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Ist sie seine Rettung oder sein Verderben?
Endlich sind Cleos Erinnerungen zurückgekehrt - da droht ihr Glück erneut zu zerbrechen: Brutal wird sie den starken Armen des Pure-Corruption-Anführers Arthur "Kill" Killian entrissen und steht dem Mann gegenüber, der vor Jahren ihr Leben zerstörte. Doch so schnell gibt sie ihre neu gewonnene Freiheit nicht auf. Und auch Kill wird alles tun, um sie zu beschützen - selbst wenn das bedeutet, das Blut seiner eigenen Familie zu vergießen ...
"Pepper Winters erzählt eine Geschichte voller Liebe, Stärke und Bedauern in einer Welt voller Gefahren." GOODREADS
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Seitenzahl: 601
PEPPER WINTERS
Pure Corruption
Mit dir ins Licht
Roman
Ins Deutsche übertragen von Stefanie Pannen
Ihre Identität, ihre Vergangenheit, die Gefühle für den Mann mit den grünen Augen – all ihre Erinnerungen sind zurückgekehrt. Und mit ihnen auch die Gefahr, die ihr neues Glück und ihre frische Liebe bedroht: Brutal wird Cleo den starken Armen des Pure-Corruption-Anführers Arthur »Kill« Killian entrissen und entführt. Wieder steht sie ihrem Albtraum gegenüber, dem Mann, der ihr vor so vielen Jahren ihr Leben und ihre Erinnerungen nahm. Doch so schnell gibt sie ihre neu gewonnene Freiheit nicht auf. Und auch Kill wird alles tun, um sie zu beschützen. Die Frau, die er über alles andere liebt – selbst wenn er damit alles aufs Spiel setzt, was ihn ausmacht.
Ich danke denjenigen, die sich auf meine Arbeit eingelassen haben, dafür dass ihr Spaß an meiner leicht verdrehten Welt habt und mich in eure lasst.
Ich dachte, das Schicksal hätte entschieden, dass ich genug bezahlt hatte.
Dass mich die Gerechtigkeit befreien würde.
Dass die Frau, die ich seit unserer Kindheit liebte, wieder mein sein würde.
Doch wieder war ich zu naiv gewesen.
Cleo ließ mich sündigen und sie ließ mich leiden.
Mit ihrer Wiederauferstehung kamen Verrat und Krieg.
Doch dann nahmen sie sie mir.
Und meine sorgfältig ausgefeilten Rachepläne waren plötzlich Wirklichkeit.
Sie hatten alles, was ich tun würde, selbst über sich gebracht.
Sie konnten niemandem sonst die Schuld geben und sich nirgendwo verstecken.
Der Krieg hatte begonnen.
Es ist an der Zeit, unser Schicksal neu zu schreiben.
Er ist ein Fiesling.
Seit seine Stimme tiefer geworden ist, ist er gemein und aufbrausend. Mom hat gesagt, dass er an einem Punkt seines Lebens ist, wo er sich verlieren muss, um sich zu finden. Ich habe keine Ahnung, was sie damit meint. Ich vermisse einfach nur meinen besten Freund.
Cleo, Tagebucheintrag, neun Jahre alt
Amnesie.
Fluch oder Segen?
Erinnerung.
Helfende Hand oder Hindernis?
Die Dinge, die ich vergessen und an die ich mich wieder erinnert hatte, waren gleichermaßen Freund und Feind, Trost und Schmerz. Beständige Gefährten, die seit Jahren um mich stritten. Die Amnesie hatte mein erstes Leben gegen ein neues eingetauscht – mit neuen Eltern, einer neuen Schwester, einem neuen Zuhause. Aber dann hatte mich der Junge mit den grünen Augen zurückgebracht – mir den Weg zu meiner alten Welt gezeigt, zu einem Schicksal, das ich vergessen hatte.
Acht Jahre lang hatte ich mich gequält und befürchtet, geliebte Menschen zurückgelassen zu haben. Ich hatte mich dafür gehasst, so selbstsüchtig zu sein – zu wissen, dass mein Gehirn sie in einem Akt der Selbsterhaltung herausgeschnitten hatte. Ich hatte mich immer gefragt, was ich tun würde, wenn ich mich endlich an alles erinnerte … falls ich mich jemals erinnern würde.
Nun musste ich mich nicht mehr fragen.
Selbst nach den Konsequenzen, einem mysteriösen Brief gefolgt zu sein – der Schlangengrube der Lügen, der Verwirrung durch vermischte Vergangenheiten, der groben Art, wie Killian mich behandelt hatte –, ich würde alles wieder genauso machen.
Diese Strapazen waren ein angemessener Lohn für meine Erinnerungen. Ich war wieder vollständig … jedenfalls beinahe. Ich war auf dem richtigen Weg, mein Leben wieder zusammenzusetzen und endlich alles zu verstehen.
Doch als ich mich in dem frisch gestrichenen Raum umsah, in dem ich gefangen gehalten wurde, wünschte ich mir, stärker und klüger zu sein. Ich war nicht gelähmt vor Angst, was aus mir werden würde, aber ich verspürte Reue, weil ich diese Vergeltung nicht hatte kommen sehen, weil ich nicht bereit gewesen war.
Es reicht! Konzentriere dich. Das ist jetzt nicht der richtige Moment, um in der Vergangenheit zu verharren.
Ich zwang mich, meine Sorgen beiseitezuschieben. Jetzt musste ich härter und stärker kämpfen als jemals zuvor.
Ich hatte bereits eine Gefangenschaft ertragen: die meines eigenen Verstands, ohne Mauern oder Schlösser, dafür in endloser Finsternis und Unwissenheit. Nun war mein Gedächtnis zum ersten Mal seit Jahren intakt, aber ich saß in einem neuen Gefängnis.
Ich bin nicht durch Fesseln oder Ketten gebunden, aber gefangen bin ich dennoch.
Ich seufzte und glättete Arthurs schwarzes T-Shirt, das ich trug. Zuvor hatte die weiche Baumwolle für mich Sicherheit und Behaglichkeit symbolisiert – die perfekte Kleidung, um neben meinem schlafenden Geliebten zu liegen. Doch nun bedeutete sie Verletzlichkeit und Schutzlosigkeit.
In diesen Raum eingeschlossen, aus Arthurs Armen gerissen, war ich verloren und einsam, vor allem aber kochte ich vor Wut. Alles, was ich jemals besessen hatte, würde ich gegen die Stärke eintauschen, meine Entführer zu vernichten. Ich würde ihre brutale Tyrannei beenden und ihnen nicht nur ein Verbrechen heimzahlen, sondern zwei. Sie hatten mein Haus niedergebrannt. Sie hatten meine Eltern ermordet. Sie hatten versucht, auch mich zu töten. Und vor allem hatten sie den Jungen aus meiner Vergangenheit zerstört. Es gab so vieles, wofür sie bezahlen mussten.
Und ich war wild entschlossen, die Waage der Gerechtigkeit wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Die Wahrheit ist verabscheuungswürdig.
Mein Blick fiel auf den gefälschten Polizeibericht, den mir Rubix Killian zu lesen gegeben hatte. Hatte er wirklich geglaubt, dass ich ihm seine Lügen abkaufen würde?
Er hatte mir einen Gefallen getan. Seine Lügen hatten meine Erinnerungen befreit. Ich konnte jetzt alles sehen. Nichts war mehr verborgen.
Ich war nie ein Opfer gewesen. Selbst als kleines Mädchen hatte ich gekämpft und gespuckt; ich hatte das wilde Temperament geerbt, das man Rothaarigen nachsagte. Selbst als ich tief in der Amnesie versunken war, hatte ich mein Vertrauen in meine Beharrlichkeit gesetzt, meinen Instinkten vertraut und war meinem Herzen gefolgt.
Jetzt schrien meine Instinkte eine Botschaft, die ich nie zuvor gehört hatte.
Es wird niemals aufhören.
Außer du sorgst dafür.
Die Vergangenheit würde mich niemals loslassen, wenn ich mich nicht um die Männer kümmerte, die mich weiter als ihre Marionette missbrauchten.
Sie müssen sterben.
Sie durften nicht länger leben, weil sie niemals Ruhe geben würden. Und Männern, die niemals zufrieden waren, konnte man nicht trauen. Arthur »Kill« Killian, meine Jugendliebe, meine grünäugige Waage, wollte diese Männer tot sehen.
Acht lange Jahre hatte er Pläne geschmiedet, um Rache zu nehmen für das, was sie ihm genommen hatten.
Er will ihr Blut.
Und ich will es auch.
Mein Name war Cleo Price. Ich hatte so viele Namen. Sarah Jones war in dem Moment gestorben, in dem ich mich bereitwillig auf diese verrückte Odyssee begeben hatte – so wie Cleo in der Nacht gestorben war, als sie aus einem brennenden Gebäude gekrochen war. Das FBI hatte mich beschützen wollen, bis der wahre Schuldige gefunden war. Doch jetzt war Cleo wiederauferstanden, und ich erinnerte mich nicht nur an meine Kindheit – stämmige Männer, Zigaretten und Kämpfe, die auf dem Rücken von Harleys und Choppern ausgetragen worden waren –, sondern auch an den Kitt, der unsere Kommunen zusammengehalten hatte: Rache.
Rache an denjenigen, die unsere Familien bedrohten. Schnelle Bestrafung für jeden Verräter. In unserer Welt spielten die Regeln der Gesellschaft keine Rolle. Wir folgten unseren eigenen Gesetzen, ohne Nachsicht oder Gnade.
Und diese Männer verdienten die Höchststrafe.
Nach dem, was sie mir und Arthur angetan haben.
Nun war die Rache nicht mehr nur Arthurs Kreuz, das er zu tragen hatte – zumindest nicht allein.
Ich erinnere mich daran, was sie ihm angetan haben.
Ich sah nicht länger nur Dunkelheit, wenn ich mich zu erinnern versuchte. Ich sah alles, was in dieser schicksalhaften Nacht geschehen war, und es lag an mir, ihn von seinem Selbsthass zu retten.
Arthur Killian hatte meine Eltern getötet.
Er hatte den Abzug gedrückt und damit ihr Leben beendet.
Aber die Sache ist so viel komplizierter.
Gleichzeitig war es vollkommen einfach. Er war unschuldig, und ich würde dafür sorgen, dass die Schuldigen bezahlten. Ich würde sichergehen, dass ihre Bosheit für immer vernichtet wurde.
Ich setzte mich im Bett auf und wandte meine Gedanken aktuellen Angelegenheiten zu.
Wie viele Stunden waren vergangen, seit ich Arthur blutend und bewusstlos hatte zurücklassen müssen?
War er noch am Leben?
Würde er mich retten?
Wenn er dazu in der Lage ist, wird er kommen. Daran zweifelte ich keinen Augenblick. Aber ich konnte unmöglich untätig herumsitzen und darauf warten. Nur für den Fall, dass er nicht kam. So darfst du nicht denken.
Ich stieg vom Bett, ließ die mit Gänseblümchen bedruckte Bettwäsche zurück, die der meiner Kindheit so sehr glich, und suchte das kleine Zimmer nach Fluchtmöglichkeiten ab.
Das hatte ich bereits getan, als ich hier angekommen war.
Wie lange war das her?
Und wie zuvor war die Tür immer noch verschlossen. Das Fenster immer noch vergittert und versiegelt. Die Scheibe von außen schwarz angemalt, um das Sonnenlicht auszusperren und jeden Hinweis auf die Tageszeit zu verschleiern.
Das einzige Licht war die Nachttischlampe, die gerade hell genug brannte, um den Polizeibericht zu lesen, der Arthur für ein Verbrechen, das er nicht begangen hatte, ins Gefängnis geschickt hatte.
Na ja, er hat es begangen …
Ich drehte mich seufzend im Kreis. Das Zimmer war eine Gruft.
Ich wünschte, ich wäre nicht so dumm gewesen. Meine Leichtsinnigkeit hatte mich hergebracht. Ich hatte mich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen lassen.
Ich war hier, hilflos ausgeliefert, während Arthur blutete und allein, vielleicht sogar schon tot war.
Hör auf, so zu denken.
Ich atmete tief durch und bereitete mich auf den nächsten Schritt vor.
Gibt es Waffen?
Mein Blick wanderte über das nutzlose Bett und die leere Kommode.
Keine Waffen.
Jenseits des schwarz angestrichenen Fensters schnurrten Motorgeräusche und riefen Erinnerungen daran wach, vom Grollen der Motorräder und Männerstimmen in den Schlaf gewiegt worden zu sein.
Der Gedanke ließ mein Herz schneller schlagen.
Ich bin Zuhause.
Ich biss die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf. Ich war nicht daheim. Es handelte sich zwar um das Gelände, auf dem sich die verbrannten Überreste meines Heims befanden, aber es war nicht mein Zuhause. Nicht mehr. Nicht nach dem Massaker und dem Verrat.
Diese Männer waren nicht meine Freunde. Sie waren nicht meine Kindheitsretter, denen ich blind vertraute.
Sie waren der Grund, warum ich die letzten acht Jahre in einem anderen Land gelebt hatte. Warum ich meine Jugendzeit bei Pflegeeltern verbracht hatte und mein Verstand beeinträchtigt war.
Scott »Rubix« Killian hatte seine Freude daran gehabt, mich wieder in seinen Lügen und seinem Verrat willkommen zu heißen.
Meine Kehle brannte – die Auswirkungen des Betäubungsmittels. Ich weiß nicht, was sie mir in die Adern gespritzt hatten, aber die Wirkung hielt länger an, als mir lieb sein konnte. Ich kämpfte gegen die Trägheit in meinem Blut an und versuchte meine Gedanken zu sammeln.
Gib nicht auf.
Ich versuchte es erneut am Türgriff. Immer noch abgeschlossen.
Ich ging zum Fenster und versuchte, es aufzustemmen. Immer noch unbeweglich.
Ich ging auf die Knie und versuchte auf der verzweifelten Suche nach einer Waffe oder der Freiheit den Teppichboden abzureißen, doch der abgenutzte Bodenbelag war fest verklebt.
Die Frustration legte sich wie ein Schraubstock um meinen Brustkorb.
»Verdammt!« Ich kam wieder auf die Beine und strich durch meine Haare. »Es muss doch einen Fluchtweg geben.«
Aber den gibt es nicht.
Ich musste ruhig bleiben und abwarten.
Ich war hier drin eingeschlossen – so lange, wie es ihnen gefiel, und es gab nichts, was ich daran ändern konnte.
Ich bin ein Stalker.
Scheiße, ich habe die Definition sogar nachgeschlagen, um zu sehen, ob sie stimmt. Das tut sie. Starrsinnig begehre, folge und beobachte ich Cleo Price. Da. Ich gebe es zu. Ich liebe ein Kind. Ich habe schmutzige Gedanken über ein Mädchen, das noch nicht mal Brüste hat. Aber das hält mich nicht auf. Das macht es nur noch schlimmer. Denn ich bin nicht nur ein Stalker, sondern auch süchtig. Süchtig danach, sie zu sehen, ihre Stimme zu hören, süchtig nach Hoffnung, dass ich jemals gut genug für sie sein werde.
Arthur, vierzehn Jahre alt
»Was zum Teufel ist passiert?«
Ich versuchte mich aufzusetzen und starrte Grasshopper und Mo böse an. »Helft mir auf, ihr Arschlöcher!«
Der Raum weigerte sich, stillzustehen. Mein Blickfeld war an den Rändern verschwommen, und das entsetzliche Pochen in meinem Schädel ließ einfach nicht nach.
»Was macht ihr hier, verdammt noch mal?« Mein Atem kam flach und stockend. Meine Augen brannten von dem Licht der teuflischen Neonröhren über mir.
Wo zum Teufel bin ich?
Wo ist Cleo?
Die Wut drängte meinen Schmerz zurück und verlieh mir vorübergehend Kraft.
Ich stieß die Arme weg, die mich unten hielten, und schlug nach den Gesichtern meiner Angreifer.
Meine Fäuste trafen auf Haut.
In dem quadratischen weißen Raum fluchte jemand auf. »Scheiße, Mann!«
Ein unaufhörliches Piepen durchdrang mein Trommelfell und verwandelte die Kopfschmerzen in eine Blaskapelle des Grauens.
Ich neigte normalerweise nicht zu Panik, aber ich konnte das überwältigende Gefühl, dass etwas Furchtbares passiert war, nicht kontrollieren.
Etwas, das ich auf der Stelle in Ordnung bringen musste.
Plötzlich schwang die Tür auf.
Ich hielt lang genug inne, um den Mann im blauen Kittel anzusehen. Er hatte schütteres Haar und ein Stethoskop um den Hals hängen. Dann kämpfte ich mit frischer Entschlossenheit weiter. »Ihr verdammten Mistkerle. Lasst mich aufstehen!«
Der Doktor kam vorsichtig näher. »Was in aller Welt geht hier vor?«
»Er ist gerade aufgewacht, Doc«, erklärte Hopper, während er versuchte, meine Schultern festzuhalten, ohne erneut von meiner Faust am Kinn getroffen zu werden. »Aber er ist noch nicht richtig wieder bei sich.«
»Ich bin bei mir, Arschloch. Lass mich los!«
»Sie müssen etwas tun, bevor er es schlimmer macht«, sagte Mo.
Seine Lippe blutete, und seine Nasenflügel zuckten vor Schmerz.
Habe ich das getan?
Die Kopfschmerzen wurden unerträglich und quetschten mein Hirn zusammen, als würde es in einer Sardinenbüchse stecken. Ich fasste mir an den Kopf, aber statt Haaren fühlte ich einen Verband. »Was zum Teufel ist hier los? Raus mit der Sprache, bevor mir das Hirn aus den Ohren spritzt!«
Mein Herzschlag hämmerte einen Namen. Ein kurzer Name, der unablässig durch mein Blut pulsierte.
Cle-o.
Cle-o.
»Sie sind im Krankenhaus, Mr Killian. Sie müssen sich entspannen.« Der Arzt sprach mit mir, wie er vermutlich mit all seinen verstörten Patienten sprach, und kam langsam näher. Dann langte er nach der Patientenakte am Fußende des Betts und wich zurück, als ob ich eine ansteckende Krankheit hätte oder ihn beißen wollte. Er blätterte die Seiten durch und überflog die Informationen.
Ich konnte nicht richtig atmen.
Mein peripheres Sehen funktionierte nicht, und dieses verdammte Piepen ging mir auf die Nerven.
»Kann mal jemand dafür sorgen, dass dieses Ding aufhört?«
Grasshopper ignorierte mich, kam an meine Seite des Betts und legte mir tapfer eine Hand auf die Brust. »Kill, du hast eine Gehirnerschütterung. Die Ärzte haben gesagt, dass du dich möglichst wenig bewegen sollst, bis die Schwellung zurückgegangen ist, sonst richtest du ernsthaften Schaden an.«
Meine Kopfschmerzen kamen mit aller Macht zurück.
»Gehirnerschütterung? Wieso zum Teufel habe ich eine Gehirnerschütterung?« Mein Blick raste durch den Raum.
Ich war nicht in meinem Schlafzimmer, so viel stand fest. Die Wände wirkten wie ein mit weißem Samt ausgeschlagener Sarg, während ein altmodischer Fernseher von der Decke hing wie eine Spinne, die darauf wartete, dort zu vertrocknen. Es stank nach Desinfektionsmitteln und Tod.
Krankenhaus.
Ich war in einem verdammten Krankenhaus.
Ich griff mir an den Kopf und versuchte mich zu beruhigen. Wenn ich herumschrie, bohrten sich nur Nadeln in meine Augen und löschten die Antworten aus. »Redet mit mir. Was ist los?«
Mo sah zu Hopper und versuchte erfolglos, die Nervosität in seinen Augen zu verbergen. Sie warteten darauf, dass ich wieder explodierte. Als das nicht geschah, erklärte Mo: »Äh, man hat dir auf den Kopf geschlagen.«
Als wäre das ihr Stichwort, verdreifachten die Kopfschmerzen ihre Anstrengungen, mich in Gemüse zu verwandeln.
Dann kam alles zurück.
Wie ich Cleo nach all den Jahren wiedergefunden hatte.
Wie ich sie geliebt hatte.
Wie ich sie nach all den verdammten Jahren gehalten hatte.
Sie ist nicht tot.
Sie war nicht tot. Nur verschollen.
Sie haben sie verschleppt!
Ich setzte mich auf. Die Kabel, die Decke – nichts konnte mich zurückhalten. »Wo ist sie?!« Mit übermenschlicher Kraft schob ich Grasshopper beiseite. Dann musste ich schwer schlucken, als sich das Zimmer wie ein Karussell drehte. »Sie haben sie! Gottverdammt, sie haben sie!«
Grasshopper, Mo und der Arzt stürzten sich auf mich, und jeder von ihnen packte einen Arm oder ein Bein. Ich keuchte und brach unter ihrem Gewicht fast zusammen. Unter normalen Umständen hätte ich sie gewinnen lassen. Ich hätte mich zusammengerissen und darauf gehört, was sie zu sagen hatten.
Aber die Umstände waren nicht normal.
Stattdessen herrschte ein verdammter Krieg!
Mein Vater und Bruder waren in mein Haus eingebrochen, hatten das Sicherheitssystem ausgetrickst und das einzig Wertvolle geraubt, das ich noch hatte.
Sie hatten sie mir aufs Neue gestohlen.
»Scheiße«, brüllte ich. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
»Kill beruhige dich!«
»Lass es uns erklären!«
»Runter von mir, verdammt noch mal.« Nichts konnte mich zurückhalten. Adrenalin schoss durch meinen Körper und verlieh mir einen gnadenlosen Vorteil. Meine Sicht mochte eingeschränkt, mein Kopf angeschlagen sein, aber ich wusste immer noch, wie man kämpft.
Sie wollten nicht hören, was ich zu sagen hatte. Vielleicht würden sie auf meine Faust hören.
Mühelos schüttelte ich die drei Männer ab und riss an dem Infusionsschlauch an meinem Handrücken.
Als er raus war, spritzte Blut auf die weiße Bettwäsche und den Linoleumboden. Das Dunkelrot bildete makabre Muster, die von Mord und Rache kündeten, während ich mich aus dem Bett schwang und die Übelkeit und den Schwindel bekämpfte. »Jemand fängt besser schnell zu reden an.« Ich atmete schwer. »Sofort!«
Mo und Hopper starrten wie gelähmt auf meine blutende Hand. »Wir sollten dich erst mal zusammenflicken, Kumpel.«
Ich winkte ab und bespritzte das Bett mit weiteren roten Tropfen. »Lasst das«, fauchte ich. »Es ist unwichtig. Ich fühle es nicht mal.« Seltsamerweise war das die Wahrheit. Es gab nichts Stärkeres als den Schmerz darüber, dass sie Cleo genommen hatten. Diese Qual reichte aus, um mich zu vernichten.
Immer und immer wieder.
Ich stöhnte leise, als mich schreckliche Tagträume quälten.
Hoffentlich geht es ihr gut!
Mein Blick glitt zur Tür. Ich wollte nur noch weg und meine Feinde verfolgen, um ihnen zu geben, was sie verdienten.
Plötzlich wurde mir schlecht. Ich torkelte zur Seite. Mit zusammengebissenen Zähnen lehnte ich mich gegen das Bett und wartete darauf, dass sich das Zimmer nicht mehr drehte.
Der Arzt war weiter vor mir zurückgewichen. »Es wäre am besten, wenn Sie sich setzen würden, Mr Killian.«
»Mach, was er sagt, Kill. Benimm dich, nur ein einziges Mal im Leben«, knurrte Grasshopper. »Gib uns die Chance, es dir zu erklären, bevor du dich umbringst, du verdammtes Arschloch!«
Eine Welle brutaler Hitze warf mich zurück aufs Bett. Jetzt war ich kurz davor, mich zu übergeben. Meine Zähne klapperten, als der Schmerz mit voller Wucht erneut zuschlug. Ich konnte nichts tun, als mich wie ein verdammter Invalide ans Bett zu lehnen. »Warum zum Teufel bist du nicht da draußen und suchst nach ihr? Du bist genauso für sie verantwortlich!« Das Licht stach in meine Augen, als ich meinen zuverlässigen Freund und Vizepräsidenten ansah.
Grasshoppers schwarzer Irokese hing schlaff herunter. Seine blauen Augen waren von dunklen Ringen und Sorgenfalten umrahmt. Er musste schlucken und weigerte sich, meine Frage zu beantworten.
»Also?«, hakte ich nach, während ich meinen pochenden Schädel hielt. »Was zum Teufel hast du bis jetzt getan, um sie zurückzubekommen?«
»Kill, lass ihn.« Mo trat vor und wischte sich mit dem Handrücken das Blut vom Kinn.
Hopper ließ mich nicht aus den Augen. »Wir mussten dafür sorgen, dass du überlebst. Sind mit dir ins Krankenhaus gefahren, haben geholfen, deinen nackten Hintern in einen Krankenhauskittel zu stecken, und gewartet, während du die ganzen anderen medizinischen Checks durchlaufen hast, damit du nicht draufgehst.« Dann deutete er auf meinen bandagierten Kopf. »Du warst nicht bei dir. Du hast nur Schwachsinn geredet und wolltest nicht aufwachen. Die Ärzte waren der Meinung, dass die Schwellung dein Sprachzentrum blockiert. Was sollten wir tun? Dich auf deine Maschine schnallen und dich mit uns schleifen, um dein eigen Fleisch und Blut umzubringen?«
Ich ballte die Hände zu Fäusten. Blut tropfte aus meiner offenen Ader auf den Boden.
Ich wollte nicht daran denken, dass die beiden Brüder, denen ich am meisten vertraute, zugelassen hatten, dass meine Frau entführt wurde.
Es ist nicht ihre Schuld.
Sie ist dein, und du hast versagt, Arschloch.
Das geht alles auf dein Konto.
»Scheiße!«, fluchte ich und rieß an meinem Kopfverband, um hineinzugreifen und das unaufhörliche Pochen abzuschalten. Warum war ich so schwach? Wieder hatte ich versagt!
Das Zimmer drehte sich weiter. Mein Blick war eine fehlerhafte Kameralinse, die sich nicht scharf stellen ließ. »Ihr wisst doch, was sie mir bedeutet. Du weißt, wie verdammt wichtig sie mir ist.« Ich starrte Grasshopper an, und es gelang mir nicht, für seine Loyalität und die Versuche, mich am Leben zu erhalten, dankbar zu sein. Ich wollte gar nicht am Leben sein, wenn Cleo verletzt war.
Dafür verdiente ich es, in der Hölle zu schmoren.
»Wir haben getan, was …«
Ich schnitt ihm mit einer abrupten Handbewegung das Wort ab. »Nein, du hast gemacht, was du wolltest. Nicht was ich getan hätte. Du weißt ganz genau, dass ich versucht hätte, deine Frau zu retten – ob du lebst oder stirbst.« Ich schlug mir auf die Brust. »Das habe ich gewollt.«
»Kill, was hätten wir tun sollen?«, entgegnete Hopper. »Wir wären für ein Mädchen in den Krieg gezogen, das uns hassen würde, wenn wir dich hätten verbluten lassen. Das hätte doch keinen Sinn ergeben. Dabei gewinnt niemand.«
Ich konnte seine Argumentation nicht verstehen. Sie war fehlerhaft. Lächerlich. Cleo hätte es verstanden, wenn ich gestorben wäre, während meine Männer sie retteten. Sie hätte nichts anderes erwartet.
Zumindest wäre sie dann in Sicherheit.
Ich wollte nicht auf die verdammte Vernunft hören.
Ich will Blut!
Es war mir egal, dass mein Hintern aus dem hinteren Teil dieses mit Blumen bedruckten Kittels hing. Es war mir egal, dass Blut aus meiner Hand tropfte und meine nackten Füße und den Boden besudelte. Und der Schraubstock aus Schmerzen in meinem Schädel war mir auch egal.
Nur Cleo war mir wichtig.
Als die Übelkeit nachließ, stürzte ich mich auf Hopper. In einem Durcheinander aus Leder und Krankenhauskittel drückte ich ihn gegen die Tür und legte meine Finger um seine Kehle.
»Mr Killian, lassen Sie ihn los!«, rief der Arzt und schlug mit dem Klemmbrett auf meine Schultern ein.
Ich ignorierte ihn, wie ein Löwe einen Floh ignorieren würde.
Doch meine Energie war größtenteils verbraucht, und ich drückte Hoppers Kehle mehr, um mich aufrecht zu halten denn aus Wut. Mir wurde schwarz vor Augen. Ich blinzelte und versuchte, richtig zu sehen. »Wie lange? Wie lange bin ich bewusstlos gewesen?«
Mo schlug warnend eine Hand auf meinen Arm und zog mich von Hopper weg. »Lass ihn los, dann sagen wir es dir.«
Mein Gehirn fühlte sich nicht richtig an. Die Zahlenfolgen, auf die ich mich mein ganzes Leben lang verlassen hatte, das tief verwurzelte Wissen, das ich für selbstverständlich gehalten hatte, war verstummt und hinter einem Sturm aus Schmerzen und Schwellung verschwunden. Ich war kurz davor, durchzudrehen.
Grasshopper versuchte nicht, meine Hand von seinem Hals zu nehmen. Stattdessen stand er da und atmete flach, während ich ihn würgte. »Zwei Tage.«
Meine Welt fiel auseinander.
Ich stand kurz davor, Amok zu laufen.
Raste. Nicht. Aus. Raste. Nicht. Aus.
Meine Kopfschmerzen verschlangen mich, bis ich mir sicher war, zu explodieren und die ganze Welt mit mir in den Abgrund zu reißen.
Ich ließ ihn los und taumelte rückwärts. »Zwei Tage?«
Zwei verdammte Tage, in denen mein Vater ihr alles hatte antun können.
Hopper schrumpfte vor meinen Augen zusammen. »Rubix hat sie vor etwa fünfzig Stunden entführt.«
Ich zitterte. Scheiße, ich zitterte.
»Fünfzig Stunden?« Ich konnte nichts tun, als seine Worte zu wiederholen. »Warum war ich so lange bewusstlos?«
Mo antwortete. »Du wurdest ein paar Mal mit einem Baseballschläger am Kopf getroffen. Die Scans haben gezeigt …«
»Die Ergebnisse der PET-, MRI- und CT-Scans waren schlüssig«, klinkte sich der Arzt ein.
Ich hatte vollkommen vergessen, dass er auch noch da war.
»Sie haben eine Schädelfissur und eine schwere Schwellung des präfrontalen Kortex.«
Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf den Mann, der mir so wahnsinnig auf den Sack ging. Ich wollte nicht hören, was mit mir geschehen war. Verstand er es denn nicht? Nichts davon spielte eine Rolle!
»In der Hoffnung, dass die Schwellung auf ein unbedenkliches Maß zurückgehen würde, haben wir Sie für sechsunddreißig Stunden in ein künstliches Koma versetzt.«
»Sie. Haben. Was?« Ich bekam Herzrasen. »Sie haben mich bewusstlos gehalten, während meine Frau da draußen ist, bei Männern, die nicht zögern würden, sie zu vergewaltigen und zu ermorden?«
Ich konnte es einfach nicht glauben.
»Sie müssen zurück ins Bett, Mr Killian. Die Schwellung ist noch nicht so weit zurückgegangen, wie ich gehofft hatte. Ihre Wut ist ein Nebeneffekt Ihrer Verletzung. Der präfrontale Kortex ist für das abstrakte und analytische Denken zuständig. Außerdem für die Regulierung emotionaler Prozesse. Ich glaube nicht …«
Ich lachte auf. »Der Grund für meine Wut ist nicht die verdammte Beule an meinem Kopf, sondern die Tatsache, dass meine Frau vermisst wird.«
Mo stellte sich vor den Arzt. »Kill, das ist eine ernste Sache. Wenn du dich nicht heilen lässt, könntest du Spätfolgen erleiden.«
»Ja, wie zum Beispiel …«, stotterte der Arzt. »Es könnte Ihre normalen Reaktionen und moralischen Entscheidungen beeinträchtigen. Die Entscheidung, was richtig und falsch ist. Es wird länger dauern, um wahrscheinliche Ergebnisse vorherzusagen. Der präfrontale Kortex regelt soziale, emotionale und sexuelle Triebe.«
»Ist mir scheißegal«, brüllte ich. »Mir ist nur wichtig, dass sie in Sicherheit ist. Gesund werden kann ich später.«
»Aber möglicherweise werden Sie nicht mehr richtig gesund, wenn Sie sich selbst weiter verletzen!«, brüllte der Arzt zurück, nachdem er endlich seinen Mumm wiedergefunden hatte. »Ich werde Sie erst dann entlassen, wenn Sie gesund sind. Sie sind mein Patient. Ich bin für Ihre Genesung verantwortlich!«
Ich schob Mo beiseite und baute mich barfuß vor dem Arzt auf. »Hören Sie mir gut zu. Ich bin nicht mehr Ihr Patient. Ich kann auf mich selbst aufpassen, und wenn das bedeutet, dass ich mir schade, um sie zu retten, soll es eben so sein.« Ich beugte mich vor, damit wir auf Augenhöhe waren. »Verstanden?«
Er musste schlucken. »Meinetwegen. Ich lasse Sie gehen. Aber Sie werden eine Erklärung unterschreiben, dass Sie die Behandlung abgelehnt haben – für den Fall, dass Sie in ein Wachkoma verfallen sollten.« Er warf das Klemmbrett auf mein leeres Bett und marschierte aus dem Zimmer.
»Kill, du solltest besser bleiben. Alles hängt von dir und deinem Verstand ab. Wie willst du den Club leiten, die Börsenspekulationen – scheiße, die ganze verdammte Operation, wenn du nicht …«
»Halt dein Maul, Hopper«, knurrte ich. »So läuft das jetzt. Ich werde keinen weiteren Moment verschwenden, solange Dagger Rose meine Frau hat.«
Mo seufzte. »Was auch immer du von uns denken magst, wir haben ein paar Männer losgeschickt, um herauszufinden, was bei denen vor sich geht. Sie haben gesagt, dass sie sie gesehen haben. Sie ist am Leben und unverletzt, Kill. Du kannst es dir leisten, erst mal gesund zu werden und uns die Sache übernehmen zu lassen.«
Das beruhigte mich keineswegs. Wenn überhaupt, machte es mich noch wütender.
Ich konnte nicht sprechen. Ich starrte Mo nur finster an. Das genügte ihm, damit er den Mund hielt und nickte.
Mein Vater hatte Cleo.
Der gleiche verdammte Vater, der einen Doppelmord orchestriert, mich in lebenslange Haft geschickt und meine Geliebte den Flammen überlassen hatte.
Ich werde ihn töten.
Scheiß auf meine Pläne. Scheiß auf meine Rache. Ich wollte seine Seele. Und ich wollte sie jetzt.
Der Herzmonitor kreischte, als mein Puls durch den Adrenalinstoß durch die Decke ging. Ich riss mir die Sensoren ab und warf sie auf den Boden. »Ruft Verstärkung. Die ganze Crew. Wir holen sie uns wieder.«
Grasshopper packte mich am Ellbogen, als ich ein wenig zur Seite schwankte. Der Raum wurde dunkel, dann wieder hell, und ein irritierender Nebel hüllte meine Sicht ein. So sehr ich es hasste, es zuzugeben, der Doc hatte recht. Mein Gedankenprozess war blockiert und fehlerhaft.
Ich war nicht ich selbst.
Aber das spielte keine Rolle.
»Kill, im Ernst, Mann, du bist nicht im Zustand, um …«
Ich schob Grasshopper weg. »Er hat mir zum letzten Mal wehgetan. Dieses Mal gibt es kein kompliziertes, von langer Hand geplantes Komplott, um ihn Stück für Stück zu zerstören. Dieses Mal will ich seinen Kopf zu meinen Füßen und sein Blut auf meinem Gesicht. Und ich will seine Seele in die Hölle schicken.« Ich deutete mit meinem Zeigefinger auf Hoppers Brust und sagte kühl: »Versuch nicht, mich aufzuhalten. Du wirst verlieren.«
Hopper nickte. »Was hast du vor?«
Ich weiß genau, was zu tun ist.
Ich verzog meine Lippen zu einem Grinsen. »Wir werden sie natürlich töten. Langsam, schmerzhaft. Ich will, dass sie schreien.«
Wir sind heute Nacht wieder auf das Dach des Clubhauses geklettert.
Wir haben unsere Eltern ignoriert und uns die Sterne angesehen, bis uns die Mücken nach drinnen trieben. Als wir so nebeneinander lagen und über den Gürtel des Orion und die Milchstraße sprachen, habe ich mich ihm so nah wie nie gefühlt. Wenn wir da oben sind, sind wir nicht mehr Junge und Mädchen oder Nachbarn oder sogar Freunde. Wir sind unendlich … wie die Sterne, die über uns funkeln.
Cleo, Tagebucheintrag, zwölf Jahre alt
Es verging noch mehr Zeit.
Ich hatte keine Ahnung, wie viel. Es gab keine Möglichkeit, es abzuschätzen.
Mir knurrte der Magen, ich war so dehydriert, dass ich Kopfschmerzen hatte, und meine Blase war zum Platzen voll.
Ich hatte alles untersucht, bis ich das Muster im braunen Teppichboden auswendig kannte und mit jedem Strich der schlecht gestrichenen Wände auf du und du stand. Es gab keinen rostigen Nagel, keine Büroklammer, nicht mal einen Stift, den ich in eine Waffe verwandeln konnte.
Nichts.
Kein Werkzeug, um ein Schloss zu öffnen, kein Telefon, um Hilfe zu rufen.
Aber ich hatte ein drängenderes Problem: Ich würde es keinen weiteren Moment ohne Toilette aushalten.
So wenig ich auf mich aufmerksam machen wollte, so wenig hatte ich eine andere Wahl.
Ich schwang meine Beine vom Bett, stapfte zur Tür und klopfte wild dagegen. »Hey!«
Dann lauschte ich draußen auf Bewegung.
Doch es kam nur Schweigen zurück.
Wieder hämmerte ich gegen die Tür. »Ich muss mal zur Toilette!«
Mein Geist verließ mein Gefängnis und wanderte durch das Haus, in dem ich als Kind so oft gewesen war. Sah es immer noch genauso aus? Der Haushalt der Killians war nicht groß: drei Zimmer, verbunden durch einen kurzen schmalen Flur, mit einem Badezimmer in der Mitte. Das Wohnzimmer war groß, mit offener Küche, in der Art und ich viele Stunden damit verbracht hatten, seiner Mutter beim Backen zuzusehen und unsere Hausaufgaben zu machen.
Plötzlich fühlte es sich an, als würde mein Herz von Dolchen durchstoßen.
Hoffentlich ist er okay.
Er ist okay. Er muss.
Und wenn er okay war, würde er mich auf jeden Fall retten kommen.
Vielleicht ist er schon auf dem Weg.
Ich musste die Hoffnung bewahren, stark bleiben und abwarten, bis Kill, der mörderische und knallharte Präsident von Pure Corruption, mich holen kam.
Es würde ein Gemetzel werden.
Ich presste meine Stirn gegen die Tür und klopfte so laut, wie es meine Fingerknöchel erlaubten. »Jemand soll mich rauslassen!« Schweigen.
»Bist du wach, Buttercup?«
Ich riss die Augen auf und starrte direkt in den seelenlosen Blick von Rubix Killian. Ich verzog das Gesicht, als ich den Schmerz in meiner Blase und meinen grummelnden Magen spürte.
Er lehnte im Türrahmen und grinste. »Musst du immer noch aufs Klo oder hat dir die letzte halbe Stunde den Rest gegeben?«
Ich setzte mich auf. »Wenn du wissen willst, ob ich ins Bett gemacht habe«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »dann wirst du enttäuscht sein zu hören, dass ich es nicht getan habe.« Ich stand auf und zischte: »Lass mich auf die Toilette.«
Er lachte leise. »Sitzt immer noch auf deinem hohen Ross, was? Gibst Befehle, als ob ich dir gehorchen müsste.« Seine Lederjacke knarrte, als er auf mich zukam. »Du bist hier nicht mehr die Prinzessin, Cleo.«
Ich reckte mein Kinn und wich nicht zurück. Das war der Mann, der mir in meiner Kindheit ein Onkel gewesen war. Der Vizepräsident von Dagger Rose und beste Freund meines Vaters. Wut kochte in mir hoch, bis ich vor Verlangen nach Rache pulsierte. »Wir haben dir vertraut. Ich habe dich geliebt. Wie konntest du so grausam sein?«
Er grinste. »War ich grausam? Dein Vater hat einfach nicht das Potenzial unserer Bruderschaft gesehen. Er war schwach … und wir haben in unserem Club keinen Platz für Schwächlinge.«
»Für Lügner oder Mörder auch nicht.«
Rubix verlor das schadenfrohe Funkeln in seinen Augen. Es wurde durch Wut ersetzt. »Sag das meinem verdammten Sohn.«
Ich schoss vorwärts und ohrfeigte ihn.
Wir keuchten beide überrascht.
Mein Gehirn hatte die Botschaft, ihm körperlichen Schaden zuzufügen, übermittelt, ohne sie durch Rationalität zu filtern. Meine Hand schmerzte vom Kontakt mit seinem Bartschatten.
Er packte mein Handgelenk und riss mich schmerzhaft nah an sich. »Das hättest du nicht tun sollen, Buttercup.« Mir drehte sich angewidert der Magen um.
Ich ballte die Hände zu Fäusten. »Nenn mich niemals wieder Buttercup. Dieses Recht hast du vor Jahren verloren.«
»Ich kann dich verdammt noch mal so nennen, wie ich will.«
Arschloch.
»Warum hast du deinem Sohn diese Sache angehängt? Was hat er getan, um zu verdienen, dass ihn sein eigener Vater verrät?«
»Rede in meiner Anwesenheit nicht von diesem Bastard!«, tobte Rubix. Er zerrte mich raus und stieß mich zwei Türen weiter ins Bad. Es war genauso, wie ich mich erinnerte.
»Du hast drei Minuten.«
Damit schlug er die Tür zu.
Ich wusste, dass er damit genau drei Minuten meinte. Er war immer schon auffällig korrekt gewesen, wenn es um die Zeit gegangen war. Unpünktlichkeit war in seinen Augen genauso schlimm wie Befehlsverweigerung oder Geheimnisse der Bruderschaft auszuplaudern.
Ich sah mich im Bad um und verzog angewidert mein Gesicht. Die Fugen zwischen den Fliesen waren schwarz, der Duschvorhang mit Schmutz bedeckt und die Toilette sah so aus, als sei sie jahrelang nicht mehr sauber gemacht worden. Es roch nach Schimmel und Abfluss.
Wer lebte hier? Nur Rubix und sein zweiter Sohn, oder teilte er sich das Haus inzwischen mit anderen Mitgliedern? Ich erinnerte mich an den Grundriss des Geländes, das Arthur und ich von Zaun zu Zaun erforscht hatten. Das Stück Land beherbergte etwa zwanzig kreisförmig angeordnete Häuser. Aber das Clubhaus und das Heim meiner Eltern waren der Mittelpunkt gewesen.
Ich entleerte meine Blase, spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht und trank so schnell wie möglich direkt aus dem Wasserhahn.
Die Tür wurde aufgestoßen, bevor ich mir das Gesicht abtrocknen konnte. Nicht, dass ich seine Handtücher berühren würde – wahrscheinlich waren sie mit Kolibakterien übersät.
Rubix kniff die Augen zusammen und ließ seinen Blick über meinen nur mit einem T-Shirt bedeckten Körper wandern. Er grinste, als er meine Brandnarben sah – die Narben, die er zu verantworten hatte. »Zu schade, dass dich die Verbrennungen hässlich machen, was?« Er leckte sich die Lippen und betrachtete meine linke Körperseite. Die Tätowierung, die mir vom Schlüsselbein bis zum kleinen Zeh reichte, war ein Kunstwerk aus Blau, Rot und Grün. »An deiner Stelle hätte ich die Narben mit den Tattoos abgedeckt. Um deine Entstellung zu kaschieren.« Er runzelte die Stirn. »Warum hast du das nicht gemacht?«
Weil ich mich meiner Narben nicht schämte, sondern Kraft aus ihnen zog.
Ich riss ein paar Blatt Toilettenpapier von der Rolle, trocknete mein Gesicht und warf das zerknüllte Papier in seine Richtung. »Bist du nur neugierig oder willst du wissen, wie ich dich überlebt habe?«
Er wich meinem Geschoss aus und warf mir einen finsteren Blick zu. »Weder noch. Ich wollte mich nur unterhalten.«
Ich schnaubte. »Du hast bei allem, was du sagst, einen Hintergedanken. Es ist niemals nur eine Unterhaltung. Das war schon immer so.« Ich erinnere mich an zahllose seiner scheinbar beiläufigen Kommentare, als ich noch ein Kind gewesen war.
»Du solltest nicht so zeichnen. Das ist nicht sehr gut.«
»Deinem Vater liegt dein Wohlergehen wohl nicht besonders am Herzen, wenn er dich in diesem Aufzug herumlaufen lässt.«
»Himmel, Cleo, könnte deine Stimme noch höher und nerviger sein?«
Das meiste war scherzhaft gemeint gewesen, begleitet von einem Kniff in meine Wange oder einer Lakritzstange, aber seine Worte erzielten immer die gewünschte Wirkung. Damals konnte er mich nur mit seinen Worten verletzen. Jetzt konnte er mir wehtun, wie es ihm beliebte.
Mein Vater war tot. Die Männer, die loyal zu ihm gestanden hatten, waren wahrscheinlich ebenfalls tot oder hatten sich Rubix unter Androhung von Folter angeschlossen.
Ich war allein.
Ich sorgte mich um Arthur. Es war mir egal, dass ich niemand hatte, auf den ich mich verlassen konnte – so war es fast mein ganzes Leben gewesen –, aber jetzt, da ich Arthur wiedergefunden hatte, verstärkten diese Gefühle des Zusammenseins nur die dröhnende Leere der Einsamkeit.
»Du hast recht. Der direkte Angriff liegt mir einfach nicht.« Rubix grinste. »Ich habe es schon immer vorgezogen, meine wahren Gedanken in kaum verhüllten Schwachsinn zu kleiden.« Seine Nasenflügel bebten, und sein Blick nahm sich angesichts meines kaum bekleideten Körpers noch mehr Freiheit heraus. »Soll ich zur Abwechslung einfach mal direkt sein?«
Ich bekam Gänsehaut. »Meinetwegen.«
Er legte den Kopf schief und sagte »Ich denke, du bist eine hochnäsige Prinzessin, die von einem Hinterwäldler und einer Nutte aufgezogen wurde. Du hast meinem Sohn den Kopf verdreht und deine Muschi eingesetzt, um meine Familie auseinanderzureißen.«
Im nächsten Moment stürzte er sich auf mich. Er presste mich gegen das Waschbecken und legte seine Finger um meinen Hals. Das kalte Porzellan grub sich in mein Kreuz. »Na, ist das direkt genug für dich?«
Mir schossen Tränen in die Augen, während er mir die Kehle zudrückte. Ich legte meine Hände auf seine und versuchte mich aus seinem eisernen Griff zu lösen. »Stimmt … nicht …«, keuchte ich und hasste es, wie mein Kehlkopf vom Würgen quietschte. »Irrsinn.« Er drückte fester zu.
Unsere Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Seine Nasenspitze berührte meine. Es war, als ob er versuchen würde, mich auszuwringen – um zu sehen, was für Lügen und Geheimnisse herausfließen würden.
Meine Augäpfel traten hervor, und in meinem Kopf hämmerte es schmerzhaft.
Dann ließ er mich los.
Ich sank zu Boden und schnappte hörbar nach Luft.
Seine großen Stiefel blieben wie angewurzelt vor mir stehen, während ich keuchte und hustete und langsam wieder genug Sauerstoff in meinen Blutkreislauf bekam, um das Kreischen des Todes zurückzudrängen.
Ich hielt den Kopf unten und flüsterte heiser: »Was du glaubst … stimmt nicht – das sind nur Lügen, die du dir immer wieder selbst erzählt hast.« Während ich den brennenden Schmerz in meiner Kehle massierte, keuchte ich: »Du warst wie ein Onkel für mich. Du hast mir Angst gemacht, und ich hatte immer das Gefühl, dass ich dich enttäusche, aber du warst der Vater des Jungen, den ich liebte. Ich wollte deinen Segen. Ich wollte genauso sehr Teil eurer Familie sein wie meiner.« Jedes Wort schmerzte an meinem Kehlkopf, aber wenn ich ihn irgendwie dazu bekommen würde, mir zu glauben, hatte ich vielleicht eine Chance, ohne weitere Qualen freizukommen.
Endlose Sekunden vergingen.
Mit jeder einzelnen bemühte ich mich, meine Hoffnung unter Kontrolle zu behalten.
Aber wie immer zog er die Lügen der Wahrheit vor.
Rubix’ Gesicht wurde von Hass überschattet. Hass darüber, dass ich ihm seinen gerechten Zorn genommen hatte, weil ich ihn nicht mit Abscheu, sondern mit Liebe bekämpft hatte.
Eine Liebe, die er nicht verdiente.
Eine Liebe, die in diesem Augenblick endgültig in mir starb.
Er war nicht länger mein Onkel. Keine Vaterfigur meiner Kindheit mehr. Er war ein Monster, das zu sterben verdiente.
Er hob den Arm.
Ich wollte ihm ausweichen, aber er war schneller.
Er griff nach meinen Haaren und riss daran. »Genug von diesen Spielchen.« Sein Blick flackerte zu meinen Lippen. »Bist du bereit?«
Mein Herzschlag explodierte. »Wozu?«
Rubix grinste. »Für deine Buße natürlich.«
Er trug seine Haare länger und am Hinterkopf zusammengebunden. Auf seiner Lederjacke waren Spritzer vom Blut seiner zahllosen Opfer. Ich konnte es kaum noch glauben, dass ich als Kind zu ihm aufgesehen hatte. Ich hatte geglaubt, dass er mich immer beschützen würde. Jetzt wusste ich es besser. Meine Naivität blendete mich nicht mehr.
Mit jeder Faser meines Körpers wollte ich ihm ins Gesicht spucken. »Ich habe nichts, für das ich büßen müsste.«
Rubix lachte auf. »Du hast schon als kleines Mädchen gerne diskutiert.«
»Hör auf!« Es machte mich wütend, wenn er über unsere gemeinsame Vergangenheit sprach. Ich wollte nicht gegen glückliche Erinnerungen kämpfen müssen, während ich zugleich die Kaltblütigkeit des Mordens annahm. Ich war fertig mit ihm.
»Du hast das Recht verspielt, mit mir zu reden«, fauchte ich. »Für mich bist du tot, und schon bald wirst du wirklich nicht mehr sein als eine verrottende Leiche.« Zum ersten Mal in meinem Leben schien ich den skrupellosen Biker überrascht zu haben.
Sein Griff in meinen Haaren lockerte sich, und er schnappte nach Luft.
Mein Blick fiel auf den Flur hinter ihm, auf den schmalen Sonnenstrahl, der ins Wohnzimmer fiel. Wenn es mir gelang, an ihm vorbeizukommen, schaffte ich es vielleicht zur Grundstücksgrenze und würde entkommen.
Ich hatte es schon mal geschafft. Verbrannt und blutend.
Ich konnte es noch mal schaffen.
Rubix schüttelte die Überraschung ab und riss wieder an meinen Haaren. Meine Kopfhaut brannte, aber meine Wut war stärker als jeder Schmerz. »Du hast dich wirklich gar nicht verändert, oder? Du reißt deine Klappe genauso weit auf wie damals, als du zehn warst.«
»Du machst mir keine Angst mehr.« Ich zog meine Nägel über seinen Handrücken. Die Lüge klang überzeugend.
Rubix grinste. Das Kratzen schien ihm nicht das Geringste ausgemacht zu haben. »Du solltest aber Angst haben, hübsche Cleo. Denn dein Leben ist gerade zu einem gottverdammten Albtraum geworden.« Sein Atem stank nach abgestandenem Kaffee, als er mir einen widerlichen Kuss auf den Mund drückte. Seine Finger krallten sich noch fester in meine Haare. »Keine Panik, kleine Prinzessin. Dir wird nichts passieren, womit du nicht umgehen kannst.« Leise fügte er hinzu: »Ich will dich schließlich lebend.« Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken.
Angst mischte sich mit Wut. Am liebsten hätte ich ihm die Augen herausgerissen und sie in seiner widerlichen Toilette heruntergespült.
»Lass mich los!« Ich begann mich zu wehren und trat mit Wucht gegen sein Schienbein.
Meine Zehen schrien auf, und ich hoffte inständig, dass ich sie mir nicht gebrochen hatte, aber der Schmerz war es wert, denn seine Finger ließen gerade genug locker, dass ich mich von ihm losreißen konnte.
Ich stieß ihn zurück.
Er stolperte.
Zwischen ihm und der Tür ergab sich eine Lücke.
Lauf!
Ich sprang an ihm vorbei und rannte, so schnell ich konnte.
Lauf, lauf, lauf.
Ich schlitterte ins Wohnzimmer und kostete die Freiheit.
Aber dann war es vorbei.
Ich kam nur ein paar Schritte weit.
Rubix warf sich auf mich. Sein schwerer Körper brachte mich aus dem Gleichgewicht und beförderte mich auf den ekelhaften Teppichboden.
Ich schrie laut auf, als sich mein Arm schmerzhaft verdrehte. Mir blieb die Luft weg.
Rubix keuchte in mein Ohr, während er mich zu Boden drückte. »Wenn du das noch mal versuchst, kommst du nicht mit ein paar blauen Flecken davon.« Er gab mir einen Kuss auf die Wange, dann kam er auf die Beine und riss mich ebenfalls hoch. »Das Ergebnis wird um einiges schlimmer sein. Verstanden?«
Seine grünen Augen funkelten mich an und ich taumelte in eine plötzliche Erinnerung.
»Wir müssen ihn töten, Thorn. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
Ich spähte zwischen den Treppenstufen hindurch und belauschte meinen Vater und seinen Vize, obwohl ich eigentlich schlafen sollte.
Mein Vater ließ den Kopf hängen. Er wirkte erschöpft und gestresst. »Er ist einer von uns, Mann. Erteile ihm eine Lektion, aber bring den Mistkerl nicht um.«
Rubix sah ihn wütend an. »Er hat gegen den Kodex verstoßen. Dafür gibt es nur eine Bestrafung.«
Ich wusste nicht, worüber sie sprachen, aber es gefiel mir nicht, wie es klang. Seit ich alt genug war, um unseren riskanten Lebensstil zu verstehen, wusste ich, dass Ungehorsam harte Strafen nach sich zog, aber ich hatte noch nie miterlebt, wie jemand getötet wurde, oder jemanden darüber sprechen hören.
Mir war ein bisschen schlecht, als ich mich wieder in mein Zimmer schlich. Ich liebte meine Eltern, aber ich konnte nicht damit umgehen, dass mein liebevoller Vater, der mich auf seinem Schoß sitzen ließ, mein Zimmer in meiner Lieblingsfarbe strich und seinen Nachtisch mit mir teilte, darüber reden konnte, jemanden nur deswegen umzubringen, weil er ungehorsam gewesen war.
»Du wirst meine Pläne kein zweites Mal ruinieren, Schlampe.«
Rubix schüttelte mich und riss mich so aus der Erinnerung. »Ich habe keine Lust mehr darauf, dass du alles verdirbst.«
Er wirbelte mich herum und verdrehte mir hinter dem Rücken die Arme. »Bewegung«, befahl er und trat mir mit dem Stiefel in die Kniekehle.
Ich biss mir vor Schmerz auf die Lippe, weigerte mich aber, aufzuschreien. Mein Bein gab nach und ich stolperte vorwärts, bevor ich meine Balance wiederfand.
Ohne ein weiteres Wort brachte mich Rubix aus dem Haus.
Ich wehrte mich nicht mehr. Was würde es schon nutzen? Ich musste meine Kräfte für eine andere Gelegenheit aufsparen.
Nach dem düsteren Haus ließ mich die Helligkeit blinzeln. Die Sonne stand tief am Himmel. Ich schätzte, dass es Nachmittag war. Später Nachmittag.
Es war Nacht gewesen, als ich betäubt und aus Arthurs Armen gerissen worden war. Ich versuchte herauszufinden, ob meine Entführung in der letzten Nacht oder in der davor stattgefunden hatte – oder sogar in der Nacht davor.
Hängt davon ab, wie stark das Mittel war.
Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Warum war Arthur noch nicht aufgetaucht, wenn bereits mehr als ein Tag vergangen war?
Weil er …
Ich errichtete eine Mauer gegen den Gedanken, dass er tot oder verletzt sein könnte.
Also griff ich nach dem Strohhalm der Hoffnung und entschied mich, an Wunder zu glauben. Ich stellte mir vor, wie Arthur und sein Club das Gelände stürmten und diese Männer niedermähten. Wie er auf seinem Motorrad herandonnern und mich retten würde.
Aber was, wenn das nicht passiert?
Darauf hatte ich keine Antwort. Ich würde mich einfach selbst retten müssen – mit allen erforderlichen Mitteln.
»Wohin bringst du mich?«, fragte ich Rubix, während er mich vorwärts stieß, auf das große Clubhaus im Zentrum des Geländes zu. Meine nackten Füße traten auf scharfe Steine und Unkraut. Die gepflasterten und ölbeschmierten Asphaltflächen vor den kleinen Gemeinschaftshäusern waren mit Zigarettenkippen übersät.
Dagger Rose.
Mein altes Zuhause.
Für ein Kind war das Gelände eine Fundgrube magischer Maschinen, brummiger Teddybärmänner und von Patronenhülsen und schmutzigen Bandanas gewesen. Jetzt wirkte es nur noch heruntergekommen und dreckig. Die Aura von Armut und Gewalt hing wie eine dunkle Wolke über diesem Ort und überschattete alles mit schwarzer Gier.
Es war das Gegenteil von Pure Corruption. Dort hatten die Männer Familien, Liebe, Wohlstand und einen Präsidenten, der sich ihre Loyalität verdient hatte, statt sie einfach zu verlangen. Arthur hatte einen prekären Lebensstil in etwas Sicheres verwandelt – in eine wahre Bruderschaft statt einem Haufen Krimineller.
In den Türen erschienen Männer. Ihre Blicke verhießen Böses. Ich erschauerte, als ich mich an die Regeln erinnerte, die ich als kleines Mädchen hatte auswendig lernen müssen.
Lass dich nicht erwischen.
Lass die Ware in Ruhe.
Und stell dich vor allem niemals gegen die Familie.
Rubix hatte die dritte Regel gebrochen. Er hatte sich gegen die Familie gestellt. Er hatte meine Familie ermordet.
Purer Hass brodelte in meinen Eingeweiden.
Dafür wird er bezahlen. Ich werde ihn irgendwie dafür bezahlen lassen.
Rubix hatte eine wichtige Sache vergessen: Sobald man zu Dagger Rose gehörte, war man kein Individuum mehr. Man wurde vom Clan absorbiert und war nur noch ein Rädchen in einer Maschine, die mit bedingungsloser Loyalität lief.
Er wird für immer in der Hölle schmoren.
Das Konzept individuellen Besitzes existierte nicht, genauso wenig wie Toleranz gegenüber Geheimnissen. Die Männer aßen, schliefen, fickten und kämpften als Familie – doch leider wurde diese Familie jetzt von einem Verräter geleitet.
Mit Rubix als Anführer kamen alle anderen, einschließlich der Kinder und Frauen, erst an zweiter Stelle. Nichts war wichtiger als der Club.
Es war eine uralte Tradition, diese strengen Regeln zu befolgen. Man sagte, dass man so eine Bindung schuf, die ewig hielt. Ich jedoch fand, dass es zu Widerstand aufrief. Niemand hatte etwas, auf das er stolz sein konnte. Keine Familie, die er lieben, oder Besitztümer, die er wertschätzen konnte. Alles, was sie hatten, gehörte dem Prez.
Arthur leitete Pure Corruption ganz anders. Seine Männer gehörten nur sich selbst. Sie durften frei und glücklich sein. Ihre Loyalität war unerschütterlich, weil sie ohne Bedingungen und Drohungen zustande gekommen war.
»Ist es nicht schön, wieder daheim zu sein, Buttercup?« Rubix’ Finger krümmten sich um meine Handgelenke.
Ich zuckte zusammen, als ein spitzer Stein in meinen Zeh stach. Ich sollte mir auf die Zunge beißen und mitspielen. Wenn ich das tat, hatte ich eine bessere Chance, ihn in Sicherheit zu wiegen und zu entkommen.
Aber ich konnte den Mund nicht halten.
Meine Eltern hatten sich ihm nicht widersetzen können. Arthur ebenfalls nicht. Es lag an mir, darauf hinzuweisen, was für ein kranker und verblendeter Mistkerl er war.
Um ihn daran zu erinnern, dass er bereits tot war.
Ich neigte den Kopf und sagte mit der geballten Arroganz einer Bikerprinzessin: »Dies ist nicht mehr mein Heim, seit du meine Eltern ermordet hast.« Dann ignorierte ich den Druck um meine Ellbogen und blickte über meine Schulter. »Du hast deine Seele verkauft, Scott Killian, und dafür wirst du sterben.«
Rubix lachte. »Hast du den Polizeibericht nicht gelesen, den ich dir gegeben habe? Ich habe deine Familie nicht getötet.« Seine Finger drückten hart zu. »Das war mein schwachköpfiger feiger Sohn.«
Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich Arthurs Gesicht vor mir sah. Seine geschwungenen Augenbrauen, sein markantes Kinn, die unergründlichen grünen Augen. Er war mein Held. Meine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Ich ballte die Hände zu Fäusten. »Er ist immer schon viel zu gut für dich gewesen.« Ich hob die Stimme. »Du hast ihn nie verdient. Er ist hundert Mal mehr Mann, als du jemals sein wirst, und wenn er dich endlich deiner gerechten Strafe zugeführt hat, werde ich auf deinem Grab tanzen.«
Rubix blieb so abrupt stehen, dass ich gegen ihn stolperte. Der abgestandene Gestank nach Zigaretten ließ mich die Nase rümpfen. »Wir werden noch sehen, wer auf wessen Grab tanzt, kleine Prinzessin.«
»Das werden wir.« Wir fixierten einander. Wenn er mich hätte töten wollen, hätte er es gleich hier getan, da war ich mir sicher. Mein Blut wäre durch die staubigen Pflastersteine in die Erde geflossen und hätte den Hausfrieden von Dagger Rose gebrochen.
Aber wie wütend er auch sein mochte, er tötete mich nicht.
Warum? Hat er doch mehr Selbstbeherrschung, als ich dachte? Oder bin ich lebendig mehr wert als tot?
Was wollte er?
Unser wortloser Hass und die stummen mörderischen Blicke ließen ein paar Männer von ihren niederen Tätigkeiten auf dem Gelände aufsehen.
Du wirst nicht gewinnen. Das werde ich nicht zulassen.
Rubix riss den Blick von mir los und nahm unser Publikum zur Kenntnis. Er zwang sich zu einem schmallippigen Lächeln und trieb mich.
Meine Haut prickelte, als weitere Blicke auf uns fielen. Junge und alte Brüder kamen aus ihren Häusern, schlossen sich uns an und formten hinter uns eine Biker-Parade.
In meinem Bauch breitete sich kalte Angst aus.
Was haben sie vor?
Ich starrte ausdruckslos vor mich, damit sich der Schrecken nicht in meinem Gesicht abzeichnete. Egal, wie das hier ausging, ich würde keine Angst zeigen.
Rubix sah hinter uns und grinste sein Gefolge an. »Siehst du, Cleo, alle sind gekommen, um unser fortgelaufenes Haustier wieder willkommen zu heißen. Fast habe ich Lust, dir ein Halsband anzulegen und dich auf allen vieren laufen zu lassen.«
»Mach das, Prez!«, brüllte ein Mann.
»Ich würde zahlen, um das zu sehen!«, rief ein anderer.
Mein Körper drängte darauf, herumzuwirbeln und anzugreifen, um ihnen zu zeigen, dass dieses Haustier die Tollwut hatte. Stattdessen blieb ich äußerlich ruhig und ignorierte ihre Manipulationen und ihren Hohn.
Dieses Mal beschützte mich die Amnesie nicht vor dem, was kommen würde.
Ich kannte diese Männer zu gut, und mein Verstand füllte sich mit schrecklichen Vorstellungen, was sie tun würden.
Rubix lachte und schubste mich auf das Clubhaus zu. Ich stolperte und zuckte zusammen. Meine Füße waren vom Kiesweg verschrammt und staubig. Das T-Shirt und mein Slip waren perfekt gewesen, um neben Arthur zu schlafen – der Stoff war weich und einladend für die zärtlichen Finger und sanften Umarmungen meines Geliebten. Aber hier, wo mich die Männer von Dagger Rose mit ihren Blicken traktierten, war es viel zu offenherzig.
Andererseits hätte mich keine Kleidung der Welt davor bewahrt, von diesen Bikern entführt und als Geisel gehalten zu werden. Der einzige Schutz, den ich hatte, waren mein Mut und meine Fähigkeit, angesichts sicherer Folter unerschrocken zu bleiben.
»Ich will etwas zum Anziehen«, blaffte ich, während mich Rubix die Stufen zum Gemeinschaftshaus hinaufschubste. »Ich bin schließlich immer noch eine Dagger. Was euch gehört, gehört auch mir, und ich verlange etwas zum Anziehen.« Mir fielen die Dinge, die mir Detective Davidson als Vorbereitung auf meine Pflegefamilie beigebracht hatte, wieder ein.
»Wenn du dich jemals in einer Situation befinden solltest, wo dir nicht unmittelbar geholfen werden kann, denk daran, dass du nichts falsch gemacht hast, und bleib stark.«
Ich sah auf. Ich hatte einen neuen Namen, einen neuen Ausweis und passende Dokumente. Ein paar Monate lang war ich in der Obhut des Staates gewesen, während ich auf grünes Licht gewartet hatte, um nach England gehen zu dürfen. »Was meinen Sie damit?«
»Solltest du jemals entführt werden, versuche sie zum Reden zu bringen. Man soll dich nicht als Opfer sehen, sondern als menschliches Wesen. Nicht flehen oder um Gnade winseln. Sei einfach du selbst. Appelliere an die Seele deiner Entführer.«
Ich fuhr mit einem Finger über meine rosafarbenen Verbrennungen. Die schlimmsten waren noch immer bandagiert, und der Schmerz war eine tägliche Quälerei. »Und wenn sie keine Seele haben?«
»Dann heißt es dein Leben oder ihres. Und deines ist wichtiger.«
Rubix schnaubte. »Du verlangst etwas zum Anziehen?«
»Ja. Mir ist kalt.«
»Und du nennst dich eine von uns? Nachdem du mir gerade gesagt hast, dass du mich vernichten wirst?«
Ich reckte mein Kinn, auch wenn es Konzentration erforderte, gleichzeitig mit den Armen auf dem Rücken die Stufen hinaufzugehen. »Ja. Ich weiß, was mir zusteht. Und hungrig bin ich auch. Das sind meine beiden Forderungen: Kleidung und etwas zu essen.« Ein Mann hinter uns lachte auf, als ob ich wahnsinnig unterhaltsam wäre.
Rubix packte fester zu. »Nein.«
»Wenn ihr mir nichts zu essen gebt, habe ich keine Energie, um eure kleinen Spielchen mitzuspielen – was immer ihr auch geplant habt. Oh, und übrigens, meine Füße bluten von diesem verdammten Schotter.« Ich wackelte mit den Zehen und präsentierte einen frischen Schnitt voller Blut und Dreck. »Kleidung, Essen und Schuhe. Das ist das Mindeste, was du mir schuldest, nach allem, was du mir angetan hast.« Du schuldest mir mehr als das, du Mistkerl. Du schuldest mir dein Leben.
»Verdammt, nein.«
Ich drängte weiter. Jeder Streit vor seinen Männern untergrub seine Macht. Es war natürlich lächerlich trotzig, aber ich genoss es einfach, ihn daran zu erinnern, dass ich einst über ihm gestanden hatte. »Ich bin deine Gefangene. Du hast selbst gesagt, dass du mich lebendig brauchst. Es ist deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ich die Dinge habe, die ich benötige, damit das auch so bleibt.« Ich richtete mich auf. »Gib sie mir. Sofort.«
Rubix lachte und verdrehte die Augen. »Ich habe gesagt, dass ich dich am Leben erhalte, nicht, dass du im Luxus schwelgen kannst.«
»Nahrung, Kleidung und medizinische Versorgung sind Grundbedürfnisse, kein Luxus.«
Seine Stimme wand sich in mein Ohr. »Und du musst es ja wissen, nicht wahr, Prinzessin? Du hattest ja immer alles, was du wolltest. Rede ruhig weiter, Schlampe, und ich zeige dir, wie viel schlimmer dein Leben werden kann. Dann können wir darüber diskutieren, was als verdammter Luxus zählt und was nicht.«
Er schlug mit der Hand gegen die große Tür der Versammlungshalle. Als der Eingang sich öffnete, erkannte ich den kargen hohen Raum aus meiner Kindheit wieder.
Oh Gott.
So schöne Erinnerungen vermischt mit so schrecklichen.
Mein Herz füllte sich mit Erinnerungen an Arthur und die Vergangenheit.
»Komm schon, Buttercup.«
Ich schüttelte den Kopf und verschränkte meine zehnjährigen dünnen Arme. »Nein, dafür kommen wir in Schwierigkeiten. Daddy hat gesagt, dass ich da nicht rein soll. Die Versammlungshalle ist nur für Erwachsene.«
Art verdrehte die Augen und kam im Mondlicht auf mich zu. »Sie gehört uns genauso wie denen. Ich will sie erforschen. Ich habe keine Lust mehr auf den Wald. Ich bin sicher, dass in den verschlossenen Schränken da drinnen jede Menge spannende Sachen zu lesen auf uns warten.« Er berührte meine Hand.
Sofort sprang die Elektrizität zwischen uns über, die mit den Jahren nur stärker wurde.
Er erstarrte.
Ich erstarrte.
Der Mond erstarrte.
Wir waren zu jung für solche Gefühle. Zu jung, um unseren Seelenpartner gefunden zu haben.
Trotzdem war genau das geschehen.
Rubix ließ mich los, dann schubste er mich in den großen Raum.
Ich schlitterte vom Licht der späten Nachmittagssonne ins Innere.
»Siehst du, Cleo?« Rubix stampfte mit dem Fuß auf. »Fliesen. Du brauchst keine Schuhe. Und die Luft ist warm, also brauchst du auch keine Kleidung.« Sein Blick kroch über meinen Körper. »Was du anhast, gefällt mir ganz gut. Auf jeden Fall siehst du nicht mehr wie ein verdammtes Kind aus.«
Ich ignorierte ihn und sah mich in der Versammlungshalle um, wo Art und ich auf Entdeckungsreise gegangen waren, uns heimlich geküsst und unsere Führung geplant hatten, wenn wir erst mal volljährig wären. Diese Wände waren mit so vielen Erinnerungen getränkt. Mit so viel Freude, die mit der Zeit verblasst war.
Der Gedanke, er könne verletzt oder sogar tot sein, bereitete mir körperliche Schmerzen. Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, ihn so kurz nachdem ich ihn wiedergefunden hatte, wieder zu verlieren.
Bitte, sei am Leben.
Mein Schmerz verwandelte sich in tödlichen Hass und verstärkte mein Verlangen, Rubix abzuschlachten und die Welt von seinem bösartigen Wahnsinn zu befreien.
Ich erwartete Dunkelheit und Stille, die verschleierte Welt aus wirbelndem Zigarettenrauch und der Erwartung neuer Eroberungen. Stattdessen wurde ich von grellen Deckenlampen geblendet und von einem Raum voller abscheulicher Männer gierig angestarrt.
Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet.
Und jedes Atom in mir wurde von fieberhafter Furcht ergriffen.
»Ach du Scheiße. Sie ist es wirklich.«
»Unsere kleine Königin, zurück von den verdammten Toten.«
»Scheiße, ihre Haare sehen so aus wie das Feuer, in dem sie gebrannt hat.«
»Zeig uns deine Narben, hübsche Prinzessin.«
Die Stimmen drangen von allen Seiten auf mich ein, hallten in meinen Ohren und zersetzten sich mit ihren Absichten.
Ich bewahrte einen ruhigen, stolzen Gesichtsausdruck und sah mir die Männer an, die an dem großen Holztisch saßen, der mit leeren Alkoholflaschen und stinkenden Bongs übersät war. Es waren mindestens dreißig Brüder. Anders als der Clubraum von Pure Corruption war der von Dagger Rose schmutzig und verwahrlost. Leere Bierdosen bedeckten den Boden, und benutzte Kondome klebten an den fleckigen Sofas, die für den großen Tisch beiseite gerückt worden waren. Die Wände waren mit Graffiti beschmiert, und Clubhuren auf Crack hingen wahllos in Sesseln oder lagen auf dem Boden herum.
An der alten Binsenweisheit, dass äußere Sauberkeit den inneren Gemütszustand spiegelte, schien tatsächlich etwas zu sein. Und Dagger Rose brauchte offensichtlich eine geländeweite Desinfektion.
Ein Mann mit Glatze und einer Tätowierung in Form einer angreifenden Schlange.
Cobra.
Ich erinnere mich an ihn.
Er hatte Arthur immer einen Schlag auf den Hinterkopf verpasst, wenn er uns beim Hausaufgaben machen erwischt hatte. Er hatte immer gesagt, dass die Schule Zeitverschwendung sei, da Arthur ohnehin immer der Prügelknabe bleiben würde.
Ein anderer Mann mit langen fettigen Haaren spuckte Kautabak aus und musterte mich.
An ihn erinnere ich mich auch.
Sycamore.
Benannt nach seiner Vorliebe, Waffen aus Maulbeerholz zu schnitzen.
Er grinste und zeigte dabei seine vom Tabak braun verfärbten Zähne. »Hallo, kleine Cleo. Schön, dich nach all den Jahren am Leben zu sehen.«
Im Raum hallte Gelächter wider.