehr erwähnt wurde, habe ich nie erfahren. Geblieben ist in meinem Herzen nur ein Bild von dir: „Goedendag! Hoe gaat het? Tot ziens! Hallo, wie geht’s, bis bald, Oom Piet (Onkel Piet).“
Dies Geschirr war für uns so wertvoll, dass es auch für Oom Piet nicht auf den Tisch kam. Es hatte kleine rosa Blümchen auf hauchdünnem Porzellan aufgemalt. Die Tasse stand auf einem Unterteller, mit einem kleinen hochgezogenen Rand. Romantisch und zart, durchsichtig das Porzellan. Dieses zarte Geschirr hatten die Tanten im Garten eigenhändig vergraben vor dem anrückenden Feind. Nachdem der Garten der alten Tanten von Bombeneinschlägen im rheinländischen Würm verschont geblieben war, stand dem Wiedergebrauch nach erfolgreichem Ausbuddeln nichts mehr im Wege. Zur Erinnerung stand es in unserm Wohnzimmerschrank, und ich hatte das Versprechen meiner Adoptivmutter bei guter „Führung“ meinerseits es aus ihren Händen zu erhalten. Eine ähnliche Geschichte hatte auch das Teeservice mit silbern aufgemaltem Streifendekor. Auf einer silbernen Schale strahlten zwei Teetassen, ein Milchkännchen, eine Zuckerdose und die Teekanne mich beim Putzservice an. Ich liebte diese kleinen Kostbarkeiten und hütete sie wie einen Augapfel. Ich liebte unser Antiquariat. Verstaubt und verschroben.
Im Flur stand ein Bücherschrank, zwei Seitenteile als Tür, in der Mitte das Fensterglas. Oben lebte Dante. Es war ein schwarzer Schrank, auf dessen Mitte die Kopfstatue von Dante im schwarzen Lack angebracht war. Nachdem ich die anfänglichen Ängste vor diesem Mann mit dem strengen, klugen Gesichtsausdruck überwunden hatte und wusste, er ist nicht der „Allwissende“, der da auf unserem Schrank alles beobachtet, konnte ich wieder befreit den Flur, auf dem ein weinroter Langläufer lag, erobern.
Aber es gab noch eine Lampe. Eine Lampe bestehend aus einem großen Geweih, an dessen Mitte eine Laterne in der Hand von einem Waldgeist, einem Wichtel, angebracht war. Wenn man mich auf dem Arm trug, drehte ich ihnen immer den Rücken zu. Die sehen mich an, die sehen in mein Inneres, dachte ich als Kind. Wenn ich endlich diese beiden Köpfe, also den „strengen Mann“ und den „grinsenden Wichtel“ passiert hatte, konnte ich mutig die „Treppe des Schlafes“ erklimmen. Nur noch die alte schwarze Standuhr mit dem tiefen Gongschlagwerk. Endlich oben, endlich im Schlafzimmer. Hier war ich allein, hier war nur ich. Tür zu. Decke über den Kopf. Das Antiquariat hinter mich gelassen für heute. Bis zum nächsten Morgen.
Meine Römer waren meine größten Schätze. Zwölf bunte Römer in allen Farben hatten es mir mächtig angetan. Auch sie warteten in der Vitrine mit den zwölf Likörgläschen auf mich. Als ich enterbt wurde, habe ich echt um diese Freunde geheult. Mein Dante kam abhanden, angeblich. Meine Zwergen-Lampe wurde nie mehr gesehen. Meine Römer wurden von modernen „Grabräubern“ übernommen.
Wer alles gesehen wurde, Gegenstände aus dem Haus tragend, bekam ich später, leider zu spät vom allgemeinen Dorfklatsch doch noch mit. Ich war nicht schnell genug für meine Römer, sie hatten „Beine“ bekommen. Meine Vitrine war komplett mit jedem Detail, das ich jahrelang meisterlich abgestaubt hatte, wie vom Erb- richtigerweise Erdboden verschluckt.
Da wurde ich selbst zur Antiquität. Irgendwie „angestaubt“ fühlte ich mich, obwohl ich mehrfach „abgestaubt“ worden war. In der letzten Ecke stand ich im Regal, im Land der Vergessenen, der Übersehenen. Dann verstand ich meinen Wert. Den einer Antiquität. Auf einem „Antiquitätenmarkt für edle Exponate“ sah ich, wie die Kenner alter Gegenstände zärtlich über das von ihnen entdeckte Objekt strichen, die Samthandschuhe anlegten und einen zarten Aufschrei der Freude ausstießen, als sich die rußgeschwärzte Patina löste und den echt goldfarbenen Anstrich unter der billigen Restaurierung ahnen ließ.
Ich war kein Irrtum der Natur, ich war ein Meisterwerk meines Schöpfers und irgendwo da draußen würde mein Liebhaber sein und mich suchen. Er würde die verkannte Kunst erkennen und dem wahren Wert des antiken Meisterstückes zum Leben verhelfen.
Ich bin Mann, sagte die Frau.
Ich bin Frau, sagte der Mann.
Versuch zu leben:
Miteinander – Auseinander.
Die Rollen getauscht.
Er ist Mutter und stark.
Sie ist Vater und schwach.
Wie gefällt Euch die Welt?
Von außen verlacht und meist verkannt,
es lebt sich drinnen; nach innen gekehrt.
Ich bin ich, sagte die Frau.
Ich bin ich, sagte der Mann.
Wir sind wir, sagen wir.
Versuch zu leben:
Miteinander – Getrennt.
Man sagt heutzutage, abgegrenzt.
Der Eine tut dies, der Andere tut das.
Man trifft sich, man trennt sich,
wenn’s einem grad’ passt.
Ist sie nicht toll
diese Art von Toleranz?
Wir sind wir, sagen wir.
Wollen meinen:
Frau ist Frau.
Mann ist Mann.
Wir sind eben
so
wie wir sind.
Eigentlich müsste ich glücklich sein. Ich wurde ausgesucht. Von einer Frau, die mich zur Tochter machte. Ich wurde adoptiert. Aber hätte ich mir nicht lieber diese Frau selber gesucht? Wen hätte ich dann gewählt? Als Kleinkind, so wurde mir erzählt, habe ich im Waisenhaus gestanden, meine Ärmchen sehnsuchtsvoll der Frau, die mich begutachtete, ob ich das passende Kind sei für sie, entgegengestreckt und „Tante, nimm mich, nimm mich mit“ geschrien. Wer hat wen ausgesucht? Habe ich damals nicht generell weggewollt und wäre ich nicht mit jedem Menschen mitgegangen, der mich hier, an dem Ort, wo ich überhaupt nicht sein wollte, weggeholt hätte? Ich wurde mitgenommen.
Ich habe dieses Spiel später wiederholt. Um den Wirrungen und dem unglückseligen Zustand meiner Jugendtage zu entfliehen, wäre ich eigentlich am liebsten rasch verheiratet gewesen. Das Baby passte, brav und formbar, knuddelig und nett, ein süßes Kleid und Hütchen, das Paradekind war fertig. Die zu rasche Entwicklung zur jungen Frau passte dann weniger, die Probleme vorprogrammiert. Widerworte und Rebellion, das darf doch nicht sein. Wo blieb die Dankbarkeit für die schöne Kindheit?
Eigentlich hätte ich mich doch gut entwickeln können, wenn der eigene Kopf nicht durchgebrochen wäre! Wie oft hörte ich, dass Erziehung nicht alles richten kann, was der Ursprung einer „solchen Mutter“ in einem „solchen Kind“ angelegt haben muss. Der negativen Darstellung meines Ursprungs begegnete ich mit einer extremen Wahrheitssuche. Ich wollte wissen, wer meine leibliche Mutter wirklich war. Egal wie schlimm die Realität auch ausgesehen hätte, ich hätte sie jeder vorgezogen als die „Worte Dritter, die über mir und meiner Mutter“ schwebten. Noch bevor ich den „ersten Kuss“ ergattern konnte, wurde ich des „Herumlaufens, genau wie deine Mutter, die war auch so eine Hure“ bezichtigt. Mein Mädchenherz zog sich im tiefsten innersten Schmerz zusammen. War die Sehnsucht nach einer Hand, nach einem Kuss denn so verkehrt? „Hure“ musste etwas so Schlimmes sein, dass ich richtig Angst vor diesem Wort bekam. Für mich im Zusammenhang mit einer Frau, die mich geboren haben musste, ein Unwort in seiner geballten Kraft meiner jugendlichen Vorstellungswelt. Ich wollte die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Ich schrie eines Tages der Adoptivmutter entgegen: „Und wenn sie eine war, dann bin ich eben im Puff zur Welt gekommen.“