Red Rock Ranch 07: Das Phoenix-Kartell - Alfred Wallon - E-Book

Red Rock Ranch 07: Das Phoenix-Kartell E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

David Thorne ist der CEO eines Firmenkonsortiums in Phoenix. Man plant in der Nähe von Tucson einen großen Hotelkomplex mit zahlreichen Freizeitmöglichkeiten für die stetig wachsende Zahl von Touristen. Der ideale Ort für dieses Bauprojekt befindet sich auf dem Land der Red Rock Ranch.Der Rancher Sam Taylor ahnt nichts von diesen Plänen. Die Red Rock Ranch und das Land befinden sich seit mehreren Generationen im Besitz seiner Familie. Er wird niemals verkaufen.Deshalb bleibt für Thorne nur eine gewaltsame Lösung, und dafür ist ihm jedes Mittel recht.

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Das Phoenix-Kartell

Die neue Generation 01

Red Rock Ranch

Buch Sieben

Alfred Wallon

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt. Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.

© 2024 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Redaktion: Alfred Wallon

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Vignette: iStock.com/iatsun

Satz: Torsten Kohlwey

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 978-3-7579-4936-5

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Inhalt

Vorwort

Das Komplott

Die erste Drohung

Das Spiel beginnt

Das Ende der Flucht

Dramatische Veränderungen

Das Drama beginnt

Entscheidende Neuigkeiten

Gefährliches Spiel

Der Pakt

Unangenehmer Besuch

Ein entscheidender Hinweis

Ein lästiger Zeuge

Die Entscheidung

Über den Autor

Vorwort

Liebe Leser!

Dies ist der erste Band von Red Rock Ranch - Die neue Generation, einer ganz neuen Serie aus dem BLITZ-Verlag. Aber so ganz neu ist der Name dieser Ranch nicht. Schließlich erscheint bereits eine Serie dieses Namens bei BLITZ, deren Handlung in der amerikanischen Pionierzeit angesiedelt ist. Es sind die besten Romane aus der gleichnamigen Serie, die vor mehr als fünfzig Jahren bei Lesern und Sammlern bestens bekannt war. Aber auch neu geschriebene Romane ergänzen diese Taschenbuch-Sammlerausgabe.

Und darum geht es:

1865 baute John Taylor die Red Rock Ranch westlich von Tucson auf. In diesen Jahren gab es viele Kämpfe mit Apachenstämmen und Grenzbanditen. John Taylor und seine Familie behaupteten sich in diesem wilden unbarmherzigen Land. Der Name der Ranch wurde zu einem Symbol für Pioniergeist, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen.

Einige Generationen später ist Arizona nicht mehr das Land, das es einmal war. Die Zeiten haben sich geändert, und diese Entwicklung ist auch vor der Red Rock Ranch nicht stehengeblieben. Samuel Taylor und seine Familie haben sich rechtzeitig darauf eingestellt. Die Ranch existiert noch immer, aber sie ist nicht mehr allein der Viehzucht vorbehalten. Auch Touristen, die ins Land kommen, können die Ranch als Unterkunft nutzen und einen Einblick in die Welt der Cowboys bekommen.

Die meisten Apachen leben in Reservaten. Es gibt immer noch Konflikte mit Mexiko, allerdings auf einer ganz anderen Ebene. Drogenbarone machen ihren Einfluss auf beiden Seiten der Grenze geltend, und es kommt immer wieder zu Gewalttaten. Die Arizona State Police hat alle Hände voll zu tun, um weitere Eskalationen zu verhindern.

Gleichzeitig versuchen Landspekulanten, ihren Einfluss in Arizona zu verstärken. Sie planen verschiedene Bauprojekte, sowohl am Rande der San Xavier Reservation als auch in unmittelbarer Nähe der Red Rock Ranch. Samuel Taylor und seine Familie, sowie die Männer der Red Rock Ranch, erleben eine Zeitenwende, die auch Auswirkungen auf sie alle haben wird. Wird es ihnen gelingen, diese Entwicklungen und den Untergang der Red Rock Ranch zu verhindern?

RED ROCK RANCH – Die neue Generation führt die Tradition des Western-Romans in die Gegenwart. Der Pioniergeist entschlossener Männer und Frauen und der Code of the West bilden auch in dieser neuen Zeit noch immer die Leitlinie. Die Leser erwarten spannende und actionreiche Romane. Nicht nur für Western-Fans, sondern auch für Freunde von Krimis und Thrillern. Auch für die unzähligen Fans der Serie YELLOWSTONE erscheint nun endlich eine moderne und actionreiche Westernserie in Buchform. Freuen Sie sich darauf – es lohnt sich ganz bestimmt!

Augsburg, im November 2023

Alfred Wallon

Das Komplott

17. Mai 2022

Phoenix/Arizona

Im obersten Stock des TCC-Hochhauses

Gegen 13:30 Uhr

„Die Herrschaften sind jetzt vollzählig, Mister Thorne. Sie warten jetzt nur noch auf Sie.“

David Thornes Gedanken brachen ab. Die letzte Viertelstunde hatte er einige Tabellen und Pläne durchgesehen, die mit einem Bauprojekt mitten in Phoenix zu tun hatten. Jetzt musste er sich aber erst einmal mit einer etwas komplizierteren Thematik beschäftigen. Kompliziert, aber nicht unlösbar. Für alles gab es Lösungen, wenn man die richtigen Wege kannte und über entsprechende Mittel verfügte. Diese Denkweise hatte ihn zu dem gemacht, was er heute war: CEO der Thorne Consulting Company.

„Ich komme gleich, Helen“, sagte er mit einem Lächeln zu ihr. „Höchstens noch zehn Minuten.“

„Natürlich, Mister Thorne“, versicherte ihm seine Sekretärin Helen Mills, die schon seit vier Jahren für ihn arbeitete und sein Vertrauen genoss. Sie war schlank, hatte lange dunkle Haare und besaß eine Figur, die so manchen Mann schwach werden lassen konnte, wenn sie es darauf anlegte. Deshalb war Thorne sicher, dass es Helen auch diesmal gelingen würde, die Männer und Frauen im großen Besprechungszimmer im 35. Stock des repräsentativen Firmensitzes seines Unternehmens noch um etwas Geduld zu bitten. Thorne hatte Helen aber nicht wegen ihrer optischen Vorteile eingestellt, sondern weil sie eine echte Unterstützung für ihn war und Dinge auf ganz einfache Weise regelte, mit denen er sich nicht im Detail beschäftigen konnte. Wer mit ihm sprechen wollte, der musste erst einmal an Helen vorbei, und das war erst dann der Fall, wenn der Gesprächstermin wirklich wichtig war.

David Thorne erhob sich hinter seinem ovalen Schreibtisch und ging zum Fenster. Es nahm eine ganze Wandfläche ein und erlaubte ihm einen großzügigen Blick auf die Congress Street und die angrenzenden Bank- und Geschäftsgebäude. Fast zwanzig Jahre hatte es gedauert, bis er sich zu dieser Position hochgearbeitet hatte. Jetzt war er einundfünfzig Jahre alt, besaß für sein Alter noch eine gute und sportlich durchtrainierte Figur. Seine an den Schläfen schon grauen Haare ließen ihn auf Frauen interessant wirken, und bei Banken und anderen Geschäftspartnern seines Firmenverbundes galt er als harter Verhandlungspartner.

Thorne lächelte, während er die Aussicht genoss. Er erinnerte sich dann jedes Mal daran, welch ein harter Weg es gewesen war, diese Position zu erlangen. Und jetzt, wo er sie innehatte, würde er sie sich nicht mehr wegnehmen lassen. Er hatte angefangen als Broker und Investmentbanker und schnell gelernt, welche Tricks man beherrschen musste, um erfolgreich zu sein. Deshalb wusste er, wie man diesen Erfolg immer wieder halten und noch weiter ausbauen konnte. Das hatte ihn zum CEO der Thorne Consulting Company gemacht.

Er nahm sein iPad, rückte noch einmal seine Krawatte zurecht und verließ dann sein Büro. Als er an Helens Schreibtisch vorbeiging, signalisierte sie ihm mit einer kurzen Geste, dass alle Personen über seine kurze Verspätung informiert waren und keiner daran etwas auszusetzen hatte. Die Bühne war somit bereit für den ersten Akt eines Schauspiels, dessen Inszenierung er sehr gründlich vorbereitet hatte, und nun hoffte, dass auch alles umgesetzt wurde, was seine weiteren Planungen betraf.

Er schritt den Flur entlang, bis er eine Glastür erreichte, die zu dem Besprechungsraum führte, der ebenfalls über eine große Fensterfront verfügte. Diejenigen Besucher, die es geschafft hatten, die 35. Etage jemals zu erreichen, waren privilegiert, und so sollten sie sich auch fühlen. Jede der Personen, die zu diesem Meeting eingeladen worden waren, wusste den Kontakt mit David Thorne zu schätzen, denn diese Verbindung hatte ihnen auch schon mehrfach einige Vorteile verschafft, die sie wiederum nutzen konnten, um ihre eigenen Ziele um einiges schneller umzusetzen.

Böse Zungen hätten in solchen Fällen von Vetternwirtschaft gesprochen oder von einem Treffen von Männern und Frauen, denen Lobbyisten zu ihrer Position verholfen hatten. David Thorne war derjenige, der mit seinem Firmenverbund überall gut vernetzt war, und stellte somit die Weichen, auch wenn es einige nicht so ganz mochten, dass er einen solch eindeutigen Vorrang hatte. Das galt auch für seine Entscheidungen, von denen viele profitierten, die bereit waren, seine Regeln zu akzeptieren.

Thorne atmete noch einmal tief durch und öffnete dann die Glastür zum Besprechungsraum. Das Lächeln, das er jetzt aufsetzte, war rein geschäftsmäßig, aber seine Augen blieben kalt und abwartend.

„Guten Tag!“, begrüßte er seine Geschäftspartner. „Ich hoffe, Sie sind nicht allzu ungeduldig geworden, weil es bei mir etwas länger gedauert hat. Es war ein wichtiges Telefonat mit Senator Robert Davis. Und einen Mann wie den Senator lässt man nicht lange warten. Sie verstehen das sicher, oder?“

Thorne kannte den Senator tatsächlich. Deshalb glaubte ihm auch jeder der anwesenden fünf Besucher diese Aussage. Und jeder wusste, dass ihm der Senator manchmal in gewissen Dingen den Rücken freihielt, wenn manche Behörden ein wenig zu neugierig waren und Fragen stellten, die Thorne nicht beantworten wollte.

„Wir sind gekommen, weil Sie um diesen Termin gebeten haben, David“, ergriff nun Thomas Burton das Wort. Ihm gehörte die Phoenix Investment Bank, und er finanzierte wichtige Bauprojekte der TCC. Auch wenn sie manchmal etwas risikoreich waren. „Wir sind schon sehr gespannt darauf, um was es diesmal geht.“

„Sie werden es gleich erfahren, Thomas“, erwiderte Thorne und nahm in der Mitte der hufeisenförmig angeordneten Tische Platz. Ein Laptop war bereits in Betrieb und projizierte das bestens bekannte Firmenlogo der TCC an die gegenüberliegende weiße Wand.

„Sie sagten, es ginge um ein neues Bauprojekt“, sagte nun Walter Newman, der stellvertretende Bürgermeister von Phoenix und in seiner Eigenschaft auch Leiter der Baubehörde.

„Was können wir dadurch verdienen?“, fragte nun Lauren Wolcott ganz direkt. Die fünfunddreißigjährige Frau besaß mehrere Schmuck- und Modegeschäfte im Zentrum von Phoenix, und es hieß, dass diejenigen Frauen, die etwas auf ihr Äußeres hielten, regelmäßig bei ihr einkauften. Dadurch kannte sie auch die Ehemänner dieser Frauen und wusste um deren finanzielle Verhältnisse. Manchmal kamen diese Ehemänner aber auch in ihre Geschäfte, in Begleitung von meist jüngeren Frauen, die ihre Töchter hätten sein können. Aber Lauren Wolcott war verschwiegen und behielt alles für sich. Wenn sie aber glaubte, dass David Thorne davon Kenntnis haben musste, dann ließ sie ihn das auch wissen, und Thorne nutzte diese Informationen sofort, um daraus Kapital zu schlagen. Zudem gehörten ihr auch einige Bars im Zentrum von Phoenix, aber die betrieb sie mit Hilfe von speziell dafür eingesetzten Geschäftsführern, und kaum jemand wusste, dass sie auch hier die Fäden zog. Das war nur denjenigen bekannt, die heute dieser Einladung gefolgt waren.

„Die ganze Region wird daran verdienen, und letztendlich wird das sogar Teile von Sonora betreffen“, sagte Thorne und registrierte, wie Lucas Ryland, der Eigentümer der Arizona Trucking Company nun sehr interessiert aufblickte. Ryland war Ende fünfzig, breitschultrig und hatte eine Glatze. Ein Dreitagebart bedeckte die untere Hälfte seines etwas brutal wirkenden Gesichtes. Ryland war Eigentümer eines Logistikunternehmens, das weite Teile von Arizona und New Mexico mit Waren aller Art versorgte und auch nach Mexiko ex- und importierte.

„Deshalb habe ich auch Hector Alvarez zu diesem Gespräch gebeten, weil er ebenfalls auf besondere Weise mit diesem neuen Bauprojekt verbunden sein wird“, fuhr Thorne fort und schaute dabei den Mexikaner an, der einen maßgeschneiderten Anzug trug und das Hemd etwas aufgeknöpft hatte, sodass man eine auffällige Goldkette sofort erkennen konnte, die er darunter trug.

„Warum weiß er darüber schon Bescheid und wir noch nicht?“, fragte Walter Newman, der seine Skepsis dem Mexikaner gegenüber deutlich zeigte. Aber Alvarez schien das völlig gleichgültig zu sein. Stattdessen lächelte er nur und würdigte Newman keines Blickes.

„Sie werden es gleich erfahren, Walter“, sagte Thorne in beschwichtigendem Ton. „Gedulden Sie sich nur noch einen Augenblick, ja?“

Newman nickte nur, während Alvarez es sich in seinem Stuhl sehr gemütlich machte. Er und Ryland schienen der gleichen Meinung zu sein, was die Denkweise Walter Newmans betraf. Er war ein Schreibtischstratege, menschlich unsympathisch, aber aufgrund seiner Position wurde er für bestimmte Dinge eben benötigt, und das wusste er auch. Er war hier mehr geduldet als akzeptiert, aber Newman machte sich nichts daraus. Das Geld, das ihm Thorne für seine Dienste zahlte, reichte aus, um ein sorgenfreies Leben zu führen und nicht mehr lange darüber nachzudenken, warum und wofür er dieses Geld bekam.

„Das hier ist das Tucson-Holiday-und-Spa-Ressort“, begann Thorne jetzt, während ein neues Bild an der Wand zu sehen war. Es zeigte einen virtuellen, weiträumigen Gebäudekomplex in einer wunderschönen Landschaft. „Ich hoffe, dass wir schon sehr bald mit den Bauarbeiten beginnen können. Walter, dazu brauche ich die Genehmigung Ihrer Behörde, und zwar sehr schnell. Ich möchte noch in diesem Sommer mit den ersten Erschließungsarbeiten beginnen.“

Er beobachtete dabei die Gesichter der anwesenden Personen. Thomas Burton sah so aus, als würde er im Stillen schon die ersten Kalkulationen durchführen und darauf hoffen, dass seine Investmentbank den Löwenanteil an der Finanzierung bekam.

In Lauren Wolcotts Augen zeichnete sich offenes Interesse ab. Weil sie sofort begriffen hatte, dass ein solches Hotel- und Freizeitareal natürlich auch zusätzlich Besucher nach Tucson bringen würde, und das bedeutete nichts anderes, dass diese Besucher auch in der Stadt ihr Geld ausgaben.

„Sehr interessant“, meinte Lucas Ryland. „Ich hoffe, dass Sie auf mein Transportunternehmen setzen, was die Belieferung und weitere Transporte angeht.“

„Selbstverständlich“, versicherte ihm Thorne sofort. „Jeder von Ihnen wird auf irgendeine Weise an diesem zukünftigen Projekt beteiligt sein. Einige von Ihnen direkt, und andere wiederum mehr indirekt. Aber ich bin absolut überzeugt davon, dass hier jede Menge Geld zu verdienen ist. Deswegen habe ich auch Hector Alvarez gebeten, bei diesem Gespräch mit dabei zu sein.“

„Wofür ich mich ausdrücklich bedanken möchte“, ergriff Alvarez nun das Wort und spielte dabei mit den Fingern der linken Hand an seiner Goldkette herum. „Und ich kann Ihnen garantieren, dass meine Leute und ich alles dafür tun werden, damit dieses Bauprojekt auch zeitmäßig umgesetzt wird und alle Hindernisse beseitigt werden.“

„Hindernisse ist ein gutes Stichwort“, warf nun Walter Newman ein. „Wenn ich das richtig sehe, dann gibt es schon noch etwas, was man nicht übersehen sollte. Und das sind die Eigentumsrechte für dieses Land. Sie wollen auf einem weitflächigen Areal bauen, dass Sie noch nicht erworben haben, Mister Thorne. Haben Sie diese Dinge schon geregelt?“

In Thornes Augen begann es kurz zu flackern, aber ansonsten ließ er sich nicht anmerken, dass ihm Newmans Bemerkung nicht passte.

„Ihre Bedenken in allen Ehren“, erwiderte er dann mit einem gezwungenen Lächeln, das jedoch seine Augen nicht erreichte. „Aber wir werden auch dafür eine Lösung finden. Mir ist völlig bewusst, dass es noch Menschen gibt, die andere Ziele haben und nach Idealen leben, die aus dem vergangenen Jahrhundert stammen. Ja, mir ist bekannt, dass dieses Land im Besitz von Samuel Taylor ist. Sie sind mit diesem Namen vertraut?“

„Ihm gehört die Red Rock Ranch“, antwortete Ryland als Erster. „Sie ist schon seit einigen Generationen im Besitz der Taylors. John Taylor gründete sie 1865, soweit ich weiß. Mittlerweile ist es keine reine Rinderranch mehr, sondern man kann dort auch übernachten und etwas Wildwest-Romantik erleben.“

„Eine Dude-Ranch“, sagte Lauren Wolcott und zeigte mit ihrem Tonfall sehr deutlich, was sie davon hielt. „Leute aus der Stadt glauben tatsächlich, dass ein paar Tage Urlaub ausreichen, um zu begreifen, was es heißt, auf einer Ranch zu arbeiten. So ein Schwachsinn! In einem Holiday-Ressort können sich die Touristen viel besser erholen. Ich sehe Potenzial in diesem Bauprojekt, deshalb kann ich mir vorstellen, als Investor mit dabei zu sein. Man soll nicht alles den Banken überlassen. Privates Kapitel darf man nie unterschätzen.“

„Wenn man weiß, woher es genau kommt, dann ja“, konnte sich Thomas Burton diese Bemerkung nicht verkneifen. „Wie viel wollen Sie denn investieren, Lauren? 5.000 oder 10.000 Dollar?“

Mit diesen beiden Beträgen wollte er Lauren Wolcott sehr deutlich in ihre Schranken verweisen und damit zur Sprache bringen, dass es hier nicht um Peanuts ging, sondern um erheblich höhere Summen.

„Das lassen Sie meine Sorge sein, Thomas“, erwiderte sie, holte einen Stick aus ihrer Louis-Vuitton-Handtasche und schob diesen über den Tisch auf David Thorne zu. „Hier ist ein erster Finanzplan, der ein von mir geplantes Casino innerhalb des Hotelkomplexes angeht und das meine Klientel betrifft. Ich komme schließlich nicht mit leeren Händen, wenn man mir sagt, dass es um neue Investitionen geht, von denen auch ich profitieren kann.“

„Vielen Dank, Lauren“, sagte Thorne, nahm den Stick an sich und nickte zufrieden. „Ich werde das prüfen lassen.“

„Was geschieht jetzt mit der Red Rock Ranch?“, fragte Walter Newman. „Ich glaube nicht, dass Samuel Taylor verkaufen wird, wenn Sie ihm ein Angebot machen, Mister Thorne.“

„Ich werde ihm kein Angebot machen, Walter“, erwiderte Thorne. „Wie kommen Sie denn darauf? Wenn ich das tun würde, dann müsste ich natürlich mit einer Ablehnung rechnen. So etwas muss man anders machen. Thomas, wenn Sie das bitte mal erläutern wollen?“

„Mit dem größten Vergnügen“, antwortete der Investmentbanker. „Die Red Rock Ranch hat laufende Kredite, die bedient werden müssen. Ich habe in Erfahrung gebracht, dass Taylors finanzielle Situation ziemlich angespannt ist. Er kann es sich nicht erlauben, wenn plötzlich weitere Schwierigkeiten auftreten, beispielsweise, wenn der eine oder andere Kredit platzt, oder wenn die monatlichen Raten entweder nur verzögert oder gar nicht mehr beglichen werden können.“

„Die Gäste könnten beispielsweise ausbleiben“, fügte Hector Alvarez hinzu. „Kein Tourist wird gerne auf einer Ranch übernachten, die zu gewissen Zeiten als Drogenumschlagplatz dient.“

„Wie bitte?“, entfuhr es Newman. „Wie kommen Sie denn auf so etwas? Mister Thorne, ich muss doch sehr bitten. Wenn die ganze Sache darauf hinausläuft, dass hier unlautere Methoden angewendet werden, dann werde ich ...“

„Sie sollten sich besser beruhigen, Walter!“, wies ihn Thorne mit einer ungewohnten Schärfe in der Stimme zurecht. „Sie denken besser daran, dass es Aufzeichnungen über gewisse Dinge gibt, denen Sie in Ihrer Freizeit nachgegangen sind. Wollen Sie, dass dies bekannt wird?“

Walter Newman sah auf einmal unglücklich aus. Er begann langsam zu begreifen, wie tief die Verstrickungen waren, von denen er ein Teil war.

„Natürlich nicht“, gab er jetzt ganz kleinlaut zu. „Entschuldigen Sie.“

„Gar kein Problem“, meinte Thorne mit einem Lächeln, das jedoch seine Augen nicht erreichte. „Ich verspreche Ihnen allen, dass dieses Bauprojekt für die gesamte Region Tucson von entscheidender Bedeutung sein wird. Heute beschließen wir, dass wir alle gute Geschäfte mit dieser Investition machen wollen. Fahren Sie bitte fort, Thomas.“

Der Investmentbanker schilderte die Vorgehensweise bei diesem Bauprojekt und welche Firmen daran beteiligt werden sollten. Auch Rylands Transportunternehmen wurde erwähnt, und das stellte den Logistikunternehmer natürlich sehr zufrieden. Hector Alvarez war ebenfalls erfreut darüber, denn damit war auch er indirekt im Spiel, weil er die Logistik von Ryland für seine Waren nutzte, von denen man besser nicht wissen wollte, auf welche Weise sie von Mexiko nach Texas gelangten und welche Papiere dafür gefälscht wurden.

„Wie klingt das für Sie?“, fragte er abschließend in die Runde und war erleichtert darüber, ein zustimmendes Nicken zu sehen. „Ich werde Sie selbstverständlich weiter auf dem Laufenden halten. Der Einfachheit halber habe ich einen Vertrag vorbereiten lassen, der Ihre Anteile an diesem Projekt dokumentiert. Ich werde Ihnen das morgen alles zustellen lassen.“

„Vielen Dank, Thomas“, ergriff Thorne wieder das Wort. „Ich danke Ihnen dafür, dass Sie gekommen sind, und freue mich auf unsere erfolgreiche Zusammenarbeit. Ganz Tucson wird einen Aufschwung erleben. In spätestens einem Jahr wird niemand mehr von der Red Rock Ranch sprechen. Die ist dann nur noch eine unbedeutende Fußnote in der Geschichte unseres Staates.“

* * *

Die Teilnehmer dieser Konferenz, die gerade mal etwas mehr als eine Stunde gedauert hatte, erhoben sich von ihren Plätzen und verließen den Raum.

„Einen Augenblick noch, Hector“, sagte David Thorne, als der Mexikaner ebenfalls den Raum verlassen wollte. Alvarez hielt inne, drehte sich um und schaute Thorne erstaunt an.

„Ja?“, fragte er. „Ist noch etwas?“

„Eine Kleinigkeit noch, aber sie ist wichtig“, sagte Thorne und deutete Alvarez an, kurz die Tür zu schließen. „Ich nehme an, Sie haben bemerkt, dass es ein kleines Problem geben könnte, oder?“

„Mit Newman?“, fragte Alvarez und sah, wie Thorne nickte. „Das habe ich mir schon gedacht. Er ist der Einzige in dieser Runde, von dem ich mich frage, ob wirklich Verlass auf ihn ist. Das, was Sie eben angedeutet haben – wirkt das auch bei ihm? Wird er weiterhin auf unserer Seite stehen?“

„Ich hoffe es“, erwiderte Thorne. „Er ist das schwächste Glied in der Kette. Aber wir brauchen ihn noch, weil die Baubehörde ihm untersteht. Wenn es um Genehmigungen geht, ist es wichtig, dass er uns Türen öffnet, die sonst verschlossen bleiben.“

„Aber er scheint nicht ganz überzeugt von Ihrer Vorgehensweise zu sein, David“, gab Alvarez zu bedenken.

„Ja“, musste Thorne nun zugeben. „Deshalb wollte ich mit Ihnen noch einmal unter vier Augen sprechen. Sollte es sein, dass Newman aussteigen will, dann muss rasch gehandelt werden, bevor er seine Informationen an andere Stellen weitergeben kann. Sie verstehen, was ich meine?“

„Sie brauchen jemanden, der dafür sorgt, dass Newman das nicht mehr gelingt?“, fragte Alvarez. „Dann habe ich eine richtige Lösung für Sie. Sie müssen mir nur sagen, wann das geschehen soll, und ich kümmere mich um den Rest. Ab dem Zeitpunkt, wo mir Ihre Entscheidung vorliegt, dauert es nur vierundzwanzig Stunden, und dann haben Sie kein Problem mehr.“

„Das klingt gut, Hector“, meinte Thorne. „Ich bin mit solchen Dingen nicht ganz so vertraut, wenn Sie verstehen.“

„Ich verstehe das sehr gut, David“, sagte der mexikanische Geschäftsmann. „Bei uns stellt man nicht so viele Fragen, sondern präsentiert Ergebnisse. Wie schon gesagt, ich erledige das. Und zwar so, dass es keine weiteren Spuren oder sogar Hinweise auf die TCC geben wird. Newman wird einfach verschwinden, sobald Sie das wünschen.“

„Ich bin erleichtert, das zu hören. Noch müssen wir solche Maßnahmen nicht anwenden. Aber es ist immer gut, dass man im Vorfeld mal über so etwas spricht“, sagte Thorne. „Und ich bin absolut sicher, dass wir alle an diesem neuen Bauprojekt kräftig verdienen werden. Wichtig ist nur, dass die Red Rock Ranch so schnell wie möglich in den Blickpunkt der Arizona State Police und des FBI gerät.“

„Die Vorbereitungen dafür laufen schon“, versicherte Alvarez. „Es wird alles so ablaufen, wie wir es besprochen haben.“

„Wann wird Ihr Kontaktmann auf der Red Rock Ranch sein?“, wollte Thorne wissen.

„Er ist schon da“, antwortete Alvarez und genoss den sichtlich überraschten Blick Thornes. „Alles Weitere werden Sie von mir erfahren, und in der Zwischenzeit zerbrechen Sie sich nicht weiter den Kopf darüber. Ein Mann in Ihrer Position muss nicht unnötig Zeit verschwenden, um an bestimmte Dinge zu denken. Bereiten Sie Ihr Bauprojekt vor und stellen Sie sicher, dass mein Unternehmen daran beteiligt wird. Und vergessen Sie nicht, wie effektiv meine Methoden sind, wenn diese angewendet werden müssen.“

„Das werde ich ganz sicher nicht“, sagte Thorne. „Wer weiß sonst noch etwas darüber?“

„Lucas Ryland und ich arbeiten ebenfalls eng zusammen“, meinte Alvarez. „Aber auf ihn kann man sich verlassen. Er genießt mein Vertrauen, und Ihres sicher auch.“

„Danke, Hector“, sagte Thorne abschließend. „Heute beginnt eine neue Entwicklung für die Region Tucson. Wir werden das feiern, wenn die letzten Hindernisse aus dem Weg geräumt sind.“

Die letzten Worte klangen sehr endgültig.

Die erste Drohung

17. Mai 2022

Auf der Red Rock Ranch

Am Nachmittag gegen 14:00 Uhr

„So ist es richtig, Junge!“, rief Roy Curtis dem vierzehnjährigen Peter zu, der noch etwas zögernd auf den braunen Hengst zuging. „Du darfst ihm nicht zeigen, dass du noch unsicher bist. Geh auf den Hengst zu, es wird dir nichts passieren. Glaub mir!“

„Tu, was Mister Curtis dir sagt!“, rief nun auch Peters Vater Michael Bannerman seinem Sohn zu. „Stell dich nicht so an wie ein Feigling! Du schaffst das schon!“

Roy Curtis seufzte innerlich, als er Peters Vater so reden hörte. Er versuchte, unter großem Druck aus dem Jungen einen Mann zu machen. Oder besser gesagt, das, was er für richtig hielt. Curtis konnte darüber nur den Kopf schütteln, als er sah, wie Bannerman seinen Jungen behandelte.

„Sie müssen Geduld mit Peter haben“, lenkte er ein. „Er braucht nur noch etwas Zeit. Der Hengst ist so was gewohnt, dass Menschen manchmal zögern. Er wird nicht nervös werden. Es ist der Junge, der seinen Mut finden muss. Verstehen Sie das?“

„Sind das irgendwelche Cowboyweisheiten?“, antwortete Bannerman mit gereizter Stimme. „Das will ich alles gar nicht wissen. Wir haben eine Woche Urlaub auf der Red Rock Ranch gebucht, damit der Junge mal aus San Francisco rauskommt. Und er soll lernen, dass es auch noch was anderes gibt, als nur vor dem Computer zu hocken und sich irgendwelche Tik-Tok-Videos anzuschauen. Verstehen Sie?“

„Das schon, aber manche Dinge brauchen Zeit, und erst recht das richtige Einfühlungsvermögen“, hielt der fünfundvierzigjährige Vormann der Red Rock Ranch dagegen. „Ich zeige Ihnen, was ich damit meine. Warten Sie hier!“

Noch während er das sagte, stieg er über das Corralgatter und näherte sich dann ganz langsam dem Pferd, das Joe Nash an den Zügeln hielt und darauf wartete, dass Peter endlich aufsaß. Aber der Junge zögerte immer noch.

„Ich mache das, Joe“, sagte Curtis zu dem schlanken Cowboy, der Mitte dreißig war und rotblonde Haare hatte. „Kümmere dich zwischenzeitlich um Peters Vater, okay?“

„Dem geht es wieder mal nicht schnell genug, oder?“, fragte Joe seinen Vormann. „Ich hätte mir das denken können. Selbst hier läuft er dauernd mit seinem Handy herum und macht irgendwelche Termine für nächste Woche. Ich glaube, der kann gar nicht abschalten.“

„Ich weiß“, fügte Curtis hinzu. „Jetzt sehen wir erst einmal zu, dass Peter Spaß an der ganzen Sache hat. Du willst doch reiten lernen, Peter, oder?“

Der Junge blickte den Vormann zunächst etwas misstrauisch und zögernd an, weil Roy Curtis auf den ersten Blick etwas streng wirkte. Sicher trugen auch die dunkle Kleidung, der breitkrempige Hut und der schwarze Vollbart mit dazu bei. Aber der Vormann war in Wirklichkeit ein Mensch, der sich kaum durch etwas aus der Ruhe bringen ließ. Erst recht nicht durch einen Eventmanager aus San Francisco, der glaubte, zwischen seinen beiden nächsten Terminen dafür zu sorgen, dass es mit der Erziehung seines Sohnes umso schneller voranging.

„Dad ist immer ein bisschen ungeduldig, Mister“, sagte Peter, als müsse er sich für das Verhalten seines Vaters auch noch entschuldigen. „Er meint es aber nicht so.“

„Denk jetzt nicht daran“, winkte Curtis ab und ging mit dem Jungen noch näher an das Pferd heran. „Hier, schau mal“, sagte er zu ihm und nahm die Zügel in die Hand. „Das Wichtigste ist, das Pferd nicht nur als Mittel zum Zweck zu sehen. Ihr beide müsst Partner und Freunde werden. Und dazu musst du sein Vertrauen erstmal gewinnen. Komm näher und fass das Pferd an. Rede mit ihm. Es kommt nicht darauf an, was du sagst, sondern die Tonlage ist entscheidend. So wie ich es gerade gemacht habe. Und jetzt bist du dran. Versuch es mal.“

Peter hatte aufmerksam zugehört und tat das, was ihm der Vormann gesagt hatte. Und tatsächlich funktionierte es. Das Pferd ließ sich von Peter streicheln und schnaubte sogar freudig dabei.

„Und jetzt musst du aufsitzen, Peter“, sagte Curtis zu dem Jungen. „Schaffst du das allein, oder soll ich dir helfen?“

„Ich will es allein machen, Mister“, sagte Peter. Curtis lächelte, als er das hörte, und seine Zufriedenheit wuchs, als der Junge dann fest im Sattel saß.

„Nicht verkrampfen, Peter“, sagte er. „Nimm die Zügel, und dann geht es auch schon los. Ein kurzer Schenkeldruck genügt, und dann kannst du am Corral ganz langsam entlangreiten. Und wenn das gut funktioniert, dann beginnt morgen schon dein erster Ausritt mit Joe. Aber nur, wenn du dich nachher auch um das Pferd kümmerst, Peter. Zum Reiten gehören auch die Pflege und das Füttern. In dieser Woche, in der du auf der Red Rock Ranch bist, ist es ab jetzt dein Pferd. Willst du das tun?“

„Ja“, erwiderte Peter mit einem hocherfreuten Blick. Dann tat er das, was Curtis ihm gesagt hatte, und das Pferd setzte sich in Bewegung. Curtis schaute hinüber zu der Stelle, wo Joe bei Peters Vater stand. Anstatt seinen Jungen beim Reiten zu beobachten, hatte er schon wieder sein Handy gezückt und schien seine WhatsApp-Nachrichten zu kontrollieren. Curtis konnte über dieses egoistische Verhalten nur den Kopf schütteln. Wenigstens zeigte der Junge gute Ansätze, und vielleicht half ihm diese Woche ja wirklich dabei, einige Dinge zu lernen und daran zu wachsen.

Das waren die Momente, über die sich der ansonsten so hart wirkende Roy Curtis darüber freute, dass sein Boss Sam Taylor die Red Rock Ranch für Gäste und Urlauber geöffnet hatte. In den letzten Jahren waren drei separate Gebäude etwas oberhalb des Ranchhauses entstanden, nicht weit vom Speichersee entfernt. Während der Sommermonate bis in den Herbst hinein nutzten Urlauber diese Möglichkeit, um den täglichen Stress und die Hektik der großen Städte hinter sich zu lassen. Die Red Rock Ranch war dafür ein idealer Ort. Die Gäste lernten den Umgang mit Pferden und Rindern und übernahmen teilweise auch verschiedene Aufgaben je nach Eignung. Es gab ebenfalls gemeinsame Ausritte in die nähere Umgebung, und die Gäste konnten dabei die wilde und gleichzeitig schöne unberührte Natur erleben. Für viele Teilnehmer war das immer der Höhepunkt während ihres Aufenthaltes. Denn ein Camp am Lagerfeuer draußen in der Wildnis war ebenfalls ein fester Bestandteil dieses Ausrittes.

Mittlerweile hatte Peter mit dem Pferd die erste Runde im Corral gedreht, und Curtis deutete ihm mit einer kurzen Geste an, einfach weiterzumachen. Der Junge war glücklich, dass alles so gut funktionierte, und sein Vater schenkte ihm wenigstens jetzt wieder etwas Aufmerksamkeit und winkte ihm zu. Trotzdem gab es Menschen, zu denen Curtis lieber Abstand halten wollte. Michael Bannerman gehörte dazu.

„Joe, du gehst anschließend mit dem Jungen in den Stall und zeigst ihm, was er tun muss“, sagte Curtis zu dem Cowboy.

„Geht in Ordnung, Roy“, versicherte ihm Joe Nash. „Der Junge macht das gut für sein Alter, finde ich.“

„Ja, aus dem kann noch was werden“, meinte Curtis mit einem kurzen Seitenblick zu Peters Vater. Der zuckte kurz zusammen, weil er die Botschaft zwischen den Zeilen verstanden hatte. Stattdessen murmelte er nur ein kurzes Danke und wandte sich wieder ab. Das Interesse, seinem Sohn weiter Zeit zu schenken, schien bei ihm kaum vorhanden zu sein. Roy Curtis bedauerte das, aber es war nicht seine Aufgabe, solche Leute wie Michael Bannerman auf ihre Pflichten hinzuweisen. Sein Boss Sam Taylor bezahlte ihn dafür, dass der Ranchbetrieb funktionierte und die Leute ihren Job gut machten. Erst recht in den Sommermonaten, wo die Quartiere auf der Ranch für Touristen so gut wie ausgebucht waren.

Der Vormann arbeitete seit fast zehn Jahren auf der Red Rock Ranch und hatte seinem Boss dabei geholfen, die Ranch zu dem Unternehmen zu erweitern, das es jetzt darstellte. Viele Ranches in Arizona öffneten ihre Türen für Besucher und Gäste und waren froh darüber, dieses zusätzliche Einkommen zu haben.

Seine Gedanken brachen ab, als er Hufschläge in der Ferne hörte. Matt Taylor, der Sohn des Ranchers, und die Cowboys Frank Ferris und Will Kane kehrten wieder auf die Ranch zurück. Sie hatten eine Gruppe von acht Touristen weiter hinaus in die Wüste geführt und waren dort zwei Tage lang geblieben. So wie er feststellte, waren alle Gäste noch vollzählig, und er war erleichtert darüber. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ließ es sich manchmal nicht verhindern, dass sich ein Tourist da draußen in der Wüste eine Verletzung zuzog oder unglücklich von einem Felsen stürzte.

Vor einem halben Jahr war das mal einem Mann aus Denver passiert, der seine körperliche Ausdauer überschätzt hatte und dann vor Erschöpfung zusammengebrochen war. Erst im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass der Mann verschwiegen hatte, dass er ein schwaches Herz hatte und demzufolge solche Touren gar nicht hätte unternehmen dürfen. Seitdem achtete Sam Taylor ganz genau darauf, dass bei der Ankunft auf der Red Rock Ranch solche Dinge dokumentiert werden musste. Nicht nur aus medizinischen, sondern auch aus versicherungstechnischen Gründen. Aber so, wie es der Vormann jetzt einschätzte, schien es keinerlei Probleme gegeben zu haben, und alles war wohl nach Plan verlaufen.

Er winkte Matt kurz zu, und der erwiderte den Gruß. Matt war Anfang dreißig, groß und schlank und hatte aschblonde Haare, die er etwas zu lang trug. Das verlieh ihm aber einen verwegenen Eindruck, und das gefiel den Frauen. Matts Vater mochte das nicht so sehr, weil er wollte, dass sein Sohn sich darauf konzentrierte, irgendwann einmal die Red Rock Ranch zu übernehmen. Seine Tochter Beth würde das gewiss nicht tun. Sie hatte sich schon früh dafür entschieden, eine ganz andere berufliche Richtung einzuschlagen. Sie war Rechtsanwältin und Partnerin in einer renommierten Kanzlei in Tucson. Dort wohnte sie auch, aber sie kam immer noch regelmäßig zur Red Rock Ranch und blieb dort auch manchmal ein paar Tage, wenn sie einfach mal zur Ruhe kommen wollte.