Pygmalion alias My Fair Lady - Bernard Shaw - E-Book

Pygmalion alias My Fair Lady E-Book

Bernard Shaw

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Beschreibung

Oscar- und Literaturnobelpreisträger Bernard Shaw erklärte unmissverständlich, warum er für Pygmalion – die Literaturvorlage für den Film und das Musical My Fair Lady – Wien, Berlin und München vor London bevorzugte: „Es ist zu einer Tradition der englischen Presse geworden, nach der Uraufführung meines neuen Theaterstücks in die ganze Welt hinauszuposaunen, dass es kein gutes Bühnenstück sei – dass es langweilig, blasphemisch, unpopulär und finanziell erfolglos sei. Diese Nachrichten werden postwendend nach Berlin und Wien telegrafiert, mit dem Ergebnis, dass Intendanten dort gezwungen sind, Aufführungen zu verschieben. Deshalb haben mich die Intendanten gebeten, meine Stücke zuerst von ihnen aufführen zu lassen. Ich bin dieser Bitte schließlich nachgekommen.“ Pygmalion ist das berühmteste Theaterstück von George Bernard Shaw (26. Juli 1856 – 2. November 1950), das 1913 uraufgeführt wurde. Die Idee für diese Komödie entnahm der Dramatiker der griechischen Mythologie. Der Bildhauer Pygmalion von Zypern erschuf eine weibliche Elfenbeinstatue, in die er sich schließlich verliebte. Die Göttin der Liebe Venus beseelte das Elfenbein und erweckte die Statue zum Leben; später wurde sie Galatea (aus dem Griechischen „Milchweiße“) genannt. In Shaws Version sind Pygmalion und Henry Higgins identisch, während Galatea in der Figur der Eliza Doolittle wiederzufinden ist. Mit Pygmalion gelang Shaw ein wahrer Geniestreich, der sich als Kassenschlager erwies. „Pygmalion ist meine beständigste Einnahmequelle: Das Stück hat mich vor dem Ruin während des Krieges bewahrt und bringt weiterhin jede Woche eine beträchtliche Summe ein“, schrieb Shaw bereits 1921. Doch worum geht es in diesem Theaterstück, und was wissen wir über die Haupthelden? Wir erzählen die wahre Geschichte über Henry Higgins (Pygmalion) und Eliza Doolittle (Galatea). Henry Higgins – der Pygmalion Henry Higgins war ein vierzigjähriger Professor für Phonetik und Autor eines bekannten Buches, Higgins’ Universalalphabet. Der ausgewiesene Dialektexperte konnte „den Geburtsort jedes Mannes oder jeder Frau innerhalb eines Radius von weniger als sechs Meilen erkennen, in London sogar innerhalb von nur zwei Meilen – manchmal sogar innerhalb von zwei Straßen.“ Higgins verdiente sein Geld, indem er neureichen englischen Unternehmern und amerikanischen Millionärinnen beibrachte, wie man richtig Englisch spricht. Der gute Mann war also beruflich sehr erfolgreich und gut vernetzt, was ihm einen guten Ruf einbrachte.

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Oscar- und Literaturnobelpreisträger

George Bernard Shaw

Pygmalion

Eine Romanze in fünf Akten

Aus dem Englischen übersetzt

von Vitaly Baziyan

Die vorliegende Übersetzung folgt der Ausgabe von 1920

der englischen Edition Androcles and the Lion, Overruled, Pygmalion,

Constable and Company Ltd., London.

3., vollständig überarbeitete Auflage

Den Bühnen und Vereinen gegenüber ist das Aufführungsrecht

ausschließlich über den Übersetzer zu erwerben.

Copyright © 2025 Vitaly Baziyan

All rights reserved

Kommentar des Übersetzers

Pygmalion ist das berühmteste Theaterstück des Oscar- und Literaturnobelpreisträgers George Bernard Shaw (26. Juli 1856 – 2. November 1950). Es wurde am 16. Oktober 1913 im Wiener Burgtheater uraufgeführt. Bernard Shaw erklärte unmissverständlich, warum er Wien für die Premiere seines Theaterstücks Pygmalion in der deutschen Übersetzung London vorzog: „Es ist mittlerweile zur Tradition der englischen Presse geworden, nach der Uraufführung eines meiner neuen Theaterstücke in alle Welt zu verbreiten, dass es kein Theaterstück sei – dass es langweilig, blasphemisch, unpopulär und finanziell erfolglos sei. Diese Nachrichten werden dann sofort nach Berlin und Wien telegrafiert, was dazu führt, dass Intendanten dort gezwungen sind, Aufführungen zu verschieben. Aus diesem Grund baten mich die Intendanten, meine Stücke zunächst bei ihnen aufführen zu lassen. Diesem Wunsch bin ich schließlich nachgekommen.“

Die Idee zu dieser Komödie entnahm der Dramatiker der griechischen Mythologie: Der Bildhauer Pygmalion von Zypern erschuf eine weibliche Elfenbeinstatue und verliebte sich schließlich in sie. Die Göttin der Liebe, Venus, beseelte die Statue und erweckte sie zum Leben – fortan trug sie den Namen Galatea (was aus dem Griechischen „milchweiß“ bedeutet). In Shaws Version wird Pygmalion von Henry Higgins dargestellt, und die milchweiße Galatea ist Eliza Doolittle. Mit Pygmalion gelang Shaw ein wahrer Geniestreich, der sich zudem als Kassenschlager entpuppte. „Pygmalion ist meine beständigste Einnahmequelle: Das Stück hat mich vor dem Ruin während des Krieges bewahrt und bringt auch heute noch jede Woche eine beträchtliche Summe ein“, schrieb Shaw bereits 1921.

Doch worum geht es in diesem Theaterstück, und was wissen wir über die Hauptfiguren? Wir erzählen die wahre Geschichte von Henry Higgins (Pygmalion) und Eliza Doolittle (Galatea).

Henry Higgins, der Pygmalion

Henry Higgins war ein vierzigjähriger Professor für Phonetik und Autor des bekannten Buches Higgins’Universalalphabet. Als anerkannter Dialektexperte konnte er „den Geburtsort jedes Mannes oder jeder Frau innerhalb eines Radius von unter sechs Meilen erkennen, in London sogar innerhalb von nur zwei Meilen – manchmal sogar innerhalb von zwei Straßen“. Higgins verdiente seinen Lebensunterhalt damit, neureichen englischen Unternehmern und amerikanischen Millionärinnen beizubringen, wie man korrekt Englisch spricht. Der gute Mann war also beruflich äußerst erfolgreich und bestens vernetzt, sodass er sowohl national als auch international einen ausgezeichneten Ruf genoss. Er konnte sich vieles leisten: ein mehrstöckiges Haus im Zentrum Londons, ein modern ausgestattetes Sprachlabor in seinen eigenen vier Wänden und die Freiheit, im Homeoffice zu arbeiten. Zudem beschäftigte er eine Hausangestellte. Auch seine Mutter war wohlhabend, wohnte in einer geräumigen Wohnung mit Blick auf die Themse und hatte ein Dienstmädchen. Über seinen Vater ist jedoch nichts bekannt. Im Umgang mit Frauen war Higgins kein Schürzenjäger. „Für mich sind meine weiblichen Schülerinnen wie Holzklötze, und ich bin ihnen gegenüber ebenso kalt wie ein Fisch“, sagte er über sich selbst. Er verliebte sich „niemals in jemanden unter fünfundvierzig“. „Ich stehe nicht auf junge Frauen. Ich habe ein ganz festes Ideal für meine Traumfrau: Sie muss dir (Mutter) möglichst ähnlich sein.“

Zusammengefasst befand sich Higgins in einem Zustand der Zufriedenheit, solange er die ersehnten ideellen und materiellen Güter besaß: „Ich bin Phonetiker. Das ist mein Beruf und mein Hobby. Glücklich ist der Mann, der von seinem Hobby leben kann!“

Eliza Doolittle, die Galatea

Eliza Doolittle war „ein fesches, gut geformtes, rotbäckiges Mädchen, achtzehn oder vielleicht neunzehn Jahre alt – der Typ einer Evastochter, die sich ihres eigenen Wertes bewusst ist“. Von Beruf war sie Blumenmädchen – eine Straßenverkäuferin, die am Covent Garden Market Blumen einkaufte und sie im Londoner Zentrum, vor allem auf der Covent Garden Piazza oder am Bahnhof Tottenham Court Road, weiterverkaufte. Sie trug keine Luxusmarken und benutzte keine Kosmetikprodukte. Dennoch waren ihre Gesichtszüge ebenso fein wie die der Damen, an die sie ihre Blumen verkaufte. Eliza war das außereheliche Kind eines Müllmanns, ihre Mutter war verstorben. Sie lebte in einer kleinen Einzimmerwohnung.

Die Wette

Und so kam die Wette zustande: Higgins traf Eliza zufällig auf der Covent Garden Piazza. Während sie unter einem Kirchenportal Schutz vor dem Regen suchten, machte er unbemerkt Notizen über ihren Cockney-Dialekt sowie über die Dialekte der umstehenden Passanten. Dabei kam er ins Gespräch mit Hauptmann a. D. Pickering, der gerade aus Indien zurückgekehrt war, um Higgins kennenzulernen. Pickering hatte ein großes Interesse an Fremdsprachen und verfasste ein Buch mit dem Titel Gesprochenes Sanskrit. Higgins erzählte ihm, dass er jedem, auch Eliza, eine so perfekte Aussprache beibringen könne, dass sie als Herzogin auf einer Gartenparty des Botschafters einer Großmacht empfangen würde. Eliza hörte dieses Gespräch mit und erkannte, dass Higgins der Richtige war, um ihren Cockney-Dialekt in feines Englisch zu verwandeln, damit sie als Floristin arbeiten konnte – und sie erfuhr, wo er wohnte. Am nächsten Tag erschien sie unangemeldet bei ihm, um Unterricht zu nehmen. Aus Spaß nahm Higgins die Herausforderung an und wettete mit Pickering, dass er Eliza in drei Monaten so weit bringen würde, dass sie als Herzogin durchginge. Das Stichwort „aus Spaß“ ist entscheidend, denn Higgins’ Lebensgeschichte zeigt eindeutig, dass er keine Bestätigung seiner Fähigkeiten von einem zufälligen Bekannten – nämlich Hauptmann Pickering – benötigte. Vielmehr wollte er, wie es im Stück heißt, die Verwandlung des Blumenmädchens in eine Herzogin möglichst diskret halten. Higgins und Pickering übernahmen alle Kosten, die umgerechnet mehrere Tausend Euro betragen dürften. Eliza wurde nach Higgins’ bewährter Methode phonetisch unterrichtet und in sein Haus einquartiert. Dort erhielt sie ein Zimmer mit Vollpension, modische Kleidung und Taschengeld.

Mission erfüllt

Professor Higgins hielt sein Versprechen. Auf dem Empfang eines Botschafters sorgte Eliza mit ihrer makellosen Aussprache für Furore und wurde wie eine salonfähige Prinzessin gefeiert. Anstelle der Bildhauerei führte Higgins eine Sprachumwandlung durch und verwandelte Elizas Cockney-Dialekt in perfektes Englisch. Doch aus den bereits genannten Gründen hatte er nicht vor, sich in seine „Schöpfung“ zu verlieben – geschweige denn, sie zu heiraten. Warum auch? „Doch, doch. Er muss!“, mehrten sich die Stimmen der Medien und beanspruchten die Deutungshoheit über das Stück. „Es wäre sehr spannend gewesen, nach meinem Tod über meine musikalischen Vorlieben und Abneigungen zu erfahren – besonders weil ich meine Meinung darüber sehr selten öffentlich geäußert habe“, scherzte der russische Komponist Pjotr Iljitsch Tschaikowski.

Shitstorm

Nach der Uraufführung des Stücks erntete Bernard Shaw einen Shitstorm. Ein Sturm der Entrüstung brach landesweit los. Zahlreiche wichtigtuerische Journalisten, Rezensenten und Literaturkritiker, deren Namen heute größtenteils vergessen sind, entrüsteten sich routinemäßig über Shaw. Alle Sünden mündeten in eine: Sein angeblicher Charmeur und Schikaneur Higgins sei gefühlskalt, selbstherrlich, egozentrisch, versnobt, grobschlächtig und geltungssüchtig. Er betreibe Bildung durch Dressur, ohne Achtung vor dem Menschen, behandle Eliza nicht als gleichwertig, weigere sich, sie als fühlendes Wesen zu respektieren, und ignoriere ihre menschlichen Bedürfnisse, indem er ihre Liebe nicht erwidere. Die angeblichen Verfehlungen, die Elizas Leben schwerwiegend beeinträchtigt hätten, wurden prompt aufgelistet: Der Professor habe sie sozial entwurzelt und gedankenlos ihre Zukunft zerstört. Insgesamt sei das Stück von schwarzem Humor geprägt.

Wieso schlug eine Empörungswelle Bernard Shaw entgegen?

George Bernard Shaw war eine widersprüchliche Persönlichkeit: „Unter den vielen, die nie lesen, was ich schreibe, und es nicht verstehen könnten, wenn sie es lesen würden, habe ich bereits vom Hörensagen einen Ruf als lebendes Paradoxon.“ Er hatte ambivalente Einstellungen zu Themen wie der Monarchie, der britischen Rolle im Ersten Weltkrieg sowie zu Persönlichkeiten wie Trotzki, Lenin, Mussolini und Hitler. 1931 reiste er in die Sowjetunion, feierte dort sein 75-jähriges Jubiläum und traf sich mit Stalin. Wie viele andere Intellektuelle war Shaw für Stalins Propaganda empfänglich, doch er war kein Widerstandskämpfer, sondern Dramatiker und Publizist. Seine politische Tätigkeit beschränkte sich auf gesellschafts- und regierungskritische Artikel – so lehnte die BBC es ab, eine Rede von Shaw zu senden, die er an seinem siebzigsten Geburtstag bei einem Abendessen gehalten hatte, mit der Begründung, sie sei politisch zu kontrovers. Außerdem engagierte er sich in der Fabianischen Gesellschaft. Wie der Name schon verrät, war diese britische sozialistische intellektuelle Bewegung keine revolutionäre, sondern eine reformistische Strömung. Der Name stammt von dem römischen General Fabius Maximus, der den Spitznamen „Verzögerer“ (Cunctator) trug, weil er Rom von Hannibal befreite – nicht durch militärischen Eingriff, sondern durch schlichtes Abwarten. Entsprechend verfolgten die Fabianer das Ziel, eine sozialistische Gesellschaft durch Reformen, Bildung und Zwischenschritte zu schaffen. Aus der Fabianischen Gesellschaft ging später die heutige Labour Party hervor.

Naturgemäß fand George Bernard Shaw aufgrund seiner Ambivalenz nicht nur Bewunderer, sondern auch Gegner. Diese versuchten, ihre Antipathie gegen ihn zum Ausdruck zu bringen, indem sie sowohl ihn persönlich als auch indirekt seine Theaterstücke mit unberechtigter Kritik angriffen – nach dem Motto: Wenn er so „schlecht“ sei, könne auch sein Werk nichts Gutes sein. Der Aufschrei der Entrüstung hallt bis heute in verschiedenen Artikeln, Enzyklopädien und Lexika wider.

Und so entstand der Begriff Fake News

„I have been kicking my heels here for months faking news (!) for my people when there was no news“, offenbarte Shaws Antiheld, ein Journalist, in seinem Bühnenstück Genf, das 1929 uraufgeführt wurde. Zeitungsjournalisten verbreiteten Fake News über Pygmalion und dessen Autor, während sie gleichzeitig die dialektischen Theorien ihrer Zeitgenossen priesen. Zur Erinnerung: In seinem 1896 erschienenen Buch Der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen urteilte der deutsche Philosoph und Gesellschaftstheoretiker Friedrich Engels, dass die Trennung der Menschen von ihren affenähnlichen Vorfahren mit der Weiterentwicklung des Kehlkopfs und der Entstehung der Sprache zusammenhänge. Sprachübungen und gemeinsame Arbeit seien demnach entscheidend für die geistige Entwicklung der Menschen. 1894 und 1895 erschienen zwei Dschungelbücher des britischen Autors Rudyard Kipling über Mowgli. Mehrere Erfahrungsberichte über Kinder und Jugendliche, die sich im Dschungel verloren und ohne Sprache unterentwickelt zurückkamen, waren in aller Munde. Das Sprachenlernen fördere die Kreativität, erhöhe die Gehirnleistung und steigere das Erinnerungsvermögen. Diese geistigen Entwicklungen treten übrigens auch ein, wenn man Dialekte wie Bayerisch, Berlinisch oder Kölsch lernt. Eliza hat sich nicht nur als Persönlichkeit weiterentwickelt, sondern profitierte auch vielerlei Hinsicht von Higgins' Eingriffen in ihr Leben. Sie heiratete einen liebenswerten Mann und wurde stolze Besitzerin eines Blumenladens im Zentrum von London. Was will man mehr?

Trotzdem ebbte die Empörungswelle gegen Higgins nicht ab. Schmunzelnd nehmen wir zur Kenntnis, dass einige Journalisten, Literaturkritiker und Theaterwissenschaftler auch heute noch über Bernard Shaw empört sind. „Ein Genie auf seine Missdeutung zu reduzieren, ist ein typisches Charaktermerkmal eines beschränkten Menschen“, sinnierte Shaws Leidensgenosse, der Komponist Tschaikowski.

Man kann bekanntlich nicht alles haben

Na gut: „Eliza hatte geheime, schelmische Momente, in denen sie sich wünschte, ihn (Higgins) allein, fern von allen gesellschaftlichen Bindungen, auf eine einsame Insel zu bekommen, wo man auf Konventionen pfeifen kann, und ihn einfach mal von seinem Podest herunterzuzerren, um sich Gewissheit zu verschaffen, dass er, wie jeder gewöhnliche Mann, den Geschlechtsverkehr ausübt. Wir alle haben unsere eigenen Fantasiebilder dieser Art.“ Aber wenn es um die konkrete Umsetzung geht, driften beide Welten schnell auseinander, denn nicht jede Fantasie muss zwangsläufig in die Realität umgesetzt werden. Laut Duden ist Liebe eine Bindung an einen bestimmten Menschen, die auf starker körperlicher, geistiger und seelischer Anziehung beruht und den Wunsch nach Zusammensein und Hingabe weckt. Higgins hatte sich ausgemalt, mit Eliza und Hauptmann Pickering als drei Singles in einer Hausgemeinschaft zu leben. Doch er setzte diesen Wunsch mit einer kleinen Korrektur um: Statt drei Singles wurden es nur zwei – und Eliza mit ihrem Ehemann Freddy. Letztlich war es vorprogrammiert, dass es mit einer körperlichen, geistigen und seelischen Anziehung nicht klappen konnte. Schon zu Beginn des Theaterstücks war klar, dass Higgins ein ewiger Junggeselle bleiben würde.

Fazit: Im Einzelfall lohnt sich Weiterbildung – sie führt nicht nur zu neuen Perspektiven, sondern auch zu persönlichem Glück.

Siegeszug von Pygmalion

Die ersten Aufführungen von Pygmalion im deutschsprachigen Raum fanden bereits 1913 statt:

16. Oktober 1913: Die Weltpremiere wurde im Wiener Hofburgtheater inszeniert. Regie führte Hugo Thimig, mit Lili Marberg und Max Paulsen in den Hauptrollen. Das Stück erlebte 25 Vorstellungen.

November 1913: Pygmalion wurde im Lessingtheater in Berlin unter der Regie von Victor Barnowsky aufgeführt. Tilla Durieux und Albert Steinrück spielten die Hauptrollen, und das Stück feierte mehr als 100 Vorstellungen.

23. November 1913: Am Residenztheater in München inszenierte Albert Steinrück das Stück, wobei er selbst die Rolle des Higgins übernahm. Helena Ritscher spielte Eliza. Das Stück hatte insgesamt 39 Vorstellungen.

Die erste Verfilmung des Theaterstücks

Die erste Verfilmung des Theaterstücks Pygmalion war ein deutscher Spielfilm. Das Stück wurde 1935 für die Leinwand adaptiert und feierte seine Uraufführung am 2. September 1935 im Berliner Capitol-Kino.

Besetzung:

Henry Higgins — Gustaf Gründgens

Liza Doolittle — Jeny Jugo

Hauptmann Pickering — Anton Edthofer

Frau Pearce — Käthe Haack

Alfred Doolittle — Eugen Klöpfer

Frau Higgins — Hedwig Bleibtreu

Frau Eynsford Hill — Olga Limburg

Clara Eynsford Hill — Karin Evans

Freddy Eynsford Hill — Vivigenz Eickstedt

Filmstab:

Produktion — Eberhard Klagemann/ Der Klagemann Film

Regie — Erich Engel

Drehbuch — Heinrich Oberländer, Walter Wassermann

Musik — Theo Mackeben

Kamera — Bruno Mondi

Schnitt — Rene Matain

Die zweite Verfilmung des Theaterstücks Pygmalion war ein britischer Spielfilm. Das Stück wurde 1938 für die Leinwand adaptiert und feierte seine Uraufführung am 6. Oktober in London.

Besetzung:

Henry Higgins — Leslie Howard

Liza Doolittle — Wendy Hiller

Hauptmann Pickering — Scott Sunderland

Frau Pearce — Jean Cadell

Alfred Doolittle — Wilfrid Lawson

Frau Higgins — Marie Lohr

Frau Eynsford Hill — Everley Gregg

Clara Eynsford Hill — Leueen MacGrath

Freddy Eynsford Hill — David Tree

Filmstab:

Produktion — Shaw’s langjähriger Vertrauter Gabriel Pascal

Regie — Anthony Asquith, Leslie Howard

Drehbuch — Bernard Shaw

Musik — Arthur Honegger

Kamera — Harry Stradling

Schnitt — David Lean

Bernard Shaw wurde 1939 für die Drehbuchadaption von Pygmalion mit einem Oscar ausgezeichnet. Für diese Adaption fügte Shaw einige zusätzliche Szenen, Sprechtexte und Regieanweisungen hinzu, die in der Originalfassung des Theaterstücks nicht enthalten sind. Diese Ergänzungen sind in der Publikation durch drei Sternchen *** gekennzeichnet. Sie stammen aus dem Buch The Collected Screenplays of Bernard Shaw, herausgegeben von der University of Georgia Press im Jahr 1980.

Aus Pygmalion wurde My Fair Lady

Die Musicaladaption unter dem Titel My Fair Lady feierte 1956 in New York ihre Uraufführung, mit Julie Andrews und Rex Harrison in den Hauptrollen. Das Musical lief vom 15. März 1956 bis zum 29. September 1962 und hatte insgesamt 2.717 Vorstellungen am Broadway.

1964 wurde My Fair Lady als amerikanische Musicalverfilmung mit Audrey Hepburn und Rex Harrison in den Hauptrollen unter der Regie von George Cukor veröffentlicht.

Hundertjährige Erfolgsgeschichte

Pygmalion ist ein Klassiker der Weltliteratur und ein Kassenmagnet. Das Meisterwerk hat mehrere Tausend Theatervorstellungen, zwei Filmadaptionen, eine Musicaladaption und eine Musicalverfilmung erfolgreich überdauert und Millionen von Theaterbesuchern, Zuschauern und Lesern begeistert. Weltweit wurden mehrere Millionen Exemplare von Pygmalion gedruckt und verkauft. Die Kritik und die Unterstellungen, die den Autor viele Jahre lang heimsuchten und wie Tsunamis und Taifune über ihn hereinbrachen, haben sich letztlich als Fake News entpuppt. Darüber freuen wir uns sehr – und genau deshalb werden wir ihnen keinerlei Beachtung mehr schenken, ganz gleich, wer sie verbreitet.

Über diese Übersetzung

Bei dieser Übersetzung wurde der unerschöpfliche Reichtum der Deutschen Sprache berücksichtigt, die sich unter anderem durch individuelle, soziale oder regionale Abstufungen auszeichnet. Da eine lokale Abstufung in Deutschland in der Praxis selten vorkommt – sie jedoch in Pygmalion eine zentrale Rolle spielt – wurde bei der Übertragung der Sprache von Eliza Doolittle und ihrem leiblichen Vater Alfred Doolittle auf regionale Sprachvarietäten der Deutschen Standardsprache zurückgegriffen, und zwar auf Dialekte wie Bayerisch und Kölsch. Daher wurde von einer alternativen Lösung Abstand genommen, bei der die beiden Figuren kauderwelsche Sätze sprechen oder vorwiegend grammatikalische Fehler machen – etwa Konjugationsfehler, Verwechslung von Pronomen, die falsche Verwendung von Adjektiv statt Adverb, fehlende Kongruenz in Numerus oder Person, doppelte Verneinungen oder Kontraktionen. Für die vorliegende Dramentextübersetzung wurde eine traditionelle Deutsche Vorlage verwendet, die auch für viele von Schillers Dramen herangezogen wurde. Das E-Book-Cover wurde unter Verwendung eines Gemäldes des Münchener Malers Franz von Stuck gestaltet.

Vitaly Baziyan

München, Februar 2025

Erster Akt

Es ist Sommer auf der Covent Garden Piazza in London, spät am Abend, kurz nach Viertel nach elf. Der Regen fällt in Strömen. Taxis hupen wild in alle Richtungen, während Fußgänger sich in Richtung der Markthallen des Covent Garden Marktes und der St.-Paul-Kirche (nicht zu verwechseln mit der St.-Pauls-Kathedrale) drängen, um Schutz unter ihrem Säulenportikus zu suchen. Unter den Passanten sind eine Frau und ihre Tochter in Abendkleidern. (Viele Theater befinden sich nur einen Katzensprung entfernt.) Alle Umstehenden starren düster auf die herabstürzenden Regenströme – abgesehen von einem Mann, der mit dem Rücken zu den anderen steht und ganz in sein Notizbuch vertieft ist, in dem er etwas niederschreibt. Die Kirchturmuhr schlägt Viertel nach elf.

DIE TOCHTER (steht im Raum zwischen den mittleren Säulen, näher an der linken): Ich friere total. Was macht Freddy eigentlich die ganze Zeit? Er ist jetzt schon gute zwanzig Minuten weg.

DIE MUTTER (rechts von der Tochter): Um fair zu sein, etwas weniger als zwanzig, aber er hätte uns schon längst ein Taxi besorgen können.

EIN NASEWEISER UMSTEHENDER (rechts von der Mutter): Ein Taxi wird er bis halb zwölf nicht finden, Madam, alle Theaterbesucher wollen jetzt nach Hause.

DIE MUTTER: Aber wir brauchen ein Taxi. Wir können nicht bis halb zwölf hier stehen bleiben. Das wäre entsetzlich.

DER NASEWEIS: Tja, da kann man nichts machen, Madam.

DIE TOCHTER: Wenn Freddy nicht so ein Waschlappen wäre, hätte er uns schon an der Theatertür eins geschnappt.

DIE MUTTER: Was willst du von dem armen Jungen?

DIE TOCHTER: Andere haben Taxis bekommen. Warum konnte er es nicht?

Freddy eilt aus dem Regen, tritt aus der Southampton Straße unter den Fassadenvorbau und schließt seinen Regenschirm, aus dem Wasser tropft. Freddy ist ein junger Mann, etwa zwanzig Jahre alt. Er trägt einen Sakkoanzug, ein weißes Hemd und eine Krawatte. Seine Hose ist bis zu den Knien durchnässt.

DIE TOCHTER: Hast du kein Taxi gefunden?

FREDDY: Man kann keines finden. Nicht für Geld und gute Worte.

DIE MUTTER: Oh Freddy, da muss irgendwo ein Taxi sein. Du hast es nicht gut genug versucht.

DIE TOCHTER: Ich fühle mich furchtbar und müde. Erwartest du etwa, dass wir selbst auf die Suche gehen?

FREDDY: Ich sage dir, sie sind alle besetzt. Der Regen hat so plötzlich eingesetzt, dass jeder ein Taxi nehmen musste. Ich bin zuerst zum U-Bahnhof Charing Cross gelaufen und dann fast bis zum Ludgate Circus: Kein einziges freies Taxi war zu sehen.

DIE MUTTER: Hast du am Trafalgar Square versucht?

FREDDY: Am Trafalgar Square gab es auch keines.

DIE TOCHTER: Hast du es dort wenigstens versucht?

FREDDY: Ich bin bis zum U-Bahnhof Charing Cross gegangen. Erwartest du von mir, dass ich bis zum Hammersmith-Viertel gehe?

DIE TOCHTER: Du hast es nicht mal richtig versucht.

DIE MUTTER: Du bist wirklich sehr hilflos, Freddy. Versuch es nochmal und komm nicht zurück, bis du ein Taxi gefunden hast.

FREDDY: Ich werde bis auf die Haut nass sein und es wird umsonst sein.

DIE TOCHTER: Und was ist mit uns? Sollen wir hier im Wind in unseren Abendkleidern die ganze Nacht rumstehen? Du egoistisches Schwein...

FREDDY: Okay, okay, ich gehe jetzt in Richtung Strandstraße. Ich gehe. (Er öffnet seinen Regenschirm, macht ein paar Schritte und prallt mit einem Blumenmädchen zusammen, das unter den Fassadenvorbau vor dem Regen eilt. Dabei schlägt er ihr den Blumenkorb aus den Händen. Krachender, heftiger Donner und grelle Blitze untermalen den Vorfall.)

DAS BLUMENMÄDCHEN: Bisd du bled, Freddy? Pass doch auf, wo du hiläufst, Schatzi!

FREDDY: Es tut mir leid. (Er eilt davon.)

DAS BLUMENMÄDCHEN (hebt ihre verstreuten Blumen auf und legt sie wieder in den Korb): Saudepp mit Krawatte! Zwei Sträuße Veilchen sind in den Schmutz gefallen. (Sie setzt sich auf einen Säulensockel und beginnt, ihre Blumen zu sortieren. Es ist ein hübsches, gut gebautes, rotbäckiges Mädchen, etwa achtzehn oder vielleicht neunzehn Jahre alt, der Typ einer „Evastochter“, die sich ihres Wertes bewusst ist. Ob ihre Kleidung sie zu einer Schönheit macht, ist Geschmackssache. Ihre Stiefel sind stark abgetragen und haben bessere Tage gesehen. Ihr brauner Rock ist lang und weit, ihre Schürze aus grobem Stoff ist bunt. Sie ist eindeutig aus ihrem schäbigen, viel zu engen schwarzen Mantel herausgewachsen, der ihr kaum bis zu den Knien reicht. Ihr kleiner Matrosenhut aus schwarzem Stroh wurde lange dem Londoner Staub und Ruß ausgesetzt und wohl nie, wenn überhaupt, gebürstet. Äußerlich macht sie momentan keinen besonders gepflegten Eindruck: Ihr Haar müsste dringend gewaschen werden, und die mausgraue Farbe kann kaum natürlich sein. Sie ist so sauber, wie es ihr möglich ist, aber im Vergleich zu den umstehenden Damen wirkt sie wie ein Dreckspatz. Ihre Gesichtszüge sind fein, doch die Haut ihres Gesichts wurde nie gepflegt, und ihr Zustand lässt zu wünschen übrig. Außerdem würde sie von einer professionellen Zahnreinigung und zahnärztlicher Behandlung profitieren.

DIE MUTTER: Woher weißt du, dass mein Sohn Freddy heißt, bitte?

DAS BLUMENMÄDCHEN: Oh, is ea Ihr Bua? Oiso, wenn ea richtig eazogn wurde, wenn Sie Ihre Pfli-achd ois Muada eafüllt hätdn, häd ea si wohl dreimoi übalegt, bevoa ea de Bleame des arma Madls be-schmutzt hod und ohne Bezoiung davogelaffa is. Zoin Sie fia ihn? (Man muss gleich bedauerlicherweise gestehen, dass jeder verzweifelte Versuch, ihren Dialekt außerhalb von London ohne phonetisches Alphabet zu verstehen, ein für alle Male aufgegeben werden muss)

DIE TOCHTER: Ich würde es an deiner Stelle nicht tun, Mutter. Keine gute Idee!

DIE MUTTER: Bitte mische dich nicht ein, Clara. Hast du Kleingeld?

DIE TOCHTER: Nur eine Sixpence-Münze.

DAS BLUMENMÄDCHEN (voller Hoffnung): I konn Ihna Wexlgejd gebn, nette Dame.

DIE MUTTER (zu Clara): Gib sie mir. (Clara gehorcht widerwillig) Hier. (zu dem Mädchen) Das ist für deine Blumen.

DAS BLUMENMÄDCHEN: Vuin Dank, de Dame.

DIE TOCHTER: Lass sie dir das Wechselgeld geben. Ein Strauß dieser Dinge kostet nur einen Penny.

DIE MUTTER: Sei still, Clara. (zum Mädchen) Du kannst das Wechselgeld behalten.

DAS BLUMENMÄDCHEN: Oh, vuin Dank, de Dame.

DIE MUTTER (neugierig): Jetzt sag mir, woher du den Vornamen des jungen Herrn kennst.

DAS BLUMENMÄDCHEN: Kenn i ned.

DIE MUTTER: Ich habe gehört, dass du ihn bei seinem Vornamen genannt hast. Versuch nicht, mich zu belügen.

DAS BLUMENMÄDCHEN (protestierend): Warum soiad i Sie belügn? I hob ihn Freddy oda Charlia genannt, genauso wia’s Sie seibsd aa wahrscheinlich doa, wenn Sie mid am Fremdn redn und vasuchn, höflich zua sei.

DIE TOCHTER: Der Sixpence ist umsonst weggeworfen! Wirklich, Mama, es ist zu viel, um deinen Wissensdurst zu stillen. (Sie zieht sich verärgert hinter die Säule zurück)

Ein älterer, liebenswürdiger Gentleman von militärischem Typus eilt unter den Fassadenvorbau und schließt seinen tropfenden Regenschirm. Wie Freddy hat auch er unter dem Regen gelitten: Seine Hosenenden sind hochgekrempelt, und er ist bis auf die Knochen nass. Er trägt einen Sakkoanzug und einen Trenchcoat. Der Gentleman nimmt den Platz links von der Mutter ein, den die Tochter freigemacht hat.

DER GENTLEMAN: Puh!

DIE MUTTER (zum Gentleman): Verzeihung, Sir, gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass der Regen bald aufhört?

DER GENTLEMAN: Ich fürchte, nein. Es begann vor etwa zwei Minuten noch stärker zu regnen. (Er geht zum Säulensockel neben dem Blumenmädchen, stellt seinen Fuß darauf und krempelt seine Hosenenden herunter.)

DIE MUTTER: Oh Gott! (Sie schließt sich frustriert ihrer Tochter an.)

DAS BLUMENMÄDCHEN (nutzt die Nähe zum liebenswürdigen Militär, um eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen): Wenn ea stärka werd, is’s a Zeichn dafia, dass’s fast voabei is. Oiso Kopf houch, oida Kriegsmo, und kaffn Sie a Bleamal vo am arma Madl.

DER GENTLEMAN: Es tut mir leid, ich habe kein Kleingeld bei mir.

DAS BLUMENMÄDCHEN: I konn Ihna Wexlgejd gebn, oida Kriegsmo.

DER GENTLEMAN: Wechselgeld für eine Half-Crown-Silbermünze, die zweieinhalb Schilling wert ist? Ich habe nichts Geringeres.

DAS BLUMENMÄDCHEN: Aba freilich! Keman Sie, oida Kriegsmo! Kaffn Sie vo ma a Bleamal.

---ENDE DER LESEPROBE---