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Der zweite Band aus der Lyrikserie "ronaden" von Rona Duwe versammelt Gedichte aus den Jahren 2019 und 2020. Verdichtet sie zunächst persönliche Erfahrungen und Gefühle von Begegnung, Verlust, Selbsterfahrung und Reife, wird im späteren Verlauf das zwiespältige Erleben der Corona-Pandemie in Worte gefasst. Die "ronaden II" sind damit ein Zeitdokument der Erlebniswelt einer Frau und Mutter im Ausnahmezustand. Wie im ersten Band erweitern und vertiefen durchgängig farbige Fotografien der Autorin von ihren vielen Spaziergängen, Streifzügen und Reisen die Eindrücke. "Wunderschön, beruhigend und in die Tiefe gehend, gepaart mit stimmungsvollen Bildern. Die ronaden haben einen Ehrenplatz in meiner Wohnung und wurden mehrfach verschenkt. Chapeau!" Silke Schaudinn "Geradezu immer gelingt es Dir, Worte berührend fassbar zu machen. Du malst mit ihnen einzigartig. Deinen Schmerz kann ich nachvollziehen, auch wenn ich mit ihm nicht konform gehe. Hier aber kann ich nur schreiben: JA! Danke! Wow!" Eine Leserin
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Seitenzahl: 54
für die,
die mich verließen.
für die,
die wiederkehrten.
für die,
die blieben.
Ohnmacht der Mütter
Karamellschmelze
Fussball!
Schneidezeit
Tinderness
Zurücksehnen
in diesen Zustand aus Licht
und heimwehgefiedert*
an diesen Ort zurückfliegen.
Den Schmerz in ein Duftetui betten
so dass er verweht
und Heimat findet,
ruhen kann.
Vergangenheit als diese erkennen,
Erinnerung gönnen
und nicht mehr Bilder
zerreißen müssen
in Altpapiertonnen.
Das jetzt schon sehr ferne Leuchten
ertragen können
als Möglichkeit eines Morgen.
Weil das Gefühlstalent wieder Räume fand
und atmen durfte.
Wünsche und Träume,
die lebten,
für ein kurzes Kapitel.
Drum ist das Sterben so bitter.
Das allein anerkennen
und schlafen.
#frapalywo Tag 6, 2019
Geborgtes Wort: „*heimwehgefiedert“ von Hilde Domin
Eingebrannte,
tief eingesunkene
Erfahrungen überschreiben.
Mit Kraft
und einem dicken Stift,
der Löcher ins Papier drückt.
Die Leichtigkeit
in der verlorenen Hoffnung
in dem zerstörten Bild
von morgen.
In einem Jetzt,
das alles nimmt
als Jetzt
und nicht mehr wartet.
Hineingestürzt
in Glücksmomente tauchen
und doch schon wissen,
das hat nicht Bestand.
Es macht nichts mehr.
Du bist zu oft gegangen worden.
Du bist jetzt kompromisslos da,
und nimmst den ganzen Tisch
auf einmal mit,
verleibst Dir alles ein.
„Erzähl mir nichts.
Ich habe alles schon gehört.
Du kannst jetzt einfach nackig sein.“
Freiheit,
ein fliehendes Band.
Ich rolle mich ein
in ihre weiche,
luftig leichte Hülle.
Der Zeh nur
baumelnd in der Luft.
Die Fingerspitze
in einer Wolkenfalte.
Ein Hauch,
der schnell verweht.
Das Lachen fällt mir
aus dem Mund.
Und es ist alles anders
und doch seltsam gleich.
Es ist der Schwere fortgelaufen,
hat die Bedeutung schwanger losgelassen
und sucht nicht nach Erklärungen
in Büchern.
Es wiegt nicht die Erkenntnis
folgenschwer in Fragen.
Ich lebe schon so viele Tage.
Doch weiß ich jetzt erst nichts
und kann dem so vertrauen.
Der nüchterne Blick,
der ohne Schnörkel
bis in die Tiefe blickt.
Viele Worte können
wir machen.
Uns wichtig tun.
Und voller Inbrunst
aneinander vorbeireden.
Aber ersehnt wird:
„Du bist richtig, mein Kind.“
„Du darfst so sein.“
„Du bist eine tolle Frau.“
„Ein kluger Mann.“
Was ist das wert?
Selbstwertamputiert
sind wir doch alle.
Tun aber so,
als seien wir
unverwundbar
unangreifbar
unberührbar
fertig.
Berühr mich.
Und lass uns
dieses zittrige
Ungewiss sein,
das etwas verschämte
Unsicher,
das Zweifeltier,
das Scheitern trägt
als warmes Fell,
und darin unbeirrbar
ehrlich, verletzbar,
tötbar ist,
und dem dann oft
die Worte fehlen.
Sei uncool für mich.
Ich weiß doch auch
nicht mehr als Du.
Ich irre auch umher.
Ich zittere.
Doch weiß ich auch:
Es gibt nichts zu erwarten.
Die Märchen kannst Du
anderen erzählen.
Ich hab dieses Kapitel durch.
Ich will nur
echtes Fleisch mit Falten.
Und keinen Zuckerguss
auf Dreck.
Ich will kein Immer-Ewig-
Heilsversprechen,
das jeder doch
nur brechen kann,
und Licht- und
Liebe-Leuchten
über Scheiße.
Ich will ein Jetzt,
das sich in sich genügt.
Das so viel Lächeln sammelt
oder Tränen,
dass ich das Leben spüre,
klar und unverfälscht.
Antworte nicht.
Lass die Frage als durchsichtige,
schimmernde Folie
im Wind baumeln,
an einem einzigen Faden
Verstand.
Knüpfe kein Muster,
das ein sich wiederholendes Band
in die Zukunft legt.
Verlasse Orientierung
und lass das Auge wildern
bis an den Rand.
Ein nächster Mantel
der Häutung,
der am Wegesrand liegenbleibt
und vielleicht
Erinnerung speichert.
Der nächste Schritt
ist schon Fallen
und wieder sich fangen.
Auf einem Bein,
nein auf Zehenspitzen,
das Gleichgewicht halten.
So das Leben durchlaufen.
Komm ein Stück mit!
Resonanz Körper.
Die Haut wie Schaum.
Zellen in jede Richtung beweglich.
Ausdehnbar
und schillernd platzend
mit Glück.
Tauchende Hände.
Tastende Füße.
Ein Ein und Aus
im gestimmten Atem.
Du legst etwas in mich
und ich in Dich.
Ein Hoffnungsbild
der besten Möglichkeiten
in einem lächelnden Moment.
Was eins schlägt,
hallt im anderen
was eins ruft,
bildet Echo
in diesem weiten,
hohen Raum
der Nähe
zwischen zwei
schroffen, kalten Bergen.
Es hat nur den begrenzten
Ort des Heute,
und nimmt ihn schamlos
gänzlich ein.
Mein Herz trägt Spuren.
Es ist zerkratzt und tief zerfurcht.
Es wurde oft verschenkt, zu oft
und kam als wundes Tier zurück,
das zuckt unter der Hand.
Jetzt trägt es Blattgoldpanzer,
Schutzschichten aus dünnem Glas
und drumherum Papier,
das schmirgelt.
Es ist ein Scheinbarschutz,
der schon beim Hinsehen bricht.
Ein Schlag zuviel
und schon ist all die kühle Fassung aufgesplittert,
angeritzt und ausgebrochen.
Es war ein Herz,
das gern vertraute,
gern verschenkte
und all das Schöne in dem anderen sah.
Das sich die Kindlichkeit bewahrte
und damit spät verlor.
Zu oft vertraut,
zu tief verletzt,
zu viel geglaubt
und dann verlacht
und weggeworfen
muss es den Ort der Ruhe wiederfinden,
wo sein Schlag Heimat hat
und Wert
und gern gespürt,
geteilt, gehalten wird.
Auf Wasser laufen.
Auf einer dünnen Schicht
aus Folie oder Eis.
Mich leichter machen,
als ich bin.
So leicht,
dass ich nicht mehr versinke.
So leicht,
dass Du die Spur nicht spürst.
So leicht,
dass ich Dir leichter bin
und alles Spiel und Spaß bleibt.
Bloß kein Ernst.
Sich Leichtigkeit verschreiben.
Auf einem dicken Block.
Gekritzeltes Rezept.
Mit Bleistift aufgehaucht.
Das bin nicht ich.
Perforiert sein.
Kraft verlieren
durch die Poren.
Ausgeprepresst,
Ausgewrungen,
Ausgewalzt.
Hülle sein.
Innen ist Außen.
Außen drückt Innen.
Vakuum der Leere.
Zerteilt sein
in viele Stücke Körper.
Jedem ein Stück,
der es braucht,
der hungrig fragt,
bis der Teller leer ist.
So ausgeleert
und ausgeschüttet
gehst Du nicht unter Menschen,
kannst Du den Spiegel
anderer Augen
nicht ertragen,
kannst Du Dich nur so hangeln
zum nächsten Atem-Aus
und Atem-Ein.
Du wartest,
dass die Kraft von irgendwoher
wieder fließt.
Wie immer
wirst Du weitergehen
nach einem Punkt
der „Ende“ schreit
und „kann nicht mehr“,
„es reicht!“
In irgendeinem Hinterzimmer
ist immer noch ein Hoffnungsrest
und Lebenwollen,
Blick für Schönheit
und „vielleicht doch“.
Trotz allem.
Atem. Aus. Und.
Atem. Ein.
Sehnsucht ausreißen.
Vermissen an der Wurzel veröden.
Das Zarte nicht weiter
wachsen lassen.
Es hätte Zeit gebraucht.
Zuwendung.
Geduld.
Räume der Nähe
und Wärme.
In so einer Zeit leben wir nicht.
Wir leben in einer Zeit
der inneren Kälte
und äußeren Hitze,
die alles verdorrt.
In einer Zeit der Hetze,
des unstillbaren Dursts.
Wir tragen so viel Gepäck
und Narben alter Tage.
Wir sind vielfach gebrochen.
Wir muten nicht mehr zu.
Wir sprechen nicht mehr.
Wir nehmen uns
und gehen.
Bevor die Nähe kommt.
Bevor das Fühlen kommt.
Bevor der Schmerz
und dieses Zarte, Wilde
uns unfrei macht,
verletzbar.
Bevor wir an den Punkt kommen,
wo wir uns sehnen,
vermissen,
brauchen.
Still.
Sei still.
Dein Wort
zählt erst,
wenn es gewogen
wird mit Gold.