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Zu Halloween erzählt ein Lehrer seinen Schülern eine seltsame Geschichte, die er behauptet durchlebt zu haben. Viele Jahre später macht sich einer dieser Schüler zusammen mit einem Freund auf den Weg, um der Sache auf den Grund zu gehen.
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Seitenzahl: 49
Jede Gegend, überall auf der Welt, hat diese lokal-spezifischen urbanen Legenden, die sich einfach weigern zu sterben. Diese Geschichten ranken sich oft um psychiatrische Anstalten am Rande der Stadt, in denen es spuken soll, oder eine Kreatur, die in den nahegelegenen Wäldern leben soll, oder einen Geist, der einen einsamen Straßenabschnitt außerhalb der Stadt heimsuchen soll. Es gibt immer eine Gemeinsamkeit bei diesen Erzählungen; niemand ist jemals an diesen Orten gewesen, hat die Kreaturen gesehen oder den Spuk mit eigenen Augen mitverfolgt. In jeder Generation gibt es ein paar Leute, die stets verkünden werden, dass sie „jemanden kennen, dessen Schwester des besten Freundes ihres Bruders zu diesem Geisterhaus mit den 13 Stockwerken gegangen ist, in dem es echtes Blut und Schlangen und Spinnen gegeben hat, und das es so gruselig war, dass niemand es jemals da durch schaffen könnte.“ Genau die selben Leute sind es, die auf diese Geschichten schwören, aber nie dazu in der Lage sind auch nur den Hauch eines Beweises oder zumindest den Namen von jemandem, der es beweisen könnte, zu nennen, einfach „weil jeder in der Gegend ja genau weiß, dass die Geschichte wahr ist“. Diese Geschichtenerzähler geben die Erzählungen dann an ihre Kinder weiter, die sie dann zumindest so weit modifizieren, um mit dem Wandel der Zeit mitzuhalten. Und dann fängt der Kreislauf von vorne an. Ich bin so skeptisch wie die meisten anderen auch, wenn es um solche Geschichten geht. Auch wenn ich, als ich etwas jünger war, schon fast ein Junkie war. Durchgehend suchte ich nach mehr und mehr furchterregenden Geschichten über die Gegenden, in denen ich zu den Zeiten lebte. Ich erfand und verbreitete Geschichten über heimgesuchte Pizzaläden in New York, oder meinen „Cousin“, der dem Jersey Devil begegnet war, oder meinen „Großvater“, der in den Wäldern von Colorado Bekanntschaft mit einer wilden, menschenähnlichen Dämonenkreatur gemacht hatte. Ich habe sogar die einzige Regel gebrochen, die es bei solchen Geschichten gibt, und habe mich selbst mit eingebaut. Im Nachhinein gesehen, hat das ziemlichen Mut erfordert, denn so musste ich sichergehen dass ich die Geschichte jedes mal exakt genau so erzähle. Überraschenderweise bin ich nie aufgeflogen. Ich mag den Gedanken, dass ich einige wundervolle Dinge zu den unzähligen Urbanen Mythen in den westlichen und nordöstlichen Staaten beigetragen habe; ich bin sehr oft umgezogen. In mir breitete sich immer eine Welle der Freude aus, wann auch immer ich durch die Schulkorridore ging und hörte, wie meine Klassenkameraden die Geschichten an ihre Freunde weitergaben und hier und da ein paar Kleinigkeiten dazu erfanden, als wäre das alles eine einzige, große Runde stille Post. Natürlich wusste ich, dass die Geschichten alle frei erfunden waren, doch ich beharrte darauf, wann immer mich jemand danach fragte. Ich schaffte es sogar, ein wenig zu schauspielern, sprach mit zittriger Stimme oder sah schockiert aus, wenn ich mir eine Situation die ich angeblich miterlebt hatte in Erinnerung rief. Ich schätze, dieser Aspekt meiner Kindheit führte zu meiner momentanen Zwickmühle, welche ich im Anschluss in voller Ausführlichkeit noch beschreiben werde, damit die Leute im Internet daraus ziehen können, was auch immer sie wollen. Ich sehe diese Einleitung als eine Art Disclaimer, gerichtet gerade an die Leute, die meine Geschichte hinterfragen. Jahrelang war ich die Person, die vor dem Wolf gewarnt hat, doch ich versichere euch mit jedem bisschen Ehrlichkeit, über das ich verfüge, dass der Wolf dieses mal real ist. Wie man aus der Einleitung ja bereits schließen konnte, bin ich in meiner Schulzeit oft umgezogen. Meine Eltern hatten nichts mit irgendwelchen Zweigen des Militärs zu tun, es war einfach nur nicht ihr Ding allzu lange an einem und dem selben Ort zu bleiben. Ich gehe davon aus, dass mich das beeinflusst hat, aber es hat mich nie verletzt oder Ähnliches. Während ich aufwuchs habe ich mich oft und gerne zum Affen gemacht. Ich habe schnell Freundschaften geschlossen und war oft der Klassenclown, was oft dazu führte dass einige Lehrer mich nicht mochten. Aber das war nie wirklich ein Problem, normalerweise wohnte ich eh schon in einem anderen Staat wenn das nächste Schuljahr anbrach. Meine Freundschaften waren oft vergänglich, genau so wie jegliche positiven Beziehungen die ich zu Lehrern gehabt hatte. Aufgrund der Ereignisse, die darauf gefolgt sind, sind meine Erinnerungen an einen bestimmten Lehrer wahrscheinlich etwas verzerrt, aber ich werde versuchen unsere Freundschaft so realitätsgetreu wie möglich zu beschreiben. Mr. Mays war in meinen frühen High School Jahren einer der Gemeinschaftskundelehrer. Jetzt wo ich älter bin, verstehe ich wie schrecklich der Umgang mit Kindern in diesem Alter sein kann und ich respektiere ihn ohne Ende dafür, wie er es schaffte mit seinen Schülern umzugehen. Er schien einer von uns zu sein; er redete wie wir, machte aktuelle Popkulturreferenzen, hörte coole Musik und manchmal sagte er sogar „Scheiße“ oder „Fuck“ während er für uns einen leidenschaftlichen Vortrag über amerikanische Geschichte oder sonst was hielt. Ein Lehrer der fluchte, selbst wenn es nur ein bisschen war, war für einen Neuling an der High School der Inbegriff von cool. Meine Erinnerungen an Mr. Mays leiten sich überwiegend von der Tatsache ab, dass er sich in wirklich alles, was er machte, richtig rein hängte. Was bei mir sehr hängengeblieben ist, war die Halloweenzeit in meinem zweiten Jahr. Mr. Mays hatte die typischen Dekorationen im Klassenzimmer aufgehängt, lachende Kürbisse und schwarze Pappkatzen, gewöhnlich und langweilig für den typischen, egoistischen High-School-Gänger. Wie auch immer, am 31. Oktober, während die meisten anderen Lehrer nur die Augen verdrehten weil die Teenager es immer noch ernst nahmen sich an Halloween zu verkleiden, brachte Mr. Mays dieses ganze „Cooler Lehrer“-Ding auf ein ganz neues Level. Wir kamen ins Klassenzimmer und waren überrascht. Die Jalousien waren unten, Tücher waren über die kleineren Fenster gehängt, Kerzen erleuchteten den Raum, und eine einzelne Kürbislaterne stand auf einem Stuhl vor unseren Tischen. Mr. Mays saß nur an seinem Tisch, und beobachtete wie die Schüler hereinkamen und sich auf ihre Plätze setzten. Er musste nicht um Ruhe bitten, denn in dem Moment, in dem alle ins Klassenzimmer kamen, waren sie entweder zu aufgeregt um sich weiter um die unwichtigen Konversationen zu kümmern, oder zu verwirrt um sich weiter damit zu beschäftigen. Die Schüler setzten sich hin und Mr. Mays begann mit seinem Vortrag. Er sprach ruhig, passend zur Stimmung, und setzte sich auf einen Stuhl direkt neben dem Kürbis, in der Mitte des Raumes.