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Gerald Lembke wirft in diesem Beitrag einen kritischen Blick auf den politischen Willen zur Digitalisierung. Er zeigt auf, dass die Erwartung nach mehr Digitalisierung in unserer Gesellschaft mit dem echten Wunsch nach Digitalisierung des Lebens nicht korrespondiert. Die Menschen erwarten die Digitalisierung in Zukunft, wünschen diese aber weniger in der Gegenwart. Er sieht in der politischen Landschaft eher einen "unbedingten Gestaltungswillen" zu einer undifferenzierten Digitalisierung und benutzt das Bild, dass die Politik "am nächsten digitalen Schnellzug arbeitet, ohne dabei das Ziel des Zuges zu kennen". Lembke veranschaulicht dies am Beispiel des Bildungsbereiches. Hier führt die verstärkte Nutzung digitaler Medien nicht zwingend zu besseren Schülerleistungen. Maßgeblich bleibt der Einsatz der Lehrperson, sodass der Einsatz digitaler Medien in Schulen nicht die Frage nach der didaktischen Eignung überlagern sollte. Dieser Gedanke lässt sich indes ohne allzu viel Mühe auch auf viele Bereiche der Lebens- und Arbeitswelt übertragen, in denen eine vermehrte Digitalisierung erwartet wird. Lembke plädiert in diesem Rahmen für eine Reflektion über den gesunden und sinnvollen Umgang mit der Digitalisierung – nicht nur für Kinder, auch für die Erwachsenen.
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Seitenzahl: 22
Prof. Dr. Gerald Lembke
http://Gerald-Lembke.de
Bei diesem Text handelt es sich um ein ausgearbeitetes und erweitertes Transkript des Vortrages "Im digitalen Hamsterrad" von Prof. Dr. Gerald Lembke.
1Der Weg in die Wohlfühlökonomie
2Wohlfühlevolution durch mobile Revolution
3Gestaltungswut der Politik und Blindheit der Konsumenten
4Umgang mit digitalen Herausforderungen
5Risiken und Nebenwirkungen für die Menschen
6Verunsicherung unter den Menschen wächst
7Die Erwachsenen sind digital unmündig
8Auf den Weg in die digitale Mündigkeit – Captology
9Warum Kinder geschützt werden müssen
10Chancen und Nebenwirkungen digitaler Bildungskonzepte
11Erkenntnisse aus der Kognitions- und neurowissenschaftlichen Forschung
12Der beste Start in das digitale Zeitalter ist eine Grundschule ohne Computer
13Ausblick
Die Digitalisierung bringt in immer kürzeren Intervallen neue Trends zum Vorschein, mit denen wir Menschen sowohl auf der Arbeit als auch zu Hause überfordert sind. Es geht darum, einen sinnvollen und gesunden Umgang mit digitalen Medien zu finden. Doch zunächst sind die Einflussfaktoren ganz andere. Unsere Gesellschaft als Ganzes wird von Politik, IT-Wirtschaft und Medien mit Worthülsen beschäftigt, die einen unbegrenzten Umgang mit digitalen Medien forcieren und fordern – in allen Lebensbereichen: in der Wirtschaft, in Schulen und zu Hause: Industrie 4.0, Smart Home, Internet of Things (IoT), Autonomes Fahren, Künstliche Intelligenzen (KI). Sie sind Beispiele für den Digitalisierungsdruck und Synonyme der neuen Wohlfühltechnologien. Allesamt sollen digitale Medien den Menschen das Alltagsleben erleichtern. Volle Arbeitsalltage werden mit Dauererreichbarkeit und sinkender Erholungszeiten auf den ersten Blick effizienter und bequemer. Doch der zweite Blick zeigt ein anderes Bild. Mit diesem zweiten Blick beschäftige ich mich in diesem Beitrag.
Was meine ich mit damit, wenn ich von einem Megatrend einer neuen „Wohlfühlökonomie“ spreche? Sie verändert den Alltag mithilfe digitaler Medien, und manche machen den Alltag tatsächlich bequemer (Staubsaugroboter u. ä.). Aber mit ihr werden Menschen von anderen Menschen immer mehr unabhängiger. Sie sind immer weniger auf gegenseitige Hilfeleistungen angewiesen. Das ist zunächst nichts Schlechtes, wenn es nicht folgende Schattenseiten hätte: Klicken statt sozialer Kommunikation, Wischen statt Denken, Individualismus ohne Grenzen, Streben nach latenten Wohlgefühlen. Der Klick auf den Facebook-Daumen liefert subjektiv ein wachsendes Lebensgefühl, steigert die individuelle Lebensführung und optimiert vor allem immer mehr Lebensbereiche: Optimiertes Einkaufen, optimiertes Arbeiten, optimierte Lebensführung und optimales Lernen, eben alle Bereiche der optimalen Lebensführung. Das Effizienzstreben des Einzelnen hat Konsequenzen, so die repräsentative Studie Values & Visions 2030 vom renommierten Marktforschungsinstitut GIM in Heidelberg1