Puskas fürchtet - Tibor Rácskai - E-Book

Puskas fürchtet E-Book

Tibor Rácskai

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Beschreibung

Puskas ist ein Exilant aus Ungarn, einem Land, in dem Fleischeintöpfe in vier Kategorien eingeteilt werden, obwohl am Ende ja doch alles zusammenkommt. Er hat darum einen Sinn für die feinen Unterschiede und einen für die großen Zusammenhänge. Es gibt also eine Menge zu erzählen. Tibor Rácskai hat zugehört und es aufgeschrieben, lesen dürfen Sie es selbst.

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„Jedes Wunder dauert nur drei Tage lang.“

Inhaltsverzeichnis

Puskas fürchtet, wahnsinnig zu werden

Puskas leidet unter Blähungen

Puskas fürchtet, zu ertauben

Puskas fürchtet, aus dem Fenster zu fallen

Puskas sorgt sich um seine Träume

Puskas fürchtet sich vor dem Tod

Puskas fürchtet nicht, dick zu werden

Puskas geht nicht in die Kirche

Puskas weigert sich, zu lesen

Puskas hat sich auf die Zunge gebissen

Puskas hat Gott nichts zu danken

Puskas fürchtet, sich zu langweilen

Puskas scheut den Besuch der Oper

Puskas überlegt, zu reisen

Puskas hat seine Brille verlegt

Puskas fürchtet, vergesslich zu werden

Puskas fürchtet den Verlust seiner Schlüssel

Puskas fürchtet, blind zu werden

Puskas kann nicht mehr schlafen

Puskas fühlt sich müde

Puskas hört keine Nachrichten

Puskas fürchtet, altersmilde zu werden

Puskas fürchtet, nostalgisch zu werden

Puskas meidet die Sensation

Puskas lehnt jede Diskussion ab

Puskas sehnt sich nach Ruhe

Puskas lobt den Hasen

Puskas fürchtet den Kauf neuer Schuhe

Puskas fürchtet, den Lärm nicht mehr zu ertragen

Puskas freut sich des Lebens

Puskas geht zum Friseur

Puskas fürchtet, den Appetit zu verlieren

Puskas schätzt die Rührseligkeit nicht

Puskas lehnt es ab, die Form zu wahren

Puskas muss niesen

Puskas kennt sich nicht aus

Puskas fürchtet das Meer

Puskas fürchtet den Wandel

Puskas leidet unter Heimweh

Puskas fürchtet, erkannt zu werden

Puskas fürchtet den Klatsch

Puskas verdammt den Kopfschmerz

Puskas lobt die Nacht

Puskas lobt den Tag

Puskas lobt den Nachmittag

Puskas fürchtet, reich zu werden

Puskas verabscheut die Armut

Puskas lobt den Witz

Puskas trinkt keinen Tee

Puskas liegt das Verschmitzte nicht

Puskas missbilligt das Niedliche

Puskas fürchtet die Hunde

Puskas fährt nicht mit der Tram

Puskas ärgert sich nicht

Puskas hält nichts von Floskeln

Puskas ist die Liebe ein Rätsel

Puskas liegt etwas auf der Zunge

Puskas ist verzweifelt

Puskas versteht die Philosophie nicht

Puskas hat einen Krampf

Puskas erwehrt sich der Toleranz

Puskas fürchtet den Widerspruch

Puskas fürchtet, den Kopf zu verlieren

Puskas fürchtet, die Geduld zu verlieren

Puskas hält den Schnee für überflüssig

Puskas fürchtet, etwas Unbedachtes zu tun

Puskas mag die Mode nicht

Puskas mag sich nicht

Puskas fürchtet die Dunkelheit

Puskas fürchtet, jemanden zu belästigen

Puskas fürchtet den Jähzorn

Puskas wünscht, er würde farbenblind

Puskas fürchtet die Menschheit

Puskas hat keine Milch

Puskas fürchtet, vom Fleisch zu fallen

Nachwort

Puskas fürchtet, wahnsinnig zu werden

Puskas fürchtet, eines Tages wahnsinnig zu werden. Er könne an nichts anderes mehr denken als daran, wie es wäre, wahnsinnig zu werden. Seit Tagen treibe ihn nur noch dieser eine Gedanke um, er wache eines Morgens auf und sei wahnsinnig. Oder er sitze beim Abendbrot und mir nichts dir nichts werde er wahnsinnig. Eben noch wäre er nicht wahnsinnig gewesen und im nächsten Augenblick schon würde er wahnsinnig. Dieser Gedanke mache ihn verrückt. Er könne es schon kaum mehr ertragen, daran zu denken, wie es wäre, wahnsinnig zu werden. Schon lange sei ihm deshalb jeglicher Appetit vergangen. Er könne nichts mehr zu sich nehmen und bei sich behalten könne er auch nichts mehr. Er falle vom Fleisch und wenn das so weitergehe, werde er verhungern, noch bevor er wahnsinnig werde. Er ertrage aber den Anblick von Nahrungsmitteln nicht mehr, es werde ihm übel, wenn er frisches Brot röche. Allein beim Anblick eines gedeckten Tisches drehe sich ihm der Magen um, denn dann müsse er unweigerlich daran denken, wie es wäre, dort, an diesem wunderbar gedeckten Tisch zu sitzen, und aber nichts, gar nichts zu sich nehmen zu können. Also gehe er ins Schlafzimmer, doch auch dort finde er keine Ruhe, denn allein der Anblick des frisch gemachten Bettes verursache heftigen Schwindel, so dass er unweigerlich daran denken müsse, wie es wäre, morgens in diesem Bett zu erwachen und wahnsinnig zu werden. Man könne doch nicht von ihm verlangen, sich freiwillig diesem Irrsinn auszusetzen. Also habe er erwogen, sich von Tisch und Bett zu trennen, er wolle sich nicht täglich vor Augen führen lassen, worauf er verzichten müsse, um nicht wahnsinnig zu werden. Man dürfe sich nicht von den Dingen abhängig machen, dies sei doch leicht einzusehen.

Puskas leidet unter Blähungen

Puskas leidet bisweilen unter starken Blähungen. Es sei ihm schleierhaft, wie er dazu komme, denn er ernähre sich gesund und esse viel Obst. Daher könne er nicht begreifen, weshalb ausgerechnet er sich aufblähe wie ein Gasballon. Das sei nicht zu verstehen, zumindest er sei dazu nicht in der Lage. Er kenne Leute, die ebenfalls unter Blähungen litten, doch dies, das müsse man sagen dürfen, hätten sie sich selbst zuzuschreiben. Die starken Blähungen, unter denen diese Leute litten, hätten sie sich selbst zuzuschreiben, da sie sich im Gegensatz zu ihm keineswegs gesund ernährten, sondern sich mit allen möglichen, ja allen nur denkbaren, man möge sich das bitte vorstellen, allen nur denkbaren Dingen vollstopfen würden. So ein Verhalten sei unverantwortlich und führe selbstredend zu starken Blähungen, die, das liege auf der Hand, ja nicht nur für den Blähenden, sondern für seine ganze Umgebung schadhaft und lästig seien. Ein solcher Mensch könne sich nicht mehr unter seinesgleichen begeben, beziehungsweise doch, nur noch unter seinesgleichen könne sich ein solcher Mensch begeben, denn nur seinesgleichen sei so dermaßen abgestumpft gegen jede menschliche Regung, dass man ihn also nur noch unter seinesgleichen dulde. Leider sei dies schlechterdings unmöglich, da solche Leute im Grunde nicht schlecht, sondern im Gegenteil überaus empfindsam seien. Sie stopften sich mit allen nur denkbaren Dingen voll, um sich gegen diese Welt zu wappnen, welche die Empfindsamen nicht dulde, sondern verachte. Deshalb blieben die Empfindsamen auch zu Hause, um sich dort in nur von Leibgrimmen unterbrochener Stille mit allen nur denkbaren Dingen vollzustopfen. Deshalb sei es völlig unmöglich für einen empfindsamen Menschen, sich unter seinesgleichen zu begeben, denn die Empfindsamen blieben alleine zu Hause und nur die Nichtempfindsamen blieben nicht zu Hause. So und nicht anders sei es doch.

Puskas fürchtet, zu ertauben

Puskas fürchtet, mit der Zeit zu ertauben. Die ersten Anzeichen seien unüberhörbar. Wenn er zum Beispiel, es sei nur ein Beispiel, er könne durchaus mehrere nennen, aber dieses sei ihn eben angeflogen; wenn er zum Beispiel den Regler seines Radio, eines sehr schönen Radio aus bulgarischer Fabrikation, noch von vor dem letzten Kriege, eines der letzten seiner Art, ganz so wie er selbst, man möge ihm den Scherz verzeihen; wenn er also diesen Regler ganz nach rechts drehe, nicht etwa nach links, das helfe nicht, nach links zeige der Versuch keinerlei Wirkung, man müsse den Regler ganz nach rechts drehen, also im Uhrzeigersinne, er hoffe, er drücke sich deutlich aus; wenn er also diesen Regler ganz nach rechts, also bis zum Anschlage, dort, wo es nicht mehr weiterginge, drehe, dann habe er bisher, genauer gesagt bis auf den gestrigen Tage, an dem ihm dieser Versuch zuletzt geglückt sei, habe er einen ganz bestimmten Ton hören können, einen sehr hohen Ton, er könne nicht angeben, wie hoch der Ton gewesen sei, denn dazu fehle ihm der musikalische Knochen, also respektive, man möge verzeihen, er sei heute so guter Laune und wenn er so guter Laune sei, dann könne er sich das Scherzen nicht verkneifen, es liege am Wetter vielleicht, ganz egal, er wisse es nicht, jedenfalls sei es ihm nicht möglich, anzugeben, welche akustische Größe jener Ton gehabt habe; er sage gehabt habe, denn nun sei dieser Ton mit einem Male nicht mehr zu hören, sei entschwunden im Äther, nicht mehr aufzufinden, und noch diesen Vormittag habe er den Versuch zweimal wiederholt, aber es sei ihm nicht gelungen, den Ton wiederzufinden. Der Ton bleibe verschwunden, unhörbar, und er befürchte, dass dieser Ton nun für alle Zeit nicht mehr zu hören sein werde. Er habe sich außerdem umgehört und festgestellt, dass niemand außer ihm allein glaube, jemals diesen Ton gehört zu haben. Wobei er genau wisse, dass es diesen Ton gegeben habe, er habe ihn noch im Ohr, und offenbar sei er allein fähig gewesen, diesen Ton zu hören und nun sei der Ton verschwunden und bleibe es vermutlich auch und das sei eine Tragödie. Denn man möge ehrlich sein, dann müsse man zugeben, dass der Radio heutzutage nichts weniger als eine Zumutung darstelle, eine Zumutung, welcher man sich entziehen müsse, wo man nur könne, aber man könne ja nicht mehr; der Radio verfolge einen auf Schritt und Tritt, in jedem Restaurant, in jeder Boutique und jeder Würstelbude, der Radio sei schon da und manchmal, da wünsche er, augenblicklich das Gehör zu verlieren, um nicht wahnsinnig werden zu müssen. Das müsse einmal laut und deutlich gesagt werden.

Puskas fürchtet, aus dem Fenster zu fallen

Puskas fürchtet, aus dem geöffneten Fenster zu fallen. Es sei unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, dass er plötzlich aus dem Fenster falle. Unwahrscheinlich sei es, da er geöffnete Fenster meide. Seine eigenen Fenster öffne er schon gar nicht mehr, könne er schon gar nicht mehr öffnen, da er im selben Augenblick, wo er ein Fenster öffne, sich hinausfallen sehe. Unmöglich sei es aber nicht. Denn obwohl er es vermeide, seine Fenster zu öffnen und um jedes offene Fenster einen großen Bogen mache, sei es nicht auszuschließen, dennoch einmal aus einem Fenster hinauszufallen. Es sei ja ihm, der jedes Fenster meide, unmöglich festzustellen, ob ein Fenster tatsächlich geschlossen sei oder nur den Eindruck erwecke, es sei zumutbar, daran vorbeizugehen, ohne Gefahr zu laufen, plötzlich durch es hinaus ins Leere zu fallen. Plötzlich hinauszufallen, um unten auf dem Straßenpflaster zerschmettert aufgefunden zu werden, so wie jene Bedauernswerten, die man gemeinhin zerschmettert auf dem Straßenpflaster aufzufinden pflege. Es sei unmöglich festzustellen, ob man etwa zerschmettert auf der Straße aufgefunden werden könne, ohne sich einem Fenster zu nähern, und gerade dies versuche er ja zu vermeiden. Da er aber viel unterwegs sei, denn man könne ja nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen und die Fenster meiden, sei es ihm unmöglich, den Fenstern, und gerade den geöffneten, jederzeit verlässlich aus dem Wege zu gehen. Vielmehr habe er gerade dort am meisten zu tun, wo er von nichts anderem umgeben sei, als von Fenstern. Heute werde der Architekt in seiner Ausbildung ja darauf gedrillt, dem Fenster mehr Raum zu geben, als dies frühere, vernunftbegabtere Generationen von Architekten taten. Das Fenster sei zu einer fixen Idee geworden. Als Architekt, so sein Eindruck, könne man heutzutage unmöglich noch etwas anderes bauen als Fenster. Das Gebäude an sich stelle keine Herausforderung mehr dar, die moderne Technik mache es dem Architekten leicht, dem Gebäude jede nur denkbare Form zu geben. Doch dürfe er niemals auch nur daran denken, den leeren Raum mit etwas anderem zu füllen, als mit riesigen, das Hirn in Fetzen reißenden Fenstern. Das sei doch offensichtlich.

Puskas sorgt sich um seine Träume

Puskas sorgt sich um seine Tagträume. Er sagt, sie nähmen von Tag zu Tag an Gewalttätigkeit zu, und dies bereite ihm, verständlicherweise, Sorgen. Nachts dagegen träume er so gut wie gar nicht mehr, und auch das bereite ihm Sorgen, weswegen er in Bälde einen Spezialisten aufsuchen werde, falls es für so einen Fall denn überhaupt einen Spezialisten gebe, was er bezweifle, und selbst wenn es einen gebe, dann könne man ihn sich unmöglich leisten; und die Konsultation eines Spezialisten dieser Art zähle bekanntlich nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Also werde er eben auf den Spezialisten verzichten und seinen Hausarzt konsultieren, was aber Zeitverschwendung sei, denn der Hausarzt sei bekanntlich ein Idiot und man dürfe ihm keinesfalls ein Wort glauben. Er glaube seinem Hausarzt schon seit mehr als dreißig Jahren kein einziges Wort mehr und es gehe ihm, wie ja wohl nicht zu übersehen sei, nicht schlecht. Im Gegenteil gehe es ihm sogar so gut wie lange nicht mehr und darüber hinaus sei es der Hausarzt, der schon seit langem wegen eines Fleckens auf der Lunge in Behandlung sei und auch zusehends verfalle und dahinwelke. Er gebe seinem Hausarzt keine sechs Monate mehr und dass der Hausarzt neuerdings davon spreche, seine Praxis zu schließen und nach Mallorca umzusiedeln, weil ihm das dortige Klima behage, sei doch ein deutliches Zeichen dafür, dass der Hausarzt entweder sehr gut darüber Bescheid wisse, wie es um ihn stehe, oder, was er für wahrscheinlicher halte, keinen blassen Schimmer habe, dass er schon so gut wie tot sei. Er könne und wolle aber seinem Hausarzt nicht ins Gesicht sagen, was er von ihm denke und dass er es für schändlich und blödsinnig halte, Pläne zu machen für eine Zukunft, die es nicht geben werde. Wenn er seinem siechen Hausarzt gegenübersitze, dann spüre er, wie ihm der Ekel den Hals zuschnüre, beim Anblick des grausen, vom Krebs zerfressenen Fleisches; und wenn er dann so dasitze, sehe er eben jenes fahle Fleisch von den Knochen fallen wie falbes Laub und da verspüre er deutlich den Drang, in den morschen Knochenhaufen hineinzutreten und ihn vollkommen auszulöschen und zu Staub zu zermalmen. Das sei doch gewiss nachzuvollziehen.

Puskas fürchtet sich vor dem Tod

Puskas fürchtet sich jeden Tag aufs Neue vor dem Tod. Morgens erwache er mit einem stummen Schrei auf den Lippen und oft brauche es mehrere Stunden, bis er sich soweit beruhigt habe, dass er mit Appetit sein Frühstück zu sich nehmen könne. In dieser Zeit sei nichts, aber auch gar nichts mit ihm anzufangen. Manchmal sei es ihm nicht einmal möglich, das Bett zu verlassen, so übermächtig sei die Angst vor dem Tod. Dann komme es ihm vor, als sei er schon nicht mehr am Leben. Der Tod sei, da sei er sich inzwischen sicher, nicht einmal das Schlimmste. Schlimmer noch sei es, nicht zu wissen, ob man nun schon tot oder noch lebendig sei. Das sei das Schlimmste für ihn, wenn er in seinem Bett liege, unfähig, auch nur einen Finger zu rühren, aus Angst, es sei ihm nicht mehr möglich, einen Finger zu rühren. Oft verkrampfe er sich dabei dermaßen, dass es ihm noch Tage später tatsächlich unmöglich sei, einen Finger zu rühren. Er sei wegen dieser Krämpfe auch schon bei einem Arzt gewesen, aber man habe ihn beschieden, da könne man nichts machen, es sei ein Rätsel und am besten sei es, er verschaffe sich mehr Bewegung. Mehr Bewegung, das sei ja wohl ein Hohn, wo ihm doch gerade dies unmöglich sei, wenn er vor Angst, keinen Finger mehr rühren zu können, es nicht mehr schaffe, das Bett zu verlassen. Das sei ja wohl bezeichnend für die Ahnungslosigkeit der Herren Ärzte heutzutage, dass man ihm solche Ratschläge erteile. Die Ärzte heutzutage wüssten nämlich gar nicht wovon sie sprächen, wenn sie das Wort ‚Tod’ in den Mund nähmen. Es sei ihnen gar nicht begreiflich zu machen, was das sei, der Tod, denn heutzutage werde heimlich gestorben. Man sperre den Tod aus und verstecke das Leben in elektrischen Apparaten. Sei man erst den Ärzten ausgeliefert, existiere kein Unterschied mehr zwischen Leben und Tod. Das Wort selbst habe jeden Schrecken verloren, nicht nur für die Ärzte, niemand scheine sich mehr vor dem Tod zu fürchten. Es gebe ja auch eigentlich keinen Grund. Trotzdem tue man alles, dem Tod aus dem Weg zu gehen. Seit Jahren verbringe er nun schon seine Abende damit, darüber nachzudenken, weshalb die Menschen den Tod so sehr fürchten. Meist öffne er dazu eine gute Flasche Wein und inzwischen könne er sich gar nicht mehr vorstellen, seine Abende anders zu verbringen. Das Leben sei ihm dadurch eine reine Freude geworden und er könne nicht verstehen, dass es Menschen gebe, die auch nur einen Gedanken an den Tod verschwendeten, solange sie am Leben seien. Das sei doch einfach unfasslich.

Puskas fürchtet nicht, dick zu werden

Puskas fürchtet nicht mehr, dick zu werden, denn sich vor dem Unvermeidlichen zu fürchten sei dumm, und darüber zu klagen sei eines vernünftigen Menschen nicht würdig. Er wisse, dass er einmal so dick sein werde wie ein Bierkutscher, so fett wie das Schmalzgebäck seiner Mutter seligen Angedenkens. Er werde ohne Zweifel aufgehen wie ein Hefeteig, der Bauch werde sich wölben und im Profil werde er an ein Fragezeichen erinnern und von vorne an einen überreifen Apfel, an Fallobst, kurz vor dem Fall. Wie ein schon gealterter Planet werde er taumelnd seine Bahnen ziehen, bis er, vom eigenen Gewicht aus der Bahn geworfen, für immer dort verharren müsse, wo ihn das Schicksal, wie jeden Himmelskörper, dermaleinst niederstrecken werde und dort, so hoffe er, sei dann ein angenehmerer Ort als dieses Jammertal. Diese Welt sei kein guter Platz, aber so sei es eben, nichts bleibe ungestraft, die Vergangenheit hole den Übeltäter ein und strafe ihn mit einem Wanst, dabei habe er sich nie etwas zu Schulden kommen lassen, er sei eben in ein Milieu hineingeboren worden; dafür könne man ihn schlecht verantwortlich machen, also frage er sich, weshalb gerade er, der sich nie etwas zu Schulden habe kommen lassen, nun mit einem Wanst gestraft werde, der dem eines Bierkutschers in nichts nachstehe. Dies sei ungerecht und eine Unverschämtheit, wo er sich doch stets bemüht habe, auf seine Erscheinung zu achten, und dies, das dürfe man wohl sagen, mit nicht geringem Erfolg. Wer in seinem Alter und mit einem solchen Milieu im Rücken, so frage er, könne das schon von sich behaupten. Kaum einer könne das, ohne sich vor aller Welt zum Gespött zu machen, er dagegen könne es noch durchaus mit jedem Jüngeren aufnehmen und brauche sich wahrlich nicht zu verstecken, aber darauf gebe er nichts, denn das sei seiner unwürdig; niemals werde er so tief sinken, sich zum Narren zu machen, das habe er nicht nötig, er wisse um seine Qualitäten. Die Eitelkeiten der jungen Leute halte er dagegen für schlichtweg unerträglich und es sei wahrlich kein Wunder, dass man unter Tausend nicht einen finde, dessen krauser Kopf zu etwas anderem tauge, als einen Hut darauf zu setzen, aber diese Jugend sei so dermaßen verkommen, dass sie nicht einmal mehr wisse, wie man einen Hut zu tragen habe, und das sei ja wohl nicht zu übersehen.

Puskas geht nicht in die Kirche