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Wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Medizin - Chirurgie, Unfallmedizin, , Sprache: Deutsch, Abstract: Nach orthopädischen und traumatologischen Operationen können Leistungsminderungen wie Muskelatrophien, Gelenkkontrakturen, Knochensubstanzverluste und andere Einschränkungen des Bewegungsapparates auftreten, die durch eine gezielte Übungsbehandlung verhindert oder gebessert werden. Dafür ist ein effektives Rehabilitationsprogramm notwendig. Allerdings ist die Heilungsphase nach einer Operation auch mit Risiken behaftet: Bei 7049 Patienten (durchschnittliches Alter = 65,69 ± 12,84 Jahre, 4945 Frauen und 2104 Männer), die sich nach einer Operation am Bewegungsapparat in einer drei- bis vierwöchigen stationären Rehabilitation in einer Reha-Klinik Lindenplatz befanden, traten bei 240 (= 3,4 % aller Patienten) schwere Komplikationen auf, die eine Verlegung in ein Akutkrankenhaus oder eine Entlassung nötig machten. Dabei handelte es sich bei 0,57% der insgesamt 7049 Patienten um Notfallsituationen des Herz-Kreislaufsystems, bei 0,45% um Luxationen von Hüft-Totalendoprothesen, bei 0,44 % um tiefe Beinvenenthrombosen, bei 0,44 % um Weichteil- oder Knocheninfektionen und bei 0,27 % um Komplikationen des Magen-Darmbereiches. Die Anzahl der eher leichtgradigen Komplikationen (Muskelschmerzen und Krämpfe, Gastritiden, Dekubiti, Blutdruckkrisen, Wundheilungsstörungen u. v. a.), welche in der Reha-Klinik diagnostiziert und behandelt werden konnten, lagen um ein Vielfaches höher: Etwa jeder 3. bis 5. Patient klagte über entsprechende Beschwerden. Die Dokumentation der schweren Komplikationen erlaubte eine Analyse möglicher Gefahrenquellen. Daraus ergab sich die Notwendigkeit der kontinuierlichen medikamentösen Thromboseprophylaxe bis 35 Tage nach der Operation - bei Teilbelastung oder Immobilisierung auch länger - und zwar unabhängig vom Alter. Bei Totalendoprothesen der Hüfte ist eine intensive Schulung der Patienten zur Vermeidung von Luxationen notwendig. Die baulichen Voraussetzungen für eine Behinderten gerechte Umgebung reduzieren Hüftluxationen, Stürze oder Frakturen. Eine kontinuierliche ärztliche Überwachung des Rehabilitationsverlaufes zur Vermeidung von Überlastungen und zum frühzeitigen Erkennen von Komplikationen ist sinnvoll. Dabei sollte gerade auch nachts eine ärztliche Diagnostik möglich sein. Zudem ist eine gezielte Steuerung der Belastungsintensität in der Rehabilitation notwendig: Die Festlegung der orthopädischen Belastbarkeit und die Prüfung der kardiopulmonalen Belastungs- und Leistungsfähigkeit sind als Trainingsgrundlage erforderlich.
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Heilung nach Operationen - das Risiko in der postoperativen Phase und in der orthopädischen Rehabilitation
Autor: Ch. Schönle
Orthopädische Reha-Klinik Lindenplatz mit sportmedizinischer Abteilung, Bad Sassendorf
(Chefarzt: Dr. Ch. Schönle)
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Im Sinne der Kostenreduktion ist es sinnvoll, Therapien auf das Notwendigste einzuschränken. In vielen Fällen ist es möglich, den stationären Aufenthalt nach Operationen zu verkürzen, ohne dass für den Patienten Nachteile entstehen (28). Die weitere Konsequenz daraus ist die Einschränkung der ambulanten und vor allem der teuren stationären Rehabilitationsmaßnahmen.
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass eine Verletzung oder Operation weitreichende Folgen haben kann:
Bei Patienten im Alter von 66 - 91 Jahren, die wegen einer Schenkelhalsfraktur innerhalb von zwei Tagen operiert wurden und anschließend sofort aufstehen durften, wurde durchdie Immobilisierung von nur zwei bis drei Tagenein lang dauernder Abbauprozess in Gang gesetzt (29). Der Verlust an Knochenmasse wardrei Monatenach der Operation am stärksten (6 - 22 % Verlust), obwohl die Patienten direkt nach der Operation voll belasten durften. Nachsechs Monatenwar der Knochenverlust nur geringfügig gebessert. Eine Zunahme der Muskelmasse an dem nicht operierten Bein nach sechs Monaten machte deutlich, dass die operierten Patienten vorwiegend das gesunde Bein belasteten.
Auch die muskulären Defizite sind beachtenswert: Noch 1- 2 Jahre nach Kreuzbandoperationen oder nach Implantation einer Knieendoprothese wurden Kraftdefizite des M. quadriceps festgestellt, während sich die Kraft der ischiokruralen Muskulatur regenerierte (2, 8). Bei Patienten mit ausgeheilten Beinverletzungen konnte sogar noch nach 1 - 5 Jahren eine Kraftminderung im verletzten Bein nachgewiesen werden (38).
Rechnet man alle postoperativen Kosten zusammen, dann macht sich eine frühe Entlassung aus dem Akutkrankenhaus nicht immer bezahlt. Vielmehrerhöhtensich bei Patienten mit Schenkelhalsfrakturen, deren stationärer Aufenthalt in der Akutklinik von 20 auf 12 Tage reduziert werden konnte, die gesamten Behandlungskosten im Folgejahr um 12 % . Dies war durch eine anschließende längere Betreuung in geriatrischen Kliniken (hier verdoppelte sich die Aufenthaltszeit) oder Pflegeheimen bedingt (43).
Nach Operationen des Bewegungsapparates ist eine intensive Rehabilitationsbehandlung sinnvoll, weil sonst muskuläre Atrophien über Jahre nachweisbar sind und Imbalancen und Fehlhaltungen lange bestehen bleiben (2, 6). Durch ein Training kann das postoperativ reduzierte Leistungsniveau um 10 -20 % erhöht werden kann, womit die Alltagsaktivität des Patienten intens iviert und damit der weitere Trainingseffekt beschleunigt werden. Zudem wird die Gelenkbeweglichkeit gezielt verbessert und viele Alltagsfunktionen wie Treppensteigen unter sicherer Anleitung trainiert. Spezifische Verhaltensmaßregeln können erlernt und eingeübt werden (39).