Rush - Ingo Koch - E-Book

Rush E-Book

Ingo Koch

4,8

Beschreibung

Bei der Suche nach einem verschollenen Freund wird der Geheimagent Peter Crane, der für die unabhängige Geheimdienstorganisation ISOS tätig ist, in der Mojave Wüste von Unbekannten angegriffen und gefangengenommen. In einem geheimen, unterirdischen Labor werden gegen seinen Willen furchtbare Experimente an ihm durchgeführt. Gleichzeitig wird sein ISOS Team, zu dem seine Freundin Nia Coor, der Hacker Arif Arsan, die Kryptographin Lilly Jaxter und der Beschaffungsspezialist Frank Thiel gehören, nach Los Angeles beordert, um ein Attentat auf den Gouverneur von Kalifornien zu verhindern. Ein mächtiger Gegner zieht im Hintergrund die Fäden und für Peter und sein Team beginnt ein mörderischer Wettlauf gegen die Zeit.

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Seitenzahl: 634

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Danksagung

PROLOG

Ein Mann wälzte sich im Schlaf unruhig in einem Bett hin und her. „NEIN!“, schrie er und schreckte hoch. Schwer atmend, schwitzend und mit weit aufgerissenen Augen schaute er sich desorientiert um. Er befand sich in einer Art Hotelzimmer. Vielleicht war es auch kein Hotel, sondern eine Lodge. Insgesamt war das Zimmer eingerichtet wie in den sechziger Jahren. In der Ecke stand auf vier Beinen ein alter Röhrenfernseher, der mit seinem Holzfurnier-Imitat eher aussah wie ein Möbelstück. Vor dem Fernseher standen zwei Ohrensessel, die mit einem moosgrünen Filzstoff bezogen waren. Der Boden war mit einem braunen Schlingen-Teppich belegt und die Wände mit dunklen Holzpaneelen verkleidet. Mehrere Hirschgeweihe hingen an den Wänden neben diversen Landschaftsgemälden. Aus einem alten Transistorradio drang leise die Stimme von Johnny Cash, der “Walk the Line“ sang. Der Mann kam sich vor, als wäre er in einem Museum.

Der Albtraum verblasste schon wieder und er konnte nicht mehr sagen, was ihn hatte aufschrecken lassen.

„Wo zum Teufel bin ich?“, fragte er sich selber.

Er kannte das Zimmer nicht, in dem er sich befand und hatte keine Ahnung, warum er hier war. Er wusste nicht mal, in welcher Stadt oder welchem Land er sich überhaupt befand. Doch das Schlimmste war, dass er nicht wusste, wer er selber war. Krampfhaft versuchte er sich zu erinnern, wie er hierher gekommen war, und wie seine Identität war. Er konnte seine Gedanken jedoch nicht ordnen. In seinem Kopf herrschte Chaos. Bilder, Personen und Namen blitzten wild durcheinander in seinem Kopf auf.

Plötzlich wurde ihm schwindelig und Übelkeit überkam ihn in Wellen. Er spürte, wie ihm die Galle hochkam. Da es ihm nicht rechtzeitig gelang, aufzustehen, um ins Bad zu rennen, übergab er sich neben das Bett. Er bekam Schüttelfrost und kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn. Mit dem Handrücken wischte er sich den Mund ab.

„Was ist nur los mit mir?“, fragte er, doch niemand antwortete.

Er ließ sich zurück auf das Kissen fallen und atmete mehrmals tief ein und aus. Langsam ließ die Übelkeit nach. Er wollte liegen bleiben, um sich zu erholen und zu Kräften zu kommen. Doch es war so, als würde ihn etwas zwingen aufzustehen. Er gab dem Drang nach, richtete sich auf und setzte sich auf die Bettkante. Er fühlte sich schwach und elend. Der Zwang, aufstehen zu müssen, ließ jedoch nicht nach. Vorsichtig und langsam stand er schließlich auf. Wieder wurde ihm schwindelig und es kam ihm vor, als würden die Wände des Zimmers regelrecht auf ihn zukommen. Er stützte sich an der Wand ab und atmete hektisch. Panik überkam ihn und er drohte ohnmächtig zu werden. Nur durch pure Willenskraft gelang es ihm, stehen zu bleiben und sein Bewusstsein nicht zu verlieren. Gähnend langsam kam sein Kreislauf wieder in Gang. Er schloss die Augen, beruhigte seine Atmung und konzentrierte sich darauf zu gehen. Einen Schritt nach dem anderen. Er schlurfte langsam, wie ein Betrunkener zum Fenster, um etwas frische Luft hinein zu lassen. Doch er bekam das Fenster nicht auf. Er schaute hinaus, aber es war dunkel. So dunkel, dass er nichts erkennen konnte. Keine Lichter, keine Sterne, keinen Mond. Nur tiefe, dunkle Schwärze. Vor seinem geistigen Auge erschien ein Gesicht. Ein Frauengesicht. Eine hübsche Frau mit langen blonden Haaren und blauen Augen. Sie lächelte ihn mit strahlend weißen Zähnen an und ihm wurde wohlig warm.

„Nia….“, sagte er verträumt.

Sie war das Einzige, woran er sich erinnern konnte. Seine Freundin und große Liebe Nia Coor. Er sah, wie sie beide zusammen waren. Sah gemeinsame Urlaube, sah, wie sie sich liebten. Sah, wie sie glücklich waren. Die Erinnerungen trafen ihn mit Wucht, stürmten auf ihn ein und brachten seinen Schädel fast zum Platzen. Ihm wurde wieder schwindelig und er musste sich an der Fensterbank festhalten.

In einem Erinnerungsfetzen flüsterte ihm Nia mit einer warmen, beruhigenden Stimme etwas zu:

„Peter!“

Peter? War das sein Name? War er ein Mann namens Peter? Doch mit Ausnahme von Nia, konnte er keine Erinnerungen fokussieren und festhalten.

War Nia auch hier? Er wusste es nicht, aber so, wie er gerade ebeneinen Zwang verspürt hatte, aufstehen zu müssen, verspürte er jetzt einen übermächtigen Drang, Nia Coor zu finden.

Er wandte sich vom Fenster ab und ging in Richtung Zimmertür. Neben der Tür hing ein großer Spiegel, in dem er einen etwa 1,80m großen Mann sah, mit leuchtend blauen Augen und kurz geschnittenen Haaren, die ihm wirr vom Kopf standen und strähnig und ungewaschen aussahen. Er trug eine Jeans, ein T-Shirt und war schlank und muskulös gebaut. Doch die Person sah krank aus. Blass und ausgezehrt, mit dunkeln Rändern unter den blutunterlaufenen Augen. Das T-Shirt klebte vor Schweiß an seinem Körper. Die Person im Spiegel war ihm zugleich bekannt und unbekannt. Zwar wusste er, dass er selber diese Person war, allerdings blieb alles Andere weiterhin im Dunkeln.

Er griff den Türknauf und öffnete die Tür. Vor sich sah er einen kurzen Flur. Links und am Ende des Flurs befand sich jeweils eine Tür. Die zu seiner Linken schien die Eingangstür zu sein, denn an ihr war ein Türspion angebracht. Dann musste hinter der anderen Tür das Badezimmer sein, überlegte er.

Dort würde er zuerst nachschauen. Er betrat den Flur. Auch hier waren die Wände mit Holz vertäfelt und mit Hirschgeweihen gesäumt. Erneut wurde ihm schwindelig. Wieder hatte er das Gefühl, als würden die Wände sich bewegen und auf ihn zukommen, als würden sie in Bewegung sein, um ihn zu zerquetschen. Er verlor das Gleichgewicht, torkelte gegen die Wand und schaffte es gerade noch so, sich auf den Beinen zu halten. Langsam ließ der Schwindelanfall wieder nach und er ging in Richtung Badezimmer. Geschwächt, wie er war, kam ihm der Weg unendlich lang vor. Als er die Tür erreichte, packte er den Türknauf und öffnete sie. Am Waschbecken, vor dem Spiegel, ihm den Rücken zugewandt, stand sie: Nia. Sie war nur in einen weißen Bademantel gehüllt. Als sie seine Anwesenheit bemerkte, drehte sie sich zu ihm um. Ihre Schönheit verschlug ihm den Atem. Er meinte fast, wie bei einem Engel, ein Leuchten um sie herum wahrzunehmen. Sie lächelte ihn an und sein Herz begann zu rasen.

„Hallo, Liebster!“

Immer noch lächelnd kam sie auf ihn zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Ihre Haare warennoch leicht nass, weil sie gerade geduscht hatte. Sie duftete nach Shampoo und Bodylotion, und ihr wohlgerundeter Körper schmiegte sich an seinen. Erleichtert umarmte er sie und drückte sie an sich. Er hätte sie bis in alle Ewigkeit so festhalten können. Sie gab ihm die Hoffnung, dass alles gut würde.

Doch dann machte sie eine sorgenvolle Miene, löste sich leicht von ihm und fühlte seine Stirn.

„Was ist los mit dir? Du siehst schlecht aus und fühlst dich an, als hättest du Fieber. Bist du krank?“

„Ich…ich weiß es nicht…“, brachte er mit krächzender Stimme hervor, weil sein Mund so ausgetrocknet war.

„Dann lege dich wieder hin. Wenn ich fertig bin, werde ich mich um dich kümmern. Ich werde dir Tee holen und dir kalte Wickel machen. Keine Sorge, ich kriege dich schon wieder hin.“, sagte sie und zwinkerte ihm ermunternd zu.

Dann schaute sie an ihm herab und ihre Miene versteinerte sich. „Warum hast du eine Waffe in der Hand?“, fragte sie ängstlich. Verdutzt hob er die Hand und blickte überrascht auf die Handfeuerwaffe, die er hielt. Er konnte sich nicht daran erinnern, die Waffe mitgenommen zu haben. Genau genommen wusste er nicht einmal, dass er überhaupt eine Waffe besaß.

Dann spürte er etwas in sich aufsteigen. Einen unbändigen Drang, der ihn überspülte wie eine riesige Welle. Nia sah, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte und trat einige Schritte zurück, bis sie mit dem Gesäß an das Waschbecken stieß.

„Peter, was hast du? Du machst mir Angst!“

Immer noch blickte er auf die Waffe. Der Drang wurde übermächtig. Er wollte sich wehren und dagegen ankämpfen. Das durfte nicht sein. Doch er kam nicht dagegen an. Die Hand begann zu zittern. Ganz langsam, so als wäre es nicht seine Hand und nicht sein Arm, richtete er die Waffe auf Nia. So sehr er sich auch anstrengte, er konnte den Arm nicht bewegen, konnte die Waffe nicht von Nia abwenden. Es fühlte sich so an, als hätte er die Kontrolle über seinen Körper verloren, so als wäre er ferngesteuert. Eine Erkenntnis traf ihn wie ein Donnerschlag: Er würde es nicht verhindern können.

„PETER, HÖR AUF!“, schrie sie panisch mit weit aufgerissenen. Augen. Sie wollte am liebsten fliehen, oder auf ihn losgehen. Dochihre Beine versagten den Dienst. Zu furchtbar war es, von ihrem Liebsten mit der Waffe bedroht zu werden, aber noch furchtbarer war der animalische, tödliche Ausdruck auf seinem Gesicht. Es hatte nicht mehr diesen sanften Ausdruck, den er immer hatte, wenn er sie liebevoll anschaute. In Kontrast zu seinem Gesicht, schauten seine Augen sie tieftraurig an. Etwas Endgültiges lag in diesem Blick. Sie sah den inneren Kampf, den er austrug und hoffte, dass das Gute in ihm gewinnen würde.

„Nein…Nein…NEEEEEIIIIIIIIIN!“, schrie er. Tränen liefen ihm die Wangen hinab.

Dann drückte er ab und schoss Nia in den Kopf.

1

Sein ganzes Leben hatte Harold Starve in Kingman, Arizona verbracht. Er liebte seine Heimatstadt und wusste alles über ihre Geschichte. Kingman wurde vor allem mit der Route 66 in Verbindung gebracht. Der sogenannten “Mother Road“, welche den Osten mit dem Westen der USA verband, und von Chicago bis nach Santa Monica, Los Angeles, führte. Sie galt als die Verkehrsader von Amerika, bis im Zuge des “Highway Act“ ab 1956 ein modernes Highway-Netz aufgebaut wurde, und die 66 zunehmend an Bedeutung verlor. Viele Ortschaften, die von der 66 gelebt hatten, waren dadurch dem Untergang geweiht. Restaurants und Tankstellen mussten schließen, Einwohner zogen weg und ganze Kleinstädte verwaisten. Kingman war eine der wenigen Städte, auf die das nicht zutraf, da die Stadt an das Highway-Netz angeschlossen wurde und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt blieb.

In Kingman erinnerte bis heute ein Museum an die goldene Ära der Route 66.

Etwas außerhalb von Kingman befand sich eine wunderschön restaurierte Ranch. Sie war ganz klassisch aus großen Holzpfählen gebaut, hatte ein graues Dach und war rundherum von einer Veranda umgeben, auf der man gemütlich die warmen Sommerabende bei selbst gemachter, eiskalter Limonade genießen konnte. An einer Seite des Gebäudes war aus grauem Bruchstein ein Kamin in die Höhe gebaut. Früher wurde auf der Ranch Rinderzucht betrieben, doch das war schon lange her. Die große Scheune diente mittlerweile als Garage, in der neben diversen Autos auch eine restaurierte Kutsche stand wie sie die ersten Siedler genutzt hatten, die sich in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts auf den beschwerlichen Weg in den amerikanischen Westen gemacht hatten. Als Tiere wurden auf der Ranch nur noch Pferde gehalten, die in einem großen Stall neben der Scheune untergebracht waren. Das gesamte Gelände wurde von einem weißen Holzzaun umgeben.

Hier lebte Harold Starve mit seiner Lebensgefährtin Joan Jaxter. Joan war fast sechzig Jahre alt, aber immer noch eine attraktive, schlanke Frau mit blonden langen Haaren und blauen Augen, die häufig deutlich jünger geschätzt wurde, als sie tatsächlich war. Sie war nie verheiratet gewesen. Mit Männern hatte sie irgendwie immer Pech gehabt und sich grundsätzlich die falschen Kerle geangelt. Einige waren Alkoholiker gewesen, andere hatten sie nur ausgenutzt und einer hatte sie sogar verprügelt. Vor Harold hatte sie nur eine einzige gute Beziehung gehabt, und das war mit einem Mann namens Richard Metz, mit dem sie eine Tochter namens Lilly hatte. Leider hielt die Beziehung mit Richard nicht allzu lange an, denn er war einfach kein Typ für eine lange Beziehung oder gar fürs Heiraten. Dennoch hatte er sich immer um Lilly gekümmert und auch nach der Trennung hatte er dafür gesorgt, dass sich Joan und Lilly keine finanziellen Sorgen machen mussten. Lilly, die den Nachnamen ihrer Mutter trug, war mittlerweile Mitte zwanzig und eine erwachsene, reife Frau geworden. Joan wusste, dass sie als Kryptographin in einer großen Firma namens “TARC“ arbeitete, der “Technology And Research Company“. Der Name war so nichts sagend, dass sich Joan darunter nichts vorstellen konnte, und Lilly durfte leider nicht über ihre Arbeit dort reden. „Streng geheim.“, sagte sie immer, wenn ihre Mutter sie über ihre Arbeit ausquetschen wollte.

Harold war einige Jahre älter als Joan. Er hatte schlohweiße Haare, die er etwas länger trug, und einen Vollbart. Sein Gesicht war wettergegerbt und durch seine tagtägliche Arbeit auf der Ranch, wo es immer irgendetwas zu tun gab, war er sehr schlank. Meistens trug er abgewetzte Jeans mit einem Flanell-Hemd und einen Cowboy Hut.

Seine Eltern waren reiche Viehzüchter gewesen und hatten ihm nicht nur die Ranch, sondern auch viel Geld vererbt. Im Grunde genommen war Harold ein verschrobener Naturbursche, der nicht viel redete. Doch Joan fühlte sich wohl bei ihm. Er war einfach gut zu ihr und behandelte sie besser, als die meisten ihrer Ex-Freunde es getan hatten. Das Finanzielle spielte dabei jedoch keine Rolle. Joan hatte selber genug Geld, und das nicht nur wegen ihrer damaligen großen Liebe Richard, sondern auch, weil sie ihr Leben lang hart gearbeitet und sparsam gelebt hatte. Mittlerweile hatte sie sich zur Ruhe gesetzt und genoss gemeinsam mit Harold ihren Ruhestand in vollen Zügen. Das Einzige, was sie traurig machte, war dass sie ihre Tochter Lilly so selten sah. Genau wie sie selber, arbeitete Lilly viel und hart, sodass ihr kaum Zeit blieb, um ihre Mutter zu besuchen. Die Zentrale von TARC befand sich in Washington DC, weswegen eine Reise zu ihrer Mutter für Lilly viele Stunden Anreise bedeutete.

Eine von Harolds Lieblings-Freizeitbeschäftigungen waren lange Ausritte durch die Wüste. Alle zwei bis drei Monate unternahm er solche Touren, und blieb oft mehrere Tage weg. Sein treuer Begleiter bei diesen Ausritten war sein Vollblutaraber Malik, ein stolzer, weißer Hengst.

Die Pferderasse der Vollblutaraber verfügte über große Ausdauer, Härte und Schnelligkeit, und war darüber hinaus aber auch äußerst genügsam, was sie zum idealen Begleiter für solche beschwerlichen Touren machte.

Der Name des Pferdes “Malik“ war arabisch und bedeutete “König“, was - wie Harold fand - der passende Name für einen solch schönen Schimmel war. Seine Eltern hatten Harold alte Landkarten aus der Region vermacht, die teilweise noch aus der Pionierzeit des “Wilden Westens“ stammten und auf denen damalige Reise- und Handelsrouten verzeichnet waren. Er ritt gerne die Wege der alten Siedler. Auf ihnen gab es immer etwas zu entdecken. Mal große Höhlen mit unterirdischen Seen, wo man das Nachtlager aufschlagen oder das Pferd versorgen konnte. Mal alte Bergwerke oder zerklüftete, imposante Canyons. Und manchmal fand man auch längst vergessene Siedlungen, die mittlerweile Geisterstädte waren, in denen man die Geschichte regelrecht fühlen konnte. Auf seinen Touren hatte Harold immer eine alte, doppelläufige Schrotflinte dabei, denn neben Naturwundern und Werken aus Menschenhand, traf man auch manchmal auf wilde Tiere, wie Klapperschlangen, Rotluchse, Pumas und Kojoten. Zwar war Harold noch nie in eine Auseinandersetzung mit einem solchen Tier geraten, aber dennoch wäre es fahrlässig gewesen, ohne den Schutz einer Flinte, alleine in die Wüste zu reiten.

Harold saß an seinem ausladenden Eichenschreibtisch in seinem Arbeitszimmer, über den großen, dicken Ordner gebeugt, in dem die alten Landkarten zum Schutz in Folie verschweißt waren. In diesem Ordner war Harold soeben auf eine kleine Karte gestoßen, die er bisher übersehen hatte. Neben einer alten Siedlung war auf dieser Karten ebenfalls ein Bergwerk aus dem neunzehnten Jahrhundert verzeichnet. Eine interessante Route. Er könnte es in einem Tag zu der alten Siedlung schaffen, um zu übernachten. Vielleicht gab es dort auch einen Brunnen mit Trinkwasser, um seine Vorräte aufzufüllen. Das Bergwerk lag von dem Dorf ungefähr zwei Stunden mit dem Pferd entfernt. Das hieß er könnte morgens in aller früh zu dem Bergwerk reiten, den Tag über alles erkunden und vor Anbruch der Dunkelheit zurück ins Dorf reiten. Dort würde er auch die zweite Nacht verbringen, und am nächsten Tag die Heimreise anzutreten. Mehr als drei Tage blieb er nie fort. Zwar ließ Joan ihn bei seinen Touren gewähren, weil sie wusste, dass sie ihm wichtig waren, aber dennoch machte sie sich Sorgen um ihn, wenn er ganz alleine in der Wüste unterwegs war. Deswegen beschränkte er seine Ausritte auf maximal drei Tage.

Er stand auf und ging hinaus zu Joan, die auf der Terrasse in einer Hollywoodschaukel saß und ein Buch las.

„Na, hast du wieder in den alten Karten gestöbert?“, fragte sie lächelnd.

„Ja, ich habe eine interessante Karte gefunden. Auf ihr sind eine Siedlung und ein Bergwerk aus dem neunzehnten Jahrhundert verzeichnet. Ich denke, das werde ich mir mal anschauen.“

„Mach das. Du weißt ja, dass ich dich nie von deinen Touren abhalten würde.“, sagte sie zwinkernd. Doch Harold konnte auch dieses Mal die Sorgen, die sie sich machte, in ihrem Gesicht ablesen.

„Keine Sorge. Ich bin vorsichtig wie immer und werde in drei Tagen wieder hier sein.“, sagte er beruhigend, setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm.

„Ich weiß.“, antwortete sie. „Aber Sorgen mache ich mir trotzdem. Komm mir bloß wieder heil zurück.“

„Das werde ich!“, versprach er ihr.

Noch am gleichen Tag begann Harold mit den Reisevorbereitungen. Zunächst schrieb er eine Liste, auf der er alles notierte, was er mitnehmen wollte und noch erledigen musste. Zwar hätte Harold mittlerweile auswendig wissen sollen, was man bei solchen Ausritten im einzelnen brauchte und beachten musste, aber es hatte sich als sinnvoll erwiesen, es dennoch aufzuschreiben. Ansonsten neigte er dazu, irgendetwas zu vergessen. So war es ihm zum Beispiel schon passiert, dass er zwar an seinen Camping Kocher gedacht hatte, aber ein Feuerzeug oder Streichhölzer vergessen hatte, weswegen er dann gezwungen war, sein Essen kalt zu “genießen“. Seitdem schrieb er sich dann doch lieber “To-Do-Listen“ zur Ausflugsvorbereitung.

Anschließend fuhr er in die Stadt und kaufte Pökelfleisch, Konserven, wie zum Beispiel Bohnen und Obst, Instant Kaffee, Grillanzünder und Futter für Malik. Jeden einzelnen Gegenstand hakte er sorgfältig von seiner Liste ab.

Als er wieder zuhause war, fing er an, die übrige Ausrüstung fertig zu machen. Neben seiner Flinte und dem Camping Kocher nahm er sein Jagdmesser, einfaches Camping Geschirr, ein Fernglas und einen Kompass mit. Und, am allerwichtigsten, mehrere große Wasserbeutel für sich und das Pferd.

Als er schließlich abends die Liste abgearbeitet hatte, ging er zufrieden und voller Vorfreude ins Bett, gab Joan einen Kuss und fiel in einen tiefen, erholsamen Schlaf.

Am nächsten Morgen, lange bevor die Sonne aufging, stand Harold auf und machte sich bereit für den Ausritt. Noch bevor er selber ausgiebig frühstückte, ging er zu Malik und gab ihm frisches Futter und Wasser. Das Pferd schien zu ahnen, dass es wieder in die Wüste ging, denn vor lauter Vorfreude scharrte es mit den Hufen. Anschließend ging Harold zurück ins Haus und machte für sich und Joan Frühstück. Rührei mit Bratkartoffeln und dicke, knusprige Scheiben Speck. Dazu Vollkorntoast mit Butter und frisches Obst. Als das Essen fertig war, ging er ins Schlafzimmer und weckte Joan. Dieses Frühstück am frühen Morgen, bevor er ausritt, war ihr gemeinsames Ritual.

Nach dem Frühstück ging er wieder zu Malik, sattelte und bepackte das Pferd. Als er gerade fertig war, kam Joan in den Stall und gab ihm noch eine Thermoskanne mit frisch aufgebrühtem Kräutertee. Zum Abschied küsste sie ihn lang und innig.

„Viel Spaß, wünsche ich dir. Sei vorsichtig und komm heil wieder zurück.“, beschwor sie ihn.

„Natürlich. In nur drei Tagen wirst du mich wohlbehalten zurückhaben.“

Er bestieg Malik, winkte zum Abschied und machte sich auf den Weg in die Mojave-Wüste.

Als er etwa eine Stunde unterwegs war, dämmerte es. Langsam ging die Sonne auf und tauchte die Mojave Wüste in ein orangenes Licht. Das war für ihn immer einer der schönsten Momente auf seinen Reisen. Die schier unendliche Wüste mit ihren verdorrten Büschen und vereinzelten Joshua Trees im Schein der aufgehenden Sonne - und er mitten drin. Ein wirklich erhebender Moment. Im Mai waren die Temperaturen um diese Uhrzeit noch sehr angenehm. In der Nacht lagen sie im Frühling im Schnitt bei knapp über zwanzig Grad. In der Mittagssonne konnten die Temperaturen jedoch schon bis zu vierzig Grad erreichen. Im Hochsommer, in heißen Jahren, überstieg das Thermometer sogar die fünfzig Grad Marke. Von Juli bis August verzichtete Harold auf seine Ausritte in die Wüste, weil die Temperaturen einfach zu mörderisch waren.

Heute Mittag würde er sich ein schattiges Plätzchen suchen und Pause machen, bis die extreme Mittagshitze etwas abgeklungen war. Trotz der zu erwartenden hohen Temperaturen trug er ein langärmeliges Hemd, eine lange, aber luftige Hose und einen Hut auf dem Kopf. Das war der aggressiven Sonnenstrahlung in der Wüste geschuldet, die ihm ansonsten gnadenlos Arme, Beine und Kopf innerhalb kürzester Zeit verbrannt hätte.

Gemächlich trabte er auf Maliks Rücken durch den Wüstensand. Es bestand kein Grund zur Eile. Er genoss die Ruhe, die hier herrschte, in vollen Zügen. Kein Verkehrslärm, keine schnatternden Menschen. Nur er, die Natur, das Säuseln des Windes, der leicht über die Prärie wehte und ab und zu der Ruf eines Vogels. In der Ferne konnte er einen hügeligen Wüstenstreifen erblicken. Wenn die Karte stimmte, dann würde er dort die Geisterstadt finden. Vermutlich würde er am späten Nachmittag oder frühen Abend dort eintreffen, je nachdem, wie gut er vorwärts kam. Er spürte, wie die Temperatur immer weiter anstieg und es immer wärmer wurde. Schweiß rann ihm den Rücken hinab.

Weit und breit waren keine Bewohner der Wüste zu sehen, doch davon durfte man sich nicht täuschen lassen. Reptilien, wie die Klapperschlange, waren so gut getarnt, dass sie im Wüstensand nicht auszumachen waren. Selbst für erfahrene Reiter konnte es zum Problem werden, wenn das Pferd durchging, weil es von einer Klapperschlange erschreckt wurde. Und deswegen war er stets aufmerksam und schaute sich ständig um, ob sich etwas im Wüstensand bewegte.

Zur Mittagszeit erreichte er eine Felsformation, die etwas Schatten warf. Der ideale Ort für eine Rast. Er stieg ab, nahm aus dem Gepäck einen großen Topf, füllte ihn mit Wasser und stellte ihn Malik hin, der direkt begierig anfing, zu trinken. Dann legte er dem Pferd noch etwas Futter hin und setzte sich mit dem Rücken an den Fels gelehnt in den Schatten. Aus seinem Rucksack nahm er eine Dose Obstkonserven, öffnete sie und begann zu essen.

Anschließend nahm er sein Fernglas und beobachtete die Umgebung, in der Hoffnung seltene Tiere zu sehen.

Nach zwei Stunden beendete er seine Pause und ritt weiter. Es war, entgegen seiner Erwartungen, für den Monat Mai ein sehr heißer Tag geworden und es waren mittlerweile über fünfundvierzig Grad Celsius. Zudem führte ihn sein Weg durch eine ausgedehnte Senke, in der kein Wind wehte, der zumindest für etwas Kühlung sorgen könnte. Malik schienen diese Temperaturen rein gar nichts auszumachen, aber Harold machte die Hitze doch zu schaffen. Kurz hatte er überlegt, ob er nicht lieber umkehren und die Tour auf Herbst verschieben sollte. Aber er entschied sich dagegen. Jetzt, wo er schon mal so weit gekommen war, wollte er nicht aufgeben.

Am frühen Abend erreichte er schließlich die Geisterstadt. Rundherum standen einige Häuser aus Holz. Er entdeckte den Saloon, einen Gemischtwarenladen und eine kleine Kirche, die einen Marktplatz umgaben, in dessen Mitte sich ein Brunnen befand. Doch etwas stimmte hier nicht. Harold war bei seinen Ausflügen immer wieder auf alte Geisterstädte gestoßen. Und diesen Städten sah man an, dass sie schon lange Zeit verlassen waren. Doch hier war das anders. Zwar schien auch in dieser Stadt niemand mehr zu leben - zumindest konnte er auf Anhieb keine Bewohner entdecken - und doch machte sie den Eindruck, als wäre sie gerade eben erst verlassen worden. Die Häuser sahen gepflegt aus. Die Dächer waren intakt und nirgends entdeckte er zu Bruch gegangene Fensterscheiben. Die Verandas vor den Häusern waren nicht von Wüstensand bedeckt, sondern sahen so aus, als wären sie vor gar nicht allzu langer Zeit erst gekehrt worden.

„Eigenartig.“, dachte er.

Er ritt zum Saloon, machte Malik am Verandageländer fest, nahm seine Schrotflinte und betrat das Gebäude. Innen sah es genauso aus, wie man sich einen Saloon vorstellte. Der Raum wurde dominiert von einer großen Holztheke. Dahinter standen Regale, auf denen für gewöhnlich Flaschen Schnaps untergebracht waren. An der Rückwand der Regale befanden sich Spiegel, damit der Wirt die Gäste im Blick halten konnte, wenn er ihnen den Rücken zuwandte. Der Boden bestand aus Holzdielen und rundherum standen runde Tische mit Holzstühlen im Raum verteilt. Links neben der Theke führte eine Holztreppe hinauf ins Obergeschoss. Doch erstaunlicherweise sah er weder dicke Staubschichten noch Spinnweben in den Ecken, wie man es von einem lange leerstehenden Gebäude erwarten würde. Die Theke, die Tische und die Stühle waren sauber. In den Regalen hinter der Theke standen saubere Gläser und er konnte auch einige Flaschen Schnaps dort entdecken, die aussahen, als hätte man sie gerade erst im Supermarkt gekauft. Harold stieg die Treppe ins Obergeschoss hinauf, um die Räume dort ebenfalls zu untersuchen. Auf der Etage befanden sich zehn Gästezimmer und ein Gemeinschaftsbad, die über einen langen Flur zu erreichen waren. Harold durchsuchte jedes einzelne. Auf Bewohner stieß er nicht, aber auch die Zimmer waren blitzblank sauber. In jedem Zimmer stand ein frisch bezogenes und gemachtes Bett. Im Bad meinte er sogar, noch einen leichten Duft nach Deodorant ausmachen zu können. Harolds Unbehagen wuchs mit jeder Minute. Die Stadt machte einen unheimlichen Eindruck auf ihn. Als er zurück in den Schankraum kam, nahm er einen eigenartigen, leicht süßlichen Geruch in der Luft wahr, der ihm vorher nicht aufgefallen war und den er nicht so ganz einordnen konnte. Doch anstatt nach der Quelle des Geruchs zu suchen, entschloss er sich zunächst dazu, die umliegenden Gebäude zu durchsuchen. Zuerst schaute er sich die Wohnhäuser näher an. Hier fand er ein ähnliches Bild wie in den Gästezimmern des Saloons vor. Alles war sauber, und ordentlich, und sah so aus, als wären die Räumlichkeiten eben erst verlassen worden. Dann ging er in den Gemischtwarenladen. Zwar befanden sich in den diversen Regalen keine Waren mehr, aber auch hier war alles sauber. Und auf der Theke stand eine alte Registrierkasse aus dem neunzehnten Jahrhundert, die jedoch so gut restauriert war, dass sie aussah, als hätte sie gerade erst das Werk verlassen. Als letztes ging er dann in die Kirche. Vor sich sah er mehrere Reihen von Holzsitzbänken für die Besucher der Messe. Weiter hinten stand ein Holzaltar. Die Fenster aus Buntglas waren rundherum allesamt intakt.

Auf den Bänken sah er einige Gebetbücher liegen. Er griff sich eines, und schaute nach dem Druckdatum.

„2012. Gerade mal zwei Jahre alt.“, bemerkte er laut und schüttelte den Kopf. Hier mussten bis vor kurzem noch Menschen gelebt haben, doch erklären konnte er sich das nicht. Wer konnte hier gelebt haben? Warum war niemand mehr hier? Und warum war dennoch alles sauber und aufgeräumt und eben nicht so, als hätten die Bewohner einfach nur den Ort verlassen? Es würde wohl kaum jemand noch aufräumen, bevor er eine Stadt endgültig verließ. Harold konnte sich auf all diese Fragen keinen Reim machen. Dennoch wollte er die Nacht hier verbringen. Schließlich war niemand mehr hier und Gefahr schien ihm nicht zu drohen. Er verließ die Kirche und ging hinüber zu dem Brunnen. Über dem Brunnen hing eine Kurbel, an der ein Seil befestigt war, das in den Brunnenschacht hinab hing. Harold betätige die Kurbel und beförderte einen Blecheimer aus den Tiefen des Brunnens hervor. Das Wasser in dem Eimer war klar. Vorsichtig nahm er einen Schluck. Es schmeckte frisch und kühl. Damit würde er seine Wasservorräte auffüllen können. Neben dem Saloon hatte er vorhin eine Tränke für Pferde gesehen. Harold löste das Seil von dem Eimer und begann die Tränke mit Wasser zu füllen, damit Malik genug zu trinken für die Nacht hatte. Anschließend legte er ihm noch etwas Futter neben die Tränke.

Die Sonne stand mittlerweile tief am Himmel und die Nacht zog herauf. Harold setze sich auf die Stufen vor dem Saloon, baute seinen Camping Kocher auf und machte sich eine Dose Bohnen und etwas Pökelfleisch warm. Er aß mit Heißhunger. Es war ein aufregender Tag gewesen, so viel war sicher. Vielleicht würde er ja irgendwann das Geheimnis dieses Ortes lüften können. Den eigenartigen Geruch, der ihm vorhin im Erdgeschoss des Saloons in die Nase gestiegen war, hatte er schon längst wieder vergessen. Als er fertig gegessen hatte, war es dunkel. Er verstaute den Sattel und das Reisegepäck im Inneren des Saloons. Dann verabschiedete er sich für die Nacht von Malik, der ihn freudig anwieherte. Aus dem Gepäck nahm er seine Taschenlampe, griff sich die Schrotflinte, und machte sich anschließend auf den Weg in eines der Gästezimmer im ersten Stock. Er stellte die Flinte neben das Bett, nahm sein Jagdmesser aus der Scheide am Gürtel und legte es auf einen kleinen Nachttisch. Dann zog er sein Hemd aus, ließ sich erschöpft auf das Bett fallen und versuchte zu schlafen. Doch trotz des anstrengenden Tages wollte sich der Schlaf nicht einstellen. Zu sehr beschäftigte ihn diese seltsame Geisterstadt. Seine Gedanken rasten und er wälzte sich hin und her.

Irgendwann fiel er dann doch in einen unruhigen, von Albträumen geplagten und viel zu kurzen Schlaf.

Als Harold am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang nach dieser unruhigen Nacht erwachte, war er wie gerädert. Der Schlaf war in keiner Weise erholsam gewesen und so steckten ihm die Strapazen des Ritts durch die Wüste noch immer in den Knochen. Seine Augen fühlten sich dick und geschwollen an. Sein Unterhemd, welches er beim Schlafen getragen hatte, war nass und roch nach Schweiß. Und das Bett war so ungemütlich gewesen, dass er Rückenschmerzen hatte.

Er blieb noch eine Weile liegen und horchte angestrengt. Doch außer dem leisen Säuseln des Windes und dem gelegentlichen Knarzen des Dachstuhls war nichts zu hören. Die Bewohner der Stadt waren wohl über Nacht nicht zurückgekehrt, was er allerdings auch nicht erwartet hatte. Bezüglich der Stadt hatte er düstere Vorahnungen. In ihm reifte der Verdacht, dass hier irgendetwas Furchtbares passiert sein musste.

Mühsam rappelte er sich hoch und streckte sich, wobei seine Knochen laut knacksten. Er zog sich seine Klamotten vom Vortag über, nahm seine Sachen und ging hinunter zu Malik. Als er den Schankraum durchquerte, nahm er wieder den seltsamen Geruch wahr. Auf dem Rückweg würde er schauen, was die Ursache dafür war. Doch jetzt wollte er erst einmal weiter zum Bergwerk. Vielleicht fand er dort die Antworten, die er über diesen Ort suchte.

Als er hinaustrat schaute er sich um. Alles war unverändert, so wie am Vorabend. Und dennoch hatte sich die Atmosphäre irgendwie verändert. Gestern war die Stadt einfach nur verlassen gewesen, doch heute lag etwas Bedrohliches in der Luft. Nichts wirklich Greifbares. Einfach eine undefinierbare Feindseligkeit.

Malik war immer noch an das Geländer angebunden. Doch anders als sonst, begrüßte ihn Malik nicht. Die Augen des Pferdes gingen unstet hin und her und es spitzte die Ohren und lauschte in alle Richtungen. Auch Malik schien von irgendetwas beunruhigt zu sein. Harold ging hinüber und streichelte dem Hengst die Nüstern. Aber trotzdem blieb die übliche Begrüßung und die Freude über die Streicheleinheit aus.

„Ruhig, mein Alter.“, flüsterte er dem Pferd beruhigend ins Ohr. „Wir verschwinden jetzt gleich von hier.“

Harold ging hinüber zum Brunnen, füllte den Eimer mit Wasser und wusch sich notdürftig. Das kalte Wasser des Brunnens sorgte wenigstens dafür, dass er jetzt richtig wach war, und es brachte seine Lebensgeister zurück. Dann füllte er den Eimer, ging zurück, und schüttete ihn in die Tränke. Anschließend gab er Malik noch etwas Futter, als Stärkung für den bevorstehenden Ritt.

Doch das Pferd trank nur etwas Wasser und verweigerte die Nahrung komplett. Auch das war ungewöhnlich für Malik, der normalerweise immer dann aß, wenn Harold ihm etwas gab und der nie etwas übrig ließ. Harold setzte sich wieder auf die Stufen des Saloons und aß zum Frühstück eine Konserve mit eingelegtem Obst. Er hatte zwar, genau wie das Pferd, keinen Hunger, doch er zwang sich das Obst trotzdem hinunter.

Wieder überlegte Harold, ob er den Trip nicht abbrechen und zurück nach Hause reiten sollte. Doch die Neugier gewann. Er wollte zu dem Bergwerk und er wollte sehen, ob es dort ebenfalls den Eindruck machte, als wären bis vor kurzem noch Menschen da gewesen.

Nach dem Frühstück sattelte Harold das Pferd, lud das Gepäck auf und machte sich daran, die Stadt in Richtung des Bergwerks zu verlassen. Beim Ritt aus der Stadt schaute er sich in alle Richtungen um, konnte aber nach wie vor nichts entdecken, was sich gegenüber gestern Abend verändert hätte. Und dennoch war das Gefühl einer unmittelbaren Bedrohung immer noch da.

Gemächlich ritt Harold auf Malik durch die Prärie. Anders als gestern Morgen, als er voller Vorfreude den Tag begonnen hatte, saß er jetzt missmutig und ernüchtert im Sattel und zerbrach sich den Kopf über die Geisterstadt. Er ersann eine Theorie nach der anderen, was womöglich passiert sein konnte, doch jede einzelne verwarf er sogleich wieder. Eine zufriedenstellende Erklärung wollte ihm einfach nicht einfallen. Wenn er wieder zu Hause war, dann würde er auf jeden Fall Nachforschungen anstellen. Kingman war die einzige halbwegs größere Stadt in der Nähe. Irgendjemand musste dort etwas über die Geisterstadt wissen. Er sollte sich auf jeden Fall ins Stadtarchiv von Kingman begeben, um zu schauen, ob dort Unterlagen zu diesem Thema zu finden waren, und er sollte auch mal im Archiv der lokalen Zeitung vorbeischauen. Vielleicht fanden sich dort Artikel über diesen Ort oder über seltsame Geschehnisse in dieser Gegend in den letzten Jahren. Da er in der Stadt wohlbekannt war, und seine Familie schon viele Generationen in Kingman lebte, konnte er behaupten, er wolle Nachforschungen über seine Vorfahren anstellen. Das hatte er bereits in der Vergangenheit getan, weswegen bestimmt niemand unbequeme Fragen stellen würde. Er bemerkte, dass sein Mund mittlerweile vollkommen ausgetrocknet war. Vor lauter Grübeln hatte er wohl vergessen, zu trinken. Ein dummer Fehler, wenn man in der Wüste unterwegs war, weil man sehr schnell dehydrieren konnte. Er ermahnte sich, aufmerksamer zu sein und konzentrierte sich mehr auf seinen Ritt durch die Wüste, als auf das Geheimnis der Geisterstadt.

Nach etwa eine Stunde erreichte er einen Weg, der in ein kleines Tal hinabführte. Laut der Karte würde der Weg ihn zu dem Bergwerk führen. Wenn die Karte stimmte, dann verbreiterte sich das Tal zur Talsohle hin und dort unten sollte sich dann der Eingang in das Bergwerk befinden. Der Weg war rund dreißig Meter breit und je weiter er hinab ritt, desto höher türmten sich rechts und links von ihm steile, zerklüftete Felswände auf. Falls es hier zu einem Steinrutsch kommen sollte, dann hätte er keine Chance zu entkommen.

Plötzlich meinte er, aus dem Augenwinkel heraus eine Bewegung an dem Kamm der Felswand zu erkennen. Schnell drehte er den Kopf in die Richtung, doch es war nichts zu sehen.

„War wohl nur ein Tier.“, sagte er zu sich selber, um sich zu beruhigen.

Doch er meinte immer wieder, dort oben Bewegungen wahr zu nehmen. So, als würde ihn etwas beobachten. Etwas, das sehr schnell war. In der einen Sekunde noch da, in der anderen Sekunde, sobald er den Kopf drehte, schon wieder weg. Trotz der Hitze bekam Harold eine Gänsehaut und sein Unbehagen steigerte sich zu Angst. Auch Malik wurde immer unruhiger, je näher sie der Talsohle kamen. Zwei Mal blieb das Pferd sogar stehen und weigerte sich weiterzugehen. Nur durch beruhigendes Zureden brachte Harold den Hengst dazu, den Weg fortzusetzen. „Komm, mein Großer. Immer schön weiter. Wir haben es bald geschafft.“, flüsterte er Malik ins Ohr.

Das Gefühl, verfolgt zu werden, wurde übermächtig. Immer wieder schaute Harold sich um, drehte hektisch den Kopf zur Seite oder nach hinten, doch nichts war zu sehen. Er kam sich so langsam vollkommen paranoid vor.

Endlich erreichte er die Talsohle. Insgesamt war sie ungefähr zweihundert Meter lang, bevor sie sich wieder verjüngte, und an der breitesten Stelle rund hundert Meter breit. Außer ein paar vertrockneten Gräsern wuchsen hier unten keine Pflanzen. Darüber hinaus war es ungewöhnlich ruhig. Es waren weder der Wind noch irgendwelche Vögel zu hören. Es herrschte eine fast surreale Atmosphäre, die Harolds Unbehagen und seine Angst noch verstärkte. Rechts erblickte er den Eingang in das Bergwerk. Ein riesiger, dunkler Schlund im Felsgestein. Daneben stand ein dreigeschossiges Holzhaus.

„Vielleicht eine Art Lager, in dem das geförderte Rohmetall zwischengelagert wurde, bevor man es weiter transportierte.“, überlegte er. Auch dieses Gebäude war gemessen an seinem eigentlichen Alter ungewöhnlich gut in Schuss.

Langsam ritt Harold in Richtung des Bergwerkzugangs. Malik wurde immer unruhiger, bis er sich gar nicht mehr bewegte und sich auch mit gutem Zureden nicht mehr überreden ließ, weiterzugehen. Harold stieg ab und ging noch einige Meter weiter, als er auf dem Boden direkt vor der Höhle Spuren entdeckte. Reifenspuren. Es waren Doppelreifen, was bedeutete, dass hier vor kurzem noch ein LKW gefahren war.

Harold bemerkte nicht, wie sich über ihm jemand auf dem Dach des Hauses erhob, doch Malik bemerkte den Fremden. Das Pferd stieg, wieherte panisch und trat die Flucht aus dem Tal an.

„Malik…MALIK!“; schrie Harold und wollte gerade hinter dem Pferd her, als hinter ihm etwas Schweres landete.

Ängstlich, mit weit aufgerissenen Augen, drehte Harold sich um. Was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Noch ehe Harold reagieren konnte, bekam er einen mächtigen Schlag auf den Brustkorb, der ihm vollkommen den Atem nahm und ihn mehrere Meter durch die Luft nach hinten schleuderte. Harold schlug so hart auf dem Boden auf, dass er Sternchen sah. Noch bevor er wieder ganz bei sich war, bekam er einen ebenso harten Schlag an den Kopf und verlor augenblicklich das Bewusstsein.

Mit spielerischer Leichtigkeit wurde Harolds fünfundachtzig Kilogramm schwerer Körper hochgehoben und in die Höhle getragen.

2

Am Venice Beach in Los Angeles lief Peter Crane seine tägliche Runde auf einem der Laufpfade. Es war sein morgendliches Ritual, wenn er in Los Angeles war. Jeden Vormittag parkte er sein Auto am Santa Monica Pier und joggte von dort aus die 3,7 Kilometer zum Muscle Beach Trainingsgelände, wo man unter freiem Himmel an diversen Geräten Gewichte stemmen konnte. Hier trainierte er dann rund fünfundvierzig Minuten und joggte anschließend zurück zu seinem Wagen. Im Muscle Beach kannte man ihn mittlerweile und mit einigen Mitgliedern, die dort ebenfalls um diese Zeit trainierten, hatte er sich angefreundet. Auch wenn einige der Leute regelrecht furchteinflößend mit ihren Muskelbergen aussahen, so waren sie doch alle wirklich in Ordnung, und im Gegensatz zu ihren oft grimmigen Gesichtsausdrücken, sehr freundlich.

Im Mai waren die Temperaturen in Los Angeles noch recht mild und lagen tagsüber im Schnitt bei 20 Grad Celsius, und so war die Temperatur auch an diesem Vormittag angenehm. Peter trug eine eng anliegende Dreiviertel Tight, ein T-Shirt und darüber einen dünnen Zipper. So langsam kam er richtig ins Schwitzen. Wie immer waren schon jetzt viele Leute in Venice unterwegs. Menschen, die mit ihren Hunden spazieren gingen, Touristen, Inline-Skater und Radfahrer. Venice Beach war einer von Peters absoluten Lieblingsorten. Hier fühlte er sich über die Maßen wohl. Es gab selten schlechtes Wetter, die Leute waren gut drauf, der Strand kilometerlang und sauber, und immer hatte man den Geruch des Meeres in der Nase.

So gesehen war es ein perfekter Vormittag. Schönes Wetter und er in Venice, wo das Leben pulsierte und wo man mit jedem Atemzug den „Californian Way of Life“ in sich aufsog. Das Problem war nur: Peter war ein absoluter Sportmuffel. Wenn er es sich hätte erlauben können, dann würde er sich den Sport liebend gerne sparen. Allerdings ließ das sein Beruf nicht zu. Peter war Außendienst-Geheimagent bei einer unabhängigen Geheimdienstorganisation namens „ISOS“, dem „Independent Special Operation Service“. Unabhängig war in diesem Fall tatsächlich wörtlich zu nehmen. Der Geheimdienst finanzierte sich komplett selber und erhielt keine Steuergelder von irgendwelchen Regierungen, außer natürlich die Regierungen baten ISOS um Hilfe. Dann wurde diese Hilfe in Rechnung gestellt. Dementsprechend hatte auch keine Regierung Befehlsgewalt über ISOS. Selbst der US Präsident konnte ISOS nichts befehlen, sondern musste um Unterstützung bitten.

Darüber hinaus war der Geheimdienst eng verzahnt mit einer Firma namens „TARC“, der „Technology And Research Company“. Diese Firma erforschte und entwickelte neue Technologien und ließ diese dann patentieren und lizenzieren. Im Laufe vieler Jahre hatte TARC damit Milliarden verdient, und diese Milliarden dienten zumindest teilweise als finanzieller Grundstock von ISOS. Der Rest floss zurück in die Forschung. Außerdem entwickelten die TARC Ingenieure Ausrüstung und Waffen für die ISOS Agenten.

ISOS verstand sich selbst als „Weltpolizei“ und „Krisenfeuerwehr“. Wann immer sich weltweit Konflikte oder Krisen abzeichneten oder ausbrachen, war ISOS zur Stelle, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Aus diesem Grund wurden im „Analysis Center“, in der ISOS Zentrale in Washington, Nachrichten und Geheimdienstmeldungen aus aller Welt analysiert und ausgewertet. Kam man dabei zu dem Ergebnis, dass ein Eingreifen nötig war, dann wurden die entsprechenden Analysen mit Empfehlungen zur Vorgehensweise an das „Operation Center“ weitergeleitet, wo die Einsätze dann geplant und koordiniert wurden. Um schnell reagieren zu können, betrieb man in vielen großen Städten weltweit Außenstellen, in denen Einsatzteams und Außendienstagenten stationiert waren.

Peter Crane war einer dieser Außendienst Agenten. Er war die rechte Hand von ISOS Direktor John McDermott und erledigte mit seinem Einsatzteam weltweite Geheimdiensteinsätze. Im Moment hatten er und sein Team allerdings Urlaub und deswegen hätte er liebend gerne auf den Sport verzichtet. Jedoch musste man in seinem Job, auch in der Urlaubszeit, allzeit bereit sein, was wiederum bedeutete, dass es ratsam war, selbst dann seine Fitness zu halten, wenn man eigentlich frei hatte. Denn oft genug musste man in den Einsätzen an seine körperlichen Grenzen gehen. Eine einzige gute Sache sah Peter aber in dem Übel des Sports: Er war schlank und durchtrainiert. Ohne Sport würde er wahrscheinlich zehn bis zwanzig Kilo mehr wiegen.

„Aber machmal ist das ein schwacher Trost…“, dachte er.

Peter trabte vor sich hin und sein Atem ging ruhig und regelmäßig. Er hatte den extra ausgewiesenen Laufweg ausnahmsweise verlassen und lief mittlerweile auf der Hauptpromenade von Venice. Zu seiner Rechten standen Straßenkünstler, die musizierten oder irgendwelche Kunststücke vorführten. Außerdem sah er einige kleine Stände, an denen Schmuck verkauft wurde. Zu seiner Linken befanden sich einige Souvenierläden, Tattoo- und Piercingstudios und einige Meter vor sich entdeckte er sogar einen Laden, der Marihuana verkaufte.

In den USA war in vielen Bundesstaaten der Verkauf von Marihuana zu medizinischen Zwecken erlaubt. Man brauchte lediglich eine Bescheinigung seines Arztes. Dementsprechend boomten Läden, in denen Marihuana verkauft wurde.

Gerade passierte Peter den Marihuana Laden, als jemand seinen Namen rief:

„Pete? YO, PETE!“

Überrascht blieb Peter stehen und schaute, wer ihn gerufen hatte. Er erblickte einen Farbigen, der winkend auf ihn zulief. Der Mann trug weiße Sneakers, eine weiße Trainingshose und ein weißes Feinrippunterhemd. Unter einer ausladenden Wollmütze quollen dicke Rastalocken hervor und der Mann war mit schwerem Goldschmuck behangen. Er lächelte und entblößte dabei eine Reihe riesiger Goldkronen.

„Jamal?“

Peter hatte Jamal vor einigen Monaten in New York kennengelernt. Damals arbeitete Jamal als Taxifahrer und bot nebenbei „Dienstleistungen aller Art“ an, die Peter jedoch nie in Anspruch genommen hatte. Allerdings hatte er ihn häufiger angerufen, wenn er ein Taxi benötigte.

Jamal griff Peters Hand und führte eine nicht enden wollende Kombination aus Handshakes aus.

„Yo, Bro, was machst’n hier? Hier an da Beach hät’ ich dich am wenigstens erwartet?“

„Das könnte ich dich auch fragen, Jamal.“, entgegnete Peter, der sich wirklich freute, seinen schrägen Bekannten hier zu sehen.

„Ach, weißte, Pete. Jamal hatte keine Lust mehr auf Taxi in New York. Jamal wollt’ BBS: Beach, Bitches and Sun. Jamal macht jetzt in Gras. Das bringt mo’ money, und mo’ money bringt mo’ bitches, fallste weißt, was Jamal meint?“

Jamal grinste und entblößte dabei wieder seine riesigen Goldzähne, wobei er seine Augenbrauen hoch und runter bewegte.

„Schon klar, Jamal!“, antwortete Peter ebenfalls grinsend.

„Yo, Pete, biste mit deiner Lady hier?“

„Ja, Nia ist auch hier. Wir machen Urlaub.“

„NICE!“, entgegnete Jamal aufgeregt. „Dann lass’ uns alle hier bei Jamal mal einen durchziehn’? Was hältst'n davon, Pete?“

„Danke, Jamal. Nia und ich kommen dich gerne mal besuchen, oder wir laden dich zum Essen ein. Aber Haschisch ist nicht so unser Ding.“

„Versteh’ schon, Bro. Dein Job, und so.“

Jamal wusste mittlerweile, was Peter beruflich machte, schwieg darüber aber wie ein Grab.

„Richtig.“, antwortete Peter. „Pass auf, Jamal. Ich drehe jetzt mal weiter meine Runde, und in den nächsten Tagen kommen Nia und ich dich hier in deinem neuen Geschäft besuchen.“

„Korrekt, Bro. Da hört Jamal dich. Und pump’ nich’ so viel. Is’ nich’ gut für’s Gehirn, und so.“

„Ich werde daran denken.“, sagte Crane und verabschiedete sich. Nach der kurzen Pause hatte er jetzt erst recht keine Lust mehr, weiter zu laufen. Aber er biss die Zähne zusammen und setzte seinen Weg fort.

Nach seinem Workout und dem Lauf zurück zum Auto war Crane jetzt in seinem Porsche 911 Cabrio auf dem Weg zurück nach Malibu. Er hatte dort für Nia und sich vor einigen Monaten ein Haus am Strand gekauft, wo sie - so wie jetzt - ihre gemeinsame Freitzeit verbrachten.

Als Crane noch ein Kind war, kamen seine Eltern bei einem Bombenattentat ums Leben. Bis heute hatte der Verlust seiner Eltern in so jungen Jahren eine klaffende Wunde in seinem Herzen hinterlassen. Er wurde zum Vollwaisen, erbte aber auch sehr viel Geld. Der beste Freund seines Vaters, Richard Metz, nahm Peter auf und adoptierte ihn. Bis zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag verwaltete Richard treuhändisch Peters Vermögen und vermehrte es sogar noch, in nicht unerheblichem Maße.

Dadurch besaß Peter mehr Geld, als er jemals ausgeben konnte. Die Tatsache, dass seine Eltern bei einem feigen Attentat gestorben waren, hatte Peters berufliche Laufbahn letztlich vorgezeichnet. Kaum war er alt genug ging Peter zur Army, später dann zu den Delta Forces, um eben gegen Leute zu kämpfen, die Attentate billigten und veranlassten. Damals hatte ihm das Geld nichts bedeutet. Seine Truppe und ihre Einsätze waren das, was zählte. Auch heute war Peter immer noch Idealist und hatte den Kampf gegen den Terror nie aufgeben, aber im Gegensatz zu damals war er mit seinen mittlerweile achtunddreißig Jahren froh, dass er sich um das Finanzielle keine Sorgen machen musste und er ausgesorgt hatte.

Nach kurzer Fahrzeit erreichte Peter ihr gemeinsames zu Hause in Malibu. Es war ein Haus in Flachbauweise aus Bruchstein gemauert. Die dicken Bruchsteinwände sorgten dafür, dass es auch im Sommer schön kühl war, selbst wenn die Klimaanlage nicht lief. Das Haus verfügte über zwei Etagen. Auf der oberen Etage befanden sich ein großes Schlafzimmer, zwei etwas kleinere Gästezimmer und ein großzügig geschnittenes Badezimmer mit Natursteinfliesen, zwei Marmorwaschbecken, einer Dusche und einem Jacuzzi mitten im Raum. Vom Schlafzimmer und einem der Gästezimmer aus gelangte man auf einen Balkon mit Blick aufs Meer. Die Wände im Obergeschoss bestanden auch im Innenbereich aus unverputztem Bruchstein, was den Räumen eine urige, gemütliche Atmosphäre verschaffte und für ein angenehmes Raumklima sorgte. Im Erdgeschoss war die komplette Rückseite des Hauses verglast, sodass man von der Küche, dem Wohnzimmer und dem Arbeitszimmer einen perfekten Blick auf den Strand und den Pazifik hatte. Küche, Wohn- und Esszimmer waren in einem einzigen großen Raum untergebracht, der nur durch eine Theke getrennt wurde, an der Peter und Nia gerne ihr Frühstück zu sich nahmen. Die Küche war riesig und komplett in weiß gehalten, die Einbauten glänzten in Edelstahl. Das Wohnzimmer wurde dominiert von einer urgemütlichen und sehr großen Wohnlandschaft, die so aufgestellt war, dass man entweder den Blick auf das Meer genießen konnte, oder, bei gemeinsamen Filmabenden, auf den gigantischen hundert Zoll Flatscreen an der Wand. Außerdem befand sich im Erdgeschoss noch ein zweites Bad, wo man sich nach dem Schwimmen im Meer kurz abduschen konnte. Auf der Sonnenterrasse, deren Boden mit dunklen Holzdielen belegt war, standen mehrere weich gepolsterte Liegestühle, eine Couchgarnitur mit einigen Sesseln und ein Jacuzzi. Als der Makler Peter und Nia diese Immobile gezeigt hatte, waren sie sich sofort einig gewesen und hatten noch am gleichen Tag den Kaufvertrag unterschrieben.

Peter parkte den Porsche in der Garage neben Nias GM Hummer und ging hinein ins Haus. Er fand Nia auf der Sonnenterrasse in einem der Sessel, wo sie in ein Buch vertieft war. Sie trug eine Shorts, ein ärmelloses Top und Flip Flops. Genau wie Peter, hatte auch Nia sich sportlich betätigt, sie war aber bereits geduscht und umgezogen. Sie bevorzugte es, am Strand zu laufen, während Peter lieber in Venice lief, weswegen sie ihren Sport getrennt voneinander betrieben.

Nia war 1,65m groß und sehr durchtrainiert, aber trotz des ganzen Trainings und der harten Einsätze, waren ihre weiblichen Rundungen erhalten geblieben. Manch ein männlicher Gegner hatte Nia wegen ihrer Größe und ihres weiblichen Körpers bereits unterschätzt, und hatte dann äußerst schmerzhaft erfahren müssen, dass man sie besser nicht unterschätzen sollte. Peter und Nia hatten sich vor einigen Jahren in Berlin kennengelernt. Sie arbeitete damals beim BND, dem deutschen „Bundes Nachrichten Dienst“. Nia war in Deutschland geboren und aufgewachsen. Nach der Schule war sie zur Bundeswehr gegangen, hatte dort studiert und sich im Laufe ihrer Karriere auf den Umgang mit Sprengstoff spezialisiert. Nach ihrer Zeit bei der Armee war sie dann zum BND gegangen. Peter war damals in Berlin mit einer Tarnidentität hinter einem Waffenhändler her. Nia wiederum war vom BND auf Peter angesetzt worden, von dem sie allerdings nicht wusste, dass er ebenfalls Geheimagent war. In einem Lokal waren sie dann schließlich ins Gespräch gekommen und sofort hatte es zwischen den beiden gefunkt, woraufhin sie eine leidenschaftliche Affäre begannen. Als Nia herausfand, dass Peter Geheimagent war, verließ sie ihn zunächst enttäuscht und verletzt darüber, dass er ihr nicht die Wahrheit über sich gesagt hatte.

Einige Monate später liefen sie sich durch Zufall wieder über den Weg, und nachdem Peter sich mehrfach entschuldigt hatte, sprachen sie sich aus. Seitdem waren sie ein Paar gewesen. Nia verließ Deutschland und den BND und wurde ein Mitglied von Peters ISOS Einsatzteam. Damit, Berufliches und Privates zu trennen, hatten sie nie Probleme. Doch bei einer gemeinsamen Mission in Prag wurde Nia angeschossen und schwer verletzt. Peter machte sich so große Vorwürfe, dass er letztlich Nia verließ und sein

ISOS Team auflöste. Er sah sich selber und ihren gemeinsamen Beruf als zu große Gefahr für Nia, weswegen er zu dem schwierigen Entschluss kam, dass es besser sei, alleine weiterzumachen. Zwar hatte er Nia damit das Herz gebrochen, aber wenigstens konnte er damals sicher sein, dass sie unter seiner Teamleitung nicht ums Leben kam.

Vor einigen Monaten jedoch waren Peter und ISOS das Ziel einer Intrige gewesen, und er war gezwungen, sein altes Einsatzteam und Nia um Hilfe zu bitten. Während dieser Vorkommnisse waren Nia und Peter sich wieder näher gekommen und nachdem alles ausgestanden war, hatten sie ihrer Beziehung noch eine Chance gegeben. Mittlerweile arbeiteten sie auch wieder zusammen. Für beide kam es weder infrage, ihren Beruf aufzugeben noch eine Fernbeziehung zu führen. Und wenn sie zusammen sein, und Zeit miteinander verbringen wollten, dann war das nur möglich, wenn sie als Team zusammenarbeiteten. ISOS Direktor John McDermott akzeptierte, dass die beiden ein Paar waren, obwohl das genau genommen gegen die ISOS Vorschriften verstieß. Beide waren absolute Profis und funktionierten und harmonierten bei Einsätzen als Team perfekt.

„Hallo, mein Engel!“, sagte er gutgelaunt und gab ihr einen Kuss.

„Hallo. Wie war es beim Sport?“, fragte sie schelmisch, da sie wusste, wie ungern Peter Sport trieb.

„Ha, ha. Du bist aber heute eine Stimmungskanone…“, sagte er grinsend. „Der Sport war wie immer Mist, aber ich habe einen alten Bekannten getroffen.“

„Wen denn?“

„Jamal Dupree!“

„Jamal?“, fragte Nia erstaunt, die Jamal ebenfalls sehr mochte.

„Was macht er denn hier in L.A.?“

„Er macht jetzt in Gras…wegen der Bitches und mo’money, und so was…“, sagte Peter lachend, woraufhin auch Nia anfing zu lachen.

„Typisch Jamal, der Chaot.“, sagte sie immer noch lachend.

„Na ja, ich gehe mich mal duschen.“

„Ok, dann kümmere ich mich in der Zeit um das Essen.“

„Mach das.“, sagte er mit einem betont säuerlichen Lächeln. Bei dem Gedanken an Nia am Herd wurde Peter immer leicht mulmig zumute. Zwar war das Ergebnis (meistens) recht ansehnlich und essbar, aber Nia war in der Küche einfach sehr ungeschickt. Wenn sie mit den Pfannen wirbelte, dann flog der Inhalt gerne mal kreuz und quer durch die Gegend, und der Kochplatz sah später insgesamt so aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Ein kleines Glücksspiel bei Nia war das Thema Würzen. Manchmal würzte sie perfekt, aber es konnte auch passieren, dass man sich zum Essen einen Liter Milch daneben stellen musste, um den Flächenbrand in der Mundhöhle, verursacht durch zu viel Chili und Pfeffer, löschen zu können. Peter ließ es sich natürlich nicht nehmen, sie damit regelmäßig zu necken.

Als er nach dem Duschen wieder hinunter kam, stand Nia am Herd. Es roch nach gebratenem Fisch.

„Schatz, was gibt es denn heute Feines?“

„Gemischten Salat mit Lachsfilet.“

Er hatte insgeheim unter der Dusche auf Steak und Folienkartoffeln gehofft.

„Hmmm, wie lecker.“, sagte er sarkastisch.

Nia wusste, dass Peter kein großer Freund von Fisch, und noch viel weniger von Salat war. Er bevorzugte Fast Food aller Art. Am liebsten Burger. Nia legte jedoch Wert auf eine gesunde Ernährung, die ihnen beiden letztlich gut tat. Und so hatten sie einen Kompromiss ausgehandelt. Samstag und Sonntag bekam Peter sein Fast Food (sonst hätte er irgendwann gestreikt) und Wochentags gab es gesundes Essen mit vielen Vitaminen und wenig Fett.

„Du weißt doch, dass ich es nur gut mit dir meine!“, sagte sie zwinkernd. Für Nias Verhältnisse sah der Kochplatz noch relativ sauber aus.

„Ja, ja, deine Fürsorge erdrückt mich regelrecht.“, nörgelte er, umarmte sie jedoch von hinten und gab ihr einen Kuss auf den Hals. Plötzlich klingelte sein Handy, welches auf der Küchentheke lag. Er nahm das Telefon und schaute auf das Display, wer anrief. Es war Joan Jaxter.

Als Peter dreizehn war, hatte sein Adoptivvater Richard Metz eine Beziehung mit Joan Jaxter. Nach einigen Monaten wurde sie von Richard schwanger, und brachte nach neun Monaten ihre gemeinsame Tochter, Lilly Jaxter zur Welt. Peter war direkt vernarrt in das kleine Baby. Für ihn war sie so etwas wie eine kleine Schwester. Auch Joan hatte er sehr gerne, und er hätte sich gewünscht, dass die Beziehung von Joan und Richard von Dauer sei. Doch leider trennten sie sich nach zwei Jahren. Peter hielt jedoch den Kontakt zu Joan und vor allem zu Lilly. Nach Lillys Schulzeit bezahlte Peter ihr Mathematikstudium, brachte sie anschließend bei ISOS als Kryptographin unter und nahm sie schließlich in sein Einsatzteam auf. Sie fungierte dabei als sogenannter „Operator“, was bedeutete, dass sie nicht aktiv an den Einsätzen teilnahm, sondern am Computer saß und per Funk die Einsätze der Agenten koordinierte. Dabei musste sie nicht nur für die Agenten Wegstrecken und Zugänge finden, sondern auch Computersysteme hacken, um zum Beispiel Sicherheitssysteme lahmzulegen, wobei ihr natürlich ihre Fähigkeiten als Kryptographin zugute kamen.

Zu Joan pflegte Peter auch heute noch ein enges Verhältnis und telefonierte regelmäßig mit ihr. Durch den Tod seiner Mutter in jungen Jahren, war Joan so eine Art Mutterfigur für ihn geworden.

„Hallo, Joan, was kann ich für dich tun?“ Keine Antwort. „Joan? Hallo….“

„Ja…Hallo, Peter.“, hörte er Joan sagen, die sich verschnupft anhörte. So als hätte sie geweint.

„Was ist los, Joan?“, fragte Peter besorgt. „Ist etwas Schlimmes passiert?“

„Es…es geht um Harold. Er ist nicht zurückgekommen.“, sagte sie laut schluchzend.

„Ganz ruhig, Joan. Was meinst du damit?“

„Er ist vor drei Tagen zu einem seiner Reitausflüge aufgebrochen, und ist nicht zurückgekehrt. Und heute Morgen stand Malik plötzlich vor der Scheune. Er trug den Sattel und das Gepäck noch bei sich. Aber von Harold keine Spur. Ich habe schon die Polizei alarmiert. Sie meinten, sie würden einige Suchtrupps losschicken, aber sie sagten, ich solle mir nicht allzu große Hoffnungen machen.“, wieder schluchzte sie laut. „Bitte, Peter, du musst mir helfen.“

Peter mochte Harold und nachdem, was Joan ihm erzählte, machte er sich auch große Sorgen um ihn.

„Natürlich helfe ich dir. Ich mache mich sofort auf den Weg. Wenn ich etwas Glück mit dem Verkehr habe, dann sollte ich in etwa fünf Stunden bei dir sein. Was ist mit Lilly? Weiß sie es schon?“

„Nein, ich habe ihr noch nichts gesagt. Ich wollte sie nicht beunruhigen.“

„Ok, das verstehe ich. Gut, dann mache ich mich jetzt auf den Weg.“

„Danke, Peter. Vielen, vielen Dank.“

„Nichts zu danken, Joan.“, sagte er und legte auf.

„Und?“, fragte Nia.

„Harold ist von einem Reitausflug nicht zurückgekehrt. Joan hat meine Hilfe erbeten, um ihn zu finden.“

Nia wurde blass vor Sorge. „Der arme Harold. Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert und hoffentlich findest du ihn. Soll ich dich begleiten?“

„Nicht nötig. Mache du dir noch ein paar schöne Urlaubstage. Ich werde mich schon darum kümmern.“

„Na gut.“, sagte sie. „Aber melde dich, sobald du etwas herausgefunden hast. Soll ich dir von dem Essen etwas für unterwegs einpacken?“

„Nein, brauchst du nicht. Ich hole mir unterwegs eine Kleinigkeit.“, entgegnete er, nicht unglücklich darüber, auf den Fisch verzichten zu können.

Peter ging hinauf und packte sich einige Klamotten für die nächsten Tage zusammen.

Der Kleiderschrank hatte einen doppelten Boden, in dem sich Waffen und Ausrüstung befanden. Peter entschied sich jedoch dagegen, etwas davon mitzunehmen. Bei der Suche nach dem verschollenen Harold würde er keine Waffen brauchen.

Als er fertig war, ging er wieder hinunter zu Nia und gab ihr einen langen und innigen Kuss.

„In ein paar Tagen bin ich wieder da. Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch.“

Er löste sich von ihr und machte sich auf den Weg nach Kingman zu Joan Jaxter.

3

Etwas außerhalb von Washington DC befand sich die Zentrale von ISOS und TARC. Es war ein riesiges, kreisrundes Gebäude mit einem Durchmesser von achthundert Metern und einer verglasten Fassade. Auf insgesamt zwanzig Stockwerken waren neben diversen Büro- und Konferenzräumen auch das Operation Center und das Analysis Center untergebracht. Darüber hinaus eine komplett ausgestattete Krankenstation inklusive OPs, wo man leichte Eingriffe vornehmen konnte, ein Sportzentrum für die körperliche Ertüchtigung der Agenten, diverse Schießstände und sogar mehrere Indoor Trainingsparcours, auf denen die Agenten zum Beispiel das unbemerkte Eindringen in Gebäude trainieren konnten. Hinter dem Firmengebäude befand sich eine Flugzeug Start- und Landebahn für Privatjets. Rund um die Piste standen einige Hangars, in denen unter anderem der ISOS Firmenjet und einige Helikopter untergebracht waren.

Man hatte jedoch nicht nur zwanzig Stockwerke in die Höhe, sondern auch nochmal zwanzig Stockwerke in die Tiefe gebaut. In den unterirdischen Etagen waren die ISOS Server untergebracht und dort befand sich ebenfalls die Stromversorgung des Gebäudes. Ein eigenes, ultramodernes Kraftwerk, welches seiner Zeit weit voraus war und Strom umweltfreundlich und sauber produzierte. Es war ein Prototyp, aber in einigen Jahren war man möglicherweise so weit, diese Kraftwerkstechnologie zu lizenzieren. In den verbleibenden fünfzehn unterirdischen Stockwerken hatte man die TARC Labore untergebracht. Dort forschten die weltbesten Ingenieure und Wissenschaftler in viele verschiedene Richtungen, zum Beispiel Waffentechnik, Computertechnik, Antriebstechnik, Physik, Chemie und vielem mehr. Und die ISOS Agenten wurden von den TARC Leuten mit allen nur erdenklichen Ausrüstungsgegenständen versorgt.

In einem der oberen Stockwerke saß Lilly Jaxter in ihrem Büro an ihrem Rechner. Sie hatte das Büro gerade erst bezogen. Wenn sie nicht mit ihrem „Bruder“ Peter Crane und dem Team im Außeneinsatz war, hatte sie bisher im Analysis Center gearbeitet, was ihr durchaus Spaß gemacht hatte. Und dennoch genoss sie es jetzt in vollen Zügen, ein eigenes Büro zu haben. Im Analysis Center war es immer laut und hektisch. Es ging dort oftmals zu, wie an der Wall Street. Manchmal hatte Lilly wegen dem ganzen Trubel regelrecht der Schädel gebrummt.