Qualitätsmanagement im Bildungswesen - Rudolf Kutz, Dr. - E-Book

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Dr., Rudolf Kutz

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2008
Beschreibung

Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Pädagogik - Schulwesen, Bildungs- u. Schulpolitik, Note: keine, , Sprache: Deutsch, Abstract: Ausgehend von den Auffassungen und den Aussagen der KMK über Bildungsziele, Bildungsstandards und Kompetenzen - die eher eine outputorientierte Zielsetzung verfolgen - sowie einer Differenzierung zwischen externem und internem QM, wird versucht mit Hilfe internationaler Vergleichsstudien die Quintessenz der Herausforderungen im Bildungswesen zu eruieren (Teil I), um die relevanten Ansätze für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen zu verdeutlichen. Dabei geht es vorwiegend um die systematischen Kontexte von Bildungszielen, Bildungsstandards und Kompetenzen, die in ein Modell des QM integriert werden, so dass Qualitätsentwicklung unter Aspekten einer einheitlichen und vergleichbaren Nomenklatur des Qualitätsmanagements diskutiert werden kann. Dabei wird folgende These unterstellt: Die Ergebnisqualität kann nur so gut sein wie Struktur- und Prozessqualität. Die Bildungsergebnisse sind mithin abhängig von einem qualitativ guten Unterricht. Sofern die Qualität des Unterrichts nicht gemessen werden kann, können auch keine Wirkungen auf die Ergebnisse erwartet werden bzw. die Wirkungszusammenhänge zwischen Unterrichtsqualität und Ergebnisqualität werden ausgeblendet. Insofern ist die Entwicklung von professionellen Standards (Teil II) von entscheidender Relevanz. Vor diesem Hintergrund wird der Ansatz der Bildungsforschung vertreten, der insbesondere auf die Evaluation der Unterrichtsqualität abhebt. Die qualitätsorientierte Bildungsberichterstattung (Teil II) ist abhängig von harten Daten im Bereich der Bildungsstrukturen, der Bildungsprozesse und der Bildungsergebnisse, die mittels qualitativer, quantitatver und Qualitätsindikatoren gemessen werden. Dabei steht die Entwicklung von Qualitätsindikatoren noch aus. Qualitätsstandards jedoch sind die Grundlage für die Entwicklung von Qualitätsindikatoren, die erst eine qualitätsorientierte Bildungsberichterstattung realisieren können. Qualitätsindikatoren sind derzeit nur für bestimmte Leis-tungsbereiche (Kompetenzniveaus IGLU, PISA, DESI; TIMSS) von Schülern möglich, aber Ziel einer qualitätsorientierten Bildungsberichterstattung muss es sein, die Qualität eines Bildungssystems mittels harter Daten analysieren und beurteilen zu können und dazu ist es notwendig, entsprechende Kompetenzen und Qualitätsstandards gerade für die Profession zu entwickeln.

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Zusammenfassung

Ausgehend von den Auffassungen und den Aussagen der KMK über Bildungsziele, Bil­dungsstandards und Kompetenzen - die eher eine outputorientierte Zielsetzung verfolgen - sowie einer Differenzierung zwischen externem und internem QM, wird ver­sucht mit Hilfe interna­tionaler Vergleichsstudien die Quintes­senz der Herausforderungen im Bildungswe­sen zu eruieren (Teil I), um die relevanten Ansätze für Qualitäts­entwicklung im Bildungs­we­sen zu verdeutlichen. Dabei geht es vor­wiegend um die sys­tematischen Kontexte von Bil­dungszielen, Bil­dungsstandards und Kompetenzen, die in ein Modell des QM integ­riert werden, so dass Qualitätsentwicklung unter Aspekten einer ein­heitlichen und vergleichba­ren Nomenklatur des Qualitätsmanagements diskutiert werden kann. Dabei wird folgende These unterstellt: Die Ergebnisqualität kann nur so gut sein wie Struktur- und Prozess­qualität.

Die Bildungsergebnisse sind mithin abhängig von einem qualitativ guten Un­terricht. So­fern die Qualität des Unterrichts nicht gemessen werden kann, können auch keine Wir­kungen auf die Ergebnisse erwartet werden bzw. die Wirkungszusammenhänge zwischen Unter­richts­qualität und Ergebnisqualität werden ausgeblendet. Insofern ist die Entwick­lung von professionellen Stan­dards (Teil II) von entscheidender Rele­vanz. Vor diesem Hintergrund wird der Ansatz der Bildungsforschung vertreten, der insbesondere auf die Evaluation der Unterrichtsqualität abhebt.

Teil I: Grundlagen

 

1. Ausgangsposition

 

Bereits im Jahre 2003 hat das BMBF sich zur Entwicklung von nationalen Bildungsstan­dards geäußert und den Kontext zwi­schen Bildungszielen, Kompetenzen und Standards hergestellt. Dieser Zu­sammenhang entfaltet seine Wirkung insbesondere im Rahmen des Qualitätsmanagements, und so­fern es um Bil­dungsberichterstattung geht, im Rahmen von Indikatoren, d.h. Messkriterien für die Überprüfung von Bildungszielen, Bil­dungsstandards und Kompetenzen.

 

„Bildungsziele sind relativ allgemein gehaltene Aussagen darüber, welche Wis­sensinhalte, Fä­higkeiten und Fertig­keiten, aber auch Einstellungen, Werthaltungen, Interes­sen und Motive die Schule vermitteln soll. In den Bildungs­zielen drückt sich aus, welche Chancen zur Entwicklung ihrer individuellen Persönlichkeit, zur Aneig­nung von kultu­rellen und wissenschaftlichen Traditi­onen, zur Bewältigung prakti­scher Lebensanforderungen und zur aktiven Teil­nahme am gesell­schaftlichen Leben wir Kindern und Ju­gendlichen geben wollen. Schulische Bildungsziele sollten zudem auf Nachhaltigkeit und Transfer ausgerichtet wer­den. Sie müssen anschlussfähig sein für lebenslanges Weiterlernen, für Anforderungen in Alltag, Beruf und Ge­sell­schaft.

 

Bildungsziele formulieren somit Erwartungen an die Ent­wicklung jeder einzelnen Schülerin und jedes Schülers, und zugleich verpflichten sie die Gesellschaft und ihre Bil­dungseinrichtungen, entsprechende Entwicklungsmöglich­keiten zu schaffen.“  (BMBF 2003: 19)

 

Die Aufgabe der Bildungspolitik eines Landes besteht darin, übergeordnete, einheitliche, ver­gleichbare und verbindliche Bil­dungsziele zu formulieren, die für unterschiedliche Segmente des Bil­dungssystems Validität beanspruchen. Die allgemein formulierten Bil­dungsziele können auch als bildungspolitische Dimensionen gekennzeich­net werden, die im Rahmen des Bil­dungsauftrages gewichtet werden. Auf der Basis die­ser Bil­dungsziele werden Bildungsstandards konzipiert, die jeweils differenziert nach Bil­dungseinrichtungen spezifische Kompe­tenzen festlegen, die Lehrer vermitteln und Schü­ler erlernen sollen.

 

„Bildungsstandards formulieren Anforderungen an das Lehren und Lernen in der Schule. Sie benennen Ziele für die pädagogische Arbeit, ausgedrückt als er­wünschte Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler. Damit kon­kretisieren Stan­dards den Bildungsauftrag, den allgemein bildende Schulen zu erfüllen haben.

 

Bildungsstandards, wie sie in dieser Expertise konzipiert werden, greifen allgemeine Bildungs­ziele auf. Sie benen­nen die Kompetenzen, welche die Schule ihren Schüle­rin­nen und Schülern vermitteln muss, damit bestimmte zent­rale Bildungsziele er­reicht werden. 

 

Die Bildungsstandards legen fest, welche Kompetenzen die Kinder oder Jugendli­chen bis zu ei­ner bestimmten Jahrgangsstufe erworben haben sollen…. Bildungs­stan­dards stellen damit in­nerhalb der Gesamtheit der Anstren­gungen zur Sicherung und Steigerung der Qualität schuli­scher Arbeit ein zentrales Gelenkstück dar. Schule und Unterricht können sich an den Stan­dards orientieren. Den Lehrerinnen und Leh­rern geben Bildungsstandards ein Referenzsystem für ihr professionelles Han­deln. Die Kom­petenzanforderungen einzulösen, so gut dies unter den Ausgangsbe­din­gungen der Schülerinnen und Schüler und der Situation in den Schulen möglich ist, ist der Auftrag der Schulen. Mit Bezug auf die Bildungsstandards kann man die Ein­lösung der Anforderungen überprüfen. So lässt sich feststellen, inwieweit das Bil­dungssystem seinen Auftrag erfüllt hat, und die Schulen erhalten eine Rückmel­dung über die Ergebnisse ihrer Ar­beit.“ (BMBF2003: 22)

 

Diese Definitionen sind im Rahmen des Qualitätsmanagements betrachtet als reine Out­put-Faktoren zu interpretieren, wodurch Irritationen zu den im Qualitätsmanagement übli­chen Definitio­nen beste­hen: Im Qualitätsmanagement  werden zwar generell die zu errei­chenden Ziele formuliert, aber die Stan­dards werden für die Profession konzipiert und beschrieben. Unter Standards werden im Quali­tätsma­nagement standardisierte Hand­lungs­anweisungen für die Professionellen verstanden, die sich in Be­zug auf das zu errei­chende Ergebnis bewährt haben, d.h. spe­zifisch professionelles Handeln und Verhalten bestimmt das Qualitätsniveau des Outputs.

 

Die Bildungsstandards wiederum legen die messbaren Kom­petenzen fest, die Schülerin­nen und Schü­ler zu einem be­stimmten Zeitpunkt erreicht haben sollten. Auch hier besteht das gleiche Problem, es werden reine Output-Kompetenzen be­schrieben – Erwartungen an die Schüler. Aber was ist mit den Lehrerkompetenzen, welche Indikatoren mes­sen die professio­nellen Kompetenzen, die evidenzbasierten Standards, die von der Profession er­wartet werden müssen, um entsprechende Ziele zu erreichen? Ist die Profession über­haupt adäquat aus­gebildet, um Kompetenzen vermitteln zu können – Wissens­vermittlung wie in den letzten Jahrzehnten bezeichnet nur einen Teil der professionellen Kompeten­zen -? Professionelle Stan­dards müssen Bestandteil der Aus- und Fortbildung sein, und diese sollten wissenschaftlich belegt oder - als Mini­malforde­rung - in einer Expertenkom­mission konsentiert sein. 

 

Die Qualität der Ergebnisse (output) ist abhängig von allge­meingültigen und verbindlichen professio­nellen Kompetenzen, und diese müssen als Standards definiert sein – ein Schüler bestimmt nicht die Qualität der Bildungsergebnisse, genauso wenig wie ein Nachfrager die Qualität eines Produktes be­stimmt oder der Klient die Qualität einer Be­handlung. Die Qua­lität des outputs wird primär durch spezi­fische bewährte bzw. bewie­sene Handlungsmuster der Profession determiniert.

 

Kompetenzen können als Ausprägungen von Bildungsstan­dards gekennzeichnet werden. Insofern unterliegen sie den Regeln der empirischen Sozialforschung, was eine Verpflich­tung zur Operationalisierung impliziert. Studien wie PISA. IGLU. TIMMS und DESI haben im Bereich der Output-Mes­sung ent­sprechende Operationalisierungen entwickelt, insbe­sondere durch Lernstandserhebungen bei Schülern. Diese Messungen können aber nicht als hinreichende Kriterien für die Qualität der Bildung angesehen werden, da der wesent­lich wichtigere Be­reich, die Messung der Kompetenzen der Profession, teilweise vernach­lässigt wurde. Die Ergebnisse von internationalen Studien, die eine reine Output-Messun­gen bei Schülern durchführen, sind vor diesem Hintergrund für das QM nur marginal rele­vant.

 

2. IGLU:  Lesekompetenz der IGLU - (Internationale Grundschul-Lese-Untersu­chung)

 

2.1 Vorbemerkungen

 

IGLU ist eine internationale Studie, die die Bildungskompe­tenzen in der 4. Grund­schulklasse kon­tinuierlich untersucht. International wird sie unter der Bezeichnung PIRLS (Pro­gress in Internatio­nal Reading Literacy Study) veröffentlicht. Ihre Ziele in­tendieren einen internationalen, aber auch nati­onalen  - zwischen den Bundesländern - Vergleich der Qua­lität spezifischer Schülerkompetenzen im Grundschulbe­reich. Dar­unter fallen

 

  Lesekompetenz,

 

  naturwissenschaftliche Kompetenz,

 

  mathematische Kompetenz sowie

 

  orthographische Kompetenz.

 

Diese Kompetenzen gelten als wesentliche Grundlage für die Entscheidung bzw. Empfehlung zum Übergang auf die  Realschule oder das Gymnasium. Damit hat sich gerade auf der Ebene der Bil­dungsschnittstellen - die wesentlich für den weiteren Bil­dungsweg und damit auch für die berufli­chen Chancen sind - zur nächst höheren Bil­dungseinrichtung eine international vergleichbare Grundlage etabliert, die in Bezug auf die Bildungsziele und Bildungsstandards von erheblicher Bedeutung ist. Ein wesent­li­ches Bildungsziel des Landes BW z. B. ist die Vermittlung von Kompetenzen und Kenntnis­sen, wobei die Wissens-Vermittlung als Bestandteil  von Kom­petenzen auf­zufassen ist.

 

2.2 Qualität der Lesekompetenz

 

Es liegen zwar nicht für alle Kompetenzbereiche Daten vor, aber am Beispiel der 4 untersuchten Kompetenzen können Qualitätsindikatoren entwickelt werden. In der IGLU-Studie werden 4 Kom­petenzbereiche unterschieden und mittels standardisierter Punktwerten definiert:

 

a) Kompetenzstufe I (375-450 Pkt): Gesuchte Wörter in einem Text erkennen

 

Dazu reicht es in der Regel aus, explizit abgefragte Wörter zu erkennen und die dazugehörige Textstelle an­zugeben. Die Autoren unterstellen, dass die basale Fä­higkeit des Dekodierens und Wiedererkennens ausgebil­det sein muss (IGLU 2003:88). Die Autoren unterschei­den da­bei zwei Textarten, Informationstext und literari­schen Text. Im ersten Fall geht es allein um das Wieder­erkennen von Wör­tern, im letzteren handelt es sich zu­sätzlich um die emotio­nale Situation.

b)  Kompetenzstufe II (451-525 Pkt): Angegebene Sach­verhalte aus einer Textpas­sage erschlie­ßen

Hier sollen die Schüler aus einem oder mehreren Sätzen einen spezifischen Sachverhalt er­kennen können. Beim Informationstext ist damit die sachliche In­formation ge­meint, im literari­schen Text geht es auch um ein Wert­urteil.

c)  Kompetenzstufe III (526-600 Pkt): Implizit im Text ent­haltene Sachverhalte auf­grund des Kontextes erschlie­ßen.

Die Stufe erfordert ein relativ selbständiges Lernen durch Lesetexte. Es müssen Beziehungen zu verschiedenen Textteilen hergestellt werden. Im Informationstext müs­sen zwei sachlich zu­sammenhänge Gebiete erschlossen werden und im litera­rischen Text müssen die Schüler das Verhalten der Akteuren beschreiben können.

d)  Kompetenzstufe IV (>600 Pkt): Mehrere Textpassagen sinnvoll miteinander in Be­ziehung set­zen.

 

Hierbei müssen Textpassagen auf unterschiedlichen Ebenen erschlossen und miteinander kombiniert werden. Beim Informationstext sollten z.B. Zusammen­hänge von Nacht; Licht und Verirrensrisiko erschlossen, kombiniert und eine Schlussfolgerung gezogen, beim literarischen Text müssen richtiges Verständnis und adäquater Gebrauch ähnlicher Verben richtig einge­schätzt werden können.