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Auf dem bewegten Ast des Lebens sitzen zwei Vögel im Schatten der Abgründe des menschlichen Daseins. Oft fühlte sich die Autorin vom Leben zerfranst, das Gefieder zerzaust im Sturm der Gezeiten: zweimal adoptiert, Missbrauch, Elternsuche, Scheidung und die vermeintlich falsche Hautfarbe. Ein Brand im Jugendamt löscht ihre ganze Vergangenheit aus. Grotesk: Datenvernichtung durch Löschwasser- Schaden. Die ausgelöschte Akten-Identität einer Adoptierten lässt sie fast aus dem Leben scheiden. Wer hält unsichtbar die Hand über diesem Dasein? Gibt es einen Gott inmitten der menschlichen Tragödie? Die Autorin entdeckt die Macht der göttlichen Kraft: Menschliches wird ertragbar. Das Symbol der "Taube" zeigt sowohl den Weg als auch dessen Vollendung und begleitet sie auf der Lebenswanderung zu sich selbst. Findet sie den Motor ihrer Identität? Kreativität und Humor, den eigenen „Esels“-anteil in sich lassen sie auf den göttlichen Wellen ihrer Menschlichkeit tanzen. Wunderbar gemacht, sagt die Bibel in Psalm 139,14. Einfach nur Menschlich. Entdecken Sie mit ihr: "God is in charge. Be Human". Entdecken Sie die Freude neu, genießen Sie ganz einfach: Menschliches. Die "ProLy-Reihe" erzählt von den Erlebnissen und Erfahrungen einer Frau, einer farbigen Deutschen, einem Heim- und Pflegekind, adoptiert von einer kath. Pfarrhaushälterin in den 60er Jahren. Jenny Jansen, die "Mischlings"-Frau, die in keine Schublade passt. Wer sie begreifen will, muss mit dem Herzen lesen und mit der Seele hören. Ihre Texte verlangen "Sich Zeit-Nehmen", "Nach-Denken". Ihre prosaische Lyrik erfordert Mut zur Wahrheit und die Bereitschaft, in einen Strudel von Absurditäten einzutauchen und in einem Wellenmeer voller Emotionen zu baden. Eiskalte Ablehnung und warmes Willkommen: das Leben hat ihr alles geboten. Reisen Sie durch die menschlichen Abgründe eines Lebens von Europa bis nach USA. Findet sie ein "vorurteilsfreies Fluchtland", lohnt sich das Versteck in der Anonymität der Großstadt? Ist Sterben Gewinn? Lohnt des Lebens Anstrengung? Entdecken Sie eine Gewichts-Vagabundin und Kraushaar-Emanze, schmunzeln sie über eine "verhinderte" Juristin und Braunbär-Kämpferin, lachen Sie über die Afro-Controllerin und weinen Sie mit der verhinderten Samba-Queen. Genießen sie den Duft des Frühlings, schmecken sie Sommer-Lebenslust. Tanzen sie mit der Fee zu den Klängen des Herbstes. Diese Lebensinspiration führt zu den drei ProLy-Bänden, die für das "Triptychon" ihres "menschlichen Daseins" stehen: Geliebtes, Göttliches, Menschliches. Des Lebens Prosa und des Herzens Poesie vereinigen sich zu Erzählungen, die Wachstum und Werden widerspiegeln, die Tränen und Lachen zeigen. Die lyrischen Texte sind eine Tür zum Herzen, ein Fenster zum Leben und eine Brücke zum Himmel. ProLy, Band 3: Menschliches Achtunddreißig Lebensbilder werden in nachdenklicher, aber auch vielfach humorvoller emphatischer Prosa erzählt und mit einem Lyrikteil zur jeweiligen Szene abgerundet.
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Seitenzahl: 183
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Einleitung
Lebensbild 1 November 1986, München
Ich und meine DIÄT
Lebensbild 2 November 1986, München, Huntsville/ Alabama, San Francisco, USA
Bärenweisheit
Lebensbild 3 November 1986, München
Die schwarze Geburt
Lebensbild 4 1986, 1987, 1988, München, Frankenthal, Mannheim, Huntsville/Alabama, USA
Adoption Baby
Lebensbild 5 Januar 1987, München, Kirmutscheid bei Adenau
Nachdenkliche Worte
Lebensbild 6 Mai 1987, München, Köln
Der Rest und das Scampolo
Lebensbild 7 Juni 1987, München, Huntsville/Alabama, USA
Love you Jeanny!
Lebensbild 8 Juni, Juli 1987, München, Huntsville/ Alabama, USA
Die Reise
Lebensbild 9 Juni 1987, Auf dem Flug nach San Francisco, USA
The Journey: For my Daddy
Lebensbild 10 Juli, August 1987, San Francisco, USA
Dreamings, Traum-Träumerei
Lebensbild 11 Oktober 1987, München
Das Erwachen
Lebensbild 12 Oktober 1987, München, Huntsville/ Alabama, USA
Die Karriere einer Adoptierten
Lebensbild 13 Oktober 1987, München, Huntsville/ Alabama, USA
Wer bin ich?
Lebensbild 14 Oktober, November 1987, München
Das Kind – Moderner Fortschritt einer Frau
Lebensbild 15 Februar 1988, München
Widersprüche
Lebensbild 16 April 1988, München
Gemischte Fragen: Gedanken eines in der BRD aufgewachsenen und erzogenen schwarzen Mischlings
Lebensbild 17 September 1988, München, Modehaus in Schwabing und am Odeonsplatz
Die Frau in der Mitte
Lebensbild 18 September 1988, München, „Komische Oper“ am Deutschen Theater
Angepasstes Dasein
Lebensbild 19 Oktober 1988, München, Kirmutscheid, Wirft und Hoffelt in der Eifel
Freedom for Nelson Mandela
Lebensbild 20 November 1988, München
Heimat
Lebensbild 21 Februar 1989, München, Frankenthal/Pfalz, Mannheim, Kirmutscheid bei Adenau
Abenteuer: Lebensquell
Lebensbild 22 Februar 1989, München
Zeit der progressiven Regression
Lebensbild 23 Februar 1989, München, Schwabing, Münchener Freiheit
Jetzt
Lebensbild 24 Juli 1992, München
Kreislauf der Schritte
Lebensbild 25 August 1992, München
Jahrzehnt-Gedanken
Lebensbild 26 Januar 1994, München, Beerdigung Frau Sedlmayr
The final curtain – Der letzte Vorgang
Lebensbild 27 April 1994, Kirmutscheid: Eifel-Erinnerungen
Le soleil de la montagne
Lebensbild 28 November 1994, München
Der kleine Tamburin-Mann
Lebensbild 29 November 1995, München
Seele, die du weinst …
Lebensbild 30 90er Jahre, München, Laim: Abriss HIT-Supermarkt und Neubebauung in der Elsenheimerstraße
Nachtgedichte
Lebensbild 31 Oktober 1998, München
Würmleins erste Freundschaft
Lebensbild 32 Februar 2000, Bad Aibling
Winterregen im Februar
Lebensbild 33 August 2000, München
Milieus : Mensch
Lebensbild 34 September 2001, München
Feen-Zauber
Lebensbild 35 April 2003, München
Morgentau
Lebensbild 36 September 2008, München
Verbannte Kunst oder erfahrene Realität Sommer 2008
Lebensbild 37 März 2009, München
Restanten
Lebensbild 38 Oktober 2013, München, mittags am Rotkreuzplatz, Café-Auszeit
Herbst
Epilog 1. Weisheit
2. Weisheit
„ProLy“ erzählt in drei Schritten, in drei Bänden von den Erlebnissen, Erfahrungen und Ereignissen einer Frau, einer farbigen Deutschen, aufgewachsen in einem katholischen Eifelpfarrhaus in den 60er Jahren. Eine Frau, die in keine Schublade passt. Rassismus von den weißen Deutschen wie von den schwarzen Amerikanern als unwillkommene Begleiter erlebt. Getrotzt und den Widerständen entgegen hat sie nicht aufgegeben, nie die Hoffnung verloren und weiter geliebt.
Ihre Herkunft nicht kennend und suchend, ihre Abstammung findend und wieder verlierend. Die Geschichte einer Identitätssuche zwischen der Welt Europas und den USA, zwischen Schwarz und Weiß stehend, verzweifelnd, aber nicht aufgebend. Unbequem und lästig ihre Fragen. Die Liebe siegt und gibt nicht auf, die Liebe verzeiht und hofft immer wieder neu.
Die Facetten des Lebens sich widerspiegelnd in den Farben der Liebe, der Menschlichkeit bis hin zur Göttlichkeit. Der Liebe begegnend, die Menschlichkeit bis in die Abgründe erfahrend und die Erfüllung in der Göttlichkeit findend. Die Inspiration leitet zu den drei ProLy-Bänden, die für das „Triptychon des menschlichen Daseins“ stehen.
Des Lebens Prosa und des Herzens Poesie vereinen sich in der „ProLy“-Reihe zu einer Erzählung, die Wachstum und Werden wiedergibt, die Tränen und Freude zeigt und die Menschen am Leben teilhaben lässt. Ein Fenster zum Leben, eine Tür zum Herzen, eine Brücke zum Himmel.
Abschnittsweise wird eine Lebenssituation geschildert, ein Land, eine Szene. Diese Ereignisse hinterließen Spuren. Der Pfad führte zu Gedanken, die auf dem Papier zur prosaischen Lyrik erwachen.
Achtunddreißig Lebensbilder werden in nachdenklicher, aber auch vielfach humorvoller emphatischer Prosa erzählt und mit einem Lyrikteil zur jeweiligen Szene abgerundet.
1986: Beginnen Sie die Reise mit mir durch die Abgründe, aber auch durch die herrlichen Verirrungen und Verwirrungen einer Frau im Kampf um ihre Wurzeln, ihre Suche nach dem Ursprung ihres Seins, nach Mutter und Vater. Begegnen Sie einer Frau, die zweimal „ver“-adoptiert wurde, die drei Mütter hatte und doch keine. Darüber hinaus einen Vater, der letztendlich doch noch der „Falsche“ war.
Lernen Sie Amerika einmal von einer ganz neuen Seite kennen:
„Einer Schwarzen mit weißen Augen!“ Rassismus der ganz eigenen Art, eine Scheidung der besonderen Art und auch der Kreislauf von Geburt und Tod sind Facetten meines Lebens, das ungefragt geboren wurde.
Lachen und weinen Sie mit mir in der Begegnung unverhoffter Fragen an ein Leben, das sich nur zum Teil aus der Rückschau erklären und teilweise aufklären ließ. Und wie ein Puzzle mühsam aus Einzelereignissen zusammengebaut werden musste. Ein Leben, das geprägt wurde durch eine „doppelseitige Rassenideologie“, über die niemand auch nur ein Wort verlieren wollte. Einer Existenz, die im Grunde niemanden interessiert hat und am liebsten unter der Decke des „Schweigens“ vergraben worden wäre. Doch ein kreativer Schöpfer hatte einen anderen Plan.
Wie der „Esel im Brunnen“1 habe ich nicht aufgegeben. Habe immer wieder neu gehofft, geglaubt und geliebt. Meine ganze Lebenskraft verdanke ich meinem Gott, dem Schöpfer aller Dinge. „Der Herr ist mit mir, mir zu helfen“2 klingt belanglos, aber die ganze biblische Botschaft ist in dieser Formulierung zusammengefasst.
1Epilog: Der Esel im Brunnen.
2Psalm 118; Auszug Predigt, http://www.dreikoenigsgemeinde.de/glaube/phil-Schmidt_predigt_153.php, Abfrage August 2014.
„Du wärest fast gestorben, als du zu uns kamst“, hörte ich immer von meiner Adoptivmutter.
Nachfragen ergaben, dass ich dünn, regelrecht abgemagert als Kleinkind in ein Pfarrhaus übergeben wurde. Ich wurde aufgepäppelt. Kalktabletten wurden gereicht, Rotkäppchen-Trunk sollte mir die gleichen roten Backen geben wie dem Mädchen auf dem Flaschenbild, Spinat und alles erdenklich Gute wurde mir zugefüttert. Ich wuchs und gedieh prächtig. So der Eintrag des zuständigen Jugendamtes.
Mit zehn Jahren war ich körperlich so gut entwickelt, dass man sich erneut Sorgen machte. „Das haben die so an sich, die Rasse kommt jetzt durch, es ist halt doch eine andere Art“ oder Ähnliches hörte ich hinter meinem Rücken als feststand, dass meine äußere Gestalt eher der einer Sechzehnjährigen glich als einer Zehnjährigen. „In Afrika bekommen die mit neun schon Kinder“ … Diese Sätze lösten anscheinend komplette Panik bei meiner braven Adoptivmutter aus. Sie hatten die Büchse der Pandora geöffnet.
Wer weiß schon, wenn er ein Kind adoptiert, was sich später aus diesem menschlichen Wunder entwickelt?
Meine dünne, kleine und zarte Adoptivmutter hörte bei einem Dorfrundgang öfters den beißenden Kommentar: „Die Kleine frisst Ihnen wohl das Essen vom Teller. Die fällt sie ja tot!“ Und der letzte Teil des Satzes in Bezug auf mein damaliges Körpergewicht von 65 Kilo. Mein körperliches Wachstum zeigte sich darüber hinaus auch in Zentimetern: Ich überragte meine Adoptivmutter mit zehn Jahren bereits um mehr als eine Kopflänge. Die Wortbisse brannten sich auf meine Seele. Was konnte ich tun?
Im Vergleich zu den anderen war ich anders „gebaut“. Dann sagte noch mein allererster Frauenarzt, dass ich bei diesen Schenkeln unbedingt aufpassen müsste. Ich wusste gar nicht auf was, aber er meinte, dass die nicht noch dicker werden dürften. Wie, das konnte er mir auch nicht beantworten.
Meine Antwort war, ihn nicht noch einmal aufzusuchen. Die verschriebene „Pille“ durfte ich sowieso nicht einnehmen und bekam sie umgehend entzogen. Die beste Verhütung ist, sich in keine Gefahr zu begeben. Da hatte meine Adoptivmutter wirklich einmal recht.
Aber so „einfach“ lässt sich das wahre Leben leider nicht auf eine Formel biegen und herunterbrechen.
Für mich begann eine Kleidergrößen-Karriere ungeahnter Ups and Downs. Als Teenager war ich aus meiner Sicht wieder einmal normal schlank, nicht dünn. Aber ich trug Größe 38. Größe 36 hatte ich nie in meinem Leben. Anfang zwanzig öffnete ich die 72-Kilo-Runde und war Ende zwanzig wieder einmal bei 65 Kilo angekommen. Obwohl ich damals 30 Jahre alt war, wog ich so viel oder so wenig wie als 10-Jährige. Meine Umwelt hat mich aber „NIE“ für magersüchtig gehalten! Im Gegenteil passte ich „so gerade“ in ein Kleid für eine Filmrolle hinein, wo im Kleiderzettel Größe 40 stand.
Findet sich eigentlich eine Variable in Abhängigkeit oder Dependenz zwischen der Kleidergröße gemäß der Herstellerangabe, dem Gewicht einer Frau und der körperlichen Ausgestaltung ihres Bodys? Diese Formel ist mir noch immer ein Rätsel.
Nirgendwo wird so viel gelogen und betrogen wie bei den drei Beteiligten am Kleidergrößenwahn unserer Tage. Die einen Frauen schneiden die Markenzettel heraus und lassen die Größe geheim. Die anderen kaufen zwei Kleider und tauschen das Etikett der kleineren Größe in das passende 46er-Outfit. Hat denn die Frau, auf deren Kleid Größe 38 steht, damit auch eine Figur, die dieser Nummer gerecht wird? Oder woher kommt der Wahn um eine Größe 32, die sich in Richtung Nichtexistenz eines Körpers als Hauch seiner selbst sich bewegt?
Wollen wir die Schwebende oder die Geerdete?
Wir wollen alles und dies sofort. Könnten wir uns selbst neu erschaffen, würden wir je nach Zeitgeist und angesagtem Idol alle gleich aussehen.
Die Schönheitschirurgen verzeichnen Zuwachsraten in ungeahnten Höhen. Die neue Nase à la Jennifer Aniston aus dem Katalog (das Abbild ist bereits auch operiert), die Brustform à la carte aktuell und die Pobacken-Rundung analog der Lopez für die Sommerjeans aufgespritzt. „Einmal spritzen, bitte gleich und sofort, gnädige Frau“, „Das Töchterlein kriegt den Rabatt zum Abitur!“
Meine Figur passte nie in die deutsche Schublade.
Ich lernte erst Jahre später, warum meine Körperformen so anders waren im Vergleich zu meiner Umgebung. Erst die Begegnung mit Pazifikinsulanern, Fijianern und Polynesiern zeigte mir meine Südsee-Abstammung.
Ich fand mich und meinen Körper in ihnen wieder. Diät ade.
DIÄT! Höllenqual!
Und wieder versuche ich es.
Ob es mir gelingt?
Diesmal, werde ich es schaffen.
Eine Röhrenjeans lockt mich hinein zu schmelzen.
Aus der Küche ruft mein Mann:
„Liebling, isst du etwas Suppe mit mir?“
DIÄT! Welche Pein …
Diesmal versuche ich einfach weniger essen.
Ob es mir gelingt?
Kein Zweifel in mir, ich kann der Versuchung widersteh’n.
Bei Größe 38 kaufe ich mir ein hautenges Kleid.
Durch die Küchentüre hindurch
höre ich die Stimme meines Mannes:
„Liebling, was hältst du von Currywurst mit Pommes?“
DIÄT! Welche Depression …
Meine Masche ist diesmal
lustig zu sein und entspannt.
Ich will tanzen, shoppen in Boutiquen,
vielmehr
ich will „in sein“ und nicht länger mehr „out“.
Im Spiegelbild sehe ich Rubens Schöne,
wann bin ich endlich die Frau Ideale?
Mein Mann steht vor mir,
verzweifelt ist er.
Meine DIÄT hat auch ihn schon gezeichnet.
Er will sich und mir helfen, so sagt er.
„Etwas muss der Mensch doch essen“
oder:
„Du gefällst mir auch so wie Du bist.“
DIÄT! Erlösung …
„Willst du noch etwas Tee?“
Ich glaube, der Mensch liebt mich wirklich
so wie ich bin.
Mein Stück Kleidung gefällt ihm.
Das Brötchen aus Weißmehl, die Torte mit Sahne.
Dies alles und das Leben,
es schmeckt mir.
Und wieder versuche ich es.
Ob es mir gelingt?
Diesmal, diesmal werde ich es schaffen.
Ich habe die DIÄT einfach abgeschaffen
und bin
in mich hineingeschmolzen.
Innerlich gewachsen,
kann mir das Glück
auch in Größe 42 begegnen.
Mein Teddybär blieb viele Jahre bei mir.
Je nach Partner musste er vorübergehend umziehen und den Keller bewohnen. Manchmal auch den Speicher. Männer sind komischerweise keine Bärenfreunde. Komisch tragische Szenen spielen sich ab, wenn er den Raum der Frau erobert und auf seinen großen Rivalen trifft.
Er war immer bereits schon vor ihm da, teilte das Bett oder Sofa mit der gerade kühn Eroberten und wachte, nein thronte auf dem Paradekissen. Wenn nicht dort, dann verfolgte er mit eigentlich treuen Knopfaugen die Angebetete. Er fühlte sich bereits jetzt schon bedroht. Teddy wusste alles.
Teddy war Frauchens bester Kumpan. Setzte er den Teddy auf den Boden, war sie traurig. Warf er ihn in den nächsten Korb, war sie beleidigt. Bärchen musste auch sein Freund werden.
In USA erfuhr ich, dass der Teddybär seinen Namen dem einstigen US-amerikanischen Präsidenten Theodore „Teddy“ Roosevelt verdankt. Der Legende nach soll dieser sich bei einer Jagd geweigert haben, ein Schwarzbär-Baby zu töten.
Ich war erstaunt, dass es einen sogenannten „Schwarzbären“ gibt. Ich kannte nur den Eisbären mit seinem weißen Fell und den braunen Bären im Zoo, erweitert um die persönliche Erfahrung mit meinem Knuddel-Bären auf meinem Sofa.
Alles änderte sich schlagartig bei einem Besuch im Yosemite Park, USA. Ich lernte den „black bear“ kennen. Dieser Bär sah nicht so aus wie mein Knuddeltier und ich war erschrocken überrascht, wie klein ein Mensch sich vorkommt, wenn er einmal einen solchen Bären in der Natur erleben kann. Diesem Brumm-Bären hätte ich nicht in der Nacht begegnen wollen und auch nicht ohne Ranger. Der Black Bear, so erklärte man mir, sei weniger gefährlicher als der Grizzlybär.
Ja, die Eisbären neigen stärker als ein Schwarzbär dazu, Menschen als Beutetiere anzusehen. Der Journalist meiner Familiensuchaktion hat dann später einen Artikel über die „Schwarzbären“ in der SZ verfasst. Das Bärenerlebnis war prägend und hat mich stark beschäftigt.
Schwarz und Weiß: Das Thema wurde ein Leitfaden in meinem Leben. Oft genug mit einem „d“ in der Mitte, mehr ein Leid-Faden. „Aber reifen wir nicht auch durch das Leiden?“, sinnieren kluge Mystiker. Aber irgendwie wehrt sich meine innere noch vorhandene Fröhlichkeit und Lebensfreude an diesem Einwand. Ich hatte genug von der ganzen Ablehnung und wollte Freiheit und Akzeptanz frisch und frei in meinem Traumland, in meinem Sehnsuchtsland USA erleben. Doch die Mystiker sollten recht bekommen. Ich durfte wieder einer neuen Reifestufe meines Daseins begegnen.
In USA lernte ich den Rassismus von der schwarzen wie auch in Deutschland von der weißen Seite her kennen.
Meine Lehreinheiten waren recht kompliziert und es brach so viel Neues auf mich ein wie die ganzen Jahre nicht zuvor. Mein Leben wurde in Kalifornien auf den Kopf gestellt. Nichts sollte mehr so bleiben, wie ich es kannte.
Ich hatte meine Abschiedsfeier nicht umsonst gehalten. Irgendwie musste ich instinktiv gespürt haben, dass, selbst wenn ich wieder nach Deutschland zurückkommen würde, nichts mehr so sein werden würde, wie es vor meiner Abreise war.
Keiner hat es verstanden. Ich habe intuitiv alle Freunde und Bekannten zu einer Dankes-Abschiedsfeier eingeladen und ihnen von meinem Vorhaben des USA-Mutterbesuches und der Vaterrecherche erzählt. Sicher würde ich den Aufenthalt verlängern, wenn ich den Vater antreffen würde.
So kam es. So war es.
Ich war nicht mehr die, als die ich einmal zu meinem ersten Flug ansetzte. Ich war vom Mädchen zur Tochter geworden, vom Kind zur Erwachsenen.
Und ich war von einer gedachten Weißen zu einer echten Farbigen geworden.
Das fühlte sich an, wie wenn man alle Sicherheitsleinen reißt, das Boot mit den Wellen des Lebens mitfortströmt und nirgendwo sich ein Halt befindet. Mehrmals ist die Welle über mich hinweggeschwappt und ich wusste nicht, trotz guter Schwimmerfahrung, wie ich mich verhalten sollte. Alles war richtig und trotzdem verkehrt.
Ich wollte etwas Gutes, fühlte mich wie mein Teddy mit den treuen braunen Augen und trotzdem eckte ich an. Ich war nicht so wie die Anderen dachten, dass eine Tochter, eine Schwester sein sollte.
Meiner Mutter zu dunkel. Da sie in den Südstaaten lebte, warnte sie mich dauernd, bloß nicht mich alleine zu Fuß zu bewegen, es könnte mich ja ein „Negerhasser“ entführen. Deutschdenkend und nur mit den deutschen Erfahrungen belächelte ich ihre Angst.
Mein Stolz brach durch. „Ich eine Schwarze, aber Mutter“, empörte sich mein ganzes inneres deutsches weißes Sein. Ich rebellierte gegen den aufsteigenden Hass, den ich selbst gegen Teile von mir verspürte. Die Teile, die man als „schwarz“ an mir gebrandmarkt hatte.
Je länger ich mit Mutter zusammen war und ihre ständigen Parolen anhören musste, übertrug sich ihre Angst auf mich. Ich war nicht wirklich frei. Schämte sich meine Mutter immer noch wegen meiner Hautfarbe? Oder war die Furcht vor dem Ku-Klux-Klan, von dem sie sprach, berechtigt? Mir zitterten die Knie, als ich später den Film „Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses“3 sah.
Meine Hochachtung und Bewunderung, aber auch meine Tränen sind mit Mr. Präsident Obama. Bei seiner Wahl heulte ich in Echtzeit die ganze Nacht.
Meine leibliche Mutter musste mich „abgeben“, weil ich schwarz war, meine „große Dorf-Liebe“ erhielt ein elterliches „Freundschaftsverbot“ und mein erster Arbeitgeber meinte: „Fräuleinchen, Sie sind nur hier, weil Ihre Adoptivmutter uns so darum gebeten hat, Sie aufzunehmen.“
Ich, der man alles abgesprochen hatte, konnte 2008 live miterleben, wie der erste schwarze Präsident seinen Platz einnahm.
Einer von uns hatte es geschafft. Alle alte Schulweisheit, alle dummen Menschensprüche der Vergangenheit schienen überholt. Brachte dieser amerikanische Sieg auch uns schwarzen Deutschen in der deutschen Heimat den Erfolg oder bescheidener gefragt, eine Aussicht auf diesen?
Mr. Obama jedenfalls ist mein erster Präsident des Herzens geworden.
3Alles zum Film: http://de.wikipedia.org/wiki/Mississippi_Burning_%E2%80%93_Die_Wurzel_des_Hasses, Abfrage 28.07.2014.
oder wo liegt Südafrika?
Schwarzbären sind ganz friedlich.
Nur wenn man auf sie drauftritt,
werden sie böse.
Schwarze sind ganz friedlich.
Nur wenn man auf sie schießt,
werden sie böse.
Eisbären schauen friedlich aus.
Der Tierfreund weiß, sie sind aber sehr gefährlich.
Weiße schauen eigentlich friedlich aus.
Der Menschenkenner weiß jedoch, dass sie …
Dies ist nicht der Weisheit letzter Schluss
aber:
ein nicht unbeachtlicher Gedankenblitz.
Obwohl ich unschuldig an meiner Geburt war, gefiel sie mir viele Jahre nicht. Alles war so anders, wie ich mir eine Geburt vorgestellt hätte. Ich wäre gerne erwartet worden.
Schön wäre ein Vater gewesen, der sich auf mich gefreut hätte. Ein Vater, der mir hätte Tanzen beibringen können, mir hätte Ski- Fahren gelehrt oder mich wie ein guter Anwalt verteidigt hätte. Sein Richterspruch hätte zu meinen Gunsten ausfallen müssen. Und dann eine Familie, die sich gefreut hätte über meinen ersten Schrei oder Gehversuche. So wurde ich per Geburt bereits geadelt mit dem „nur“-Titel. Welche Auszeichnung!
Meine Mutter durfte mich für drei Monate nach der Geburt behalten, nur weil die Findung einer Ersatzfamilie für „so“ ein Kind so schwierig war. Wer wollte damals etwas „so Unnötiges“ wie mich?
Etwas so Überflüssiges wie mich?
Und dazu noch mit der unpassenden Hautfarbe und den nicht zu bändigen Kraushaaren in diesem braven Nachkriegsdeutschland. Alle wussten irgendwie Bescheid und waren stillschweigend einverstanden mit diesen Gräueltaten. Vor dem Krieg und während des Krieges wurden Menschen einfach weggeschafft, deportiert.
Ich wurde weggegeben.
So lernte ich sehr früh Abschiebung oder auch eine sogenannte „Verschiebung des Nichtgewollten“ kennen.
Von der Pfalz in die USA sollte es gehen. Ich sollte es einmal besser haben als hier im Nachkriegsdeutschland, wo jeder schauen musste, wo er bliebe. Und mit „so“ einem Balg war das deutsche Mädel sichtbar abgestempelt. Kein Deutscher hätte sie damals noch genommen. Den vorher unehelich geborenen Sohn sah man die ausländische Herkunft nicht unbedingt an. Er durfte zeitlebens bei der Mutter bleiben. Sie liebte ihn mit der Kraft, die sie für ihn als Erstgeborenen hatte und meines Lebens. Alle ihre Gefühle und Emotionen für mich, dem zweiten Kind, hat sie irgendwie auf ihn zu übertragen versucht. So gestand sie mir später einmal.
Meine Mutter hat ihre Entscheidung über mein Leben zutiefst bereut. Sie hat keine Lösung gefunden, ihren Schmerz zu überwinden. Ich konnte nur vorübergehend ihr zeigen, dass ich glücklich war, sie zu finden, sie zu küssen, sie in den Arm zu nehmen.
Aber: ich konnte meine Geburt nicht mehr rückgängig machen.
In Alabama fürchtete meine Mutter jeglichen Rassismus und hatte Angst um ihre dortigen Söhne. Sie wollte nicht, dass sie Nachteile wegen der plötzlich vom Himmel gefallenen schwarzen Tochter haben sollten. Meine Mutter war durch mich in eine Pattsituation gekommen. Ich ahnte nicht, was für innere Konflikte diese Frau quälten.
Viele Jahre litt ich unter der Hilflosigkeit, sie nicht hier nach Deutschland holen zu können und meiner Mutter und meinem älteren Bruder ein besseres Leben als das, was sie in USA hatten, bieten zu können. Meine Dankbarkeit, mich geboren zu haben, resultierte aus der Erfahrung einer Abtreibung. Meine Mutter hatte mich geboren. Sie war tapfer und sie gab mir Leben.
Wir mussten beide gegen die kleinkarierten Ideen und Vorurteile so mancher Mitmenschen ankämpfen.
Ich erlebe diese Spießbürger im Alltag wie auch im Beruf. Spießbürger outen sich durch ihre als Normalität gekennzeichneten Ansichten oder stummen Verhaltensweisen, die „echt zum Kotzen“ sind. Im Theater erlebte ich trotz Dunkelheit, wie merklich im Sitz von mir abgerückt wird. Oder die Bank im Bus, die oft neben mir leer bleibt. Gerne greift man auch die Tasche etwas fester oder steckt sie zur Seite. Böser schwarzer Mann. Man steht lieber, als dass man sich neben die Schwarze setzt. Je nach Großstadt und zunehmender Weltoffenheit bessert sich das Verhalten.
Aber wo begegnet man sich? Eine echte, wirkliche Begegnung?
„Ich habe nichts gegen Schwarze“, hörte ich oft. Bis mich der Sohn dieser Frau heiraten sollte.
Barrierefrei war mein Leben nicht.
Ich verstehe jeden, der eine Behinderung hat. Mein Schwarzsein ist auch für jeden sichtbar.
Von der Illusion der Geburt erlebte ich als Baby die Exklusion von der leiblichen Familie. Die Separation in der Familie der Partner, ja ich musste mit meinem Freund in der Küche essen, weil die Tochter des Hauses ihrem neuen Freund die Negerin nicht zumuten wollte (nicht 18. Jahrhundert, sondern 1977 im Rheinland).
Ich erfuhr Integration, mein Arbeitskönnen und -einsatz wurde gebraucht. Ein wirkliches „Mit-dazu-Gehören“ habe ich bei einer Chefin einmal erleben dürfen.
Sie kämpfte für alle ihre Mitarbeiter wie eine Löwenmutter. Sie förderte mich. Für mich eine der schönsten Zeiten meines Berufslebens.