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Mehr Hintergrundwissen, mehr Übungen – mehr Rainbowman! Lernen Sie die von Reinhard Stengel entwickelte 'Seelenschamanische Energiearbeit' kennen. Der beliebte Schamane kann mittlerweile auf die erfolgreiche Behandlung von Hunderten von Patienten zurückblicken. Sein einzigartiges Vorgehen ist, verschiedene Traditionen miteinander zu kombinieren und aus jeder das herauszugreifen, was seinen Erfahrungen entspricht und sich in der Praxis bewährt hat. Er knüpft dabei an das überlieferte Wissen, von Organsprache und Aura über Krafttierreise und Inneres Kind bis hin zu Automatischem Schreiben oder Auflösung von Flüchen, an. Dank einfacher Übungen können auch Sie bald die erstaunlich wirksamen Techniken anwenden. Zahlreiche Episoden aus Reinhard Stengels Leben und Heilpraxis veranschaulichen das Erlernte auf interessante und unterhaltsame Weise. Umfassend überarbeitet und erweitert erlaubt das Buch noch tiefere Einblicke in die Weisheit der Medizinmänner aller Zeiten.
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Seitenzahl: 216
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REINHARD STENGEL
RAINBOWMAN
Seelenschamanische Energiearbeit
Über den Autor
Reinhard Stengel, der »Rainbowman«, war lange im Management tätig. 1986 hatte er erste Kontakte zum Schamanismus, er entschied sich aber erst 2004, seinen Beruf aufzugeben und als Heiler und Schamane zu wirken. Heute ist er erfolgreicher Vortragsredner und Trainer, der im gesamten deutschsprachigen Raum die Säle füllt. Seine Erfolge in der Behandlung psychischer und physischer Störungen sprechen für ihn.
Weitere Informationen findest du unter:
www.rainbow-rs.de
Die Ratschläge in diesem Buch sind sorgfältig erwogen und geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für kompetenten medizinischen Rat, sondern dienen der Begleitung und der Anregung der Selbstheilungskräfte. Alle Angaben in diesem Buch erfolgen daher ohne Gewährleistung oder Garantie seitens des Autors oder des Verlages. Eine Haftung des Autors bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
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ISBN 978-3-8434-6213-6
www.schirner.com
1. E-Book-Auflage 2015
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten
Inhalt
Über den Autor
Vorwort
Gaia oder die Entstehung von Mutter Erde
Die Geschichte meines Lebens
Die Sonne stand im Zeichen der Waage
Von den Steinen lernen
Anders als die anderen
Auch Autos haben eine Seele
Meine Brüder gingen tanzen
Beim Militär
Der verschwundene Wald
Schnöder Mammon
Veränderung kündigt sich an
Auszeit
In Montana
Fred, mein Schamane
Schwitzhütten
Im Steinkreis
Rainbowman
Schamanischer Sonnengruß
Im alten Trott
Kein Arzt, keine Tabletten, nie mehr zum Friseur
Ulm
Lernen und Lehren
»Was ist mein Weg?«
Seelenschamanische Energiearbeit
Seelenschamanismus – Was ist das?
Seelenplan
Schamanische Heilweise
Seelenreise, Seelenkommunikation
Schamanisches Handwerkszeug
Intuitive Kommunikation mit Organen
Akasha-Chronik
Die Aura sehen und fühlen
Schamanische Chakrenarbeit
Inneres Kind, Innere Frau, Innerer Mann
Flüche
QET – Quanten-Energie-Transformation
Automatisches Schreiben
Heilungsgeschichten aus meiner Praxis
Die Sache mit dem Bettnässen
Koma
Stotterer
Zahnschmerzen
Angst vor Spinnen
Blasenentzündung
»Keine Ahnung«
Die Geschichte des Sohnes ohne Kopf
Der Zwilling im eigenen Bauch
Schluckbeschwerden
Gabrieles Geschichte
Seelische Aufrichtung bei Muskelschwund
Arthrose
Kopfschlächter
Mit der Seele eines Pferdes reden
Hannes hat Alkoholprobleme
Angst vor Schlangen
»Sag, was du denkst und fühlst«
Missbrauch
Ein Geschwür am Hals
Es gibt keinen Sohn
Nicht sehen, nicht laufen
Gebrochenes Handgelenk
Zeitreise zum Pferdeunfall
Automatisches Schreiben
Gedanken zum Schluss
Nachwort und Danksagung zur Neuauflage
Bildmaterial
Vorwort
Die Philosophie und die Heilmethoden der Schamanen verschiedener Naturvölker erfreuen sich heute immer größerer Beliebtheit, weil die Erkenntnisse und Erfahrungen dieser Menschen uns zeigen, dass der Weg, den sie gegangen sind und teilweise noch gehen, Lösungen bieten, die anderswo nicht zu finden sind.
Es ist kein Geheimnis, dass viele Menschen im modernen Westen sich entfremdet fühlen – es gelingt ihnen weder, zu sich, noch, zu anderen Menschen oder ihrer natürlichen Umwelt eine gesunde Beziehung aufzubauen. Beruflicher Stress sowie die Anforderungen im privaten Bereich und eine immer mehr Konsum einfordernde Gesellschaft ziehen die Aufmerksamkeit kontinuierlich vom Wesentlichen ab. Kaum jemand, der sich noch wirklich als Teil der Natur fühlt. Kaum jemand, der die Botschaften der Tiere und Pflanzen beachtet. Kaum jemand, der sich verwurzelt fühlt und von dieser Welt als wahrer Heimat sprechen kann.
Wir sind von einem rastlosen Leben und den Möglichkeiten immer schnellerer Medien nahezu aufgesogen und verlieren uns dabei selbst aus dem Blick. Ganz allgemein leidet das Menschliche.
Die verschiedenen Wege der schamanischen Traditionen können uns helfen, uns wieder zu fokussieren, uns auf die wesentlichen zwischenmenschlichen Aspekte unseres Lebens zu konzentrieren und auch wieder ganz bei uns zu sein – ganz in unserer Mitte.
Das Wissen um die Heiligkeit allen Lebens, das Wissen um andere Bereiche unserer Realität, die Erfahrung anderer Welten, die Erfahrung heilsamer Energien, die uns durchdringen können, wenn wir es zulassen – all das sind wichtige Aspekte unseres Lebens, die früher vielleicht einmal allgemein bekannt waren, heute jedoch größtenteils in Vergessenheit geraten sind. Schamanische Kulturen haben dieses Wissen bewahrt und machen es demjenigen, der offenen Herzens ist, zugänglich.
Natürlich stellt sich die Frage, wie sich dieses uralte Wissen der Schamanen mit unserem persönlichen Lebensweg, unserem Bedürfnis, der Menschheit zu helfen, und unserer Sehnsucht nach Gesundheit und nach Harmonie mit dem Universum verbinden lässt.
Die Erfahrungen, die ich über viele Jahre machen durfte, die Zusammenarbeit mit Schamanen, Geistheilern, Energiearbeitern und Ärzten haben mich darin bestärkt, meine Arbeit auf dem schamanischen Weg weiter auszubauen und meine eigenen Studien zu intensivieren. Das Lernen auf diesem Weg hört nie auf. Täglich entdecke ich neue Dinge, offenbaren sich mir weitere Details der Heilarbeit. Sowohl die Anbindung an die Geistige Welt als auch die Gespräche mit meinen Klienten liefern mir immer wieder Überraschendes und Erhellendes.
Irgendwann gelangte ich zu der Ansicht, dass diese Arbeit über schamanische Philosophie, schamanisches Wissen und schamanische Techniken unbedingt weitergegeben werden sollte. Aus diesem Grund kreierte ich eine Seminarreihe mit zwölf Modulen, in denen Interessierte dieses alte Grundwissen, das meiner Überzeugung nach in jedem von uns schlummert, erlernen und wiedererwecken können.
Viele meiner Schüler haben mich immer und immer wieder gebeten und gedrängt, dieses Wissen für jeden zugänglich und jederzeit – auch außerhalb meiner Seminare – verfügbar zu machen. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, mein Wissen über und meine Sichtweise auf schamanische Energiearbeit in Buchform festzuhalten. Hierbei erzähle ich auch viel aus meiner eigenen Lebensgeschichte – zum einen, weil ich meine Erfahrungen auf dem schamanischen Weg nicht von den anderen Aspekten meines Lebens trennen kann, zum anderen, weil ich glaube, dass gewisse Stationen auf unseren obzwar sehr individuellen Lebensreisen sich dennoch gleichen. In unseren Sehnsüchten, unseren Wünschen, unseren Fehlern und unseren Irrwegen sind wir uns oft ähnlicher, als wir denken. Ebenso steht es um unseren guten Willen, unsere Träume und unsere vorsichtigen Schritte in neue Gebiete.
Bei der Arbeit an der erweiterten Neuauflage dieses Buches, das nun weitaus ausführlicher auf Stationen meines Lebens eingeht, erlebte ich all diese Dinge und Situationen noch einmal. Es war ein sehr emotionales Erlebnis, und ich hoffe, dass du mich durch meine Erzählungen besser kennenlernst. Schließlich musst du ja wissen, wer dir da etwas über Seelenschamanismus erzählt.
Zugleich hoffe ich, dass dir diese persönlichen Geschichten zeigen, dass ich wirklich ein völlig normaler Typ mit allen üblichen menschlichen Fehlern und Schwächen bin und nicht etwa über eine besondere Begabung verfüge – und dass du, wenn sogar ich es geschafft habe, ebenso in der Lage bist, das Wissen des Seelenschamanismus zu erlangen und heilsam anzuwenden.
In diesem Buch sind alle Orte und Namen geändert, vor allem in Bezug auf das Indianer-Reservat, in dem ich einen Großteil meines Trainings absolviert habe. Das geschieht nicht, um dich zu verwirren oder auf falsche Fährten zu locken, sondern einfach aus meiner Verantwortung heraus, die Personen und heiligen Orte zu schützen. So wurde es mir aufgetragen, und so tue ich es auch.
Ich hatte großes Glück, in diesem Reservat so freundlich aufgenommen zu werden, und ich werde immer tiefe Dankbarkeit für diese Zeit empfinden. Zugleich achte ich aber auch den Wunsch der Menschen dort, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Du kannst dir jedoch sicher sein, dass du auch hier – mitten in deinem ganz normalen Alltag – diese Techniken erlernen kannst. Sie werden dir helfen, dich ganz zu fühlen, in deine Mitte zurückzukehren und dir und anderen Menschen heilsame Energien zur Verfügung zu stellen.
Du wirst in diesem Buch also viel über meinen Weg und den Seelenschamanismus erfahren und dazu auch ganz praktische Übungen an die Hand bekommen. Darüber hinaus findest du Geschichten aus meiner Praxis, die die verblüffenden Ergebnisse dokumentieren, zu denen diese Arbeit führt. Ich hoffe, dass dich alle Aspekte dieses Buchs motivieren, weitere Erfahrungen auf diesem Weg zu sammeln. Und ich würde mich freuen, wenn wir uns eines Tages persönlich begegneten!
Viel Freude beim Lesen
Reinhard Stengel
Gaia oder die Entstehung von Mutter Erde
Ein Grundgedanke
Die Schöpfungsmythen der Naturvölker und der schamanischen Traditionen sprechen oft von Mutter Erde und Vater Himmel, die uns Menschen durch ihre fruchtbare Vereinigung gemeinsam hervorbringen. Mutter Erde nährt uns, Vater Himmel behütet uns. Wir sind Kinder dieser zwei Sphären und gehen unseren Weg stets von unseren kosmischen Eltern begleitet.
Mutter Erde, auch Gaia genannt, ist als Wesen zu verstehen. Ein Wesen, das uns sehr nah ist, da wir uns täglich auf der Erde bewegen. Und im Vergleich zu uns ist Gaia ein ganz enormes Wesen, bedenkt man ihre Größe, ihre Kraftfelder, die Energie und die Vielfalt ihrer Formen, ihren Millionen von Jahren dauernden Entwicklungsprozess, der immer weiter voranschreitet und uns einlädt, an ihm teilzuhaben.
Die seelisch-geistigen Aspekte Gaias zeigen uns, dass sie ebenso ein multidimensionales Wesen ist wie wir Menschen. Sie hat ihre eigenen Rhythmen der Jahreszeiten, die aufeinanderfolgen und uns deutlich machen, dass alles in der Natur geboren wird (Frühling), zur vollen Blüte kommt (Sommer), seine Früchte hervorbringt (Herbst), alt wird und stirbt (Winter), um nach einer Phase der Ruhe wiedergeboren zu werden (Frühling). Mit diesen Rhythmen, in denen die Evolution der Erde verläuft, sind wir Menschen seit Urzeiten verbunden – hier werden die Lernprozesse und Veränderungen unserer Mutter Erde zu den unseren.
Das jetzige Zeitalter schenkt uns die Möglichkeit persönlicher Wandlung, um alte Muster und Verstrickungen loszulassen und unserem göttlichen Selbst näherzukommen. Wir haben Zugang zu verschiedensten spirituellen Traditionen, können Informationen über nahezu jeden inneren Weg bekommen und uns frei entscheiden, welchen davon wir einschlagen wollen. Niemand hindert uns daran, Wege zu erkunden, die aus einer anderen Kultur stammen, oder Traditionen wiederzubeleben, die lange verschollen waren. Niemand schreibt uns vor, was wir zu glauben haben – auch wenn die Medien manchmal den Eindruck erwecken, genau das zu versuchen. Wir sind frei, Dinge auszuprobieren und das Richtige für uns zu entdecken.
Zugleich bietet uns Mutter Erde ihr Wandlungs- und Heilungspotenzial an, indem das Christusbewusstsein (nicht zu verwechseln mit der christlichen Religion oder der Kirche), das über die Erdenseele wirkt, uns Menschen in unserer Harmonisierung unterstützt und leitet.
DIE GESCHICHTE MEINES LEBENS
Gehe aufrecht wie die Bäume.
Lebe dein Leben so stark wie die Berge.
Sei sanft wie die Frühlingsbrise.
Bewahre die Wärme der Sonne im Herzen,
und der große Geist wird immer bei dir sein.
Weisheit der Navajo
Die Sonne stand im Zeichen der Waage
Am 9. Oktober 1950, morgens um Viertel nach sieben, kam ich in Wien als drittes von fünf Kindern meiner Eltern auf die Welt. Die Sonne stand im Zeichen der Waage, mein Aszendent, wie Astrologen mir später berechneten, stand ebenfalls in diesem Sternzeichen. Diese Konstellation, so meinten sie, sei glücklich. Ich würde Erfüllung finden, wenn es mir gelänge, den Reichtum meines Wissens und Könnens in den Dienst der Menschheit zu stellen, um die Verhältnisse in dieser Welt zu ändern, damit sich die Menschen besser in ihr einrichten könnten. Ganz der Waage entsprechend, würde ich mich am wohlsten fühlen, wenn ich in mir selbst Harmonie herstellen und diese auch auf meine Außenwelt übertragen könne.
Die Welt, in die ich hineingeboren wurde, laborierte noch immer an den Wunden, die Krieg und Vertreibung ihr geschlagen hatten. Dabei drohte bereits ein neuer Flächenbrand, ausgelöst vom Krieg in Korea. Der wirtschaftliche Aufstieg, der in Deutschland peu à peu zum »Wirtschaftswunder« avancierte, stand in Österreich noch in den Startlöchern. Mein Vater hatte nach seiner Rückkehr aus den Wirren des Krieges keine neue Arbeit gefunden – kein Wunder, dass meine Eltern sehnsüchtig über die Grenze nach Deutschland blickten, wo sich offenbar mehr Chancen auftaten. Der Sehnsucht folgten bald Taten, und so kehrten wir meiner Geburtsstadt den Rücken. Zu Fuß machten wir uns auf den Weg, nahmen mit, was in einen Handwagen passte – ein Neuanfang nur mit dem Allernötigsten. Als Tagestouristen kamen wir über Bregenz nach Friedrichshafen und fanden Unterschlupf bei meinen Großeltern, die schon in Deutschland wohnten.
Von den Steinen lernen
In Friedrichshafen, am Ufer des Bodensees, bin ich aufgewachsen. Der See und die Rotach, jener kleine Fluss zwischen Bunkhofen und Rotachmühle, der aus dem Pfrunger Ried über Horgenzell und Oberteuringen fließt und im Eriskircher Ried in den Bodensee mündet, waren mein Revier. Langeweile war mir gänzlich unbekannt: Stundenlang streifte ich durch die Wälder, beobachtete Tiere, kletterte auf Bäume, drehte Steine um und bestaunte die sich darunter befindenden Insekten, träumte unter Bäumen und dem freien Himmel. Ich erforschte diese Welt und tauchte so tief in sie ein, dass ich mich selbst und die Zeit oft völlig vergaß. Spielkameraden vermisste ich nicht, denn ich fühlte mich niemals einsam. Bäume, Pflanzen und Tiere, die spannenden Höhlen und vor allem die Steine im flachen Flussbett genügten mir. Um die Natur und ihre Geheimnisse erforschen zu können, braucht man Zeit für sich, muss man frei von Ablenkung sein. Und dort, an den Ufern des Sees und des Flusses, fühlte ich mich schon früh zu Hause, fühlte mich wohl, fühlte, dass das nun meine Heimat war.
Das änderte sich auch nicht, als ich in die Schule kam, wo ich schon bald als Sonderling verschrien war, weil ich das Alleinsein in der Natur den groben Spielen meiner Altersgenossen vorzog. Gingen diese nach der Schule auf den Fußballplatz, packte ich meine Sachen und durchstreifte die Wälder oder saß am Flussufer und beobachtete die Fische und das Spiel der Wellen. Freilich schwamm ich auch im See und im Fluss, selbst im eiskalten Wasser.
Ich war ein kleiner Bub mit kurzen Lederhosen, ging meist barfuß, um der Erde, auf der ich gerade stand, ganz nah zu sein; selbst in den ungemütlicheren Jahreszeiten, wenn die Kälte an mir hochkroch und der Nebel sich wie ein feuchtes Tuch um mich legte. Auch heute noch empfehle ich das Barfußlaufen – wenigstens für eine kurze Zeit am Tag – allen meinen Klienten und Schülern, weil kaum etwas anderes uns so schnell und direkt in Kontakt mit der Natur bringt, wie die Erde unter unseren Fußsohlen zu fühlen. Die Energie spüren, mich einlassen – das wollte ich schon damals, obwohl ich es natürlich nicht so hätte formulieren können. Ich wollte einfach draußen sein, wo es so viel Spannendes zu entdecken gab. Allein in der Natur zu sein, das war mir wichtiger als eine wohltemperierte Stube und vor allem wichtiger als Schule und Hausaufgaben.
Mein Vater hatte Arbeit auf dem Bau gefunden und ging um vier Uhr morgens aus dem Haus. Oft kam er erst spät in der Nacht wieder heim. Derartige Überstunden waren in den Fünfzigerjahren üblich. Mein Vater war schließlich froh, dass er überhaupt wieder Arbeit hatte. Das war noch immer nicht selbstverständlich, obwohl man sich in der Bodenseeregion nicht über mangelnde Bauaufträge beschweren konnte.
Meine Mutter war Forstarbeiterin und als solche vom frühen Morgen bis zum späten Nachmittag im Wald. So waren wir Kinder viele Stunden lang auf uns allein gestellt; nur die Nachbarin schaute hin und wieder nach uns.
Ich erlebte eine Freiheit, die meiner Meinung nach den Kindern heute fehlt. Viele erleben heutzutage eine Rundum-Betreuung, die ihnen viele Entwicklungsmöglichkeiten verwehrt. Selbst Abenteuer zu erleben – das trauen sich viele Kinder gar nicht mehr, oder aber sie haben keine Zeit dazu, sind von der Menge der Hausaufgaben und dem organisierten Freizeitangebot ihrer ehrgeizigen Eltern schlicht überfordert. So sitzen sie Tag für Tag drinnen und verlieren immer mehr den Kontakt zur Natur, zur Welt der Lebendigkeit – eben so, wie es ihren Eltern vor langer Zeit geschehen ist.
Für meine Eltern, die in Kriegszeiten auf die Natur angewiesen gewesen waren, weil sie dort das fanden, was man nirgends kaufen konnte, waren der Wald und die Berge zeit ihres Lebens Zufluchtsorte. Und so ist es bis heute auch für mich.
Wenn die Eltern am Morgen aus dem Haus waren, machte ich mich auf den Weg in eine Gärtnerei, die in unserer Nähe war. Dort gab es immer Arbeit für mich. Meist galt es, Gemüse, Obst und Blumen für den Markt fertig zu machen. Danach ging ich in die Schule. An vielen Nachmittagen half ich im nahe gelegenen Pferdestall aus. Auch dort gab es immer etwas zu tun. Die Boxen mussten täglich gemistet und die Pferde gestriegelt und gebürstet und auf die Weide gebracht werden.
Die Ruhe der Pferde und ihr sanftes Schnauben schenkten mir ein tiefes Wohlbefinden. Ihre Ruhe breitete sich auch in mir aus, ihre Wärme war wie ein zweites Zuhause. Jeder Pferdebesitzer wird mir wohl zustimmen, wenn ich heute sage, dass es kaum etwas Beglückenderes gibt als eine tiefe Verbindung mit einem Pferd – auch für Menschen mit depressiven Verstimmungen ist der Pferdestall ein sehr guter Ort. Hier hatte ich das Gefühl, ich selbst sein zu können. Da ich in der Schule keine Anerkennung erfuhr – weder von meinen Mitschülern noch von meinen Lehrern –, war der Pferdestall der Ort, an dem ich zeigen konnte, was in mir steckte: Ich longierte die Pferde auf einem Sandplatz, kümmerte mich um sie und hatte stets das Gefühl, mit ihnen über eine Herzverbindung kommunizieren zu können. Es war, als wäre ich permanent in einem Dialog mit den Tieren. Sie »sagten« mir, was sie brauchten, und ich kratzte ihnen dann die Hufe aus oder half ihnen anderweitig. So wurde damals meine Intuition immer mehr gestärkt, auch wenn das zu dieser Zeit noch keine so starke Bedeutung für mich hatte. Ich fühlte mich einfach wohl mit den Tieren.
Sobald aber die Arbeit getan war, zog es mich wieder ans Fluss- oder Seeufer oder in den dichten Laubwald, der quasi vor unserer Haustür begann. Da ich allein war, konnte ich in der Natur tun und lassen, was ich wollte. Ich musste mit niemandem reden, musste niemanden neben mir ertragen. Allein in der Natur fühlte ich mich rundum wohl. Hier konnte ich sein, wer ich wirklich war. Hier gab es keine dummen Spiele, sondern nur die tiefe Verbundenheit mit allem, was mich umgab.
So viel Freiheiten ich als Kind hatte, Regeln, die strikt eingehalten werden sollten, gab es auch. Eine davon lautete, pünktlich um fünf Uhr nachmittags, wenn die Mutter von der Arbeit kam, daheim zu sein. Verstieß man gegen die Regel, konnte man durchaus mit einer, häufig körperlichen, Zurechtweisung rechnen. Und freilich war ich auch ein Kind wie andere Kinder, baute Steinschleudern – wenn auch nach einem anderen System –, mit denen ich leere Konservendosen vom Gartenzaun schoss. Worin ich mich allerdings von meinen Schulkameraden unterschied: Ich zielte niemals auf Enten, Möwen oder dergleichen, denn alle Lebewesen waren mir schon damals heilig. Während meine Mitschüler, wenn sie denn mal im Wald waren, Frösche und Würmer quälten und töteten, war ich mir stets sicher, dass dieses Verhalten falsch war und ich nichts mit diesen Jungen zu tun haben wollte. Ich beobachtete die Amseln und Spechte im Wald, schaute den Eichhörnchen zu, wie sie die Bäume hinauf- und hinunterflitzten, bemerkte die Veränderungen, die mit den Jahreszeiten kamen und gingen. Ich hörte auf die Geräusche, nahm ganz intensiv die Gerüche wahr und entwickelte ein immer stärkeres Gefühl für die Harmonie, die allem zugrunde lag. Wenn ich allein im Wald war, umgeben nur von den Bäumen, Pflanzen und Tieren, spürte ich einen inneren Frieden, der mich ganz erfüllte.
Wenn ich heute an diese Zeit zurückdenke, sehe ich noch immer den kleinen Jungen am Flussufer mit den Steinen spielen. Dabei war die Sehnsucht nach Edelsteinen, die ich allerdings nur in den Auslagen der Läden bewundern konnte, längst erwacht; Bergkristall, Rosenquarz und Turmalin zogen mich magisch an. Da sie für mein mageres Taschengeld jedoch unerschwinglich waren, dachte ich trotzig: Was diese Steine können, können meine Steine am Fluss genauso.
Die Steine lehrten mich vieles; sie waren meine ersten Lehrmeister. Bald begriff ich, dass auch am Fluss nicht ein Stein wie der andere war, denn warf ich einige ins Feuer, so konnte ich feststellen, dass die einen platzten, die anderen aber nicht. Und jene, die dem Feuer standhielten, waren die ganz besonderen Steine. Sie besaßen Kräfte, die ich unbedingt erforschen wollte. Also legte ich einen Kreis aus ihnen und stellte eine Pflanze hinein. Bald konnte ich beobachten, dass sie schneller und kräftiger wuchs als die Pflanzen außerhalb des Kreises. Eine andere Erfahrung, die ich mit den Steinkreisen machte, war, dass Mäuse, Vögel und anderes Getier ihnen fernblieben. Es war faszinierend, am nächsten Tag rings um den Steinkreis allerlei Tierspuren auszumachen, nur nicht im Kreis selbst. Öffnete ich den Kreis aber, so waren am nächsten Tag überall, auch im tags zuvor noch geschlossenen Kreis, Spuren zu finden.
Zudem hatte ich das Gefühl, den Steinen lauschen zu können. Sie waren uralt und hatten alle ihre ganz eigenen Geschichten. Ihr Geist war langsam und drückte sich anders aus als der von Menschen und Tieren – aber dennoch war da etwas. Etwas, was mich überzeugte, nicht nur ein totes Ding vor mir zu haben, sondern ein lebendiges Wesen.
Was gab den Steinen diese Kraft? Die Frage ließ mir keine Ruhe. Waren die Steine von der Sonnenenergie so stark aufgeladen, mussten sie doch eine gewisse Heilkraft haben! Um das festzustellen, fügte ich mir selbst eine Verletzung zu und legte mir den Stein, den ich intuitiv ausgesucht hatte, auf die betreffende Stelle. Der Schmerz war in Sekundenschnelle verschwunden. Die Elemente Wasser, Luft, Erde und Sonne besitzen im Zusammenspiel eine unglaubliche Heilkraft.
Als ich fünfzehn, sechzehn Jahre alt war, konnte ich mir dann die ersten Edelsteine kaufen: Rosenquarz, Türkis, Karneol, Bergkristall, Jaspis und einen Turmalin. In dieser Zeit machte ich eine weitere Erfahrung, und zwar mit meinem Bergkristall: Schickte ich mit meiner Konzentration einen Gedanken in meinen Stein, so konnte ich diesen Gedanken Wochen später wieder aus diesem Stein herausholen. Das war eine so phänomenale Erfahrung, dass ich den Versuch immer wieder, wenn ich ein Thema hatte, das ich festhalten wollte, aufs Neue durchführte. Ich erzählte dem Stein meine Geschichte, und der behielt sie, bis ich sie, wann immer ich wollte, wieder befreite und abrief.
Auch später, als ich beim Militär war, ließen die Steine mich nicht los. Stets trug ich welche bei mir. Wenn einer meiner Kameraden über Schmerzen klagte, legte ich ihm Steine auf. Ein Tigerauge beispielsweise, der als ein ganz starker Heilstein gilt, oder einen Bergkristall, einen Rosenquarz – welcher auch immer für die jeweilige Situation passte.
Steine sind bis heute meine Begleiter geblieben, und sie unterstützen mich auch in meiner schamanischen Praxis. So schützt der schwarze Turmalin mich, wenn ich ihn zwischen mich und meinen Klienten lege, bei ganz bestimmten energetischen Arbeiten.
Anders als die anderen
Als Kind merkte ich sehr früh, dass ich ein wenig anders als die anderen Kinder war – ein Umstand, der mir zuweilen Ärger einbrachte. Zum Beispiel, wenn ich darauf beharrte, die Aura fremder Leute zu sehen. Freilich wusste ich damals noch nicht, dass die roten, gelben und grünen Farben um die Köpfe und Körper der Menschen deren Auren waren. Ich sah nur die Farben und bemerkte, dass jeder Körper eine andere Farbnuance aufwies. Wenn ich dann aber zu sehr auf meiner Entdeckung bestand, gab es Ohrfeigen von meiner Mutter, die mich zurechtwies, ich solle doch nicht so ein Zeug daherreden. Aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass nicht jeder Mensch, meine Mutter eingeschlossen, dieselbe Wahrnehmung hatte wie ich.
Von meinen Mitschülern wurde ich weitgehend ausgegrenzt. Das war nicht weiter tragisch, weil ich ohnehin wenig Freude an deren Spielen fand. Dass sie mich dennoch schätzten und manchmal sogar bewunderten, lag daran, dass ich selbstbewusst genug war, mein Anderssein nicht zu verstecken. Es gab Situationen, in denen ich geradezu kometenhaft in der Achtung meiner Altersgenossen stieg: immer dann, wenn einer von ihnen sich beim Schulsport oder bei einer wilden Keilerei verletzt hatte und ich intuitiv meine Hände auf die besagte Stelle legte und damit die Schmerzen zum Abklingen brachte.
Dagegen hatten meine Eltern eigentlich gar nicht mitbekommen, was mit mir los war. Vielleicht hatten sie auch einfach keine Zeit dafür. Meine Mutter war von der Waldarbeit meist so ausgelaugt, dass sie sich anschließend nicht mehr mit mir beschäftigen konnte, und wenn der Vater spät nach Hause kam, schlief ich meist schon.
Doch diese Erziehungsweise, die die Kinder in der Woche weitgehend sich selbst überließ, war damals weit verbreitet. Am Wochenende erlebten wir dagegen eine Familiengemeinschaft, die man heute oft vergeblich sucht: Wir hatten weder Fernseher noch Radio, und so blieb uns gar nichts anderes übrig, als uns miteinander zu beschäftigen. Ich kann mich sehr lebhaft an die vielen Geschichtenabende erinnern, an denen mein Vater von seinen Erlebnissen aus dem Krieg und seiner Gefangenschaft berichtete.
Mein Vater hatte zuerst in Afrika gedient und war dann nach Russland versetzt worden, wo er in Gefangenschaft geriet. Er konnte fliehen, schlug sich durch die Wälder bis nach Finnland durch und versteckte sich dort, bis er sich nach Wien absetzen konnte.
Ich war fasziniert von diesen Geschichten, vor allem davon, wie mein Vater in Russland und Finnland überlebt hatte. Er erzählte uns von den Kräutern und Wurzeln, mit deren Hilfe er es geschafft hatte, nicht zu verhungern. Er erzählte von seinem eigenen Vater, der als Jäger viel über die Kräfte der Natur gewusst und dieses Wissen mit meinem Vater geteilt hatte. Er beschrieb die Käfer, die er unter der Baumrinde hervorgeholt und gegessen hatte.
Wenn ich so von meinem Vater erzähle, spüre ich, wie widerstreitende Emotionen in mir wachwerden. Für mich war mein Vater nahezu ein Halbgott, ein Naturmensch, überlebensgroß, bewundernswert. Ich weiß noch, wie er selbst im tiefsten Winter stets mit dem Motorrad zur Arbeit fuhr, während sich andere kaum aus dem Haus trauten. Für ihn war das normal, und ich blickte auf zu diesem starken Mann. Auf der anderen Seite war er streng und erschien mir manchmal herzlos – zudem hatte ich immer das Gefühl, er liebe meine Brüder weitaus mehr als mich, weil sie so waren wie er, während ich einfach ein wenig »aus der Art geschlagen« schien. Ich habe meinen Vater geliebt und gehasst. Und auch wenn mir seine Strenge meist gerecht erschien, hat sie mir doch sehr wehgetan.