Runterkommen und drüberstehen - Martina Pahr - E-Book

Runterkommen und drüberstehen E-Book

Martina Pahr

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Beschreibung

Wir alle verlieren die gute Laune, wenn das Leben unsere Pläne und Erwartungen mal wieder gegen die Wand fährt und alle Mühe vergebens war. Frustration in Serie härtet nicht ab, sondern zermürbt, verschwendet Energie und schreddert Lebensfreude. Wir können Frust zwar nicht vermeiden – aber lernen, besser mit ihm umzugehen. Humorvoll und locker stellt Martina Pahr die gängigsten Frustlinge vor und präsentiert die nach oben offene Frustskala. Sie gibt einen Überblick über den Umgang mit Frust in den verschiedensten Bereichen – von Psychologie über Ernährungswissenschaft bis hin zum Stoizismus – und stellt 26 Frustschutzmittel von A bis Z vor, mit denen du schnell wieder runterkommst, um dann gelassen drüberzustehen!

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Seitenzahl: 240

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MARTINA PAHR

RUNTERKOMMEN UND DRÜBERSTEHEN

MARTINA PAHR

RUNTERKOMMEN UND DRÜBERSTEHEN

WIE DU DICH WENIGER ÄRGERST UND FRUST KEINE CHANCE GIBST

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

1. Auflage 2021

© 2021 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Iris Rinser

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildung: Shutterstock.com/dodoit

Satz: Christiane Schuster | www.kapazunder.de

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-7474-0278-8

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-627-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-628-4

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de.

INHALT

FRUST, MEIN ALTER FREUND

SCHÖNER LEBEN OHNE FRUST

FRUST IN ALLER FORM VORGESTELLT

1. Wie Frust uns schadet

2. Wofür Frust uns nutzt

3. Die Gefühle dahinter

FRUSTFRAGEN

Der Frust-Test

Einfach, aber mit Tiefe

KLEINE TYPOLOGIE DER FRUSTLINGE

1. Der Kleingärtner

2. Die Konsumentin

3. Der Aggressor

4. Die Überkompensatorin

5. Der Prokrastinateur

6. Die Niedergeschlagene

7. Der Jammerlappen

8. Die Diva

9. Der deutsche Tourist

RELATIVITÄTSTHEORIE DES FRUSTES

1. Frustfettnäpfchen: die Auslöser

2. Quelle

3. In welchem Kontext steht das Frusterlebnis?

4. Reaktion

5. Verhältnismäßigkeit

6. Potenzial

7. Die nach oben offene Frustskala

8. Die Frustformel

FACETTEN VON FRUST

1. Ungerechtigkeit

2. Erwartungen

3. Absagen

4. Hotlines

5. Optimierung

6. Selbstbild

7. Freude

FRUST IM FOKUS

1. Neurowissenschaft

2. Psychologie

3. NLP

4. Positives Denken

5. Ernährungswissenschaft

6. Hypnose

7. Buddhismus

8. Meditation

9. Stoizismus

10. Hundetraining

ALLTAGSTAUGLICHE FRUSTSCHUTZMITTEL VON A BIS Z

1. Die Apfelchutney-Alternative

2. Die Balance-Bremse

3. Die Carpe-Diem-Chance

4. Der Dunkelbunt-Dreh

5. Der Energie-Effekt

6. Die Froschlisten-Formel

7. Der Glückskeks-Griff

8. Der Humor-Hebel

9. Die Idyllen-Inspiration

10. Der Jetzt-erst-recht-Jubel

11. Die Klagemauer-Kampagne

12. Die Leichtigkeits-Lösung

13. Die Menschlichkeits-Methode

14. Die Nabelschau-Nachfrage

15. Die Oberhand-Option

16. Das Paradox-Potenzial

17. Die Quecksilber-Qualifikation

18. Die Rhetorik-Rettung

19. Die Sekretärinnen-Simulation

20. Das Tages-Training

21. Das Urvertrauen-Update

22. Das Vergebungs-Verfahren

23. Das Wellness-Werkzeug

24. Das X-Xenion

25. Das Yin-und-Yang-Yoga

26. Die Zielsetzungs-Zauberformel

Auflösung Frusttest

Rezept für Apfelchutney

Endnoten

Über die Autorin

FRUST, MEIN ALTER FREUND

Hallo Frust, du ewiger Weggefährte! Du bist der Schuh, der immer drückt – nie so viel, dass ich dich aussortieren würde, doch immer genug, um mich am unbeschwerten Gang zu hindern. Du bist auch das Kaugummi, das an seinem Absatz klebt. Wenn ich in der Cocktailbar des Lebens sitze, bist du die Mücke, die mich mehrfach pikst und hinterher noch einen Kopfsprung in mein Getränk macht. Wenn ich einen Sprint hinlege, um sie vielleicht doch noch zu kriegen, bist du die Straßenbahn, die vor meiner Nase wegfährt. Und wenn ich in normaler Geschwindigkeit gehe, bist du die Bahn, die Verspätung hat, sodass ich es noch locker geschafft hätte, wenn ich gerannt wäre.

Manchmal habe ich fast das Gefühl, dass sich alle und alles gegen den reibungslosen Ablauf meines Lebens verschworen haben! Überall lauern Quellen individueller Frusterfahrung wie etwa die Tücke des Objekts, meine Güte, nix funktioniert auf Anhieb, was klemmen kann, klemmt, was sich verheddern kann, verheddert sich. Handys warten die Gültigkeitsdauer der Garantie ab, um prompt nach Ablauf spontan kaputtzugehen, und nach drei Wochen in Reparatur-Quarantäne kommt dann die Mitteilung: müssen wir notschlachten. Wenn ich in der Küche Karamell koche, pfeift der Rauchmelder, dass die Hunde der Nachbarschaft anfangen zu jaulen. Und wenn ich dann die Tür öffnen will, halte ich ihren Griff unversehens komplett in der Hand. Natürlich ist der Schraubenzieher zur Behebung des Problems unauffindbar, ich muss mit einer Nagelfeile nachziehen, die sofort abbricht, und der Fingernagel gleich dazu. Ich kann es nicht mehr ertragen!

Dazu kommen noch SÄMTLICHE anderen Menschen. Auf der Straße, rücksichtslos und ignorant, wenn’s um Verkehrsregeln geht. Im Büro, inkompetent und schnippisch. Im Baumarkt, wo sie eh nie greifbar sind. Aber wenn ich Ansprache brauche, kann ich ja immer noch bei einer Hotline anrufen, um mich über all die Dinge zu beschweren, die nicht funktionieren. Bei einer Onlinebestellung beispielsweise, da läuft ja gar nichts, wie es soll, aber wenn man analog einkaufen geht, trifft man halt überall wiederum auf echte Menschen! Die rücken einem entweder viel zu nah auf die Pelle, und das nicht erst seit Corona, wo ja die Todessehnsucht ungehindert ausgelebt wird. Oder sie sind solche Paranoiker, dass sie gleich drei Meter Abstand halten, weil man’s ja auch übertreiben kann! Entweder übergriffig oder unfreundlich, nichts dazwischen.

Ich gebe es zu: Ich leide unter Frustrationsintoleranz! Das kann man sich in etwa so vorstellen wie Laktoseunverträglichkeit, nur dass sich diese Intoleranz nicht auf Milchprodukte beschränkt, sondern wesentlich umfassender ist. Man könnte sagen, dass ich es nicht ertrage, gewisse Dinge nicht zu ertragen. Dinge, die unerträglich sind, weil sie nicht so sind, wie sie sein sollten, um gut zu sein.

Kennst du »Murphy’s Law«? Jene Gesetzmäßigkeit, die da lautet: »Was auch immer schiefgehen kann, wird schiefgehen.« Das geht interessanterweise nicht auf einen alten irischen Pubgänger zurück, der nicht mehr anschreiben lassen kann und dann noch das letzte Glas Bushmills verschüttet, sondern auf einen US-amerikanischen Ingenieur der U.S. Air Force namens Edward A. Murphy, der anlässlich des Scheiterns eines Experiments meinte: »Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, eine Sache zu erledigen, und eine davon zu einer Katastrophe führt, dann wird jemand genu diese Möglichkeit wählen.«1

Meinerseits möchte ich folgende Erkenntnis anhängen: Es gibt nichts Schlimmes, was man durch eine gute Handvoll Frust nicht noch schlimmer machen könnte. Und das tut man dann halt auch.

»Mach dich doch locker«, sagen da »wohlmeinende« Menschen, diese Widerlinge. »Du hast doch deine Familie/deine berufliche Erfüllung/dein Haustier/dein Hobby, das dich entspannt.«

In meinem Fall ist es ein Schrebergarten. Der ist voller Erde, erdet aber nicht. Weshalb ich auch auf Bemerkungen dieser Art mit einem Unterton bitterer Ironie entgegne: »Ja klar, sicher.«

»Entspann dich!«

»Beruhige dich.«

»Komm wieder runter, ist ja alles halb so wild.«

Ich hasse solche Sprüche! Kennst du irgendeine Person, die sich jemals beruhigt hätte, weil ihr jemand gesagt hat, sie solle sich beruhigen? Das ist, als würde man Öl ins Feuer gießen und sich dann wundern, wenn die Flammen hell auflodern. Und weil niemand so dämlich sein kann, das nicht zu merken, bin ich überzeugt davon: Die so etwas sagen, die machen das absichtlich! Die tun so, als wollten sie eine Situation begütigend glätten, und dabei arbeiten sie eifrig daran, dass sie noch weiter eskaliert.

Darüber hinaus: Im Garten ernte ich ebenfalls Frust, eimerweise, regelmäßig! Als würde ich ihn anbauen! Mein Frühbeet wird von einer Handvoll Nacktschnecken als privater Club Méditeranée betrachtet. Nicht, dass die Viecher nicht auch in Rudeln auf allen anderen Beeten unterwegs wären! Der ganze Garten ist voll davon, gern in Begleitung von Weinbergschnecken, und das Geräusch und Gefühl unter der Schuhsohle, wenn ich versehentlich auf eine drauftrete, traumatisiert mich nachhaltig. Ich bin am Überlegen, 23 fleischfreie Jahre in die Tonne zu treten, um mir dieses Trauma mit Kräuterbutter vom Hals zu snacken. Jeder Gartenschlauch leckt nach einiger Zeit. Und dann kaufe ich einen neuen, und der leckt dann sogar von Anfang an, der erste am Aufsatz vorne, der zweite dann beim Wasserhahnanschluss hinten, ja geht es denn noch!? Regnen tut’s grundsätzlich nur, wenn ich vorher gegossen habe, und wenn ich nicht gieße, weil mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit Regen angesagt ist, geht der drei Kilometer weiter drüben runter. Und vom Unkraut (politisch korrekt: Beikraut) hab ich jede Menge, weil ich den kleinen Sprösslingen nicht ansehe: Bist du ein Nutzkraut oder kannst du weg?

Ich sag’s ganz ehrlich: Ich steh nicht drüber! Vielmehr liege ich allzu oft drunter und kann kaum schnaufen. Und bei Frustrationsintoleranz besteht keine Chance auf einen Impfstoff. Wer hätte auch ein Interesse daran? Wir Frustrierten sind klasse als Konsumenten: Wir konsumieren, fressen und saufen im Unverstand und werden pflichtbewusst krank, alles allein deshalb, weil wir mit Frust nicht umgehen können!

Frust, mein alter Freund, das muss ein Ende haben. Du hast keinen Platz in meinem Leben, das solltest du so langsam einsehen. Und deinen engsten Kumpel, den Ärger, mit dem du ständig rumhängst, den kannst du gleich mitnehmen, wenn du dich verzupfst! Ich werde lernen, wie ich runterkomme, ohne mich zu ärgern, und dann werde ich drüberstehen, komme, was wolle, ohne dabei mit der Wimper zu zucken oder meinen Lippenstift zu verschmieren!

SCHÖNER LEBEN OHNE FRUST

Es war der US-amerikanische Psychologe Saul Rosenzweig, der vor mehr als achtzig Jahren den Begriff der Frustrationstoleranz geprägt hat.2 Er hat beschrieben, in welchem Ausmaß ein Mensch frustrierende Situationen und die damit verbundenen psychischen Spannungen ertragen oder sogar konstruktiv mit ihnen umgehen kann. Wer eine niedrige Toleranz hat, wird beim ersten Hindernis aufgeben, sich durch Scheitern nachhaltig entmutigen lassen, sich von Kritik persönlich angegriffen fühlen und ein Projekt, dessen günstiger Ausgang nicht garantiert ist, gar nicht erst in Angriff nehmen. Wer eine hohe Toleranz hat, wird sich höhere Ziele setzen, sich von Niederlagen nicht beeinflussen lassen und keine Energie an Ärger verschwenden. Dieser Mensch ist generell belastbarer, verfügt über eine bessere Impulskontrolle und hat gute Aussichten auf Erfolg im Leben. Also ist eine Frustrationstoleranz, die sich nicht nur wenige karge Zentimeter über dem Fußboden dahinschleppt, eine durchaus begrüßenswerte Eigenschaft und der Grund, weshalb es dieses Buch gibt.[1]

Statt dir aber jetzt gleich alle Vorteile aufs Brot zu schmieren, die eine höhere Frustrationstoleranz mit sich bringt und von denen du garantiert eine eigene Vorstellung hast, soll eins vorangestellt werden: Es ist völlig in Ordnung, Frust zu empfinden!

Es ist nicht schön, nicht angenehm, meist nicht hilfreich und definitiv nicht aufbauend. Aber es ist in Ordnung. Frust, wie jedes unserer Gefühle, hat ein Recht darauf, wahrgenommen, mit jeder Faser gefühlt und beachtet zu werden. Es ist die Frage, wie man danach mit der Frusterfahrung umgeht.

Das ist ein bisschen wie mit der Angst: Wenn du niemals Angst empfinden würdest, bräuchtest du niemals Mut aufwenden. Mut ohne Angst ist bedeutungslos.

Ebenso Freude ohne Frust. Den einzigen wesentlichen Unterschied in der Natur der Sache, den ich sehe, ist, dass man auch völlig grundlos – ohne erkennbaren Anlass – Freude empfinden kann. Frust dagegen findet immer einen Auslöser, mit dem er sich in unser Leben hebelt. Und wenn er den Zugang gelegt hat, sollten wir das auch erst einmal akzeptieren: dass wir Menschen sind, mit menschlichen Schwächen, zu denen eben auch Freund Frust zählt.

Nach meiner Erfahrung kann es durchaus helfen, sich in den Frust wie in ein heißes Schaumbad hineingleiten zu lassen und so lange drinzubleiben, bis das Wasser kalt und die Haut schrumpelig ist. Manchmal ist es tatsächlich so, dass man den Frust, je intensiver man ihm frönt, desto schneller wieder loswird. Manchmal. Es kann aber auch sein, dass man unversehens den günstigen Zeitpunkt verpasst, aus dem Frustzug wieder auszusteigen. An welche Endhaltestelle der uns letztendlich bringt, wollen wir meist nicht wirklich wissen. Da kann es dunkel werden, und es steht zu befürchten, dass er in einen Tunnel hineinfährt, der niemals zu enden scheint ...

Aber so weit muss es gar nicht kommen, wenn du ein ganzes Arsenal an Werkzeugen in der Hand hast, mit denen du deinem Frust begegnen kannst. Auf keinen Fall solltest du ihn mit Gewalt verdrängen, wenn er in deinem Leben auftaucht. Bringe ihm einfach einmal Wertschätzung entgegen – was vielleicht für dich wie auch für ihn etwas völlig Neues ist. Hätte man der bösen Fee Wertschätzung entgegengebracht, hätte sie auf der Taufe von Dornröschen ein Stück Torte gegessen, eine kitschige Glückwunschkarte dagelassen und wäre dann weitergeflogen, ohne die Kleine mit einem Fluch zu belegen. So ist der Frust nämlich auch: Gar nicht ganz so schlimm, wenn man ihn einmal näher kennenlernt, und nicht immer auf Krawall gebürstet.

In diesem Buch geht es deshalb nicht darum, Frust zu vermeiden. Mal ganz abgesehen davon, dass das überhaupt nicht möglich wäre.

Noch mal: Es ist nicht möglich, Frust zu vermeiden, ebenso, wie es nicht möglich ist, Schmerz zu vermeiden, wenn wir auf eine heiße Herdplatte fassen. Aber es ist möglich, ihm keine Chance zu geben, uns das Leben madig zu machen.

Stattdessen werden wir den Frust aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachten, um ihn näher kennenzulernen. Wir wollen Wege erkunden, mit ihm auf eine Weise umzugehen, die weder uns noch andern schadet, die uns nicht stundenoder tagelang die gute Laune verdirbt und uns nicht von den wirklich wichtigen Dingen abhält. Im idealen Fall wirst du nach der Lektüre, wenn dich der Frust nächstes Mal mit voller Breitseite erwischt, dieses Gefühl erfahren, es benennen, ihm aber nicht mehr hilflos ausgeliefert sein. Du wirst in der Lage sein, innerlich einen kleinen Schritt zurückzutreten, um dann aus diesem Abstand heraus zu entscheiden, was genau du jetzt tun möchtest: dich dem Frust völlig hingeben oder aber eine von vielen anderen Optionen anwenden, mit ihm umzugehen. Der Frust wird derselbe sein, doch dein Umgang mit ihm darf völlig anders aussehen. Letztendlich wird Frust als solcher einem Leben voll Leichtigkeit und Erfüllung nicht länger im Weg stehen.

FRUST IN ALLER FORM VORGESTELLT

Frust ist einer dieser Begriffe, den wir alle gebrauchen, mit dem aber unter Umständen jeweils eine völlig andere Spielart oder ein anderer Härtegrad der Erfahrung gemeint ist. Der eine ist frustriert, weil er nicht abnimmt, obwohl er jetzt nur sieben statt acht Feierabendbiere trinkt. Die andere ist frustriert, weil sie auf hundert Bewerbungen hundert Absagen bekommen hat. Herr Hinz ist frustriert, weil er einfach nicht die richtige Frau fürs Leben findet. Frau Kunz ist frustriert, weil es an dem Tag regnet, an dem sie zur Gartenparty eingeladen hat. Manche pflegen generell eine frustrierte Grundhaltung, denn die Welt ist permanent nicht so, wie sie sein sollte, um ihnen zu gefallen. Etliche sind frustriert, weil ihnen die Götter – gefühlt permanent – in die Suppe spucken oder das ganze Leben einfach unfair erscheint. »Warum immer ich?«, »Es bringt ja alles nix!« oder »Ich mag nicht mehr!« sind charakteristische Ausdrücke dafür.

Das Wort »Frustration« lässt sich von zwei lateinischen Begriffen herleiten: »frustra«, was »irrtümlich, vergeblich, nutzlos, erfolglos, umsonst« bedeutet, und »frustratio«: Täuschung, Irreführung, Vereitlung, Verhinderung, Hinhalten, absichtliche Verzögerung. Halten wir einmal die Komponenten fest, die zusammentreffen, wenn wir eine Erfahrung als frustrierend erleben oder aber, besser ausgedrückt, auf eine Erfahrung mit Frust reagieren:

Die Frustration ist immer reaktiv und kommt nie aus heiterem Himmel.

Sie geht mit einem unangenehmen Gefühl einher, das wir lieber nicht haben würden.

Etwas, das wir als wünschenswert betrachten, bleibt aus, oder aber:

Wir werden daran gehindert, das zu bekommen, was wir uns wünschen.

Die Frustration ist verbunden mit und wird verstärkt von Gefühlen wie Vergeblichkeit, Enttäuschung, Kontrollverlust, persönlicher Kränkung, Ablehnung, Ungenügen.

Hier fällt auf, dass ein Faktor keine wesentliche Rolle für unser Frustempfinden spielt: nämlich der, wie viel Mühe, Einsatz, Zeit und Leistung man zuvor investiert hat. Man kann gefrustet sein, wenn etwas nicht auf Anhieb klappt, oder aber, wenn man nach unzähligen Anläufen immer noch gegen eine Wand rennt. Entscheidend ist eher, wie lange der Zeitraum ist, über den sich die Frusterfahrungen ziehen: Einen Tag steckt man in der Regel noch weg, bei zwei Wochen wird es für die meisten schon kritisch, und wenn die Erfahrung noch länger andauert, besteht die Gefahr, dass der Frust zum Lebensstil wird.

Das wirklich Spannende an der ganzen Sache ist nun, wie wir mit diesen Frusterlebnissen umgehen. Eine entsprechend geprägte Erfahrung, die mit dem Scheitern unserer Bemühungen oder Vereiteln unserer Pläne zu tun hat, muss nicht zwingend ein anhaltendes Gefühl von Frust zur Folge haben. Wir MÜSSEN nicht zum notorischen Frustpfropfen werden. Es gibt diesbezüglich keinen Automatismus, keine Gesetzmäßigkeit, keine Verpflichtung, keinen kausalen Zusammenhang, nicht einmal eine soziale Konvention; lediglich ein Verhaltensmuster, das wir wahrscheinlich von den Eltern und unserem Umfeld abgeguckt haben. Beibehalten haben wir es dann nur, weil uns keine Alternativen dazu eingefallen sind, und nicht etwa, weil wir Frust als erfreuliches oder wenigstens nützliches Gefühl erlebt haben.

Stell dir vor, du möchtest endlich schnell mal ein paar neue Bilder aufhängen, die schon viel zu lang an der Wand lehnen und dich aus ihren Rahmen heraus mit stummem Vorwurf anblicken. Du jonglierst mit Wasserwaage, Meterstab und Bleistift, gerätst in Hektik, weil es länger dauert als erwartet, alle Bilder optimal zu platzieren, und du doch gleich auf einen Termin wegmusst, und lässt zu guter Letzt den Hammer versehentlich auf deinen Zeh fallen. Die physische Reaktion darauf ist Schmerz. Diese Reaktion ist spontan und kann nicht von dir beeinflusst werden; es liegt aber an dir, ob du mit Tränen reagierst, laut fluchst oder einfach tapfer von dannen humpelst. Die psychische Reaktion darauf, ebenso spontan und nicht zu beeinflussen, ist Frust: Da hast du dir extra Zeit genommen und so viel Mühe gegeben, und dann wird doch nichts aus deinem Plan, alle Bilder aufgehängt zu haben, bevor du das Haus verlässt. Dass Frust entsteht, kannst du nicht verhindern. Wie du mit ihm umgehst, liegt aber völlig an dir. Ob wir ihm uns unreflektiert und hemmungslos überlassen, ist eine andere Sache.

Nachdem der Hammer gefallen ist, können eine Menge Gedanken und Gefühle durch dein Inneres wirbeln. Du könntest an dir selbst zweifeln: »Natürlich muss das jetzt passieren. Wie konnte ich mir auch einbilden, ich wäre dazu fähig, einen Nagel in die Wand zu schlagen!« Du könntest dich sofort vom ursprünglichen Plan abbringen lassen: »Jetzt reicht’s mir mit dem Heimwerken, das war das letzte Mal.« Du könntest die Undankbarkeit der Welt monieren und ein wenig die Relationen aus dem Blick verlieren: »Ist das die Belohnung dafür, dass ich mich hier so abmühe? Das Leben ist ungerecht!« Du könntest nachhaltig unter den Folgen des Missgeschicks leiden: »Mit dem schlimmen Zeh kann ich jetzt nicht die tollen neuen Schuhe tragen. Wieso passiert so was immer mir?« Du könntest dich bedauern: »Keiner ist da, um mir zu helfen, und ich armer Tropf finde das Verbandszeug nicht.« Du könntest enttäuscht sein: »Ein Jammer, wo ich doch meinen Schatz überraschen wollte.« Du könntest dir selbst Druck machen: »Mist, jetzt komme ich zu spät, ich wollte doch gleich los.«

Im Idealfall fühlen wir den Schmerz – im Wissen, dass er vergeht –, stellen sicher, dass der Zeh noch am Fuß sitzt, und machen mit unserer Arbeit weiter. Das nennt sich dann: eine hohe Frustrationstoleranz haben. Falls wir nicht über die verfügen, liegt es an uns, Wege zu finden, diesem zermürbenden Gefühl, wenn es uns denn schon überkommt, konstruktiver und kreativer zu begegnen. Doch dazu später mehr.

Zunächst einmal ein düsterer Blick in den Abgrund des Horrors, der sich durch eine ständige Bereitschaft zu Frusterfahrungen (aka niedrige Frustrationstoleranz) vor uns auftut.

1. WIE FRUST UNS SCHADET

So, wie eine Katze Flöhe anschleppt, bringt Frust einen ganzen Schwung an negativen Begleiterscheinungen in unser Leben. Die setzen sich dann fest, vermehren sich und werden anhaltend lästig. Frust ist das trojanische Pferd der miesen Lebensfreudedämpfer. Hier eine Übersicht der offensichtlichsten negativen Frustfolgen, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

FRUST LÄHMT

Wenn wir frustriert sind, können wir durchaus aktiv agieren. In der Regel pflaumen wir die Leute am anderen Ende der Hotline so richtig an, jammern die beste Freundin damit voll (auch die zweitbeste, die nächstbeste, eine beliebige flüchtige Bekannte ...) oder schieben proaktiv die Schuld am ganzen Elend irgendwelchen anderen Leuten zu, die sich allein dadurch dafür qualifizieren, dass sie nicht WIR sind. Die meisten Menschen denken deshalb, dass Frust nicht lähmt, weil sie doch tatsächlich im Dreieck springen. Frust wirkt aber lähmend auf unsere Bereitschaft, Alternativen zu erkennen und nach Optionen zu suchen. Er lähmt die Motivation, von Neuem eine Aufgabe anzugehen. So wird es sehr schwer, aus der Frustmühle auszusteigen, um konstruktive Lösungen zu finden.

FRUST ZIEHT ENERGIE

Es ist unglaublich, wie viel Power der Flow des Frusts benötigt, um rundzulaufen: Das Wehklagen, das Frustshoppen, das Mit-dem-Schicksal-Hadern und vor allem das aktive Ärgern kostet nicht nur wertvolle Lebenszeit, sondern eben auch enorm viel Kraft. Könnte man Frust in physische Energie umwandeln, könnten wir sofort sämtliche Kohlekraftwerke zu Freizeitparks umbauen und allein mit dem kollektiven Ärger der Bewohner*innen einer Stadt, nachdem diese schon wieder eine horrende Stromrechnung bekommen haben, den kompletten Ort mit Elektrizität versorgen. Und auf der individuellen körperlichen Ebene könnten wir Frust als ideale Diätmaßnahme nutzen: Ärger statt Bewegung, Frust statt gesunder Ernährung. Geht leider nicht, da es sich um mentale Energie handelt. Doch auch die könnten wir besser nutzen. Solange man im Frustmodus ist, kann man keine solide Arbeit auf anderen Gebieten leisten.

FRUST IST EIN »BLICK ZURÜCK IM ZORN«

Frusterleben saugt nicht nur Energie ab, sondern hält auch den Fokus in der Vergangenheit gefangen, wo sich die Gedanken im ewigen Hamsterrad drehen. Wir rufen uns die Kränkung immer in Erinnerung, halten die Wunde des Scheiterns offen, erinnern uns an viele andere Male, wo wir nicht bekommen haben, was wir wollten, was wir verdienten oder uns schlichtweg zustand. Das zermürbt innerhalb kürzester Zeit, da Frustminuten zehnfachen Zeitwert haben. Weiterer Nebeneffekt: Man hat keine Kraft mehr zur Verfügung, die man nach vorne richten könnte, wo sie durchaus etwas Positives bewirken würde. Doppelter Minuspunkt!

FRUST MACHT SCHLECHTE LAUNE

Ganz offensichtlich: Frust zieht uns runter – wirft einen Haufen Erde drüber, tritt ihn fest und asphaltiert das Ganze. Die Sonne scheint, die Vöglein zwitschern, dein Lieblingsessen wartet auf dich ... aber alles ist dir vergällt, denn irgendetwas ist passiert, das dich gefrustet hat. Der ganze schöne Tag wird so in die Tonne getreten; jede Möglichkeit, noch ein wenig Spaß zu haben, im Keim erstickt. Frust regiert mit fester Hand im Ärger-und-Enttäuschungsland, wie schon der alte Schüttelreim weiß:

»Hab erst mal den Frust ich, dann ist Schluss mit lustig.«

FRUST MACHT UNZUFRIEDEN

Unzufriedenheit steht noch eine Stufe über der schlechten Laune, denn während Letztere meist vorübergehend ist (so hofft man wenigstens), manifestiert Erstere sich im Handumdrehen zur prägenden Lebenseinstellung. Wärst du lieber reich oder lieber zufrieden mit dem, was du hast? Wenn du dich zum Reichtum bekennst, setzt du damit als Indikator für dein Wohlergehen eine Prämisse, die schwer zu erfüllen ist. Wenn du dagegen mit dem zufrieden bist, was du hast, hast du immer genug. Zufriedenheit als erstrebenswertes Ziel wird gern mal unterschätzt, allerdings völlig zu Unrecht. Mit ihr eng verbunden ist das Gefühl von Dankbarkeit – das sich erfreulicherweise trainieren lässt. Wer frustriert ist, vergisst darüber leider beides.

FRUST IST ANSTECKEND

Andere Menschen mit Brechdurchfall, sexuell übertragbaren Krankheiten oder Frust anzustecken, gehört wohl zu den am wenigsten erfolgreichen Maßnahmen, sich beliebt zu machen. Frustbolzen werden in der Regel gemieden wie die Pest – es sei denn, man hat eine gewisse perverse Freude am Elend anderer Leute. Wer zu lange mit einem Frustling zu tun hat, ist danach mit Sicherheit maßlos genervt und mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls frustriert. Der gesundheitserhaltende Mindestabstand beträgt hier drei Meter; das nicht gefährdende Maximum an Kontaktdauer ungefähr ebenso viele Minuten.

FRUST FÜHRT ZU FRUSTHANDLUNGEN

Dieser Punkt ist uns allen (oder sollte es tatsächlich Ausnahmen geben?) bestens vertraut: Um die Spannung abzubauen, die Frust in uns aufbaut, greifen wir, je nach individueller Vorliebe und Verfügbarkeit, zu Schokolade, Alkohol, Kreditkarte oder Fernbedienung. Wir entfreunden gute Bekannte auf Facebook, weil sie unseren letzten Post mit einem miesen Kommentar bedacht haben. Wir setzen das Medikament ab, wenn es nicht nach einer Woche die gewünschte Wirkung zeigt, oder wir brechen die Diät mit einer Fressorgie, weil sich die Pfunde zu langsam verabschieden. All diese Reaktionen haben eins gemeinsam: Statt uns zu trösten oder aufzubauen, schaden sie uns. In dem Moment, in dem die Frustfalle zuschnappt, erscheinen sie uns aber durchaus als sinnvoll und angemessen.

FRUST IST UNVERHÄLTNISMÄSSIG

Wenn wir frustriert sind, wird unsere Sicht zum Tunnelblick eingeschränkt, mit dem wir nicht erkennen können, ob eine ärgerliche Situation nicht auch etwas Gutes haben könnte. Wir verlieren dadurch auch den Maßstab für ihre wahren Auswirkungen. Der Maulwurfshaufen, der uns im Weg liegt, türmt sich zum Gebirge auf, und wir entfachen willkürlich Stürme in Wassergläsern. Aus »Jemand hat den Lack meines Autos zerkratzt« wird dann schnell ein »Alle Menschen sind Verbrecher und haben es auf mich abgesehen«. Ich kenne deine Nachbarschaft nicht: Das mag vielleicht wirklich der Fall sein. Aber nüchtern betrachtet wird es sich in den meisten Fällen dabei nur um ein schlecht gelauntes Arschloch im Alleingang handeln.

FRUST FÖRDERT DIE ANSPRUCHSHALTUNG

Wir leben auf der Nordhalbkugel dieser Welt und in einer Demokratie. Meist ist uns gar nicht bewusst, dass wir dadurch bestimmte Ansprüche entwickelt haben, die nicht so selbstverständlich sind, wie wir uns das einbilden. Man braucht nicht sehr weit zu schauen, um zu sehen, dass oft etwas, worauf wir einen berechtigten Anspruch zu haben meinen, kein Recht ist, sondern vielmehr ein Privileg darstellt.

Wenn wir etwas nicht bekommen, von dem wir überzeugt sind, dass es uns zusteht, dass die Welt es uns förmlich schuldet, können wir natürlich mit Frust reagieren. Oder aber es zum Anlass nehmen, die Berechtigung unserer Ansprüche zu hinterfragen. Eine unreflektierte Frustreaktion zementiert dagegen die dahinterliegende Anspruchshaltung.

FRUST LÄSST UNS AUFGEBEN

Wenn wir massiv gefrustet werden, nimmt uns das allen Wind aus den Segeln. Dann glauben wir, ohnehin zu scheitern, und werden den Teufel tun, etwas Neues auszuprobieren oder ein herausforderndes Projekt in Angriff zu nehmen. Wir schieben Dinge, die anstehen, vor uns her, weil wir damit auch das zu erwartende Scheitern hinauszögern möchten. Oder wir strecken die Waffen schon beim ersten Hindernis, das sich auftut. Das ist verständlich, denn niemand mag Gemüse nur als Schneckenfraß anbauen.[2] Es ist aber auch ziemlich lahm. Wer einmal scheitert, abgelehnt wird oder einer Blockade begegnet und es danach kein zweites Mal versucht, »weil es ja eh nichts bringt«, hat bereits verloren. Wenn dir eine Sache wichtig ist, wenn sie wert ist, dass du dich um sie bemühst, dann musst du diese Hürde nehmen und einfach dranbleiben! Natürlich bleibt dir der Frust erspart, wenn du sie nicht mehr in Angriff nimmst. Doch ebenso auch der Erfolg.

FRUST VERHINDERT WACHSTUM

Wer lebt, der lernt, und wer lernt, macht Fehler. Wer Fehler macht und sich davon frustrieren lässt, ohne sonst etwas mit dem Frust zu tun, verpasst die Gelegenheit, sie als Lernerfahrung zu nutzen. Nicht wenige Menschen sind der Überzeugung, dass uns im Leben genau die Dinge begegnen, die wir brauchen, um daran zu wachsen. (Und nicht wenige Menschen sind der Ansicht, dass dies absoluter Schwachsinn ist und uns diese Dinge nur zustoßen, um uns leiden zu lassen. Auch eine Meinung. Fragt sich, welches die nützlichere von beiden ist.) Wer Misserfolge, Hindernisse und gelegentliche Reinfälle nicht überwindet, kann sich nicht weiterentwickeln. Stell dir das (oft bemühte, nichtsdestotrotz sehr niedliche) Baby vor, das bei den ersten Gehversuchen hinfällt und davon so nachhaltig frustriert wird, dass es sich mit lebenslangem Krabbeln zufriedengibt.

FRUST STELLT DIE SCHULDFRAGE

Irgendjemand muss doch Schuld daran haben, wenn wir Frusterfahrungen machen! Es fällt uns oft schwer zu akzeptieren, dass Dinge passieren, ohne dass man dafür jemanden zur Rechenschaft ziehen könnte. Doch es hagelt aus meteorologischer Notwendigkeit, nicht aus böser Absicht. Wenn das Dach eines alten Hauses einfällt, wer ist dann daran schuld? Der Erbauer vor unzähligen Jahren; der Vorgänger, der das Dach nicht saniert hat; der Vermieter, der gar nicht in dem Haus wohnt; man selbst, weil man die Reparaturbedürftigkeit übersehen hat; oder der Hagel, der ihm den Rest gegeben hat? Das alles ist in der akuten Situation herzlich egal! Wichtig ist, dass man sich in irgendeiner Form darum kümmern muss, wenn man nicht will, dass einem die Vöglein auf den Frühstückstisch kacken.[3] Und dann erst kann man, wenn es denn gerechtfertigt ist, sich die Verantwortlichen vorknöpfen.

FRUST FÜHRT ZU ÄRGER UND AGGRESSION

Die bekannte Frustrations-Aggressions-Hypothese der US-amerikanischen Psychologen John Dollard und Neal E. Miller (und Mitarbeitern) besagt, dass Frustration immer zu aggressiven Handlungen führt.3 Wenn jemand also aggressiv auftritt, geht immer ein Frustrationserleben voraus, das heißt die Behinderung einer zielgerichteten Aktivität. Wenn wir frustriert sind, sind wir erregt, wofür der Akt der Aggression ein Ventil bietet. Von der so hergestellten Erleichterung angeregt, lernen wir, dieses Verhalten zu wiederholen. Miller hat wenige Jahre später in einer Weiterentwicklung der These das dann dahingehend relativiert, dass eine Frustration zwar Anreiz für eine Aggression darstelle, aber nicht immer zwingend zu einer aggressiven Handlung führen müsse, und dass nicht jede Aggression Folge von Frustration sei. Wie nahe Frust, Ärger und Aggression beieinanderliegen, wird durch unsere alltäglichen Erfahrungen immer wieder bestätigt. Wer kein anderes Ventil kennt, seinem Frust Ausdruck zu verleihen, kann psychisch oder physisch anderen oder sich selbst Schaden zufügen.

FRUST MACHT UNS ZUM JAMMERLAPPEN

Wussten wir es nicht schon immer, dass wir arme Opfer sind? Spielball eines launischen Schicksals, bezwungen von der Willkür wahlloser Gottheiten? Was sollen wir nur tun, warum trifft es immer nur uns, wer kann uns jetzt noch helfen?