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So werden Kinder stark – und Sie zu ihrem Vorbild Resilienz, also die psychische Widerstandsfähigkeit, ist unerlässlich, um schwierige Situationen und Herausforderungen im Leben bewältigen zu können. Für Lehrerinnen und Lehrer ist Resilienz im Schulalltag eine wichtige Kompetenz, die dabei hilft, gelassener mit individuellen Verhaltensauffälligkeiten einzelner Kinder und mit klassendynamischen Prozessen umzugehen. Resilienz setzt sich unter anderem aus den Aspekten Optimismus und Fehlerfreundlichkeit, Lösungsorientierung, persönliche Verantwortungsübernahme, Selbstwirksamkeit und soziale Kompetenzen zusammen. Pädagogen, die ihren Schülern diese Werte vorleben, unterstützen sie in einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung – und vermitteln über das reine Schulwissen hinaus grundlegende Ressourcen für ein selbstbestimmtes und verantwortungsvolles Leben. Mit neurobiologischem Hintergrundwissen und vor allem praktischen Übungen unterstützt dieses Buch Sie in der Entwicklung Ihrer Resilienz und bietet Ihnen Ideen und Anregungen für die Resilienzförderung Ihrer Schüler und Schülerinnen.
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Simone KriebsResilienz in der SchuleWie Kinder stark werden
So werden Kinder stark – und Sie zu ihrem Vorbild
Resilienz, also die psychische Widerstandsfähigkeit, ist unerlässlich, um schwierige Situationen und Herausforderungen im Leben bewältigen zu können. Für Lehrerinnen und Lehrer ist Resilienz im Schulalltag eine wichtige Kompetenz, die dabei hilft, gelassener mit individuellen Verhaltensauffälligkeiten einzelner Kinder und mit klassendynamischen Prozessen umzugehen.
Resilienz setzt sich unter anderem aus den Aspekten Optimismus und Fehlerfreundlichkeit, Lösungsorientierung, persönliche Verantwortungsübernahme, Selbstwirksamkeit und soziale Kompetenzen zusammen. Pädagogen, die ihren Schülern diese Werte vorleben, unterstützen sie in einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung – und vermitteln über das reine Schulwissen hinaus grundlegende Ressourcen für ein selbstbestimmtes und verantwortungsvolles Leben.
Mit neurobiologischem Hintergrundwissen und vor allem praktischen Übungen unterstützt dieses Buch Sie in der Entwicklung Ihrer Resilienz und bietet Ihnen Ideen und Anregungen für die Resilienzförderung Ihrer Schüler und Schülerinnen.
Simone Kriebs ist Diplom-Pädagogin, Anti-Aggressivitäts-Trainerin/-Ausbilderin, Systemische Familientherapeutin (IFS / DGSF), CTW®-Hypnosetherapeutin und Heilpraktikerin Psychotherapie. http://www.simone-kriebs.de
Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2019
Coverfoto: © Tijana87 – www.istockphoto.com
Abbildungen: S. 141 ff. Peter Luttke
Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn
Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn
Alle Rechte vorbehalten.
Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2019
ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-805-3
ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-806-0 (EPUB), 978-3-95571-808-4 (PDF), 978-3-95571-807-7 (MOBI).
„Man kann in Kinder nichts hineinprügeln, aber vieles herausstreicheln.“
(Astrid Lindgren)
Seit 17 Jahren begleite ich Schüler1, Lehrer und Eltern und erlebe, dass sich die Bedingungen an staatlichen Schulen in dieser Zeit stark verändert haben. Die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen finden meist zu wenig Berücksichtigung. Das System Schule ist selten wirklich aus Sicht der Schülerinnen und Schüler gedacht und nicht ausreichend auf die Bedingungen und Anforderungen einer guten Lernumgebung ausgelegt. Anstatt die Stärken des Einzelnen zu sehen und zu fördern, wird der Fokus auf die Schwächen gelegt. Erfolgreich ist, wer die curricularen Ziele schnell und effizient erreicht und die vorgegebenen Anforderungen entlang einheitlicher Parameter erfüllt. Der gesellschaftliche Leistungsdruck macht auch vor den Schulen, Lehrkräften, Schülern und Eltern nicht halt!
Nicht zuletzt durch Qualitätsanalysen, Vergleichsarbeiten, Inklusion, Turbo-Abi und Pisa wird der Schwerpunkt zunehmend auf die überprüfbaren Ergebnisse und Standards gerichtet. Doch sehr viele Kinder haben immer wieder Probleme mit den Anforderungen des Bildungssystems. Das ist nicht nur an den Noten abzulesen, sondern auch an Verhaltensauffälligkeiten, Konzentrationsproblemen, Prüfungsängsten und anderen besorgniserregenden Phänomenen.
Bei der Frage, wer für die zunehmenden Schwierigkeiten verantwortlich ist, erlebt man ein regelrechtes Pingpongspiel. Jeder möchte den ungeliebten Pokal der Verantwortung schnell weiterreichen. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit mit Schulen besteht darin, allen Beteiligten die eigenen Spiel- und Verantwortungsräume aufzuzeigen und sie zu animieren, diese aktiv zu gestalten. Dazu gehört mit Sicherheit eine Menge Mut vonseiten aller, bedeutet es doch nicht selten, entgegen allgemeiner Vorgaben und Vorstellungen anderer neue Wege einzuschlagen. Veränderungen benötigen ein starkes Team, das sich gegenseitig anspornt und beflügelt, und vor allem braucht es eine Vision davon, wie es sein könnte. In meiner Vision sehe ich Schulen, in denen sich Menschen begegnen und unterstützen. Menschen, die sich nicht hinter einer Rolle verstecken, sondern authentisch sind, sich Mut machen und spüren, dass sie Einfluss haben. Welche Vision verfolgen Sie? (Und haben Sie Ihre Vision überhaupt noch vor Augen?)
Die Sorge der Eltern um die Zukunft ihrer Kinder ist verständlich, Maßnahmen, die aus dieser Sorge heraus getroffen werden, sind jedoch ein weiterer Faktor, der Unsicherheit und Unruhe verbreitet. Speziellen „elitären“ Schulformen und guten Noten wird ungesund viel Bedeutung beigemessen, sodass viele Kinder bereits ab der zweiten Klasse Nachhilfe bekommen, um nur ja auf das Gymnasium zu kommen. Ein Kind ohne zusätzliche Förderung in irgendeinem Bereich ist heutzutage fast undenkbar. Lehrkräfte werden kritisiert und unter Druck gesetzt, den Schülern die von den Eltern erwarteten Noten zu geben. Dadurch sitzen viele Lehrer zwischen zwei Stühlen: Einerseits sollen sie den Anforderungen der Bildungspolitik gerecht werden und andererseits den Erwartungen der Eltern.
Was dabei vergessen wird: Eine unauffällige und erfolgreiche Schulkarriere ist noch lange nicht gleichzusetzen mit einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung. Häufig zeigen sich Stress- und Überforderungssymptome bei sehr angepassten Schülern nur zeitverzögert. Zudem findet oft auch eine negative Beeinflussung statt: Mit zunehmendem Stress der Erwachsenen werden wichtige resilienzfördernde Faktoren der Kinder und Jugendlichen wie z. B. Selbstwirksamkeit, Verantwortungsübernahme und Beziehungsgestaltung, um nur einige zu nennen, mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt. Das Hauptaugenmerk wird auf Optimierung, Effizienz und Erfolg gesetzt. Doch Menschen sind keine Maschinen. Sie brauchen bereichernde und anregende Beziehungen, um ihre Potenziale entfalten zu können. Je jünger ein Mensch ist, desto mehr benötigt er ein wertschätzendes soziales Umfeld zum Lernen. Junge Menschen lernen nur von den Personen, die sie als Vorbild anerkennen und zu denen sie eine positive Beziehung aufbauen konnten. Dieser zwischenmenschliche Aspekt wird in all dem Optimierungswahn völlig vernachlässigt. „Ziele der Schule sind es, die Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, ihre Person zu entfalten, selbstständig Entscheidungen zu treffen, Verantwortung für das Gemeinwohl, die Natur und die Umwelt zu übernehmen“ (Homepage des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Stand 2018). Haben wir diese Ziele nicht längst aus den Augen verloren?
Ein kritischer Blick auf unsere heutige in einem schnellen und offenbar beständigen Wandel begriffenen Gesellschaft offenbart die Notwendigkeit, eingefahrene Muster und überholte Strategien zur Wissensvermittlung und Persönlichkeitsentwicklung zu überdenken. Vor 40 Jahren garantierte ein guter Schulabschluss noch einen sicheren Job. In vielen Arbeitsfeldern war man darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter in der Lage waren, vergleichsweise stupide und mechanische Tätigkeiten zuverlässig auszuführen. Persönlicher Elan und Begeisterung für die Sache waren unwichtig. Die heutige Berufswelt erfordert dagegen selbstständiges Denken, Vernetzungsfähigkeit, Eigenständigkeit und die Bereitschaft, ständig dazuzulernen und in wechselnden Teams immer neue Aufgaben zu übernehmen. Um zukünftige Generationen auf eine solche Arbeitswelt vorzubereiten, darf Schule nicht länger gehorsame und an den 45-Minuten-Takt angepasste Musterschüler als primäres Ziel anstreben, die jeden Tag mit sauberer Handschrift ihre Hausaufgaben verfassen. Für die neuen Herausforderungen braucht es kreative Querdenker, Menschen, die persönliche Verantwortung übernehmen und Visionen haben. Und vor allem braucht es resiliente Menschen!
Resilienz bedeutet
die persönlichen Ressourcen zu erkennen und zu nutzen,Emotionen zu kanalisieren, statt zu explodieren,negative Gefühle in positive umzuwandeln,Rückschläge auszuhalten,Herausforderungen anzunehmen,Verantwortung zu übernehmen undvon der Opferrolle in die Rolle des aktiven Gestalters zu wechseln.Diese neuen Qualifikationen zu wecken und zu fördern gehört nicht zu den Kernaufgaben von Lehrern in unserem bisherigen Schulsystem. Es ist für sie daher unerlässlich, alte Muster zu überdenken, die eigenen Ziele zu überprüfen und sich klarzumachen, welche Aufträge von außen gestellt werden und welche man selbst erfüllen möchte. Machen Sie sich bewusst: Als Lehrkraft darf man es sich zur Aufgabe machen, auf diesem Weg mit gutem Beispiel voranzugehen, um Schülern als Vorbild zu dienen.
Wichtig in diesem Zusammenhang sind ein fundiertes Wissen über neurobiologische Zusammenhänge, Lern- und Entwicklungsprozesse sowie eigene Erfahrungen, die dieses Wissen untermauern. Nur so können Vertrauen und Selbstwirksamkeit bei Ihnen und Ihren Schülern wachsen und Fachkräfte den Mut finden, die eigene Komfortzone zu verlassen.
Dieses Buch möchte Sie dazu anregen, sich von als falsch empfundenen Anforderungen abzugrenzen und die eigene mentale Widerstandsfähigkeit zu stärken. Außerdem soll es Sie dabei unterstützen, auch die Ihnen anvertrauten jungen Menschen bei der Stärkung ihrer Persönlichkeit zu fördern und ein besseres Schulklima zu entwickeln. Um schwierige Situationen und Herausforderungen im Leben bewältigen zu können, ist es wichtiger denn je, Kinder und Jugendliche in den sogenannten Soft Skills zu fördern, um soziales Miteinander, Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung zu unterstützen. Schüler müssen lernen, sich Herausforderungen zu stellen, aus einem Misserfolg zu lernen und sich nach einem Sturz wiederaufzurichten. Emotionaler Rückhalt von Pädagogen ist hierfür wichtiger als strenges und unnachgiebiges Einfordern von Regeln. Jungen Menschen beizustehen, wenn etwas schiefgeht, anstatt sie zu kritisieren, wenn sie Fehler machen, stärkt ihr Vertrauen in sich selbst und etabliert eine erfahrungsfreundliche Umgebung.
Die Neugestaltung einer wertschätzenden Beziehungskultur in Schulen kann nicht von oben nach unten angeordnet werden. Diese Veränderung kann nur durch die aktive Gestaltung der Menschen in diesen Systemen angeregt und kultiviert werden. Schule lebt durch die Menschen, die sich in ihr bewegen.
Zum Umgang mit diesem Buch
Ich möchte Sie inspirieren und Ihnen neue Impulse geben, damit Sie sich in Ihrer Arbeit, mit Ihrem Elan und Ihrer Leidenschaft für Ihre pädagogische Berufung wieder erfolgreich und wirkungsvoll fühlen und spüren, dass Sie einen Unterschied für die Kinder machen.
Theoretisches Hintergrundwissen, die Darstellung unterschiedlicher Blickwinkel sowie praktische Übungen sollen Sie darin unterstützen, Ihren eigenen Weg zu finden, um gelassener mit individuellen Verhaltensauffälligkeiten und klassendynamischen Prozessen umzugehen. Bekommen Sie einen anderen Blick auf Schule. Erklärungsmodelle, Anregungen und Ideen, die Sie in diesem Buch finden, helfen Ihnen, Ihre Rolle neu zu definieren. Entdecken Sie, wie Schule ein Ort des Miteinanders und der Zugehörigkeit werden kann, wenn wir Erwachsenen beginnen, Schule anders zu denken und zu leben.
Im ersten Teil des Buches geht es vor allem um eine Darstellung dessen, was unter Resilienz zu verstehen ist und wie Ihre innere Haltung im Umgang mit Kindern und Jugendlichen Ihre und deren Resilienz fördern kann. Sie haben die Möglichkeit, eigene Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen, zu reflektieren und gegebenenfalls zu ändern. Die Kapitel sollen unbewusste Prozesse bewusst machen, denn nur im Erkennen unserer eigenen Strukturen besteht die Chance zur Veränderung.
Immer zum Ende eines Kapitels finden Sie Tipps für den Umgang mit Schülern oder Kollegen. Es handelt sich meist um konkrete Übungsbeispiele, die Sie direkt umsetzen können. Stellen Sie sich die Anregungen als Produkte in einem Supermarkt vor: Das eine oder andere Produkt packen Sie vielleicht direkt in Ihren Einkaufswagen. Bei manchen lesen Sie sich vielleicht erst mal nur die Zutatenliste durch. Einiges haben Sie vielleicht bereits zu Hause (setzen es also schon erfolgreich um). Und sicher gibt es Produkte, die Sie zunächst im Regal stehen lassen. Entscheiden Sie selbst, was in Ihren Einkaufswagen kommt. Sie können Anregungen nach Ihrem Geschmack ergänzen und kreativ mischen und so zu Ihrer ganz eigenen Rezeptur kommen. Die hier angebotenen „Produkte“ laufen nicht weg. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, sich wieder neu inspirieren zu lassen.
Im zweiten Teil des Buches stehen die unterschiedlichen Ebenen zur Förderung von Resilienz im Vordergrund: Wie können Sie das eigene – körperliche, geistige und seelische – Wohlbefinden, aber auch das Ihrer Schülerinnen und Schüler positiv beeinflussen? Welche Möglichkeiten der Einflussnahme gibt es und wo sind Ihre Grenzen? Was hindert Sie daran, diese Optionen zu nutzen, und wie schaffen Sie langfristig Veränderungen?
Schließlich lernen Sie unterschiedliche Persönlichkeitstypen, wie sie grob in jeder Klasse vorkommen, kennen. Sie erhalten Erklärungen, was zu berücksichtigen ist, um den jeweiligen Typus gut zu begleiten.
Sie finden eine Vielzahl von Spielen und Übungen, die Sie direkt mit Ihrer Klasse ausprobieren können. Je nach Alter der Kinder und Jugendlichen können Sie die Übungen problemlos anpassen bzw. abwandeln. Durch regelmäßige Einheiten unterstützen Sie die Ausrichtung auf die resilienten Faktoren und stärken sich und Ihre Schüler gleichermaßen. So werden aus kleinen (und größeren) Kindern starke Kämpfer und Sie zu ihrem Vorbild.
1 Um den Lesefluss nicht zu stören, habe ich mich entschieden, ausschließlich das generische Maskulinum zu verwenden. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass immer beide Geschlechter gemeint sind.
„Erfahrung ist nicht das, was Menschen geschieht. Sie ist das, was ein Mensch aus dem macht, was mit ihm geschieht.“
(Aldous Huxley)
Lange Zeit ging man in der Entwicklungspsychologie davon aus, dass außerordentlich belastende Erfahrungen in der Kinder- und Jugendzeit auch immer zu psychischen Auffälligkeiten, gesundheitlichen Folgen oder langfristigen Störungen im Verhalten führen. Mittlerweile haben viele Studien nachgewiesen, dass dies nicht zwangsläufig der Fall ist. Im Gegenteil: Gut ein Drittel der Betroffenen geht gestärkt aus den widrigen Lebensumständen heraus bzw. übersteht schwere Schicksalsschläge ohne langfristige psychische Probleme (Grossmann, 2015, S. 20). Diese Menschen gelten als resilient. Der Begriff Resilienz (von lateinisch resilire „zurückspringen“, „abprallen“) stammt ursprünglich aus der Physik und bezeichnet dort die Fähigkeit eines Werkstoffes, sich verformen zu lassen, aber dennoch wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzukommen.
Psychologisch gesehen bedeutet Resilienz so viel wie innere Widerstandsfähigkeit oder Elastizität. Damit ist die Belastbarkeit und innere Stärke von Menschen gemeint, trotz widriger Umstände immer wieder in eine gesunde Balance zu kommen.
Entscheidend ist, dass Resilienz erlernbar ist. Dazu gehören persönliche Faktoren ebenso wie sozial vermittelte Ressourcen, die gezielt gefördert werden können. Beispielsweise können Mitgefühl, Kommunikationsfähigkeit, Selbstwirksamkeit und Optimismus durch ein wertschätzendes Miteinander im Alltag gestärkt werden. Und schon hier haben Schulen die Chance, junge Menschen auf die früher oder später eintretenden Tiefschläge des Lebens vorzubereiten und sie in der Entwicklung ihrer Ressourcen für eine widerstandsfähige Persönlichkeit zu unterstützen. Lernen Schüler, dass sie Einfluss auf Gestaltungsprozesse und ihr persönliches Befinden haben, dann erleben sie sich als wirkungsvoll. Diese Selbstwirksamkeit hilft ihnen im späteren Leben, schwierigen Lebenssituationen aktiv zu begegnen, statt sich ohnmächtig den Umständen ausgeliefert zu fühlen. Im Grunde sind die Säulen der Resilienz, die ich im Folgenden vorstellen werde, nichts anderes als eine Beschreibung dessen, wie Menschen erfolgreich Krisen meistern. Sie dienen als Schlüssel für die Förderung und Entwicklung persönlicher Widerstandsfähigkeit und helfen dabei, unbewusst gelernte dysfunktionale Denk- und Verhaltensmuster gezielt „umzuprogrammieren“.
Gemeinhin werden in der Literatur unterschiedliche (meist sieben) Säulen beschrieben, die die Resilienz stärken (vgl. z. B. Heller, 2013). Solche Modelle und Theorien sind zwar nützlich, weil sie Orientierung bieten, doch letztendlich können sie nie die Realität in ihrer Komplexität vollständig abbilden. Daher kann man davon ausgehen, dass es mehr als die oft zitierten sieben Faktoren gibt, die Menschen darin unterstützen, ihre Schwierigkeiten und Krisen zu bewältigen. Die folgenden Säulen sind daher als gute Basis zu verstehen, die jedoch individuell verändert bzw. ergänzt werden darf. Sie wissen am besten, was Ihnen guttut. Experimentieren Sie!
In diesem Buch geht es schwerpunktmäßig nicht um aktuelle Studien oder einen theoretischen Abriss über sichere und mögliche Resilienzfaktoren. Stattdessen möchte ich konkrete und in langjähriger Arbeit mit Schulkollegien und in der Lehrerweiterbildung erprobte Wege und Herangehensweisen aufzeigen, um sich selbst und die jungen Menschen, die Sie begleiten, erfolgreich zu fördern. Zu jedem „Resilienzschlüssel“ biete ich kleine Übungseinheiten an, die Sie am besten selbst ausprobieren. Es ist wichtig, dass Sie das, was Sie lehren, selbst tun und erleben, um die Wirkung beurteilen zu können.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei!
Obwohl man heute grundsätzlich davon ausgeht, dass Resilienz kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal ist, haben Menschen, die sich durch seelische Widerstandsfähigkeit auszeichnen, doch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale oder besser: Schutzfaktoren ausgebildet. Diese lassen sich unabhängig vom jeweiligen Ist-Zustand bei jedem Menschen ein Leben lang fördern und weiterentwickeln. Resiliente Strukturen zu haben bedeutet nicht, emotional abgestumpft auf Tiefschläge zu reagieren. Vielmehr gelingt es diesen Menschen besser, diese zu verarbeiten und anschließend wieder in Balance zu kommen.
Neben belastenden oder fördernden Umweltbedingungen spielt auch die genetische Disposition bei der Ausprägung der Resilienz eine Rolle: In der Forschung werden resiliente und weniger resiliente Menschen auf – fast schon poetische Weise – mit unterschiedlichen Blumen verglichen: Die starken „Löwenzahnkinder“ besitzen von Natur aus eine gewisse Widerstandsfähigkeit. Menschen mit dieser Voraussetzung können auch unter schwierigen Umständen recht gute Bewältigungsstrategien entwickeln, um nach belastenden Phasen wieder in das innere Gleichgewicht zu kommen. Sie sind insgesamt robuster und reagieren auf Stress gelassener. Allerdings sprechen diese Kinder auch nicht so intensiv auf die Förderung von außen an. Resilienzförderung im schulischen Kontext ist zwar hilfreich, die zusätzliche Resilienzsteigerung jedoch nicht so auffällig. Sie sind an sich nicht so sensibel und empfänglich im Kontakt mit anderen (Herbert, 2012).
Den Löwenzahnkindern gegenüber stehen die feinfühligen „Orchideenkinder“. Diese sind empfindsamer gegenüber Belastungen, aber im gleichen Maße auch wesentlich empfänglicher für sozial-emotionale Förderungen. Die Sensibilität, die auf der einen Seite die Bewältigungsstrategien hemmt, fördert auf der anderen Seite die Fähigkeit, besonders empfänglich für Entwicklungsmöglichkeiten zu sein. Daher ist es besonders für diese Kinder entscheidend, Bezugspersonen in Schule und Freizeit zu haben, die resiliente Persönlichkeitsmerkmale fördert. Resilienzförderung ist besonders für die stark belasteten Orchideen-Kinder eine große Chance, trotz widriger Umstände gut zu gedeihen.
Fallen Ihnen Momente ein, in denen Sie etwas bereut haben?
Viele Menschen kennen diese Situationen, in denen Sie sich wünschten, etwas wäre nicht geschehen oder könnte rückgängig gemacht werden. Versuchen Sie sich zu erinnern, wie es Ihnen in solchen Situationen ging. Haben Sie sich selbst die Schuld für das Unglück, für die ungünstige Entwicklung etc. gegeben?
Und fragen Sie sich weiter: Hat Ihnen diese Herangehensweise dabei geholfen, das, was geschehen war, anzunehmen und zu akzeptieren? Wohl eher nicht.
Solange Menschen daran festhalten, Vergangenes ändern zu wollen, können sie schmerzliche Erfahrung nicht akzeptieren und somit auch nicht loslassen. Stattdessen machen sie sich Vorwürfe und haben Schuldgefühle. Diese stressen jedoch das Nervensystem und belasten den Betroffenen schwer.
Akzeptieren der Dinge, die wir nicht ändern können, ist einer der Schlüssel zur Resilienz. Sagen Sie sich: Vorbei ist vorbei! Dieser einfache Satz enthält viel Weisheit. Oft ist es erstaunlich schwer, danach zu leben. Es bedeutet nicht, dass Sie etwas Schmerzhaftes oder Ungerechtes, was geschehen ist, befürworten. Es geht auch nicht darum, Ihre Zustimmung einzuholen und gutzuheißen, was passiert ist. Akzeptanz bedeutet loszulassen, was Sie jetzt nicht mehr ändern können, zu erkennen, dass es Dinge im Leben gibt, die man nicht planen kann und auf die man keinen direkten Einfluss hat. Es ist unmöglich, alles zu kontrollieren. Stattdessen geht es darum, den Begebenheiten des Lebens offen und gestaltend zu begegnen und sich damit zu arrangieren. Denn egal, ob Sie sich mit der Vergangenheit anfreunden oder nicht, ändern können Sie sie rückwirkend nicht mehr. Was sich jedoch entscheidend ändern lässt, ist die Art und Weise, wie es Ihnen heute mit dem Erlebten geht – und wie Sie die Gegenwart „anpacken“.
Wenn ein Schüler beispielsweise eine schlechte Note geschrieben hat, hilft es nicht, ihm Vorwürfe zu machen, dass er mehr hätte lernen sollen. Oft meinen Erwachsene, es sei erzieherisch wirksam, bei den jungen Menschen an den schlechten Gefühlen anzuknüpfen, die sich nach einem Versagen einstellen. Der Grundgedanke dahinter ist: Wachstum durch Schmerz. Oft rutschen einem dann Aussagen raus wie: „Das bist du jetzt aber auch selbst schuld!“ oder „Das habe ich dir doch gleich gesagt!“.
Pädagogisch weit sinnvoller wäre es, in solchen Situationen die wichtige Lernerfahrung zu betonen und keine Katastrophe daraus zu machen. Eine derartige Haltung fördert die Fähigkeit zur Akzeptanz. Eine schlechte Schulnote ist für Schüler schon negative Rückmeldung genug. Um aus dieser Niederlage gestärkt hervorzugehen, ist es besonders bei den sensiblen Kindern wichtig, Mut zu machen und zuversichtlich zu sein. Ermutigen Sie die jungen Menschen, indem Sie ihnen versichern, dass Tiefschläge und Enttäuschungen geschehen, aber nicht alles im Leben davon abhängt. Es gibt immer wieder neue Chancen – und diese gilt es zu nutzen.
Das Gleiche gilt natürlich auch für Sie selbst. Angenommen, Sie waren in einer Stunde nicht gut vorbereitet, was dazu führte, dass das Unterrichten vor lauter Unruhe kaum möglich war. Machen Sie einen Haken dran! Das kann schon mal passieren. Das Einzige, was wir an der Stelle noch machen können, ist, die eigene Verantwortung zu erkennen und zu überlegen, was wir für das nächste Mal verbessern möchten. Richten Sie Ihren Blick nach vorne auf kommende Ereignisse. Rückblicke dienen nur der Analyse, welche Lernerfahrung man daraus ableiten möchte.
Wie können Sie Akzeptanz trainieren?
Einer meiner Kollegen pflegt immer zu sagen: „Wir können uns über vieles aufregen, gezwungen werden wir dazu aber nicht.“ Das soll nicht bedeuten, dass Sie mit allem einverstanden sein müssen, was Ihnen widerfährt. Die Kunst besteht jedoch darin, seine Energie nicht in zwecklose Veränderungsversuche von bereits feststehenden Tatsachen zu stecken.
Wenn Sie merken, dass Sie sich über etwas ärgern, dann stellen Sie sich folgende Fragen:
Können Sie das Geschehene rückgängig machen?
Liegt die Lösung für das Problem in Ihrer Entscheidungsgewalt?
Wenn Sie beide Fragen mit Nein beantworten, dann liegt der Schlüssel für innere Zufriedenheit in Ihnen selbst: Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und stellen Sie sich vor, was sich für Sie ändern würde, wenn Sie die Tatsachen akzeptieren, wie sie sind. Wie würden Sie sich fühlen? Welche Reaktionen würden Sie zeigen? Was könnten Sie tun, für das Ihnen die Energie, die Sie ins Aufregen investieren, fehlt? Welche neuen Lösungsmöglichkeiten für den Umgang mit der Situation ergeben sich daraus?
Eine weitere hilfreiche Methode ist, das aktuelle Problem in einen zeitlichen Kontext zu setzen. Denken Sie dazu beispielsweise an eine Situation aus Ihrer eigenen Schulzeit: vielleicht an eine Note, über die Sie sich geärgert haben, oder ein Schulfach, das Ihnen einfach nicht lag. Wie denken Sie heute darüber?
Seien Sie sich sicher, dass vieles, was Sie heute als so wichtig bewerten, in einigen Jahren eine völlig andere Bedeutung bekommen wird. Wenn Sie sich dessen bewusst sind, dann können Sie doch auch direkt akzeptieren, dass Sie auf einige Dinge keinen Einfluss (mehr) haben.
Mit einer größeren Akzeptanz, dass Sie nicht für alles zuständig und verantwortlich sind, können Sie sich auf das Wesentliche konzentrieren: Ihren persönlichen Spielraum.
Kennen Sie Menschen, die in allem etwas Positives finden? Es gibt eine bestimmte „Spezies“ Mensch, die entgegen aller Bedenken auf die schönen Dinge im Leben fokussiert ist und oft auch anderen rät, doch endlich einmal das Gute in einer Situation zu sehen. Sind Sie manchmal genervt davon? Dann gehören Sie vielleicht eher zu der Gattung der Pessimisten. Natürlich gibt es hier nicht nur Schwarz oder Weiß, und ob jemand optimistisch oder pessimistisch an etwas herangeht, hängt auch von der Tagesverfassung und den Umständen ab. Dennoch unterscheiden sich Menschen grundsätzlich darin, wie sie mit Veränderungen und Herausforderungen umgehen.
Aus Sicht eher pessimistischer Menschen sind Optimisten zu wenig kritisch und reflektiert. Ihnen wird nachgesagt, nicht realistisch genug zu sein und Gefahren nicht rechtzeitig zu erkennen.
Wenn Sie selbst in einem kritischen Umfeld groß geworden sind, werden Sie wohl ebenfalls eher die Stolpersteine als die Möglichkeiten sehen. Wesentlich ist hier die Frage: Glauben Sie, dass es grundsätzlich besser geht? Eine positive Grundeinstellung begünstigt den Umgang mit Herausforderungen.
Optimistische Menschen haben eine gute Resilienz. Die Befürchtung, dass Optimisten mehr Gefahren ausgesetzt sind, weil sie bedenkenloser durchs Leben gehen, kann wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden. Durch das Phänomen der sich selbsterfüllenden Prophezeiung (siehe Kasten unten) und durch Lenkung der Aufmerksamkeit nehmen Pessimisten mehr negative Erlebnisse wahr und „übersehen“ das Positive, was sie nur noch vorsichtiger und misstrauischer werden lässt. Optimistische Menschen hingegen gehen davon aus, dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht und auch schwierige Umstände und Ereignisse für irgendetwas gut sind, auch wenn der Sinn momentan noch nicht erkennbar ist. Sie glauben daran, Dinge bewältigen zu können und für alles eine Lösung zu finden. Daher bleiben diese Menschen positiver eingestellt und fühlen sich gestärkt. Der renommierte amerikanische Sozialpsychologe Martin Seligman schreibt dazu: „Der Optimist erlebt ebenso viele Niederlagen und Tragödien wie der Pessimist, aber er bewältigt sie besser“ (1993, S. 253).
Sich selbsterfüllende Prophezeiungen oder der Rosenthal-Effekt
Das Konzept der sich selbsterfüllenden Prophezeiung besagt: Wenn wir ein bestimmtes Verhalten oder Ergebnis erwarten, tragen wir selbst dazu bei, dass dieses Verhalten oder dieses Ergebnis auch wirklich eintritt.
Bekannt geworden ist dieses Phänomen durch eine 1968 veröffentlichte Studie des amerikanischen Psychologen Robert Rosenthal zur Rolle der Lehrererwartungen im schulischen Kontext. Er unterzog Schüler einem Intelligenztest und wählte dann jedes fünfte Kind nach dem Zufallsprinzip aus. Diese ausgewählten Schüler und Schülerinnen wurden den Lehrern als vielversprechende Talente vorgestellt. Und tatsächlich: Vier Monate später konnten bei den angeblich besonders talentierten Kindern signifikant höhere IQ-Steigerungen nachgewiesen werden.
Die Auswirkungen negativer Lehrererwartungen kann man sich dementsprechend auch ausmalen …
Wie können Sie Optimismus trainieren?
Die gute Nachricht ist: Optimismus lässt sich lernen! Der einfachste Weg, um eine positivere Grundeinstellung zu bekommen, ist, sich viel mit Optimisten zu umgeben. Denn die Menschen in unserem Umfeld prägen sehr stark unsere eigene Stimmung. Besonders zu Beginn Ihres Trainings ist es hilfreich, sich von den Gesprächspartnern fernzuhalten, die sich viel beklagen und jammern. Stattdessen wenden Sie sich denen zu, die sich lösungsorientiert und stärkenfokussiert ausdrücken. Lassen Sie sich anstecken von der positiven Energie. Wenn also im Lehrerzimmer pessimistische Stimmung sein sollte, dann wechseln Sie lieber für eine Weile den Raum. Falls jemand mit Ihnen gemeinsam Dampf ablassen möchte, dann suchen Sie sich einen Vorwand, unter dem Sie die Situation verlassen können. Wenn Sie kurze Zeit später zurückkommen, hat sich die Lage meist beruhigt.
Ein weiterer Tipp: Kennen Sie die obligatorische Frage nach dem eigenen Befinden? Das ist die perfekte Einladung zum Jammern und Klagen. Doch je mehr Sie dies tun, umso schlechter werden Sie sich fühlen. Während Sie erzählen, sind in Ihrem Kopf die negativen Gedanken präsent und die negativen Situationen spielen sich erneut ab, was sich zunehmend auf Ihr Befinden auswirkt. Gewöhnen Sie sich an, positiv zu antworten! Wenn Sie sich den positiven Aspekten zuwenden, werden Sie merken, dass es Ihnen damit deutlich besser geht, als wenn Sie sich in die negativen Gefühle hineinsteigern. Falls Ihnen das zu aufgesetzt wirkt, können Sie auch ehrlich sagen, wie es Ihnen geht, dann aber anschließen, dass Sie sich nun lieber auf die positiven Aspekte konzentrieren möchten. Auch ist es möglich, die Frage einfach zu ignorieren und über etwas anderes zu sprechen. Nicht direkt auf Fragen zu antworten ist (leider) Alltag in zwischenmenschlicher Kommunikation. Ich wette, den meisten Menschen fällt dies überhaupt nicht auf.
Mit den herausfordernden Rahmenbedingungen, die Sie an Ihrer Schule vorfinden, werden Sie bestens vertraut sein. Ich kenne kaum eine Lehrperson, die nicht über fehlende personelle Unterstützung, über ungünstige räumliche Bedingungen an ihrer Schule, das Einzugsgebiet oder die Eltern klagt. Oft ist dies auch ein Ausdruck dafür, dass die Lehrer und Lehrerinnen dem eigenen Anspruch nicht mehr zu genügen scheinen. Die „desaströsen Verhältnisse“ werden hervorgebracht, um zu begründen, warum sie ihrem Job nicht gerecht werden. Ich möchte die in der Tat häufig belastenden äußeren Umstände keinesfalls kleinreden. Wenn der Gesetzgeber beispielsweise Inklusion anordnet, aber die Rahmenbedingungen nicht entsprechend anpasst, darf sich niemand wundern, wenn sich diese Belastung im Schulalltag bemerkbar macht. Das ist die Realität, mit der Sie tagtäglich umzugehen haben. Die wichtige Frage lautet jedoch: Wie können Sie dem Ganzen mit Optimismus begegnen? Meine sicherlich für Sie provozierend klingende Antwort lautet: Machen Sie das Beste draus! Schauen Sie nach Möglichkeiten, die in Ihrem Einflussbereich liegen. Setzen Sie Prioritäten. Häufig wollen wir zu schnell zu viel. Was ist das Wichtigste zu diesem Zeitpunkt, damit eine positive Lernatmosphäre unterstützt werden kann?
Können Sie am Ende des Schultages sagen, Sie haben Ihr Bestes gegeben? Dann seien Sie zufrieden mit sich! Für die Strukturen können Sie nichts. Das bedeutet nicht, dass Sie nicht entsprechende Überlastungsanzeigen stellen sollten. Bemühen Sie sich weiterhin um bessere Strukturen, doch lassen Sie sich von dem, was in der Gegenwart passiert, nicht ausbremsen. Man schafft, was man schafft. Ständiges Fokussieren auf das, was fehlt, bestärkt ein Mangelbewusstsein und senkt Ihr Wohlbefinden. Es entzieht Ihnen wichtige Energie, die Sie für die Bewältigung der schulischen Anforderungen benötigen.
Vielleicht kennen Sie die Fabel von den zwei Fröschen, die in einen Krug mit frischer, fetter Milch gefallen waren. Nachdem beide aus dem Krug getrunken hatten, kamen Sie nicht mehr heraus. Sie strampelten und strampelten, bis der eine irgendwann keinen Sinn mehr in seiner Anstrengung sah und ertrank. Der andere Frosch strampelte weiter und gegen Morgen hatte sich ein Klumpen Butter unter ihm gebildet und er konnte entkommen (Äsop, einzusehen unter https://vs-material.wegerer.at/deutsch/d_fabel_froschmilch.htm).
Die innere Überzeugung hat maßgeblich Einfluss darauf, ob man an einer Sache dranbleibt oder nicht. Wenn Sie von vornherein denken, dass es so oder so keinen Sinn hat, wozu sollten Sie sich dann anstrengen? Sie würden in einem solchen Fall Ihr Vorhaben nur halbherzig angehen und somit sich selbst bestätigen, dass es zwecklos ist. Alle Rückschläge wären dann nur weitere Beweise dafür, dass Sie nicht wirksam sind. Wenn Sie hingegen Ihre Aufmerksamkeit auf die Möglichkeiten und Chancen richten und überzeugt sind, eine Wirkung zu haben, dann lassen Sie sich von Rückschlägen nicht unterkriegen. Sie werden stets nach neuen Wegen suchen, um Ihr Ziel zu erreichen.
Ob wir uns selbstwirksam fühlen oder nicht, hängt von den bisherigen Erfahrungen ab, die wir gesammelt haben. Schon als Baby können wir uns wirkungsvoll oder wirkungslos erleben: Wurde unser Schreien erhört? Hatten wir Erfahrungsspielräume, an denen wir wachsen konnten?
Wenn wir insgesamt eine hohe Selbstwirksamkeit entwickelt haben, fühlen wir uns Anforderungen gewachsen und haben die Überzeugung, Herausforderungen meistern zu können. Niederlagen werden als Lernerfahrung interpretiert und als Schablone dafür genutzt, wie man es beim nächsten Mal anders machen kann.
Der Myostatiktest
In meinen Seminaren an Schulen erlebe ich immer wieder, dass sich Lehrpersonen als nicht wirkungsvoll erleben. Besonders dann, wenn Schüler oder Eltern nicht so reagieren, wie sich die Fachkräfte das wünschen. Diese Überzeugung schwächt die tatsächliche Selbstwirksamkeit zusätzlich – ein echter Teufelskreis.