Regelbasierte Geldanlage mit ETF und Aktien - Marc Weber - E-Book

Regelbasierte Geldanlage mit ETF und Aktien E-Book

Marc Weber

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Beschreibung

Wenn Investoren Geld anlegen, versuchen sie in der Regel die Entwicklung an den Finanzmärkten vorherzusehen. Die Qualität dieser Prognosen enttäuscht allerdings oft, unabhängig davon, ob sie von Laien oder von Experten stammen. Die Annahmen stellen sich im Nachhinein vielfach als falsch heraus. Viele Vorhersagen überschätzen die Stärke und Dauer von Kursanstiegen und erkennen einen Kurseinbruch nicht rechtzeitig. Die Anleger machen deshalb in sinkenden Märkten zu hohe Verluste. Die Entwicklung an den Finanzmärkten lässt sich mit Hilfe von komplexen Berechnungen oder von einem Finanzguru nicht vorhersehen. Erfolgversprechender ist ein Blick zurück. Aus der vergangenen Kursentwicklung lassen sich einfache Regeln ableiten, die der Anleger ohne Prognosen anwenden kann und die ihn vor irrationalen Entscheidungen schützen. Die Regeln lassen sich zum Beispiel in Krisensituationen rasch umsetzen, sie sind klar und transparent in ihrer Wirkung. Die Regeln basieren auf Erfahrungswerten und unterscheiden sich damit grundsätzlich von den mathematischen Modellen, welche die künftige Entwicklung vorhersagen wollen. Der Anleger definiert die Regeln vor der Erstinvestition, er testet sie anhand historischer Daten und prüft ihr Verhalten in Boomphasen, in Seitwärtsmärkten und in Aktienkrisen. Sobald das Regelwerk steht, ist eine menschliche Einflussnahme ausgeschlossen. Die Regeln fällen sämtliche Anlageentscheide diszipliniert und kompromisslos und verhindern emotionale Fehlentscheide. Das VZ VermögensZentrum behandelt jedes Jahr Tausende von Kundenfällen und stellt immer wieder fest, dass die Anleger vor allem in Stresssituationen emotional reagieren. Kein Investor, ob Laie oder Experte, handelt rein rational. Emotionale Fehlentscheide lassen sich schon mit ganz einfachen Regeln vermeiden. Ein Stop-Loss-Auftrag etwa begrenzt den Verlust im Falle einer Börsenkorrektur. Der Anleger beauftragt damit seine Bank beispielsweise, eine Aktie zu verkaufen, wenn ihr Kurs 10 Prozent unter dem aktuellen Kurs liegt. Sinkt der Kurs auf oder unter diesen Wert, wird die Aktie automatisch zum Verkauf aufgegeben und der Verlust damit beschränkt. Stop-Loss-Limiten eignen sich zwar zur Reduktion von Verlusten. Sie alleine reichen aber nicht aus, um ganze Anlagelösungen robust zu machen. Hierfür sind drei Regelarten speziell geeignet: Rebalancing, gleitende Durchschnitte und relative Stärke. Sie sind umfassend erforscht und der Fokus dieses Buches. Beim Rebalancing (englisch für «Wiedereinpendeln») werden Anlageklassen mit Kursgewinn verkauft und Anlageklassen mit Kursverlust gekauft. Dieses antizyklische Verhalten hat zur Folge, dass der Anleger keine höheren Risiken eingeht als ursprünglich gewünscht. Ein konsequent angewendetes Rebalancing kann zu einer leichten Mehrrendite gegenüber einer klassischen Kaufen-und-Halten-Strategie führen. Die beiden anderen hier vorgestellten Regeltypen gleitendende Durchschnitte und relative Stärke basieren auf dem Momentumeffekt. In der Geldanlage spricht man von Momentum, wenn eine Anlageklasse oder ein Titel sich in einem positiven Trend befindet. Trendinformationen lassen sich optimal in Regeln fassen und gut für die Steuerung eines Portfolios nutzen. Gleitende Durchschnitte signalisieren Kauf- und Verkaufszeitpunkte. Sie lösen ein Kaufsignal aus, wenn eine Anlageklasse von einem negativen in einen positiven Trend wechselt. Solange der Trend positiv bleibt, ist die Anlageklasse investiert. Wenn er dreht, wird sie verkauft. Diese taktischen Verkäufe begrenzen die Verluste in einer Krise. Der dritte in diesem Buch vorgestellte Regeltypus, die relative Stärke, vergleicht die Trendstärke von verschiedenen Anlageklassen. Anlagestrategien mit relativer Stärke investieren jeweils nur in die Anlageklassen mit dem stärksten relativen Trend. In einer Boomphase können sie ausschliesslich in Aktien investieren, in einer Aktienkrise vollständig auf Aktien verzichten.

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Seitenzahl: 196

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Regelbasierte Geldanlage mit ETF und Aktien

Erfolgreich investieren ohne Emotionen, Vermögen in Krisen schützen, Potenzial für Mehrrendite erschliessen

Marc Weber, Manuel Rütsche, Dr. Ryan Held, Sascha Freimüller

Zürich, 2018

2. Auflage

ISBN 978-3-906162-30-0

Alle Rechte vorbehalten

Realisation: Corina Thomet, VZ VermögensZentrum

Infografiken: Daniel Röttele, Zürich

Copyright © 2018 by VZ VermögensZentrum

1. ÜBER DIESES BUCH

Die Regeln fällen die Anlageentscheide

Kombinationen von Regeln

2. ENTSCHEIDUNGSPROZESSE IN DER GELDANLAGE

Weshalb sind Prognosen zur Kursentwicklung so häufig falsch?

Das irrationale Verhalten der Anleger

Die Prognosequalität in sozialen Systemen

Der Mythos der Börsengurus

Kurse bewegen sich in Trends

Eine erste Regel: Kaufe, was gut läuft

3. EINFÜHRUNG IN DIE REGELBASIERTE GELDANLAGE

Regeln erleichtern Entscheidungen

Zwei Varianten, einen Ball zu fangen

Sicher durch den Strassenverkehr

Einschätzung des Lawinenrisikos

Einfache und komplexe Systeme

Regelbasierte Entscheidungen in der Geldanlage

Komplexe Modelle führen zu einer trügerischen Sicherheit

Regeln schützen vor irrationalen Entscheidungen

Eigenschaften geeigneter Regeln

Regeln können helfen, grosse Verluste zu vermeiden

Eine einfache regelbasierte Anlagelösung zur Verlustbegrenzung

Weshalb die regelbasierte Geldanlage für Privatanleger neu ist

4. AUFBAU EINES REGELWERKS FÜR DIE GELDANLAGE

Wahl der Anlageregeln

Regeln mit Rebalancing

Regeln mit gleitenden Durchschnitten

• Einfache gleitende Durchschnitte

• Exponentiell gleitende Durchschnitte

• Sich kreuzende gleitende Durchschnitte

• Adaptive gleitende Durchschnitte

• Die gleitenden Durchschnitte im Vergleich

Regeln mit relativer Stärke

• Einfache Anlagestrategie mit relativer Stärke

• Erweiterte Anlagestrategie mit relativer Stärke

• Vergleich von einfachen und erweiterten Anlagestrategien mit relativer Stärke

Fehlsignale

Diversifikation und Aufbau des Portfolios

Diversifikation über Anlageklassen

Diversifikation über Regeln

Geeignete Kombinationen von Regeln

Kombination von Regeln und Anlageklassen für spezifische Anlegerprofile

Regeln für das Risiko Management

Starke Kurseinbrüche

Übertreibungen

Regelbasierte und traditionelle Anlagestrategien im Vergleich

5. ANLAGELÖSUNG FÜR PRIVATE INVESTOREN

Annahmen für das Portfolio

Wahl der Anlageklassen und Titel

Minimale und maximale Gewichtungen der Anlageklassen

Backtesting und Benchmark

Risiko Management

Das Modul Rebalancing

Wahl der Rebalancing-Limiten

Das Modul gleitender Durchschnitt

Das Modul relative Stärke

Kombination der Module zu einer Gesamtlösung

Varianten der Modulgewichtungen

Variante 60 Prozent Rebalancing

Variante 60 Prozent gleitender Durchschnitt

Variante 60 Prozent relative Stärke

6. ANLAGELÖSUNG FÜR INSTITUTIONELLE INVESTOREN

Stiftungsräte vor grossen Herausforderungen

Klassische Umsetzung der Anlagestrategie

Benchmarks für institutionelle Anleger

Umsetzung der Anlagestrategie

Vergleich mit dem Benchmark

Regelbasierte Umsetzung der Anlagestrategie

Definition und Umsetzung der Anlagestrategie

Dynamisches ETF-Portfolio als Ersatz für alternative Anlagen

Vergleich mit dem Benchmark

Die regelbasierte Anlagelösung aus Risiko-Perspektive

Anlagelösungen für Stiftungen, Family Offices und Versicherungen

System-Anforderungen

ANHANG 1:EXCHANGE TRADED FUNDS (ETF)

Unterschiede zwischen aktiven und passiven Anlagefonds

Leistungsausweis von aktiven Fonds

Eigenschaften von ETF

Die Rendite von ETF

Die Risiken von ETF

Die Liquidität von ETF

Die Gebühren von ETF

Die Steuern von ETF

• Einkommens- und Vermögenssteuer

• Quellensteuer

• Stempelsteuer

Entwicklungen rund um ETF

ETF und verwandte Anlageprodukte

In sechs Schritten zum richtigen ETF

Schritt 1: Anlagestrategie herleiten

Schritt 2: Index wählen

Schritt 3: Abbildungsqualität prüfen

Schritt 4: Replikationsart wählen

Schritt 5: Jährlich anfallende Kosten vergleichen

Schritt 6: Handelskosten vergleichen

ANHANG 2:EXCHANGE TRADED FUNDS (ETF) VS. INDEXFONDS

Unterschiede von ETF und Indexfonds

Börsenkotierung und Handelbarkeit

Replikationsart

Wertpapierleihe

Gegenparteirisiko

Rechtsstruktur

Verwaltungsgebühren

Handelsgebühren

• Stempelsteuern

• Spread/Swing Pricing

Verfügbarkeit

Titelselektion

ANHANG 3:REGELBASIERTE GELDANLAGE MIT AKTIEN

Hohes Renditepotenzial von Einzelaktien

Regelbasierte Selektion und Überwachung von Aktien nach dem Relative-Stärke-Prinzip

Relative Stärke: Kaufe, was gut läuft

• Schritt 1: Selektionspool

• Schritt 2: Titelselektion

• Schritt 3: Titelüberwachung

Beispiel einer Anlagelösung nach relativer Stärke

Definition der Anlagestrategie

• Schritt 1: Selektionspool

• Schritt 2: Titelselektion

• Schritt 3: Titelüberwachung

Simulation der Relative-Stärke-Strategie

ANHANG 4:FAQ UND LITERATUR

Fragen und Antworten

Literaturempfehlungen

PORTRÄT VZ VERMÖGENSZENTRUM

Die Experten in allen Fragen rund ums Geld

Das VZ VermögensZentrum ist der führende unabhängige Finanzdienstleister der Schweiz. Die Aktien der VZ Holding sind an der SIX Swiss Exchange kotiert. Pensionierungsberatung und Vermögensverwaltung sowie die Verwaltung von Versicherungen und Pensionskassen für Unternehmen sind die wichtigsten Dienstleistungen der VZ Gruppe. Sie richten sich an vermögende Privatkunden ab 50 Jahren und an Unternehmen. Das VZ vertreibt keine eigenen Finanzprodukte und ist kein Produktevermittler. Ende 2017 beschäftigte die VZ Gruppe rund 1000 Mitarbeitende.

Das VZ ist ein Pionier in der als Robo Advisor bekannten automatisierten Vermögensverwaltung. Es bietet seit 2010 regelbasierte Anlagelösungen an, seit 2013 zusammen mit dem FinTech-Unternehmen Dufour Capital. Ende 2017 haben die Kunden beim VZ bereits mehr als 30’000 Depots mit regelbasierten Anlagelösungen eröffnet.

PORTRÄT DUFOUR CAPITAL

Dufour Capital ist ein FinTech-Unternehmen mit Fokus auf moderne Informationstechnologie, Asset Management und praxisnahe Forschung für neue Anlagelösungen. Das Unternehmen wurde 2011 durch Dr. Ryan Held und Sascha Freimüller gegründet. Die VZ Gruppe hat sich 2014 an der Dufour Capital AG beteiligt und ist im Verwaltungsrat vertreten.

VORWORT

Die Ratgeber-Serie des VZ ist darum so erfolgreich, weil jeder Band von A bis Z aus der Perspektive unserer Kundinnen und Kunden gedacht und geschrieben ist. Für diesen Ratgeber gilt das sogar noch mehr: Er ist eine Gebrauchsanweisung für erfahrene und weniger erfahrene Anlegerinnen und Anleger, um selbst erfolgreich anzulegen.

Unsere Erfahrung zeigt, dass Anleger immer wieder auf einzelne Ereignisse und kurzfristige Stimmungen reagieren. Solche Eindrücke bilden die Wirklichkeit schlecht ab und eignen sich nicht als Basis für Anlage-Entscheide, denn sie können zu starken Wertschwankungen und Verlusten führen. Besonders einschneidend sind Verluste für Pensionierte, die auf zuverlässige Erträge angewiesen sind, und für Pensionskassen, die grosse Vermögen im Auftrag ihrer zukünftigen Rentner bewirtschaften.

Im VZ begleiten wir sehr viele Kundinnen und Kunden auf dem Weg zur Pensionierung und darüber hinaus. Unser gemeinsames Ziel ist es, ihr Vermögen so zu bewirtschaften, dass es möglichst viel zu ihrer Lebenshaltung beiträgt. Das bedeutet, dass nur robuste Anlagen in Frage kommen, die langfristig funktionieren. In diesem Zusammenhang sind regelbasierte Anlagen eine der interessantesten Entwicklungen, die ich miterlebt habe.

Geld nach einfachen und verständlichen Regeln anzulegen ist keine neue Idee – die grundlegenden Erkenntnisse sind schon lange bekannt und empirisch erhärtet. Einige besonders erfolgreiche Vermögensverwalter investieren seit Jahrzehnten nach solchen Regeln. Für Privatanleger war das bis vor kurzem zu teuer, weil relativ viele Transaktionen nötig sein können. Seither haben sich günstige ETF etabliert, und neue Anbieter führen Transaktionen viel billiger aus.

Das VZ arbeitet seit einigen Jahren intensiv mit regelbasierten Anlage-Modellen. 2010 haben wir die erste regelbasierte Säule 3a lanciert, damit unsere Kundinnen und Kunden effizienter vorsorgen können. Daraus hat sich eine Reihe weiterer Lösungen für diverse Bedürfnisse entwickelt. Sie haben sich in unterschiedlichen Marktsituationen bewährt – so wie wir es erhofft hatten.

In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie Ihr Geld mit intelligenten Regeln erfolgreicher anlegen können. Der Bedarf ist offenbar gross: Die Erstausgabe war so schnell vergriffen, dass wir in kurzer Zeit diese zweite, überarbeitete Ausgabe aufgelegt haben.

Ich freue mich, wenn sich die Lektüre für Sie auszahlt!

Matthias Reinhart

Vorsitzender der Geschäftsleitung der VZ Gruppe

Übrigens: Alle Regeln, die hier beschrieben sind, können Sie auf www.vzfinanzportal.ch eins zu eins testen und die Erkenntnisse für Ihr eigenes Portfolio nutzen.

KAPITEL 1

ÜBER DIESES BUCH

Darum geht es in diesem Kapitel:

• Die Entwicklung an den Finanzmärkten lässt sich nicht vorhersehen

• Regeln begrenzen die Verluste und erschliessen zusätzliches Renditepotenzial

• Speziell interessant sind Kombinationen von Regeln

• Regeln eignen sich für die Steuerung von privaten und institutionelle Portfolios

Wenn Investoren Geld anlegen, versuchen sie in der Regel die Entwicklung an den Finanzmärkten vorherzusehen. Die Qualität dieser Prognosen enttäuscht allerdings oft, unabhängig davon, ob sie von Laien oder von Experten stammen. Die Annahmen stellen sich im Nachhinein vielfach als falsch heraus. Viele Vorhersagen überschätzen die Stärke und Dauer von Kursanstiegen und erkennen einen Kurseinbruch nicht rechtzeitig. Die Anleger machen deshalb in sinkenden Märkten zu hohe Verluste.

Die Entwicklung an den Finanzmärkten lässt sich mit Hilfe von komplexen Berechnungen oder von einem Finanzguru nicht vorhersehen. Erfolgversprechender ist ein Blick zurück. Aus der vergangenen Kursentwicklung lassen sich einfache Regeln ableiten, die der Anleger ohne Prognosen anwenden kann und die ihn vor irrationalen Entscheidungen schützen. Die Regeln lassen sich zum Beispiel in Krisensituationen rasch umsetzen, sie sind klar und transparent in ihrer Wirkung.

DIE REGELN FÄLLEN DIE ANLAGEENTSCHEIDE

Die Regeln basieren auf Erfahrungswerten und unterscheiden sich damit grundsätzlich von den mathematischen Modellen, welche die künftige Entwicklung vorhersagen wollen. Der Anleger definiert die Regeln vor der Erstinvestition, er testet sie anhand historischer Daten und prüft ihr Verhalten in Boomphasen, in Seitwärtsmärkten und in Aktienkrisen. Sobald das Regelwerk steht, ist eine menschliche Einflussnahme ausgeschlossen. Die Regeln fällen sämtliche Anlageentscheide diszipliniert und kompromisslos und verhindern emotionale Fehlentscheide. Das VZ VermögensZentrum behandelt jedes Jahr Tausende von Kundenfällen und stellt immer wieder fest, dass die Anleger vor allem in Stresssituationen emotional reagieren. Kein Investor, ob Laie oder Experte, handelt rein rational.

Emotionale Fehlentscheide lassen sich schon mit ganz einfachen Regeln vermeiden. Ein Stop-Loss-Auftrag etwa begrenzt den Verlust im Falle einer Börsenkorrektur. Der Anleger beauftragt damit seine Bank beispielsweise, eine Aktie zu verkaufen, wenn ihr Kurs 10 Prozent unter dem aktuellen Kurs liegt. Sinkt der Kurs auf oder unter diesen Wert, wird die Aktie automatisch zum Verkauf aufgegeben und der Verlust damit beschränkt. Stop-Loss-Limiten eignen sich zwar zur Reduktion von Verlusten. Sie alleine reichen aber nicht aus, um ganze Anlagelösungen robust zu machen. Hierfür sind drei Regelarten speziell geeignet: Rebalancing, gleitende Durchschnitte und relative Stärke. Sie sind umfassend erforscht und der Fokus dieses Buches.

KOMBINATIONEN VON REGELN

Beim Rebalancing (englisch für «Wiedereinpendeln») werden Anlageklassen mit Kursgewinn verkauft und Anlageklassen mit Kursverlust gekauft. Dieses antizyklische Verhalten hat zur Folge, dass der Anleger keine höheren Risiken eingeht als ursprünglich gewünscht. Ein konsequent angewendetes Rebalancing kann zu einer leichten Mehrrendite gegenüber einer klassischen Kaufen-und-Halten-Strategie führen.

Als Kaufen-und-Halten-Strategie wird eine Anlagestrategie bezeichnet, bei der Anlagen unabhängig von Marktbewegungen langfristig gehalten werden.

Die beiden anderen hier vorgestellten Regeltypen gleitendende Durchschnitte und relative Stärke basieren auf dem Momentumeffekt. In der Geldanlage spricht man von Momentum, wenn eine Anlageklasse oder ein Titel sich in einem positiven Trend befindet. Trendinformationen lassen sich optimal in Regeln fassen und gut für die Steuerung eines Portfolios nutzen.

Gleitende Durchschnitte signalisieren Kauf- und Verkaufszeitpunkte. Sie lösen ein Kaufsignal aus, wenn eine Anlageklasse von einem negativen in einen positiven Trend wechselt. Solange der Trend positiv bleibt, ist die Anlageklasse investiert. Wenn er dreht, wird sie verkauft. Diese taktischen Verkäufe begrenzen die Verluste in einer Krise.

Der dritte in diesem Buch vorgestellte Regeltypus, die relative Stärke, vergleicht die Trendstärke von verschiedenen Anlageklassen. Anlagestrategien mit relativer Stärke investieren jeweils nur in die Anlageklassen mit dem stärksten relativen Trend. In einer Boomphase können sie ausschliesslich in Aktien investieren, in einer Aktienkrise vollständig auf Aktien verzichten. Das verspricht zusätzliches Renditepotenzial.

Speziell interessant ist eine Kombination mehrerer Regeln. Sie reduziert das Verlustrisiko in einer Krise und schafft Renditepotenzial in einer Phase steigender Kurse. Langfristig eröffnet ein solches aus mehreren Regeln bestehendes Regelwerk die Chance auf eine deutliche Mehrrendite gegenüber einer klassischen Anlagestrategie, bei der die Gewichtungen der einzelnen Anlageklassen im Verlaufe der Zeit nicht oder nur geringfügig angepasst werden.

Trotz dieser Vorteile von regelbasierten Anlagelösungen halten viele Finanzdienstleister an ihren komplexen Modellen und Prognosen fest. Das hat mehrere Gründe: Die Experten überschätzen ihre prognostischen Fähigkeiten und glauben, dass sie die Märkte besser beurteilen können als einfache Regeln. Aber auch viele Anleger glauben nach wie vor an Anlagelösungen, die sich auf Prognosen stützen. Sie sprechen mit ihrem Berater lieber über heisse Anlagetipps als über einfache Regeln.

Gewisse institutionelle Investoren setzen hingegen schon seit Jahrzehnten erfolgreich auf regelbasierte Anlagestrategien. Die Innovationen der letzten Jahre liegen denn auch weniger in den Konzepten und Modellen der regelbasierten Geldanlage, sondern vielmehr in der Öffnung dieser Konzepte für Privatanleger. Zwei Entwicklungen sind dafür verantwortlich: Erstens benötigt die regelbasierte Geldanlage einfache und günstige Anlageinstrumente, mit denen sich ganze Märkte präzise abdecken lassen. Das ist erst mit den relativ jungen ETF möglich. Zweitens sind regelbasierte Anlagestrategien auf tiefe Transaktionskosten angewiesen. Weil jedes Kauf- und Verkaufssignal ausnahmslos umgesetzt wird, dürfen die Gebühren die Rendite nicht zu stark belasten. Erst der Internethandel und die seither entstandenen Günstiganbieter haben die Transaktionsgebühren auf ein attraktives Niveau gesenkt.

ETF (Exchange Traded Funds) sind Wertpapiere, die einen Index abbilden. Im Unterschied zu klassischen Anlagefonds werden sie an einer Börse gehandelt. Weitere Informationen zu ETF: siehe Anhang 1 und Anhang 2.

Die im vorliegenden Buch hergeleiteten Regeln eignen sich für private und für institutionelle Anleger. Institutionelle Investoren wie beispielsweise Anlagestiftungen in der beruflichen Vorsorge haben damit eine verlässliche Grundlage, auf welcher der Stiftungsrat seine Investitionsentscheide fällen kann.

Das vorliegende Buch ist der erste Titel, der sich umfassend und praxisbezogen mit regelbasierten Anlagelösungen auseinandersetzt, die sowohl für private als auch für institutionelle Investoren umsetzbar sind.

KAPITEL 2

ENTSCHEIDUNGSPROZESSE IN DER GELDANLAGE

Darum geht es in diesem Kapitel:

• Die Fehleranfälligkeit von Prognosen in sozialen Systemen

• Der Mensch als unberechenbarer Faktor an den Finanzmärkten

• Die enttäuschenden Leistungsausweise von Experten

• Trends, Momentum und relative Stärke

• Eine erste einfache Regel: Kaufe, was gut läuft

WESHALB SIND PROGNOSEN ZUR KURSENTWICKLUNG SO HÄUFIG FALSCH?

Wer Wertschriften kauft oder verkauft, stützt sich bei seinen Entscheidungen in der Regel auf Kursprognosen. Der Anleger vertraut dabei entweder auf seine eigenen Fähigkeiten, Kursentwicklungen vorherzusagen, oder er setzt auf die Analysen von Experten. Die Finanzanalyse ist in den letzten Jahrzehnten mit riesigem Aufwand laufend verfeinert worden mit dem Ziel, die Qualität der Prognosen zu verbessern. Banken, Fondshäuser und andere professionelle Finanzdienstleister investieren Hunderte von Millionen in die Entwicklung von immer besseren Tools und Methoden, beschäftigen Zehntausende von Analysten und sind in der Lage, Aufträge innert Millisekunden an den Börsen abzusetzen. Doch ihre Prognosequalität bleibt bescheiden. Die Kristallkugel zeigt auch heute höchstens ein verschwommenes Bild der Zukunft an den Finanzmärkten.

Ein Analyst befasst sich mit der Analyse der Finanz-märkte. Er beurteilt beispielsweise den Wert einer Aktie und gibt eine Handlungsempfehlung ab («kaufen», «verkaufen» oder «halten»).

Weshalb ist das so? Weshalb werden die Anleger immer wieder überrascht von Börsencrashs oder von Kursfeuerwerken? Weshalb gelingt es der Finanzbranche nicht, ihre Prognosequalität zu verbessern, obwohl ihr riesige finanzielle Mittel zur Verfügung stehen? In anderen Disziplinen machen Vorhersagen erkennbare Fortschritte. Die Meteorologie beispielsweise ist heute in der Lage, auf eine Woche hinaus recht präzise Prognosen zu machen. Vor zwanzig, dreissig Jahren waren Wettervorhersagen von solch hoher Qualität undenkbar.

Die Antwort auf diese Fragen ist einfach: Es ist der Mensch, der den komplexen Modellen der Wirtschaftswissenschafter immer wieder einen Streich spielt. Die Mehrheit der Ökonomen geht bis heute fälschlicherweise davon aus, dass der Mensch immer rationale Investitionsentscheide fällt und sich nicht von seinen Emotionen leiten lässt. Aufgrund dieser Fehlannahme versuchen Wirtschaftswissenschafter, die Kursentwicklung mit naturwissenschaftlichen Methoden vorherzusagen. In den Naturwissenschaften wie der Chemie und der klassischen Physik spielt der Mensch keine Rolle. Chemische und physikalische Prozesse laufen immer gleich ab, frei von menschlicher Einflussnahme. Das macht sie berechenbar und vorhersehbar. Die Wirtschaft und die Finanzmärkte lassen sich aber nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden erforschen. Im Unterschied zur Meteorologie und zu anderen Naturwissenschaften beeinflusst der Mensch mit seinem oft irrationalen Verhalten die Entwicklungen an den Finanzmärkten direkt. Seine unberechenbaren Entscheidungen wirken sich unmittelbar auf die Aktienkurse aus.

Die klassische Finanzmarkttheorie berücksichtigt diese Erkenntnis bis heute allerdings kaum. Sie betrachtet den Menschen nach wie vor als rein vernunftgetriebenes Wesen, als sogenannten Homo oeconomicus. Der Homo oeconomicus ist emotionslos. Er strebt in all seinen Entscheidungen stets eine Maximierung seines persönlichen Nutzens an und ist immer umfassend informiert. Sein Verhalten ist dank seiner rein rationalen Vorgehensweise absolut vorherseh- und erklärbar.

Die klassische Finanzmarkttheorie umfasst verschiedene theoretische Modelle wie die Effizienzmarkthypothese, die alle auf dem Menschenbild des Homo oeconomicus basieren.

Auf das Konzept des Homo oeconomicus stützt sich beispielsweise die Effizienzmarkthypothese des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschafters und späteren Nobelpreisträgers Eugene Fama. Er formulierte seine Hypothese in den späten 1960er Jahren. Sie besagt, dass alle Marktteilnehmer – also Käufer und Verkäufer – vollständig rational und auf der Basis gleicher Informationen handeln und die Summe dieser Informationen jederzeit in den Kursen verarbeitet ist. Als Folge davon weicht der Preis einer Anlage, beispielsweise einer Aktie, nicht von ihrem inneren Wert ab. Im Verlaufe der Jahre meldeten zwar immer mehr namhafte Ökonomen Zweifel an der Theorie an, weil sie weder Spekulationsblasen noch Börsencrashs erklären kann. Doch Finanzinstitute greifen bis heute auf die Effizienzmarkthypothese zurück beim Versuch, die Preisbildung an den Finanzmärkten zu erklären und vorherzusagen. Auch andere Ansätze wie die moderne Portfoliotheorie und jüngere Modelle zur Bewertung von Anlagen gehen übereinstimmend davon aus, dass Investoren rational handeln. Die Experten sind sich mehrheitlich bewusst, dass diese Annahme nicht der Realität entspricht.

Der innere Wert einer Aktie entspricht ihrem «fairen» Preis. Notiert der effektive Aktienkurs über dem inneren Wert, spricht man von einem überbewerteten, andernfalls von einem unterbewerteten Titel.

Die moderne Portfoliotheorie von Harry Markowitz beschreibt, wie ein effizientes Portfolio diversifiziert werden muss. Als effizient wird ein Portfolio dann bezeichnet, wenn seine Rendite bei einem bestimmten Risiko maximal bzw. sein Risiko bei einer bestimmten Rendite minimal ist.

Doch der Mensch ist leider oder je nach Gesichtspunkt glücklicherweise kein Homo oeconomicus. Er ist ein emotionales Wesen, sprunghaft, oft schlecht informiert, launisch, je nach Situation und Temperament gierig oder panisch.

DAS IRRATIONALE VERHALTEN DER ANLEGER

Während die traditionelle Finanzmarkttheorie den Menschen als rationales Wesen beschreibt, erforscht die Behavioral Finance, wie er sich tatsächlich verhält. Dieser in den 1970er Jahren in den USA entstandene Fachbereich beschäftigt sich mit der Psychologie der Anleger. Im Zentrum der Forschung stehen ihre typischen Verhaltensweisen. Wie kommen Anlageentscheide tatsächlich zustande? Welche Verhaltensmuster lassen sich erkennen? Welche Fehler machen Anleger immer wieder?

Die Behavioral Finance zeichnet ein völlig anderes Bild des Anlegers als die Effizienzmarkthypothese. Sie postuliert einen Investor, der längst nicht alles weiss und der auch nicht immer rational handelt. Seine Entscheide führen nicht zu einer Maximierung seines Nutzens, sondern sind die Folge menschlicher Verhaltensweisen wie sie auch im Alltag zu erkennen sind.

Gemäss Behavioral Finance schwimmt der Anleger im Wechselbad der Gefühle. Der israelisch-US-amerikanische Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman hat festgestellt: «Menschen lassen sich von der unmittelbaren emotionalen Folge von Gewinnen und Verlusten leiten, nicht von den langfristigen Aussichten auf Reichtum.» Vor allem in Marktphasen, die durch Euphorie oder Panik geprägt sind, machen Anleger deshalb immer wieder die gleichen Fehler. In der Hoffnung auf Kursgewinne kaufen sie nach einem kräftigen Kursanstieg ohne Risikoabwägung und übergeordnete Strategie Wertschriften, um nach einem starken Abwärtstrend verzweifelt alles zu verkaufen. Im Extremfall kaufen sie so zu Höchstkursen und verkaufen zu Tiefstkursen (siehe Abbildung 2.1).

Abbildung 2.1: Der Anleger ist hin- und hergerissen zwischen Gier, Panik und Hoffnung. Er verkauft Wertschriften häufig bei tiefen und kauft bei hohen Kursen.

Ein anderes von der Behavioral Finance erforschtes und oft beobachtetes Phänomen ist der sogenannte Dispositionseffekt. Er beschreibt die Tendenz der Anleger, verlustreiche Investitionen zu lange zu halten und Anlagen nach Kursgewinnen zu früh zu verkaufen. Eigentlich wäre genau das Gegenteil richtig: Gewinne sollten laufen gelassen, Verluste begrenzt werden (siehe Abbildung 2.2).

Ein Beispiel: Ein Anleger hält zwei Aktien. Aktie A hat seit dem Kauf 10 Prozent an Wert gewonnen, Aktie B 10 Prozent verloren. Der Anleger benötigt Liquidität für eine Anschaffung. Er wird nun mit hoher Wahrscheinlichkeit die erfolgreiche Aktie A verkaufen. Ein Verkauf der verlustreichen Aktie B käme einem Eingeständnis des Scheiterns gleich. Der Verkauf der Aktie A hingegen gibt ihm ein gutes Gefühl. Er freut sich, einen Gewinn erzielt zu haben, und schützt sich mit dem Verkauf des Titels davor, den erzielten Gewinn wieder zu verlieren. Das zeigt, wie emotional der Umgang mit Gewinn und Verlust ist.

Abbildung 2.2: Das Profil links illustriert den Dispositionseffekt. Dabei werden die Gewinne begrenzt und die Verluste laufengelassen. Das Profil rechts illustriert das umgekehrte, sinnvollere Verhalten.

Nachgewiesen wurde der Dispositionseffekt unter anderem vom US-amerikanischen Wirtschaftswissenschafter Terrance Odean. Er beobachtete zwischen 1987 und 1993 die Transaktionen in 10’000 zufällig ausgewählten Depots eines grossen amerikanischen Brokers. Der Dispositionseffekt zeigt, dass der Mensch nicht rational mit entstandenen Kosten umgehen kann. Dabei ist die Begrenzung von Verlusten eine der wichtigsten Regeln bei der Geldanlage. Der erfolgreiche US-Grossinvestor Warren Buffet hat einmal gesagt: «Die erste Regel lautet, keine Verluste zu machen. Und die zweite Regel lautet, die erste nicht zu vergessen.»

Häufige Anlegerfehler: Erkennen Sie sich?

Die Behavioral Finance erforscht die typischen Verhaltensmuster der Anleger: Versuchen Sie jene Situationen zu erkennen, die auch Ihre Investitionsentscheide beeinflussen.

Anleger entscheiden häufig aus dem Bauch heraus

Anleger treffen ihre Entscheidungen häufig aufgrund einer Intuition statt als Folge einer detaillierten Analyse. Sie verzichten vor allem aus zeitlichen Gründen, aber auch aus Bequemlichkeit oder mangels Fachkenntnisse darauf, sich seriös zu informieren und entscheiden kurzentschlossen. Dabei werden zwangsläufig nicht alle Faktoren berücksichtigt.

Anleger neigen zu einem lockeren Umgang mit Gewinnen

Menschen teilen ihre Ein- und Ausgaben im Geist auf unterschiedliche Konten auf. Man kann sich das vorstellen wie die Buchhaltung in einem Unternehmen, das unterschiedliche Konten führt für unterschiedliche finanzielle Transaktionen. Sie erlauben dem Buchhalter des Unternehmens den Überblick zu behalten. Ähnlich funktioniert es im Privatleben: Für einen Erwerbstätigen hat der Arbeitslohn eine höhere Bedeutung als ein Gewinn oder geerbtes Geld. Mit dem Lohn geht er sparsamer um als mit einem Gewinn aus einem Aktienverkauf oder mit einem Erbe.

Anleger gewichten leicht zugängliche Informationen höher Schweizer Anleger lesen vor allem Schweizer Zeitungen, die hauptsächlich über Schweizer Unternehmen und den Schweizer Aktienmarkt berichten. Die Anleger neigen deshalb dazu, einheimische Wertschriften überproportional zu gewichten. Diese sogenannte Heimmarktneigung erschwert eine angemessene Diversifikation mit Hilfe einer breiten Streuung von internationalen Titeln.

Als Diversifikation wird die Verteilung der Anlage-summe auf mehrere Anlageklassen bezeichnet. Die Diversifikation hat eine Reduktion der titelspezifischen Risiken im Portfolio zur Folge.

Anleger suchen Bestätigung für ihre Entscheidungen Anleger nehmen vor allem jene Informationen wahr, die ihrer eigenen Meinung und Vorstellung entsprechen. Wenn sie Aktien eines Unternehmens besitzen, lesen sie vor allem jene Zeitungsberichte, die positiv über das Unternehmen schreiben. Negative Berichte ignorieren sie.

Anleger entwickeln eine emotionale Bindung zu ihren Investitionen Ein Anlageentscheid führt zu einer Bindung des Investors zu seinen Investition. Der Anleger ignoriert deshalb Informationen, die zu einer Neubewertung seiner Entscheidung führen müssten, weil er sich eine Fehlentscheidung nicht eingestehen möchte.

Anleger haben Mühe, Wertpapiere mit Verlust zu verkaufen Wertpapiere mit Verlust zu verkaufen ist für viele Anleger eine äusserst schmerzliche Angelegenheit. Sie setzen das mit persönlichem Scheitern gleich und vermeiden einen Verkauf so lange wie möglich in der Hoffnung auf wieder steigende Kurse. Dadurch verpassen Sie die Marktchancen anderer Anlagen. Mit dem Verkauf des verlustreichen Titels und der Investition in einen anderen Titel hätten sie ihren Verlust allenfalls längst wettgemacht.

Anleger kaufen einen Titel, wenn andere Investoren ihn auch kaufen Anleger neigen dazu, sich an anderen Marktteilnehmern zu orientieren. Sie kaufen dann einen Titel, wenn andere dies auch tun. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn auch die Medien positiv über diesen Titel berichten. Dadurch entsteht eine Art Herdentrieb. Während der Wert des Titels weiter steigt, kaufen immer mehr Investoren hinzu. Solche Kursbewegungen können in Blasen enden. Viele Anleger verpassen einen günstigen Ausstiegszeitpunkt und verlieren viel Geld nach dem Platzen der Blase.

DIE PROGNOSEQUALITÄT IN SOZIALEN SYSTEMEN

Finanzmärkte sind äusserst komplexe Systeme. Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst die Kurse:

• unternehmensspezifische Faktoren wie Gewinn, Verlust, Umsatz, Management

• makroökonomische Faktoren wie konjunktureller Zyklus, Arbeitslosenrate, Währungsentwicklung, Zinsentwicklung

• politische Faktoren wie Wahlen, soziale Unruhen

• Terroranschläge, Erdbeben und andere Naturkatastrophen

• das menschliche Verhalten

Nur schon die Anzahl, Vielfalt und Komplexität der unternehmensspezifischen und makroökonomischen Faktoren machen eine zuverlässige Prognose äusserst schwierig. Hinzu kommen Ereignisse wie soziale Unruhen und Naturkatastrophen. Doch damit nicht genug: Das irrationale Anlegerverhalten erschwert eine verlässliche Vorhersage zusätzlich. Der US-Nobelpreisträger Robert Shiller hat in einer Forschungsarbeit nachgewiesen, dass die Kursschwankungen von Aktien sich oft nur zu rund einem Drittel durch Veränderungen der sogenannten Fundamentaldaten erklären lassen.

Unter Fundamentaldaten versteht man realwirtschaftliche Faktoren wie Wirtschaftswachstum, Arbeitslosenquote, Unternehmensgewinne und Dividenden.