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Klapptext: Nach einem tragischen Schicksalsschlag treten die deutschen Brüder Wagner aus Pennsylvanien ihren Dienst auf der amerikanischen Fregatte USS Philadelphia an. Doch sie ahnen nicht, was sie an Bord unter der Führung des Kommandanten Bainbridge erwartet. Nicht nur die raue See des Mittelmeers, sondern auch die unzähligen Freibeuter Nordafrikas machen der Philadelphia auf ihrem Blockadedienst ordentlich zu schaffen. Bald kommt es zu ersten Gefechten auf offener See. Dann ereignet sich eine fürchterliche Tragödie, die den Überlebenswillen der Brüder Wagner auf eine harte Probe stellt … Das dürfen Sie von diesem Roman erwarten „Schmach & Glorie“ fesselt mit historischen Anlehnungen an wahre Begebenheiten und Personen und überzeugt durch die spannungsgeladene und realitätsnahe, maritime Erzählweise des Autors. Die nautischen Details runden das Erlebnis ab und sorgen dafür, dass auch Sie sich als Teil der Crew unter Bainbridge auf der weiten, endlos-freien und gefährlichen See fühlen dürfen. Doch wie geht es mit der USS Philadelphia weiter? Befreit der Kommandant seine Crew aus den Fängen der Feinde? Und was wird aus den Wagner-Brüdern? Setzen Sie die Segel und finden Sie es heraus, indem Sie sich dieses E-Book jetzt kaufen!
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Erwin Welker
Schmach und Glorie
Mit der USS Philadelphia gegen Freibeuter
EK2-Militär
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Moni & Jill von EK-2 Publishing
Kapitel 1: Gewitter über Pennsylvania
Rundum leuchtete alles in rotorange. Ein atemberaubender abendlicher Himmel, der unter anderen Umständen schöner nicht hätte sein können. Glühende Heuballen mit den gleichen Farben – ein dramatisches Abbild des Firmaments. Rot-gelb lodernde Flammen, rot glühende Balken und Latten, teils immer noch scheinbar robust stehend, teils längst in sich zusammengebrochen. Lautstark prasselnde, meterhohe Flammen züngelten durch das bisschen Dach, welches sich erstaunlicherweise bis zu diesem Moment immer noch standhaft auf den Resten des erst vor kurzem errichteten Dachstuhles hielt. Rot leuchtete auch das Gesicht von Paul, der das ganze Drama fassungslos beobachtete. Die Augen vor Entsetzen geweitet. Die Tränen, die über seine Wangen liefen, nahm er gar nicht mehr war. In der sengenden Hitze um ihn herum verdunsteten seine Tränen, noch bevor sie seine fülligen Backen erreichten.
Vor seinen Füßen lag eine tote Kuh. Die seine. Der Kadaver der Kuh stank erbärmlich. Kein Wunder! So versengt wie das arme Vieh war.
Paul würgte. Verbranntes Fleisch roch nun mal unerträglich ekelhaft. Noch zuvor war sie braun gewesen mit einer schönen Musterung aus weißen Flecken.
Pauls Stolz – seine Bertha. Sein Besitz für einen Neuanfang in einer neuen Welt. Jetzt war Bertha einfach nur schwarz. Von vorn bis hinten. Wie sie es wohl so weit geschafft hatte? Paul hatte noch beobachtet, wie die Kuh unter schaurigem Gebrüll durch die flackernde Stalltür gerast war. Fast so schnell wie der Blitz, welcher zuvor das neu errichtete Farmhaus getroffen hatte. Erst jetzt wurde sich Paul bewusst, dass er es nicht mehr geschafft hätte, noch rechtzeitig auf die Seite zu springen. Seine Bertha hätte ihn einfach überrannt. Wäre sie nicht noch in vollem Lauf direkt vor seinen Füßen tot in sich zusammengesackt.
Erst jetzt war Paul fähig, sich von dem grauenvollen Szenario ein wenig zurückzuziehen. Erst jetzt wurde ihm klar, dass es reinster Humbug wäre, das bereits zur Hälfte niedergebrannte Farmhaus mittels Wassereimer zu löschen. Der heftige Gewitterregen war nur kurz gewesen – viel zu kurz, um das Farmhaus vor dem Niederbrennen zu retten. Nun erst spürte Paul in seiner Hand den Eimer, der noch immer randvoll mit Wasser in seiner Hand lastete. Irgendwie, er konnte sich nicht mehr erinnern wie, hatte er es noch bis zum Brunnen geschafft. Nun ließ er den vollen Eimer achtlos fallen. Es war eh zu spät. Er war alleine. Gänzlich alleine. Da war weit und breit niemand, der ihm beim Löschen hätte helfen können. Auch nicht sein jüngerer Bruder Hans, der eigentlich auf Johann getauft war, sich aber mittlerweile John nannte. Der war sicherlich wieder in irgendeiner Hafenkneipe von Philadelphia und gesellte sich zu irgendwelchen versoffenen Seeleuten, die ihm mit ihrem unglaubwürdigen Seemannsgarn den Kopf verdrehten. Warum war er nicht hier? Hier und jetzt! Paul wollte dies nicht alleine durchstehen.
Für den nächsten Gedanken war Paul nämlich noch gar nicht fähig. Diesen Gedanken wollte er alleine auch gar nicht fortsetzen. Warum stand ihm der Nichtsnutz Hans nicht an seiner Seite. Trotz der Hitze rundum lief es Paul eiskalt über den Rücken.
Plötzlich prasselten Flammenstiele zehn Meter hoch lautstark in die Höhe. Das Gebälk des noch verbliebenen Dachstuhles ächzte und stöhnte noch ein einziges Mal berstend auf, bevor es laut polternd in sich zusammenbrach. Und da vorn, irgendwo unter all diesen teils glühenden oder immer noch kräftig lodernden Trümmern, lagen wohl die Eltern. Mit Sicherheit! Denn wenn sie überlebt hätten, müssten sie jetzt irgendwo in der Nähe sein. Aber da war niemand. Kein Vater, keine Mutter, kein Hans.
Paul erschrak. Und wenn Hans rein zufällig doch zu Hause gewesen war? Dann hätte er auch seinen Bruder dort in dieser Flammenhölle verloren. Noch vor wenigen Sekunden war Paul wütend auf seinen jüngeren Bruder gewesen. Jetzt faltete er seine Hände und betete zu Gott, dass sich Hans um Himmels Willen irgendwo in der Stadt befand. Egal in welcher Gesellschaft. Sollten es doch draufgängerische, stockbetrunkene Seeleute oder Seesoldaten sein. Oder auch schäbige Hafendirnen. Soll es denn so sein! Paul mochte es nicht, wenn sich sein jüngerer Bruder in solch verruchte Gesellschaft begab. Jetzt aber hoffte er inständig, dass sich sein Bruder in der Stadt befinden möge und somit wenigstens Hans noch am Leben war.
Die Wahrscheinlichkeit, dass seine Eltern überlebt hatten, vielleicht gar nicht einmal im Haus gewesen waren, war gegen Null. Pauls Eltern waren abends immer in ihrem neuen Heim, hier in Amerika. Vor allem die Mutter Klara – Gott habe sie selig – hatte ihr Leben lang schon immer panische Angst vor Gewitter gehabt. Vielleicht hatte sie ja noch draußen im Freien beobachtet, wie sich der zuvor noch klare Himmel schlagartig verfinstert hatte. Aber bereits beim ersten Donnerschlag und spätestens beim ersten Blitz, wäre Mutter ins Haus gegangen. Und Vater wäre sicherlich mit ihr gegangen. Hätte sie ins Bett gebracht. Wie immer, wenn es gewitterte. Nur tief unter die Bettdecke verkrochen hatte sich Mutter sicher gefühlt. Und nun musste ein Blitz direkt ins Haus geschlagen haben. Waren die Eltern wenigstens gleich mit dem Blitzeinschlag gestorben, oder waren sie elendig in den Flammen umgekommen? Hoffentlich hatten sie nicht leiden müssen. So wie Bertha, die Kuh.
Paul fühlte, wie seine Knie immer weicher und schwammiger wurden. Nun fühlte er sich erbärmlich schwach und schlecht. Er drehte sich um und übergab sich. Nachdem er sich wieder besser fühlte, sah er den Esel. Dieser stand doch tatsächlich in der Nähe. Mit dem Zügel an den Ast des Birnbaumes angebunden. An das Anbinden konnte sich Paul gar nicht mehr erinnern.
Paul hatte im nahe gelegenen Germantown Saatgut besorgt. Mit einem geborgten Esel hatte er es hierher zur Farm transportiert. Zunächst noch gemächlich war er neben dem Tier hermarschiert, hatte beobachtet, wie sich der Himmel fast schlagartig verfärbt hatte. Dann hatte er sich und das Tier zur Eile angetrieben. Er wollte mit trockener Haut und vor allem mit trockenem Saatgut rechtzeitig in der Farm ankommen.
Wäre er nur zu Hause geblieben. Vielleicht hätte er noch helfen können. Oder würde er nun selbst als schwarzgebrannte Leiche unter den rot schwelenden Trümmern liegen? Was würde dann aus Hans? So ganz allein im fernen Land. Hier in Pennsylvania, was noch längst keine Heimat für die erst vor kurzem von Deutschland eingewanderten Wagners geworden war.
John blickte fasziniert in die rote Glut. Welche Kraft doch Feuer hatte. Er brauchte ein wenig Zeit, um wieder durchschnaufen zu können. Allerdings war es kein Vergnügen diesen ätzenden Gestank von flüssigem Pech einzuatmen. Im Bottich brodelte diese tiefschwarze, zähflüssige Masse, welche aus Steinkohle, Baumharzen und anderen organischen Zutaten bestand. Wie Pudding blubberte die aufkochende Masse. John dachte an den braunen Schokopudding, den seine Mutter an besonderen Feiertagen für die Familie, besonders aber für ihn, mit Zutaten aus teurem Kakao kochte und der so gut roch. Er war ihr Lieblingssohn, den Mutter nach wie vor Hans nannte. Dieses stinkende Zeugs hier hatte aber weder gut zu riechen noch zu schmecken, sondern es hatte einzig und allein die Aufgabe, die Fugen zwischen den hölzernen Schiffsplanken für lange Zeit zuverlässig abzudichten. Kalfatern nannten die Seeleute und Werftarbeiter diese so wichtige Tätigkeit, bei der er kräftig mithalf. Als Tagelöhner. Hier auf der Marinewerft im Hafen von Philadelphia.
John war beeindruckt von der Umgebung. Nicht nur von den auf der Helling liegenden Neubauten, bei denen es sich derzeit um zwei relativ große Schoner handelte. Es waren auch die zur Überholung vertäuten oder aufliegenden Schiffe. Darüber hinaus war es die Größe der Werft selbst mit den mächtigen Kränen, den vielen Schuppen und Werkstätten, der Vielfalt an Material und nicht zuletzt all den vielen, emsigen Werftarbeiter. Da waren Ingenieure, Schiffbauer, Schreiner und Zimmerleute, Schmiede, Kalfaterer und auch viele ungelernte Arbeiter.
Johns Absicht lag aber gar nicht darin, hier auf der Werft eine feste Anstellung zu bekommen. Stattdessen wollte er so bald wie möglich zur See fahren. Er war sich aber durchaus im Klaren, dass sich seine Eltern und auch sein älterer Bruder Paul glücklich geschätzt hätten, wenn auch der jüngste der Familie ein festes Einkommen hätte. Schließlich mussten sich die Wagners hier in Amerika eine neue Existenz aufbauen. Bei ihrer Ankunft hier in der neuen Welt war fast das gesamte ursprünglich angesparte Kapital der Familie bereits aufgezehrt gewesen. Verbraucht auf der langen Reise von Deutschland nach Amerika mit der mühseligen Anreise per Ochsenkarren von Freudenstadt im Schwarzwald bis zur Hafenstadt Le Havre an der französischen Atlantikküste.
Auch der ganze Proviant für die Familie für solch eine lange Überfahrt musste mit gutem Geld bezahlt werden. Schließlich waren die Passagiere alle Selbstversorger. Und dann war auch noch die Passage im überfüllten Zwischendeck auf der Bark Western Sky zu bezahlen gewesen. Ein verlockender Schiffsname für all die Auswanderer, die sich fern im Westen eine bessere Zukunft erhofften. Dabei war der Zustand des maroden Seglers schon eher bedenklich. Aber immerhin hatte der Segler die teils stürmische Überfahrt, die immerhin elf Wochen gedauert hatte, überstanden. Obwohl die Bark in einem eher heruntergekommenen Zustand war, viele Segel im Sturm gerissen waren und die Fockstenge gebrochen war, hatten die Fugen zwischen den Planken gehalten. Als sich John an die Atlantiküberquerung erinnerte, wurde er sich wieder seiner derzeitigen Aufgabe bewusst.
Jetzt war es wieder so weit. Die schwarze Masse im Bottich musste nun direkt ans Schiff gebracht werden und schleunigst an die Kalfaterer verteilt werden. Das Feuer machte das Nachlegen von neuer Kohle erforderlich und so konnte der nächste Pudding zum Kochen gebracht werden.
„Luigi, komm hilf mir mal!”, rief John dem italienischen Neueinwanderer zu, der hier ebenso als Tagelöhner arbeitete.
Luigi, der in der Nähe stand, eilte herbei. Er kam aus Neapel und tat sich mit Englisch noch ziemlich schwer. Aber für diese einfachen Tätigkeiten reichten dessen Sprachkenntnisse bereits aus. John, der bei weitem nicht so kräftig wie Luigi war, konnte sich wenigstens sprachlich in der neuen Welt schon ganz gut zurechtfinden. Da war er sowohl Luigi als auch seinem Bruder Paul schon einen Schritt voraus.
Zu zweit zogen sie den schweren Handwagen Richtung Schiff, wo die Pechöfen aus Sicherheitsgründen in einem gewissen Abstand zum aufgelegten Schiff standen. Ein wegen Fahrlässigkeit abgefackeltes Schiff wäre eine Katastrophe. So schleppten die beiden den Karren zwischen abgelegte Werkzeuge und Gerätschaften hindurch voran. Dort lagen riesige Stapel von großen, rechteckigen Kupferplatten ein wenig abseits, die längst den herrlichen Glanz neuen Kupfers verloren hatten. Nun lagen sie da, vom Rumpf vorläufig entfernt, stark oxidiert und mit einer hässlichen grünen Färbung. Sie schützten moderne Schiffe vor Algen und Schneckenbewuchs. Vor allem aber diente der Schutz vor den zerstörerischen Bohrwürmern, welche gerade in tropischen Gewässern selbst das beste Holz durchlöcherten und marode machten, sodass sogar die robustesten Schiffe nach ein paar Jahren heftig leckten und immer mehr Wasser zogen.
Der Weg war nur sehr kurz, aber dennoch mühsam. Nun lag die Backbordseite wie eine schräggestellte, hoch aufragende Wand vor Johns Augen. Wuchtige Taljen verliefen von den Marsen zu stählernen Pollern auf der Kaimauer. Mars nannten die Seeleute die großen Plattformen an den Masten, wo auch die seitlich stützenden Wanten befestigt waren und die weiter nach oben verlaufenden Oberwanten erneut gespreizt wurden. Und eben dort an den Marsen waren die überdimensionalen Flaschenzüge um das große Schiff angeschäkelt, welches im seichten Gewässer auf ebenem Kiel lag und in starke Schräglage versetzt war. Dies war die eine Art, die man Kielholen nannte. Eine Methode, die es ermöglichte, das Unterwasserschiff auf einer Seite zu reparieren oder komplett zu überholen. Die andere Art von Kielholen war ganz anderer Natur. Eine der schwersten Strafen überhaupt, die es bei der Navy gab, denn der Delinquent wurde an ein Tau gefesselt, an dem er unter dem Schiffsrumpf von einer auf die andere Seite gezogen wurde. Wenn der Ärmste dabei nicht ertrank, wurde ihm vom scharfen Muschelbewuchs wenigstens die ganze Haut in Fetzen gerissen.
John sah sich den Rumpf genauer an. Das Unterwasserschiff sah entblößt aus. Offene Fugen zwischen den Planken und abgeschrubbte Farbe ließen das massive Eichenholz zum Vorschein kommen. Dagegen sahen die Bordwände richtig prächtig aus. Die neue schwarze Farbe glänzte im Licht, wogegen der weiße Pforteingang, dessen Kanonenluken alle offen standen, einen starken Kontrast bot. Weiß waren auch die verzierenden Linien und das dezente Geschnörkel an den Heckgalerien – dort, wo all die Räumlichkeiten der Schiffsführung waren.
Jedes Mal, wenn er die Fregatte betrachtete, musste er ehrfürchtig staunen. Sie wirkte so massiv, so kraftstrotzend mit ihren 18 Stückpforten auf jeder Seite. Aber auch elegant und schnell. Dieses Schiff hier war ohnehin eine Pracht. Es war die USS Philadelphia, eine der Fregatten der erst 1775 neu gegründeten U.S. Navy. Diese Fregatten waren einfach atemberaubend! Sie waren groß. Größer als deutsche Fregatten. Selbst größer als die der Franzosen und Engländer. Zwar nicht so groß wie ein französisches oder englisches Linienschiff mit 100 Kanonen, aber dafür schneller und wendiger als solch ein Koloss.
Als Entwurf von Josiah Fox war die Philadelphia am 14. November des Jahres 1798 auf Kiel gelegt worden und ziemlich genau ein Jahr später vom Stapel gelaufen. Dann, am 5. April des Jahres 1800, war sie in den Dienst der jungen U.S. Navy gestellt worden. Die Fregatte hatte eine Rumpflänge von 40 Metern und verdrängte 1240 Tonnen. Ihre Bewaffnung bestand aus immerhin 28 Stück 18-Pfünder-Kanonen.
John war stolz auf dieses Kriegsschiff. Nicht nur, weil es so groß und so schön war. Nicht nur, weil seine Linien so elegant und das Rigg, welches aus schlanken hohen Masten, Stengen, unzähligen Rahen und Spieren bestand, so majestätisch wirkte, sondern weil es irgendwie auch ein deutsches Schiff war. Zwar war die Philadelphia ein Schiff der amerikanischen Navy, erbaut hier in den Vereinigten Staaten, aber man nannte sie auch oft das Schiff der Deutschen.
Das kam nicht von Ungefähr. Ein großer Anteil der Einwanderer hier im Staate Pennsylvania war deutscher Herkunft. Die Deutschen hatten hier den Ruf, sich gut zu integrieren, fleißig und bescheiden zu sein und waren bekannt dafür, sich gut zu organisieren. Da konnten sich manch andere Einwanderer eine Scheibe davon abzuschneiden. Die Deutschen hatte es auch meist ziemlich eilig, richtige Amerikaner zu werden. So kam es, dass die neuen Siedler auch schnell zum Begeistern waren, als sie begriffen, wie sehr das junge Amerika zum Selbstschutz eine neue Kriegsflotte brauchte. Aber die musste erst gebaut werden und vor dem Bau kam erst die Finanzierung.
Sechs Fregatten waren einstmals geplant worden. Eine davon sollte der Staat Pennsylvania bauen. Aber woher das Geld nehmen? Eine große Fregatte kostete ein Vermögen. Selbst für so ein großes Land wie Pennsylvania. Viele der Bürger zeigten sich solidarisch, besonders die Deutschen. Landesweit wurden Spendenaktionen organisiert, um Geld für ihr Schiff aufzutreiben, die Fregatte des Staates Pennsylvania. So war es dann auch nicht verwunderlich, dass die neue Fregatte den Namen United States Ship Philadelphia erhielt. Zwar war Harrisburg die Hauptstadt des Staates Pennsylvania, aber die Navy war hier in Philadelphia verwurzelt. Es war auch nicht verwunderlich, dass zur Besatzung der Fregatte, welche insgesamt aus über 300 Mann bestand, sehr viele Deutsche gehörten.
Einer davon werde einmal ich sein, dachte sich John. Er war stolz darauf bei der Überholung dieses besonderen Schiffes dabei zu sein. Er kannte schon einige von der Schiffsbesatzung, welche man zurzeit besonders oft in den Kneipen und Spelunken der Hafenstadt vorfinden konnte. Irgendwie fühlte er sich dazugehörig. Es stimmte John traurig, dass weder seine Eltern noch sein Bruder Paul begeistert von dieser Idee waren.
„John, halt keine Maulaffen feil! Mach endlich weiter!”
John geriet öfters ins Träumen, hatte schön mehrmals Rüffel einstecken müssen, weil er mit seinen Gedanken nicht bei der Arbeit, sondern ganz wo anders war. Besonders der Vater raunzte ihn diesbezüglich häufig an. Naja, vielleicht fand sich wieder mal die Zeit, Eltern und Bruder auf der Farm zu besuchen!
Wie wird es ihnen gerade jetzt ergehen, fragte er sich, als er den Blick wieder mal gen Westen richtete, denn dort verzog sich langsam die pechschwarze Wolkenwand, welche sich vorher so massiv und drohend aufgebaut hatte. Die Schwärze wich nun langsam einem romantisch anmutenden Rotorange.
Da hat es wohl ein heftiges Gewitter gegeben, mutmaßte John und ihm wurde gewahr, dass seine Mutter panische Angst vor Gewittern hatte. Aber nun war es ja vorüber. Letztendlich war es hier über der Stadt nur leicht bewölkt und der Wind hatte einmal kurz, aber kräftig aufgefrischt. Die vorbeiziehenden Segler auf dem ziemlich breiten Delaware River hatten sich manchmal ganz schön auf die Seite gelegt, aber es hatte weder geregnet noch gewittert. Nur ein dumpfes Donnergrollen war manchmal aus der Ferne zu vernehmen gewesen. Aber auch das war jetzt vorüber. Außerdem war bald Feierabend. Nur noch ein letzter Bottich Pech zum Aufkochen.
Danach geh' ich erst mal einen Trinken, nahm sich John vor.
Die Kalfaterer hatten sich längst ans Werk gemacht, um das frische Pech schnellstmöglich einzufugen. In die zuvor frei gescharrten Ritzen, aus denen die alte und verschlissene Masse entfernt worden war, hatte man mittlerweile mit laut polternden Hammerschlägen neues Hanfwerk eingeklopft. Diese frisch verstopften Ritzen wurden nun wieder mit dem verflüssigten Pech wasserdicht versiegelt.
Diesen Abend und auch den darauffolgenden, verbrachte John zusammen mit Luigi in einer Spelunke, um die jeder ordentliche Landmann eher einen großen Bogen machte. Seamen’s Heaven nannte sich die Bude. Schon von außen sah man dem bunt getünchten, mit Schiffsdarstellungen und maritimen Symbolen versehenen Gebäude an, wer dort normalerweise verkehrte. Innen aber mochte man in der düsteren Enge der Gaststube glauben, sich in der Enge eines Zwischendecks eines Auswandererschiffes zu befinden. Tagsüber, doch vor allem während der Abende, hielten sich dort laut grölende, raubeinige Gesellen auf – meist angetrunken oder gar stockbesoffen. Manchmal Arm in Arm mit feschen Mädels, welche sich die Seeleute irgendwo anlachten. Oft waren es aber sehr verlockende, professionell kokettierende oder auch schäbige, heruntergekommene Hafendirnen.
Letzten Abend hatte auch John mit einer aufreizenden Rothaarigen herumgeschäkert. Sie war so schön und sah dabei so unschuldig aus. Jedoch hatte sie es faustdick hinter den Ohren und es war ein Leichtes für sie, einen 17-jährigen wie John um den Verstand zu bringen. Der Puls war ihm schon fast aus der Halsschlagader gehopst. Letztendlich hatte John dann aber doch gekniffen. Sei es, dass ihm der Mut gefehlt hatte, oder aber weil es ihm der spärliche Inhalt seines Geldbeutels einfach nicht erlaubte, sich auf solch aufregendes Abenteuer einzulassen.
„Heute kommt deine irische Freundin scheinbar nicht”, meinte Luigi spöttisch, „hat sich wohl einen geschnappt, der mehr Moneten in der Tasche hat als du, junger Freund!”
„Und was ist mit dir, Luigi?”, erwiderte John leicht gereizt, „ich seh’ auch kein Fräulein an deiner Seite. Stehst wohl nur auf kleine Italienerinnen, was? Hab’ schon lange keine mehr gesehen!”
„Ich warte eben auf die Richtige! Die find ich aber wahrscheinlich eher woanders. Und zugegeben, auch mir fehlt es an genügend runden Dollars. Ich mach‘ ja doch die gleiche stinkende Arbeit wie du.”
„Unsere Arbeit stinkt wirklich zum Himmel und unsere Entlohnung reicht gerade mal so, um irgendwie durchzukommen. Für ein paar Bierchen reicht es gerade noch. Ich werde das auf der Werft auch nicht allzu lange machen. Du weißt, dass ich nur auf den geeigneten Zeitpunkt warte, um bei der Navy anzuheuern.”
„Bei der Navy kannst du jederzeit anheuern, kleines Greenhorn!”, sagte eine sonore aber leicht lallende Stimme von hinten.
John drehte sich um. Ein wild aussehender, braun gebrannter Seebär stand da und sah ihn mit funkelnden Augen an. Zwischen seinen gelben Zähnen klafften einige große Lücken.
„Ich bin kein Greenhorn, Mann – sorry Sir! Ich will bloß nicht auf so einen kleinen Küstenschoner oder eine Brigg!”
„Ah, der kleine Mann ist auch noch anspruchsvoll! Möchte auf kein kleines Schiffchen. Muss gleich ein großes sein. Welches soll’s denn bitte sein?”, sagte der Fremde mit zynisch blitzenden Augen.
„Na, was für eine Frage? Auf der Philadelphia natürlich. Wir beide arbeiten sogar bei der Überholung persönlich mit!”, erwiderte John stolz und selbstbewusst.
„Ha, ha! Wenn ihr Grünschnäbel da mitarbeitet, um unsere Fregatte wieder seetüchtig zu machen, dann wird es für mich höchste Zeit dort abzuheuern. Könnte doch passieren, dass ihr schludert und mir säuft dann mitten auf dem Atlantik das Schiff unterm Arsch weg“, machte sich der Seemann über die zwei Landratten lustig.
„Sie gehören zur Crew der Philadelphia, Sir?”
„Höchstpersönlich! Ich bin der Vollmatrose Collin Evans! Und wer seid ihr?”
John stellte sich und seinen Mitstreiter Luigi vor, bemerkte aber bald, dass der Fremde gar nicht so viele Einzelheiten wissen wollte. Seine Aufmerksamkeit galt vorerst seinem vom Wirt nachgeschenkten Glas Rum. Als das Glas wieder voll war, blickte der Seebär schon etwas freundlicher drein.
„Über ein Jahr bin ich auf der Philadelphia gesegelt. Seit Juli letzten Jahres, liegt sie nun hier im Hafen. Jetzt haben wir bereits März 1803 und sie liegt immer noch in der Werft. Soll bald wieder in Fahrt gehen. Es wird gemunkelt, dass es wieder hinübergehen soll – ins Mittelmeer. War dort drüben im Osten, haben uns drum gekümmert, dass die muselmanischen Piraten nicht allzu übermütig werden.”
„Piraten?”
„Schäbige Hunde, von den Paschas und Beys angestachelt, unschuldige Schiffe der christlichen Seefahrt zu überfallen.”
„Und bringen diese Piraten dann alle um?”, wollte John wissen.
„Frag doch deinen italienischen Freund hier! Der sollte es doch wissen. Der kommt doch vom Mittelmeer.”
Nun kam Luigi in Fahrt: „Umbringen? Eher nicht! Schlimmer noch! Die machen Sklaven aus den Gefangenen. Die müssen sich dann für die elenden Barbaren abbuckeln, oder verrotten dort in dunklen Verliesen. Manche schuften sich auf den Galeeren zu Tode, um letztendlich im Gefecht zu verrecken. Was die mit den Weibern anstellen, möchte ich erst gar nicht wissen. Die, die Glück haben, landen vielleicht in einem der Harems.”
Collin grinste von einem Ohr zum anderen: „Siehst du Johnboy, dein Freund hier kennt sich aus! Aber du solltest es dir schon noch mal überlegen, ob du dich mit den muselmanischen Banditen anlegen willst!”
„Aber gegen eure Fregatten haben die wohl keine Chance, oder?”
„Ne, gewiss nicht! Vielleicht ist es ja gar keine dumme Idee von dir, gleich auf ein ordentliches Schiff zu gehen. Die Philadelphia ist schon ein gutes Schiff. Da sind eh genügend Deutsche drauf. Auf einen mehr oder weniger wird’s wohl nicht ankommen. Ich sprech‘ mal mit dem Bootsmann. Der kann dann ja mal ein ernstes Wort mit den Offizieren sprechen. Also, John Wagner ist dein Name – ich hoffe ich kann’s mir merken! Du meinst es doch ernst, Johnboy, oder?”
„Und ob, Sir! Und wie ernst ich das meine!”
„Darauf trinken wir! Cheers!”
Collin hatte sich nach einer Weile als weniger bärbeißig erwiesen, als John es im ersten Augenblick der Begegnung vermutet hatte. So waren die beiden jungen Burschen von ihm sogar auf ein Glas Rum eingeladen worden. Aber es war im Grunde genommen für John auch gar nichts Neues, dass sich Seeleute nach außen hin als wilde Gesellen darstellten, obwohl sie in Wirklichkeit meist gar nicht so unfreundlich waren. Allein schon die See erforderte, dass solche Männer hart im Nehmen waren. So wollte er auch einmal werden. Ein solides Landleben, ein bäuerliches Leben auf dem Bauernhof oder einer Farm, wie man es hier nannte, schwebte John weniger vor. Das war eher etwas für Paul. John nippte an seinem Glas. Er nahm zwar wahr, dass ein neuer Gast die Spelunke betrat, aber da er gerade so in Gedanken versunken war, drehte er sich nicht um.
„Da bist du ja, Hans! Ich suche dich schon überall!“
John schrak auf. Das konnte nur Paul sein.
Was macht der denn hier? Wenn man an den Teufel denkt, dann kommt er. Soll ich mich jetzt freuen, oder macht mir mein Bruder Stunk, fragte sich John und drehte sich langsam auf seinem Hocker um.
„Ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe, Hans – äh, John – mein Bruder!“
Dieser blickte nun seinen älteren Bruder beinahe misstrauisch an, zwang sich aber schließlich zu einem Lächeln.
„Hallo Paul, schön, dass du hier bist. Setz dich her zu uns. Trink mit uns!“ Da John augenblicklich bemerkte, dass dieser Spruch bei seinem Bruder wohl gar nicht so gut ankam, fügte er ganz offen noch schnell hinzu: „Allzu begeistert siehst du mir aber nicht gerade aus! Bist du denn wirklich so froh mich hier anzutreffen?“
„Oh, John, du weißt gar nicht, warum ich dich hier gesucht habe. Ich bin wirklich froh, dich gefunden zu haben. Ich habe eine Spelunke nach der anderen abgesucht. Hab‘ mir schon gedacht, dass ich dich genau dort finden kann, wo sich sonst die Seeleute rumtreiben.“
John bemerkte den Zwiespalt im Gesichtsausdruck von Paul. Da war so etwas wie echte Freude in seinen Augen zu vernehmen, aber auch noch etwas ganz, ganz anderes. Etwas, das nichts Gutes verhieß. Mit Sicherheit keine Wut – eher Verzweiflung.
„Du hast gar keine Ahnung von dem, was vorgefallen ist, John! Komm wir gehen, sofort! Hast du schon gezahlt?“
Jetzt war sich John sicher, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Die Frage stand ihm auf den Lippen, aber hier war wohl nicht der richtige Ort. Weder für die Frage noch für die Antwort – eine noch offene Antwort, die John nun Angst einjagte. Hastig stand er auf – bezahlt war ja schon – und verabschiedete sich von Luigi und Collin. Eiligst verließen die beiden Seamen’s Heaven. Wie unpassend! Das wahre Leben war eben doch eher schon ein Stück der Hölle.
„Paul, John, euch beiden ein herzliches Beileid! Lange kannten wir euch ja noch nicht, habe eure Eltern erst ein paar Mal getroffen. Aber ich bin mir sicher, dass wir eine gute Nachbarschaft gehabt hätten!“
„Danke, Mr. Smith, davon bin ich überzeugt!“, entgegnete Paul dem bärtigen Farmer, der nur zwei Jahre vor ihnen aus Deutschland nach Amerika ausgewandert war. Dieser lebte nun mit seiner Frau und fünf Kindern nur eine halbe Meile – das waren so um die 800 Meter – nördlich von dem erst kürzlich erworbenen Grundstück der Wagners.
Nun standen die verwaisten Burschen zusammen mit Dutzenden Leuten aus der Nachbarschaft, welche man während der letzten Monate mehr oder weniger flüchtig kennengelernt hatte, um ein frisch ausgehobenes Grab herum. Unten lagen bereits die Särge mit Jürgen und Klara Wagner. Der Vater war 41 Jahre alt geworden, die Mutter nur 38. Beide hatten auf ein besseres Leben in der Ferne gehofft. Armut und Hunger, vor allem aber die Schikanen und die Willkür der Behörden hatten sie aus der württembergischen Heimat vertrieben. Hoffnung, gepaart mit reichlich Mut, hatte die Wagners veranlasst in Pennsylvania ein neues Leben anzufangen.
Und nun? Nun lagen die Eltern der Jungen in einem tiefen Loch. Dabei hatte sich schon bald gezeigt, dass die Hoffnung weder naiv noch unbegründet war, sondern, dass man gemeinsam und bei harter Arbeit hier eine Zukunft hatte. Der beste Beweis war das neu errichtete Farmhaus gewesen. Das hohe Darlehen konnte mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen auf diesem fruchtbaren Boden durchaus erwirtschaftet werden. Natürlich mussten direkt nach der Immigration in Amerika zunächst einige Schwierigkeiten gemeistert werden, aber nach einer Weile war es dennoch langsam vorangegangen. Nun aber lag das Haus in Asche, die einzige Kuh war verschmort, die Wagner-Eltern lagen in der Grube und Paul und John wussten nicht, womit sie die Schulden begleichen konnten.
Dicht bewölkter Himmel, dessen Farbspektrum rundum nichts anderes als Grautöne zuließ, untermalte das Szenarium auf dem kleinen Friedhof. Die Wagner-Burschen kannten nicht einen Namen an den Kreuzen der wenigen Gräber. Nun gab es hier ein frisches Doppelgrab. Der Pfarrer hatte sich gerade verabschiedet. Zwar hatte dieser eine beeindruckende Rede gehalten, aber mehr Zeit für die verwaisten Hinterbliebenen hatte er sich wohl nicht nehmen wollen.
Die Brüder waren verzweifelt. Paul war sehr gefasst, hielt seine Tränen eisern zurück. Schließlich war er der Erstgeborene. Er wollte zeigen, dass er ein ganzer Mann war. Ihm war die Verantwortung auferlegt worden, sich um das Begräbnis zu kümmern. Das Grundstück musste – falls das überhaupt möglich war – erhalten werden, ein neues Gebäude errichtet werden. Aber wie und wovon? Und um den jüngeren Bruder sollte er sich vielleicht auch noch kümmern.
Dieser wollte sich hart zeigen. Er kämpfte verzweifelt gegen seine Tränen an, jedoch gelang es ihm nicht. Sie liefen wie Rinnsale über seine schmalen Wangen. Ein schlechtes Gewissen nagte an John, weil er die meiste Zeit in der Stadt verbrachte hatte, anstatt gemeinsam mit seinen Angehörigen auf der neuen Farm. Unabhängigkeit für eine neue Zukunft, die er sich anders ausmalte als die Eltern oder sein Bruder, war ihm wichtiger gewesen. Nun fühlte er sich irgendwie so, als hätte er seine Eltern im Stich gelassen.
„John!“
Irgendwer tippte John von hinten an die Schulter. Er drehte sich um. Es war der Nachbar von vorhin.
„Ja, Mr. Smith?“
„Man sagt, dass du auf der Marinewerft in der Stadt Arbeit gefunden hast. Stimmt das?“
„Ja, Sir, zumindest vorübergehend werde ich dort als Tagelöhner beschäftigt. Weiß nicht, für wie lange. Aber im Moment weiß ich sowieso nicht mehr, wie es weitergehen soll. Eigentlich wollte ich ja zur Navy. Ich möchte zur See fahren.“
„Hm, nun gut Junge. Also im Moment muss sich die Nachbarschaft wohl keine so großen Sorgen um dich machen. Man hat eh schon darüber gemunkelt, dass du lieber in der Stadt bist als auf eurer neuen Farm. Hier legt man nämlich viel Wert auf den Gemeinschaftssinn. Und diese Gemeinschaft will euch auch nicht im Stich lassen. Nicht umsonst haben wir uns in der Deutschen Gesellschaft für Pennsylvania zusammengeschlossen. Wie du sicherlich weißt, wurde die Organisation schon 1764 gegründet. Wir wollen schließlich nicht, dass die Neuankömmlinge unserer Landsmänner allzu bald scheitern und hier, fernab der alten Heimat, elendig zugrunde gehen. Aber nun gut! Hier leben wir in einem freien Land. Auch du hast das Recht, dein Schicksal selbst zu gestalten. Jeder ist seines Glückes Schmied.“
„Ja, Sir. Danke für Ihr Verständnis!“
„Alles Gute John!“
„Danke, Sir!“
Nun wandte sich der Farmer an Paul, der das kurze Gespräch mit gespitzten Ohren mitgehört hatte: „Paul! Oder soll ich nun Mr. Wagner sagen?“
„Aber nicht doch, Mr. Smith. Wir sind doch gute Nachbarn.“
„Eben! Wie es scheint, müssen wir uns um deinen jüngeren Bruder zumindest im Moment keine großen Sorgen machen. Aber wie schaut es mit dir aus? Hast du schon Pläne wie du weitermachen willst?“
„Nein, Sir,“ die Verzweiflung stand Paul ins Gesicht geschrieben, „ich weiß nicht mehr ein und aus! Was kann ich hier schon noch alleine ausrichten? Und Geld habe ich keines mehr. Es ist alles verbrannt. Das Einzige, was mir außer ein paar Dollars in der Hosentasche geblieben ist, sind Schulden!“
„Verstehe! Das ist wirklich sehr, sehr bedauerlich, Paul. Wäre dir geholfen, wenn sich die Gemeinschaft hier darum kümmert, dass du wenigstens nicht enteignet wirst und dass das Stück Land hier auf deinen Namen umgeschrieben wird? Wenigstens für die nächsten Jahre.“
„Das würde mir wenigsten eine meiner vielen Sorgen rauben, Sir. Wenn sich das machen ließe? Aber wie es mit mir weitergeht, weiß ich trotz aller Dankbarkeit nicht!“
„Ich denke, ich kann dir nicht nur diese eine Sorge nehmen. Ich könnte dir auch vorübergehend Arbeit geben. Als Knecht, auf meiner Farm!“
„Wirklich, Sir?“
„Ja Paul, aber nur als Tagelöhner und vorerst nur für zwei, drei Monate. Ich habe derzeit einen großen Bedarf an Arbeit. Meine Frau erwartet in Kürze wieder Nachwuchs und sie muss sich ja auch noch um die anderen fünf Kinder kümmern. Ich alleine schaffe es derzeit kaum noch. Das Land muss bestellt und die Saat ausgebracht werden. Ich habe auch ein wenig Vieh … Was erzähl’ ich dir? Du kennst dich ja bestens damit aus!“
Paul nickte zustimmend. Trotz seiner Trauer gewann ihm die aufkommende Hoffnung ein fröhliches Lächeln ab.
Die Miene des fürsorglichen Farmers wurde aber nun wieder ernster: „Aber auf Dauer kann ich dich nicht beschäftigen. Ich würde dir gerne länger helfen, aber das kann ich mir bei bestem Willen dann doch nicht leisten.“
„Das ist wirklich ein großzügiges Angebot von Ihnen, Mr. Smith. Gott segne Sie! Innerhalb der nächsten Wochen wird sich dann sicherlich wieder etwas finden.“
„Du bist ein tüchtiger Kerl, Paul! Ich bin mir sicher, dass sich eine Lösung auftun wird.“
Wenige Tage darauf verließ Paul das Gemeindehaus, wo er in seiner Not vorübergehend untergebracht gewesen und von fürsorglichen Bürgern versorgt worden war. Schließlich hatte er seit dem Brand weder ein Dach über dem Kopf noch irgendetwas, um sich den leeren Bauch zu füllen. Er war jetzt kaum 19 Jahre alt und stand nun einer ungewissen Zukunft gegenüber: mit leeren Taschen und wenig Sprachkenntnissen in einem weiten und fremden Land. Sein jüngerer Bruder Hans – oder John, wie der sich nun nannte – war längst nach Philadelphia zurückgekehrt. So unvernünftig John auch sein mochte, er hatte eine Bleibe und ein Einkommen. Also musste sich Paul wegen seines Bruders zumindest derzeit keine allzu großen Sorgen machen.
Nun machte sich Paul ein wenig unwohl auf den Weg zur Farm der Familie Smith. Das Angebot, dort vorübergehend als Knecht zu arbeiten, war momentan das Beste, was er sich denken konnte. Die Arbeit dort würde ihn ein wenig von seiner Trauer ablenken und ihm für eine Weile Essen und eine Bleibe bescheren. Aber für wie lange? Und danach? Wie würde es weitergehen? Und was war überhaupt mit dem Angebot des Nachbarn? Hatte es Mr. Smith wirklich ernst gemeint oder waren die Worte nach der Beerdigung nur Höflichkeitsfloskeln gewesen?
Je näher Paul an die Farm der Familie Smith herankam, desto schwerer fielen ihm die Schritte. Pauls Gefühle waren im Aufruhr. Er kämpfte gegen die Tränen an, die seine Wangen benetzten und er musste für jeden einzelnen Schritt seine letzte Kraft, die er noch in sich verspürte, aufwenden, um voranzuschreiten. Schließlich musste er zunächst sein eigenes Grundstück mit dem niedergebrannten Haus passieren, bevor er das Grundstück der Nachbarn erreichte.
Als Paul auf die verkohlten Überreste des Hauses blickte, unter denen seine Eltern verbrannt waren, gab es für seine Tränen keinen Halt mehr. All die Schrecken, die er beim Niederbrennen des Hauses erlebt hatte, das Zusammenbrechen seiner Kuh direkt vor seinen Augen, das Flammeninferno und zuletzt die Gewissheit, dass seine Eltern dort auf schreckliche Weise ums Leben gekommen waren, kam jetzt auf einen Schlag wieder in ihm hoch. Am liebsten hätte er sich ins Gras gelegt und nur noch geheult und geschlafen. Ihm fehlten der Antrieb und die Kraft, welche er für seine Zukunft so dringlichst benötigte.
Nun aber nahm Paul all seinen Mut zusammen. Nach einem letzten Blick auf das verrußte, pechschwarze Gebälk des abgebrannten Gebäudes wandte er sich ab und beschleunigte seine Schritte. Vielleicht hatte es Mr. Smith ja wirklich ernst gemeint, mit seinem Angebot.
Mit voller Wucht spaltete die Axt den dicken Ast, den Paul zuvor schon mit der Säge gekürzt hatte. Mit jedem Schlag fühlte er in seiner Gefühlswelt eine gewisse Erleichterung. Allerdings erforderte jeder Axthieb weitaus mehr Konzentration, als er dies von der ihm doch sehr vertrauten Arbeit gewohnt war. Nach jedem Schlag war er froh, dass noch all seine fünf Finger an seiner linken Hand blieben. Grund war nicht nur die Trauer um seine Eltern, obwohl auch dieser Umstand seine Konzentrationsfähigkeit reduzierte. Es gab noch eine andere Ursache, die sich Brigitte nannte!
Brigitte war die knapp 15-jährige Nachbarstochter – die Tochter des Mannes, der ihm freundlicherweise Arbeit und ein Dach über dem Kopf geboten hatte. Und es war das Holz der Familie Smith, das Paul jetzt spaltete, denn diese siebenköpfige Familie – bald würde noch ein Baby dazukommen – benötigte immer Holz für den Küchenherd.
Das hatte Paul recht schnell erkannt, obwohl er erst seit wenigen Tagen auf der Farm war. Die Smith’s waren eine freundliche und fleißige Familie mit wohlerzogenen Kindern, wobei Brigitte die Älteste von allen war.
Er wusste, dass er während des Holzhackens mit neugierigen braunen Rehaugen beobachtet wurde. Brigitte lenkte ihn nicht ständig mit neugierigen Fragen oder Gequatsche ab, aber immer wieder schwänzelte das Mädel mit koketten Bewegungen in seiner Nähe herum. Wenn sie sich nach ihm umdrehte, was unglaublich oft vorkam, waren das keine damenhaften Bewegungen, sondern wirbelnde Bewegungen wie die, eines kleinen Mädchens. Dabei schwang ihr langes und offen getragenes, blondes Haar wie ein feenhafter Schleier durch die Luft, was Paul unweigerlich verzaubern musste. Gekonnt ließ sie ihre Röcke fliegen, sodass Paul immer wieder einen kurzen Blick auf ihre schlanken Fesseln und die weißen Rüschen ihrer Unterröcke werfen konnte. Und eben diese Bewegungen und Anblicke lenkten ihn doch erheblich ab.
Paul fragte sich, ob Brigitte nur aus kindlicher Neugierde und in naiver Unschuld in seiner Nähe so oft um ihn herumtänzelte, oder ob dieses kleine Luder ihre Reize bewusst an ihm austestete. Wenn sie ihn mit ihren großen Augen so naiv ansah, wirkte sie unschuldig, wie ein kleines Kind, aber Paul wurde das Gefühl nicht los, dass in diesem wunderschönen und engelhaften Gesicht die Gedanken eines kleinen, zuckersüßen Teufels auf Hochtouren arbeiteten. Diese Spekulation beschäftigten Paul während seiner Arbeit noch zusätzlich, sodass er nun doch erkannte, dass er tunlichst mehr auf seine Finger, als auf diese kleine Göre achten sollte.
Irgendwie war Paul die Erleuchtung doch etwas spät gekommen, denn plötzlich fauchte ihn eine harsche Stimme von hinten an: „Halt keine Maulaffen feil, Paul! Das Holz ist nicht erst für den Winter, sondern wir brauchen es noch heute Mittag für unseren Herd!“
Verflucht, dachte sich Paul, Brigitte ist nicht die Einzige, die erkannt hat, dass ich ihr gerne nachschaue, sondern ihr Vater hat dies nun auch schon bemerkt – und das bereits nach wenigen Tagen.
„Und du Brigitte, gehst jetzt!“, fügte Mr. Smith in scharfen Ton hinzu, „geh ins Haus und hilf deiner Mutter – aber sofort!“
Mit jedem Tag, an dem Paul auf der Nachbarsfarm arbeitete, wirkte der Zauber von Brigitte immer stärker auf ihn. Jeden Tag stürzte er sich beflissen in seine Arbeit, aber dieses süße Mädchen ersann sich immer neue Tricks, um ihm unauffällig zu begegnen und ihn auf raffinierteste Weise zu bezirzen. Der Vater bemerkte scheinbar nichts von alledem. Die schwierigsten Momente waren aber immer beim gemeinsamen Essen. Paul konnte nicht umhin, um bei jeder Gelegenheit so unauffällig wie möglich einen ihrer betörenden Blicke zu erhaschen. Die beste Gelegenheit war immer das gemeinsame Gebet vor den Mahlzeiten, wo alle andächtig den Kopf senkten und die Augen in Demut schlossen – außer ihm und Brigitte natürlich. Brigitte war bezaubernd wie eine Elfe, schön wie eine Fee und längst die Prinzessin seines Herzens.
Obwohl sich Paul bewusst war, dass Brigittes Vater argwöhnisch wie eine Glucke, über sein Küken wachte, schwor sich Paul, dass er dieser verführerischen Göre mindestens einen Kuss rauben musste. Selbst dann, wenn er seine Seele an diesen hübschen Teufel verkaufen musste. Und wenn nicht heute, dann spätestens morgen!
Kapitel 2: An Bord der Fregatte USS Philadelphia
Eine aufkommende Brise erfrischte den heißen Julitag im Areal der U.S. Navy, hier im Hafen von Philadelphia. Die Backsteingebäude reflektierten die sommerliche Hitze noch zusätzlich. Einzelne Wolken zogen munter über den Himmel, spendeten jedoch vor Ort keinen Schatten. Vor dem Verwaltungsgebäude stand eine lange Schlange von Männern. Vielen sah man es auf den ersten Blick an, dass es sich um Seeleute handelte. Ihre breitbeinige Haltung, die muskulösen Arme an kräftigen Schultern, die braun gebrannte verwitterte Haut verriet sie als solche. Aber auch die vielen Zahnlücken, die durch Skorbut verursacht wurden, waren ein Indiz dafür. Unter den Wartenden gab es aber auch einige andere Männer, die nicht so seemännisch wirkten. Die hatten nicht diese typische Körperhaltung, wirkten irgendwie verunsichert, so als ob sie nicht wirklich hierhergehörten. Manche schienen vor Hunger oder Armut ausgemergelt zu sein. Und vielleicht war es auch die Not, die sie dazu trieb, sich hier unter die Wartenden zu gesellen. Aber eines hatten alle gemeinsam: Sie wollten auf der USS Philadelphia anheuern.
Die Fregatte war am 21. Mai nach gründlicher Überholung wieder in Dienst gestellt worden und sollte nun bald wieder in Fahrt gehen. Für ziemlich genau ein Jahr war dem Schiff nur eine Minimalbesatzung zugeteilt gewesen. Nun musste die Besatzung wieder aufgestockt werden – auf über 300 Mann.
Inmitten der Schlange befanden sich auch zwei junge, gesunde Burschen. Der eine etwas kräftiger gebaut, der andere jünger und etwas schlanker, aber behänder. Es waren Paul und John Wagner.
John war aufgeregt. Immerhin war er seinem Ziel schon sehr nahe. Er malte sich schon aus, auf diesem stolzen Schiff beim Segelsetzen dabei zu sein und er war sich ziemlich sicher, dass man ihn anmustern würde. Der Vollmatrose Collin Evans hatte ihm bei einem weiteren Wiedersehen in einer der Hafenspelunken bestätigt, dass er bei seinem Bootsmann vorgesprochen hatte und ihn, John Wagner als zukünftiges Mitglied der Crew empfohlen hatte.
Paul dagegen war eher traurig und nervös als in Vorfreude erregt. Ihm war nicht so ganz wohl bei der Sache. Wann würde er Brigitte wiedersehen? Vermutlich erst in mehreren Jahren. Er befürchtete sogar, dass er sie völlig aus den Augen verlieren würde. Trotz der Hoffnung auf ein Wiedersehen rechnete er fest damit, dass Brigitte bis dahin längst einem anderen gehörte und mit diesem gemeinsame Kinder hatte – wo sie doch jetzt selbst noch so kindlich war.
Außerdem war ihm niemals in den Sinn gekommen, zur See zu fahren. Auf einem Kriegsschiff schon gleich gar nicht. Schon auf der langen Überfahrt im Zwischendeck auf dem Einwandererschiff war ihm häufig übel geworden. Paul scheute nicht die harte Arbeit, aber die See war eben nicht seine Welt. Wenn er an die hohen Masten dachte, an denen er vorhin ehrfürchtig nach oben gesehen hatte, wurde ihm so richtig mulmig. Die höchste Spitze der langen Masten schien an den Wolken zu kratzen. Gute 50 Meter hoch hatte der Bruder gemeint.
Warum bin ich Idiot eigentlich hier, fragte sich Paul. War es richtig sich dem jüngeren Bruder anzuschließen? Dem konnte es ja nicht schnell genug gehen, um auf seine Philadelphia zu kommen.
Was hätte ich denn sonst machen sollen, grübelte er. Getrennte Wege gehen, den Bruder alleine ziehen lassen? Hierzubleiben, ohne Arbeit aber mit einer Menge Schulden?
Die unterschriebene Absichtserklärung, sich 2 Jahre zur Navy zu verpflichten, hatten letztendlich den Bürgermeister überzeugt, dass Paul Wagner ein patriotischer Bürger Amerikas geworden war. Im Gegenzug war ihm das Recht auf Beibehaltung des Farmlandes im Namen der Wagners sogar auf vier weitere Jahre zugesichert worden. Somit bestand wieder Hoffnung, das vom verstorbenen Vater erworbene Land behalten zu können.
Mein Vater soll nicht ganz umsonst hier gestorben sein. Das bin ich ihm schuldig, redete sich Paul ein. Aber nun stand er hier und sein Magen fühlte sich bereits jetzt nicht so ganz gut. Er hatte ein Empfehlungsschreiben des Bürgermeisters in seiner Tasche. Die war vielleicht mehr wert als die mündliche Empfehlung, die John vorweisen konnte.
Vielleicht mustern die gar nur mich an und John nicht, kam es Paul in den Sinn. Was wird dann aus ihm? Wenn die uns beide nehmen, dann haben wir immer genug zu essen und Sold steht uns auch noch zu. Die nächsten zwei Jahre werden wir beide sicherlich über die Runden kommen.
Mittlerweile war die Schlange ein gutes Stück weiter vorgerückt. Je geringer der Abstand zum Eingang des Verwaltungsgebäudes wurde, desto nervöser wurden die beiden Brüder.
Der Stempel klatschte zwei Mal kurz hintereinander auf die Musterungspapiere. Paul und John warfen sich kurze Blicke zu, bevor sie sich wieder dem jungen Offizier zuwandten, der sich wichtigtuerisch vor ihnen auf seinem Stuhl nach vorn beugte: „Hier habt ihr beiden Landratten eine Liste. Da steht alles drauf, was man als persönliche Ausstattung auf einem Segelschiff haben sollte. Und alles, was ihr mitnehmen wollt, sollte in eine Seekiste passen. Ist das klar, Jungs?“
Der Blick des Musterungsoffiziers war streng und autoritär.
„Jawohl, Sir!“, antwortete Paul unverzüglich.
„Aye, aye, Sir!“, erwiderte John, der aufgrund seines Umgangs mit Matrosen von der Navy mit den hiesigen Gepflogenheiten schon eher vertraut war.
„Am Montag um 8 Uhr morgens meldet ihr euch an der Wache des Marineareals. Falls ihr nicht da sein solltet, geltet ihr als Deserteure, ist euch beiden das klar?“
„Ja ..., aye, Sir!“
„Aye, aye, Sir!“
Die von John ersehnten und die von Paul benötigten Papiere in der Hand, machten sich die beiden Brüder auf den Weg zu jener Herberge, in der John schon seit Monaten hier in Philadelphia wohnte.
„Du Paul ...“, eröffnete John das Gespräch, „wie war es denn nun, dort auf der Farm, wo du geholfen hast? Konntest Du dort wirklich nicht bleiben?“
„Nein leider nicht! Dort wäre ich gerne länger geblieben. Die Arbeit war gut und die Familie ist auch in Ordnung. Vor allem die Tochter, die Brigitte, die hat es mir schon angetan.“
John grinste: „Aha, davon hast du mir aber noch nicht viel erzählt. Bist ihr wohl zu nahegekommen, oder?“
„Noch nicht ganz, Bruderherz. Aber wir haben viel herumgeschäkert und gelacht. Wirklich ein hübsches Ding.“
„Und das hat ihr Vater natürlich gemerkt, nicht wahr? Hatte wohl Angst, dass seine Tochter vom Knecht geschwängert wird.“
Paul nickte nur. John bemerkte die Wehmut in den Augen seines Bruders. Er sah, wie der den Blick senkte, weswegen er nicht weiter nachbohren wollte.
Paul aber sprach weiter: „Du kannst dir gar nicht vorstellen, John, wie sehr mir dieses Mädel fehlen wird. Sie fehlt mir heute schon! Dabei hat mich die ganze Familie Smith akzeptiert, selbst Mr. Smith. Aber Brigitte ist sein Liebling und irgendwie will er sie noch nicht verheiraten, obwohl sie bald ins heiratsfähige Alter kommt. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich nun vor dem Nichts stehe. Vielleicht hätte ich sogar um Brigittes Hand anhalten können, wenn wir noch im Besitz unseres Hauses wären. So aber habe ich nichts, gar nichts!“
„Hast du es wenigstens versucht?“
Paul schüttelte verneinend seinen Kopf.
„Aber du hättest doch wenigstens fragen können! Was hast du denn noch zu verlieren? Vielleicht hätte es doch irgendeine Lösung gegeben. Du hast doch selbst gesagt, dass die Smiths wieder Nachwuchs erwarten.“
„Ja schon! Aber was ändert das?“
„Mensch, denk doch mal nach, Bruderherz, irgendwann wollen die dann doch ihre Tochter unter die Haube bringen.“
Paul wusste, dass sein jüngerer Bruder im Grunde genommen recht hatte. Oft wurden die Mädchen außer Haus geschickt, sobald sie geschlechtsreif waren – besonders in kinderreichen Familien. Die meisten Familien einfacher Leute waren mit vielen Kindern gesegnet. Nun wollte er das Thema beenden und so sagte er nur noch: „Ja, John, irgendwann einmal! Ich werde dann aber auf hoher See sein!“
Dieses Mal war es John, der nickte. Ihm war jetzt nach Schweigen zumute. War da nicht irgendwie ein Unterton dabei gewesen, der sich nach Schuldvorwurf angehört hatte?
Anschließend sprachen beide Brüder nur noch wenig, während sie nebeneinander hergingen. Beide waren in Gedanken versunken und in unterschiedlicher Stimmung. Aber auch ohne jedes Wort fühlten sie, dass sie nun, trotz ihrer Unterschiedlichkeit, durch ein gemeinsames Band verbunden waren und vermutlich einem gemeinsamen Schicksal entgegensahen.
Nun war es so weit. Gemeinsam mit ein paar Dutzend Männern, die von nun an zur Schiffsbesatzung gehören sollten, zogen die beiden Wagner-Brüder Handkarren durch die Gassen des Marineareals, die mit den schweren Seekisten beladen waren. Sie bogen um eine Ecke und marschierten in Richtung Kaimauer. Die Gruppe bestand gänzlich aus Frischlingen. Sie wurden von der Navy neu angeworben und kamen entweder von der Handelsschifffahrt oder hatten noch gar keine Erfahrung auf See. Angeführt wurden sie von einem sehr jungen Midshipman, einem Seekadetten, der den Weg zum Offizier erst kürzlich eingeschlagen hatte. Dieser brachte sie nun vom bewachten Zugangstor des Marineareals zur USS Philadelphia, dem Schiff, das ab sofort neuer Arbeitsplatz und gleichzeitig neue Heimat dieser Gruppe werden sollte. Der Rest der Besatzung, also sowohl die Stammbesatzung, welche während der ganzen Werftliegezeit auf dem Schiff gelebt hatte, als auch die mittlerweile aufgestockte Crew aus Navy-Leuten, war schon längst an Bord der Fregatte.
Besonders Paul fand die Situation befremdlich. Zwei Jahre, vermutete er, würde er von nun an unter ungewohnten Bedingungen hier leben müssen. Vielleicht auch länger! Auf einem Kriegsschiff konnte man das nie so genau wissen. Die Atlantiküberquerung auf dem Auswandererschiff hatte Paul schon als extrem unbequem und als viel zu lang empfunden, aber er war sich wenigstens sicher, dass er hier nicht fast die gesamte Zeit in einem dunklen und stinkenden Zwischendeck verbringen musste. Immerhin war die Philadelphia bedeutend größer als die Bark Western Sky. Der Midshipman hatte vorhin von einer aktuellen Besatzung von 314 Mann gesprochen. Auf der kleineren Western Sky waren bei nur 32 Mann Besatzung noch die 344 Zwischendeckspassagiere gewesen – zumindest bei der Abreise in Le Havre. Bei der Ankunft in Philadelphia fehlten bereits 38 Passagiere, darunter 15 Kinder. Gestorben an Cholera, Typhus, oder irgendeiner anderen Seuche. Vielleicht auch einfach nur an Schwäche, oder wegen der grauenhaften hygienischen Verhältnisse. Wer konnte das schon so genau wissen? Es war ja auch nur ein einziger Arzt an Bord gewesen, welcher die Überfahrt nicht einmal selbst überlebt hatte. 38-mal waren Leichen über die Reling geworfen worden. 38 Menschen hatten anstatt einer neuen Heimat in Amerika eine letzte Ruhestätte tief unten in der nassen See gefunden. Paul versuchte die Erinnerung an dieses Grauen zu vergessen. Er sprach sich selber Mut zu. Diese Fregatte machte selbst auf ihn Eindruck.
„Na Paul, was meinst du? Ein tolles Schiff, nicht wahr?“
„Schon!“
Allein diese kurze Antwort seines Bruders wirkte ziemlich ernüchternd. Aber John war stolz darauf ein Mitglied der Crew auf solch einem stolzen Kriegsschiff zu werden. Paul bemerkte den Zwiespalt an Johns sich runzelnder Stirn und setzte deshalb hinzu: „Warten wir’s ab! Aber du scheinst dich ja richtig zu freuen. Aber nervös bist auch du, oder etwa nicht?“
„Na klar! Das ist auch für mich alles ganz was Neues. Aber schließlich machen wir keinen Kriegseinsatz. Die Vereinigten Staaten befinden sich nicht mehr im Krieg. Es geht nicht mehr gegen die Franzosen und auch nicht mehr gegen die Engländer. Und vor den Muselmanen brauchen wir doch wohl nicht den Schwanz einziehen!“
„Da hast du sicherlich Recht Matrose! Diesen Barbaren werden wir’s schon zeigen! Aber vergesst nicht ihr Beiden, dass ihr ab sofort bei der U.S. Navy seid.“
Derjenige der dies auf Deutsch sagte, war der Midshipman in seiner adretten Uniform. Auch dieser war wohl aus Deutschland hier in die Staaten eingewandert. Noch klang der junge Mann wenig autoritär. Aber plötzlich erinnerte dieser sich daran, dass er nicht weniger als ein Offiziersanwärter war und dass von ihm eine andere Tonart erwartet wurde. Nun setzte er sich eine ernste Miene auf und fügte in strengem Ton auf Englisch hinzu: „Und auf einem Schiff der U.S. Navy wird Englisch gesprochen, ist das klar!“
„Aye, aye, Sir!“, erwiderten die beiden Brüder synchron.
Nun erst wurde der Midshipman so richtig laut. Er ließ seinen sich verhärteten Blick über die gesamte Gruppe schweifen. Nun wirkte er wirklich autoritär.
„Und nun geht ihr immer schön einer nach dem anderen über die Gangway an Bord. Und lasst eure Seekisten nicht ins Wasser plumpsen, sonst habt ihr bereits heute am ersten Tag ausgeschissen!“
„Geh du voran!“, flüsterte Paul zu seinem jüngeren Bruder.
John nickte. Seine Seekiste lastete bereits wie Blei auf seinen Schultern. Aber die wenigen Meter bis hinauf aufs Deck würde er schon noch schaffen. Er bemerkte, wie unsicher die Männer vor ihm über die Gangway gewankt waren. Schon der erste davon war ins Stolpern geraten, beinahe gestürzt. Gerade noch konnte der Mann seine Kiste mit seiner zweiten Hand vor dem Fall ins Wasser retten, aber das Gelächter der Seeleute, welche die Ankunft der Neuankömmlinge vom Oberdeck aus neugierig beobachtete, war dem guten Mann bereits sicher. Erst dann eilten ein paar von den jungen Matrosen herbei, um den Neuankömmlingen beim Tragen der Kisten zu helfen. Nun bemerkte auch John, dass es gar nicht so einfach war, auf einer schmalen, schwankenden Gangway zu gehen, ohne sich richtig festhalten zu können. Denn beide Hände brauchte man eigentlich zum Tragen der etwas sperrigen Seekiste. Dann hatte er es geschafft. Paul, der etwas kräftiger war, hatte wohl keine Schwierigkeiten gehabt. Endlich konnten sie die schweren Kisten an Deck abstellen. Zwei neue Seekisten die nichts zu erzählen hatten – noch nichts!
Überall roch es nach Teer und frischer Farbe sowie nach neuem Tauwerk. Wie all die anderen Neuen auch reckten die Brüder als Allererstes ihre Hälse. Sie blickten ehrfurchtsvoll nach oben. Die Masten, an deren Füßen rundum Enterhaken martialisch aufgereiht waren, schienen unendlich hoch zu sein. Das Gewirr aus Tauen und Leinen glich einem Spinnennetz, wobei solch ein Netz eine klare Struktur hatte. Aber das System der Takelage war einfach undurchschaubar. Paul wurde in den Knien weich bei dem Gedanken dort oben arbeiten zu müssen.
John empfand Ähnliches, wobei er neben dem mulmigen Gefühl auch die Lust verspürte, diese Herausforderung anzunehmen. Schon auf der Western Sky hatte er den routinierten Umgang der Besatzung mit dem Gewirr aus Tampen bewundert. John war sogar einer der wenigen Zwischendeckspassagiere gewesen, welche bei einigen Segelmanövern freiwillig mit Hand angelegt hatte. Vergünstigungen, wie Verköstigung vom Schiff, hatte er dadurch aber freilich keine bekommen. Allein die Abwechslung zum muffigen Aufenthalt im düsteren Zwischendeck, verbunden mit reichlich Bewegung an der frischen Seeluft, war für John Grund genug sich an Deck nützlich zu machen. Hier an Bord der Fregatte war alles größer, massiver. Und dann waren da auch noch die Kanonen, unten im Batteriedeck. Hier auf dem Oberdeck stand weitestgehend eine große, freie Fläche zur Verfügung, die nur von drei Masten, welche mit massiven Mastgärten umgeben waren, unterbrochen wurde. Dort wurden viele der Tampen belegt, welche zum Bedienen der Segel notwendig waren. Die meisten Taue jedoch, die zum Setzen und zum Bergen der Segel dienten, waren entlang der Bordwände an den Nagelbänken mit den sogenannten Belegnägeln festgemacht und kunstvoll aufgeschossen. So viel wusste John mittlerweile.
Während sich all die anderen Neuen bereits ein wenig ordneten, war er schon wieder in Gedanken versunken und so war es nicht verwunderlich, dass John schon nach so kurzer Zeit an Bord einen Rüffel einstecken musste: „Stell dich ordentlich in die Reihe Junge, glotze nicht so herum! Du wirst noch genügend Gelegenheit bekommen, um dich da oben zu bewähren!“
Der Offizier machte den Neuen schnell klar, dass von nun an ein anderer Wind herrschen würde.
Mit strengem Blick und autoritärem Gebaren richtete er sich nun an die ganze Gruppe: „Stellt euch geradlinig in einer Linie auf! Wenn ich auf euch deute, tretet ihr einen Schritt nach vorne! Ist das klar?“
„Aye, aye, Sir!“ erscholl es laut und fast wie aus einem Munde.
Dann schritt der Offizier die Reihe ab. Ab und zu ließ er Männer nach vorne treten. Nun deutete er auf Paul Wagner. Der gesellte sich nun in die vordere Reihe. John dagegen, der direkt neben seinem Bruder stand, konnte stehen bleiben.
Paul hatte keine Ahnung, nach welchen Gesichtspunkten die Auswahl erfolgte. Er befürchtet aber, dass er nicht die ganze Zeit Seite an Seite mit seinem Bruder verbringen würde. Das hatte er sich doch so erhofft. Nun zerschlug sich diese Hoffnung bereits in den ersten Minuten an Bord dieses Schiffes. Wie recht er doch hatte! Das zeigte sich schon jetzt.
Nun befahl der Offizier in einem barschen Ton: „Die vordere Reihe stellt sich jetzt in einer Reihe an Steuerbord auf! Das ist rechts, wenn man nach vorne schaut! Ich hoffe, dass ich das kein zweites Mal erklären muss! Die anderen stellen sich backbords auf! Ratet mal, wo das sein könnte?“
John gesellte sich mit seiner Gruppe nach Backbord. Auch er hatte sich längst seine Gedanken über das gerade getätigte Auswahlverfahren gemacht. In seiner Reihe standen nun hauptsächlich jüngere und schlaksige Kerle. Die gedrungenen und kräftigeren Typen hingegen standen auf der anderen Seite. Auch seine Hoffnung, zusammen mit seinem Bruder zu bleiben, hatte sich bereits aufgelöst.
Nun trat ein bereits etwas älterer Mann in Uniform vor die Gruppe. Sein Gesicht war vom Wetter gezeichnet.
„Ich bin euer Bootsmann. Mein Name ist Ian Scooter. Ihr habt von nun an die Ehre dieses großartige Schiff hier zu segeln. Ihr werdet eure Arbeit hier an Deck und oben im Rigg verrichten. Keine Angst, bis jetzt ist noch keiner da oben geblieben!“
Die Augen des Bootsmannes funkelten zynisch. Sein Blick wirkte streng, hatte aber auch etwas Väterliches an sich.
Paul erfuhr zur gleichen Zeit, dass er nun dem Stückmeister Dick Jackson zugeteilt war. Der war ein Bär eines Mannes, dessen Gesicht von einem fülligen Vollbart und buschigen Augenbrauen fast vollends verdeckt war. Jackson war Herr über 36 Stück 18-Pfünder Kanonen.
„Anfangs verfügte die Philadelphia sogar über 44 Kanonen“, erläuterte Jackson seinem neuen Team, „aber nun hat man zugunsten eines geringeren Tiefganges, agilerer Manövriereigenschaften und vor allem einer höheren Geschwindigkeit zuliebe acht Stück entfernt. Wenn man bedenkt, dass ein 18-Pfünder neun Mann als Bedienmannschaft erfordert – vom Stückführer bis zum Pulveräffchen – kann sich jedermann ausrechnen, dass dies nochmals 36 Mann zusätzlich für die Besatzung ausmacht. Irgendwelche Fragen?“
Paul war selbstbewusst genug, um sich zu melden: „Ich hätte da gleich zwei Fragen, Sir!“
„Gut, wie lautet dein Name und woher stammst du?“
„Paul Wagner, aus Deutschland, Sir!“
„Dann schieß los!“
„Erstens: Was ist ein Pulveräffchen? Und zweitens: Verzeihung, Sir, aber ich bin bei der Rechnung auf 72 Mann gekommen.“
Jackson schmunzelte: „Sieh an, sieh an! Da kann doch einer sogar rechnen. Schreiben kannst du wohl auch noch?“
„Aber sicher, Sir. Ich bin auf einer Farm aufgewachsen und als Bauer, ich meine als Farmer, sollte man auch rechnen können.“
„Nun gut, ich gebe dir ja recht, aber ganz so selbstverständlich ist das gar nicht. Zunächst zu deiner zweiten Frage: Diese Fregatte hat eine Besatzung von etwas mehr als 300 Mann. Allein für die 36 Stücke wären bei 9 Mann zur Geschützbedienung schon 324 Mann erforderlich. Wer zum Teufel, soll denn dann das Schiff noch segeln? Betet zu Gott, dass es niemals anders kommen wird, aber man geht davon aus, dass in der Regel nur auf je einer Seite ganze Breitseiten abgefeuert werden müssen. Mit anderen Worten erfordert dies nur noch die Hälfte. Und da mir bisher sogar diese Anzahl gefehlt hat, habe ich euch anfordern lassen. Eure Aufgabe wird es sein diese Kanonen, welche ihr gleich zu sehen bekommt, zu bedienen, und zwar so schnell es eben geht. Dafür werde ich schon sorgen! Aber ihr werdet natürlich auch noch anderen Aufgaben nachgehen müssen. Die meisten von euch sind wohl die reinsten Landratten, aber Kraft genug, um das Gangspill zu bedienen, unter anderem um den Anker zu hieven, werdet ihr schon noch bekommen.
Und nun Paul zu deiner ersten Frage. Das hier ist Egon,“ der Stückmeister zeigte auf den Jungen, der selbstbewusst ein wenig im Abseits stand und schon die ganze Zeit über die Neuen beobachtet hatte, „einer meiner Pulveräffchen. Er ist vor kurzem erst 14 Jahre alt geworden, ist aber schon beinahe zwei Jahre auf der Philadelphia. Er stammt, so wie du Paul, auch aus Deutschland. Seine Aufgabe ist es, so geschwind wie ein Äffchen, hin und her zu sausen, um vom Orlopdeck – das ist unterhalb des Batteriedecks – Pulverkartuschen zu holen, damit ihr nachladen könnt, ohne auch nur eine Sekunde warten zu müssen. Und der Egon schafft das, glaubt mir! Aber bis ihr so weit seid, um Egon zum Schwitzen zu bringen, wird es noch eine geraume Weile dauern. Stimmt’s Egon?“
Egon nickte zustimmend: „So ist es, Sir!“ Dabei grinste er keck wie ein Äffchen.
Der Stückmeister machte einen Wink: „Und nun packt eure Seekisten und folgt mir!“
Paul stemmte erneut seine Seekiste auf seine Schultern und folgte mit den anderen Neuen dem Stückmeister. Er hatte längst nicht alles verstanden, was dieser Jackson alles gesagt hatte. Pauls Englisch war bei weitem noch nicht so gut wie das seines jüngeren Bruders, der sich in der Stadt gut angepasst hatte. In Pauls Umfeld dagegen sprachen all die Nachbarn im Umkreis der nun niedergebrannten Farm Deutsch. Der Niedergang zum Batteriedeck war entsetzlich steil. Zum Glück hatte diese Treppe ein festes Geländer und Gott sei Dank boten sich auch hier Besatzungsmitgliedern mit kräftigen Armen Hilfe an. Aber trotz allem fiel es ihm nicht leicht mitsamt der schweren Kiste sicher hinabzusteigen.