Romantischer und wirklichkeitsferner Eichendorff ? Die Darstellung der Revolution in 'Schloß Duerande' - Martin Lehmannn - E-Book

Romantischer und wirklichkeitsferner Eichendorff ? Die Darstellung der Revolution in 'Schloß Duerande' E-Book

Martin Lehmannn

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2004
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Freie Universität Berlin (Institut für Deutsche und Niederländische Philologie), Veranstaltung: Grundkurs C - Eichendorff, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Werk Joseph von Eichendorffs wurde und wird häufig mit bestimmten romantischen Gemeinplätzen in Verbindung gebracht. Gedichte wie ‚Mondnacht’, ‚Nachtzauber’ oder die Erzählung ‚Aus dem Leben eines Taugenichts’ erscheinen Vielen für sein literarisches Schaffen besonders charakteristisch zu sein. Daraus werden oftmals einige vermeintlich prototypische Eigenschaften des Dichters Eichendorff abgeleitet. Hierzu kommentiert Helmut KOOPMANN1: Auf das „Romantische“ hat man Eichendorff schon sehr früh festgelegt; Heine hat ihn bereits in seiner „Romantischen Schule“ nahe an Uhland herangerückt und den Unterschied zu diesem nur in der „grüneren Waldesfrische und der kristallhafteren Wahrheit der Eichendorffschen Gedichte“ gesehen. Fontane hat bekannt, wie hoch auch er den Taugenichts stelle[.] […] Und so zieht sich das Loblied auf den romantischen Eichendorff weiter durch die Jahrzehnte bis hin in die Gegenwart. Auch die zeitgenössische Rezension von ‚Schloss Dürande’, das als Auftragsarbeit für das jährlich erscheinende Taschenbuch ‚Urania’ des Leipziger Buchhändlers Brockhaus 1835/36 entstand, knüpft an Eichendorffsche Klischeevorstellungen an. Die folgenden Auszüge dreier Rezensionen aus dem Jahre 1836 belegen dies2. Der Autor der Novelle sei nicht nur romantisch und vor allem poetisch statt inhaltlich ausdrucksstark, sondern auch noch wirklichkeitsfern und weltfremd: Eben im Vortrage, nicht im Inhalt, der an allerlei schon Verbrauchtes erinnert, beruht der eigenthümliche poetische Wert dieser Novelle. Eichendorff gleicht einem vortrefflichen Landschafter, in so fern er Sonnenauf- und Niedergang, Mondschein, Waldeinsamkeit, jagende Wolkenbilder, dunkle Nacht, blauen Himmel recht gut zu malen weiß. Auch in dieser (Novelle) ist Alles absonderlich, wie bei Eichendorff immer. Liebe, Leben, Tod, Sprache, Charakteristik, Alles ist seltsam und in seiner Seltsamkeit poetisch. […] Eichendorff stammt noch aus der Zeit der Brentano und Arnim; die Lebenswirklichkeit gilt ihm nichts[!] Ziel dieser Untersuchung ist es, die genannten Stereotype in Bezug auf ‚Schloß Dürande’ zu widerlegen. Wie noch zu zeigen sein wird, vernachlässigen die zitierten Rezensenten einige zentrale Aspekte der Novelle. [...] 1 KOOPMANN 1970: 181. 2 Zitiert nach LINDEMANN 1980: 137.

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Inhaltsverzeichnis

 

1. Einleitung

2. Gewitter- und Feuermetapher als vernichtende Revolutionskritik

3. Revolutionskritik auf der Ebene der Figuren

4. Zusammenfassung und Ausblick

5. Bibliographie

1.                Einleitung

 

Das Werk Joseph von Eichendorffs wurde und wird häufig mit bestimmten romantischen Gemeinplätzen in Verbindung gebracht. Gedichte wie ,Mondnacht', ,Nachtzauber' oder die Erzählung ,Aus dem Leben eines Taugenichts' erscheinen Vielen für sein literarisches Schaffen besonders charakteristisch zu sein. Daraus werden oftmals einige vermeintlich prototypische Eigenschaften des Dichters Eichendorff abgeleitet. Hierzu kommentiert Helmut Koopmann[1]:

 

Auf das „Romantische“ hat man Eichendorff schon sehr früh festgelegt; Heine hat ihn bereits in seiner „Romantischen Schule“ nahe an Uhland herangerückt und den Unterschied zu diesem nur in der „grüneren Waldesfrische und der kristallhafteren Wahrheit der Eichendorffschen Gedichte“ gesehen. Fontane hat bekannt, wie hoch auch er den Taugenichts stelle[.] [...] Und so zieht sich das Loblied auf den romantischen Eichendorff weiter durch die Jahrzehnte bis hin in die Gegenwart.

 

Auch die zeitgenössische Rezension von , Schloss Dürande', das als Auftragsarbeit für das jährlich erscheinende Taschenbuch ,Urania' des Leipziger Buchhändlers Brockhaus 1835/36 entstand, knüpft an Eichendorffsche Klischeevorstellungen an. Die folgenden Auszüge dreier Rezensionen aus dem Jahre 1836 belegen dies[2]. Der Autor der Novelle sei nicht nur romantisch und vor allem poetisch statt inhaltlich ausdrucksstark, sondern auch noch wirklichkeitsfern und weltfremd:

 

Eben im Vortrage, nicht im Inhalt, der an allerlei schon Verbrauchtes erinnert, beruht der eigenthümliche poetische Wert dieser Novelle.

 

Eichendorff gleicht einem vortrefflichen Landschafter, in so fern er Sonnenauf- und

 

Niedergang, Mondschein, Waldeinsamkeit, jagende Wolkenbilder, dunkle Nacht, blauen Himmel recht gut zu malen weiß.

 

Auch in dieser (Novelle) ist Alles absonderlich, wie bei Eichendorff immer. Liebe, Leben, Tod, Sprache, Charakteristik, Alles ist seltsam und in seiner Seltsamkeit poetisch. [. ] Eichendorff stammt noch aus der Zeit der Brentano und Arnim; die Lebenswirklichkeit gilt ihm nichts[!]

 

Ziel dieser Untersuchung ist es, die genannten Stereotype in Bezug auf ,Schloß Dürande' zu widerlegen. Wie noch zu zeigen sein wird, vernachlässigen die zitierten Rezensenten einige zentrale Aspekte der Novelle. Eichendorffs ,Schloß Dürande' beschränkt sich keinesfalls nur auf formschöne romantische Naturschilderungen oder die vordergründige Liebesgeschichte zwischen dem jungen Graf Dürande und Gabriele. Vielmehr ist eine explizite, drastische Kritik an revolutionärem Streben enthalten. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie detailliert und auf welch vielschichtige Art und Weise diese extrem negative Wertung in der Novelle zum Ausdruck kommt. , Schloß Dürande’ spielt zwar zur Zeit der französischen Revolution. Die Art der Auseinandersetzung mit der Thematik lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass der Leser es hier mit einer universellen Kritik an revolutionärem Handeln zu tun hat. Die Analyse beschränkt sich auf die Herausarbeitung der politischen Aussage. Dabei wird eine Bewertung der Eichendorffschen Revolutionskritik, die aus heutiger Sicht einseitig und völlig inadäquat erscheint, bewusst außer Acht gelassen, da ein solches Vorgehen in Bezug auf die Fragestellung von sekundärer Bedeutung ist.

 

Der politische Gehalt offenbart sich allerdings erst bei näherem Hinsehen. Koopmann bemerkt mit Bezug auf die Novelle daher sehr treffend:

 

Wer Eichendorff kennt, weiß allerdings auch um seine Behutsamkeit und Unauffälligkeit. Das Eigentliche steht bei ihm immer im Hintergrund.[3]

 

Diese Arbeit folgt Koopmanns These. Es wird hier also nicht so sehr um die Liebesgeschichte zwischen Gabriele und dem jungen Graf Dürande gehen. Vielmehr soll aufgrund der Zielsetzung, die mehr als deutliche politische Dimension detailliert herauszuarbeiten, das vermeintlich Nebensächliche zum Gegenstand der Untersuchung werden. Dabei lautet die zentrale Leitfrage: Wie wird die französische Revolution in der Novelle dargestellt?

 

Die Beantwortung der Frage wird in zwei Teilschritten erfolgen: Einerseits soll untersucht werden, welche Eigenschaften den der Revolution nahe stehenden Charakteren im , Schloß Dürande’ zugeschrieben sind. Neben der Figurenebene ist aber für unsere Leitfrage vor allem auch die Analyse der „Ebene der poetischen Bildsprache“[4] besonders aufschlussreich. Denn durch den gesamten Text zieht sich eine sehr eindringliche Metaphorik, die von der Literaturwissenschaft einhellig als symbolische Darstellung der französischen Revolution interpretiert wird.[5] Die Herausarbeitung der Metapher wird zu Beginn erfolgen, anschließend werden dann die Rebellen unter Einschluss Renalds eingehend untersucht.

 

In dieser Untersuchung wird von einer weiteren These Koopmanns ausgegangen. Nach Koopmann stehen in ,Schloß Dürande' „Individualgeschichte und Weltgeschehen“[6], i.e. das persönliche Schicksal der Hauptfiguren und die Revolution, in Zusammenhang. Die „Synchronizität von individuellem Schicksal und geschichtlichen Vorgängen“[7] beschränkt sich damit nicht bloß auf die Ebene der Zeit. Besonders das Ende der Novelle, an dem Einzelschicksal und Revolution verschmelzen, sowie der mahnende Schlusssatz demonstrieren eindringlich, dass das Verhalten des Indiviuums nicht unabhängig von den gesellschatlichen Umbrüchen gesehen werden darf. So ist besonders die Charakterisierung Renalds, der im Verlauf der Novelle immer mehr zum unfreiwilligen Revolutionär wird, für die Einschätzung der allgemeinen Qualitäten der Revolution sehr ergiebig.