S-Bahn Berlin - Karsten Risch - E-Book

S-Bahn Berlin E-Book

Karsten Risch

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Beschreibung

Am 8. August 2024 feiert die Berliner S-Bahn das 100-jährige Jubiläum der Einführung des elektrischen Betriebs. Die Umstellung von Dampfzügen auf Elektrotriebwagen ist ein Meilenstein in der Historie des Personennahverkehrs in Deutschland. Das ausgesprochen attraktiv bebilderte Buch stellt die wechselvolle Geschichte der Fahrzeuge und Strecken sehr kurzweilig dar. Es wendet sich nicht nur an Eisenbahnfreunde, sondern an ein breites Publikum.

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Fahrpreise vom Bahnhof Friedrichstraße im Jahr 1944. – Sammlung Karsten Risch

Karsten Risch

-BAHN BERLIN

100 Jahre elektrischer Betrieb

Grußwort

Das S-Bahn-System in Berlin war vor 100 Jahren eine weltweit beachtete Innovation: Mit einheitlichen elektrischen Triebwagen, großer Kapazität, engem Taktverkehr und unverwechselbarem Corporate Design hatte sie neue Maßstäbe für städtischen Nahverkehr gesetzt. Danach kam mit Krieg, Teilung und Vernachlässigung ein langer Niedergang, besonders in Westberlin. Zur Wende verkehrten ausschließlich Fahrzeuge, die fast oder sogar weit über 50 Jahre im Einsatz standen. Seitdem wurde viel in Strecken und Fahrzeuge investiert. Heute ist die S-Bahn in Berlin mit werktäglich 1,5 Millionen Fahrgästen wieder ein Rückgrat des Verkehrs.

Mit der Baureihe 483/484 sind 382 hochmoderne Wagen mit Klimaanlagen, großen Mehrzweckabteilen und toller Laufruhe im Einsatz. Die Baureihe 481 erhält ein umfassendes Redesign, sodass im Jahr 2025 bis auf 65 Viertelzüge der BR 480 alle Fahrzeuge neu oder runderneuert sind.

Was für ein Unterschied zum Jahr 1990!

Peter Buchner

Vorsitzender der Geschäftsführung (R.RM-SBB-V)

Inhalt

Berlin nach dem Ersten Weltkrieg

1924 bis 1929 – Die Elektrifizierung beginnt

1930 bis 1939 – Die Vorkriegsjahre

1939 bis 1949 – Der Krieg und der Neubeginn

1950 bis 1959 – Der Wiederaufbau

1960 bis 1969 – Mauerbau und Teilung

1970 bis 1979 – Volle Fahrzeuge im Osten, leere im Westen

1980 bis 1989 – Die Übernahme durch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)

Nach November 1989 – Mauerfall und Wiedervereinigung

2000 bis 2009 – Neue Bahnhöfe, neue Fahrzeuge

Seit 2010 – Hier und heute

S-Bahn Berlin GmbH in Zahlen

Danksagung und Quellenangabe

Impressum

Stadtbahn an der Paulstraße Ecke Lüneburger Straße mit einem Halbzug der BR 276. – Foto: Karsten Risch (1978)

Berlin nach dem Ersten Weltkrieg

Am 1. Oktober 1920 verschmolz die historische Innenstadt Berlins mit den umliegenden Landgemeinden und Siedlungen zu einer Einheit. Fast über Nacht entstand an der Spree die damals drittgrößte Metropole der Welt nach London und New York City. Die Einwohnerzahl betrug 3,8 Millionen und das Stadtgebiet wuchs auf 878 Quadratkilometer.

Die Stadt entwickelt sich in den 1920er-Jahren zur legendären Kulturmetropole. Künstler wie Otto Dix, Lionel Feininger, Bertolt Brecht und Arnold Zweig leben und arbeiten in der Stadt. Hier arbeiten auch die Nobelpreisträger Albert Einstein und Fritz Haber.

Die Bevölkerung in Berlin war heterogen, alle sozialen Schichten waren vertreten. Während einige Teile der Bevölkerung vom wirtschaftlichen Aufschwung profitierten und vergleichsweise ein wohlhabendes, sorgenfreies Leben führten, litt der Großteil der Berliner Bevölkerung unter Arbeitslosigkeit und Armut unter teilweise unwürdigen Lebensbedingungen. Trotzdem nennt man diese Zeit »Die goldenen Zwanziger Jahre«.

In Mitte schlug das Herz der mächtigen Hauptstadt. Hier flanierte die Oberschicht. Man ging in die Oper oder ins Theater, in der Friedrichstraße reihten sich die vornehmen Geschäfte aneinander, und auf den Trottoirs lüfteten die Herren den Hut. Die »Goldenen Zwanziger« waren eine aufregende und kulturell blühende Zeit in Berlin. Berlin eine Stadt, die kulturellem und gesellschaftlichem Wandel unterworfen war. Berlin war für das lebendige Nachtleben in Nachtklubs und Varietés bekannt. Berühmte Orte wie das Cabaret der Namenlosen, das Eldorado und das Moka Efti waren beliebte Treffpunkte für Unterhaltung, Musik und Tanz. Hier traten Künstler und Musiker auf, die das aufgeschlossene Publikum mit ihren Darbietungen fesselten. Inspiriert von Filmen und Jazz strömte eine lebenshungrige junge Generation auf die Tanzflächen und in die Cafés der Stadt. Berlin entwickelte sich zur hedonistischen Hauptstadt der Welt. Man schnupfte Kokain, rauchte und tanzte auf dem Vulkan.

Das Berliner Theaterleben erlebte eine rege Aktivität. Theater wie das Deutsche Theater und das Berliner Ensemble brachten avantgardistische Stücke auf die Bühne. Die Bühnenkunst florierte, und die Stadt war ein Anziehungspunkt für innovative Theaterproduktionen.

Berlin und Babelsberg, ein Zentrum der Filmindustrie. Das berühmte Filmstudio Babelsberg in der Nähe von Potsdam war damals eines der weltweit bedeutendsten Filmstudios – glanzvolle Klassiker der deutschen Filmkunst entstanden hier. Die 1920er-Jahre waren eine Zeit des Experimentierens, des Austauschs und der Freiheit. Die Kulturszene trug eine pulsierende, sirrende Atmosphäre in die Stadt. Sie trug dazu bei, Berlin zu einem Treffpunkt für Menschen aus aller Welt zu machen.

Die Bahnhöfe in Berlin waren zu dieser Zeit wichtige Verkehrsknotenpunkte, da viele Reisende aus allen Teilen Deutschlands in die Hauptstadt kamen. Die Aufgabe, die ankommenden Reisenden zu verteilen, war eine logistische Herausforderung. Die Berliner Kopfbahnhöfe lagen kreisförmig um den Stadtkern verteilt. Verbunden wurden diese ab den 1870er-Jahren mit der sogenannten Ringbahn, außerdem führten viele Bahn-Strecken sternförmig durch Berlin in das Umland, in die Mark-Brandenburg. Neben dem umfangreichen Güterverkehr auf diesen Strecken war der Aufbau eines Personenverkehrsnetzes ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der städtischen Infrastruktur.

Der Einheitsfahrschein für dieses Verkehrsnetz in diesem großen Stadtgebiet, mit einem Ticket für alle Verkehrsmittel, war eine besondere Leistung der damaligen Politik.

Berlin wird zur größten Industriestadt Europas

Berlin war auch bedeutendes Zentrum für die Eisenbahnindustrie. Es gab mehrere Eisenbahnfabriken in der Stadt, die Borsig-Werke, Henschel & Sohn Lokomotivfabrik, die AEG (Allgemeine Elektrizität-Gesellschaft), Siemens-Halske und -Schuckert. Sie alle produzierten Lokomotiven und elektrische Ausrüstung für die Bahn. Diese Fabriken trugen nicht nur zur technischen Weiterentwicklung des Eisenbahnwesens bei, sondern auch zur wirtschaftlichen Entwicklung. Sie waren dabei natürlich auch wichtige Arbeitgeber für das große Heer der Arbeitenden.

Nach dem Ersten Weltkrieg war Deutschland im wirtschaftlichen Abwärtstrend. Die Hyperinflation 1923, eine späte Folge der Finanzierung des Krieges auf Pump, hatte ernsthafte Auswirkung auf die Kaufkraft und das Leben der Menschen. Die Inflation erreicht ihren Höhepunkt. Im September 1923, ein Kilo Roggenbrot kostete 3,6 Millionen Mark, eine Straßenbahnfahrt am 22. November 150.000 Mark.

Wer zu diesem Zeitpunkt nicht schon arm war, wurde es oftmals jetzt. Die Löhne hielten mit der Inflation nicht Schritt. Auch war die Wohnsituation in den tief gestaffelten, für Berlin typischen Wohnblocks mit ihren vielen Hinterhöfen prekär. Rechte und linke extreme Parteien gewannen an Zulauf. Da half es nicht, dass zudem nicht unwesentliche Teile des Bürgertums der Demokratie fremd geblieben waren und teils monarchistischen, teils militaristischen Vergangenheitsträumen nachhingen. Die wenigen Jahre zwischen 1924 und 1928 brachten eine gewisse Stabilisierung und die geschilderte Blüte der Kultur.

Die Weltwirtschaftskrise jedoch erfasste 1929 auch Berlin. Es gibt 664 Konkurse in der Stadt. Im Februar sind 450.000 Menschen arbeitslos. Es kommt zu Demonstrationen und gewalttätigen Unruhen. Der »Blutmai« 1929 kostet über 30 Menschenleben und fordert mehrere hundert Verletzte; die Polizei war hart gegen KPD-Demonstrationen vorgegangen. Sie hatte sogar gepanzerte Fahrzeuge mit Maschinengewehren in Arbeitervierteln eingesetzt. Bei den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung am 17. November erzielt die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) 5,8 Prozent und zieht erstmals mit 13 Abgeordneten in das Stadtparlament ein. Die KPD hatte sogar einen Stimmenanteil von fast 25 Prozent.

Bauart Bernau im Bahnhof Bernau, später DRB-ET169 – ca. 1924. – Kunstverlag Goldiner, Sammlung Kobschätzky

Ein S-Bahnzug mit einer pr. T 12 am Haltepunkt Putlitzstraße vor der Kulisse des Städtischen Elektro Kraftwerkes Moabit. (1925) – RVM; Bildarchiv der Eisenbahnstiftung

1924 bis 1929

Die Elektrifizierung beginnt

1913 – Beschluss des Preußischen Landtages zur Umstellung der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahn auf elektrischen Betrieb.

1921 – Festlegung, die Bahn mit Gleichstrom und dritter Schiene zu elektrifizieren.

1922 – Beginn der Sanierung der Strecken und Bahnhöfe.

1924, 8. August – Beginn des elektrischen Betriebs mit den Versuchszügen A-E (5) auf der Strecke Stettiner-Vorortbahnhof nach Bernau.

Auslieferung der ersten Triebwagen Bernau (später ET 169).

1926 – Auslieferung der ersten S-Bahnviertelzüge Oranienburg (ET/ES 168).

1927 – Auslieferung der ersten Wagen der Bauart Stadtbahnwagen.

1929 – Abschluss der Elektrifizierung der Stadt-, Ring- und Vorortbahnen.

Umstellung der Strecke Lichterfelde – Potsdamer Ringbhf. von 550 Volt auf 800 Volt Gleichspannung.

Die Eisenbahn in Berlin hat eine lange Geschichte, die im Jahr 1838 mit der Eröffnung der Strecke zwischen Berlin und Potsdam begann.

Dies war die erste Eisenbahnstrecke in Preußen und eine der ersten in Deutschland. Die Eisenbahn in Berlin hat im Laufe der Zeit Strecken und Verbindungen geschaffen, die auch heute noch unverzichtbar sind.

Die Stadtbahnstrecke, die erste Viadukt-Bahn Europas, zwischen dem Schlesischen Bahnhof (heute Ostbahnhof) und Charlottenburg wurde am 7. Februar 1882 von Kaiser Wilhelm I. eröffnet. Diese Verbindung wurde als Teil eines großen Projekts zur Verbesserung der Eisenbahninfrastruktur in Berlin angelegt. Berlins Stadt-, Ring- und Vorortbahnen wurden bereits früh neben den Fernbahn- und Gütergleisen angelegt, das spielte eine wichtige Rolle bei dem Bau eines elektrischen Stadtbahn-Netzes.

Die Stadtbahn nach Spandau wurde im Jahr 1909 von Charlottenburg nach Spandau erweitert. Diese Erweiterung trug zur besseren Anbindung der umliegenden Gebiete an das Stadtzentrum bei. Mit einem Beschluss des Preußischen Landtags im Jahr 1913 wurden der Ausbau und die Modernisierung des Berliner Eisenbahnnetzes festgelegt. Dieser Beschluss hatte zum Ziel, den wachsenden Anforderungen des Verkehrs in Berlin gerecht zu werden und die Infrastruktur der Eisenbahn weiter zu verbessern.

Bahnen aus allen Richtungen erreichten Berlin und endeten dort in eigenen Kopfbahnhöfen. 1851 wurde als erste preußische Staatsbahn für den Güterverkehr zwischen den einzelnen Kopfbahnhöfen eine Stadtbahn fertiggestellt. Sie verband den Stettiner Bahnhof mit dem Hamburger Bahnhof, dem Potsdamer Bahnohof, dem Anhalter Bahnhof und dem Frankfurter Bahnhof.

Die Enge der Stadt und der quirlige Verkehr erschwerten die Bauarbeiten.

Die Ringbahn wurde 1871 eröffnet und umrundet das Berliner Stadtzentrum. Sie verbindet verschiedene Bezirke sowie die Kopfbahnhöfe und bildet einen geschlossenen Ring um das historische Zentrum der Stadt.

1872 begann der erste Personenverkehr auf dem ersten Ringbahn-Teilabschnitt. Im Jahr 1910 wurde die Ringbahn in ihrer heutigen Form abgeschlossen.

Die ersten Dampfzüge im Stadtverkehr der Bahn mit Personenbeförderung wurden jedoch erst viel später eingeführt.

Die eigentliche Geschichte der S-Bahn in Berlin begann im Jahr 1924 mit der Eröffnung der ersten elektrisch betriebenen Strecke. Die erste elektrische Bahn-Strecke, die in Betrieb genommen wurde, war die Strecke zwischen Stettiner Bahnhof (heute Nordbahnhof) und Bernau, der Teil der heutigen S-Bahn-Linie S2 ist.

Die Elektrifizierung der Berliner S-Bahn fand im Zuge des Beschlusses des Preußischen Landtages statt. Im Jahr 1921 wurde unter wirtschaftlichen Erwägungen beschlossen (siehe Kasten), die S-Bahn-Strecken in Berlin mit einer elektrischen Stromversorgung auszustatten.

Die Elektrifizierung sollte über eine dritte Schiene, die eine Spannung von 800 Volt Gleichstrom (VDC) lieferte, erfolgen. Für die Umsetzung der Elektrifizierung wurden erste Versuchsfahrzeuge als Triebwagen der Baureihen A bis F eingesetzt. Diese Fahrzeuge waren die Vorläufer der modernen S-Bahn-Fahrzeuge.

Elektrisch angetriebene Schienenfahrzeuge hatten längst ihren Siegeszug angetreten und diese Tendenz war unaufhaltsam. Die Straßenbahn in Berlin seit 1881 sowie die Berliner Hoch- und Untergrundbahn waren bereits im elektrischen Betrieb.

DRB-S-Bahn Halbzug Bauart 1925 Oranienburg, später ET 168, aus Oranienburg bei der Einfahrt in den Bahnhof Berlin-Birkenwerder mit dem Ziel Stettiner Bahnhof. (vor 1928) – Kunstverlag Goldiner, Sammlung Hans Kobschätzky

Eine Expertenkommission erarbeitete einen Vergleich der Stromsysteme und kam zum Ergebnis, dass ein Wechselstrombetrieb den Steuerzahler 500 Millionen Mark mehr kosten würde als das Gleichstromsystem. Auch die jährlichen Betriebskosten würden im dreistelligen Millionenbereich über dem eines Gleichstrombetriebs liegen.

»Damit ist dem Wechselstrom der Todesstoß gegeben; wir werden zum Gleichstrom schreiten …« erklärte der Regierungs- und Baurat Wechmann, einer der Väter des elektrischen Bahn-Betriebes in Deutschland.

DRB-S-Bahn-Bauart Bernau am 23.2.1924, später ET 169, Erb. WUMAG/Werk – WUMAG Görlitz, Sammlung Hans Kobschätzky

Im Potsdamer Bahnhof steht der Versuchszug 2482/2481 mit acht Wagen. Die elektrische Ausrüstung der dreiachsigen Wagen wurde durch die Fa. Siemens gefertigt. Im Hintergrund ist die Hochbahnbrücke zu sehen (um 1920). – Fotoarchiv der AEG, Samlung Karsten Risch

Die bisher durch Dampf gefahrenen Vorortzüge sollten ersetzt werden. Noch unter der Regie der Preußischen Staatseisenbahnen wurden 1920 sechs Versuchszüge mit der preußischen Bezeichnung A bis F bestellt.

Die einzelnen Züge unterschieden sich sowohl in ihren äußerlichen Maßen als auch in der Fahrgastraumanordnung. Die Züge A bis E bestanden aus zwei längeren, vierachsigen Triebwagen mit drei dazwischen gekuppelten, kürzeren, antriebslosen, zweiachsigen Mittelwagen. Jeder Versuchszug wies einige unterschiedliche Besonderheiten auf. Unterschiedliche technische Geräte, Drehgestelle und verschiedene Sitzplatzanordnungen wurden erprobt. Unterschiede gab es in der Türen- und Fensteranordnung. Der Zugtyp F wies als Besonderheit bei gleicher Anordnung zwischen den Wagen Jakobsdrehgestelle auf.

Der Versuchsbetrieb auf der Wannseebahn und der Vorortbahn nach Lichterfelde bestätigte diesen Technologiesprung. Dass als Stromversorgung Gleichstrom verwendet wurde, ist sicherlich wirtschaftlich wie auch technisch richtig. Der Versuchsbetrieb mit 6,3 kV in Spindlersfeld war zwar erfolgreich, konnte sich aber aus wirtschaftlichen und auch technischen Gründen nicht durchsetzen.

PK zum 100. Jubiläum der AEG-Bahntechnik (1988). Die Aufnahme zeigt den dreiteiligen Zug 3951 (ehem. 2981) der Bauart 1903 für die mit Gleichstrom betriebene Strecke Berlin-Potsdamer Vorortbahnhof nach Bhf. Lichterfelde-Ost. Die ab 1928 erforderliche dritte Stirnlampe für elektrische Züge ist bereits vorhanden. – Fotoarchiv der AEG, Samlung Karsten Risch

Am 15. Mai 1929 endete die Ära der mit Dampfloks bespannten S-Bahnzüge auf der Berliner Stadt- und Ringbahn. Der Fotograf des Reichsverkehrsmuseum (RVM) lichtete die beim Bw Berlin-Grunewald stationierte 74 1093 mit einem der letzten Züge im Bahnhof Wannsee ab. Die Lok trägt interessanterweise den Oberflächenvorwärmer nicht auf dem Kesselrücken, für dessen Einbau sie eigentlich vorbereitet war. sondern, gut erkennbar am weit zurückgesetzten, geteilten Sandkasten und den beiden Konsolen auf dem Kesselscheitel (1929). – RVM, Bildarchiv der Eisenbahnstiftung

Werksfoto (Waggonbau Görlitz) Wagen »B« 2174 Bauart Oranienburg. Hier wurde das erste Mal das später bewährte Konzept Trieb- und Steuerwagen bzw. Beiwagen eingesetzt. – Fotoarchiv der AEG, Sammlung Karsten Risch

Ein Halbzug der Zuggruppe 3 nach Heiligensee mit einem ET/EB 165.8 bei Schönholz. Die besonderen Merkmale sind die am Dach befestigten Schlussleuchten und der aufgesetzte Zielschildkasten. – Heinz-Jürgen Goldhorn

Blick in die Dircksenstraße um 1928 von der Kaiser-Wilhelm-Straße aus gesehen und auf die Stadtbahn in Richtung Bahnhof Alexanderplatz (im Hintergrund). Der Stadtbahnzug (ET/ES/EB 165 (später BR 275) in Richtung Westen. Rechts ist die Güterverladung Zentralmarkthalle zu erkennen. – Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 (01) Nr. II2228; Fotograf: Waldemar Titzenthaler

S-Bahnhof und Fernbahnhof Zoologischer Garten, Einfahrt hat ein Stadtbahnzug (ET/ES/EB 165 (später BR 275). Links am Fernbahnsteig steht ein Personenzug mit einer P8, der Baureihe 38, um 1935. – Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 (02) Nr. 0172556; Fotograf: Ewald Gnilka

1930 bis 1939

Die Vorkriegsjahre

Berlin erlebte in diesen Jahren eine äußerst turbulente Phase in seiner Geschichte.

1930, 13. November – Einführung der Bezeichnung S-Bahn; Symbol weißes »S« auf grünem Grund. Im März 1930 beschloss die Reichsbahndirektion, das »S« als Stadtbahn zu bezeichnen.

1932, Dezember – Auslieferungsbeginn der Züge Bauart Wannseebahn ET/EB 165.8 (275.9).

1934, Februar – Baubeginn der Nordsüd-Bahn.

1934, Juli – Ausmusterung der Versuchszüge A – F.

1935, Januar – Auslieferung des ersten Halbzuges der Bauart Olympiazüge BR 166.

1936, Juli – Auslieferung von 44 Viertelzügen der Bauart Olympiazüge (BR 166); davon 10 Züge mit V max. 120 km/h als Bankierzüge (BR 125).

1938, Oktober – Inbetriebsetzung des ersten S-Bahnzuges der Bauart Peenemünde (BR 167).

1939 – Elektrischer Betrieb: Unter den Linden – Potsdamer Platz – Anhalter Bahnhof – Großgörschenstraße – Yorkstraße; Priesterweg – Mahlow.

Die Bevölkerung Berlins wuchs in den 1930er-Jahren aufgrund des allgemeinen Trends der Urbanisierung und im Besonderen aufgrund der Anziehungskraft der Stadt als politisches und kulturelles Zentrum Deutschlands weiter an. Groß-Berlin hatte damals 3.8 Millionen Einwohner und war damit zu dieser Zeit hinter London und New York die drittgrößte Stadt der Welt und die größte Industriestadt Europas. Gleichzeitig sorgten wirtschaftliche Unsicherheiten und politische Spannungen für eine herausfordernde Atmosphäre. Bis Dezember 1932 steigt die Arbeitslosenzahl auf 630.000. Berlins Straßen sind Schauplatz zunehmender gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen links- und rechtsextremistischen Gruppierungen mit zahlreichen Toten und Verletzten.

Die Weimarer Republik, die in den 1920er-Jahren eine kurze Zeit der politischen Instabilität erlebte, setzte sich bis ins Jahr 1933 fort. In dieser Zeit waren verschiedene politische Parteien aktiv, darunter eben auch extremistische Gruppen.

1933 kamen Adolf Hitler und seine Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) an die Macht. Mit der Machtübernahme der Nazis änderte sich das politische Klima dramatisch, und die Demokratie wurde durch eine faschistische Einparteienherrschaft ersetzt.

Das Schienennetz und die Eisenbahninfrastruktur in Berlin waren bereits vor den 1930er-Jahren gut entwickelt. Die Berliner S-Bahn wurde zum wichtigsten öffentlichen Verkehrsmittel, das die Stadtteile miteinander verband.

Die Nazis nutzten die S-Bahn für ihre Propaganda, um das Bild von Effizienz und technologischem Fortschritt zu vermitteln. Die Leistung der Bahn wurde genutzt, um die Vorzüge des nationalsozialistischen Regimes hervorzuheben, dazu diente besipielsweise der Baubeginn der Nord-Südverbindung. Die Züge der Wannseebahn, die Bankier- und Olympiazüge wurden im Stadtbild sichtbar. Überall prangte das große »S« auf grünen Grund – weithin sichtbar für die Reisenden.

Auf der Stadtbahn wurde im Abstand von 90 Sekunden gefahren; 28 Millionen Fahrgäste während der Olympischen Spiele nutzten den Service. Der S-Bahnhof Reichssportfeld war für das zu erwartende Fahrgastaufkommen neugestaltet worden.

1939 besaß das elektrifizierte S-Bahnnetz 285 km Länge. 1943 wurden 737 Millionen Fahrgäste transportiert, zwei Jahre später stand der Verkehr der S-Bahn still.