Schmerzfrei durch Achtsamkeit - Danny Penman - E-Book

Schmerzfrei durch Achtsamkeit E-Book

Danny Penman

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Endlich Hilfe bei chronischen Schmerzen! Chronische Schmerzen sind für jeden Betroffenen eine ungeheure Belastung – aber es gibt einen Ausweg. Mit einfachen Achtsamkeitsübungen ist es möglich, Schmerz und den damit verbundenen Stress zu lösen. Denn Meditationen wirken ebenso effektiv wie Schmerzmittel, fördern die Selbstheilungskräfte des Körpers und reduzieren Unruhe, Depressionen und Schlaflosigkeit. Vidyamala Burch wurde selbst nach einer Wirbelsäulenverletzung jahrelang von Schmerzen geplagt; erst mit ihrer eigenen Methode bekam sie sie in den Griff. Nur 10 bis 20 Minuten täglich, 8 Wochen lang – und Stress und Anspannung lassen deutlich nach.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 352

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Danny Penman • Vidyamala Burch

Schmerzfrei durch Achtsamkeit

Die effektive Methode zur Befreiung von Krankheit und Stress

Aus dem Englischen von Maike und Stephan Schuhmacher

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Endlich Hilfe bei chronischen Schmerzen!

 

Über Danny Penman • Vidyamala Burch

Dr. Danny Penman ist ein preisgekrönter investigativer Journalist. Er arbeitete für die BBC, New Scientist und den Independent. Derzeit schreibt er für die Daily Mail. Er praktiziert Meditation seit über 30 Jahren.

 

Inhaltsübersicht

HinweisWidmungVorwort von Mark WilliamsKapitel 1 Jeder Augenblick birgt eine neue ChanceAchtsamkeit löst Schmerzen und Leiden aufAchtsamkeit für gute GesundheitKapitel 2 Widerstand verlängert das LeidenWas ist Schmerz überhaupt?Primäres und sekundäres LeidenDie Fesseln des Schmerzes lockernUnser beider GeschichtenKapitel 3 Einführung ins AchtsamkeitsprogrammZeit und Raum für MeditationWie soll ich sitzen?Wann beginnen Sie mit dem Programm?Kapitel 4 Woche 1: WildpferdeDer KörperscanPraktische HinweiseHektische GedankenWeitere mögliche ErfahrungenGewohnheitsbrecher: Gehen Sie jeden Tag in die NaturKapitel 5 Woche 2: Sie sind nicht Ihre GedankenEmotionale TeufelskreiseEin Mensch im Seinsmodus werdenDer Atem als AnkerQuicklebendigDer Atem offenbart den HandlungsmodusGewohnheitsbrecher: Schauen Sie eine Weile in den HimmelKapitel 6 Woche 3: Antworten, nicht reagierenAchtsame BewegungAchtsamkeit im täglichen Leben: Den Boom-Bust-Zyklus überwindenGewohnheitsbrecher: Schauen Sie dem Wasser beim Kochen zuKapitel 7 Woche 4: Beobachten, wie Leiden und Stress sich auflösenAkzeptanzDas Programm zur Kräfteeinteilung: Ihr Tagebuch analysierenGewohnheitsbrecher: Machen Sie Ihren Frieden mit der SchwerkraftKapitel 8 Woche 5: Die Freude an den kleinen DingenUnser Gehirn neu vernetzenOperation am GehirnDas Programm zur Kräfteeinteilung: Die Grundvorgaben festlegenGewohnheitsbrecher: Schreiben Sie zehn gute Dinge aufKapitel 9 Woche 6: Die sanfte Schwerkraft der FreundlichkeitEine mitfühlende Sicht auf das Leben entwickelnNeue BlickwinkelDas Programm zur Kräfteeinteilung: Verweilen und AufbauenDie Augenblicke des Alltags würdigenGewohnheitsbrecher: Halten Sie inne, um zu schauen und zu lauschenKapitel 10 Woche 7: Du bist nicht alleinVon Isolation zur VerbundenheitHeimkommen zu dem, der Sie sindDas Programm zur Kräfteeinteilung: Drei-Minuten-AtemraumGewohnheitsbrecher: Spontane Gesten der FreundlichkeitKapitel 11 Woche 8: Das Leben lebt durch SieWahres Wohlbefinden findenSchreiben Sie sich einen BriefAnhangMedien und HilfsmittelWeiterführende LiteraturMeditation, Gesundheit und PsychologieDanksagungRegister

Bitte übernehmen Sie selbst die Verantwortung für Ihren Körper. Sollten Ihnen im Hinblick auf dieses Programm Zweifel kommen, so holen Sie sich Rat bei medizinischem Fachpersonal. Befinden Sie sich bereits in einer Physiotherapie oder sind Sie in einen Übungsplan eingebunden, so führen Sie diese parallel zu den Übungen in diesem Buch durch. Meditation ist kein Ersatz für eine medizinische Behandlung. Bitte verändern Sie keinesfalls die Medikamenteneinnahme, ohne vorher Ihren Arzt gefragt zu haben. Es ist gut möglich, dass Sie die Dosis verringern können; Sie sollten aber sicherstellen, dass dies stufenweise und geplant geschieht. Selbst wenn Sie die Einnahme nicht reduzieren können, wird Achtsamkeit Ihnen helfen, Ihr Leben wieder in Schwung zu bringen, indem sie Ihren Alltag bereichert und ihn neu strukturiert.

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, Sie beim Lernen zu unterstützen, während Sie den Kurs in diesem Buch absolvieren. Über Breathworks können Sie sich einer Präsenzgruppe anschließen oder einer Onlinegruppe beitreten. Auch individuelle Begleitung und Unterstützung werden angeboten – weitere Einzelheiten finden Sie auf www.breathworks.de.

Für meine süße kleine Sasha May Penman.

DANNY

Für alle bei Breathworks – in tiefer Dankbarkeit dafür, dass sie meine Vision teilen und sie Wirklichkeit werden lassen.

VIDYAMALA

Vorwort von Mark Williams

Den Kern des Achtsamkeitstrainings bildet ein seltsames Paradoxon: Achtsamkeit bedeutet «Bewusstheit» – doch wenn ein Mensch unter zermürbenden Schmerzen leidet, wie sie im Gefolge einer chronischen Krankheit oder einer traumatischen Verletzung auftreten können, scheint er sich seines Leidens nur allzu sehr bewusst zu sein. Wie in aller Welt kann es dann helfen zu lernen, sogar noch bewusster damit umzugehen?

Vidyamala Burch und Danny Penman erklären in diesem schönen und einfühlsamen Buch, wie das geht. Sie beschreiben, dass ein ganz subtiler mentaler Prozess automatisch in Gang gesetzt wird, der eben den Schmerz und das Unbehagen, die wir doch eigentlich loswerden wollen, verstärkt. Gerade aber weil diese verstärkenden Faktoren automatisch greifen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind, müssen wir das Licht unserer Aufmerksamkeit darauf werfen. Denn wenn das alles «im Dunkeln» abläuft, sind Sie verloren und bleiben mit Ihrem Schmerz allein. Aber wenn es Ihnen gelingt, den Scheinwerfer der Aufmerksamkeit auf Ihr Leiden zu richten, beginnt es sich aufzulösen.

Doch Vidyamala und Danny liefern uns nicht nur eine klare und auf dem neuesten Stand befindliche wissenschaftliche Erklärung für diesen Ablauf, sie geben Ihnen auch einen Führer an die Hand, der Ihnen Schritt für Schritt durch Ihr Leiden hindurchhilft. Das Herzstück stellt eine Reihe von kurzen Meditationsübungen dar, die Ihnen den nötigen Mut verleihen, sich dem Auge des Sturms zu nähern und es mit Wohlwollen und Neugier zu erkunden, sodass Sie immer deutlicher erkennen, wo die Automatismen Ihres Geistes das Ruder übernehmen wollen. Die Übungen helfen Ihnen, die förderlichen von den schädlichen Aktivitäten zu unterscheiden und einen Geist, der oft schroff und unversöhnlich ist, «geneigt» zu machen, offen und mitfühlend zu sein – was, so seltsam es auch erscheinen mag, vieles von dem Leiden auflöst, das zuvor so unausweichlich erschien.

Ich habe das Privileg, Vidyamala und Danny schon viele Jahre zu kennen. Beide schreiben aus eigener Erfahrung: Sie wissen, was es heißt, unter Schmerzen zu leiden, die ihnen früher unerträglich vorkamen. Bei Vidyamala handelte es sich um die Folgen eines Hebeunfalls, dem fünf Jahre später ein Verkehrsunfall folgte. Danny verunglückte beim Paragliding. Im vorliegenden Buch berichten beide von diesen Erfahrungen und beschreiben, dass sie in der Falle sowohl akuter als auch chronischer Schmerzen saßen, aus der es kein Entrinnen zu geben schien. Beide fanden in der Achtsamkeitsmeditation einen Weg, sich von ihrem Leiden zu befreien. Auf der Grundlage ihrer Erfahrung schrieb Vidyamala das Buch Gut leben trotz Schmerz und Krankheit: Der achtsame Weg, sich vom Leid zu befreien, und sie gründete Breathworks, eine Organisation für Menschen, die an chronischen Schmerzen, Krankheiten und Stress leiden. Durch ihre Schriften und ihre Arbeit in der Klinik und als Trainerin hat sie zahllosen Menschen geholfen. Nach seinem Unfall entdeckte Danny die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (Mindfulness Based Cognitive Therapy, MBCT) und schrieb darüber in seinem Buch Meditation im Alltag: Gelassenheit finden in einer hektischen Welt – einem Buch, das vielen Menschen eine enorme Hilfe war.

Das vorliegende Buch enthält viele inspirierende Geschichten von Menschen, die bereits alle Hoffnung aufgegeben hatten, weil sie ihr Leben scheinbar für immer durch Krankheit, Unfall oder Trauma beeinträchtigt wähnten. Einige von ihnen sahen sich durch das moderne wissenschaftliche Verständnis von Schmerzen und die Belege dafür, dass Achtsamkeit einen radikal neuen und effektiven Umgang mit einem solchen Leiden vermitteln kann, dazu ermutigt, an Achtsamkeitskursen teilzunehmen. Doch obwohl die Wissenschaft den ersten Schritt anzustoßen vermag, ist sie vermutlich eher weniger geeignet, die Motivation aufrechtzuerhalten, wenn es hart auf hart kommt. Genau an diesem Punkt aber setzen die Philosophie, die der Achtsamkeit zugrunde liegt, und die Lehren von Jon Kabat-Zinn an, der sie als Erster im modernen Gesundheitswesen anwandte. Jon sagt oft: «Ganz gleich, an welcher Krankheit oder Verletzung man leidet – solange man noch atmet, ist mehr in Ordnung, als im Argen liegt.»

Nach diesem Verständnis von Krankheit besteht der achtsame Ansatz der Körper-Geist-Medizin darin, jeden von uns als mit starken Ressourcen begabt zu betrachten – derer er sich allerdings nicht bewusst ist, da niemand ihn dazu angeleitet hat, sie zu erkennen und zu kultivieren. Der Schmerz lässt sich nicht ignorieren oder fortwünschen. Aber unterhalb seines schrillen Gelärms existiert eine tiefe Ganzheit, die von Krankheit und Leiden unangetastet bleibt. Es ist eine Ganzheit, die wir uns wieder aneignen können, wenn wir uns dem Körper, der uns so schmählich im Stich zu lassen scheint, nur für einen Augenblick bewusst annähern, wenn wir aufmerksam in ihn hineinspüren und uns liebevoll mit ihm anfreunden.

Diesen Ansatz zu kultivieren, ist nicht ganz einfach, aber möglich. Es erfordert Geduld, Mut und die Bereitschaft, die Übungen zu absolvieren. Niemand kann Ihnen diese Arbeit abnehmen; gute und vertrauenswürdige Führer sind hierbei jedoch eine unschätzbare Hilfe. Vidyamala und Danny haben dieses Buch geschrieben, um Sie durch diesen Prozess zu leiten. Möge ihre Führung es Ihnen ermöglichen, die tief greifenden Vorzüge der Achtsamkeit zu entdecken, während die Praxis Sie Tag für Tag wieder mehr in Kontakt mit dem außergewöhnlichen Menschen bringt, der Sie bereits sind.

 

Professor Mark Williams

University of Oxford

Kapitel 1Jeder Augenblick birgt eine neue Chance

Nachts scheinen Schmerzen stets schlimmer zu sein. Es ist vielleicht die Stille, die das Leiden verstärkt. Selbst wenn Sie die Maximaldosis an Schmerzmitteln genommen haben, kehren die Schmerzen bald mit aller Macht zurück. Sie möchten etwas tun, irgendetwas, um diesen Schmerz loszuwerden, doch alles, was Sie versuchen, scheint nichts zu bewirken. Bewegung tut weh. Nichtstun tut weh. Ignorieren tut weh. Aber es sind nicht nur die Schmerzen, die weh tun; Ihr Geist kann Schaden nehmen, während Sie verzweifelt einen Ausweg suchen. Bohrende und bittere Fragen können an Ihnen nagen: Was, wenn ich nicht wieder gesund werde? Was, wenn es schlimmer wird? Ich komme damit nicht klar … Bitte, es soll einfach aufhören …

Wir haben dieses Buch geschrieben, um Ihnen zu helfen, in Zeiten wie diesen mit Schmerzen, Krankheit und Stress umzugehen. Es wird Sie lehren, wie Sie Ihr Leiden allmählich reduzieren können, sodass Sie wieder anfangen können, aus dem Vollen zu schöpfen. Es mag Ihr Leiden nicht vollständig beseitigen, aber es wird dafür sorgen, dass es Ihr Leben nicht länger dominiert. Sie werden feststellen, dass es tatsächlich möglich ist, in Frieden zu sein und ein wahrhaft erfüllendes Leben zu genießen, auch wenn Krankheit und Schmerz unvermeidlich sind.

Wir wissen, dass dies möglich ist, denn wir haben beide schlimme Verletzungen erlitten und eine alte Meditationsform, die man «Achtsamkeit» nennt, verwendet, um unser Leiden zu lindern. Die in diesem Buch vorgestellten Techniken sind von Ärzten und Wissenschaftlern an Universitäten in der ganzen Welt erfolgreich erprobt worden. Achtsamkeit hat sich in der Tat als so effektiv erwiesen, dass Ärzte und auf Schmerzbehandlung spezialisierte Kliniken ihren Patienten heute unser Breathworks-Zentrum in Manchester empfehlen sowie Kurse, die von mit uns verbundenen Trainern in der ganzen Welt geleitet werden. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht Menschen helfen, in ihrem Leiden zum Frieden zu gelangen.

Dieses Buch und die begleitenden Übungen, die Sie unter www.rowohlt.de/schmerzfrei abrufen können, bieten Ihnen eine Reihe von einfachen Übungen an, die Sie in Ihren Alltag integrieren können, um Schmerzen, Angst und Stress deutlich zu reduzieren.[1] Sie bauen auf der Achtsamkeitsbasierten Schmerzbewältigung (Mindfulness-Based Pain Management, MBPM) auf, deren Wurzeln im bahnbrechenden Werk von Dr. Jon Kabat-Zinn vom Medical Center der University of Massachusetts zu finden sind. Das MBPM-Programm selbst wurde von Vidyamala Burch (der Koautorin dieses Buches) als Hilfsmittel entwickelt, um die Folgen zweier schwerer Unfälle besser verkraften zu können. Obwohl es ursprünglich darauf ausgelegt war, Schmerz und Leiden auf Körperebene zu mindern, hat es sich ebenfalls als eine effektive Technik zur Stressreduktion erwiesen. Tatsächlich haben viele klinische Versuche gezeigt, dass die wesentlichen Techniken der Achtsamkeitsmeditation zur Linderung von Angst, Stress und Depression ebenso effektiv sind wie Medikamente oder Psychotherapie.[2] Was Schmerzen angeht, haben klinische Versuche ergeben, dass Achtsamkeit genauso wirksam ist, wie es die gängigen rezeptpflichtigen Schmerzmittel sind, und einige Studien konnten sogar zeigen, dass sie genauso wirksam ist wie Morphium. Studien mit bildgebenden Verfahren erbrachten, dass Achtsamkeit die dem Schmerz zugrundeliegenden Gehirnwellenmuster beruhigen, dass sich diese Veränderungen mit der Zeit festigen und die Gehirnstruktur selbst dahingehend verändern, dass man den Schmerz nicht mehr mit der gleichen Intensität spürt. Und wenn er auftritt, beherrscht der Schmerz Ihr Leben nicht mehr so sehr wie früher.[3] [4] Viele Menschen berichten, ihr Schmerz habe in einem solchen Maße abgenommen, dass sie ihn kaum noch wahrnähmen.

Viele Schmerzkliniken empfehlen ihren Patienten heutzutage die Achtsamkeitsmeditation bei einer großen Bandbreite von Krankheiten wie etwa Krebs (auch zur Linderung von Nebenwirkungen der Chemotherapie), Herzkrankheiten, Diabetes und Arthritis. Sie wird darüber hinaus bei Rückenproblemen, Migräne, Fibromyalgie, Zöliakie und einer Reihe von Autoimmunerkrankungen wie Lupus oder multiple Sklerose eingesetzt. Auch bei Langzeitleiden wie dem chronischen Erschöpfungssyndrom und dem Reizdarmsyndrom ist die Achtsamkeitsmeditation wirksam, ebenso wie beim Veratmen von Wehen. Klinische Versuche zeigen zudem, dass Achtsamkeit auch Angst, Stress, Depression, Reizbarkeit und Schlaflosigkeit, die aus chronischen Schmerzen und Krankheit herrühren können, deutlich zu mindern vermag. Die Forschung findet ständig neue Beschwerden, die durch Achtsamkeit gelindert werden können.

Der Nutzen der Achtsamkeitsmeditation

Tausende von Fachleuten geprüfte wissenschaftliche Arbeiten beweisen, dass Achtsamkeit Schmerzen reduziert, das geistige und physische Wohlbefinden verbessert und im täglichen Leben hilft, mit Stress und Anspannung umzugehen. Hier einige der wesentlichsten Entdeckungen:

Achtsamkeit kann Schmerz und die emotionale Reaktion auf Schmerz erheblich reduzieren.[5] [6] Jüngste Versuche legen nahe, dass das durchschnittliche Schmerz-Unbehagen-Niveau um 57 Prozent reduziert werden kann, während fortgeschrittene Meditierende von Linderung von bis zu 93 Prozent berichten.[7]

Klinische Versuche zeigen, dass Achtsamkeit die Gemütslage und die Lebensqualität bei chronischen Schmerzen hebt, so etwa bei Fibromyalgie[8] und Schmerzen im Lendenwirbelbereich[9], bei chronischen Funktionsstörungen wie dem Reizdarmsyndrom[10] und bei schweren Erkrankungen wie multiple Sklerose[11] und Krebs[12].

Achtsamkeit verbessert das Arbeitsgedächtnis, die Kreativität, die Aufmerksamkeitsspanne und die Reaktionsgeschwindigkeit. Sie verstärkt zudem die mentale und physische Ausdauer und Belastbarkeit.[13]

Meditation fördert emotionale Intelligenz.[14]

Achtsamkeit ist ein starkes Gegenmittel gegen Angst, Stress, Depression, Erschöpfung und Reizbarkeit. Wer regelmäßig meditiert, ist nach kurzer Zeit glücklicher und neigt weniger dazu, unter psychischem Stress zu leiden.[15]

Achtsamkeit ist bei der Behandlung von klinischen Depressionen mindestens ebenso wirksam wie Pharmazeutika oder psychologische Therapien. Ein strukturiertes Programm, das Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (Mindfulness-Based Cognitive Therapy, MBCT) genannt wird, gehört heute zu den bevorzugten Behandlungsmethoden, die vom National Institute for Health and Clinical Excellence in Großbritannien empfohlen werden.[16]

Achtsamkeit vermindert Suchtverhalten und autodestruktive Verhaltensweisen. Dazu zählen der Missbrauch von illegalen Drogen und rezeptpflichtigen Medikamenten sowie exzessiver Alkoholkonsum.[17]

Meditation verbessert die Gehirnfunktion. Sie vermehrt die graue Substanz des Kortex in jenen Bereichen, die mit Selbstwahrnehmung, Empathie, Selbstkontrolle und Aufmerksamkeit in Zusammenhang stehen.[18] Sie beruhigt Gehirnbereiche, in denen Stresshormone gebildet werden,[19] und baut jene Bereiche auf, die für eine positive Gestimmtheit sorgen und lernfördernd sind.[20] Sie reduziert sogar das natürliche Ausdünnen bestimmter Gehirnbereiche beim Alterungsprozess.[21]

Meditation stärkt das Immunsystem. Regelmäßig Meditierende müssen weitaus seltener wegen Krebs, Herzkrankheiten oder diverser Infektionskrankheiten ins Krankenhaus.[22]

Achtsamkeit kann den Alterungsprozess der Zellen reduzieren, indem sie die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der Chromosomen fördert.[23]

Meditation und Achtsamkeit kontrollieren den Blutzuckerspiegel bei Diabetes Typ II.[24]

Meditation verbessert die Gesundheit von Herz und Kreislauf, indem der Blutdruck gesenkt und damit das Risiko von Bluthochdruck verringert wird. Achtsamkeit vermindert das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln und an ihr zu sterben; wenn bereits eine solche Erkrankung vorhanden ist, senkt sie deren Schweregrad.[25]

Achtsamkeit löst Schmerzen und Leiden auf

Die Achtsamkeitsbasierte Schmerzbewältigung stützt sich auf althergebrachte Meditationstechniken, die bis vor kurzem im Westen weitgehend unbekannt waren. Üblicherweise konzentriert man sich dabei auf den Atem und darauf, wie er in den Körper ein- und aus ihm herausströmt (siehe Kasten auf Seite 25). Auf diese Weise können Sie Ihren Geist und Körper in Aktion erleben, Schmerzempfindungen bei der Entstehung beobachten und die Gegenwehr loslassen. Achtsamkeit lehrt Sie, dass Schmerz auf natürliche Weise zu- und abnimmt. Sie lernen, ihn sanft zu beobachten, statt sich von ihm gefangen nehmen zu lassen. Dabei geschieht etwas Bemerkenswertes: Der Schmerz beginnt von selbst wegzuschmelzen. Nach einer Weile gelangen Sie zu der tiefen Erkenntnis, dass Schmerz in zwei Erscheinungsformen auftritt: einer primären und einer sekundären. Diese beiden Erscheinungsformen haben unterschiedliche Ursachen, und indem Sie das begreifen, bekommen Sie Ihr Leiden viel besser unter Kontrolle.

Der primäre Schmerz rührt meist von einer Krankheit, Verletzung oder Schädigung des Körpers oder Nervensystems her. Sie können sich ihn als eine Art unverarbeitete Information vorstellen, die vom Körper zum Gehirn gesendet wird. Der sekundäre Schmerz folgt schnell auf den primären, ist jedoch oft viel stärker und quälender als dieser. Den sekundären Schmerz kann man als Reaktion des Geistes auf den primären Schmerz auffassen.

Die Schmerzintensität kontrollieren

Der Geist ist dazu in der Lage, die Schmerzempfindungen zu kontrollieren, die Sie bewusst spüren, sowie den Grad ihrer unangenehmen Auswirkung auf Sie.[26] Er verfügt über einen «Regler», der sowohl die Intensität als auch die Dauer der Schmerzempfindungen steuert. Das liegt daran, dass Ihr Geist nicht einfach nur Schmerz empfindet, sondern auch die Information, die dieser enthält, verarbeitet. Ihr Geist analysiert all die verschiedenen Empfindungen, um herauszufinden, welche Ursachen ihnen zugrunde liegen, um weitere Schmerzen oder Schädigungen des Körpers zu vermeiden. In der Tat zoomt der Geist Ihren Schmerz heran, um ihn genauer zu betrachten und eine Lösung für Ihr Leiden zu finden. Dieses Heranzoomen verstärkt den Schmerz. Während der Geist den Schmerz analysiert, sucht er auch nach Erinnerungen an Anlässe, zu denen Sie in der Vergangenheit ähnlich gelitten haben. Er sucht nach einem Muster, nach Hinweisen, die zu einer Lösung führen können. Das Dumme daran ist, dass Ihr Geist, wenn Sie bereits monate- oder jahrelang unter Schmerzen oder Krankheit gelitten haben, auf einen reichhaltigen Vorrat an schmerzhaften Erinnerungen zurückgreifen kann – aber nur auf wenige Lösungen. Und ehe Sie sich’s versehen, wird Ihr Geist von beunruhigenden Erinnerungen überschwemmt. In solchen Gedanken an Ihr Leiden können Sie sich verfangen. Es mag dann so aussehen, als seien Sie schon immer krank und von Schmerzen geplagt gewesen, als hätten Sie nie eine Lösung gefunden und würden sie auch niemals finden. Das kann darauf hinauslaufen, dass Sie über den physischen Schmerz hinaus noch von Ängsten, Stress und Sorgen um die Zukunft geplagt werden: Was wird geschehen, wenn es mir nicht gelingt, diesen Schmerz einzudämmen? Werde ich für den Rest meines Lebens so leiden? Wird es vielleicht immer schlimmer werden?

Dieser Prozess läuft in Sekundenbruchteilen ab, bevor Sie sich dessen überhaupt bewusst werden. Jeder Gedanke baut auf dem vorigen auf, und daraus wird schnell ein Teufelskreis, der Ihr Leiden immer größer werden lässt. Und es kommt noch schlimmer, denn solcher Stress und solche Ängste wirken zurück auf den Körper und schaffen noch mehr Spannung und Stress. Dies kann die Krankheit bzw. die Verletzung verschlimmern und damit zu noch mehr Schmerzen führen. Es schwächt außerdem das Immunsystem und beeinträchtigt somit die Heilung. Auf diese Weise geraten Sie nur allzu leicht in eine Abwärtsspirale, die zu noch größerem Leiden führt.

Schlimmer noch: Solche Abwärtsspiralen können neuronale Pfade im Gehirn bahnen, die Sie für Leiden prädestinieren. In dem vergeblichen Bemühen, das Schlimmste zu vermeiden, beginnt Ihr Gehirn sich darauf einzustimmen, Schmerz schneller und mit größerer Intensität wahrzunehmen. Mit der Zeit wird das Gehirn tatsächlich besser im Aufspüren von Schmerz. Gehirnscans bestätigen, dass Menschen, die an chronischen Schmerzen leiden, mehr Gehirngewebe besitzen, das dem Wahrnehmen bewusster Schmerzempfindungen zuzuordnen ist.[27] Es ist beinahe so, als hätte das Gehirn die Lautstärke voll aufgedreht und wisse nun nicht mehr, wie es sie wieder leiser stellen kann.

Es ist wichtig zu betonen, dass sekundärer Schmerz real ist. Sie fühlen ihn wirklich. Er wird lediglich sekundärer Schmerz genannt, weil er eine Reaktion auf den primären Schmerz ist und intensiv bearbeitet wurde, bevor Sie ihn bewusst fühlen können. Aber genau diese Bearbeitung weist Ihnen auch einen Weg hinaus; es bedeutet, dass Sie lernen können, Kontrolle über den Schmerz zu erlangen. Aus diesem Grunde wird sekundärer Schmerz am besten als Leiden bezeichnet.

In der Praxis heißt das, dass Sie Schmerzen haben können, aber nicht leiden müssen. Haben Sie dies einmal in Ihrem Herzen verinnerlicht, so können Sie lernen, sich von Ihrem Leiden zu distanzieren, und anfangen, mit dem Schmerz tatsächlich auf andere Weise umzugehen. Achtsamkeit gibt Ihnen im Grunde die Kontrolle über Ihren Schmerz zurück.

Die positive Wirkung von Achtsamkeit auf den allgemeinen mentalen und physischen Gesundheitszustand wird durch ein breites Spektrum von wissenschaftlichen Studien belegt. Vielleicht sind Sie dennoch ein wenig skeptisch, was die Meditation angeht.[28] Mit diesem Wort assoziiert man womöglich eine ganze Kaskade von Stereotypen: buddhistische Mönche, Yoga-Kurse, Linsen, brauner Reis … Bevor wir also fortfahren, möchten wir gern mit einigen Mythen aufräumen:

Meditation ist keine Religion. Sie ist einfach eine mentale Übungsform, die – wie zahllose wissenschaftliche Versuche gezeigt haben – uns helfen kann, mit Schmerz, Krankheit, Angst, Stress, Depression, Reizbarkeit und Erschöpfung umzugehen.

Meditation will Sie nicht dazu bringen, passiv zu bleiben oder sich Ihrem Schicksal zu ergeben. Im Gegenteil: Achtsamkeit stärkt die mentale und körperliche Widerstandskraft.

Meditation will Sie nicht dazu verführen, eine lediglich aufgesetzte «positive» Haltung gegenüber dem Leben einzunehmen. Sie schafft vielmehr mentale Klarheit, die Ihnen hilft, das Leben zu genießen und Ihre Ziele zu erreichen.

Meditation erfordert keinen großen Zeitaufwand. Das Programm in diesem Buch erfordert etwa 20 Minuten Übung am Tag. Viele Menschen finden, dass Meditation ihnen in Wirklichkeit mehr Zeit verschafft, als sie sie kostet, weil sie weniger Zeit damit verbringen, sich gegen Schmerzen, Krankheit und Stress zu wehren.

Meditation ist weder schwierig noch kompliziert, auch wenn sie einige Bemühung sowie Beharrlichkeit voraussetzt. Sie können auf so ziemlich alles meditieren (siehe z.B. die Kaffeemeditation in Kapitel 3), und Sie können es praktisch überall tun – im Bus, im Zug, im Flugzeug oder selbst im hektischen Büro.

Eine einfache Atemmeditation

Meditation kann ganz einfach sein; man braucht keine Spezialausrüstung dafür. Die folgende Meditation umfasst die Grundtechnik und beansprucht nur wenige Minuten. Sie wirkt zutiefst entspannend.

Wenn Ihre Verfassung es erlaubt, setzen Sie sich aufrecht, aber entspannt auf einen Stuhl mit gerader Rückenlehne und stellen Sie die Füße mit der ganzen Sohle auf den Boden. Wenn Sie nicht sitzen können, legen Sie sich auf eine Matte oder Decke oder auf Ihr Bett. Lassen Sie die Arme und Hände so locker wie möglich.

Schließen Sie sanft die Augen und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf den Atem, wie er in Ihren Körper ein- und aus ihm ausströmt. Nehmen Sie die Empfindungen wahr, die die Luft auslöst, wenn sie durch Ihren Mund oder die Nase die Kehle hinab und in Ihre Lunge fließt. Spüren Sie, wie sich Brust und Bauch beim Atmen heben und senken. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Stellen, wo die Empfindungen am stärksten sind. Bleiben Sie in Kontakt mit jedem Einatem und jedem Ausatem. Beobachten Sie den Atem, ohne zu versuchen, ihn auf irgendeine Weise zu verändern, oder zu erwarten, dass etwas Besonderes passiert.

Wenn Ihr Geist abzuschweifen beginnt, lenken Sie ihn sanft zurück auf den Atem. Versuchen Sie, sich nicht zu kritisieren. Der Geist schweift nun einmal ab. Das ist seine Natur. Zu bemerken, dass Ihr Geist abgeschweift ist, und ihn dann dazu zu ermutigen, wieder zur Sammlung auf den Atem zurückzukehren – das ist der Kern der Achtsamkeitsübung.

Ihr Geist wird sich am Ende beruhigen – vielleicht aber auch nicht. Wenn er ruhig wird, dann ist dies eventuell nur von kurzer Dauer. Ihr Geist ist womöglich voll von Gedanken oder starken Emotionen wie etwa Angst, Wut, Stress oder Liebe. Und auch sie können flüchtig sein. Was immer auch geschieht, beobachten Sie es einfach so gut wie möglich, ohne zu reagieren oder zu versuchen, etwas zu verändern. Kehren Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit immer und immer wieder sanft zu Ihrem Atem zurück.

Nach einigen Minuten oder, wenn Sie wollen, auch längerer Zeit öffnen Sie langsam die Augen und nehmen Sie Ihre Umgebung wahr.

Achtsamkeit für gute Gesundheit

Dieses Buch arbeitet auf zwei Ebenen, die sich Woche für Woche entfalten. Das Hauptachtsamkeitsprogramm dauert acht Wochen, und jedem Schritt ist ein Kapitel gewidmet. Jede Woche sollten Sie an sechs Tagen jeweils zwei Meditationen durchführen. Diese beanspruchen jeweils nur zehn Minuten.

Sie werden außerdem ermutigt, mit einigen Ihrer unbewussten Gewohnheiten im Denken und Verhalten zu brechen. Sie können nämlich überraschend viel Leiden bergen, denn unser Denken und Fühlen wird oft durch den immer gleichen Umgang mit der Welt festgeschrieben. Das bloße Aufbrechen einiger Ihrer eingefleischten Gewohnheiten hilft Ihnen, Ihr Leiden aufzulösen. Gewohnheiten zu «brechen» – wir sprechen übrigens lieber davon, Gewohnheiten «loszulassen» –, funktioniert ganz unmittelbar. Es kann etwas so Einfaches sein, wie von einer Parkbank aus die Wolken zu betrachten oder zu warten, bis das Wasser im Kocher sprudelt und sich der Kocher selbst abschaltet, bevor man sich eine Tasse Tee oder Kaffee zubereitet (statt schon vorher hinzueilen, um ihn auszuschalten).

Sie sollten das Programm in diesem Buch am besten im Laufe der empfohlenen acht Wochen durchführen, aber wenn Sie mögen, können Sie diesen Zeitraum auch ausdehnen. Viele Menschen finden, dass Achtsamkeit ihnen so wohltut, dass sie sie ihr Leben lang weiter praktizieren. Sie betrachten Achtsamkeit als eine Reise, die ihnen fortlaufend ihr wahres Potenzial offenbart.

Es kann eine lange und fruchtbare Reise werden. Wir wünschen Ihnen dafür alles Gute.

 

Das nächste Kapitel erklärt die wissenschaftlichen Grundlagen von Achtsamkeit und auf welche Weise sie Schmerzen, Leiden und Stress auflöst und Wohlbefinden wiederherstellt. Es zu lesen, wird die Effektivität des ganzen Programms steigern. Wenn Sie sofort mit dem Programm selbst beginnen wollen, steht Ihnen dies frei; Sie sollten dennoch bei Gelegenheit die Lektüre von Kapitel 2 nachholen. Sie vertieft die gesamte Erfahrung.

Auf der Website www.rowohlt.de/schmerzfrei finden Sie Audiodateien mit den Meditationsanleitungen, die Sie zur Durchführung des Programms benötigen. Damit Sie bestmögliche Ergebnisse erzielen können, empfehlen wir Ihnen, die Meditationen in den acht praktischen Kapiteln zuerst durchzulesen, um sich mit den Erfordernissen vertraut zu machen. Dann ist es am besten, wenn Sie die jeweilige Meditation durchführen, während Sie die entsprechende Audiodatei hören.

Kapitel 2Widerstand verlängert das Leiden

Claire hatte lange auf den Computerbildschirm gestarrt, bevor sie den Kopf leicht zur Seite neigte. Sie wimmerte, als ein stechender Schmerz sich den Weg durch ihren Nacken bis hinunter in ihren linken Arm bahnte. Ihre Finger wurden taub und begannen zu pochen. Claires hübsche jugendliche Züge lösten sich auf, und sie sah plötzlich 20 Jahre älter aus. Sie streckte den Arm und begann anschließend, ihren Nacken zu reiben, um die Muskulatur zu lockern. Ihre Schultern und ihr Nacken hatten sich verkrampft, sodass ihr ganzer Oberkörper verspannt und verdreht wirkte. Sie griff nach einem Glas Wasser und schluckte zwei weitere Schmerztabletten.

Warum hört dieser Schmerz nicht einfach auf? Warum wirken die verdammten Schmerztabletten nicht mehr? Sie bringen überhaupt nichts. Ich habe das alles so satt.

Drei Jahre zuvor hatte Claire bei einem Autounfall zwei gebrochene Rippen, ein angebrochenes Handgelenk und ein Schleudertrauma davongetragen. Ihre Rippen und das Handgelenk waren nach drei Monaten vollkommen ausgeheilt, aber die Nachwirkungen des Schleudertraumas wollten einfach nicht verschwinden. Die Ärzte wussten keinen Rat. Mehrere Scans hatten gezeigt, dass ihr Nacken völlig wiederhergestellt war, aber der Schmerz blieb hartnäckig. Er wurde schlimmer, wenn sie zu lange in einer Haltung verharrte. Nach 20 Minuten schoss dann ein scharfer, stechender Schmerz ihren Nacken hinauf und hinunter. Wenn sie sich schließlich bewegte, fühlte sie sich steif, und ihr tat alles weh.

Claire fühlte sich, als würde sie in der Falle sitzen und wäre gebrochen. Ihr Arzt hatte ihr bereits mehrere Serien von Physiotherapiebehandlungen verschrieben, die jedoch keine Langzeitwirkung zeigten. Mittlerweile war sie gezwungen, ständig Schmerztabletten und entzündungshemmende Medikamente zu nehmen. Diese wirkten mehr oder weniger, doch oft fühlte sie sich danach ausgelaugt und betäubt. Sie waren gut gegen das anhaltende «Wundsein», hatten aber keinen Effekt auf die häufigen, scharf stechenden Schmerzen. Vor kurzem hatte ihr Arzt begonnen, ihr Antidepressiva zu empfehlen, die ihre Stimmung ein wenig heben sollten. Ihre Antwort war immer dieselbe: «Ich bin nicht deprimiert», erwiderte sie schneidend, «ich bin wütend, weil der Mann, der mich angefahren hat, mir mein Leben weggenommen hat. Ich habe früher die Nächte durchgetanzt. Jetzt kann ich kaum noch gehen!»

Erfahrungen wie die von Claire sind nicht auf Schleudertraumata beschränkt, sondern in einem ganzen Spektrum von Krankheiten weit verbreitet. Leiden wie Rückenschmerzen, Migräne, chronisches Erschöpfungssyndrom und Fibromyalgie können Schmerzen verursachen, lange nachdem die ursprünglichen Verletzungen geheilt sind und ohne dass Scans oder Tests die Ursachen dafür nachweisen könnten. Und selbst wenn es eine klare körperliche Ursache gibt, wie es bei Krankheiten wie Arthritis, Herzkrankheiten oder Krebs der Fall ist, kommt und geht der Schmerz ohne ersichtlichen Grund. Die Ärzte sehen sich dann gezwungen, langfristig Schmerzmittel zu verschreiben – nur haben diese wiederum Nebenwirkungen wie Gedächtnisverlust und Lethargie oder münden gar in eine Medikamentenabhängigkeit.

Claire und Millionen andere Menschen leben in einer Welt des Leidens, in der selbst die einfachste Aufgabe ihre Schmerzen verstärken kann. Dies führt oft zu Angst, Stress, Depression und Erschöpfung, wobei jede dieser Auswirkungen in einer Abwärtsspirale zu weiterem Leiden führt.

Wie neuere Forschungen aufgedeckt haben, werden solche Teufelskreise von psychischen Kräften angetrieben, die der Schmerzwahrnehmung zugrunde liegen. Diese Erkenntnis eröffnet einen völlig neuen Ansatz für den Umgang mit Schmerz und Krankheit, der es möglich macht, Leiden zu transformieren. Diese zugrunde liegenden Kräfte zu verstehen, ist sehr wichtig, weil ein solches Wissen die Effektivität des Achtsamkeitsprogramms verstärkt.

Was ist Schmerz überhaupt?

Nach der allgemein üblichen Auffassung rührt Schmerz von einer Schädigung des Körpers her. Diese Sichtweise wurde im 17. Jahrhundert von dem französischen Philosophen René Descartes durch sein «Seilzug»-Modell veranschaulicht: So wie das Ziehen an einem Seil im Kirchturm die Glocke zum Klingen bringt, so sei eine Schädigung des Körpers ein Ziehen, das eine bewusste Wahrnehmung von Schmerz im Gehirn verursacht. Noch Jahrhunderte nach Descartes sahen die Ärzte das so. Man nahm an, dass die Schmerzintensität direkt proportional zum Grad der physischen Schädigung sei. Das würde bedeuten, dass alle Menschen, die die gleiche Verletzung erleiden, das gleiche Maß an Schmerz erfuhren. Wurden keine offensichtlichen physischen Ursachen für die Schmerzen, von denen ein Patient berichtete, gefunden, dann wurde er als Simulant oder eingebildeter Kranker eingestuft.

Seit den 1960er-Jahren geht man in der Wissenschaft von einem anderen Schmerzmodell aus, nämlich der von Ronald Melzack und Patrick Wall entwickelten «Kontrollschrankentheorie» (Gate-Control-Theory).[29] Diese beiden Forscher gehen davon aus, dass es «Schranken» im Gehirn und im Nervensystem gibt, die es uns dann, wenn sie offen sind, ermöglichen, Schmerz zu erfahren. Der Körper sendet gewissermaßen ständig einen leisen «Klangteppich» von Schmerzsignalen an das Gehirn, aber nur wenn die Schranken geöffnet sind, erreichen die Signale unseren bewussten Geist. Diese Schranken können sich auch schließen, und dann lässt der Schmerz nach oder verschwindet.

Das Öffnen und Schließen dieser Schmerzschranken ist ein ungemein komplexer Prozess. Die Einzelheiten dieser Theorie werden immer noch erforscht, aber es ist jetzt schon deutlich, dass Schmerz viel subtiler und komplexer ist als die traditionelle Vorstellung von Schadensmeldungen, die zum Gehirn gesendet und dann passiv gefühlt werden. Schmerz ist eine Empfindung, was bedeutet, dass das Gehirn eine Interpretation vornimmt, bevor der Schmerz bewusst gefühlt wird. Bei dieser Interpretation verbindet das Gehirn Informationen vom Geist ebenso wie vom Körper miteinander. In der Praxis bedeutet dies, dass die durch Ihren Geist fließenden Gedanken und Emotionen – sowohl die bewussten als auch die unbewussten – einen enormen Einfluss auf die Intensität Ihres Leidens haben. Die alten griechischen Philosophen haben Schmerz nicht ohne Grund als eine Emotion betrachtet.

Die vielen Gesichter von Schmerz

Akuter Schmerz tritt kurzfristig auf und ist normalerweise eine direkte Reaktion auf eine Verletzung. Er ist Teil des dem Körper innewohnenden Alarmsystems, welches signalisiert, dass er angegriffen wird und Sie sich um den verletzten Bereich kümmern sollten. Normalerweise führt eine solche Verletzung zu einer Entzündung, einem Bluterguss oder einer Schwellung. Meist heilt dies innerhalb von maximal sechs Wochen ab, und der akute Schmerz verschwindet in diesem Zeitraum. Nahezu alle verletzten Gewebe sind innerhalb von sechs Monaten vollkommen ausgeheilt. Akuter Schmerz tritt auch ohne ersichtliche Verletzung auf, wie etwa Bauchweh, wenn man zu viel gegessen hat, oder Kopfschmerzen bei einem Kater.

Chronischer Schmerz ist die Art von Schmerz, die drei Monate oder länger andauert.[30] Das Wort «chronisch» wird häufig als «schwerwiegend» missverstanden, aber eigentlich bedeutet es «langfristig». Chronischer Schmerz entwickelt sich manchmal nach einer Verletzung und bleibt bestehen, selbst wenn das Gewebe abgeheilt ist – häufig ohne dass man erklären kann, warum. Manche chronische Schmerzen werden durch eine Schädigung verursacht, die bestehen bleibt; dies ist beispielsweise bei Arthritis oder Krebs der Fall. Chronischer Schmerz kann auch ohne ersichtliche Ursache oder besonderen Grund einsetzen. Wenn der Schmerz anhält, obwohl keine andauernde physische Schädigung vorliegt, dann wird er zu einem eigenständigen medizinischen Problem; man bezeichnet ihn dann häufig als chronisches Schmerzsyndrom.

Neuropathischer Schmerz tritt im Nervensystem auf; seine Ursache ist oft mittels der üblichen Untersuchungen nicht zu ergründen. Er kann von einer Schädigung der Nerven, der Wirbelsäule oder des Gehirns herrühren. Aber manchmal wird Schmerz auch dann empfunden, wenn keine Schädigung vorliegt oder wenn die Heilung einer Krankheit oder Verletzung erfolgreich abgeschlossen zu sein scheint. Eine Möglichkeit ist, dass die «Geräuschkulisse» im Nervensystem übermäßig verstärkt wird. Man vermutet, dass das der Fall ist, wenn das Nervensystem auf die Schmerzerfahrung reagiert, indem es seine Fähigkeit erweitert, Schmerzsignale zu verarbeiten – so wie ein Computer für eine wichtige Aufgabe zusätzlichen Speicher und mehr Schaltkreise aktiviert. Es beginnt somit, sich wie ein Verstärker zu verhalten, der auf «laut» festgestellt ist. Neuropathischer Schmerz kann außerdem in Form von ungewöhnlichen Empfindungen auftreten, etwa als ein Brennen oder elektrische Schläge, und das sogar in amputierten Gliedern. Manche Formen von Tinnitus (ein Klingeln oder «weißes Rauschen» im Ohr) kann man auch als neuropathischen Schmerz interpretieren.

Primäres und sekundäres Leiden

Leiden tritt auf zweierlei Ebenen auf. Zum einen gibt es die akuten unangenehmen Empfindungen, die im Körper gefühlt werden – dies nennt man «primäres Leiden». Man kann dies als «Rohdaten» verstehen, die zum Gehirn gesandt werden, etwa von einer Verletzung, einer anhaltenden Erkrankung oder Veränderungen des Nervensystems aus (was, wie man annimmt, zumindest teilweise Leiden wie dem chronischen Schmerzsyndrom und dem Phantomschmerzsyndrom zugrunde liegt). All dies wird durch das «sekundäre Leiden» überlagert, das aus den Gedanken, Gefühlen, Emotionen und Erinnerungen besteht, welche mit Schmerz verbunden sind. Es kann auch Angst, Stress, Sorgen, Depression und Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Erschöpfung umfassen. Der Schmerz und das Unbehagen, die Sie tatsächlich empfinden, sind eine Verbindung von primärem und sekundärem Leiden.

Diese Erkenntnis ist wichtig, weil sie einen Weg aus dem Leiden aufzeigt. Wenn Sie nämlich lernen können, diese beiden Arten von Leiden voneinander zu trennen, dann können Sie Ihren Schmerz oder Stress erheblich verringern – oder gar eliminieren. Das liegt daran, dass sekundärer Schmerz die Tendenz hat, sich aufzulösen, wenn Sie ihn mit den mitfühlenden Augen des Geistes betrachten. Achtsamkeit erlaubt Ihnen, sich die einzelnen Elemente von Schmerz vor Augen zu führen. Und sobald Sie das tun, setzt etwas Bemerkenswertes ein: Ihr Leiden beginnt allmählich abzuklingen und sich zu verflüchtigen wie Nebel an einem Sommermorgen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Ihr Leiden durchaus real ist, auch wenn die Schmerzempfindung im Gehirn produziert wird. Sie fühlen den Schmerz wirklich. Er existiert und kann tatsächlich überwältigend sein. Doch sobald Sie die dem Schmerz zugrunde liegenden Mechanismen verstanden haben, können Sie damit anfangen, seine Macht und den Einfluss, den er auf Sie hat, zu reduzieren.

Schmerz und Leiden

Chronische Schmerzen nehmen allgemein zu und fordern der Gesellschaft einen gigantischen Tribut ab. Im Durchschnitt leidet heute einer von fünf Menschen in den Industrienationen an chronischen Schmerzen; eine aktuelle Erhebung in Großbritannien hat ergeben, dass 31 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen an chronischen Schmerzen leiden.[31] Das entspricht etwa 20 Millionen Menschen in Großbritannien, von denen 7,8 Millionen an mäßigen bis heftigen Schmerzen leiden, welche seit mehr als sechs Monaten anhalten. Die Zahlen in den USA sind recht ähnlich, mit etwa 116 Millionen an chronischen Schmerzen leidenden Menschen, die geschätzte Kosten in Höhe von etwa 635 Milliarden Dollar jährlich verursachen – was mehr ist als die jährlichen Kosten für Krebs, Herzkrankheiten und Diabetes zusammengenommen.[32] Und das Problem wird wahrscheinlich noch ernster werden, da eine Bevölkerung, die immer älter wird, auch immer gebrechlicher wird. Bereits die Hälfte aller über 75-Jährigen leidet täglich unter Schmerzen.[33] Fettleibigkeit und eine bewegungsarme Lebensweise vergrößern dieses Problem, da sie zu körperlichen Verschleißerscheinungen führen.

Die häufigsten Ursachen für chronischen Schmerz sind Rückenprobleme, Arthritis, Verletzungen und Kopfschmerzen – dicht gefolgt von Krebs (und der damit verbundenen Chemotherapie), Herzkrankheiten, Fibromyalgie, Zöliakie, Lupus, chronischem Erschöpfungssyndrom und Reizdarmsyndrom.

Und als wäre das nicht schon genug, können chronische Schmerzen zu klinisch relevanten Ausprägungen von Angst, Stress, Depression, Reizbarkeit, Wut und Erschöpfung führen. Eine Erhebung der British Pain Society hat beispielsweise erbracht, dass die Hälfte derer, die an chronischen Schmerzen leiden, in der Folge auch wegen Depressionen behandelt werden mussten.[34] Angesichts der Zunahme psychischer Probleme in der Gesellschaft wird die Normalverfassung eines Menschen in wenigen Jahrzehnten eher von chronischen Schmerzen, Angst, Stress und Depressionen als von stiller Zufriedenheit und Glück geprägt sein.

Um noch einmal auf Claire zurückzukommen: Hätte man sie gebeten, sich ihr Inneres ein wenig gründlicher anzusehen, dann hätte sie realisiert, dass es da nicht eine einzige «Sache» gab, die man mit dem Etikett «Schmerz» versehen konnte. Ihre Schmerzempfindung bestand aus einem «Bündel» unterschiedlicher Gefühle, die sich ständig veränderten, indem sie entweder stärker oder weniger intensiv wurden. Dazu gehörte eine unangenehme Grundverspanntheit der Muskeln und Sehnen im Nacken, die die Wirbel leicht verschoben und so die besonders heftigen Schmerzgefühle hervorriefen. Sie hatte auch stechende Schmerzen, die sich wie scharfe elektrische Stromstöße anfühlten und durch die Muskulatur bis hinunter in den Arm schossen. Und dann gab es diese Stellen einer «Taubheit» in ihrem linken Arm und ihrer linken Hand, die immer wieder in ein Kribbeln überging. All dies war das offensichtliche Schmerzempfinden, ihr primäres Leiden.

Aber es gab auch noch andere Gefühle – starke Emotionen und beunruhigende Gedanken, die ihr häufig durch den Kopf gingen, oft ohne ersichtlichen Grund. Stress, Sorgen und Erschöpfung waren zum Dauerzustand geworden. Sorgenvolle Gedanken nagten ständig an ihrer Seele: Warum hört es nicht einfach auf? Die Ärzte haben bestimmt etwas übersehen. Vielleicht werde ich als Krüppel enden oder daran sterben. Scheuen sie sich womöglich, mir die Wahrheit zu sagen? Solche Gedanken und Gefühle gärten ständig im Hintergrund vor sich hin. Und obwohl sie oftmals weniger offensichtlich waren als der nagende Schmerz, waren sie letztlich weitaus wichtiger, denn sie spielten eine wesentliche Rolle dafür, wie ihr Geist den nackten Schmerz empfand und interpretierte. Sie kontrollierten gewissermaßen die Intensität oder «Lautstärke» ihres Schmerzes. Dies war sekundäres Leiden, und Claire hatte reichlich davon.

Claires sekundäres Leiden hatte seine Wurzeln in den fünf Tagen, die sie nach ihrem Unfall im Krankenhaus verbracht hatte. Es waren die schlimmsten Tage ihres Lebens gewesen. Sie litt unter erheblichen Schmerzen und stand während der ersten 24 Stunden unter Morphium. Sie konnte gerade so mit dem physischen Schmerz umgehen. Viel schlimmer waren jedoch ihr Gefühlschaos, ihre Ängste und Sorgen um sich selbst und ihre Zukunft. Weder sie noch die Ärzte konnten die Folgen ihrer Nackenverletzung absehen. Würde sie eine Teillähmung davontragen? Würde sie den Rest ihres Lebens mit Schmerzen leben müssen? Da war außerdem noch diese mit Wut gepaarte Bitterkeit. Den Mann, der in ihren Wagen hineingefahren war, schien das alles nicht zu kümmern. Er konnte den Unfallort ohne Wunden oder Verletzungen verlassen. Er hatte getrunken, befand sich aber noch unter der gesetzlich erlaubten Promillegrenze. War er versichert? Es stellte sich heraus, dass er es nicht war. Jedes Mal, wenn Claire daran dachte, kochte die Wut in ihr hoch. Solche Gedanken und überwältigenden Gefühle schossen ihr ständig durch den Kopf. Es waren mentale Schmerzen, und sie waren genauso real und quälend wie ihre physischen Verletzungen.

Sie lag nachts in ihrem Krankenhausbett und weinte still vor sich hin. Ängste und Sorgen um ihre Zukunft zerfraßen sie, und ihr brummte der Kopf vor lauter Fragen nach dem «Was wäre gewesen, wenn?». Wenn sie doch bloß ein oder zwei Minuten später von zu Hause losgefahren wäre, dann wäre das alles nicht passiert. Sie hatte das Gefühl gehabt, dass schon etwas im Argen gelegen hatte, noch bevor sie das Haus verlassen hatte. Warum hatte sie bloß nicht einige Minuten gewartet?

Nach dem Unfall und der sich anschließenden monatelangen Physiotherapie gesellte sich der Liste eine neue Emotion hinzu: Depression. Claire weigerte sich zu glauben, sie sei depressiv, aber die Depression war trotzdem da und nagte im Hintergrund an ihr. Es war keine Depression, die alles verschlang, doch sie raubte ihr Energie und Lebensfreude. Mächtige Gefühle wie Angst, Furcht, Wut, Sorgen und Depressionen können die mentale Schmerzwahrnehmung verstärken. Auch andere Gefühle können einen unglaublich starken Effekt haben. Fühlen Sie sich abgespannt und überfordert, mürbe und angeschlagen, gestresst und ängstlich, so kann all dies Ihr Leiden vergrößern und Sie in eine Abwärtsspirale stürzen. Wie oft hat sich Ihr Leiden intensiviert, wenn Sie Angst hatten, gestresst, erschöpft oder traurig waren? Diese Gefühle wirken wie Verstärker in den Schmerzkreisläufen des Geistes. Sie können die Schleusentore zum Leiden öffnen.

Die Auswirkungen solcher Emotionen lassen sich mit einem Gehirnscanner beobachten. So haben zum Beispiel Studien an der Oxford University gezeigt[35], welch starken Einfluss schon leichte Angstgefühle auf Schmerz haben können. Wissenschaftler der Fakultät für Klinische Neurologie riefen bei einer Gruppe von Freiwilligen leichte Angstgefühle hervor, bevor sie ihren linken Handrücken mit einer heißen Sonde verbrannten. Während die Angst zunahm, konnte man die Gefühlswellen durch das Gehirn der Versuchspersonen branden sehen. Dies aktivierte Gehirnareale, die die «Schmerzmatrix» bilden. Es war beinahe so, als würde das Gehirn der Versuchspersonen seinen Schmerzregler auf «laut» stellen, um bereits die «ersten leisen Noten» hören zu können, sodass die betreffende Person etwas unternehmen konnte, um sich zu schützen. Dies bedeutete, dass die ängstlichen Versuchspersonen tatsächlich weitaus mehr Schmerz und Leiden verspürten als die «nicht ängstlichen» Freiwilligen. Dieser zusätzliche Schmerz wurde ebenfalls auf den Gehirnscans sichtbar. Die Neurowissenschaftler aus Oxford bemerkten, dass Angst «jene Verhaltensreaktionen aktiviert, die dem schlimmsten anzunehmenden Fall entsprechen». Mit anderen Worten: Angst und mächtige «negative» Gefühle bereiten den Körper darauf vor, Schmerz schnell und in großer Intensität wahrzunehmen.