Rock 'n' Roll Therapy - Boris Pikula - E-Book

Rock 'n' Roll Therapy E-Book

Boris Pikula

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Beschreibung

Rock ’n’ Roll ist Energie, Vitalität und Individualität.

Wer den Spirit von Rock ’n’ Roll in sich trägt, wartet nicht auf die Erlaubnis, seinen eigenen Weg gehen zu dürfen. Inspiriert von der Kraft der Musik verschmelzen in diesem Buch die Erfahrungen des Autors als Musiker, Therapeut und Coach. Boris Pikula zeigt, mit welcher Einstellung und welchen Tools wir persönliche und berufliche Krisen meistern, wie wir uns selbst motivieren und unsere Ziele Schritt für Schritt erreichen.

Rock 'n' Roll Therapy ist keine schnelle Reparaturanleitung für Probleme – es ist eine Lebenseinstellung und die Aufforderung, mutig zu sein. Es gilt, persönliche Erfolgskiller zu entlarven, sich nicht selbst zu belügen und die eigene Komfortzone zu verlassen. Schließlich geht es im Rock ’n’ Roll nicht darum, immer die richtigen Töne zu treffen, sondern echt zu klingen. Selbstvertrauen, Entschlossenheit und Achtsamkeit machen aus unserem stressigen Alltag ein großartiges Rock-Konzert.

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1. Auflage

© WALHALLA Fachverlag, Regensburg

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Kurzbeschreibung

Rock ’n’ Roll ist Energie, Vitalität und Individualität. Wer den Spirit von Rock ’n’ Roll in sich trägt, wartet nicht auf die Erlaubnis, seinen eigenen Weg gehen zu dürfen. Inspiriert von der Kraft der Musik verschmelzen in diesem Buch die Erfahrungen des Autors als Musiker, Therapeut und Coach. Boris Pikula zeigt, mit welcher Einstellung und welchen Tools wir persönliche und berufliche Krisen meistern, wie wir uns selbst motivieren und unsere Ziele Schritt für Schritt erreichen.

Rock 'n' Roll Therapy ist keine schnelle Reparaturanleitung für Probleme – es ist eine Lebenseinstellung und die Aufforderung, mutig zu sein. Es gilt, persönliche Erfolgskiller zu entlarven, sich nicht selbst zu belügen und die eigene Komfortzone zu verlassen. Schließlich geht es im Rock ’n’ Roll nicht darum, immer die richtigen Töne zu treffen, sondern echt zu klingen. Selbstvertrauen, Entschlossenheit und Achtsamkeit machen aus unserem stressigen Alltag ein großartiges Rock-Konzert.

Autor

Boris Pikula, arbeitete über 20 Jahre als professioneller Musiker und Soundengineer in der Musikbranche – davon 13 Jahre in England, Frankreich und den USA. Während dieser Zeit arbeitete er mit zahlreichen internationalen Größen zusammen und wirkte auf zahlreichen Tonträgern mit. Darüber hinaus hatte er selbst Chart-Erfolge in England.

Seit 1999 lebt der Autor in München, wo er als Mental- und Life-Coach, Heilpraktiker für Psychotherapie und Fitnesstrainer tätig ist. Als Experte für Führungskompetenz und Persönlichkeitsentwicklung betreut er Klienten aus den verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel Wirtschaft, Musik, Sport, Film und Militär.

In seinem Buch verschmelzen seine Erfahrungen als Musiker und Therapeut. Rock ’n’ Roll Therapy ist eine Metapher für die Kunst, Herz und Verstand in Einklang zu bringen – es ist eine Lebenseinstellung.

Schnellübersicht

DER ANFANG

EINLEITUNG

TEIL I: DEM HERZEN FOLGEN

TEIL II: DIE NEUN ERFOLGSKILLER

TEIL III: DIE DNA DES ERFOLGS

ANHANG

DER ANFANG

„It has always been my goal to believe in what I do and love what I do and be true to that.“

— TONY IOMMI (BLACK SABBATH)

Der Anfang war alles andere als einfach, doch das liegt ja bekanntlich in der Natur von Anfängen. Es war im Herbst 2009. Ein halbes Jahr war vergangen, seit ich meinen Vollzeitjob als Programmierer in einem internationalen IT-Großunternehmen im Münchner Osten an den Nagel gehängt hatte. Na ja, eigentlich hatte man mir mit drei Abmahnungen gekündigt und damit deutlich gemacht, dass man es doch nicht so ernst nahm mit den Unternehmenswerten seitens des oberen Managements. Nichts ist leichter, als mit Begriffen wie Verantwortungsbewusstsein, Teamgeist, Respekt, Integrität oder Innovation zu tönen. Die große und wirkliche Herausforderung liegt jedoch stets in der Umsetzung. Und da ich mich intensiv mit Führungskompetenz und Persönlichkeitsentwicklung beschäftigte und gelegentlich auch eine unbequeme Frage stellte, war es offensichtlich einfacher, das „schwarze Schaf“ von der Herde zu trennen, was für mich der Startschuss in die ohnehin früher oder später angestrebte Selbstständigkeit war.

Ich hatte bereits einige Jahre zuvor angefangen, psychologische Fachbücher zu lesen, Therapiemethoden zu lernen und Seminare zu besuchen. Zum Zeitpunkt meiner Kündigung bereitete ich mich gerade auf die Prüfung zum Heilpraktiker für Psychotherapie vor. Ich war Feuer und Flamme, endlich meine eigene Praxis zu eröffnen und mit Menschen zu arbeiten. Wenngleich ich sehr gerne Datenbanken und Webseiten programmierte und mir der Job im Grunde genommen auch Spaß machte, so wollte ich nie wieder im Montag-bis-Freitag-Hamsterrad der Monotonie laufen und in lauten, schlecht belüfteten und langweilig eingerichteten Großraumbüros arbeiten. Ich hatte genug vom täglichen Gejammer und der chronischen Unzufriedenheit meiner Kollegen. Allerdings hatte ich noch keine klare Vorstellung über meine zukünftige Arbeitsweise als Therapeut und Coach. Wie denn auch? Schließlich war ich noch ganz am Anfang und hatte bislang keine großen Erfahrungen in diesem Bereich gemacht. Die Methoden, die ich gelernt hatte, waren zwar ungemein interessant, doch für meinen Geschmack noch etwas zu starr und vorgefertigt. Lediglich die Provokative Therapie nach Frank Farrelly erschien mir sehr geeignet und ungemein effizient, um darauf aufzubauen. Sie verlangt Kreativität, Empathie, Humor und den vollen Einsatz des Therapeuten und bringt sehr schnell Ergebnisse.

Um mich zu inspirieren surfte ich im Internet und schaute mir Websites von Mitbewerbern an. Doch je mehr ich mir ansah, desto mehr wuchs in mir das unbehagliche Gefühl, dass ich weder als Coach noch als Therapeut meinen Platz finden würde. Ich schien nicht „reinzupassen“. Die Websites der Therapeuten waren oftmals nicht nur langweilig und geschmacklos gestaltet, sondern strahlten auch einen – für meinen Geschmack – viel zu esoterischen Dunst aus. Wenngleich ich nichts dagegen hatte, so wollte ich keine Lotusblumen, Orchideenblüten, meditierenden Buddhas, Kerzen, Yin-Yang-Bildchen, Wassertropfen oder übereinander gestapelte Steine. Die Online-Darstellungen der Coaches inspirierten mich nicht sehr viel mehr: grau, weiß und Krawatte – kühl, verkopft und leblos. Außerdem gehörte ich keinem offiziell „zertifiziertem“ Coaching-Verband an, hatte nicht BWL studiert und nie in irgendeiner HR-Abteilung eines Großkonzerns gearbeitet …

Alles, was ich vorzuweisen hatte, waren 20 Jahre als Musiker und Selfmade-Toningenieur, davon 13 Jahre im Ausland. Mein damaliger Alltag bestand aus: Konzerte besuchen, Songs schreiben, zu Proben gehen, in Tonstudios Platten aufnehmen, im Tourbus reisen, auf Tournee gehen und Konzerte geben. Der Lebensstil meiner Vergangenheit hieß „Sex ’n’ Drugs ’n’ Rock ’n’ Roll“. Welche Chance hatte ich da als Therapeut und Coach auf dem Markt – und das auch noch in einer überwiegend von Luxus getriebenen Single-Stadt, für die Skandal im Sperrbezirk bereits fetziger Rock ’n’ Roll war?

Ich war ziemlich frustriert und deprimiert. Zweifel nagten an mir, ob ich es schaffen würde. Obwohl mein Herz dahinter stand, nutzte mein sogenannter „innerer Kritiker“ jede Gelegenheit, um auf mir herumzutrampeln, was mein Selbstvertrauen von Tag zu Tag mehr schrumpfen ließ. Wer würde schon zu einem Ex-Rockmusiker in Therapie gehen wollen?

Doch eines schönen Tages kam der magische Augenblick, in dem ich das fehlende Puzzleteilchen fand. Plötzlich war es da, an diesem Tag im Herbst. Ich saß zu Hause und machte mir wieder einmal Gedanken über meine Zukunft. Doch meine Aufmerksamkeit wanderte zunehmend zu der Musik, die ich aufgelegt hatte und die im Hintergrund lief. Ich stellte mir vor, wie begeistert und lebendig Menschen auf einem Rock-Konzert sind und welchen Einfluss Musik auf unsere Gefühlslage hat. Ich war selbst oft genug auf der Bühne gewesen und hatte viele Möglichkeiten gehabt, das Verhalten des Publikums zu beobachten. Die Musiker kommen auf die Bühne, fangen an zu spielen und plötzlich jammert keiner mehr über seinen Job, seine Beziehung oder psychische Wehwehchen. Man lässt sich von der Musik berühren, singt mit und tanzt. Für einen Moment scheint jeder seine Sorgen vergessen zu haben – und das nur, weil ein paar Jungs auf der Bühne stehen und geile Musik machen!

Das erschien mir als eine der schnellsten und effektivsten Methoden, emotionale Zustände positiv zu verändern. Jeder von uns kennt die Power, die Musik haben kann. Wir hören zum Beispiel ein Lied und blitzschnell erinnern wir uns an einen Moment, den wir mit diesem Lied verbinden. Das ist Veränderung innerhalb eines Herzschlags! Wie viele Patienten springen wohl in einer Psychiatrie vor Freude auf, wenn der Chef-Psychiater seine Visite macht? Wie viele Schüler jubeln, wenn der Lehrer das Klassenzimmer betritt? Wie viele applaudieren am Ende der Schulstunde und rufen nach Zugabe? Wie viele Menschen können es kaum erwarten, Montagmorgen endlich wieder zur Arbeit zu fahren? Warum machen so viele Menschen so viele Dinge, die sie nicht mögen, und warum mögen sie so viele Dinge, die sie nicht machen?

„You know, in the old days they said that the sound of the guitar could cure gout and epilepsy, sciatica and migraines. I think that nowadays there seems to be a deficit of wonder.“

— TOM WAITS

Plötzlich wurde mir klar, dass meine Vergangenheit doch etwas wert ist und ich sehr wohl einen Platz als Therapeut und Coach einnehmen kann! Ich brauchte keine Lotusblumen, Krawatten oder BWL-Abschlüsse, um erfolgreich zu sein. Ich hatte als Musiker und Toningenieur auch keine Zertifikate gebraucht, um meinen Platz zu finden. Mir wurde bewusst, dass ich einen Goldschatz besaß, denn ich hatte sehr viel zu geben: all meine Erfahrungen als Musiker, vereint mit meinem psychologischen Know-how.

Mir wurde klar, dass ich bereits früher, ohne es gewusst zu haben, Psychologie recht effizient angewandt hatte, um Menschen zu begeistern, zu motivieren, ihren Selbstwert aufzubauen und das Beste aus ihnen herauszuholen – ob als Musiker auf der Bühne oder als Toningenieur im Tonstudio. Ich hatte keine Lust auf mitleidtriefende, händchenhaltende Wald- und Wiesentherapie, auf langweilige, langwierige, veraltete und krankheitsorientierte, schulmedizinische Ansätze. Ich wollte keine schubladengerechten Diagnosen nach dem ICD (International Statistical Classification of Diseases) vergeben! Ich wollte unkonventionell, lösungsorientiert und lebensnah arbeiten. Ich glaubte immer an die Möglichkeit schneller Veränderung, ohne auf der Couch liegend über Jahre hinweg in der Vergangenheit herumwühlen zu müssen.

Ich glaubte immer daran, dass Psychotherapie kein zähflüssiger und durchgehend traurig-schmerzvoller Prozess sein muss. Ich glaubte vielmehr, dass man dem Ganzen einen angenehmen Zuckerguss in Form von Humor verpassen kann und man Menschen ihre Würde zurückgibt und Selbstvertrauen aufbaut, indem man sie wie Menschen behandelt und nicht wie rohe Eier. Ich glaubte immer daran, dass man mit dem, was man hat, das erreichen kann, was man will, wenn man es mit Mut und Leidenschaft angeht. Die einzigen drei Diagnosen, die ich zur Auswahl bereitstellen wollte, waren Faulheit, Feigheit und Fixierung – natürlich gerne auch im Dreierpack.

„Without deviations from the norm, progress is not possible.“

— FRANK ZAPPA

Mir wurde klar, dass nicht meine Vergangenheit mir im Weg stand, sondern meine Art und Weise zu denken – meine eigenen limitierenden Glaubenssätze. Ich brauchte mich nicht zu verstellen. Ich war O. K., wie ich war. Ich hatte meine eigene Nische. Meine Liebe zur Musik sollte ein wesentlicher Bestandteil meiner zukünftigen Arbeitsweise werden. Ich brauchte nur meinem Herzen zu folgen und mutig voranzugehen. Und so erblickte an diesem kühlen Tag im Herbst 2009 die Grundidee von „Rock ’n’ Roll Therapy“ das Licht der Welt.

Boris Pikula

München, Februar 2019

EINLEITUNG

„Life is like Sanskrit read to a pony.“

— LOU REED

Viele Menschen fühlen sich leer, frustriert und verloren, weil sie meinen, jemand anderes sein zu müssen; weil sie es allen anderen recht machen möchten; weil ihnen der Blick in ihr Inneres Angst bereitet und sie sich im Überangebot von Zerstreuungen und Ablenkungen verlieren. Ihnen ist nicht klar, dass sich die Realität ihres Lebens in ihrem Inneren in Form von Gedanken bildet. Viele Menschen meinen, es fehle ihnen an Potenzial und an Kraft, um sich selbst zu verwirklichen, und warten darauf, dass ihnen jemand die Erlaubnis erteilt, ihr eigenes Leben zu leben. Heutzutage geht es weniger darum, was wir zum Leben brauchen, sondern vielmehr um die Frage, was wir wirklich wollen. Doch wir alle haben nur einen Schuss – einen Schuss, den wir abfeuern können, und es liegt an uns, wohin wir zielen. Um das Beste daraus zu machen, ist es wichtig, beste Voraussetzungen zu schaffen.

So scheinbar einfach sich im Nachhinein die Idee von Rock ’n’ Roll Therapy auch anhört – letztlich hatte es noch viele weitere Jahre gedauert, bis dieses Buch geschrieben war. Unzählige Male hatte ich angefangen und wieder aufgehört, weil mir die Worte fehlten, um meine vielen Gedanken strukturiert in Sätze und Kapitel zu fassen. Ich glaubte zu wissen, was ich ausdrücken wollte, doch in der Umsetzung fehlte es an Klarheit. Aus Tausenden von Notizen entwickelte sich über die Zeit hinweg ein roter Faden, der letztlich Herz und Verstand zusammenführte.

Für mich ist ein Coach kein Oberhaupt, kein Tipp-Geber oder Prediger auf einer Kanzel, der frohe Botschaften ausruft. Er ist auch kein Mama-Ersatz, der seine Klienten in Watte packt. Er ist eher vergleichbar mit einem Bergführer, der den Weg kennt und seine Klienten sicher zum Gipfel führt, oder mit einem Kapitän, der andere Kapitäne ausbildet, um über den großen Ozean des Lebens zu navigieren, oder mit einem Farmer, der achtsam, diszipliniert und bewusst Myelin kultiviert und weitergibt. Aufstehen und sich auf den Weg machen muss jedoch jeder für sich selbst.

Rock ’n’ Roll Therapy ist ein Buch über Führung, Achtsamkeit und Selbstliebe – eine Aufforderung, mutig zu sein und dem eigenen Herzen zu folgen. Hier verschmelzen meine Erfahrungen als Musiker, Therapeut und Coach, als Beobachter und als Betroffener. Es handelt sich hier keineswegs um eine absolute Wahrheit oder irgendwelche wissenschaftlich fundierten Heilversprechen. Diesen Bereich überlasse ich gerne der Wissenschaft. Des Weiteren ersetzen die hier aufgeführten Ansichten nicht den Besuch bei einem Arzt. Nichtsdestotrotz ist dies ein sehr hilfreiches Werk zur persönlichen Weiterentwicklung, dessen Ansätze und Impulse sich vielfach praxisnah bewiesen haben – ganz gleich, ob es sich dabei um allgemeine Lebensthemen handelte wie Führungskompetenz, Karriere-, Beziehungs- und Sinnfragen oder um psychische Angelegenheiten wie Stress, Ängste, Depressionen, Burn-out, Traumata, Essstörungen, Zwänge und Suchtverhalten.

Das Buch besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil gehe ich näher auf die Bedeutung von Rock ’n’ Roll Therapy ein und was es bedeutet, seinem Herzen zu folgen. Im zweiten Teil stelle ich die Stolpersteine – die sogenannten Erfolgskiller – vor, die uns das Leben zur Hölle machen können, und im dritten Teil biete ich Ihnen eine breite Palette von Ansätzen an, mit deren Hilfe Sie Ihren Erfolgskillern den Garaus machen können.

Noch ein Hinweis am Rande: Für die Leser unter Ihnen, die eine Allergie gegen Anglizismen haben, könnte dieses Buch eine kleine Herausforderung sein. Ich nutze sie durchgehend und gerne. Das liegt daran, dass ich schon früh in meinem Leben einen Bezug zur englischen Sprache aufbaute und später durch meine Jahre im Ausland sowie meine berufliche Tätigkeit als Musiker Englisch quasi zu meiner zweiten Muttersprache wurde. Abgesehen davon ist Rock ’n’ Roll ursprünglich auch keine deutsche Musikrichtung, sondern eine US-amerikanische. Des Weiteren entspricht die hier verwendete Sprache gelegentlich nicht unbedingt der allgemeinen Norm und das Ausgedrückte mag vielleicht für den ein oder anderen Leser provozierend wirken, doch auch das ist durchaus beabsichtigt und somit nicht weiter tragisch. Am Lesen dieses Buches wird wohl kaum jemand zugrunde gehen – wohl eher am Nichtlesen. Abgesehen davon habe ich der Provokation ein ganzes Kapitel gewidmet.

We shall fear nothing

Demand the impossible

Dream your destiny

Defy the logic of alphabets

I slayed the King of the wolves

Nothing is impossible

— ZODIAC MINDWARP AND THE LOVE REACTION, WOLFCHILD/PRIME MOVER

Wenn wir tun, was wir tun müssen, weil wir fühlen, was uns begeistert, dann handelt es sich nicht um ein kurzes Aufflackern einer Laune positiver Ambitionen, die durch den leisesten Hauch von Widerstand wieder erlischt, sondern um die Energie in uns, die immer schon da war und lediglich freigesetzt werden möchte. Um ein achtsamer Krieger des Herzens, ein Zerstörer limitierender Glaubenssätze und ein Rock ’n’ Roller zu werden, dürfen wir keine Theoretiker des Lebens bleiben. Ein Buch bleibt ein Buch! Letztlich sind Sie gefragt, das Erlernte mit Disziplin und Entschlossenheit in die Tat umzusetzen. Wenn Sie nicht tun, was Sie wissen, dann ist all Ihr Wissen nur ausgeliehenes Wissen. Ihr Wissen gehört erst Ihnen, wenn Sie es durch Umsetzung zu Ihrer eigenen Erfahrung gemacht haben. Geben Sie niemals auf! Bleiben Sie am Ball! Arbeit an sich selbst ist nicht leicht, aber sehr lohnenswert.

ROCK ’N’ ROLL THERAPY

„I believe that rock can do anything, it’s the ultimate vehicle for everything. It’s the ultimate vehicle for saying anything, for putting down anything, for building up anything, for killing and creating.“

— PETE TOWNSHEND (THE WHO)

Für was steht Rock ’n’ Roll Therapy? Rock ’n’ Roll Therapy ist eine Metapher für die Freude und Begeisterung am Leben – die Sucht nach Leben, denn Sucht muss nicht immer etwas Schlechtes sein. Wir müssen nur süchtig nach der „richtigen“ Sache sein, wie zum Beispiel gesunde und bestärkende Verhaltensweisen.

Rock ’n’ Roll Therapy steht für Leichtigkeit, Achtsamkeit, Humor und Gelassenheit, für kindliche Neugier, Entdecker-Instinkt und intelligente Veränderungsprozesse, das heißt, zu lernen, den gesunden Menschenverstand einzubeziehen und dementsprechend zu handeln. Die wesentlichen Dinge, die uns ein erfülltes Leben ermöglichen, sind nicht kompliziert. Im Gegenteil, sie sind sogar sehr einfach. Wir machen es uns oft selbst kompliziert, vielleicht, um uns mit der Einfachheit nicht auseinandersetzen zu müssen. Vielleicht, weil wir glauben, dass die Wahrheit stets in der Komplexität einer Sache liegen muss. Doch Veränderung und persönliche Weiterentwicklung können Spaß machen und es kann sogar extrem schnell gehen, denn wir lernen am liebsten, wenn wir Freude an etwas haben.

Viele Menschen rennen zum Arzt oder Psychotherapeuten, weil sie meinen, etwas in ihnen sei kaputt, zerbrochen, verloren oder für immer verschwunden. Sie fühlen sich deprimiert und glauben, sie haben ein Defizit und es fehle ihnen an Normalität. Sie sagen, sie wollen so werden wie früher, als alles noch „in Ordnung“ war. Doch warum so werden „wie früher“, wenn man heute jemand viel Besseres sein kann? Wir kommen im Leben nicht vorwärts, wenn wir ständig in den Rückspiegel schauen. Dort liegt ein großer Teil unseres Leidens: Wir halten fest an der Vergangenheit und verleugnen, was gerade ist, aus Angst, die Zukunft könnte nicht besser werden. Doch wenn wir nicht nach vorne schauen und über unsere Grenzen hinauswachsen, dann kann die Zukunft nicht besser werden.

Den meisten Menschen fehlt es nicht an Normalität. Davon haben sie mehr als genug. Genau darin liegt ein weiterer Grund ihres Leidens: Sie meinen, keine Probleme haben zu dürfen! Was ihnen jedoch fehlt, ist Selbstvertrauen, Leidenschaft, Disziplin und eine gute Portion Mut – Mut zur Verrücktheit, Mut, das eigene Leben zu leben, Visionen und Träume zu haben, sowie Mut, die Komfortzone zu verlassen und Verantwortung für sich zu übernehmen.

„Man muss sich irren, man muss unvorsichtig sein, man muss verrückt sein. Sonst ist man krank.“

— JAQUES BREL

Normalität ist Mainstream. Normalität entspricht der NORM, dem DURCH-SCHNITT. Doch Durchschnittlichkeit ist nicht erstrebenswert! Jeder kann normal und vernünftig sein, vorausgesetzt es fehlt an Fantasie. Erst eine gewisse Prise Verrücktheit – VER-RÜCKT von der NORM – ermöglicht es uns, die Person zu sein, die wir wahrlich sind. Erst sie bestimmt unseren einmaligen Fingerabdruck, lässt unser Herz in unserem eigenen Rhythmus schlagen und gibt dem Leben die Würze. Warum sollten wir ein durchschnittliches Leben anstreben und uns mit limitierenden Glaubenssätzen zufriedengeben, wenn wir ein außergewöhnliches Leben führen können? Wir haben nur diesen einen Schuss!

Hätte unser Schöpfer, die Natur, das Universum oder wer oder was auch immer gewollt, dass jeder Mensch identisch und genormt ist, dann würden wir alle gleich aussehen, würden das Gleiche tun, hätten stets die gleiche Meinung und würden vor lauter Langeweile krank werden und uns gegenseitig auf die Nerven gehen (wir sind übrigens heutzutage nicht weit davon entfernt!). Es liegt an uns, unsere Einzigartigkeit, mit der wir geboren sind, am Leben zu erhalten. Das ganze Leben ist verrückt und paradox. Wer ein normales, sicheres und komfortables Leben sucht, befindet sich auf dem falschen Planeten – der muss den Planeten wechseln! Wie drückte der Psychoanalytiker Erich Fromm es mal so treffend aus? „Angepasstheit ist leichte chronische Schizophrenie.“ Und Vincent van Gogh, dessen Gemälde damals belächelt wurden und heutzutage Millionen wert sind, sagte: „Die Normalität ist eine gepflasterte Straße; man kann gut darauf gehen – doch es wachsen keine Blumen auf ihr.“

Rock ’n’ Roll Therapy ist die Fähigkeit, aus dem drögen Requiem der Alltäglichkeit und Durchschnittlichkeit ein großartiges Rock-Konzert der Superlative zu machen, ein Lollapalooza-Festival der Herausforderungen, Chancen und Möglichkeiten. Rock ’n’ Roll Therapy ist keine schnelle Reparaturwerkstatt für Probleme. Es ist eine Lebenseinstellung: die leidenschaftliche Verrücktheit, über den Tellerrand zu schauen, und die Aufforderung, seinem Herzen zu folgen. Jeder Mensch trägt den Schlüssel zu seinem wahren Kern mit sich. Jeder Mensch hat die Kraft und das Potenzial, seine Wunden zu heilen und seinem Leben die Farbe zu geben, die es braucht. Indem wir tun, was wir lieben, und wir selbst sind, öffnen wir das Tor zu unserem Inneren. Das ist der Moment, in dem sich Erfolg und Erfüllung ganz von selbst einstellen. Indem wir uns immer wieder aufs Neue fragen „Was wäre wenn?“, dringen wir vor in neue, unerforschte Territorien und kultivieren einen lebendigen und jungen Geist.

„One good thing about music, when it hits you, you feel no pain.“

— BOB MARLEY

Natürlich darf man nicht naiv sein und muss ein gewisses Fingerspitzengefühl dafür entwickeln, wie weit man sich wann und wo aus dem Fenster der Normalität herauslehnen kann! Doch schauen Sie sich einmal an, wie „aufregend“ ständige Normalität sein kann. Stellen Sie sich vor, Sie treffen einen Freund und fragen ihn, wie seine Woche war. Daraufhin antwortet er: „Montagmorgen bin ich aufgestanden, ins Bad gegangen, habe mein Geschäft gemacht, geduscht und Zähne geputzt. Dann habe ich gefrühstückt und bin mit dem Auto zur Arbeit gefahren und habe bis Mittag am PC E-Mails beantwortet. Dann, nach dem Mittagsessen in der Kantine, saß ich in einem Meeting. Abends bin ich wieder nach Hause gefahren, habe etwas gegessen, Fernsehen geschaut, Zähne geputzt und bin ins Bett. Am Dienstag bin ich morgens aufgestanden, ins Bad gegangen, habe mein Geschäft gemacht, geduscht und Zähne geputzt. Dann habe ich gefrühstückt und bin mit dem Auto zur Arbeit gefahren und habe bis Mittag am PC E-Mails beantwortet. Nachmittags Meeting, dann nach Hause, etwas gegessen, Fernsehen geschaut, Zähne geputzt und ins Bett. Mittwoch bin ich aufgestanden, ins Bad gegangen, habe mein Geschäft gemacht, geduscht und Zähne geputzt …“ Bla, bla, bla!

Sie wissen, worauf ich hinaus will. Wie aufregend liest sich das? Das ist Normalität für sehr viele Menschen! Das Hamsterrad. Merry-Go-Round. Ein Leben ohne viel Dynamik, aufgelockert durch ein Wochenende, das mit „Endlich wieder Freitag“ eingeläutet und mit „Scheiße, morgen ist schon wieder Montag“ beendet wird. Gelegentlich gibt’s dann auch mal ein paar Tage Urlaub. Und dann, wenn man endlich in Rente ist, dann macht man die langersehnte Schiffsreise … vielleicht!

„Some people never go crazy. What truly horrible lives they must live.“

— CHARLES BUKOWSKI

Als ich damals im Alter von zwölf Jahren meinen Traum von einer Karriere als Rock-Musiker träumte, hatte ich keinen blassen Schimmer von all dem, was auf mich zukommen sollte. Ich glaubte damals, man bräuchte lediglich eine E-Gitarre, einen Verstärker, ein Kabel und ein Mikrofon und schon wäre man Rockstar. Hätte ich gewusst, welch ein langer, steiniger und durchaus schmerzhafter Weg vor mir lag, oh mein Gott, ich weiß nicht, ob ich dann den Mut gehabt hätte, meinem Traum zu folgen. Doch ich visualisierte immer das Ziel, niemals die 100 000 mühsamen Schritte dorthin.

Ohne eine gesunde Portion Naivität und Steh-auf-Männchen-Mentalität wäre ich nicht da angekommen, wo ich heute bin. Meine damaligen Ängste und limitierenden Glaubenssätze hätten mich festgekettet und gefangen gehalten. Ich wäre nie über meinen Schatten gesprungen und meiner Leidenschaft gefolgt. Ich hätte es nicht gewagt, meinen sicheren Job aufzugeben und mit 22 Jahren ins Ungewisse nach London auszuwandern. Ich hätte es auch nicht gewagt, als Toningenieur in Tonstudios zu arbeiten, und wäre niemals professioneller Musiker geworden. Ich hätte nie all die großartigen Künstler getroffen und interessanten Menschen kennengelernt. Ich hätte auch nicht programmieren gelernt – und Englisch und Französisch erst recht nicht. Und ich hätte ganz sicher keine Bücher geschrieben.

All das habe ich erlebt, obwohl ich früher in der Schule so viele schlaflose Nächte wegen Fächern wie Englisch, Französisch, Mathematik oder Musik gehabt hatte! Ich war der letzte in meiner Klasse, der Noten lesen konnte. Ich war einer von den Schülern, die Geburtstag mit „z“, sechs mit „x“ geschrieben haben und bei jeder Deutschaufgabe das Thema verfehlten. Ich war einer, dem man heutzutage höchstwahrscheinlich Methylphenidat geben würde, auch bekannt unter dem Namen Ritalin, um die Kreativität zu betäuben und die Lebendigkeit auszubremsen. Ohne meine Portion Verrücktheit würde ich heute wahrscheinlich in einer Welt von „hätte“, „könnte“, „sollte“, „würde“ und „vielleicht“ dahinvegetieren.

Normalität täuscht uns Sicherheit vor und die gibt uns (vorübergehend) ein gutes Gefühl. Doch ein Leben mit dem ständigen Fokus auf Sicherheit ist ein totes Leben. Sicher ist immer nur das, was wir kennen und was sich nicht verändert – mit anderen Worten: unsere Komfortzone. Wachstum hingegen bedeutet Veränderung. Und da alles im Leben ständiger Veränderung unterliegt, ist das Setzen auf Sicherheit eine Illusion, für die ein hoher Preis gezahlt werden kann. Aus Angst, ihre Sicherheit zu verlieren und nicht dazuzugehören, geben Menschen sich selbst auf und zwängen sich in ein vorgefertigtes Korsett. Sie akzeptieren ein Leben, das ihre Träume, Talente und Fähigkeiten wenig fördert und fordert. Es ist der bequemere Weg, aber auch der Weg, der uns von unserem Herzen trennt.

„Und diejenigen, die tanzend gesehen wurden, wurden von denen für verrückt gehalten, die die Musik nicht hören konnten.“

— FRIEDRICH NIETZSCHE

Außergewöhnlichkeit liegt außerhalb unseres Sicherheitsdenkens – außerhalb der Norm, ebenso wie all unsere Träume und Wünsche. Menschen, die Außergewöhnliches erreicht haben, sind ganz gewöhnliche Menschen, die den Mut und die Stärke aufgebracht haben, die Grenzen der NORMalität zu überschreiten und konventionelles Denken hinter sich zu lassen. Deswegen hält man diese Menschen oft zunächst für „verrückt“ – bis man sie irgendwann bewundert. Sie sind erfolgreicher, weil sie Dinge machen, die der Durchschnittsbürger nicht macht. Wo keine Wege sind, finden sie Wege, indem sie starre Regeln brechen, Fehler machen und gewillt sind, aus ihnen zu lernen. Daraus entsteht die Freiheit, das eigene Schicksal selbst zu gestalten. Normalität sagt noch lange nichts über gescheites Verhalten aus. Viele „normale“ Menschen treffen tagtäglich sehr, sehr idiotische Entscheidungen!

In einigen Lebensbereichen hatte ich also den Trampelpfad der Normalität verlassen. Es gab aber auch Bereiche, in denen ich ihm folgte, teilweise unbewusst. Manchmal war es sogar ganz okay. Der Trampelpfad kann eine entspannende Wirkung haben und gibt einem die Möglichkeit, in Ruhe die nächste Etappe zu planen.

Erst nach und nach wurde mir bewusst, dass ich stets die Möglichkeit habe, mich neu zu entscheiden und alte Glaubenssätze loszulassen. Sich selbst treu zu sein, ist kein leichtes Unterfangen. Doch Situationen, in denen wir das Gefühl haben, den Verstand zu verlieren, oder nicht weiter wissen, sind die besten Gelegenheiten, um einen neuen, besseren Verstand zu kreieren. Dabei geht es nicht darum, wie gut wir in irgendetwas sind, sondern vielmehr wie gut wir in etwas sein wollen, und was wir dafür zu tun bereit sind. Wenn wir stets das machen, was möglich ist, erreichen wir nach und nach auch das Unmögliche.

I am the story of a man.

Who makes his way on his own.

Don’t need no kind of direction from no one.

I got myself a pretty old soul.

Ain’t nobody gonna tell me how to live

— MONSTER TRUCK, DON’T TELL ME HOW TO LIVE

Der Weg zum Selbstvertrauen

„Confidence is not ,they will like me‘; it is ,I’ll be fine if they don’t!‘ It is the sexiest outfit anyone can wear. It’s the only thing you truly need. What’s beautiful, is that it’s not about being perfect. It’s about loving your imperfections. It takes a lot of practice. It’s like a muscle in your body you must work out. If you don’t feel confident in yourself right now, that’s ok, be patient and practice it and I promise someday you will.“

— ASH COSTELLO

Ohne Selbstvertrauen verwandelt sich unsere Bühne des Lebens schnell in ein Schlachtfeld chronischer Ängste, Zweifel, Stress und Albträume, denn alles erscheint bedrohlich. Wenn wir uns nicht selbst vertrauen können, wem dann?

Um Selbstvertrauen aufzubauen, brauchen wir Mut. Um Mut aufzubauen, brauchen wir Selbstvertrauen. Viele Menschen versuchen, irgendwie Selbstvertrauen zu erlangen, ohne sich den eigenen Ängsten stellen zu müssen. Das gleicht dem Versuch, duschen zu wollen, ohne nass zu werden.

Mut und Selbstvertrauen erwachsen aus der Erfahrung, Aufgaben gemeistert zu haben, die wir nie zuvor gemacht und die uns Angst bereitet hatten. Je eher wir lernen, unsere Ängste zu akzeptieren, desto eher hören wir auf, ein Leben auf Verleugnung aufzubauen, den Kopf in den Sand zu stecken und so zu tun, als gäbe es keine Herausforderungen. Niemand kann unseren Lebensweg für uns gehen, außer uns selbst. Jemand anderes kann uns die Richtung zeigen oder mal eine Tür öffnen, doch den Mut, hindurchzugehen, müssen wir selbst aufbringen – da hilft kein Jammern und kein Weinen. Da helfen auch keine Pillen und keine Therapien.

Der Häuptling Crazy Horse vom Stamm der Lakota-Indianer prägte den Kriegsruf „Hokahey, today is a good day to die!“, was soviel bedeutet wie „Auf geht’s, heute ist ein guter Tag zum Sterben!“ Er drückt aus, dass seine Männer den Tod nicht fürchten müssen und mutig für das kämpfen sollen, wofür es sich zu sterben lohnt. Angst wahrzunehmen, ist nichts Schlimmes. Sich von ihr dominieren zu lassen, aber sehr wohl. Ob wir nun Angst haben oder nicht, die Umstände ändern sich dadurch nicht. Ein Krieger, der aus Überzeugung kämpft, flüchtet nicht vor dem Säbelrasseln. Indem wir aufrechten Hauptes der Angst entgegentreten, überwinden wir sie und gewinnen an Mut und Selbstvertrauen.

People talking without speaking

People hearing without listening

People writing songs that voices never share

And no one dared

Disturb the sound of silence

— SIMON & GARFUNKEL, THE SOUND OF SILENCE

In meinen Jahren als Musiker kam es oft vor, dass Leute nach einem Konzert zu mir kamen, um mir ihre Meinung mitzuteilen. Einerseits wusste ich das immer sehr zu schätzen, denn es zeigte ihr Interesse an meiner Musik und bot mir die Möglichkeit, aus den Rückmeldungen zu lernen. Andererseits hat jeder Mensch eine andere Meinung und oft das große Bedürfnis, diese mit anderen zu teilen. Wenn ich jedoch angefangen hätte, mir jede Meinung zu Herzen zu nehmen und jeden gut gemeinten Rat zu befolgen, dann hätte ich meine Musikerkarriere sehr schnell in eine Sackgasse gefahren und mich dabei selbst verloren.

Es ist keine gute Idee, zu versuchen, das Leben anderer zu leben, aus Angst, kritisiert und abgelehnt zu werden oder Fehler zu machen. Nicht „man selbst“ sein zu können, ist ein schlimmerer Tod, als jemanden zu verlieren. Clint Eastwood sagte als Dirty Harry: „Opinions are like assholes. Everybody has one.“ Diesen Satz habe ich nie vergessen. Wenn man stets versucht, den Erwartungen anderer gerecht zu werden, wird man letztlich niemandem gerecht – und am allerwenigsten sich selbst. Man muss lernen, Informationen zu filtern, ohne jemals das Steuer aus der Hand zu geben. Dazu bedarf es manchmal Mut – Mut Nein zu sagen, Grenzen zu ziehen und zu sich selbst zu stehen. Und ja, manchmal kommt es auch vor, dass andere Menschen uns aus diesem Grund nicht mögen. Das gehört dazu. Doch die Probleme anderer sind nicht unsere Probleme, solange wir sie nicht zu unseren machen.

„Either you become a hypochondriac and listen to other people, or you make up your own mind.“

— KEITH RICHARDS (ROLLING STONES)

Unserem Gehirn kann es durchaus mal passieren, dass es „hängenbleibt“ oder sogar aussetzt. Das drückt sich dadurch aus, dass wir uns an etwas nicht erinnern können. Ob dies wünschenswert ist oder nicht, hängt von der jeweiligen Situation ab. Doch in der Regel ist ein Gehirn ohne Erinnerungen nicht sonderlich viel wert.

Wenn jedoch unser Herz aussetzt, dann haben wir ein großes Problem beziehungsweise dann haben wir nie wieder ein Problem, weil wir höchstwahrscheinlich tot sind. Mut ist ein emotionaler Muskel, der kontinuierlich trainiert werden muss.

Wenn ein Muskel nicht trainiert wird, dann baut er ab. Wenn wir uns immer vor dem Sturm drücken, dann werden wir nie lernen, im Regen zu tanzen – und Spaß dabei zu haben. Wir werden nie erfahren, wer wir wirklich sind und was für Potenziale in uns schlummern.

Manche Menschen halten sich nicht für besonders mutig. Sie machen einfach nur das, was gemacht werden muss. Einem mutlosen Menschen wird es schwer fallen, sich weiterzuentwickeln. Seine Lebensqualität ist eher dürftig. Wenn ein Panther sich wie eine Hauskatze oder gar eine Maus verhält, dann verleugnet er sich selbst und braucht sich nicht zu wundern, wenn er gefressen wird.

„Ich sage, zum Teufel mit der Bescheidenheit. Wenn Sie nicht bereit sind, jedem sofort mit aller Deutlichkeit klarzumachen, wer und was Sie sind, dann werden Sie vielleicht verlieren.“

— GENE SIMMONS (KISS)

Rock ’n’ Roll ist laut. Rock ’n’ Roll ist eine Stimme, die auf sich aufmerksam macht und gehört werden möchte. Es bedarf Mut, auszusprechen, für was man steht. Viele Menschen hören ihre innere Stimme schon gar nicht mehr, weil sie zu sehr dem Gequassel der Außenwelt folgen. Ständige Zerstreuung und Ablenkung, mentales Chaos und Lärm haben sie taub gemacht. Mut verbindet uns mit unserer inneren Stimme, sodass das „Weiße Rauschen“ mit der Zeit immer schwächer wird und wir wieder im Rhythmus unseres Herzens leben. Ein mutiges Herz ist ein starkes Herz – und ein starkes Herz ist ein lebendiges Herz!

Während eines Soundchecks in einem Club in Aix-en-Provence tippte mir jemand von hinten auf die Schulter. Als ich mich umdrehte, war es der Barbesitzer, der mir ergänzend zu seiner gestikulierenden Zeichensprache ins Ohr schrie, wir wären zu laut und sollten leiser spielen, denn seine Gäste würden sich während des Abends unterhalten wollen. Ich erklärte ihm, dass wir keine „nette Hintergrundmusik“ machen würden, sondern dass er eine Rockband engagiert hatte, die ihr Konzept hat und dementsprechend laut spielt. Das war der Deal. Punkt. Ihm schmeckte das nicht. Er antwortete, dass wir dann nicht spielen dürften. Nun, 15 Minuten später war die Bühne wieder leer und wir in unserem Bus. So spielten wir halt nicht, auch gut. Fuck it. Wer mag schon seine Seele verkaufen?

Die einzige Möglichkeit, wie wir uns im Alter noch im Spiegel ansehen und zu uns selbst sagen können „Gut gemacht!“, ist, schon heute das zu tun, was wir tun müssen, um uns am Ende eines jeden Tages auf die Schulter zu klopfen und sagen zu können: „Wieder habe ich etwas mehr aus mir gemacht.“ Denn spätestens am Ende unseres Lebens begegnen wir all den Dingen wieder, vor denen wir uns ein ganzes Leben lang gedrückt haben: „Ich wünschte, ich hätte meine Ängste überwunden. Ich wünschte, ich hätte mir weniger Sorgen gemacht und mehr mein eigenes Leben gelebt. Hätte ich doch öfter zu mir gestanden. Wäre ich doch mutiger gewesen und hätte auch mal verrückte Dinge getan.“ Man muss Mut haben, um zu leben, denn sterben kann jeder.

I’m beautiful in my way

’Cause God makes no mistakes

I’m on the right track, baby

I was born this way

— LADY GAGA, BORN THIS WAY

Dem Herzen folgen

„Musik war wie eine Droge, eigentlich eine viel wirkungsvollere Droge als Heroin. Vom Heroin konnte ich loskommen, von der Musik nicht. Eine Note nach der anderen, man weiß nie, was als Nächstes passiert, und man will es gar nicht wissen. Wie ein Spaziergang auf einem wunderschönen Drahtseil.“

— KEITH RICHARDS (ROLLING STONES)

Seit dem Tag, an dem ich die Musik für mich entdeckte und der Traum, Musiker zu werden, entfachte, schlug mein Herz in einem anderen Rhythmus. Ich muss etwa neun oder zehn Jahre alt gewesen sein. Schuld daran war ein kleines Radio der Marke Blaupunkt, das ich von meiner Tante zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Es verging kaum noch ein Moment, in dem das batteriegetriebene Teil nicht lief. Mit zwölf fing ich an, Gitarre spielen zu lernen. Ich übte und übte und übte. Mir hingen die oxidierten grünen Hautfetzen von den Fingern und auf den Kuppen leuchteten Blasen. Als ich die ersten Akkorde halbwegs beherrschte, begann ich, eigene Songs zu schreiben und mir meinen pubertären Weltschmerz von der Seele zu singen. Wir wohnten damals im zwölften Stock eines Hochhauses. Manchmal ging ich ins Treppenhaus, um zu spielen, denn dort hallte es so schön …

I am the God of Hellfire and I’ll bring you Fire

— THE CRAZY WORLD OF ARTHUR BROWN, FIRE

Als ich dann gegen Ende der Siebzigerjahre AC/DC für mich entdeckte, lief die Nadel meines Plattenspielers heiß und die Anlage tagein, tagaus so laut wie möglich. Da ich noch keine eigene E-Gitarre hatte, musste ich in den lokalen Musikgeschäften üben. Ich erinnere mich an dieses eine Mal, als ich gerade von dem Song Live Wire angefixt war. Ich fuhr in die Stadt und ging in den größten Laden, den wir in Wiesbaden hatten. Ich erklärte dem Verkäufer, ich wäre interessiert an der Gibson-Flying-V-Gitarre, die dort an der Wand hing, und dem großen Marshall-Verstärker im Schaufenster. Den ganzen Nachmittag spielte ich im Loop Live Wire … immer die gleichen Akkorde … noch mal und noch mal und noch mal und … bis ich alle in den Wahnsinn getrieben hatte! Ich war einfach fasziniert von dem ultrageilen Sound. Hätte man mir nicht den Stecker gezogen, ich würde wahrscheinlich heute noch da stehen und Live Wire spielen.

Meine Begeisterung für Pop- und Rockmusik führte oft zu argen Konfrontationen mit meinen Eltern, die diesbezüglich eine eher konservative Einstellung vertraten. Vor allem meine Mutter war sauer, dass ich zunehmend die klassische Gitarre vernachlässigte und mehr Zeit mit meiner Ibanez SG E-Gitarre verbrachte.

Mit 16 entschied ich mich, die Schule zu verlassen. Ich hatte genug von den Schikanen der Lehrer. Allerdings hatte ich keinen blassen Schimmer, welchen Beruf ich nun erlernen sollte. Bankkaufmann stand damals hoch im Rennen, doch das war ganz und gar nicht mein Ding! Irgendwie erschien mir diese Phase damals etwas surreal. Man ging ewig zur Schule und plötzlich sollte man sich entscheiden, was man bis zum Ende seines Lebens, Tag für Tag, Woche für Woche und Jahr für Jahr tun wollte. Wie trostlos.

Meinen Eltern konnte ich kaum erzählen, dass ich am liebsten Rockstar werden wollte. Letztlich nahm ich auf Druck meines Vaters den Vorschlag an, eine Lehre im grafischen Gewerbe anzufangen, als Lithograf. Mittlerweile hatte ich eine eigene Band und ging dreimal in der Woche abends proben. So vergingen die Jahre, bis der große Tag kam, an dem ich nach London auswanderte. Es war an meinem 22. Geburtstag, als mich ein guter Freund früh morgens zum Düsseldorfer Flughafen fuhr und ich bepackt mit einem US-Armee-Seesack und meiner orangefarbenen Fender Telecaster ins Abenteuer reiste.

Obwohl ich in London niemanden kannte und auf mich alleine gestellt war, war ich Feuer und Flamme. Ich fühlte mich sofort wie zu Hause: Oxford Street, Piccadilly Circus, Kings Road, der berüchtigte Marquee Club in der Wardour Street, in dem schon Jimi Hendrix, die Stones und zahlreiche andere Giganten gespielt hatten (und den es heute schon lange nicht mehr gibt und an dessen Stelle ein gelacktes Restaurant steht), die Punks, Hippies, Skinheads, Teds, Mods und Yuppies – alle zusammen im selben Pub (ja, okay, manchmal gab es auch etwas Ärger, aber früher durfte man noch hassen, ohne dafür verurteilt zu werden, was dazu führte, dass man nicht unbedingt zu hassen brauchte) – und Musiker an jeder Ecke, herrlich.

Endlich lebte ich meinen Traum. Nach vier Wochen fand ich einen Job in einer Druckerei und fuhr jeden Morgen eineinhalb Stunden zur Arbeit und abends wieder eineinhalb Stunden zurück – drei Stunden am Tag underground in der Northern Line. Aber es war mir egal. Schließlich lebte ich dort, wo viele meiner Vorbilder zu Hause waren.

Stück für Stück arbeitete ich mich in die lokale Musikszene ein. Jede Woche kaufte ich mir die Musikzeitschrift Melody Maker, ging zu ausgeschriebenen Auditions (Vorspielen) von Bands und bekam meinen ersten Auftrag als Studio-Gitarrist über eine Freundin von Nina Hagen (die ich im Electric Ballroom in Camden Town mit ihrer damals fünf Jahre alten Tochter Shiva traf). Nach einem Jahr schon nahm ich mit meiner ersten Band VEDA meine erste Single Whiplash auf, in einem Studio in Northampton, in dem auch die Kult-Goth-Band BAUHAUS ein und aus ging. Übrigens, 30 Jahre später wurde Whiplash noch mal auf einem Sampler des New Yorker Plattenlabels Sacred Bones Records veröffentlicht: Killed By Deathrock Volume II. Wer hätte das gedacht! So nahm alles seinen Lauf. Ich jobbte in Bars und Pubs, spielte mit verschiedenen Bands, arbeitete in Studios, nahm Platten auf und ging auf Tournee.

Show me your dragon magic

Tattoo, tattoo

So autobiographic

Best believe that needle hurts you

Best to see these true colors than follow one of your false virtues

— VAN HALEN, TATTOO

Was aber hatte mir den Mut gegeben, meinen recht gut bezahlten Job in meiner Heimatstadt Wiesbaden zu kündigen, meine Wohnung aufzugeben und Freunde und Familie zurückzulassen, um mich ins Ungewisse zu stürzen? Ein Freund erzählte mir, dass man während meiner Abwesenheit in Wiesbaden Wetten abgeschlossen hatte, wie lange ich es in London aushalten würde. Die Wetten hatten sie alle verloren, auch wenn es für mich in London oft nicht leicht war.

Den ersten Winter verbrachte ich zunächst in einem kleinen Zimmer in der Cathcart Road im Stadtteil Chelsea, das ich für monatlich 200 Pfund gemietet hatte. Damals musste man noch 50-Pence-Münzen in einen Automaten werfen, um Strom zu haben. Einmal lag ich mit Fieber und Grippe im Bett und mir gingen die Münzen aus. Ich hatte die Wahl, zitternd in einem eiskalten Zimmer zu liegen oder mich anzuziehen, raus in den Schneematsch zu gehen und irgendwo Geld zu wechseln. Ich ernährte mich überwiegend von Baked Beans aus der Dose, Brühwürfeln und Brot. Da ich keinen Kühlschrank hatte, lagerte ich alles draußen auf dem Fenstersims.

Die einzige Person, mit der ich das Dachgeschoss teilte, war eine etwa 50 Jahre alte Frau, die wohl unter Wahnvorstellungen litt. Ihr ungleichmäßig rasierter Schädel unterstrich ihre kugelrunde Kopfform, zwei ebenso kugelrunde Augen stachen wirr hervor. Wenn ich nachts nach Hause kam und die Treppen hochging, riss sie schlagartig ihre Tür auf, als hätte sie auf mich gewartet. Mir fiel jedes Mal vor Schreck das Herz in die Hose. Sie stand vor mir und fing an: „Did you hear …“ Sie erzählte mir unzusammenhängende Geschichten vom Krieg, von Verschwörungen, den aktuellen Nachrichten und dass der Landlord (Hauseigentümer) sie umbringen wollte. Alles, was ich wollte, war ins Bett gehen. Dann neigte sie ihren Kopf etwas, zeigte auf eine Stelle und sagte: „The pain in my head … it’s here … the pain … the pain …“

Mal hing Knoblauch an ihrer Tür, mal ein Kreuz. Manchmal führte sie spät nachts laute Selbstgespräche, als wäre jemand mit ihr im Zimmer. Sie war wirklich verrückt – aber auch irgendwie interessant und mit manchen Dingen hatte sie sogar recht.

Mein Anfang in London war nicht einfach, doch alles hat seinen Preis. Trotz allem, ich blieb dort! Ich folgte der Leidenschaft, für die ich brannte: der Musik!

„Rock and roll music, if you like it, if you feel it, you can’t help but move to it. That’s what happens to me. I can’t help it.“

— ELVIS PRESLEY

Wenn man wirklich etwas will, muss man lernen, alles auf eine Karte zu setzen und Scheiße auszuhalten. Solange es jemanden gibt, der uns den Kühlschrank auffüllt und den Bauch pinselt, brauchen wir keinen eigenen Biss zu entwickeln, der notwendig ist, um uns aufzurichten und vorwärtszugehen. Die beste Methode, die eigene Komfortzone zu verlassen und dem Ruf seines Herzens zu folgen, ist, die Brücken hinter sich abzureißen, sodass nur noch der Weg nach vorne bleibt. Leidenschaft ist das Öl, welches das Feuer unserer Vision am Brennen hält. Wenn wir aber unsere Freiheit gegen Sicherheit eintauschen, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn uns die Lebendigkeit abhanden kommt. Ein angstgetriebenes Leben ist kein Leben, sondern ein langsames Sterben.

„Let your freak flag fly!“

— STEVEN TYLER (AEROSMITH)

Als ich die Entscheidung getroffen hatte, nach London zu ziehen, habe ich alle Brücken hinter mir abgerissen. Ich hatte meine Wohnung und meine Arbeit gekündigt, Postnachsendeanträge gestellt, das One-Way-Flugticket gekauft, allen erzählt, dass ich auswandere und mein Bankkonto geplündert. Meine Entscheidung rückgängig zu machen und wieder zurück nach Wiesbaden zu gehen, war für mich keine Option. Ich wollte um jeden Preis in London bleiben.

Hatte ich damals Angst vor dem Schritt ins Unbekannte? Oh ja, riesige sogar! Ich hatte bereits Wochen zuvor Albträume, aus denen ich schweißgebadet aufwachte. Am Tag der Abreise spielte mein Magen derart verrückt, dass wir auf dem Weg zum Flughafen nach Düsseldorf an jeder zweiten Tankstelle anhalten mussten, weil ich Durchfall hatte. Als der Flieger abhob, fühlte es sich an wie sterben – zumindest stellte ich mir sterben so vor. Ich schaute runter auf die Welt und meine Vergangenheit lief wie in einem Film an mir vorbei. Es schmerzte, alles loszulassen, was bislang mein Leben ausgemacht hatte. Etwa auf der Hälfte des Fluges bestellte ich mir einen Jack and Coke und setzte die Kopfhörer meines Walkmans auf. Ich drückte „Play“ und als der Song Frightened von New Model Army ertönte, machte es in mir klick und ich ließ das Vergangene hinter mir und schaute erwartungsvoll und voller Enthusiasmus auf das, was vor mir lag …

The papers tell of rape and murder, everything that you

want to hear

Bad tidings on the radio – you find a way to name your fear

So you never pick up hitchhikers, never talk to strangers

Believe the world outside your bolted door is evil

You’re so frightened, everybody’s so frightened.

— NEW MODEL ARMY, FRIGHTENED

Das beste Mittel gegen den Gedanken, dass man etwas zu verlieren hat, ist, sich daran zu erinnern, dass das Leben früher oder später sowieso zu Ende ist. Unser Leben nach unseren eigenen Vorstellungen zu gestalten, wird zur einzigen Option. Mit einem Plan B in der Tasche oder einem Netz und doppelten Boden investieren wir nicht die gleiche Energie. Das Leben ist kein gerader Weg von A nach B – es ist in der Tat rockin‘ and rolling