Schulprogramme als Ausdruck von Schulkultur - Exemplarische Analyse von Schulprogrammen in schleswig-holsteinischen Gymnasien - Benny Alze - E-Book

Schulprogramme als Ausdruck von Schulkultur - Exemplarische Analyse von Schulprogrammen in schleswig-holsteinischen Gymnasien E-Book

Benny Alze

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Beschreibung

Examensarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Schulwesen, Bildungs- u. Schulpolitik, Note: 1,0, Universität Duisburg-Essen, Sprache: Deutsch, Abstract: Den Rahmen der vorliegenden Staatsarbeit bildet das Projekt ‚Naturwissenschaftlicher Unterricht (NWU Essen)’, welches verschiedene Teilprojekte an der Universität Duisburg-Essen umfasst. Das Gesamtprojekt NWU Essen untersucht die Bedingungen schulischen Lernens auf Schulsystem- und Einzelschulebene. Hierbei stehen insbesondere die Kontextmerkmale für gelingenden naturwissenschaftlichen Unterricht im Mittelpunkt, so dass Maßnahmen für guten naturwissenschaftlichen Unterricht entwickelt werden sollen. Das Teilprojekt ‚Schulsystem und Kultur der Einzelschule als Kontext des naturwissenschaftlichen Lernens in Schulen der Sekundarstufe I’ wurde von Prof. Dr. Klaus Klemm beantragt und von der AG Bildungsforschung/ Bildungsplanung an der Universität Duisburg-Essen bearbeitet. In diesem Projekt werden die Bedingungen für das Zustandekommen von Lern- und Leistungsergebnissen im naturwissenschaftlichen Unterricht untersucht. Dabei stehen die Rahmenbedingungen des Fachunterrichts und das kulturelle Innenleben der einzelnen Schule im Mittelpunkt der Forschung. Die Analyse der Mesoebene umfasst Einzelfallstudien von 16 Gymnasien, wodurch die Schulkultur der Schulen erfasst werden soll. Acht Schulen befinden sich in Nordrhein- Westfalen, acht weitere Schulen wurden aus Schleswig-Holstein ausgewählt. Die Einzelfallstudien beschränken sich auf Gymnasien, da hier der naturwissenschaftliche Unterricht breit repräsentiert ist und PISA-Ergebnisse1 für alle Bundesländer nur für Gymnasien vorliegen. Die Fallstudien verfolgen unter anderem das Ziel die horizontale und vertikale Vernetzung der Naturwissenschaften festzustellen und die Kooperationsstrukturen des Kollegiums der jeweiligen Schule aufzuzeigen. Ein weiteres Ziel ist die Verankerung der Naturwissenschaften in den Schulprogrammen der 16 ausgewählten Schulen zu untersuchen Die Schulprogramme bilden als Teil der schulischen Merkmale eine Inputgröße „im Hinblick auf [das] naturwissenschaftliche Lernen in Schulen der Sekundarstufe I“ Die vorliegende Staatsarbeit analysiert die Schulprogramme der acht schleswig- holsteinischen Gymnasien. Ziel dieser Arbeit ist es die Schulprogramme der Gymnasien qualitativ miteinander zu vergleichen. Hierbei steht insbesondere der Zusammenhang von Schulprogrammen und Schulkultur im Mittelpunkt der Analyse. Zum Vergleich der verschiedenen Programme wird ein Kriterienkatalog entwickelt. Ein besonders zu untersuchender Aspekt ist die Verankerung der Naturwissenschaften in den Schulprogrammen.

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Inhaltsverzeichnis
1 SCHULPROGRAMME ALS AUSDRUCK VON SCHULKULTUR.
1.2 SCHULKULTUR
1.3 SCHULPROGRAMM.
2.1 VERBREITUNG VON SCHULPROGRAMMEN IN EUROPA
2.2 VORGABEN DER EINZELNEN BUNDESLÄNDER IN DEUTSCHLAND.
2.3 VORGABEN DER LANDESREGIERUNG VON SCHLESWIG-HOLSTEIN
3 DIE METHODISCHE ANLAGE UND DAS KATEGORIENSYSTEM
3.1 METHODISCHE ANLAGE DER ANALYSE
3.2.1 Über das Schulprogramm
3.2.2 Profil der Schulen
3.2.3 Kulturelle Innenausstattung
3.2.4 Profil der Schule und Kulturelle Innenausstattung
3.2.5 Zielsetzung
3.2.6 Evaluation
3.2.7 Naturwissenschaften
3.3 METHODISCHER ZUGANG
4.1 DAS PROGRAMM DER ALTSPRACHLICHEN SCHULE A
4.1.1 Über das Schulprogramm
4.1.2 Schulprofil.
4.1.3 Profilbildung
4.1.4 Leitbild
4.1.5 Unterricht.
4.1.6 Schulleben
4.1.7 Organisationsformen
4.2 DAS 57-SEITIGE PROGRAMM DER SCHULE B
4.2.1 Über das Schulprogramm
4.2.2 Schulprofil.
4.2.3 Profilbildung
4.2.4 Leitbild
4.2.5 Unterricht.
4.2.6 Schulleben
4.2.7 Organisationsformen
4.3 DAS BUNTE PROGRAMM DER SCHULE C
4.3.1 Über das Schulprogramm
4.3.2 Schulprofil.
4.3.3 Profilbildung
4.3.4 Leitbild
4.3.5 Unterricht.
4.3.6 Schulleben
4.3.7 Organisationsformen
4.4 DAS AUSGEWOGENE PROGRAMM DER SCHULE D
4.4.1 Über das Schulprogramm
4.4.2 Schulprofil.
4.4.3 Profilbildung
4.4.4 Leitbild
4.4.5 Unterricht.
4.4.6 Schulleben
4.4.7 Organisationsformen
4.5 DAS PROGRAMM DER SCHULE E.
4.5.1 Über das Schulprogramm
4.5.2 Schulprofil.
4.5.3 Profilbildung
4.5.4 Leitbild
4.5.5 Unterricht.
4.5.6 Schulleben
4.5.7 Organisationsformen
4.6.1 Über das Schulprogramm
4.6.2 Schulprofil.
4.6.3 Profilbildung
4.6.4 Leitbild
4.6.5 Unterricht.
4.6.6 Schulleben
4.6.7 Organisationsformen
4.7 DAS ÜBERARBEITETE SCHULPROGRAMM DER SCHULE G
4.7.1 Über das Schulprogramm
4.7.2 Schulprofil.
4.7.3 Profilbildung
4.7.4 Leitbild
4.7.5 Unterricht.
4.7.6 Schulleben
4.7.7 Organisationsformen
4.8 DAS DETAILLIERTE PROGRAMM DER SCHULE H
4.8.1 Über das Schulprogramm
4.8.2 Schulprofil.
4.8.3 Profilbildung
4.8.4 Leitbild
4.8.5 Unterricht.
4.8.6 Schulleben
4.8.7 Organisationsformen
5 VERGLEICH DER SCHULPROGRAMME
5.1 ÜBER DIE SCHULPROGRAMME
5.2 PROFIL DER SCHULEN.
5.3 DIE KULTURELLE INNENAUSSTATTUNG DER SCHULEN.
5.4 ZIELSETZUNGEN DER GYMNASIEN.
5.5 EVALUATION
5.6 FUNKTIONEN
7 FAZIT UND AUSBLICK

Page 1

„Schulprogramme als Ausdruck von Schulkultur

- Exemplarische Analyse von Schulprogrammen

Page 5

Einleitung

Den Rahmen der vorliegenden Staatsarbeit bildet das Projekt ‚Naturwissenschaftlicher Unterricht (NWU Essen)’, welches verschiedene Teilprojekte an der Universität Duisburg-Essen umfasst. Das Gesamtprojekt NWU Essen untersucht die Bedingungen schulischen Lernens auf Schulsystem- und Einzelschulebene. Hierbei stehen insbesondere die Kontextmerkmale für gelingenden naturwissenschaftlichen Unterricht im Mittelpunkt, so dass Maßnahmen für guten naturwissenschaftlichen Unterricht entwickelt werden sollen. Das Teilprojekt ‚Schulsystem und Kultur der Einzelschule als Kontext des naturwissenschaftlichen Lernens in Schulen der Sekundarstufe I’ wurde von Prof. Dr. Klaus Klemm beantragt und von der AG Bildungsforschung/Bildungsplanung an der Universität Duisburg-Essen bearbeitet. In diesem Projekt werden die Bedingungen für das Zustandekommen von Lern- und Leistungsergebnissen im naturwissenschaftlichen Unterricht untersucht. Dabei stehen die Rahmenbedingungen des Fachunterrichts und das kulturelle Innenleben der einzelnen Schule im Mittelpunkt der Forschung. Die Analyse der Mesoebene umfasst Einzelfallstudien von 16 Gymnasien, wodurch die Schulkultur der Schulen erfasst werden soll. Acht Schulen befinden sich in Nordrhein-Westfalen, acht weitere Schulen wurden aus Schleswig-Holstein ausgewählt. Die Einzelfallstudien beschränken sich auf Gymnasien, da hier der naturwissenschaftliche Unterricht breit repräsentiert ist und PISA-Ergebnisse1für alle Bundesländer nur für Gymnasien vorliegen. Die Fallstudien verfolgen unter anderem das Ziel die horizontale und vertikale Vernetzung der Naturwissenschaften festzustellen und die Kooperationsstrukturen des Kollegiums der jeweiligen Schule aufzuzeigen. Ein weiteres Ziel ist die Verankerung der Naturwissenschaften in den Schulprogrammen der 16 ausgewählten Schulen zu untersuchen.2Die Schulprogramme bilden als Teil der schulischen Merkmale eine Inputgröße „im Hinblick auf [das] naturwissenschaftliche Lernen in Schulen der Sekundarstufe I“.3

Die vorliegende Staatsarbeit analysiert die Schulprogramme der acht schleswig-holsteinischen Gymnasien. Ziel dieser Arbeit ist es die Schulprogramme der Gymnasien qualitativ miteinander zu vergleichen. Hierbei steht insbeson-

1DieErgebnisse der internationalen Vergleichsstudie werden im weiteren Verlauf des Projektes verwendet. Dies wird hier allerdings nicht weiter ausgeführt.

2Vgl.: Klemm 2003. S.15ff

3Ackeren, van u.a. 2004.

Page 6

dere der Zusammenhang von Schulprogrammen und Schulkultur im Mittelpunkt der Analyse. Zum Vergleich der verschiedenen Programme wird ein Kriterienkatalog entwickelt. Ein besonders zu untersuchender Aspekt ist die Verankerung der Naturwissenschaften in den Schulprogrammen. Im ersten Kapitel wird knapp der Zusammenhang von Schulprogrammen und Schulkultur dargestellt. Dabei wird zunächst das sich verändernde Steuerungssystem vorgestellt. Anschließend werden die Schlüsselwörter ‚Schulkultur’, und ‚Schulprogramm’ einem Definitionsversuch unterworfen. Es soll aufgezeigt werden, inwiefern Schulprogramme Teil der Schulkultur sind. Die Rahmenbedingungen für Schulprogrammarbeit in Deutschland werden durch einen Abriss der internationalen Schulprogrammentwicklung ergänzt. In einer nach Bundesländern geordneten Übersicht sollen die Entwicklungstendenzen in Deutschland dargestellt werden. Vertiefend werden die Vorgaben des zu untersuchenden Bundeslandes Schleswig-Holstein ermittelt. Das dritte Kapitel beschreibt die methodische Vorgehensweise bei der Darstellung der einzelnen Schulprogramme und bei dem Vergleich aller Textprodukte. Auf dieser Vorüberlegungen aufbauend wird ein Kategoriensystem entwickelt. Dieses soll der Analyse und Bewertung der Schulprogramme dienen. Im vierten Kapitel werden die acht Schulprogramme der schleswigholsteinischen Gymnasien mit Hilfe des entwickelten Kategoriensystems vorgestellt. Dabei soll die Einzeldarstellung der Schulprogramme einen detaillierten Überblick über die schulischen Merkmale der acht ausgewählten Gymnasien verschaffen.

Die vergleichende Analyse der Programme wird im fünften Kapitel dargestellt. Hierbei werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Schulprogramme dargelegt.

Das sechste Kapitel fokussiert die vergleichende Analyse auf die Verankerung des naturwissenschaftlichen Unterrichts in den analysierten Schulprogrammen. Dabei werden die schulischen naturwissenschaftlichen Merkmale herausgearbeitet.

Zum Abschluss wird im siebten Kapitel eine Bewertung der Ergebnisse vorgenommen.

Page 7

1 Schulprogramme als Ausdruck von Schulkultur

Schulprogramme sind ein Teil der Schulkultur, fördern die Auseinandersetzung mit Schulkultur und sollen diese repräsentieren. Doch bei der Suche nach einer Definition für Schulkultur stößt man auf eine flexible Auslegung des Begriffs. Schon längere Zeit beschäftigt sich die Bildungsforschung mit ‚Schulleben’, mit ‚Schulgemeinde’ und ähnlichen recht abstrakten Begriffen. Die Änderung der Begrifflichkeit hin zu dem Untersuchungsobjekt ‚Schulkultur’ steht im Zusammenhang mit dem „Paradigmenwechsel in der schulreformerischen Diskussion“4.

1.1 Paradigmenwechsel und vergrößerte Selbstständigkeit der EinzelschuleMit Paradigmenwechsel wird der „Perspektivenwechsel“5bezeichnet, wobei die Einzelschule in den Mittelpunkt gestellt wird und das inputorientierte System in den Hintergrund tritt. Die Einzelschule wird als „pädagogische Handlungseinheit“6und die Lehrenden als „Motor der Schulentwicklung“7betrachtet.

„Die meisten Staaten des europäischen Kontinents sehen sich mit diesem Paradigmenwechsel konfrontiert.“8

„Systembezogene Strategien“9haben die gewünschten Ziele nicht erreicht. Die beteiligten Personen in den Organisationen wurden dabei als Empfänger von dienstlichen Weisungen betrachtet. Lehrer, Schüler, Schülerinnen und Eltern haben die eigenen Einstellungen, Erwartungen und „Verhaltensweisen nicht in der intendierten Weise verändert.“10Daher haben die Steuerungsimpulse häufig nur eine geringe Wirkung gezeigt.

In den letzten Jahren setzt sich in Deutschland wieder11die Auffassung durch, dass „personenbezogene und organisationsbezogene Strategien des Wandels“12die Ansatzpunkte der Veränderung der Schule sind. In den 70er Jahren wurde versucht durch Ansätze von Schulautonomie die westdeutschen Schulen zu demokratisieren, indem die Partizipationsstrukturen ausgebaut werden sollten. Im Gegensatz dazu steht gegenwärtig die Qualitätsentwicklung der Schulen im

4Ipfling 1996. S.4

5Holtappels 2004(a). S.9

6Fend 1986. S.275ff

7Wenzel 2004. S.404

8Mitter 1997. S.49

9Holtappels 2004(a). S.8

10Wenzel 2004. S.400

11Vgl.: Mitter 1997. S.51; siehe auch: Deutscher Bildungsrat 1973

12Holtappels 2004(a). S.8

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Mittelpunkt.13Ein Instrument dieser Qualitätsentwicklung sind die im Schulgesetz vieler Bundesländer verlangten Schulprogramme. Bei der Entwicklung dieser Programme erfährt die Einzelschule die Rechte und Pflichten ihrer erweiterten Selbstständigkeit. Hervorzuheben ist, dass durch die Verpflichtung der Schulen zur Entwicklung von Schulprogrammen der Gesetzgeber einen großen Teil seiner Ideologie der „Herrschaft über die Schule“14abgibt.„Er bejaht eine Vielfalt der Schulen, erwartet gewissermaßen von ihnen, dass sie in einer bunten Schullandschaft Farbe bekennen.“15Die aktuelle Strategie zollt der Tatsache Respekt, dass die Gemeinschaft der Schule die neuen Maßnahmen tragen und umsetzen muss. Die beteiligten Personen werden als „Subjekte innerschulischer Entwicklungsprozesse“16betrachtet. Dabei rückt die Einzelschule in den Blick der Reformbemühungen.„Man kann den hier nur knapp angesprochenen Veränderungsprozess im Blick auf Schule durchaus als Paradigmenwechsel bezeichnen, und zwar als Trend weg von einer Vorstellung von Schule als Bürokratie, die im Wesentlichen durch Gesetze, Verordnungen, Erlasse und Anweisungen ‚von oben’ gestaltet und gesteuert wird, hin zu einer Vorstellung von Schule, innerhalb derer die Akteure vor Ort -also Lehrer, Schulleitungen, Eltern und Schüler - in eigener Verantwortung erforderliche Maßnahmen der Konflikt- und Problemlösung, der Entwicklung und Profilierung, der Modernisierung und eventuell auch der Haushaltsgestaltung und der Personalentscheidung selbst treffen.“17

Mit der Blickrichtung auf die Einzelschule stellt sich die Frage was die Schulkultur der einzelnen Schule ausmacht. Dieser Aspekt wird in Kapitel 1.2 dargestellt.

Die Veränderung der schulischen Steuerung von einer inputorientierten zu einer outputorientierten Steuerung vergrößert die Selbstständigkeit und gleichzeitig die Verantwortung der Einzelschule.18

„Da es primär um eine qualitativ veränderte Wahrnehmung von Steuerungsaufgaben geht, die im Idealfall zu einer optimierten, wirksameren Arbeitsweise aller Beteiligten führen soll, richtet sich die Aufmerksamkeit zuförderst auf die Schulleitungen und die Beamten der Schulaufsicht.“19

13Vgl.: Avenarius 2003. S.157

14Ebd.: S.159

15Ebd.

16Holtappels 2004(a). S.9

17Wenzel 2004. S.395

18Vgl.: Galiläer 2005. S.48ff

19Galiläer S.53

Page 10

Weil die Einzelschule weiterhin ein Teil des Schulsystems ist, muss die Entwicklung der einzelnen Schule mit der des Gesamtsystems gekoppelt werden. In Abbildung 1 wird verdeutlicht wie eine „Koppelung durch Evaluation“21vollzogen werden kann. Dabei besteht die Brücke zwischen der externen und der internen Evaluation. Die externe Evaluation ist die Aufgabe der Schulaufsicht, dessen neue erweiterte Funktion darin besteht den Schulen beratend zur Seite zu stehen. Die interne Selbst-Evaluation der Schule hat die Förderung der Schülerschaft als Bezugspunkt. Eine gute Qualität der Lehre setzt eine Schulkultur voraus, welche unter anderem Team-, Organisations- und Schulprogrammentwicklung fördert.22Abbildung 1 ermöglicht eine Einordnung von Schulkultur und Schulprogrammen innerhalb der systematischen Schulentwicklung.

1.2 Schulkultur

Das Kompositum Schulkultur besteht aus den Substantiven Schule und Kultur. Es ist ein Determinativkompositum. Das bedeutet, dass das Bestimmungswort Schule dem Grundwort Kultur untergeordnet ist. „Es schränkt dessen Bedeutung ein bzw. determiniert/spezifiziert sie.“23Also steht das Substantiv Kultur im Mittelpunkt und wird beschränkt durch das Substantiv Schule. Der Kulturbegriff ist nicht einfach zu fassen. Er ist vielschichtig und mehrdeutig.„Im Grunde [ist] alles in irgendeiner Weise Kultur - in Zweifelsfällen eben Subkultur.“24

Das Wort Kultur leitet sich aus dem lateinischenculturaab und trägt die Bedeutung Landbau (Agri-Cultura) oder auch Pflege des Körpers und Geistes (CulturaAnimi). Agri-Culturasei hier außer Betracht gelassen. Im Folgenden stehtCultura Animi,die Beackerung der Seele, des Geistes und der Sinne im Zentrum der Betrachtung. Kultur im ursprünglichen Sinn hat dann die Bedeutung der Veränderung, Umgestaltung und Humanisierung der rohen Verhältnisse.25

Die Bildung von Komposita mit dem Substantiv Kultur ist sehr verbreitet. In einem rückläufigen Wörterbuch von 1991 finden sich 53 Einträge mit dem Grundwort Kultur.26Henscheidveröffentlichte 2001 eine Sammlung von 567

21Rolff 1995. S.379

22Vgl.: Rolff 1995. S.378

23Götze/Hess-Lüttich 1999. S.347

24Terhart 1994. S.493

25Vgl.: Negt; Online (Stand 18.12.2005)

26Vgl.: Mathmann 1991

Page 11

Kulturbegriffen.27Es zeigt sich an dem inflationären Gebrauch des Kulturbegriffes, dass dieser unter einem gebrochenen Selbstverständnis zu leiden hat.28Für die gesellschaftlichen Verhältnisse ist es bezeichnend, dass der Begriff Kultur als Kompositum verwendet wird. Er gilt als positives Etikett.29„[Doch] in dem Maße, wie Betriebswirtschaft die bilanzierende Gesamtrechnung der ganzen Gesellschaft aufzehrt, werden immer mehr Bereiche unter die Ideologie gestellt, als ob die Gesellschaft sich aus einzelnen Betrieben zusammensetzt, ja aus der Summe einzelner Individuen besteht, und diese Ideologie führt dazu, dass das, was mit Kultur bei Schiller und in der Tradition der dialektischen Kulturkritik verknüpft ist - nämlich die Sorge um das Wohl und Wehe des Gemeinwesens - völlig ausgegliedert ist.“30

In der aktuellen Bedeutung lässt sich Kultur als „die Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft“31beschreiben. Diese Lebensäußerungen und diese Gemeinschaft werden in dem Begriff Schulkultur durch das Bestimmungswort Schule determiniert. Nach dem großen Wörterbuch der deutschen Sprache trägt das Wort Schule die Bedeutung:„1. Lehranstalt in der Kindern und Jugendlichen durch planmäßigen Unterricht Wissen und Bildung vermittelt werden 2. Schulgebäude

3. In der Schule erteilter Unterricht [...]

4. Lehrer- und Schülerschaft einer Schule“32

Damit ist die Gemeinschaft, von der die Lebensäußerungen ausgehen, grob umrissen. Sie beinhaltet zunächst einmal die Lehrer- und Schülerschaft einer Schule, lässt sich aber ohne weiteres durch weitere Mitglieder des Schullebens, wie zum Beispiel den Eltern und außerschulischen Partnern, erweitern. Für die Gemeinschaft erfüllt die Kultur zum einen nach innen die Funktion eine Orientierung zu bieten und sowohl identitätsstiftend, als auch sozialintegrierend zu wirken. Zum anderen bietet sie die Möglichkeit sich von anderen Gemeinschaften abzugrenzen.33

„Sie lässt sich verstehen als das Ergebnis eines lange währenden kreativen sozialen Prozesses, der nicht etwa willkürlich, sondern organisiert verläuft und damit der Kultur Struktur und Kohärenz verleiht.“34

Holtappelsbeschreibt den Begriff der Kultur als ein Wert- und Normgefüge, als Wandel und Entwicklung und als interaktiven Aushandlungsprozess.35Er

27Vgl.: Henscheid 2001

28Vgl.: Negt; Online (Stand 18.12.2005)

29Vgl.: ebd.

30Ebd.

31Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2003(a)

32Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2003(b)

33Vgl.: Schönig 2002. S.815ff

34Ebd.: S.818f

35Vgl.: Holtappels 2004(a). S.9f

Page 12

definiert Schulkultur mit Hilfe einer Überleitung aus dem gesellschaftlichen Kulturbegriff.

„Wenn gesellschaftliche Kultur als Gesamtheit aller Verhaltenskonfigurationen und Symbolgehalte, Ideen und Werte definiert wird, so bezieht sich analog die Schulkultur auf die inhaltliche Ausrichtung, Qualität und Organisation der pädagogischen Ressourcen der Schule. [...] Mit dem Begriff der ‚Schulkultur’ soll demnach ein System innerhalb der Einzelschule bezeichnet werden, das in Aus-einandersetzung mit den jeweiligen Umfeldbedingungen und den spezifischen schuleigenen Ausgangs- und Entwicklungsbedingungen entsteht und durch pädagogische Handlungskonzepte und Problemlösungsversuche gekennzeichnet ist.“36

Verschiedene Autoren beschreiben mannigfache Facetten von Schulkultur. Dabei werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Es bestehen verschiedenartige Auffassungen über die Mitglieder der Gemeinschaft, die für Schulkultur verantwortlich sind. Außerdem ergibt sich ein vermischtes Bild der für Schulkultur verantwortlichen Lebensäußerungen der Gemeinschaft. So siehtSelbertProjektvorhaben und eine Ausgestaltung von Brauchtum und Sitte als Bestandteile der Schulkultur.37Währenddessen verstehtTerhartunter Schulkultur Muster der Umgangsformen und alle außerunterrichtlichen Aktivitäten.38Den Eigenwert der Schulzeit mit Möglichkeiten zur wachsenden Autonomie siehtDunckerin der Schulkultur.39

Ipflinggeht von der etymologischen Wortbedeutung des Kulturbegriffes aus:„Schulkultur meint ganz umfassend die Pflege und Qualitätsentfaltung dieser Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen in allem was zu ihr gehört.“40

Alles, was dazu gehört, lässt sich in „Felder“41oder in „Komponenten und Bereiche“42aufspalten. Hierbei stehen die verschiedenen Komponenten in einer Wechselwirkung zueinander.Holtappelsunterscheidet drei Dimensionen von Schulkultur, die Organisationskultur, die Lernkultur und die Erziehungskultur. Verkürzt dargestellt werden hier die Begriffe Organisationskultur und Erziehungskultur im Sinne von Schulklima benutzt. Die Lernkultur umfasst curriculare und didaktische Aspekte. Als Ganzes ergeben die drei Komponenten den „schulkulturellen Kontext“43. Dieser ist in der Abbildung 1 dargestellt.

36Holtappels 2004(c). S.11ff

37Vgl.: Selbert 1995. S.438ff

38Terhart 1994. S.685ff

39Duncker 1995. S.442ff

40Ipfling 1996. S.5

41Ebd.

42Holtappels 2004(c). S.12

43Ebd.