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Dieses eBook: "Revolutionäre Theater-Bibliothek (22 Theaterstücke in einem Buch)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Paul Scheerbart (1863-1915), auch unter seinen Pseudonymen Kuno Küfer und Bruno Küfer bekannt, war ein deutscher Schriftsteller phantastischer Literatur und Zeichner. Inhalt: Rübezahl Der Wetterfürst Okurirasûna Der Schornsteinfeger Der Herr vom Jenseits Herr Kammerdiener Kneetschke Das dumme Luder Es lebe Europa! Die Welt geht unter! Der Regierungswechsel Der fanatische Bürgermeister Der vornehme Räuberhauptmann Geheimnisse Die lustigen Räuber Die Puppe und die Dauerwurst Der alte Petrus, oder Im Himmel spukt es auch Sophie Das Gift Die Wurzeln der Wohlhabenheit Die Urgrossmutter Lachende Gespenster Das Mirakel
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Seitenzahl: 292
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Die jetzt erscheinenden ersten sechs Bände dieser Bibliothek sind nicht in der Reihenfolge entstanden, in der sie herausgegeben werden. Die 21 Stücke in Band II-VI entstanden mit Ausnahme von 2 kleinen in den Jahren 1901 und 1902, der »Rübezahl« im Anfange des Jahres 1903.
Da es auch in diesen Theaterstücken mein Bestreben war, aus den Vorstellungskreisen des Irdischen immer weiter herauszukommen, so musste diese kleine Bibliothek natürlich eine »revolutionäre« werden.
Das revolutionäre Element zeigte sich zunächst bei der Ausgestaltung des äusseren Bühnenbildes. Es war ja ganz selbstverständlich, dass mir die bislang üblichen Bühnenbilder mit dem gesamten Kulissenmaterial für meine Zwecke nicht tauglich erschienen. Aber die weitere Ausgestaltung der einfachen, von mir eingeführten Bühnenbilder führte schliesslich so weit von dem ab, was man sonst auf dem Theater zu sehen gewohnt war, dass mir doch allmählich die Kluft zwischen dem Alten und dem, was ich als Neues bieten wollte, zu gross erschien.
Von dieser Erwägung sind nun die meisten der in Band II-VI zum Abdruck gelangten Stücke lebhaft beeinflusst; es lag mir immer wieder daran, sogenannte »Uebergangsstücke« zu schaffen, um nicht den Zusammenhang mit dem bestehenden Theaterwesen gänzlich zu verlieren.
Und so kam es, dass das schwere Geschütz im Hintergrunde blieb – und dass ich denjenigen, die mit mir in der Theatekunst das Neue haben wollen, nicht revolutionär genug erscheinen dürfte.
Aber es geht nicht Alles auf einmal, und ich muss schon bitten, zunächst diesen »Anfängen« ein geneigtes Ohr und Auge entgegenzubringen, wenn diese Anfänge auch nicht so markig das Theaterleben revolutionieren, wie mans wohl wünschen möchte.
Ich hoffe, dass es mir später gelingen wird, auch den extravaganten Ansprüchen Genügendes gegenüberzustellen.
Was nun über das äussere Bühnenbild gesagt ist, das ist auch über die von mir behandelten Themata zu sagen; ich konnte auch den inneren Gehalt nicht gleich so frei zur Geltung bringen, dass er eine revolutionierende Kraft im radikaleren Sinne auszuströmen vermochte. Auch bei der Wahl und der Behandlung meiner neuen Themata, die zumeist eine Revolution in unsern Lebens- und Weltanschauungen anbahnen sollten, dürfte man mir mit Recht vorwerfen, dass ich noch lange nicht revolutionär genug vorgegangen sei. Ich bitte aber auch hierbei zu berücksichtigen, dass nicht Alles auf einmal geht, und bitte auch dem, was ich inhaltlich biete, wenns auch nur wie Anfänge anmutet, ein geneigtes Ohr und Auge entgegenzubringen. Ich hoffe, dass es mir später gelingen wird, auch inhaltlich so neu zu sein, dass man das Eigenschaftswort »revolutionär« für diese Theaterbibliothek als ein berechtigtes ansehen könnte.
Der in diesem ersten Bande zum Abdruck gelangte »Rübezahl« geht in der Ausgestaltung des äusseren Bühnenbildes ganz in den bislang gewohnten Bahnen und eignet sich zur Einführung in diese »revolutionäre« Theaterbibliothek besser als jedes meiner anderen Stücke; dieser »Rübezahl« ist auch inhaltlich so gehalten, dass das revolutionäre Element nicht als gravierender Bestandteil zur Geltung kommt.
Selbstverständlich soll ein derartiges Experiment mit den alten Formen nicht zum zweiten Male in dieser Bibliothek zur Ausführung gelangen.
Der Verfasser Charlottenburg 18. Dezember 1903
Quiwi, eine Granitfee.
Rüffel, ein Gnom.
Raxer, auch ein Gnom.
Betty Braun, Kammerjungfer.
Victor von Schmalz, ein Steuerbeamter in grüner Uniform.
Paschke, ein Hausknecht.
Ein Milchmann.
Ein alter Schornsteinfeger.
Ein junger Schornsteinfeger.
Erster Tourist.
Zweiter Tourist.
Dritter Tourist.
Zwerge, Feen, Dorfjugend.
Die Handlung spielt mit Ausnahme des vierten Aktes, der auf der Erde spielt, unter der Erde. Zeit: Gegenwart.
Ausgangszimmer in Rübezahls Felsenpalast – ziemlich schmal. Schwarze glänzende unregelmässig behauene Steinwände. Bunte, an Wandhaken hängende Glasampeln. Weisse Felle auf dem Fussboden. Links weisser Felldivan mit der unteren Schmalseite nach vorn. Weisse Fellstühle und kleine Tische. Hinten links in der Seitenkulisse Durchgang. In der Mitte der hinteren Kulisse grosse Ausgangspforte von schwarzen Felsblöcken umrahmt – ohne Türe. Hinter dieser Pforte befindet sich eine aufsteigende Wendeltreppe aus grauem Gestein. Auch über der Treppe bunte Ampeln. Die Ampeln sind alle kantig – nicht rund. Von der Wendeltreppe ist nur die erste halbe Drehung zu sehen.
RÜBEZAHL einfach gekleidet in grüner Joppe und grauen Beinkleidern – roter, schmaler, sehr langer Vollbart – gestickte Hausschuhe. Bringt mir die ältesten Stiefel; es sind immer noch die bequemsten. Die Zwerge laufen geschäftig mit verschiedenen Stiefeln umher. Rübezahl setzt sich auf den Divan und die Zwerge bringen nun auch einen grossen Schafspelz, Knotenstock, weisse Pelzmütze und Pelzhandschuhe von links herbei und legens auf die Fellsessel rechts – bürsten und klopfen an den Sachen. Zu einem Zwerge der Zigarren in eine Zigarrentasche steckt und sie dem Rübezahl übergibt, sagt dieser. Ja, mein Sohn, je mehr Du über die Unendlichkeit nachdenkst, um so deutlicher wird Dir klar werden, dass wir, die wir in dieser Unendlichkeit leben, in einer sehr unbegreiflichen Sache leben. Die Welt ist kein A b c- Buch. Er steckt die Zigarrentasche ein und zieht mit Hilfe der Zwerge seine ältesten sehr langen Stiefel an. Und der grosse Zauber, der in dem Unaufhörlichen lebt, sollte auch die Menschen bezaubern Er steht auf. Aber dieses Schweinepack – gebt mir meinen Schafspelz! – lebt lieber wie das liebe Vieh in einer möglichst »beschränkten« Welt Er zieht den Pelz an und geht nach hinten rechts, wo er mehrmals mit seinem Knotenstock heftig auf den Boden stampft.
RAXER steigt hinten rechts blos mit dem Oberkörper hinter einem Felsstück aus dem Boden heraus. Schwarzes wirres Haar und dicker schlecht gepflegter Bart. Blaues Kattunhemd. Heil Dir, Rübezahl! Soll es schon losgehen?
RÜBEZAHL stampft mit dem Fuss auf. Ja! Und ich will, dass diesmal Alles zittert. Und zehn Tausend Menschen müssen mindestens totgeschlagen werden.
RAXER. Also: Vulkanausbruch mit grösserem Erdbeben! Jawohl – sie werden alle vergiftet, verbrüht und erstickt! Er versinkt – pfeifend in einem Tone.
Rübezahl. Zwerge. Rüffel.
RÜBEZAHL zieht die Handschuhe an und setzt die Pelzmütze auf, während Rüffel langsam die Wendeltreppe herunterkommt. Lebt wohl, Kinder! Jetzt will ich mir mal die Oberfläche der Erde ansehen.
Die Zwerge verbeugen sich linkisch mit Kratzfuss.
RÜFFEL hellblonde Haare. Spitzbart. Braune Sammetjoppe. Gelbseidenes Halstuch. Dunkle Beinkleider. Nachlässig. Na? Soll schon wieder mal der Spektakel losgehen? Willst Dir wohl den Schaden ansehen – was?
RÜBEZAHL. Ja, lieber Rüffel! Gleich gehts los! Pass auf! Er hebt seinen Stock und horcht. Plötzlich furchtbares Gekrache und Getöse – lang andauernd und sehr heftig. Rübezahl steigt währenddem Knotenstock schwingend die Wendeltreppe hinan. Die Zwerge halten sich die Ohren zu und laufen links ab, wahrend Rüffel ganz erschrocken neben dem Divan dem fortgehenden Rübezahl nachblickt.
Rüffel. Quiwi.
QUIWI erscheint hinten links und bleibt nach zwei hastigen Schritten stehen. Ganz feine mattfarbige Schleiergewänder, sehr bleiche Gesichtsfarbe. Rüffel!
RÜFFEL erschreckend. Quiwi! Du siehst ja so bleich aus! Was fehlt Dir?
QUIWI sie spricht zuweilen sehr schnell – und dann wieder stockend – als wenn ihr der Atem ausginge – mit längeren und kürzeren Pausen – aber niemals stotternd. Ich fühle schon – das andere Leben in mir – ich werde nicht – mehr lange – bei – Euch – sein.
RÜFFEL. Jetzt schon? Aber Quiwi! Er geht zwei Schritte auf sie zu. Willst Du hinunter? In den Granit?
QUIWI. Ja, ich will wieder – für lange tausend – Jahre – hinunter – in den Granit – und da – zu Stein werden. Mir fällt es schon – so schwer – zu sprechen. Mir ist so – als würge man mich. – in den Granit – und da zu Stein werden. Mir fällt es schon – so schon – so schwer – zu sprechen. Mir ist so – als würge man mich.
RÜFFEL. Soll ich was tun für Dich? Sehr weich. Kann ich was für Dich tun?
QUIWI sehr schnell. Ja! Ich möchte Dich bitten, mir einen sehr grossen Gefallen zu tun. Kann ich mich – auf Dich – verlassen?
RÜFFEL. Ja! Sprich!
QUIWI zwei Schritte hastig nach vorn gehend, sodass sie hinter dem Divan ungefähr in der Mitte zwischen der linken Seitenkulisse und der Mitteltreppe steht. Rüffel setzt sich im Folgenden rechts auf einen Fellstuhl. Du weisst – ich muss tausend Jahre tief unten im Gestein leben. Aber Du weisst auch, dass ich da in der langen Zeit nicht tot bin – ich führe da nur ein anderes Leben, das vielleicht ähnlich ist – dem Traumleben der Menschen. Aber dasselbe ist es nicht. Es ist sehr viel mehr. Ich weiss da sehr wohl, wo ich bin – und – werde – mich sehr einsam – fühlen – in der langen Zeit. Und deshalb – ach – es eilt so – ich muss Dich bitten – nein – bleib da – setz Dich wieder! Rüffel, der aufgestanden war, setzt sich wieder. Und deshalb – weil ich mich da unten so einsam fühle, möchte ich, dass Ihr Alle unten in meiner Nähe wäret – ich möchte, dass Rübezahl mit seinem Felsenpalaste in die Tiefe sinkt – in die grossen Granitadern hinein – die den Mittelpunkt der Erde – umklammern.
RÜFFEL. Aber Rübezahl will doch die Menschen – nicht verlassen.
QUIWI. Und er hasst die Menschen.
RÜFFEL. Das tut er – weil sie ihm zu beschränkt sind.
QUIWI. Weil sie – sich nicht – ihm zu Liebe ihren Horizont erweitern lassen.
RÜFFEL. Ja – aber Rübezahl wird nicht aufhören, sie dafür zu hassen – und zu quälen Getöse von Erdbeben in der Ferne. Und man hört es nur zu oft, wie er sie quält!
QUIWI. Es ist – aber – doch – sehr einfach, ihn abzulenken; man muss ihm blos – den Menschenhass verekeln.
RÜFFEL aufspringend. Allerdings! Wenn du das fertig brächtest –
QUIWI. Menschen brauchen wir dazu. Ich werde ihm erzählen, dass er in neuer Form die Menschen zwiebeln muss. Und um nun die empfindlichste Art der Menschenzwiebelung kennen zu lernen, müsste er nichtswürdig veranlagte Menschen hier unten ausforschen. Und solche Menschen muss uns Raxer besorgen. Raxer versteht das. Verstehst Du, wie ichs meine?
RÜFFEL. Ja – ich soll den Raxer vorbereiten – nicht wahr?
QUIWI. Richtig, aber Du darfst ihm nicht sagen, dass ich dem Rübezahl den Menschenhass – abgewöhnen möchte.
RÜFFEL. Keineswegs! Aber Raxer geniesst Rübezahls Vertrauen – allerdings – er muss die Menschen besorgen – herbringen – und das kann er auch.
QUIWI. Fahr hinunter zu ihm – und mach Deine Sache recht gut; Rübezahl kommt bald zurück – mit ihm muss ich allein sprechen.
RÜFFEL. Ich werde dem Raxer auseinandersetzen, dass wir die Menschen noch viel empfindlicher treffen müssen – und einen Menschenhass heucheln! Oh – er soll ganz verblüfft sein. Ich gehe mit Dir zusammen! Steht auf, reicht ihr die Hand. Du weisst, mir ist Rübezahls Art auch nicht recht; er sollte seine agitatorischen Allüren ablegen. Was geht ihn das ganze Menschengeschlecht an? Wozu muss er immer seine kosmische Weisheit den Menschenköpfen aufdringen? Wozu? Er will ein geistiger Potentat sein – auch da oben auf der Rinde – und das gelingt ihm nicht – und daher ist er Menschenfeind. Das geistige apostolische Potentatentum hat aber doch sehr komische Seiten. Man sollte sich mehr um sich selber kümmern – und schliesslich nur bei sich selber bleiben, Er küsst ihre Hand und lässt sie los, geht nach hinten rechts hinter den Felsblock und sinkt im Folgenden langsam in die Tiefe. Auf Wiedersehen, liebe Quiwi! Bleibe fest! Du sollst nicht einsam unten sein.
QUIWI. Sei schnell!
Quiwi. Feen.
Quiwi setzt sich auf den Divan und drückt auf eine Tischglocke, die tief in einem Tone ertönt.
ERSTE FEE wie die andern von hinten links herbeikommend. Was wünschest Du?
QUIWI. Die Fingerspitzen werden mir so kalt.
DIE FEEN reiben die Fingerspitzen und hauchen sie an – dabei durcheinander schwatzend. Die sind ja schon so kalt. Arme Quiwi! Willst Du noch etwas? Sollen wir immer bei Dir bleiben? Wirst Du uns auch nicht vergessen? Erzähle uns doch, wie Dir unten zu Mute ist.
QUIWI. Das erzähl ich Euch später.
ERSTE FEE. Aber wenn Du früher starr wirst?
QUIWI. Plötzlich kommt es nicht. Ich merks vorher. Ich danke Euch für die Erwärmung. Wenn Rübezahl kommt, so geht gleich fort. Ich will mit ihm allein sein.
ERSTE FEE. Er kommt ja schon! Hör doch!
DIE ANDERN FEEN durch einander. Wir gehen schon. Lebe wohl, Quiwi! Vergiss uns nicht, wenn Du unten bist. Ruf uns nur, wenn Du was willst. Links ab.
Quiwi. Rübezahl.
RÜBEZAHL polternd die Treppe runterkommend. Quiwi? Du hier? Du siehst ja so bleich aus!
QUIWI. Ich werde nicht mehr lange in Deiner Nähe sein. Ich muss wieder hinunter. Die Fingerspitzen werden mir schon so kalt. Und – mit – der Sprache – wills zuweilen – garnicht mehr gehen. Auch in den Füssen hab ichs – und dann zuckts oft durch den ganzen Körper.
RÜBEZAHL. Aber warum hast Du das nicht früher gesagt?
QUIWI. Ich habs erst vor ein paar Stunden bemerkt.
RÜBEZAHL. Ja – willst Du denn schon hinunterfahren – zum Mittelpunkt?
QUIWI. Noch nicht – aber bald.
RÜBEZAHL setzt sich, ohne abzulegen, vor ihr auf einen Fellstuhl. Armes Kind! Wenn ich Dir eine Erleichterung schaffen könnte!
QUIWI. Lass nur! Du hast ja so viel mit den Menschen zu tun.
RÜBEZAHL. Oh, du wirst bitter.
QUIWI. Du irrst Dich; ich möchte Dir vor – meinem Fortgange – noch einen – Gefallen – tun.
RÜBEZAHL. Aber Quiwi! Willst du auch anfangen, die Menschen zu hassen?
QUIWI. Dazu werde ich unten keine Zeit haben – aber ich könnte Dir sagen, wie Du Deinen Menschenhass schärfer zum Austrage bringen könntest.
RÜBEZAHL. So? Na wie?
QUIWI. Menschen selber wissen es am besten, wie Menschen am heftigsten gequält werden. Du musst Dir ein paar Menschen herbringen lassen und von ihnen zu erfahren suchen, wie man am stärksten die Menschen verwundet.
RÜBEZAHL. Der Einfall ist gut.
QUIWI. Doch die Sache eilt. Ich kann nicht mehr lange hier sein – und ich möchte Dir doch – beim Ausforschen der Menschen – etwas – behilflich sein.
RÜBEZAHL. Quiwi, ich danke Dir! Du weisst, was mir fehlt! Du weisst, wie mich die Wut zernagt. Ich habe vergeblich mich bemüht, den Menschen grössere Welträume aufzutun. Die Menschen sind gemein und erbärmlich, und meine Freundlichkeit ist zum wilden Hass geworden. Sie sollen jetzt mit Gewalt aufgerüttelt werden. Wo die guten Worte nicht mehr ziehen wollen – da soll die Peitsche ziehen. Ich muss wirklich – Du hast ganz Recht – schärfer vorgehen – und wie man das macht – Du hast wirklich ganz Recht – das kann man am besten von den Menschen selber erfahren.
QUIWI. Von den erbärmlichsten schlechtesten Menschen.
RÜBEZAHL. Und die willst Du hier empfangen?
QUIWI. Sage dem Raxer, er möchte mir die Menschen bringen – ich werde ihm hier sagen, wie ichs haben möchte.
RÜBEZAHL. Gleich?
QUIWI. Ja – gleich!
Rübezahl klopft hinten rechts mit dem Stock und Raxer erscheint wie im ersten Auftritt.
Quiwi. Rübezahl. Raxer.
RAXER. Heil Dir, Rübezahl! Was giebts Neues?
RÜBEZAHL. Tu Alles, was die Quiwi Dir sagen wird – und tus gleich – so schnell Du kannst – komm rauf.
QUIWI. Ich danke Dir.
RÜBEZAHL. Ich habe Dir zu danken Küsst ihr die Hand und geht hinten links ab, während Raxer in die Mitte kommt und sich dort auf einen Fellstuhl setzt – der Quiwi gegenüber, die auf dem Divan sitzen bleibt wie im vorigen Auftritt.
Quiwi. Raxer.
RAXER schüttelt den Kopf. Dir geht's nicht gut.
QUIWI. Meine Zeit ist um.
RAXER. Da tu' ich Dir gerne jeden Gefallen.
QUIWI. Ich danke Dir!
RAXER. Sprich nur!
QUIWI. Die Sprache – fällt – mir – schon schwer. Sieh – wenn ich unten bin, wird mirs zuweilen schmerzhaft sein, wenn ich was von den Erdbeben höre. Und deshalb möchte ich, dass Rübezahl die Menschen in anderer Weise quält – in einer empfindlicheren Weise.
RAXER. Oho! Bist du auch zum Menschenfeinde geworden? Vor zwei Minuten hörte ich den Rüffel in derselben Tonart blasen. Denke nur: Rüffel! Rüffel, der sonst nur Welten schaffen will – der dazu fortwährend neue Wesen – mit neuen Leibern – in Ton knetet! Dieser Rüffel will jetzt auch blos die Menschen hassen! Die Sache kommt mir beinahe verdächtig vor.
QUIWI. Garnichts ist daran verdächtig; ich habe mit Rüffel bereits gesprochen – und zu Dir sprach er in meinem Auftrage.
RAXER. Ach so! Na – denn entschuldige! Ich gebe im Uebrigen zu, dass die Erdbeben den Menschen garnicht empfindlich genug treffen; das einfache Totschlagen macht den Hass nicht kühl.
QUIWI. Also: Du weisst schon!
RAXER. Ja – ich soll Menschen besorgen, von denen wir das Menschenschinden besser lernen können. Etwas demütigend, dass wir das nicht selber besser wissen. Aber mir leuchtet wohl ein, dass die Gnome nicht so genau die menschliche Natur kennen dürften – wie die Menschen selbst.
QUIWI. Und wir brauchen Dich, denn Du bist Sammler! Du sammelst nicht blos schöne Steine – sondern auch schöne Menschencharaktere.
RAXER holt einen Rubin vor. Ja – und nun braucht Ihr meine Sammlungen! Schenkt ihr den Rubin.
QUIWI. Ich danke Dir! Ich danke Dir! Drückt ihm die Hand. Aber – hast Du auf Lager, was ich meine? Und – kannst Du mir so was – Schauderhaftes – herbringen?
RAXER. Willst Du Leute, die Millionen unterschlugen?
QUIWI. Sie sind besser als ihr Ruf.
RAXER. Massenmörder?
QUIWI. Oft blos Produkte krankhafter Liebe.
RAXER. Machthaber? Echte Machthaber?
QUIWI. Die sind mir alle – nicht raffiniert genug.
RAXER. Ah – vielleicht unechte Machthaber?
QUIWI. Also: Pseudopotentaten! Ja – das wäre was.
RAXER. Mit Beamtencharakter oder Spekulanten?
QUIWI. Mit Beamtencharakter.
RAXER. Ich kenne einen Steuerbeamten.
QUIWI. Gut! Und ausserdem?
RAXER. Ausserdem? Ich empfehle Dir den Gegensatz – einen Stiefelputzer – Hausknecht – gemeine Dreckseele –
QUIWI. Gut! Nun noch was Verrücktes!
RAXER. Ein Weib!
QUIWI. Gut! Ein brutalisiertes – fortgeworfenes!
RAXER. Aber gesellschaftlich geschliffen muss es sein.
QUIWI. Gut! Gut! Das wären Drei – bitte – bitte – bring sie mir!
RAXER. Gleich?
QUIWI. Gleich – ja!
RAXER. Gut! Lebe wohl! Er drückt ihr die Hand und geht eilig mehrere Stufen zugleich nehmend die Wendeltreppe hinauf-pfeifend.
Quiwi allein.
QUIWI. Er tut – was ich will! Sich aufstützend. Das ist ein gewandter Gnom! Und er sieht – immer – so ruppig aus! Aber von den – geistigen Potentaten – sprach er nicht! Natürlich! Die sind ja auch nicht böse! Sie sind anders. Rübezahl! Rübezahl ist ein geistiger Potentat und – ein schöner Wüterich! Und der – soll nicht böse sein? Lacht. Ich danke schön! Er ist voll Ingrimm – und der – ist auch – böse. Jetzt fallen mir – die Augen zu! Wer ist – hier – bei – mir? Rüffel steigt rechts aus der Versenkung heraus.
Quiwi. Rüffel.
QUIWI. Wenn ich auch nicht sehe – so weiss ich doch, was vorgeht. Rüffel starrt sie, ohne mit dem ganzen Körper nach oben zu kommen, weit vornüber gebeugt mit grossen Augen an. Schon beginnt – für mich – das andre Leben. Die ersten Fieberschauer – kommen schon. Ich bleibe – nicht mehr lange – bei Euch. Und ich sehe doch durch alle Felsen durch – und sehe, was Ihr wollt und tut: Rübezahl wütet – Raxer tut, was ich will – und Rüffel tut, was er will. Und in der grossen Welt – zerfliessen wieder – tausend Schleier. Und viele viele Wesen lernen tiefer hineinschauen – in die grosse weite Welt. Und ich sehe, wie sie das lernen – langsam, aber mit Beharrlichkeit tun sies. Und die Schleier zerfliessen – und die Augen sind nicht mehr nötig – andre Tastsinne recken sich auf – und die tasten noch weiter hin Mit erhobenen Händen. in die Welt hinein – durch alle Sterne durch – in manches Geheimnis – und in neue Dinge – über die sich Alle wundern. Dass aber so sehr viel Neues näher rückt – so sehr viel – immer näher! Ich fürchte mich – es rückt mir – zu nah! – das Neue! – Es drückt mich!
Sie sinkt zurück. Zwei kleine Zwerge steigen – mühsam eine Stange Gold tragend – die Treppe runter. Rüffel ist unbeweglich.Vorhang.
Durchgangszimmer in Rübezahls Felsenpalast – ebenso schmal wie das im ersten Aufzuge. Das Gestein auch wie dort schwarz glänzend und unregelmässig behauen. Hinten rechts und links neben der zwei Meter breiten Mitte zwei Felsen-Fenster, die vom Fussboden aufsteigend ganz offen ohne Glas und zwei Meter hoch sind; die Fensterrahmen sind ziemlich tief und bestehen auch nur aus schwarzem unregelmässig behauenem Stein. Hinter den Fenstern Aussicht auf weite Bergwerke mit buntem Gestein und wechselnden farbigen Lichtern und Goldadern. Vor der Mitte zwischen den Fenstern ein runder Tisch mit wurzelförmigem Fuss. Holzsessel in entsprechender Form. Lampen mit orangefarbigen tief herabhängenden Lampenschleiern – auf Stöcken, die unten auch Wurzelform haben. Ein paar Moossteine auf dem Fussboden. Hinten in der linken Seitenkulisse ein Eingang, der nach unten geht, und hinten in der rechten Seitenkulisse ein Eingang, der mit kleiner Treppe nach oben geht. Beide Eingänge von schwarzem Gestein nach vorne zu geländerartig verdeckt.
Rüffel. Raxer.
RAXER dessen Kopf hinterm rechten Fenster dicht überm Fussboden erscheint. Die drei Menschen sind schon da.
RÜFFEL am runden Tisch sitzend, sich umdrehend. Wo sind sie?
RAXER. Sie werden Euch feierlichst hinter einander vorgestellt werden.
Legt sich mit dem Oberkörper auf den Fussboden, ohne aus dem Fensterrahmen herauszukommen.
RÜFFEL. Weisst Du auch, Raxer, dass ich lieber Sammler sein möchte, so wie Du es bist?
RAXER. Das weiss ich nicht, glaubs auch nicht.
RÜFFEL. Du glaubst sehr selten, immer bist du misstrauisch.
RAXER. Ja, dazu haben wir doch Ursache! Wir, die wir so vieles durchschauen, uns selber und uns gegenseitig durchschauen wir doch nicht; Du durchschaust mich nicht – und ich durchschaue Dich nicht. Das musste wohl so kommen; der weite Blick, den wir hier unten haben, ist in der Nähe nicht zu gebrauchen.
RÜFFEL. Dann will ich Dir sagen, was ich dachte: ich dachte an Rübezahl und Raxer und an die Quiwi und an mich selbst, und dabei kams mir so vor, als ob ich selbst das schwerste Leben führen musste – denn ich will neue Ideen nicht blos hervorbringen, ich will sie auch festhalten, ausgestalten und plastisch niederlegen – während Ihr Alles ruhig im Kopfe herumwälzet und nichts Neues zur äusseren Erscheinung macht. Rübezahl und Du – Ihr macht Euch die nötige Bewegung blos durch den einfachen Hass.
RAXER. Ha! Ha! Dacht' ichs mir doch! Der »einfache« Hass! Lieber Rüffel, ich hatte also doch Recht, Quiwi erscheint von links. als ich an die Ehrlichkeit Deines Menschenhasses nicht glauben mochte.
Rüffel. Raxer. Quiwi.
QUIWI. Von Ehrlichkeit des Menschenhasses ist bei uns auch nie die Rede gewesen; es erschien uns aber der Menschenhass als gutes Mittel, stärkere Erregungen auf der Erde zu erzeugen – und darum ...
RAXER setzt sich im Fensterrahmen auf den Fussboden. Und darum? Also Euch ist der Menschenhass eigentlich blos Mittel zum Zweck?
QUIWI setzt sich links an den Tisch. Allerdings!
RÜFFEL. Der Hass schafft, wie ich schon bemerkte, Dir und dem Rübezahl die erwünschte Bewegung – der Hass kann also auch an andern Stellen die erwünschte Bewegung hervorrufen.
RAXER. Na – wir reden darüber später noch einmal. Ich traue Euch nicht, aber ich schicke Euch trotzdem die erbetenen Menschen zu. Versinkt hinter dem Fenster.
Rüffel. Quiwi.
RÜFFEL. Er merkt was.
QUIWI. Das scheint mir auch so.
RÜFFEL. Was ist da zu machen?
QUIWI. Garnichts.
RÜFFEL. Ob wir ihm die Wahrheit sagen?
QUIWI. Er ist zu hart. Aber ich wills mir überlegen. Raxer tut, was ich will. Rüffel – tut – was – er will.
RÜFFEL. Ich tue nicht, was Raxer will.
QUIWI. Nein, Du tust, was Du selber willst.
RÜFFEL. Doch unsre Wünsche begegnen sich.
QUIWI. Also: Interessengemeinschaft!
RÜFFEL. Nu ja! Aber die knüpft oft fester an einander als die – simple – Sympathie.
Rüffel. Quiwi. Viktor v. Schmalz. Zwei Feen.
QUIWI. Ah! Sie kommen!
Durch den Eingang in der rechten Seitenkulisse kommt eine Fee herunter, der Herr von Schmalz folgt – hinter diesem die zweite Fee.
RÜFFEL. Wollen wir mit dem Menschen allein verhandeln?
QUIWI. Oh! Meine Feen können ruhig zugegen sein.
VON SCHMALZ wirft unmutig den Kopf zurück, legt die Hand militärisch grüßend an seine Mütze und sagt scharf. Mein Name ist von Schmalz, mit wem habe ich die Ehre?
QUIWI während sich die Feen links auf zwei Stühle setzen und sich eifrig im Folgenden gegenseitig was ins Ohr flüstern. Ja, setzen Sie sich zunächst auf jenen Stuhl. Von Schmalz setzt sich rechts vom Tisch der Quiwi gegenüber, neben Rüffel.
RÜFFEL. Haben Sie schon im Zuchthaus gesessen?
VON SCHMALZ aufspringend. Mein Herr, ich bin es nicht gewohnt, mich beleidigen zu lassen.
QUIWI. Setzen Sie sich zunächst wieder.
Er tuts zögernd.
VON SCHMALZ. Meine Gnädigste, ich verstehe garnicht – bin ich hier unter Räubern und Dieben?
QUIWI. Sie sind in Rübezahls Felsenpalast.
VON SCHMALZ. Sie sind scharmant, meine Gnädigste.
QUIWI. Und Sie sind sehr dreist. Aber das schadet unter den obwaltenden Umständen keineswegs.
VON SCHMALZ. Jetzt möchte ich aber wissen, was Sie eigentlich von mir wollen.
QUIWI. Sie sollen uns erzählen, wie man die Menschen in der infamsten Weise malträtieren kann.
VON SCHMALZ. Ich? Sie verwirren mich. Ich verstehe nicht – soll ich als Steuer-Beamter Ihre – Schmuggelgeschäfte – fördern?
RÜFFEL. Der Herr von Schmalz ist ziemlich gewandt. Wir werden uns später schon verständigen.
VON SCHMALZ. Mein Herr, bevor Sie mir nicht Satisfaktion gegeben haben, spreche ich mit Ihnen kein Wort.
RÜFFEL. Herr von Schmalz, ich bin ein Gnom.
VON SCHMALZ. Und ich bin königlicher Beamter.
RÜFFEL. Sie können das ruhig bleiben.
Die Vorigen. Paschke und mehrere Zwerge.
QUIWI. Herr von Schmalz, warten Sie doch die Aufklärung ab.
Paschke wird von den Zwergen auch von rechts wie von Schmalz eingeführt.
VON SCHMALZ. Ihnen, mein Fräulein, stehe ich jederzeit zu Diensten.
QUIWI zu Paschke. Wie heissen Sie und was sind Sie?
PASCHKE. Ich heisse Paschke und bin eigentlich ein verbummeltes Genie.
RÜFFEL. Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?
PASCHKE. Momentan bin ich Hausknecht – Hausknecht im vornehmsten Hotel meiner Vaterstadt.
QUIWI. Setzen Sie sich an unsern Tisch.
VON SCHMALZ aufspringend. Meine Gnädigste, mit einem Hausknechte sitz ich nicht an einem Tisch. Ich bedaure sehr.
QUIWI zu den Feen. Führt Herrn von Schmalz in ein Nebenzimmer und nehmt die Zwerge gleich mit Die Feen gehen mit Herrn von Schmalz und den Zwergen links ab in die Seitenkulisse nach unten, während sich Paschke aus den Stuhl des Herrn von Schmalz setzt.
Quiwi. Rüffel. Paschke.
PASCHKE. Meine sehr verehrten Herrschaften! Ich erkläre Ihnen gleich ohne alle Umstände, dass Sie ganz frei über mich verfügen können. Die gradezu glänzende Maskerade in diesem unterirdischen Schlosse hat mich einfach geblendet. Sagen Sie, was ich tun soll – ich tus – und wenns auch gefahrvoll ist.
QUIWI. Sehr gut! Sie brauchen sich aber unsertwegen nicht in Gefahren zu stürzen. Sie sind hier in Rübezahls Palast.
PASCHKE. Oh! Ich verstehe – verstehe ganz genau.
QUIWI. Ach, Sie missverstehen blos. Denken Sie mal darüber nach, wie man den Menschen die intimsten Schmerzen bereiten könnte.
PASCHKE. Allen die Zähne einzeln ausziehen.
QUIWI. Das geht zu schnell – etwas, das länger weh tut.
Rüffel. Quiwi. Paschke. Raxer. Betty Braun.
RAXER der mit der Betty Braun von unten aufsteigend wieder hinter dem rechten Fenster erscheint und der Betty behilflich ist, durchs Fenster ins Zimmer hineinzuklettern. So! Da wären Sie also auch an Ort und Stelle. Ist der Herr von Schmalz schon wieder fort?
QUIWI. Fortgeschickt.
RAXER. Taugt er nichts?
RÜFFEL. Eine vortreffliche Nummer.
RAXER. Na – das freut mich! Fräulein Betty Braun steht vor Euch – eine Kammerjungfer!
BETTY sich verbeugend mit schwedischem Knix. Aufzuwarten!
QUIWI. Setzen Sie sich an unsern Tisch.
Betty tuts mit dem Rücken gegen das Publikum.
RAXER. Drüben sehe ich den Herrn Rübezahl in den Goldadern herumwühlen.
QUIWI. Bring ihn her, lieber Raxer. Ich sage Dir übrigens vorläufig meinen allerschönsten Dank.
RAXER. Hat nichts zu sagen.
Versinkt wieder rechts.
BETTY. In den Goldadern? Ach hier ist es herrlich! Blickt umher.
Quiwi. Rüffel. Betty. Paschke.
QUIWI. Lieber – Rüffel – ich bekomme – plötzlich wieder – einen Krampf. Die Finger reiben!
Sinkt zurück.
BETTY. Oh! Die Finger spitzen?
Hat Quiwis Hände ergriffen und reibt sie.
RÜFFEL aufstehend. Quiwi! Geht es vorüber?
QUIWI. Es – wird schon wieder – besser!
Erholt sich.
RÜFFEL ans linke Fenster tretend. Rübezahl kommt schon.
QUIWI zu Betty. Ich danke Ihnen.
Rübezahl. Quiwi. Rüffel. Betty. Paschke.
RÜBEZAHL durchs linke Fenster rasch und behende einsteigend – gekleidet wie am Anfange des ersten Aufzuges. Also: das Gesindel ist schon in meinem Palast? Zu Paschke. Wer bist Du?
PASCHKE aufstehend und sich nachher wieder setzend. Ich bin der Hausknecht Paschke.
BETTY auch aufstehend und sich dann wieder hinsetzend. Ich bin die Kammerjungfer – die Betty.
RÜBEZAHL. Da soll ja noch son grüner Kerl sein – wo ist der denn?
Er setzt sich hinten an den Tisch, so dass sein Gesicht dem Publikum zugekehrt ist. Vom Publikum aus gesehen sitzt Rüffel rechts vom Rübezahl, Quiwi links, Betty neben der Quiwi, Paschke neben Rüffel.
RÜFFEL. Der Grüne ist im Nebenzimmer.
RAXER. Den Grünen werde ich holen – ich schick ihn gleich her.
Links durch die Seitenkulisse nach unten ab.
RÜFFEL. Ich begleite Dich. Folgt dem Raxer.
Rübezahl. Quiwi. Betty. Paschke.
RÜBEZAHL zu Quiwi. Nun? Bist Du zufrieden mit dem Menschenpack?
QUIWI. Ich danke Dir, Rübezahl!
RÜBEZAHL. Ein Hausknecht und eine Kammerzofe in meinem Felsenpalast! So was ist auch noch nicht dagewesen. Und was ist der Grüne?
QUIWI. Ein Steuerbeamter, der uns für eine Räuberbande hält.
RÜBEZAHL auf den Tisch schlagend. Donnerwetter! Im Ernste? Na, die Geschichte wird gut. Lacht.
Rübezahl. Quiwi. Betty. Paschke. Von Schmalz.
VON SCHMALZ von links hereinkommend und gleich auf Rübezahl zugehend – schneidig. von Schmalz!
RÜBEZAHL. Setz Dich, mein lieber Schmalz!
VON SCHMALZ bleibt stehen und dreht sich wütend den Schnurrbart. Ich bin ein königlicher Beamter.
RÜBEZAHL. Du bist mir als Bösewicht und Menschenschinder gut empfohlen. V. Schmalz setzt sich. Ich will hoffen, dass Du der Empfehlung Ehre machst. Sonst könnte Dirs schlecht gehen.
QUIWI. Entschuldige mich – mir ist nicht wohl Geht nach rechts oben ab.
Rübezahl. Betty. Von Schmalz. Paschke.
RÜBEZAHL. Sag mal, edler Schmalz, Du denkst, Du wärst hier in einer Räuberhöhle?
VON SCHMALZ. Das soll ich gesagt haben?
RÜBEZAHL. Ach so! Du hast das garnicht gesagt?
VON SCHMALZ. Ist mir nicht eingefallen.
RÜBEZAHL. Eine saubere Gesellschaft! In meinem Palast – ein Steuerbeamter! Steht auf und geht nach links. Wartet hier – ich komme gleich zurück! Raxer! He! Raxer! Links nach unten durch die Seitenkulisse ab.
Betty. Von Schmalz. Paschke.
VON SCHMALZ zu Paschke. Herr Paschke, entschuldigen Sie bitte mein Benehmen von vorhin – aber ich wollte versuchen – mit Schneidigkeit – durchzudringen.
PASCHKE der rechts am Tische sitzt, während von Schmalz links ihm gegenüber sitzt. Begriff sofort – aber Schneidigkeit hier ganz verfehlt.
VON SCHMALZ. Mit den Wölfen muss man heulen.
PASCHKE. Mitgefangen – mitgehangen.
VON SCHMALZ. Sie spassen noch – aber mir wird unheimlich zu Mute. Wir sind hier in die grösste Schmugglerbande hineingeraten – und ich weiss garnicht wie.
BETTY. Meine Herren, mir kommt die Geschichte sehr romantisch vor. Steht auf. Gestatten Sie, dass ich mich auf Rübezahls Stuhl setze, Tuts. Ich will mal sehen, wie ers aufnimmt. Der rotbärtige Kerl ist auch so romantisch. Und ich liebe die Romantik.
VON SCHMALZ. Wenn wir diese Gesellschaft an den Galgen bringen könnten! Das gäbe eine schöne Belohnung!
BETTY. Aber, meine Herren! Sehen Sie sich doch lieber die Goldadern an! Rechts und links neben mir Goldadern! Was bedeutet dagegen eine staatliche Belohnung? Machen Sie gute Miene ...
VON SCHMALZ dreht sich um zum linken Fenster. Goldadern? Springt auf. Alle Wetter!
PASCHKE springt auch auf und legt sich vor dem rechten Fenster lang hin auf den Bauch, so dass er mit dem Kopf über den Fussboden hinunterblicken kann in die Bergwerke. Das sieht so wie Gold aus. Hier ist ein Stück. Langt mit den Armen runter. Das Gold ist echt.
VON SCHMALZ hat sich ebenso wie Paschke vor dem linken Fenster hingelegt. Da kann man ja – den Verstand verlieren.
BETTY. Verlieren Sie nur nicht das Gleichgewicht.
Rübezahl. Raxer. Betty. Von Schmalz. Paschke.
RÜBEZAHL der mit Raxer von links heraufkommt. Liegenbleiben! Weh dem, der sich rührt!
BETTY sitzend hastig. Die beiden Männer sehen nach den Goldadern – sie wollen sich wahrscheinlich die Taschen vollstecken. Ich aber, Herr Rübezahl, verachte das Gold – und deswegen habe ich mich mit dem Rücken gegen diese Wand gesetzt. Entschuldigen Sie nur, dass ich mich dabei aus Versehen auf Ihren Stuhl gesetzt habe.
RAXER. Nein – so was! Die Betty will wohl mehr als Gold.
RÜBEZAHL. Scheint mir auch so – Brillanten sind wertvoller.
BETTY. Ich verachte auch die Brillanten.
RAXER. Hier hast Du einen.
Gibt ihr einen Brillantring.
BETTY. Ich nehme ihn für meine Mutter.
Nimmt.
RAXER. Ein gutes Kind!
RÜBEZAHL. Steht alle auf!
Alle drei springen auf.
VON SCHMALZ. Herr Rübezahl, ich bitte um ein Gespräch unter vier Augen.
RÜBEZAHL zögernd. Na – meinetwegen! Raxer, führ die beiden andern Menschen nach unten. Ich klopfe nachher. Raxer mit den Beiden nach links ab.
Rübezahl. Von Schmalz.
RÜBEZAHL setzt sich rechts an den Tisch, von Schmalz im Folgenden links. Also: möglichst kurz!
VON SCHMALZ eilfertig.