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Raticon, das ist der Name einer Pariser Kanalratte und dies hier ist sein Abenteuer, oder besser, die Geschichte zu seinem größten Abenteuer. Lest selbst was diese kluge Ratte mit seinem Freund Huntington erlebt. Mehr wird noch nicht verraten; nur soviel knapp - es geht im Grunde gut aus.
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Seitenzahl: 29
RATICON
von
Simon Käßheimer
Es kommt, wenn man am wenigsten damit rechnet, immer mal wieder vor, dass man eine Ratte zu Gesicht bekommt, im dümmsten Fall in der eigenen Toilette und im besten Fall an einem Fluss oder irgendwo im Stadtpark. Meistens ist man erst mal überrascht und wundert oder ekelt sich und dann kommen zwei Fragen in einem hoch, die man sich unweigerlich stellt.
Nummer 1: Wo kommt die bloß her? Und Nummer 2: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Ratte und der uns eher bekannten Maus und worin besteht er, zumindest charakterlich?
Auf diese Fragen will diese Geschichte versuchen, eine Antwort zu geben oder zumindest sich als Wegweiser anbieten und gegen Ende, hoffe ich, versteht ihr die Ratten und deren Welt ein wenig besser.
Simon Käßheimer
1.
Es war einer dieser üblichen Tage in der Kanalisation von Paris In der Nähe des Louvre und der anderen Sehenswürdigkeiten herrschte der tägliche morgendliche Betrieb auf den öffentlichen Toiletten der Galerien und Museen. Die Stadt selber war heute jedoch sehr ruhig und schien größtenteils noch zu schlafen. Am Auslauf einer Kanalisationsöffnung, die von oben wie ein Eisenbahntunnel aussah, regte sich jedoch etwas am Eingang. Eine kleine Sache, die sich ein wenig bewegte – es war eine Ratte. Das zumindest hätte jeder Mensch gesagt, der Raticon von oben ausgemacht hätte, doch das wusste dieser wohl zu vermeiden. Raticon, ja, so hieß die stolze Ratte, die da am Ausgang des Kanalrohrs saß und wie gewohnt den Tag begann mit einem morgendlichen Bad. Warum gerade hier? fragst du. Nun das ist ganz einfach: „Weil Raticon eine schlaue, wenn nicht gar die schlauste, der Ratten in Paris war. Er säuberte sich und trank hier, weil an dieser Stelle das Wasser mit am klarsten war und somit für ihn vollkommen ungefährlich. Ein weiterer Grund: Er liebte die Nähe zur Oberfläche. Er sah sich den Sonnenaufgang und manchmal auch den Sonnenuntergang dort an und genoss die frische Luft von Paris, obgleich diese im Vergleich zu andern Städten, so hatte er sich sagen lassen, längst nicht so gut war. Doch das war ihm mehr oder weniger egal, hier war sie auf jeden Fall besser als im Kanalisationslabyrinth, wo nur an den Gully-Schächten und -öffnungen die Luft ähnlich gut war wie hier. Eine sehr schlaue Ratte, wirst du dir nun denken und ja, Raticon war eine besondere Ratte, die sich durchaus von den anderen durch Schläue und Cleverness abhob.
Nun war Raticon aber nicht die einzige schlaue Ratte in der Kanalisation, eigentlich müsste man ja sagen: „Er war einer von vielen“, da es so etwas wie eine dumme Ratte eigentlich nicht gibt. Aber wie bei den Menschen gibt es eben auch im Reich der Ratten schlauere und dümmere, gewitztere und welche, die bei aller Intelligenz jeden Köder schluckten.
Zu einer der Ratten, die Raticon absolut ebenbürtig war, gehörte sein Freund Huntington.
Huntington war eine ausgesprochen gut aussehende Ratte: langer Schwanz, gepflegtes Fell, klare runde Augen. Und eben dieser tauchte genau dann auch am Eingang auf, wo Raticon gerade seine Morgenwäsche beendete. Huntington und Raticon waren schon seit vielen Jahren Freunde und hatten schon so einiges miteinander durchgestanden und schon viele andere Ratten überlebt. Sie beide waren in etwa im selben Alter und dennoch schien Raticon im Vergleich zu Huntington wesentlich jünger zu sein. Huntington war eine ungeheuer zähe Ratte, die auch schon Köder überlebt hatte und auch einigen anderen Dingen, die eigentlich ihren Tod hätten bedeuten müssen, ins Gesicht gelacht hatte.