Sachkundenachweis Pferdehaltung - Angelika Schmelzer - E-Book

Sachkundenachweis Pferdehaltung E-Book

Angelika Schmelzer

4,8

Beschreibung

Wissen ist aktiver Tierschutz! Der "Führerschein" für gewerbliche Pferdehalter gehört zu den wichtigsten Neuerungen des Tierschutzgesetzes und ist inzwischen Bestandteil der Ausbildungsordnungen aller führenden Reitsportvereinigungen. Der Sachkundenachweis Pferdehaltung soll in Zukunft sicherstellen, dass alle Pferde und Ponys fachgerecht betreut, artgerecht gehalten und gepflegt werden. Lehrgänge, die das notwendige Wissen in Theorie und Praxis vermitteln, werden von allen großen Pferdesportorganisationen durchgeführt. Ergänzend wird das Prüfungswissen in kompakter Form in vorliegendem Buch vermittelt, zum Lesen, Lernen, Nachschlagen - für Prüflinge und alle engagierten Pferdefreunde.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 88

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (16 Bewertungen)
13
2
1
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Haftungsausschluss:

Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

Sicherheitstipps:

In diesem Buch sind nur Reiter abgebildet, die mit splittersicherem Kopfschutz reiten. Das ist ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen.

Achten Sie bitte immer auf entsprechende Sicherheitsausrüstung für sich selbst: Reithelm, Reitstiefel/-schuhe, Reithandschuhe und gegebenenfalls eine Sicherheitsweste beim Reiten.

Copyright (c) 2014 by Cadmos Verlag, SchwarzenbekTitelgestaltung und Layout: www.ravenstein2.deÜberarbeitung Gestaltung: www.jb-design-online.deTitelfoto: Shutterstock.comInnenfotos: Andrew Lever/Shutterstock.comKonvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Alle Rechte vorbehalten.

Abdrucke oder Speicherung in elektronischenMedien nur nach vorheriger schriftlicherGenehmigung durch den Verlag.

eISBN 978-3-8404-6209-2

INHALT

1

Einführung

    Wissen ist aktiver Tierschutz

    Sachkunde nutzt allen!

2

Pferdeverhalten und Umgang mit Pferden

    Die Entwicklungsgeschichte des Pferdes

    Pferdeverhalten

         Zeitbudget zur Beurteilung von Verhaltensweisen

         Haltung und Verhalten

    Verhaltensgerechter Umgang mit Pferden

         Typisch Pferd

    Bewegen von Pferden

    Pferde verladen und transportieren

         Das passende Gefährt

         Vor dem Verladen

         Verladen, Transport und Entladen

3

Pferdefütterung

    Individuelle Ernährung

    Anatomie und Physiologie der Verdauung

    Versorgung mit Wasser, Nähr- und Ballaststoffen

         Wichtiges Raufutter

         Kraftfutter in Maßen!

         Wasserversorgung

    Futtermittel und Qualitätsbeurteilung

         Kraftfutter

         Raufutter

         Gutes Heu, schlechtes Heu?

         Das macht gute Silage aus

         Zusatzfuttermittel

    Rationsgestaltung

    Fütterungstechnik

         Gesundheitliche Probleme

    Futterlagerung

4

Ställe und Nebenräume, Bewegungsflächen

    Aufstallungsarten

         Innenboxen

         Gruppenhaltung

    Stallklima

    Stalleinrichtung und Nebenräume

         Sattelkammer

         Putzplatz und Krankenboxen

         Mistlagerung

         Reithalle

    Auslauf und Weide, Weidehygiene

         Auslauf

         Weide

    Einzäunung

         Tore

5

Pferdegesundheit und Hygiene

    Anatomie und Physiologie des Pferdes

         Gebiss und Hufe

         PAT-Werte und Darmgeräusche

    Vorbeugung von Krankheiten

         Impfungen

         Wurmbefall

         Zahnkontrolle

    Erkennung von Krankheiten und Erste Hilfe

    Fell- und Hufpflege

    Fellpflege

         Hufpflege

    Ausrüstung

         Lederpflege

6

Rechtliche Grundlagen und Tierschutz

    Einschlägige tierschutzrechtliche Vorschriften

         Das Tierschutzgesetz

         Verstöße gegen das Tierschutzgesetz

    Die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“

         Kontakt und Bewegung

         Witterungsschutz, Stallklima und Fütterung

         Die Art der Aufstallung

         Richtmaße

    Tierschutz in anderen Regelwerken

7

Betriebsführung und Organisation des Pferdebetriebs

    Grundlagen der Betriebsführung und Umgang mit Kunden

         Reitbetriebe, deren Inhaber natürliche Personen sind

         Handelsgesellschaften

         Juristische Personen

         Die Kunden

    Organisation des Betriebs

         Lehr-, Pensions- und Gastpferde

         Kostengünstige und zeitsparende Haltungsformen

    Rechtsfragen

         Sicherheit, Gesundheitsschutz und Arbeitsschutzgesetz

    Vertragsformen und Versicherungsfragen

         Haftungsfragen

         Dienst- und Werkverträge

         Krankheits- und Unfallversicherungen

Literatur

1

 

EINFÜHRUNG

Nur wer die Bedürfnisse seines Pferdes kennt, kann es optimal halten.

Wissen ist aktiver Tierschutz

Wer Tiere hält, übernimmt damit immer auch die Verantwortung für ihr Wohlergehen. Dies ist nicht nur eine moralische Pflicht, sondern sogar gesetzlich geregelt. Der Tierschutz hat heute einen höheren Stellenwert als früher und ist inzwischen sogar Staatsziel. Die im Tierschutzgesetz relevanten Regelungen beruhen auf dem im Paragraf 1 niedergelegten Grundsatz: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Wahrscheinlich jeder Pferdefreund musste allerdings schon erfahren, dass gegen diesen doch so einleuchtenden und eigentlich selbstverständlichen Grundsatz verstoßen wurde. Häufig ist aber nicht etwa böser Wille, Rohheit oder Unvernunft dafür der Grund, sondern schlicht Unkenntnis: Wer nicht weiß, wie er mit einem Pferd umzugehen hat, wer seine Ansprüche an Fütterung und Haltung nicht kennt, vernachlässigt oft seine elementarsten Grundbedürfnisse.

Der Gesetzgeber hat deshalb vor die gewerbsmäßige Pferdehaltung eine kleine Hürde eingebaut. Wer mit der Haltung von Pferden Geld verdienen möchte, muss zumindest Grundkenntnisse über artgerechte Haltung und Umgang mitbringen – er muss beweisen, dass er „sachkundig“ ist.

Sachkunde nutzt allen!

Für diesen „Führerschein“ für gewerbliche Pferdehalter gibt es bislang keinen verbindlichen Fragenkatalog oder bundesweit einheitliche, detaillierte Anforderungen. Allerdings haben alle wichtigen Reitsportvereinigungen Lehrpläne erarbeitet, die als Grundlage für mehrtägige Lehrgänge mit abschließender Prüfung dienen. Die Kurse richten sich aber nicht nur an den Personenkreis der gewerbsmäßigen Pferdehalter, sondern sind auch für alle anderen Pferdefreunde eine gute Gelegenheit, sich Grundkenntnisse rund um sachgerechte Pferdehaltung anzueignen – ein weites Fachgebiet, das im Reitunterricht und in anderen Weiterbildungsangeboten rund ums Pferd oft zu kurz kommt. So startet man mit einem beruhigenden Wissensvorsprung in das Abenteuer „eigenes Pferd“ oder „Pferde in Eigenregie halten“, selbst wenn man die Pferdehaltung nie gewerbsmäßig betreiben wird.

Der Sachkundenachweis Pferdehaltung ist also im Grunde angewandter Tierschutz.]

2

 

PFERDEVERHALTEN

 

 

und Umgang mit Pferden

Auch die modernen Warmblüter stammen vom Urpferd Eohippus, einem fuchsgroßen Waldbewohner, ab.

Die Entwicklungsgeschichte des Pferdes

Die Entwicklungsgeschichte des Pferdes nahm vor etwa 70 Millionen Jahren im Eozän ihren Anfang, als ein fuchsgroßer Laubfresser namens Eohippus („Morgenrötepferdchen“) die Urwälder der Vorzeit bevölkerte. Der Waldbewohner sollte sich im Verlauf der nächsten Jahrmillionen über mehrere Zwischenstufen zum Pliohippus entwickeln, einem einhufigen Grasfresser. Während im Pleistozän, vor ein bis zwei Millionen Jahren, die Vorpferde auf dem amerikanischen Kontinent ausstarben, entwickelten sich die Vorfahren der echten Pferde in Eurasien weiter. Manche Zweige starben im Verlauf der Evolution aus, zwei Urformen wurden jedoch zu den Stammvätern der Hauspferde sowie den Vorfahren der Zebras und Esel.

Die Domestikation der Pferde begann vor ungefähr fünf Jahrtausenden in Zentralasien. Forscher meinen, dass sich unsere Hauspferdrassen auf vermutlich vier Grundtypen zurückführen lassen: Nordpony, Tundrenpferd, Urwarmblüter und Uraraber. Gemeinsam sind ihnen allen die Merkmale des Einhufers, des Steppen bewohnenden Grasfressers und Herdentieres, sie differieren jedoch im Körperbau, der Körpergröße, der Futterverwertung, der Wetterhärte und in wichtigen Aspekten des Verhaltens.

Heute unterscheiden wir unter den Equiden das einzige überlebende Urpferd, das Przewalskipferd, die Hauspferdrassen, Halbesel, Wildesel, domestizierte Esel sowie Zebras. In Deutschland leben zurzeit zwischen 500.000 und 700.000 Pferde.

Pferdeverhalten

Viele Eigenschaften des Pferdes veränderten sich unter dem Einfluss des Menschen, da mit dem Beginn der Zucht auf bestimmte Merkmale selektiert wurde. In seinem Verhaltensinventar jedoch ist jedes moderne Hauspferd immer noch ein steppenbewohnendes Fernwanderwild, ein Flucht- und sozial lebendes Herdentier. Daraus lassen sich die Grundbedürfnisse des Pferdes ableiten.

Vom edelsten Lipizzaner bis zum knuffigsten Shetty – in ihren arttypischen Bedürfnissen sind alle Pferde gleich.

Pferde benötigen:

viel natürliches Sonnenlicht,

immer saubere Luft,

ständig die Möglichkeit zu freier Bewegung und

dauerhaft den unmittelbaren Kontakt und die Möglichkeit zum sozialen Austausch mit Artgenossen.

Insbesondere die beiden letztgenannten Aspekte stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem natürlichen Verhalten unserer Pferde.

Pferde zeigen nur bei artgerechter Haltung ein normales Verhalten. Es ist nachvollziehbar, dass es unter manchen Haltungsbedingungen nicht möglich ist, diese Grundbedürfnisse zu erfüllen. Immer noch werden deutschlandweit etwa 80 Prozent aller Pferde dauerhaft in Boxen gehalten, eine Haltungsform, die ihren Bedürfnissen nicht entspricht und die deshalb zu zahlreichen Problemen führt. Da der Pferdehalter seine Pferde artgerecht unterbringen muss, spielen die Ansprüche des Pferdes an seine Haltung eine bedeutende Rolle im Rahmen des Sachkundenachweises.

Herdenhaltung auf der Weide entspricht den arteigenen Bedürfnissen aller Pferde am meisten.

Zeitbudget zur Beurteilung von Verhaltensweisen

Das Verhalten eines Pferdes ist von seiner Aufstallungsform nicht zu trennen. Als Kriterium dafür, wie artgerecht eine Haltungsform ist, kann man fragen: Haben die Pferde die Möglichkeit, alle genetisch angelegten Verhaltensweisen auszuleben? In der Praxis benutzt man dazu beispielsweise das Zeitbudget (time budget) als Maßstab. Die zeitliche Verteilung des Verhaltens von aufgestallten Pferden wird mit dem wild lebender Artgenossen verglichen. Je mehr das Zeitbudget des aufgestallten Pferdes dem eines Wildpferdes entspricht, desto artgerechter ist die Haltungsform.

Wild lebende Pferde verbringen

60 Prozent des Tages mit der Futteraufnahme bei langsamer Fortbewegung,

20 Prozent des Tages im Stehen,

10 Prozent im Liegen und die restlichen

10 Prozent mit anderen Verhaltensweisen, etwa dem Spiel oder der sozialen Fellpflege.

Bei einer Aufstallung im Laufstall mit ständigem Zugang zu Raufutter sieht das Zeitbudget so aus:

57 Prozent werden mit der Futteraufnahme verbracht,

23 Prozent im Stehen,

10 Prozent im Liegen und weitere

10 Prozent mit anderen Verhaltensweisen.

Das Zeitbudget entspricht also dem des frei lebenden Artgenossen weitgehend.

Auch bei Kälte sollte sich jedes Pferd täglich im Freien aufhalten dürfen.

Steht ein Pferd dagegen in einer Einzelbox und bekommt das Raufutter portioniert zugeteilt, sieht sein Tag so aus:

68 Prozent steht es,

16 Prozent liegt es und

16 Prozent frisst es.

Seine Grundbedürfnisse (Licht, Luft, Bewegung, Artgenossen) werden nicht annähernd befriedigt. Vor allem die Untä-tigkeit hat einen negativen Einfluss auf Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit.

Die dauernde Haltung in der Innenbox hat zur Folge, dass die Gefahr bestimmter Erkrankungen stark ansteigt, vor allem von:

Abnutzungserscheinungen der Gelenke,

(chronischen) Atemwegsproblemen,

Stoffwechselstörungen und

Verhaltensproblemen.

Haltung und Verhalten

Aus den arttypischen Bedürfnissen des Pferdes ergeben sich zwingend bestimmte Ansprüche an seine Haltung.

Klima (Luft, Temperatur, Niederschläge): Ernährung:

Pferde sind Steppentiere mit großer Toleranz gegenüber hohen und niedrigen Temperaturen sowie Temperaturschwankungen. Sie vertragen trockene Standorte besser als feuchte, sind gegenüber Schadgasen und Staub sehr empfindlich und benötigen für ihr Wohlbefinden, ein gesundes Knochenwachstum und geregelt ablaufende Hormonfunktionen natürliches Sonnenlicht.

Die Offenstallhaltung entspricht den Anforderungen des Pferdes an das Klima am meisten, ist auch für Sport- und/oder hochblütige Pferde die beste Haltungsform und mit dem Einsatz im Turniersport problemlos vereinbar. Soll das Pferd trotzdem in der Box aufgestallt werden, ist für täglichen Auslauf bei jedem Wetter auf trockenen Ausläufen und Weiden, für helle und gut belüftete Stallungen sowie ein dem Außenklima folgendes Stallklima zu sorgen.

Bewegung: Hauptgangart des Pferdes ist der langsame Schritt, nur bei der Flucht oder im Spiel zeigt es schnellere Gangarten. In der Ruhe bevorzugt es Stellen, die eine gute Rundumsicht erlauben. Auf beängstigende Umweltreize reagiert das Pferd mit Flucht, wodurch gleichzeitig Spannung abgebaut wird.

Eine artgerechte Haltung ermöglicht dauernde, langsame Fortbewegung und bietet Bewegungsanreize, gestattet dem Pferd die Teilnahme an seiner Umwelt und macht eine Flucht über angemessene Distanzen möglich. Auch bezüglich des Faktors „Bewegung“ ist also die Offenstallhaltung der Boxenhaltung vorzuziehen.

Ruhe: Pferde ruhen in vielen kurzen, über den Tag verteilten Zeitintervallen und zeigen verschiedene Formen der Ruhe. Der wichtige Tiefschlaf in Seitenlage ist nur möglich, wenn das ruhende Pferd von einem wachen(den) Artgenossen beschützt wird.

Jedes Pferd muss die Möglichkeit haben, sich auf einem ausreichend großen, trockenen Untergrund wahlweise in Brust- oder Seitenlage auszustrecken. Die Anwesenheit eines Artgenossen, zu dem zumindest Sichtkontakt besteht, ist zwingend notwendig.

Ernährung: Pferde benötigen große Mengen ballaststoffreicher Nahrung und sind in der Lage, relativ nährstoffarmes Futter optimal auszunutzen. Ihr kleiner Magen ist auf die beständige Zufuhr kleiner Portionen angewiesen, ihr Darm benötigt für eine einwandfreie Peristaltik vor allem Raufutter. Pferde verbringen einen großen Teil des Tages mit der Futteraufnahme, wobei sie sich langsam fortbewegen und ihre Nahrung bei tiefer Kopfhaltung, mit geradem Rücken und im Ausfallschritt dicht über dem Boden abbeißen. Da sie nur wenig Futter und Wasser im Körper speichern können, vertragen sie keine längeren Hunger- oder Durstphasen.

Die Futtergrundlage muss in großen Mengen Raufutter bestehen, das beim Weidegang aufgenommen oder in bodennahen Raufen vorgelegt wird. Kraftfutter soll in möglichst geringen Rationen gegeben werden, wenn die alleinige Versorgung mit Raufutter nicht ausreicht. Es ist dann in vielen kleinen Portionen vorzulegen. Wasser hat ständig in sauberer Qualität zur Verfügung zu stehen.

Komfort: