Schi-King / Shi Jing - Das kanonische Liederbuch der Chinesen - Anonym - E-Book

Schi-King / Shi Jing - Das kanonische Liederbuch der Chinesen E-Book

Anonym

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Beschreibung

Das "Schi-King" oder "Shi Jing" ist eine bemerkenswerte Anthologie der frühchinesischen Dichtung, die aus über 300 Gedichten besteht und auf eine Zeitspanne von mehr als einem Jahrtausend zurückgeht. Diese Sammlung ist nicht nur ein literarisches Meisterwerk, sondern auch ein Dokument, das die sozialen, politischen und kulturellen Aspekte des alten China widerspiegelt. Der literarische Stil variiert zwischen einfachen, volksnahen Liedern und komplexeren, kunstvollen Ausdrücken, wodurch ein facettenreiches Bild der damaligen Gesellschaft entsteht. Die Texte sind von einem tiefen Gefühl für die Natur und der menschlichen Erfahrung durchdrungen, was die Lieder zu einer zeitlosen Betrachtung des Lebens macht. Über den Autor ist wenig bekannt, da der "Schi-King" anonym überliefert wurde. Doch es ist anzunehmen, dass die Vielzahl der Lieder von verschiedenen Autoren stammt, die eine gemeinsame Kulturteilten und einen tiefen Bezug zur Natur sowie den sozialen Gegebenheiten ihrer Zeit hatten. Die Überlieferung des Werks und seine Anerkennung als klassisches Textwerk reflektieren die Wertschätzung der alten chinesischen Kultur für Poesie und Musik als Ausdruck menschlicher Empfindungen. Dieses Buch ist nicht nur ein Schlüssel zu den Anfängen der chinesischen Literatur, sondern auch ein unverzichtbarer Bestandteil des Beitrags der asiatischen Kultur zur Weltliteratur. Es empfiehlt sich für Leser, die sich für die Wurzeln der Lyrik und die kulturellen Kontexte des antiken Chinas interessieren und deren Relevanz in der heutigen Zeit verstehen möchten.

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Schi-King / Shi Jing - Das kanonische Liederbuch der Chinesen

oder Das Buch der Lieder: die älteste Sammlung von chinesischen Gedichten
 
EAN 8596547736165
DigiCat, 2023 Contact: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Einleitung.
Allgemeines.
Religion und Cultus.
Sitten und Lebensweise.
Reichsordnung und Regiment.
Geschichtliches.
Die altchinesische Poesie und das Schī-kīng.
Erster Theil: Landesübliches.
Erstes Buch: Tschēu nân.
Zur Vermählung des Königs Wên.
Thái-ssè Hausfrau.
Sehnsucht nach dem fernen Gemahl.
Thái-ssè‘s Liebe.
Zierlich eingekleideter Wunsch großer Nachkommenschaft.
Einzug der Braut zur Vermählung.
Die kriegstüchtigen Hasenjäger.
Lied der Wegerichpflückerinnen.
Die Unzugänglichen.
Rückkehr des Gemahls aus König Wên’s siegreichem Kampfe für das Kaiserhaus.
Lob der Güte von König Wên’s Nachkommen und Verwandten.
Zweites Buch: Schao nân.
Festlicher Empfang einer Fürstenbraut.
Wie die Fürstin das Frühopfer des Fürsten sorgsam vorbereitet und ihm würdiglich beiwohnt.
Sehnsucht nach dem entfernten Gemahl
Sorge der jungen Gemahlin eines hohen Beamten für die häuslichen Opfer.
Liebevolles Andenken des Volks an einen guten Fürsten.
Vor Gericht.
Rückkehr hoher Beamten vom Hofe zu ihrem Mittagsmahl.
Sehnsucht nach des diensteifrigen Gemahls Heimkehr.
Furcht eine alte Jungfer zu werden.
Zufriedenheit dienender Palastfrauen.
Nachfolgende Reue.
Der schöne Jäger.
Vermählung einer Königstochter aus dem Hause Tschēu mit dem Sohne eines Lehensfürsten.
Der meisterhafte Jäger.
Drittes Buch: P’héi.
Unverdiente Zurücksetzung und Kränkung.
Klage der zurückgesetzten Gemahlin.
Abschied der verwittweten Fürstin Tschuāng-kiāng von der geliebten Nebenfrau Tái-kuei.
Klage der vernachlässigten Gemahlin.
Klage über die hochmüthige Behandlung durch den Gemahl.
Der versprengte Krieger.
Selbstanklage ungerathener Söhne.
Sehnsucht nach des Gatten Heimkehr.
Leidenschaftliche Verfrühung der Vermählung gehindert.
Klage der Verstoßenen.
Überdruß an beschwerlichem Dienst in der Fremde.
Klage der Räthe von Lî über die Räthe von Wéi wegen nicht geleisteten Beistandes.
Der Tänzer, der zu Besserem tauglich wäre.
Sehnsucht einer in der Ferne vermählten Fürstentochter von Wéi nach ihrer Heimath.
Noth eines Staatsbeamten.
Dringen auf Auswanderung in unglücklicher Zeit.
Verfehlte Zusammenkunft.
Der verfehlte Ehebund.
Ahnung von verbrecherischen Thaten.
Viertes Buch: Jûng.
Die treue Wittwe.
Schamloses Treiben im Innern des Palastes.
Weibliche Üppigkeit.
Vielerlei Liebschaften.
Schlimme Verwandtschaft.
Lob des Fürsten Wên von Wéi.
Leichtfertige Mädchen.
Wider Sittenlosigkeit.
Bewillkommnung eines hohen Beamten.
Verhinderter Beileidsbesuch.
Fünftes Buch: Wei.
Loblied auf den Fürsten Wù von Wéi
Freude der Einsamkeit.
Empfang der Fürstin Tschuāng-kiāng.
Berückt, entführt und betrogen.
Sehnsucht der fernhin Vermählten nach Wéi.
Spottlied.
Nahe und doch unerreichbar.
Trauer über des Gatten Entfernung.
Wink zur Werbung.
Vergeltung.
Sechstes Buch: Wâng.
Die verödeten Stätten. Klage eines Großen.
Bei langer Entfernung des Gemahls.
Freude nach glücklicher Heimkehr des Gemahls.
Heimweh des Gränzwächters.
Die Frau, durch Hungersnoth hinausgetrieben.
Der lebensmüde Beamte in böser Zeit.
Der Ausgewanderte in der Fremde.
Abwesenheit des Geliebten.
Warum sie nicht gekommen.
Die Liebhaber sind ausgeblieben.
Siebentes Buch: Tschhíng.
Ergebenheitsbezeugungen des Volks für den Fürsten Wù (773-742).
Mädchenbitte.
Lob des Prinzen Schŭ.
Prinz Schŭ als Wagenlenker und Jäger.
Waffenübungen der Gränztruppen.
Lob eines hohen Beamten.
Bitte um Versöhnung.
Die gute Hausfrau.
Preis der schönen Múng-Kiāng.
Der Geliebte wird verspottet.
Aufforderung.
Laune gegen Laune.
Trotz.
Reue.
Abwesenheit.
Des Gemahls glückliche Heimkehr.
Die Vernachlässigte.
Treue und Vertrauen.
Die einfache Einzige.
Zufällige Begegnung.
Frühlingsfest in Tschíng.
Achtes Buch: Thsî.
Tagelied eines fürstlichen Paars.
Jägerkomplimente und Prahlerei.
Brautempfang.
Zuthulichkeit und Scheu.
Unzeitige Geschäftigkeit des Fürsten.
Unerlaubte Leidenschaft.
Nach Versagtem trachten bringt Leid; Alles kommt zu seiner Zeit.
Die Jagdhunde und der Jäger.
Wên-Kiāng’s freche Besuche in Thsî nach ihres Gemahls Ermordung.
Nochmals Wên-Kiāng’s Schamlosigkeit.
Klage im Preise des Fürsten Tschuāng von Lù.
Neuntes Buch: Wéi.
Unschicklichkeiten der Vornehmen in Wéi.
Der ungeeignete Hofbeamte.
Heimlicher Kummer über den herannahenden Verfall des Landes.
Gedanken des jungen Kriegers an das Elternhaus.
Verbauerung der Vornehmen in Wéi.
Der schwelgerische und habgierige Müssiggänger im hohen Amte.
Abschiedslied der Auswanderer an ihren Oberbeamten.
Zehntes Buch: Thâng.
Lied beim festlichen Begehen des Beschlusses der Jahresarbeiten.
Aufforderung zum heiteren Genuß der Güter des Lebens.
Einverständniß mit einer Verschwörung.
Lob eines hohen Herrn und Voraussagung von dem Wachsthum seines Hauses.
Vereinigung eines glücklichen Paares.
Der Bruderlose.
Klage über einen harten Oberbeamten.
Dienstpflicht und Kindespflicht.
Fürbitte beim Könige um Bestätigung im Füstenthume.
Der Arme, von ersehntem Umgang ausgeschlossen.
Wittwentrauer und Wittwentreue.
Gegen Klatschereien.
Elftes Buch: Thsîn.
Anfänge feineren höfischen Lebens in Thsîn.
Hofjagd.
Das fernen hohen Kriegshelden wird von seiner Gemahlin gedacht.
Räthselhaft.
Der Landsherr kehrt mit erhöhtem Range vom Kaiserhof zurück.
Klaggesang über die drei, mit der Leiche des Fürsten Mŭ lebendig begrabenen Heldenbrüder aus dem Hause Tsè-kü.
Allzulange Abwesenheit des Gatten.
Waffenbrüderschaft.
Fürst Khāng’s Lied.
Klage vernachlässigter alter Staatsdiener.
Zwölftes Buch: Tschhîn.
An einen müßig sich vergnügenden Beamten.
Getäuschte Neigung.
Genügsamkeit.
Die Gescheidte.
Getäuschte Erwartung.
Vergebliche Warnung.
Entfremdung des Geliebten.
Liebespein.
Fürst Lîng’s Besuche.
Liebesleid.
Dreizehntes Buch: Kuéi.
Der eitle und leichtsinnige Fürst.
Klage über den Verfall kindlicher Ehrerbietung, sich erweisend in Vernachlässigung der Trauergebräuche.
Der glückliche Baum – ohne Haussorgen.
Klage über den Verfall der Königsmacht von Tschēu.
Vierzehntes Buch: Thsâo.
Der leichtsinnige Stutzer.
Die Menge unwürdiger Hofdiener.
Preis eines vorzüglichen Regenten.
In schlimmen Zeiten, da keine Hülfe mehr vom Königshofe kommt.
Fünfzehntes Buch: Pīn.
Das Leben in Pīn zur alten Zeit.
Des Tschēu-Fürsten Eulenlied.
Die Heimkehr der Truppen von des Tschēu-Fürsten Feldzuge gegen die Empörer.
Gesang der Krieger. Erwiederung auf das vorige Lied.
Richtig gewählte Vermittlung.
Des Tschēu-Fürsten Weilen im Ostlande und seine Rückberufung.
Des Tschēu-Fürsten ruhige Großheit, als er verläumdet war.
Zweiter Theil: Kleine Festlieder.
Erstes Zehent.
Festlied zur Bewirthung königlicher Minister.
Der Beamte auf Sendung in die Ferne.
Rasche und glückliche Geschäftserledigung eines Ausgesendeten.
Die Bruderliebe.
Zur Bewirthung von Freunden.
Erwiederungslied der königlichen Gäste.
Lied der Krieger beim Feldzuge gegen die Hiàn-jün.
Rückmarsch der Truppen nach Besiegung der Hiàn-jün.
Sehnsucht der Frauen nach der Rückkehr der Krieger aus dem Feldzuge gegen die Hiàn-jün.
Zweites Zehent.
Lied der Gäste beim reichlichen Mahle.
Lied beim Gastmahle.
Festgruß des Fürsten an seine Minister.
Des Königs Lied bei Bewirthung der Lehnsfürsten.
Festlied bei Bewirthung der Lehnsfürsten.
Drittes Zehent.
Königslied bei Verleihung des rothen Bogens an einen verdienten Fürsten.
Freude über des gütigen Königs Anwesenheit.
Der siegreiche Feldzug gegen die Hiàn-jün unter dem Feldherrn Kĭ-fù.
Fāng-schŭ‘s Sieg über die Mân-Kīng.
Große königliche Jagd zu Ehren der Lehnsfürsten.
Lied der Jägermeister nach einer Jagd des Königs mit Gästen und Fremden.
Für das obdachlose Volk werden Wohnorte gebaut.
Des Königs nächtliche Sorge um sein zeitiges Erscheinen bei der Morgenaudienz.
Klage über die Theilnahmlosen in den Wirren der bösen Zeit.
Zu bedenken.
Viertes Zehent.
Klage der Garden über ihre ungehörige Verwendung.
Mahnung an einen verehrten Freund, sich dem öffentlichen Dienst nicht zu entziehen.
Abschied aus fremdem Lande.
Heimwandrung von ungastlicher Schwägerschaft.
Bei Vollendung eines Palastbaues.
Des Königs Heerdenreichthum und Glück.
Klage über den Reichskanzler Jìn.
Klage über die heillosen Zustände im Reich.
Schlimme Zeichen und Zeiten.
Klage über das Elend im Reich, über die hohen Würdenträger und über den König.
Fünftes Zehent.
Schlimme Räthe und üble Beschlüsse.
Klagen und Mahnungen in bösen Zeiten.
Klage des Verläumdeten und Verstoßenen.
Klage über Verläumder.
Ist der alte Freund treulos geworden?
Wider die Verläumder.
Wandelung der Freundschaft.
Der Elternlose.
Die vernachlässigten Ostlande.
Böse Zeiten.
Sechstes Zehent.
Beamtenplagen.
Überdruß am Staatsdienste.
Der überlastete Beamte in der entlegenen Provinz.
Unzeitige Hoflustbarkeiten.
Der große Opferdienst im Ahnentempel.
Feldersegen für die Ahnenopfer.
Landwirthschaftliches.
Gleichfalls landwirthschaftlich.
Die Fürsten begrüßen König Siuân in der Hauptstadt des Ostens am Lŏ-Flüsse.
Des Königs Erwiederung auf das vorige Lied.
Siebentes Zehent.
Gastlied des Königs an die Fürsten.
Erwiderung der Fürsten auf das vorige Lied.
Beim Königsmahle für Blutsfreunde und Verschwägerte.
Auf dem Wege zur Braut.
Verläumder.
Weingenuß in Maß und Anmaß.
Lied der Fürsten beim Festmahle des Königs in Haò.
Des Königs Erwiderung auf das vorige Lied.
Des Königs unverwandtschaftliches Benehmen, ein verderbliches Beispiel.
Dem Könige ist nie zu genügen.
Achtes Zehent.
Die besseren Zeiten vor Verlegung der Residenz.
Des Gemahls Entfernung.
Die wolgelungene Heerfahrt des Fürsten von Scháo zur Ordnung und Befestigung von Siè.
Zuneigung.
Klage der verstoßenen Königin.
Der Marode.
Anstand beim einfachen Mahle.
Mühvoller Marsch.
Schlimme Zeiten.
Beschwerliche Feldzüge.
Dritter Theil: Große Festlieder.
Erstes Zehent.
König Wên, Stifter und Vorbild des Königshauses.
Königs Wên’s Bestimmung, von König Wù bethätigt.
Die Anfänge von Tschēu.
Loblied auf König Wên.
König Wên, der holdselige Gebieter.
König Wên’s Tugenden.
Die Erhöhung der Tschēu-Dynastie.
Die prächtigen Bauten und Anlagen des Königs Wên.
Preis des Königs Wù.
Preis der Könige Wên und Wù.
Zweites Zehent.
Hëú-tsĭ der Urahn des Tschēu-Hauses.
Festlied bei Bewirthung der königlichen Verwandten.
Erwiederung der Gäste auf das vorige Lied, beim Schlusse des Mahls.
Beim Mahle zu Ehren des Todtenknaben am Schlusse des Opferfestes.
Preis des König und seiner Nachkommen.
Fürst Liêu.
Mahnung an den König.
Fürst Scháo’s Gesang an König Tschhîng.
Mahnung an die Beamten in schlimmer Zeit.
Schärfere Mahnungen.
Drittes Zehent.
Warnungen an König Lí.
Lied des neunzigjährigen Fürsten Wù von Wéi.
Klagelied des Fürsten Sjúi.
König Siuân’s Klagelied über die Dürre.
Loblied Kĭ-fù‘s auf den Fürsten Schīn.
Kĭ-fù‘s Loblied auf Tschúng-schan-fù.
Loblied auf den Fürsten von Hân.
Scháo-Hù‘s Siegszug und Belohnung.
König Siuân’s Krieg und Sieg.
Schlimme Zustände.
Des Reiches Verfall.
Vierter Theil: Feiergesänge.
Erstes Zehent: Feiergesänge von Tschēu.
Zum Opfer für König Wên.
Wên’s Vorbild.
König Wên’s Gebote.
Der König an die Opferhelfer.
Beim Opfer für König Thái.
Beim Opfer für König Tschhîng.
Beim Opfer für König Wên zu Ehren des Himmels.
Opfergesang des Tschēu-Fürsten anstatt des abwesenden Königs Wù.
Beim Opfer zu Ehren der Könige Wù, Tschhîng und Khāng.
Beim Opfer zu Ehren Héu-tsĭ‘s.
Zweites Zehent: Feiergesänge von Tschēu.
Zum Frühlingsopfer.
Frühlingsopfer. Zu Ehren des Königs Tschhîng.
Zur Begrüßung königlicher Opfergäste aus den beiden vorigen Dynastieen.
Dank für reiche Ernte.
Die Musik der Blinden.
Zum Opfer der Fisch-Erstlinge im Ahnentempel.
König Wù‘s Opfer zu Ehren seines Vaters Wên.
Erscheinen der Fürsten beim Opfer König Tschhîng’s zu Ehren seines Vaters Wù.
Begrüßung des Fürsten von Súng aus dem Hause der Schāng.
Beim Opfer zu Ehren Königs Wù.
Drittes Zehent: Feiergesänge von Tschēu.
König Tschhîng’s erstes Ahnenopfer nach der Trauerzeit.
König Tschhîng’s Gebet an seinen Vater.
König Tschhîng’s Vorsätze.
König Tschhîng bekennt seinen Fehl.
Der Landbau als Quelle der Opfergaben.
Der Landbau nochmals.
Zum Opfermahle.
König Wù.
Zu Ehren König Wù‘s.
Zu Ehren König Wên’s.
Tschēu’s Herrlichkeit.
Viertes Buch: Feiergesänge von Lù.
Der fürstliche Pferdezüchter.
Bei einem Hoffeste.
Lobgesang auf einen Fürsten von Lù.
Lobgesang auf den Fürsten Hi von Lù.
Fünftes Buch: Feiergesänge von Schāng.
Beim Opfer zu Ehren König Thâng’s.
Gleichfalls beim Ahnenopfer für König Thâng.
Beim Ahnenopfer.
Zum Ahnenopfer des Schāng-Hauses.
Zu Ehren Wù-tīng’s im neuen Tempel.

Einleitung.

Allgemeines.

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Aus einer uralten Culturwelt unmittelbare Stimmen damals Lebender zu vernehmen, die uns deren Umgebungen und Verhältnisse, Gedanken und Gefühle, Leiden und Freuden in dichterisch erhöhter Stimmung vergegenwärtigen, wird für den Gebildeten immer von großem Interesse sein, um so mehr, wenn diese Äußerungen auch als Gedichte werthvoll und eigenthümlich sind. Beides ist der Fall mit den Liedern des Schī-kīng, des kanonischen Liederbuches der Chinesen.

Die Sammlung, wie sie vorliegt, ist durch Khùng-tsè oder Khùng-fu-tsè, den man als Confucius verlateint hat, um 483 v. Chr. abgeschlossen worden. Von den darin aufbewahrten Gedichten stammen dreihundert und vier aus dem Zeitraume vom zwölften bis siebenten Jahrhundert v. Chr., fünf aus noch höherem Alterthume; sechs sind verloren gegangen.

Ähnliche Sammlungen, ungefähr gleichen Alters und Ansehens, besitzen wir nur noch in den Psalmen der Ebräer und dem Rigvêda der Inder. Sind aber diese beiden, wenn auch auf sehr ungleichen Stufen, von hohem religiösem Geiste erfüllt, so tritt derselbe in den chinesischen Liedern beträchtlich zurück. Sie sind zumeist weltlicher Art. Dafür sind sie auch frei von allem eigentlich mythologischen Wesen, bewegen sich, einiges Sagenhafte abgerechnet, auf dem festen Boden der Wirklichkeit und stehen unserm Verständniß, unserer Gefühlsweise oft näher, als man bei dem großen Abstande der Zeit und der Volksart voraussetzen sollte. Man sieht auch hier, wie das rein Menschliche unter allen Zonen und zu allen Zeiten sich gleich bleibt.

Indeß kann kein Dichter, wer er auch sei, ich dem entziehen, was als Glaube, Gebrauch, Sitte, Lebensordnung und Überlieferung seine Mitlebenden bedingt. Ja, er muß, um zu fassen und gefaßt zu werden, alles dies voraussetzen als ein ihm und seinen Hörern gemeinsames Element, auf das er nur hinzudeuten, nur anzuspielen braucht, um sofort des vollen Verständnisses gewiß zu sein. Eben darin muß er aber dem Leser einer ganz andern Nation nach Jahrtausenden unverständlich sein.

Nun ist zwar nicht versäumt worden, das Besondere und Besonderste dieser Art in den Anmerkungen zu den übersetzten Liedern zu erläutern; das Allgemeine jedoch, aus dem das Besondere erst gleichsam zusammengerinnt, konnte dort keinen Platz finden. Eine einleitende Darstellung desselben, dem sich dann anzuschließen hat, was über das Schī-kīng selbst zu sagen ist, erscheint daher unerläßlich. Dabei kann es nur Absicht sein, unter Vermeidung alles gelehrten Beiwerks den Leser mit jener altchinesischen Welt insoweit bekannt zu machen, daß sie ihn nicht befremdet, ihm nicht unerklärlich ist, wo sie sich nach ihren Eigenthümlichkeiten in den Liedern abspiegelt.

Denn auch wer das gegenwärtige chinesische Wesen und Leben kennt, kennt noch nicht das alte. Es ist zwar herkömmliche Meinung, daß in China von jeher alles unverändert fortbestanden habe, ja, das Festhalten der Sitten und Einrichtungen des Alterthums ist sogar chinesisches Dogma; dennoch hat sich auch dort fast alles umgestaltet. Die völlige Änderung der Reichsverfassung mit ihrem zugeschärften Centralismus und Bureaukratismus und den jedes dritte Jahr stattfindenden Beamtenversetzungen, die Überwucherung der alten Glaubensformen durch den Buddhismus, religiöse Abstumpfung und Gleichgültigkeit bei den Gebildeten, allerlei absurder Aberglaube beim Volke, die weitverbreitete Sittenverderbniß, überdieß die häusliche Einschließung der Frauen und deren künstliche Fußverkrüppelung, die Zöpfe und das Opiumrauchen der Männer, – alles dieß und noch vieles Andere ist jüngeren Datums und zum Theil vom Auslande her eingeführt.

So einfache und anfängliche Zustände jedoch, wie die Vêda der Inder uns zeigen, finden sich weder in dem Zeitraume, in welchem unsere Lieder entstanden sind, noch in dem ganzen chinesischen Alterthume, über das wir zuverlässige Quellen haben. Denn was spätere Zeiten von den Ursprüngen chinesischer Civilisation erzählen, ist ohne geschichtlichen Werth. Im 22. Jahrhundert v. Chr., wo die urkundliche Geschichte beginnt, sehen wir bereits wolgeordnete öffentliche, wirthschaftliche und häusliche Zustände, die nur Ergebniß einer langen Vorentwicklung sein können.

Die Chinesen konnten sich dem Ausbau ihrer weltlichen Verhältnisse um so früher, um so aufmerksamer widmen, als ihnen jene kaum bewußte, aber vom Irdischen abziehende Geistesentwicklung fremd blieb, durch welche die übrigen alten Culturvölker zu ihren Mythologien gelangten. Allein wie das religiöse Bewußtsein der Menschen auch beschaffen sei, immer bleibt es das Grundbedingende ihrer Lebensgestaltung. Nach ihm messen und beurtheilen sie selbst die letztere, wenigstens in Zeiten ernster Einkehr und gesteigerter Selbstbesinnung, und diese werden dadurch bestimmend für das Leben. So dürfte denn auch hier mit diesem Gegenstande zu beginnen sein.

Zuvor aber müssen wir denselben bestimmter abgränzen.

Gegenwärtig nehmlich bestehen in China, außer dem später eingedrungenen Islam, drei Religionen. die der Sjû1 oder der Gelehrten, sodann die Taò-Lehre, endlich der Buddhismus; und der Höfliche sagt dort zu dem Andersgläubigen, der Aufgeklärte, der nichts mehr glaubt, zu Jedem, der es hören will. »Sān kiáo jĭ kiáo«, d.h. die drei Religionen sind Eine Religion. – Der Buddhismus aber ist erst um 65 n. Chr. zur Ausbreitung gekommen, und die Taò-Lehre, obgleich in ihrem Kerne wahrscheinlich uralt, ist eine so tiefsinnige theosophische Speculation, daß ihre Bekenner wol nie zahlreich gewesen sind. Da nun auch keins ihrer Lieder in das Schī-kīng aufgenommen ist, so können wir diese Lehre gleichfalls übergehen und uns auf den Glauben beschränken, den das Liederbuch allein kennt und der im Alterthume allgemein verbreitet war, weßhalb er damals auch noch nicht als Glaube der Gelehrten, als Sjû kiáo, bezeichnet wurde. Das Wort Sjû, sowie das Schriftzeichen dafür, kommt in den klassischen Büchern vor Khùng-tsè nicht vor.

Fußnoten

1 Mit Sj wird hier der weiche Zischlaut des französischen j bezeichnet.

Religion und Cultus.

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Die Religion des chinesischen Alterthums kennt keine Mythologie, aber auch keine Offenbarung und weiß dennoch nur von Einem Gott. Auch darin, wie in manchem Andern, scheint das »schwarzhaarige Volk« Erbe der ältesten Menschheit zu sein. Ihm ist Gott auch nicht Nationalgott, und es kennt ihn so sehr nur als den Alleinigen und Einzigen, daß es nicht einmal einen Gattungsnamen für ihn hat. Es nennt ihn Tí, den HErrn oder Herrscher, Schàng Tí, den Höchsten HErrn, oder Thiân, den Himmel, mit dem Bewußtsein, daß jeder dieser Namen dasselbe Eine höchste Wesen bezeichne. – Hat man neuerdings die Bezeichnung »Schàng Tí« oder »Ti« durch »Gott« übertragen, so ist das nicht falsch, aber doch insofern ungenau, als es den bedeutsamen Eigennamen durch einen Gattungsnamen ersetzt. –

Der Höchste HErr nun, oder der Himmel, ist allherrschend und Niemand kann ihm widerstehen. Er ist bewußter Geist, der Alles sieht, hört und auf das lichtvollste erkennt. Er will und wirkt, doch ohne Laut und ohne Geruch, d.h. unkörperlich. So ist er allgegenwärtig, denn er geht mit dem Menschen aus und ein und ist über und unter ihm. Er giebt dem Menschen das Leben und den Völkern das Dasein. Alle Tugend und Weisheit stammt von ihm. Keinen bevorzugt er, hasset auch Keinen; aber er liebt, die ihn fürchten, belohnt und segnet die Guten. Der Bösen Frevel erzürnen ihn und er bestraft sie. So kommt von ihm aller Segen, von ihm alles Unglück. Er sieht den Weltgang voraus setzt demzufolge die Bestimmung der Menschen und beschließt über sie, je nachdem sie seinem Willen gehorchen. Darum regieren auch die Könige aus seinem Auftrage, und nach ihrem Verhalten zu seinem Willen macht er sie groß oder stürzt er sie. Die Erkenntniß seines Willens wird durch die von ihm bestimmte Naturordnung, vornehmlich auch durch das allgemeine Volksbewußtsein vermittelt; ja, nach einem unserer Lieder (III. 1, 7) hat der Höchste HErr sogar drei Mal zu dem Könige Wên unmittelbar geredet; eine Angabe, welche freilich die späteren chinesischen Ausleger in die größte Verlegenheit setzt.

Diese Aussagen des altchinesischen Gottesbewußtseins gehören aber sämmtlich einer Zeit an, da noch nicht philosophirt und speculirt wurde. Sie geben daher auf viele Fragen, die damit erst auftauchten, keine Antwort. Überdieß mangelte es an einem religiösen Grundbuche, so wie an einer Priesterschaft, die eine Theologie hätte entwickeln können. Alles beruhte auf unvordenklicher Überlieferung, welche sich mannigfaltigen Cultushandlungen anheftete.

Einen Monotheismus im höchsten Sinne kann man diesen Theismus allerdings nicht nennen, dennoch war in ihm das höchste Wesen zu sehr nach seiner in sich beschlossenen Einheit und Einzigkeit aufgefaßt, um sich im Bewußtsein der Menschen mythologisch, mithin polytheistisch zersetzen zu können. Ebendeßhalb aber war es in seiner scharfen Unterschiedenheit von der Welt auch so unerreichbar und ohne Selbstmittheilung, weil ohne Offenbarung, – dann die erwähnten Reden desselben an König Wên stehen ganz einsam und fremdartig in der altchinesischen Literatur – daß zwischen ihm und der Menschenwelt für das religiöse Gefühl eine Kluft blieb, die durch ein Vermittelndes ausgefüllt sein wollte. Diesem Bedürfnisse kam der Glaube an die Fortdauer abgeschiedener Menschenseelen und an eine Menge von Naturgeistern entgegen. Beide wurden als Vertreter der Menschen bei dem Höchsten HErrn und als Ausrichter seiner Befehle gedacht. Ihre Gunst zu erlangen und zu bewahren war daher vom größten Interesse, weßhalb dieser Ahnen und Geniendienst im Glauben und Cultus der alten Chinesen einen eben so großen Raum einnahm, wie bei dem katholischen Volke mancher Gegenden der Heiligen-und Engeldienst, der zwar auch den Gottesdienst nicht verdrängt, aber breit, vielgestaltig und mit mancher Superstition behaftet in den Vordergrund tritt.

Unangezweifelt bestand der Glaube an die persönliche Fortdauer der menschlichen Geister nach dem Tode. Von ihnen heißt es: sie sind aufgestiegen, sind droben, sind im Himmel, – wobei dann der Himmel, wie auch sonst oft, nur die überirdischen Räume und nicht etwa den Höchsten HErrn bezeichnet. Aber sie sind mit diesem in unmittelbarer enger Verbindung, und von dem Könige Wên, dem vielgepriesenen, heißt es, er leuchte im Himmel und sei des Höchsten HErrn linke und rechte Hand. Die Ahnen nehmen Theil an dem Ergehen ihrer Nachkommen und sorgen für sie, solange dieselben sich ihrer Gunst würdig erweisen. Man kann nie wissen, ob sie nicht anwesend sind, aber zu den fehllos und rechtzeitig dargebrachten Opfern steigen sie allemal hernieder, freuen sich ihrer und vergelten sie mit Glück und langem Leben. Die Geister der ältesten Kaiser nehmen einen besonderen Rang ein. Manche Heroengeister sind ganzen Lebensgebieten vorgesetzt; so der »Vater des Feldbaues«, des Krieges, der Pferdezucht. Insbesondere sind es die Ahnen des eigenen Hauses, vornehmlich die sechs nächsten und der allerälteste, denen in jeder Familie, vom Kaiser bis herunter zum Geringsten, gehuldigt wird. Sie bleiben in so nahem Verhältnisse mit den Lebenden, daß diese ihnen jeden Entschluß, jedes Ereigniß von Wichtigkeit ausdrücklich anzuzeigen für Pflicht erachten. Es wird ihnen sogar der höhere Rangtitel beigelegt, den die Nachkommen erlangen.

Ein Näheres über den jenseitigen Zustand der Abgeschiedenen erfahren wir nicht, wie denn auch von einer Unseligkeit oder Bestrafung der Bösen im Jenseits nirgends geredet wird. Belohnung und Bestrafung des sittlichen Verhaltens wurden so sehr nur in das Dießseits verlegt, daß man wol die Strafe der Bösen bei ihrem Tode schon für abgebüßt ansah. Vielleicht verhielt man sich auch solchen Fragen gegenüber aus Pietät naiv ablehnend.

Der klare und bewußte Theismus der alten Chinesen bewahrte sie vor der Vergötterung der Kräfte und Erscheinungen der sinnlichen Welt, und dieß dürfte ein starker Beweis für die Alterspriorität jenes Gottesbewußtseins sein. Eben so fern war ihnen aber auch eine todte materialistische Anschauung der Naturwelt. Sie dachten sich vielmehr diese und ihre Gebilde überall durchwirkt und belebt von seelenhaften Geistern, Genien oder Dämonen, deren Erscheinung die Naturgestalten selbst seien, in und mit denen sie auch geehrt und angerufen wurden. So werden als Geister des natürlichen Himmels Sonne, Mond, Planeten und einzelne Sternbilder verehrt, als irdische Geister vor Allem die Erde selbst, die vier Weltgegenden, dann Berge und Höhen, Wälder und Thäler, Meere, Flüsse und Quellen; auch giebt es einen Schutzgeist der Wege und Reisen, einen Genius der Dürre u.s.w. Diese Naturgeister folgen den allgemeinen Gesetzen und besonderen Geboten des Höchsten HErrn, sie haben Verstand, nehmen Antheil an den menschlichen Dingen und wirken auf dieselben ein, und darum wird mit Opfern und Anrufungen auch ihre Gunst gesucht, werden große Unternehmungen auch ihnen angezeigt. Immer aber werden sie, wie mächtig auch, doch endlich und beschränkt gedacht und durchaus unterworfen dem unendlichen und unbeschränkten Höchsten HErrn.

Denn wenn sie heraustreten aus ihrem wolthätigen regelmäßigen Gange, wenn Erdbeben und Bergstürze, verheerende Stürme, Dürre oder Überschwemmungen, Hungersnoth und Sterben, Sonnen-und Mondfinsternisse die Menschen schädigen oder schrecken, so sind das mahnende Zeichen, daß der Himmel unzufrieden ist mit dem Verhalten der Menschen und ihnen zürnt. Bei solchen Mahnungen sollen sie daher, insbesondere die Regierenden, sich selbst prüfen, ihre Sünden erkennen, Buße thun und dadurch, sowie mit Opfern und Gebeten, den Höchsten HErrn zu versöhnen trachten.

Aber auch dem Besten kann Mißerfolg und Unglück begegnen, wenn er aus menschlicher Kurzsichtigkeit unrichtig handelt oder auch das Rechte zur unrichtigen Zeit thut. Wer möchte daher nicht im Vor aus wissen, ob er bei einem Vorhaben die richtige Wahl, bei dessen Ausführung die richtige Zeit treffen werde? Darum finden wir von Alters her bis heute überall Orakel verschiedenster Art, die über das Künftige Aufschluß geben sollen, damit man sein Thun demselben gemäß mache. Bei den alten Chinesen galt es nicht bloß als Klugheit, sondern auch als Pflicht, bei jedem wichtigeren Vorhaben die Weissagung zu befragen, zuerst ob sie es überhaupt und in welcher Weise billige, sodann welches die Glückstage seien, die das Gelingen sicherten. Man entnahm den Schicksalsspruch aus den Rissen einer gerösteten Schildkrötenschale sowie aus den Blättern des Schikrautes, unsrer gemeinen Schafgarbe. An Höfen war dafür ein kundiger Weissager angestellt, doch scheint die Auslegung der Orakel allgemein bekannt gewesen zu sein. Jetzt kennt man sie nicht mehr.

Die kommenden Dinge kündeten sich aber auch wol ungesucht an, und zwar durch Träume, zu deren Auslegung ebenfalls besondere Traumdeuter verordnet waren. Eine Bemerkung in dem alten Schū-kīng zeigt uns, daß die Sendung eines prophetischen Traumes auf den Höchsten HErrn zurückgeführt wird.

Je lebendiger bei kräftig und innig empfindenden Menschen die Vorstellung einer höheren Macht ist, deren segnende Güte erfahren zu haben, deren Unwillen erregen zu können sie überzeugt sind, desto mehr werden sie sich gedrungen fühlen, ihrerseits derselben mit Dank und Furcht entgegenzukommen und ihr die Aufrichtigkeit dieser Gefühle tatsächlich zu erweisen. Der natürliche Ausdruck hierfür sind die Opfer, die darum so alt sind wie die Menschheit und auch bei den Chinesen schon im grauesten Alterthume stattfanden. Nicht minder natürlich ist es, daß die Opfer mit Weihungen und Gebeten begleitet werden, welche den Sinn und die Absicht des Darbringenden aussprechen.

Man hat gemeint, Häufigkeit der Opfer, eine feste Opferordnung und ein reich ausgebildetes Opferceremoniel müsse stets Erfindung einer Priesterschaft sein, die damit wol auch allerlei eigennützige Zwecke verfolgt habe. Dieß wird durch die alten Chinesen widerlegt. Denn während sie jene Dinge im vollsten Maße besaßen, hat es bei ihnen nie einen Priesterstand oder auch nur einzelne Priester gegeben. Alles priesterliche Thun war Sache des Hausvaters, der unter Beistand seiner Nächstverwandten für sich und alle ihm Zugehörigen opferte, – was abermals nur eine Fortsetzung ältester menschlicher Zustände sein dürfte. Nun aber zeigt sich sofort, wie den alten Chinesen dieses priesterliche Handeln mit dem durchgängigen Patriarchalismus ihrer Reichsordnung zusammenschmolz und durch diesen bestimmt wurde. Denn an der öffentlichen Stellung des Hausvaters stieg die Bedeutendheit seiner Opfer sowie seine Berechtigung zu denselben. Wenn den Ahnen jeder Hausvater opfern durfte, so durften nur die Großen, die Hochgestellten auch den Schutzgeistern des Hauses, nur die Reichsfürsten den Geistern des Bodens und Feldbaues, der Berge und Flüsse ihres Landes, und nur der Kaiser auch noch dem Himmel oder dem Höchsten HErrn, der Erde, den vier Weltgegenden und den Hauptgebirgen und großen Strömen des Reiches opfern. Daß auch der Fürst von Lù dem Höchsten HErrn opferte, war nur eine zugelassene Unregelmäßigkeit. Von Rechts wegen stand es allein dem Kaiser zu und er brachte dieß Opfer bei der Sommer-und Wintersonnenwende, wahrscheinlich auch bei Frühlings und Herbstes Anfang.

Alle Opfer, die dem Kaiser allein oder auch den Reichsfürsten vorbehalten waren, wurden unter freiem Himmel auf einem Erdaltare dargebracht. Tempel gab es weder für den Höchsten HErrn noch für die Naturgeister. Nur die Geister der Ahnen, die noch immer als zur Familie gehörend betrachtet wurden, hatten ihre besonderen Hallen oder Tempel und zwar beim Kaiser sieben, bei den Reichsfürsten fünf, drei bei den Großen, einen bei den übrigen Beamten. Dem einfachen Unterthan vertrat deren Stelle ein bestimmter Platz im Innern seines Hauses. Die Tempel, welche aus einer Vorhalle, einem Hauptsaal und einem hinteren Chor bestanden, enthielten weder Bilder noch Bildsäulen, doch bei den Feierbegängnissen eine Menge mannigfaltiger, zum Opferdienst erforderlicher Gefäße und Geräthe; auch Matten zum Sitzen für die Opfernden und Opfergäste und Lehnsitze für die Hochbejahrten. In ihnen wurde von den Vornehmen, im Hause von dem gemeinen Mann im ersten Monat jeder der vier Jahreszeiten den Geistern der Vorfahren geopfert.

Da in unsern Liedern eigentlich nur von den kaiserlichen Ahnenopfern die Rede ist, so wird eine kurze Beschreibung derselben hier genügen, wobei die unendlichen Einzelheiten des Ceremoniels wie sie das alte Jî-lì ausführlich enthält, übergangen werden mögen.

Nach Befragung der Weissagung über die Wahl des Tages und der Opferthiere bereiteten der Kaiser und seine Opferhelfer durch Fasten und allerlei Reinigungen sich zu der Feier vor, an welcher auch die Kaiserin und die Nebenfrauen theilnahmen, und erschienen zu derselben dann in der vorgeschriebenen Kleidung, die für jede Opferart verschieden bestimmt war. Als Opfergäste pflegten sich die Reichsfürsten zahlreich einzustellen, die schon bei ihrem Eintreffen feierlich empfangen waren. Ein besonderer Werth wurde auf die Anwesenheit der Nachkommen früherer Dynastien gelegt. Die erforderlichen Verrichtungen geschahen jedoch in der Regel von Mitgliedern des kaiserlichen Geschlechts. Außer den Opferbeamten waren alle Großen des Hofs und des Reiches gegenwärtig, und bei Aufstellung der Anwesenden wurde die strengste Etikette nach Rang und Alter beobachtet. Die Fürsten und Großen hielten dabei gewisse Würdenzeichen in der Hand, die man als Scepter und Halbscepter bezeichnet hat. Ein Halbscepter besteht aus einem eiförmig hohlgeschliffenen Nephrit oder Nierenstein, der, zierlich gefaßt und mit einem kostbaren Griffe versehen, auch zum Spenden der Trankopfer diente. Zwei derselben gegen einander gelegt, bildeten ein ganzes Scepter. An einem besonderen Platze standen zahlreiche Musiker, sämmtlich Blinde, welche auf Glocken und Pauken von ungleicher Größe, die an einem schön verzierten Gerüst hingen, sowie auf verschiedenen Blasinstrumenten spielten.

Nach einer Menge begrüßender Verneigungen und ceremoniösen Hin-und Hergehens begann die Handlung mit lauttönender Musik und Spenden von Trankopfern, wozu besondre Weine aus Hirse und Reiß dienten. Dadurch wurden die Ahnengeister herbeigerufen, und der »Beter«, ein besonderer Beamter, begrüßte, an der Hauptthür opfernd, ihren Einzug, den Niemand bezweifelte. Nach einer zweiten Trankspende holte der Kaiser selbst den rothen Opferstier herbei und dieser ward an einem Steinpfeiler festgebunden. Mit einem Messer, an dessen Griffe Glöckchen hin gen, schnitt er zuvörderst von dem Haare ab, um zu zeigen, daß der Stier die vorgeschriebene Farbe habe, tödtete ihn dann damit und löste, nachdem er geöffnet worden, das Fett heraus, welches mit duftender Stabwurz verbrannt wurde. Dem Opfer wurden noch eine Menge Schafe und Schweine hinzugefügt und das Fleisch der Thiere sofort mannigfaltig zubereitet. Dabei waren die Kaiserin und deren Begleiterinnen in schicklicher Weise beschäftigt, hatten aber alle Opferhelfer ihre gewiesenen Dienste zu leisten. War endlich die Opfermahlzeit aufgetragen, der noch allerlei Beigerichte und Leckereien hinzugethan wurden und der namentlich die Opferhirse, andre seine Hirsearten und Reiß nicht fehlen durften, so ließ man sich zum Mahle auf die am Boden ausgebreiteten Matten nieder. Von allen Speisen wurde auch den Ahnen, als ob sie leiblich noch gegenwärtig wären, ihr Antheil hingestellt.

Sie hatten aber auch ihren lebendigen Stellvertreter, – für welchen Rückert den treffenden Namen »der Todtenknabe«, als Übersetzung des chinesischen Schī, erfunden hat. Denn ein Knabe des kaiserlichen Hauses, am liebsten ein Enkel, nahm den Platz der Ahnen ein, empfing die ihnen gebürenden Ehren und wurde als von jenen gleichsam inspirirt angesehen. Er war mit dem Obergewande des von ihm besonders vertretenen Ahnherrn bekleidet, hatte einen vorzüglichen Ehrensitz, nahm an jenes Statt Speise und Trank und alle Huldigungen der Nachkommen entgegen, verkündete schließlich dem opfernden Familienhaupte die Zufriedenheit der Geister mit der Feier und verhieß ihm Glück und langes Leben.

Die ganze Feierlichkeit begleitete ein unendliches Neigen und Verbeugen, Knieen und Niederbücken, dazu Tänze oder tanzartige Umgänge, und sowol dabei wie bei verschiedenen andren Momenten der Handlung erklang Musik oder Gesang.

Bei der großen Opfermahlzeit, an welcher, dem Range nach einander ablösend, alle Anwesenden bis zu den Geringsten theilnahmen, herrschte eine anständige Munterkeit. Man trank einander zu und that Bescheid, man unterhielt sich und lachte. Der Kaiser mit seinen Nächstangehörigen scheint dabei nicht lange verweilt zu haben, denn wir wissen, daß er alsbald in einem andern Raume, wohin auch die Musik nachfolgte, sämmtliche Fürsten und Verwandte seines Hauses festlich bewirthete, wobei reichlich gegessen und getrunken wurde. Am folgenden Tage fand dann noch eine Opfermahlzeit zu Ehren des Todtenknaben statt.

Mit Recht bemerkt Legge von der in den Liedern enthaltenen Schilderung der Hauptfeier, sie sei eben so sehr die einer Gasterei als eines Opfers, und in der That seien diese großen vierteljährlichen Feste gewesen, was wir einen allgemeinen Geschlechtstag nen nen würden, an dem die Todten und die Lebenden zusammengekommen, miteinander gegessen und getrunken, die Lebenden die Todten verehrt und die Todten die Lebenden gesegnet hätten. So sehr dabei auf Würde und Anstand gehalten wurde, die auch das peinlich strenge Ceremoniel unterstützte, so war doch die Feier, ähnlich wie bei den alten Ägiptern, eine durchaus heitere, ja fröhliche, wie sich denn in der ganzen Religion der alten Chinesen nichts Finsteres oder Beängstigendes vorfindet; und daß dadurch nur der Glaube an die persönliche Unsterblichkeit erhalten, der Tod seiner Schrecken entkleidet, kindliche Ehrerbietung und Familiensinn gepflegt werden mußte, bedarf keines Nachweises.

Außer den erwähnten Hauptopfern gab es nun noch manche geringere, theils regelmäßig theils an besondre Anlässe geknüpfte, wie wenn vor einer Reise dem Schutzgeist der Wege, vor einer Schlacht dem »Vater des Krieges« geopfert wurde. Für solche Fälle waren die Feiergebräuche einfacher, obwol nicht minder bestimmt ausgebildet.

So war denn das ganze Leben jener alten Menschen mit Opfern und Gebeten durchzogen, welche ihm eine Weihe, eine Erhebung über das Gemeine ertheilten, die ihrer überwiegend für das Irdische und Praktische angelegten Natur ein wolthätiges Gegengewicht verliehen. Daß über den reichlichen Ahnen-und Geisterdiensten das reinere Gottesbewußtsein, die Verehrung des Höchsten HErrn und das Gebet zu ihm keineswegs verloren gingen, beweisen manche unserer Lieder, manche Stellen des alten Schū-kīng zur Genüge.

Sitten und Lebensweise.

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Kein Volk hat ohne eine starke sittliche Grundlage jemals eine eigne Cultur entwickelt. Manche Forderungen an das sittliche Handeln gehen schon aus der Behauptung der Persönlichkeit im Zusammenleben hervor. Niemand will sein oder der Seinigen Leben gefährdet sehen, Niemand in seinem Weibe oder seinem Eigenthume geschädigt, Niemand belogen oder betrogen werden. Solche Forderungen kann man nicht an Andere stellen, ohne vom Gewissen überführt zu werden, daß man selbst sie zu erfüllen habe. Dann aber erkennt man auch, daß man dieß vor allem wollen muß, und erhebt sofort die weitere Forderung, es solle von Allen gewollt werden. Aus der allgemeinen Anerkennung dieser Forderung entsteht das Sittengesetz.

Über diesen anfänglichen Zustand finden wir die alten Chinesen bereits weit hinaus. Von dem höheren, dem edlen Menschen verlangten sie Gottesfurcht und Beobachtung heiliger Bräuche, ein reines fleckenloses Leben mit würdiger Haltung auch in der Einsamkeit, Tapferkeit und unbestechliche Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Wolthätigkeit, Wahrhaftigkeit und Rechtschaffenheit in allen Verhältnissen.

Es ist aber nicht zu verwundern, wenn unter dem Einflusse der geschilderten Religionsanschauungen die Pietät, die ehrerbietige treue Hingebung, als die erste aller Tugenden und als die Grundlage aller Tugenden anerkannt wurde. Von Uralters nahm man fünf Grundverhältnisse der Menschen an, in denen sie sich zu erweisen habe und deren pflichtgemäße Beobachtung die allgemeine Lebensordnung bedinge. Es waren dieß die Verhältnisse zwischen Obrigkeit und Unterthanen, Eltern und Kindern, Mann und Weib, älteren und jüngeren Brüdern und zwischen Freunden. Davon galt die ehrerbietige Hingebung der Kinder an Vater und Mutter (das Hiáo), die treue Sorge für sie, wenn sie gealtert waren, als das Preiswürdigste und ist bis heute ein Grundzug des chinesischen Wesens, dessen mehr als viertausendjähriger ununterbrochener Bestand wol als eine Erfüllung der Verheißung des vierten Gebotes anzusehen ist. Auch diese Eigenthümlichkeit dürfte Zustände der ältesten Menschheit fortsetzen und erklärt zugleich die hohe Verehrung, die den Vorschriften, Einrichtungen, Sitten und Vorbildern des Alterthums zugewendet wurde. Sie war ebensosehr eine kräftige Förderung des Ahnendienstes, als dieser wiederum sie in lebendiger Übung erhielt, und sie hatte die natürliche Folge, daß auch unter den Mitlebenden die Alten überall geachtet und geehrt wurden. Unsre Lieder zeigen, daß diese fromme Kindespflicht nicht bloß sittliche Forderung, sondern wirklicher Herzensdrang war. Wie oft beklagen Krieger im Felde, daß sie nun ihre Eltern nicht nähren und pflegen können, und sogar ungerathene Söhne klagen sich an, daß sie der Mutter Kummer bereiten.

Nun war es aber eine andere, gleichfalls schon alte Eigenthümlichkeit der Chinesen, möglichst Alles, auch sittliche Verhältnisse, unter gewisse unverbrüchliche Formen und Formeln zu bringen. So wir denn auch, was nur als freie Bethätigung unbegränzter Liebe Werth hat, die selbstloseste Hingebung, die bescheidenste Unterwürfigkeit des Sohnes gegen den Vater zur gesetzlich formulierten Forderung. Der Sohn ist ganz unselbständig und abhängig vom Vater, nach diesem von der Mutter, und das erstreckt sich, wenn er verheirathet ist, auch auf seine Frau. Neben dem Stammnamen erhält ein Sohn bei seiner Geburt einen Kindheitsnamen, mit dem zwanzigsten Jahre aber einen Ehrennamen, mit welchem er von da an von Anderen angeredet wird, während er auch dann, von sich selbst sprechend, aus Bescheidenheit sich wol mit seinem Kind heitsnamen bezeichnet. Ein Verstorbener erhält einen ihn ehrenden Todtennamen, mit welchem er unter den Ahnen der Familie aufgeführt wird. Beim Tode der Eltern war in alter Zeit eine einjährige, nur beim Kaiser eine dreijährige Trauer vorgeschrieben, doch wurde diese später allgemein. Während derselben mußte man sich den öffentlichen Geschäften und mancherlei Genüssen entziehen und in durchaus weißer Kleidung einhergehen. Die Unterlassung dieses Gebrauches wurde als ein Zeichen des Sittenverfalls beklagt; wie es denn freilich einen Mangel kindlicher Pietät anzeigt.

Da nur die Söhne die Familie fortsetzen und vornehmlich ihnen die kindlichen Pflichten beim Leben und nach dem Tode der Eltern zufielen, während die Töchter durch Heirath aus der Familie traten, so wurde nur auf die Geburt von Söhnen ein wirklicher Werth gelegt, Töchter fanden wenig Beachtung. Um Söhne zu erhalten, damit das Geschlecht fortdauere, war daher die Verehelichung von größte Wichtigkeit und galt allgemein als Pflicht, auch als Pflicht gegen die Vorfahren, die auch künftig der schuldigen Ehren und Opfer nicht entbehren sollten.

Schon frühe scheint man bemerkt zu haben, daß Ehen unter Verwandten und in zu großer Jugend geschlossen, schädlich seien für die Kraft und Gesundheit der Nachkommen. Die Verbindung eines Paares von demselben Familiennamen war daher unerlaubt, und obgleich dem Sohne mit dem zwanzigsten Jahre der Männerhut, der Tochter mit dem fünfzehnten die Nestelnadel feierlich übergeben wurde, um sie dadurch für Erwachsene zu erklären, so war es doch Regel, daß der Mann mit dem dreißigsten, das Mädchen nicht vor dem zwanzigsten Jahre heirathete.

Hierzu bedurfte der Mann der Einwilligung seiner Eltern, und waren sie gestorben, so wurde dieselbe von ihren Geistern an der geweiheten Stätte feierlich erbeten. Zunächst war es dann erforderlich, daß durch eine dritte Person die Werbung bei den Eltern des Mädchens angebracht wurde und diese ihre Zusage ertheilten. In der alten Zeit beruhte die Wahl selbst wol meist auf gegenseitiger Neigung; denn unsre Lieder zeigen, daß damals die Geschlechter keineswegs streng von einander abgeschlossen gewesen seien, daß vielmehr ein freier und natürliche. Verkehr unter ihnen stattgefunden habe, Liebesverhältnisse auch nicht selten gesucht, angeknüpft und bis zur Ehe fortgeführt wurden. Nach angenommener Werbung erfolgten feierliche Besuche des Bräutigams bei dem Brautvater, zuerst um die Zustimmung der Ahnen zu erwirken, dann zur Feststellung der Familiennamen, ferner zur Befragung des Looses; Geschenke für die Braut wurden übersendet; endlich durch die Weissagung ein glücklicher Tag für die Hochzeit ermittelt. Zu diesem bereitete sich das junge Paar durch Fasten und Reinigungen vor; wenn er erschien, kleideten beide sich in purpurrothe Seide und allerlei Schmuck, die Mutter that der Braut eine Schärpe um, der Bräutigam holte sie in einem besondern Wagen ab und fuhr ihr dann nach seiner Wohnung voraus. Hier empfing er sie, führte sie binein zu seinen Eltern, stellte sie den Geistern seiner Ahnen vor, und dann ward mit Verwandten, Freunden und Nachbarn ein festliches Hochzeitmahl gehalten. Später Aufzeichnungen schreiben bei dem Allen vielerlei Feiergebräuche und Förmlichkeiten vor, von denen indeß unsre Lieder kaum etwas andeuten. Wahrscheinlich nahmen dieselben mit dem Range des Bräutigams zu, reichten zum Theil aber wol nicht bis in das Alterthum hinauf. Nach einigen Liedern scheinen sie ziemlich läßlich behandelt, gelegentlich auch wol umgangen worden zu sein. Übrigens waren für die Eheschließungen auch bestimmte Zeiten im Jahre vorgeschrieben Auf die Erfüllung eines Eheverlöbnisses konnte geklagt werden, dann mußte aber auch allen herkömmlichen Bräuchen genügt sein.

Jeder Verheirathete hatte nur Eine vollberechtigte Frau, womit sich das untere Volk in der Regel begnügte. Doch waren Nebenfrauen, die dann mit einfacheren Feierlichkeiten geheirathet wurden, gestattet, ja sie gehörten bei dem Kaiser, den Fürsten und Hochgestellten zur Vollständigkeit des Hof-und Haushalts. Jedenfalls wurde nicht bloß die Versorgung der Töchter, sondern auch Zucht und Sittlichkeit durch fieses Institut befördert. Mag es aber, wie es auch noch besteht, unsern Begriffen von der Ehe widerstreben, so sollten wenigstens die nicht so entrüstet darüber auffahren, die vor der Vielweiberei des Königs David und andrer heiliger Männer des alten Testaments andächtig die Augen zuschließen. Auch war dieß Verhältniß in China schon in der alten Zeit rechtlich besser geordnet, als jemals im Volke Israel. Die Nebenfrauen waren der eigentlichen Gemahlin untergeordnet, ihre Kinder gehörten dieser und galten daher als völlig legitim. Allerdings konnte dieß Verhältniß schwere Mißstände für die erstberechtigte Gattin herbeiführen, wenn etwa eine Nebenfrau von dem Mann mehr als billig begünstigt wurde, wenn sie ihre Söhne den andern vorzudrängen wußte; allein es finden sich auch Beispiele der zärtlichsten Freundschaft zwischen der Gemahlin und einer Nebenfrau.

In dem Verhältnisse der Frau zum Manne zeigt sich, wie die kalte Härte des Gebotes vom warmen Leben menschlicher Zuneigung aufgelöst wird. Die Frau sollte zu dem Manne stets als zu ihrem »hohen Herrn« mit Ehrfurcht hinaufblicken, sie war ihm zu Unterwürfigkeit und strengem Gehorsam verpflichtet. Unsre Lieder aber geben reichliche Zeugnisse von sehr glücklichen Ehen, von dem vertraulichsten Einverständnisse der Gatten bei einer sehr würdigen Stellung der Frau, von liebevoller Anhänglichkeit bald auf der einen, bald auf der anderen Seite, und das Verlangen nach dem im Kriege oder im Reichsdienste abwesenden Manne spricht sich wiederholt auf das anmuthigste aus. Indeß wird uns auch der Tadel unwürdiger, werden uns Klagen vernachlässigter, zurückgesetzter, ja verstoßener Frauen nicht vorenthalten.

An Bildern fraulicher Beschäftigungen im Hause und für das Haus fehlt es nicht. Darin thätig und rührig zu sein, galt auch im alten China als löbliche Pflichterfüllung. So sehen wir die Frauen jedes Ranges geschäftig bei der Pflege der Seidenwürmer, bei der Anfertigung von Geweben und Kleidung, beim Einsammeln von Kräutern und Pflanzen zur Nahrung und zum Opferdienst, bei der Bereitung von Speisen, Einmachen von Früchten, und was sonst dahin gehören mag. Die Frauen der Ackerleute halfen auch bei den Feldarbeiten.

Starb der Mann, so konnte die Wittwe sich wieder verheirathen; allein es galt als preisenswerth, dieß abzulehnen, und edle weibliche Gemüther verharrten trotz alles Drängens auch dann bei ihrer Trauer und ihrer Treue.

Was die Beschäftigungen der Männer anlangt, so gedenken wir zunächst der zahlreichen Classe der Gebildeten, welche aus den Abkömmlingen der vielen Fürstenhäuser und der überaus großen Beamtenschaft hervorging, und gegenüber den Ständen der Ackerbauer, Handwerker und Kaufleute einen besonderen Stand ausmachte, sich in einzelnen Fällen auch wol aus diesen Ständen rekrutirte. Es war dieß eine Aristokratie im besten Sinne, da von jedem Gebieten den oder Vornehmen Besitz und Förderung der Bildung verlangt wurde, und im Reiche nur die Gebildetsten auch die Mächtigsten wurden. In dieser Beziehung ward zwischen den Angehörigen der Fürstenhäuser und den Söhnen der Beamtenschaft kein Unterschied gemacht. Alle widmeten sich auf irgend eine Weise dem öffentlichen Dienste im Frieden oder Kriege und mußten den Dienst von unten auf beginnen. Sie verharrten dann entweder lebenslänglich darin, oder zogen sich später auch wieder in das Privatleben zurück.

Für Anstellung und Beförderung entschied nicht das Wissen allein. Es zeugt von ächter Weisheit, daß die Tüchtigkeit des Einzelnen nach der gleichmäßigen sittlichen, geistigen und körperlichen Ausbildung geschätzt wurde. Um diese erlangen zu können, bestanden Schulen durch das ganze Reich, und zwar nach Alter Fähigkeit und Lehrgegenständen fünffach abgestufte. In die Kleinschulen traten die Achtjährigen ein, die Funfzehnjährigen in die Großschulen. Wer in diesen sich auszeichnete, wurde in das Distriktslyceum, und wer in diesem, in die hohe Fürstenschule aufgenommen. Die vorzüglichsten Schüler der letzteren erhielten in der kaiserlichen Hochschule ihre völlige Ausbildung. Nur von den beiden letzteren Anstalten ist in den Liedern die Rede; alle aber waren eben so sehr Erziehungs-, als Lehranstalten, wie dieß die Rubriken zeigen, nach denen die Abgegangenen schließlich beurtheilt wurden. Es waren dieß 1) die sechs Tugenden: Verstand, Menschenfreundlichkeit, Weisheit, Wahrhaftigkeit, Maaßhalten und Einträchtigkeit; 2) die sechs Pflichten: kindliche Ehrerbietung, Treue in der Freundschaft, gütiges Benehmen, Verwandtenliebe, Zuverlässigkeit und Barmherzigkeit; 3) die sechs Wissenschaften und Künste: die religiösen und sonstigen Gebräuche, die Musik, das Bogenschießen, das Wagenlenken, das Schriftthum, wozu alle literarische Kenntnisse und die der Schriftzeichen und Schriftarten gehörten, endlich die Arithmetik. Diesen Stücken scheint Manches ungerechnet worden zu sein, von dem wir jedoch nur unbestimmte Nachrichten haben. Das spätere Examinationswesen bestand im alten Reiche noch nicht. Man befragte das Urtheil der Lehrer und die Stimme des Volkes.

Wie wir wissen, durften die Söhne der anderen Stände an dem Unterricht in den Schulen teilnehmen; wiederum mußte auch der höhere Stand bei den eigentümlichen Besitz-und Besoldungsverhältnissen genauere Kenntnisse von der Landwirthschaft haben, auf welche der bei weitem größte Theil der Bevölkerung ebenfalls angewiesen war. Von jeher hielt man den Ackerbau hoch in Ehren. Man erkannte, daß er die Grundlage eines gesunden Volkskörpers sei, und die aufmerksame Pflege, die man ihm widmete, hatte ihn früh vervollkommnet. Der genau eingetheilte Boden wurde mit Pflug und Karst trefflich bearbeitet und für den Reiß mit Bewässerungsanlagen versehen. Die Getraidearten unterschied man sorgsam, behandelte jede ihrer Natur gemäß und reinigte die aufgegangenen Saaten fleißig von Unkraut und Ungeziefer. Nicht mindere Sorgfalt wurde der Ernte zugewendet, sowie der Aufbewahrung des Geernteten theils in Speichern, theils in Feimen. Allerlei Nutzpflanzen zur Nahrung, zu Geweben, zum Färben, wie Anil oder Indigo und Krapp, wurden gleichfalls angebaut. Es werden mancherlei Gemüse erwähnt, wie sie auch uns nicht fremd sind, Melonen und mehre Kürbißarten wurden gepflegt, Fruchtbäume, wie Kastanien, Pfirsich-, Kirschen-, Mispel-, Pflaumenbäume wurden gezogen, ebenso der Maulbeer für die Seidenzucht.

Auch die Viehzucht erfreute sich aufmerksamer Pflege. Jenseits der Ackerländereien lagen große Weidepläß für Pferde, Rindvieh, Schafe und Schweine. Zahmes Geflügel belebte die Umgebung der Wohnungen und auch an Hunden fürs Haus und zur Jagd fehlte es nicht. – Merkwürdig ist es, daß sich schon in den ältesten Zeiten der Gebrauch findet, das Eis in Kellern oder Gruben für die heiße Jahreszeit aufzubewahren, um sich dann Kühlung damit zu verschaffen.

Das Vorhandensein vielartiger Gewerbe erweist sich aus der Erwähnung ihrer Erzeugnisse. Es gab Bau-und Zimmerleute, Ziegler und Töpfer. Metalle, edle und geringere, wurden gewonnen und verarbeitet zum Gebrauch wie zum Schmuck; man kannte bereits Vergoldung. Eisen war schon vor dem zwölften Jahrhundert v. Chr. in Verwendung. Kostbare Steine wurden geschliffen und gravirt. Arbeiten aus Holz und Bambus sowie das kunstreiche Flechten von Körben und den viel angewandten Matten mußte zahlreiche Hände beschäftigen. Leder und Pelze wurden gegerlei und für mancherlei Gebrauch zubereitet. Die Färbereien lieferten ihre Produkte. Wagen und Waffen wurden hergestellt und mit allerlei Zierrath geschmückt. Musikalische Instrumente wurden verfertigt. Und so wäre noch Manches zu nennen, was einen schon beträchtlich ausgebildeten Zustand gewerblicher Thätigkeit bezeugt.

Während sich nun erklärlicher Weise in den Städten, wo Fürsten oder höhere Beamte ihre Sitze hatten, das Gewerbe sammelte, die ackerbauende Bevölkerung aber in Dörfern und Weilern seßhaft war, und doch jeder Theil sich auf die Erzeugnisse des anderen angewiesen sah, mußte sich bald, um beiden zu genügen, ein Handelsstand als Vermittler darbieten, der sich dann ebenfalls in den Städten niederließ. Geregelte Markt ordnungen, feste Bestimmungen über Münze, Maaße und Gewicht, treffliche Landstraßen waren dem Aufkommen des Handels schon in den frühesten Zeiten günstig. Indeß machten die damaligen engeren Gränzen des Reiches den Bewohnern manche Produkte wünschenswerth, welche nur im Auslande zu erhalten waren, wo man dann wiederum chinesische Waaren begehrenswerth fand. Daraus erwuchs ein Handelsverkehr in entlegenere Länder, von welchem, wie das Schū-kīng zeigt, schon im elften Jahrhundert v. Chr. die Gesetzgebung Notiz nahm.

Wurde aber so eben der Wohnplätze gedacht, so darf die Bauart nicht unbeachtet bleiben. Auch bei dieser war Alles durch Herkommen und Gesetz geregelt und es bestand eine strenge Baupolizei. Die Bauart mach es erklärlich, warum os in China durchaus an baulichen Denkmälern und auch nur Trümmern derselben aus dem Alterthume gebricht. Denn nicht bloß Privathäuser, auch die Paläste und Ahnentempel der Fürsten waren Pisebauten. Ihre Mauern wurden aus Erde oder Lehm errichtet, der zwischen Leerwänden d.i. zwischen Gerüsten von übereinandergesetzten Brettern, eingeschürtet und festgestampft wurde. Aus Fichten-oder Cypressenholz bestanden die gezimmerten Deckbalken, auch die Thür-und Fensterrahmen sowie die Thüren. Fußböden und Wege in den Höfen waren mit Ziegeln gepflastert. Die Richtung der Häuser nach den Himmelsgegenden und die Stellung der Thüren und Fenster waren genau bestimmt. Die Städte mit ihren schnurgeraden Straßen waren von Wällen oder Mauern eingeschlossen und Gärten und Baumpflanzungen machten ihre Umgebungen freundlich Pflanzungen von Weiden-, Maulbeer-, Sandel-und dergleichen Bäumen scheinen sich bis in die Dörfer hineingezogen zu haben.

Draußen aber, in der freien Natur, wimmelten Flüsse und Seeen von Fischen vieler Art, die sich zum Fang boten, ausgedehnte Wälder und Haiden auf Bergen und unfruchtbarem Tieflande von allerlei wildem Gethier, das zur Jagd anlockte. Mit Reusen und Netzen wurde wol nur gewerbsmäßig gefischt und das Angeln mehr als ein mitbringendes Vergnügen betrieben. Dagegen sehen wir theils aus Liebhaberei, theils um der Beute willen rüstige, auch wol einmal überkühne Jäger dem Wiide nachstellen; sind sie vornehmeren Standes, dann auf ihren Wagen mit dem Viergespann, wobei, wie immer, alle vier Pferde nebeneinander geschirrt sind; sind es Fürsten, dann mit zahlreichen Teilnehmern in derselben Weise. Da es außer Hasen, Dachsen, Rothwild und Federwild auch Wildschweine, Wölfe, Bären, Nashörner und Tiger zu erlegen galt, so waren die Jagden nicht bloß eine Belustigung und nebenbei einträglich durch den Gewinn von Fleisch, Häuten, Pelzen, sie befreiten auch das Land von schädlichen und reißenden Thieren, übten zugleich die Kraft und Gewandtheit der Männer und wurden dadurch eine treffliche Vorschule für den Krieg, als welche sie auch ausdrücklich gepriesen werden.

Denn nicht immer war der Krieg zu vermeiden. Zwar wurde der Friede als ein hohes Gut geliebt und gepriesen, auch war man bei allem Triebe nach Macht und Gebietsvergrößerung überzeugt, die roheren Nachbarbevölkerungen für den Anschluß an das Reich durch den bloßen Einfluß der höheren Cultur allmählich zu gewinnen, weßhalb die alte Zeit keine Eroberungskriege kennt; dennoch waren bald Empörungen in entlegenen Provinzen niederzuwerfen, bald benachbarte wilde Stämme, die in das Reich einbrachen, zu bekämpfen und zurückzutreiben, und es gab Zeiten, in denen ein Krieg auf den anderen folgte. Wenn dann die Kriegsmacht aufgestellt ward; so wurden die Führer aller Grade so wie die Wagenkämpfer – geritten ward überhaupt nicht – aus dem Stande der Gebildeten genommen; denn ein Unterschied zwischen Civil-und Militairbeamten fand nicht statt. Das zahlreiche Fußvolk aber wurde durch das Aufgebot der kriegsfähigen ansässigen Bevölkerung aufgebracht. Da diese dann plötzlich aus ihrem geordneten Leben, aus ihren Erwerbs und Familienverhältnissen herausgerissen wurden, erklärt es sich, daß wir so häufigen unmuthigen Klagen über die Beschwerden und Entbehrungen bei den Feldzügen oder der Gränzwacht, über die gestörten häuslichen Verhältnisse, über das vergebliche Sehnen nach der Heimath begegnen. Weder ein keckes Spielen mit der Gefahr und die Luft an Abenteuern, noch die Prahlerei mit erheucheltem Heldenmuthe lag im Charakter des Volkes. Die Männer gingen ungern in den Krieg und gestanden dieß offen. Die Schlachten selbst und glänzende Siege riefen aber auch wieder eine kriegerische Begeisterung hervor, wie mehr als eins unsrer Lieder sie bezeugen, und die feste Zuversicht auf das Fortleben nach dem Tode, auf die auch dann noch stattfindende Verbindung mit den Heimgelassenen konnte nur unerschrockene, todesmuthige Kampfer machen.

Doch das berührt schon Dinge, die nicht in diesen Abschnitt gehören, dem wir, so vieles hier auch noch zu sagen wäre, nur noch ein Dreifaches hinzufügen. Zuerst, daß die Sklaverei im alten China unbekannt war. Zweitens, daß Eunuchen erst kurz vor dem achten Jahrhundert v. Chr. vorkommen. Endlich, daß die in einem Liede (I. 11, 6.) erwähnte barbarische Sitte, mit dem gestorbenen Fürsten andre Menschen, ja hohe Beamte lebendig zu begraben, nur im Staate Ts’hîn vorkam, dessen Fürst und meiste Bevölkerung Tataren waren, auch von den Chinesen selbst scharf getadelt wurde.

Reichsordnung und Regiment.

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Das chinesische Alterthum hatte für sin Gemeinwesen ein höheres Ideal, als den Staat, nehmlich das Reich, als die feste Zusammengliederung relativ selbständiger Staaten unter Einem Haupte. Es konnte dieß Ideal jedoch nur in der schränkten Gestalt zur Darstellung bringen, wie er Charakter, die Weltauffassung und die Geschichte des Volkes sie bedingten.

Im Verhältnisse zu seinem heutigen Umfange war das Reichsgebiet jener alten Zeit nur klein. Es übertraf wenig die Größe des jetzigen deutschen Reiches und breitete sich an beiden Ufern des Hoâng hô aus, im Osten den Meerbusen von Pĕ-tschĭ-lí und das gelbe Meer, im Westen den Bezirk von Kān-sŭ in der Provinz Schèn-sī berührend. Noch war es auf allen Seiten von uncultivirten, zum Theil kriegerischen Stämmen umgeben, die es durch Raub-und Eroberungszüge häufig zu gewaffneter Abwehr zwangen. Von ihnen unterschied sich das »schwarzhaarige Volk« mit eben so viel Selbstbewußtsein als Berechtigung durch seine uralte Bildung und eben so alte Reichsordnung.

Mehre Grundzüge schon des alten Chinesenthums zeigten uns das Gepräge allerältester menschlicher Zustände. So ist es auch mit der Verfassung und dem Regimente des Reiches, indem sich darin der ausgesprochenste, in ein System gebrachte Patriarchalismus mit all’ seinen Consequenzen vorfindet. Während die großen westasiatischen Reiche des Alterthums sämmtlich aus Krieg und Eroberung hervorgegangen sind und ihre Herrschergeschlechter den mächtigsten und glücklichsten Heerführern entstammten, weiß etwas Ähnliches von den Anfängen des chinesischen Reiches nicht einmal die Sage zu erzählen. Alles deutet darauf hin, daß Herrschaft und Ordnung sich hier auf friedliche Weise aus dem Ansehn der väterlichen Gewalt und der Weisheit des Alters entwickelt haben. Und dieses Gepräge behielt das Reich. Seit unvordenklicher Zeit Monokratie, erscheint es als ein einziger vielgegliederter Haushalt, dem der Höchstregierende mit allen Rechten väterlicher Gewalt, aber auch mit allen Pflichten eines Vaters vorstand. Beide übte er theils vermittelst einer zahlreichen Beamtenschaft aus, theils ließ er sie durch abhängige Lehnsfürsten ausüben, die dann ebenfalls ihre vielen Beamten hatten. Natürlich gehörten, wie die Fürsten, so auch alle Beamten dem Stande der schulmäßig Gebildeten an. Das »untere Volk«, hià mîn, war gleich Kindern, als unmundig, lediglich Gegenstand des Regierens und der Fursorge.

In unserm Zeitraume, dem der Tscheu-Dynastie, nannte sich der Beherrscher des Reiches »König«, wâng, und nur wenn seine höchste Machtwürde bezeichnet werden sollte, hieß er der »Himmelssohn«, Thiân tsè, um auszusagen, daß er des Himmels Gesetz und Willen vermittle und vertrete, indem er zu dem Himmel in demselben Verhältnisse stehe, wie das Reich zu ihm. Denn eingesetzt durch Bestimmung, Auftrag oder Beruf (ming) des Himmels, schuldete er diesem eben so unbedingten Gehorsam wie der Sohn dem Vater. Fragt man nun aber, wie er des Himmels Willen erfahre, so erhalt man die merkwürdige Antwort: der Himmel spricht seinen Willen aus durch das Gesammtbewußtsein des Volkes, in welchem der König ihn zu erkennen und zu befolgen hat. Solange er dieß thut, pflichtget eu für des Volkes Wol sorgt und an den Gesetzen, Einrichtungen und Gebräuchen der alten »heiligen« Kaiser festhält, wird er vom Himmel beschützt und gesegnet. Versäumt er seine Pflichten, vernachlässigt er die Bräuche, versündigt er sich, so schickt der Himmel Unsegen und Landplagen, damit er sich bekehre und Buße thue. Aber der himmlische Beruf ist nicht unabänderlich. Wenn der König ihm nicht entspracht, wenn er vom Alterthum abfällt, ausschweifend und grausam wird, durch schlechtes Regiment das Volk elend macht, sodaß die Herzen der Menschen sich von ihm abwenden, dann ist dieß der Beweis, daß der Himmel seinen Beruf zurückzieht; der Aufstand wird berechtiget, die Dynastie wird gestürzt und eine andere, vom Himmel dazu vorersehene Dynastie empfängt den Beruf.

Aller Grund und Boden des Reiches wurde als Eigenthum des Königs angesehen, doch standen nur die anfangs sehr beträchtlichen Erblande seines Hauses unter seiner unmittelbaren Verwaltung. Der größte Theil des Reichsgebietes war abhängigen Fürsten zu Lehen ausgethan, deren Anzahl gegen Ausgang des zwölften Jahrhunderts v. Chr. auf 1773 angegeben wird. Sie waren nach der Größe ihrer Lande in fünf Rangordnungen abgestuft: Kūng, Heû, Pĕ, Ssè und Nân. Das Gebiet eines Kūng hatte etwa den Umfang des Königreichs Sachsen, während ein Nân nur fünf bis sechs Quadratmeilen besaß. Wir haben die chinesischen Titel immer durch »Fürst« wiedergegeben, da sie sich mit europäischen Fürsten-und Adelstiteln nicht decken. Indeß unterschieden sich ihre Rangstufen auf das strengste in allen Beziehungen, in dem Umfang ihrer Hauptstädte und Paläste, der Zahl ihrer Beamten, der Kleidung, der Opferbefugniß und allem Ceremoniel. Zutheilung und Erhöhung dieser Würden ging lediglich vom Könige aus, und war der Lehenbesitz auch erblich nach dem Rechte der Erstgeburt, so mußte doch bei jedem Erbfall die Investitur persönlich von dem Erben beim Könige eingeholt werden. Bei Stiftung neuer Lehen oder bei neuer Zutheilung erledigter wurden Verwandte des königlichen Hauses, Nachkommen früherer Herrscherhäuser und verdienter Männer vornehmlich berücksichtiget.

Damit diese theilweise sehr mächtigen Vasallen sich ihrer Abhängigkeit von dem »Himmelssohne« und ihres Verhältnisses zum Reiche stets bewußt blieben und dieses öffentlich bezeugten, und damit das ganze Reichsgefüge in lebendigem Zusammenhange mit seinem Mittelpunkte erhalten werde mußten sämmtliche Fürsten sich periodisch am Königshofe in Person einfinden, wozu bestimmte Zeiten festgesetzt waren. Dann brachten und erhielten sie Geschenke, ihre Empfänge und Begrüßungen waren mit vielen ceremoniösen Feierlichkeiten und mit Festliedern, die sich im Schī-kīng finden, begleitet, es fanden Opfer und Festmahlzeiten auch Wettschießen mit Bogen statt. Dabei konnte sich der König von dem Geist. Benehmen und der Geschicklichkeit eines Jeden persönlich überzeugen, und durch belehrende, ermahnende und ermunternde Ansprachen auf Erhaltung einer gleichmäßigen Regierungsweise in den Ländern wirken. Versagte ein Fürst diese huldigenden Besuche, erwies er sich sonst ungehorsam oder als Landesherr pflichtwidrig, so wurde er zuvörderst ermahnt, dann schärfer verwarnt, und blieb auch dieß erfolglos, mit Waffengewalt zur Strafe gezogen und in schwereren Fällen durch seinen Nachfolger ersetzt. Wer sich durch edle Haltung, segensreiche Regierung oder besondre Verdienste um das Reich auszeichnete, wurde durch Gebietsvergrößerung und Rangerhöhung belohnt. In den Zwischenzeiten ihrer persönlichen Besuche mußten die Fürsten jährlich einmal einen hohen Würdenträger an den König senden, der ihre Theilnahme an dessen Ergehen und ihre Unterwürfigkeit bezeugte und etwaige Befehle oder Ermahnungen entgegennahm.

Die Reichsfürsten waren aber auch gehalten, gegenseitig einander feierlich und regelmäßig zu besuchen und zu besenden, um den Wetteifer in Erfüllung aller Pflichten und ein gutes Verhältniß unter ihnen lebendig zu erhalten. Sie sollten sich eben alle als Brüder der einen großen Familie fühlen und einander fördern, berathen und zügeln.

Endlich machte auch der König selbst in bestimmten Perioden Besuchsreisen zu den Fürsten durch das ganze Reich, um unter Beistand hoher Beamten die Regierungsweise und den Zustand der Länder und ihrer Einwohner zu untersuchen, die Befolgung der Gesetze und Gebräuche einzuschärfen und die Landesherrn nach Befinden zu belohnen und zu bestrafen. Man sieht, es war Alles darauf berechnet, König und Reichsfürsten gleichsam in einem steten Familienzusammenhange zu erhalten und einander immer wieder persönlich nahe zu bringen, wobei dann Ceremoniell und Etikette das Bewußtsein der Unterordnung und Abstufung weislich wach erhielten, während die Beförderung einer guten, friedlichen und übereinstimmenden Regierung des Ganzen der letzte Zweck war.

Als die vorzüglichste Obliegenheit des Königs und aller Fürsten galt es, durch tadelloses Leben, würdige Haltung, getreue Pflichterfüllung und gewissenhafte Beobachtung der geheiligten Bräuche vor allem selbst ein gutes Beispiel aufzustellen. Nicht ohne Grund hielt man dafür, daß durch die stille Macht eines ehren-und liebenswerthen Vorbildes, zu dem alle Augen emporblickten, mehr und heilsamer gewirkt werde, als durch alle Gesetze und Verordnungen und deren strengste Handhabung.

Sodann war die gute Ernährung der Unterthanen eine Hauptpflicht. Städte waren noch nicht zahlreich und die große Überzahl des »unteren Volkes« betrieb den Landbau, dessen Erzeugnisse die Städtebewohner miternähren mußten, weßhalb der geregelte und fleißige Betrieb desselben von größter Wichtigkeit war. Nun aber hatten die ackerbauenden Unterthanen kein Grundeigenthum, alles Land war königlich oder im Besitz der Lehnfürsten. Es war deßhalb folgende spende Einrichtung troffen. In jedem Gebiete wurden neun Zehntheile alles zur Landwirthschaft geeigneten Landes den Unterthanen zur Bebauung überwiesen und je nach der Größe der Familien und der Bonität des Landes unter sie verthellt und abgegränzt, wofür sie einen Zehnten vom Ertrage entrichteten. Ein Zehntheil des gesammten Landes mußten sie für den Landesherrn bestellen zum Unterhalt des Hofes und der Beamten. Über dieß waren sie zu gewissen Frohndiensten bei Bauten, Wege-und Wasseranlagen, Jagden u. dergl. so wie zur Kriegsfolge verpflichtet. Die ganze Ackerwirthschaft aber, auch die der Unterthanen auf den zugewiesenen Feldern, unterlag landesherrlicher Bestimmung und Aufsicht. Die Zubereitung des Landes, dessen Verwendung, die Art des zu bauenden Getraides, die Aussaat, das Jäten der Felder, das Ernten und Speichern, und was ein guter Landwirth nur anordnet, alles dieß wurde von dem Landesherrn vorgeschrieben und beaufsichtigt, in den älteren Zeiten persönlich, später und namentlich in den größeren Gebieten so wie in dem Königslande durch besondere Beamte. Die Überschüsse der Ernten wurden in Vorrathshäusern aufgespeichert, aus denen die Armen unterstützt wurden, in Nothjahren aber das ganze Volk seine Nahrung erhielt.

Wälder und Gewässer, Berg-und Salzwerke, die Jagd und die Zölle waren landesherrlich, und ihre Erträgnisse vermehrten die königlichen und fürstlichen Einkünfte.

Überall bestand eine genau abgestufte kommunale Gliederung mit besonderen Beamten für die engeren und weiteren Kreise, deren Eintheilung zugleich die Grundlage bildete für die Zusammensetzung der Heereskörper, wenn die waffenfähige Mannschaft zu Übungen oder zur Kriegsfolge eingerufen wurde. Über die Beschäftigungen der Männer wurden genaue Stammrollen geführt, und außerdem fanden regelmäßige Volkszählungen statt, ebenso statistische Ermittelungen über die Vorräthe an Lebensmitteln, über die Viehbestände, über Ein-und Ausfuhrhandel. Eigne Beamte sorgten für Eheschließungen und schlichtete Ehestreitigkeiten. Unter wolgeordneter Verwaltung und polizeilicher Aufsicht standen Forst-und Jagdwesen, Flüsse und Teiche mit ihren Fischereien, Dammbauten und Kanäle, nicht minder Felder, Wege, Straßen und Herbergen. Sehr ausgebildet war die Markt-und Handelspolizei, auch das Paßwesen, und für die öffentliche Sicherheit, für Nachtwachen und vorsichtigen Gebrauch des Feuers sorgten besondere Beamte.