Searchers after Horror, Band 2: Mehr Grauen in mir - W. H. Pugmire - E-Book

Searchers after Horror, Band 2: Mehr Grauen in mir E-Book

W. H. Pugmire

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Beschreibung

Sechs unheimliche und phantastische Geschichten rund um das Thema »die unheimlichen Orte« vom vielleicht bekanntesten modernen Kritiker und Verfechter der unheimlichen Literatur S.T Joshi persönlich ausgewählt.
Das Unheimliche in einer albtraumhaft anmutenden Landschaft sucht das ländliche Virginia heim, oder tritt auf einer wenig frequentierten Autobahn offen zutage oder macht auch auf dem alten Kontinent in der Bretagne nicht mit einer unheilvollen Präsenz halt.
Zu den Autoren des zweiten von drei Bänden gehören W. H. Pugmire, Gary Fry, Steve Rasnic Tem, Jonathan Thomas, Lois H. Gresh und Hannes Bok.
Alle drei Bände erscheinen bei Bärenklau Exklusiv.

Folgende Beiträge sind in diesem Band enthalten:
› Einführung von S.T. Joshi
› W. H. Pugmire: – Ein Element des Albtraums
› Gary Fry – Das Schilf
› Steve Rasnic Tem – Crawldaddies
› Jonathan Thomas – Drei Träume von Ys
› Lois H. Gresh – Willie, der Beschützer
› Hannes Bok – Mirandas Baum

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W.H. Pugmire / Steve Rasnic Tem / Gary Fry /

Jonathan Thomas / Lois H. Gresh /

Hannes Bok 

 

 

SEARCHERS AFTER HORROR

Band 2

 

Mehr Grauen in mir

 

 

 

Neue Geschichten des Unheimlichen und Phantastischen 

herausgegeben von S. T. Joshi 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv

Übersetzer: Bärenklau Exklusiv, Bearbeitung: Tomos Forrest

Einleitung: Copyright © by S. T. Joshi

© der deutschen Übersetzung: Bärenklau Exklusiv

Cover: © by Steve Mayer mit Bärenklau Exklusiv, 2023

Illustrationen: © by Thomas Ostwald, 2024

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau (OT), Gemeinde Oberkrämer. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv.

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Searchers after Horror 

Mehr Grauen in mir 

Einführung von S. T. Joshi 

Ein Element des Albtraums 

Das Schilf 

Crawldaddies 

Drei Träume von Ys 

Willie, der Beschützer 

Mirandas Baum 

 

Das Buch

 

 

 

Sechs unheimliche und phantastische Geschichten rund um das Thema »die unheimlichen Orte« vom vielleicht bekanntesten modernen Kritiker und Verfechter der unheimlichen Literatur S.T Joshi persönlich ausgewählt.

Das Unheimliche in einer albtraumhaft anmutenden Landschaft sucht das ländliche Virginia heim, oder tritt auf einer wenig frequentierten Autobahn offen zutage oder macht auch auf dem alten Kontinent in der Bretagne nicht mit einer unheilvollen Präsenz halt.

Zu den Autoren des zweiten von drei Bänden gehören W. H. Pugmire, Gary Fry, Steve Rasnic Tem, Jonathan Thomas, Lois H. Gresh und Hannes Bok.

Alle drei Bände erscheinen bei Bärenklau Exklusiv.

 

 

Folgende Beiträge sind in diesem Band enthalten:

 

› Einführung von S.T. Joshi

› W. H. Pugmire: – Ein Element des Albtraums

› Gary Fry – Das Schilf

› Steve Rasnic Tem – Crawldaddies

› Jonathan Thomas – Drei Träume von Ys

› Lois H. Gresh – Willie, der Beschützer

› Hannes Bok – Mirandas Baum

 

 

***

Searchers after Horror

Band 2

Mehr Grauen in mir

 

Neue Erzählungen des Unheimlichen und Phantastischen 

Herausgegeben von S. T. Joshi 

 

»Sucher nach dem Grauen suchen fremde, ferne Orte auf. Für sie sind es die Katakomben von Ptolemais und die geschnitzten Mausoleen der Albtraumländer. Sie klettern auf die mondbeschienenen Türme verfallener Rheinburgen und stolpern über schwarze, mit Spinnweben besetzte Stufen unter den verstreuten Steinen vergessener Städte in Asien. Der verwunschene Wald und der verlassene Berg sind ihre Heiligtümer, und sie verweilen bei den düsteren Monolithen auf unbewohnten Inseln. Aber der wahre Genießer des Schrecklichen, für den ein neuer Kick unsagbarer Grausamkeit der Hauptzweck und die Rechtfertigung des Daseins ist, schätzt am meisten die alten, einsamen Bauernhäuser im hinterwäldlerischen Neuengland; denn dort vereinen sich die dunklen Elemente der Kraft, der Einsamkeit, der Groteske und der Unwissenheit zur Vollkommenheit des Abscheulichen.«

-H. P. LOVECRAFT, »Das Bild im Haus« 

 

 

Einführung von S. T. Joshi

 

Das Motiv des ›unheimlichen Ortes‹ ist so alt wie die Gattung der übernatürlichen Literatur selbst. Die frühen Gothic-Romanautoren schilderten gern die ungezähmten Wälder des Apennin oder das Rheintal als angemessen düstere Kulisse für ihre Geschichten über übernatürliches oder psychologisches Grauen. Mary Shelleys Frankenstein beginnt und endet mit lebhaften Ansichten der Antarktis. Edgar Allan Poe fand unheimliche Landschaften vor allem in seiner eigenen Fantasie, wie der unvergängliche erste Absatz von ›The Fall of the House of Usher‹ bezeugt.

J. Sheridan Le Fanus Erzählungen über die abgelegene irische Landschaft, Ambrose Bierces schaurige Schilderungen der Einsamkeit verlassener Bergbaustädte im amerikanischen Westen, Arthur Machens unvergessliche Bilder von den ›wilden, gewölbten Hügeln‹ seiner Heimat Wales – all das hat sich fest in unser Gedächtnis eingeprägt.

Algernon Blackwood ist vielleicht der Meister der unheimlichen Landschaft. Ob es sich um die Abgeschiedenheit des seit Äonen verfrachteten Ägyptens, die erhabenen Höhen der Schweizer Alpen oder die scheinbar ruhigen, aber pulsierend vitalen Landschaften seiner Heimat England handelt, jede seiner Landschaften verkörpert in vollem Umfang den mystischen Pantheismus, der den Kern seines Denkens bildet. H. P. Lovecraft mag, wie die einleitenden Zeilen von ›The Picture in the House‹ andeuten, Neuengland als einzigartig geeignete Kulisse für literarische Merkwürdigkeiten empfunden haben, aber er war bei Weitem nicht der Erste, der diese alte Ecke Amerikas mit Leben erfüllte: Nathaniel Hawthorne, Mary E. Wilkins Freeman, Sarah Orne Jewett und andere hatten dies bereits vor ihm getan.

Dieser Trend hält bis heute an. Die zunehmende Verstädterung unserer Gesellschaft mag sich im albtraumhaften New York von T.E.D. Kleins bestem Werk oder im zwielichtigen Liverpool von Ramsey Campbell widerspiegeln; doch die Weird Fiction Autoren von heute finden in den Landschaften der ganzen Welt einen unbegrenzten Fundus an Seltsamkeiten, der durch die Inbrunst ihrer eigenen Vorstellungskraft noch erweitert wird.

In dieser auf drei Bände angelegten Sammlung finden Sie ein modernes, aber immer noch heimgesuchtes Neuengland in Nick Mamatas’ »Exit Through the Gift Shop«; einen gespenstischen Mittleren Westen, der sich auf das Werk von August Derleth und Clark Ashton Smith in John D. Haefeles »The Sculptures in the House« stützt; das Grauen sowohl in der Landschaft als auch in den Bewohnern des ländlichen Virginia in Steve Rasnic Tems »Crawldaddies«; die Abgeschiedenheit einer Autobahn in Pennsylvania in Darrell Schweitzers »Going to Ground«; die Fremdheit des pazifischen Nordwestens in W. H. Pugmires »An Element of Nightamre«; und die Abgeschiedenheit eines kargen Colorado in Ann K. Schwaders »Dark Equinox«.

Die britischen Autoren Ramsey Campbell und Gary Fry greifen in »At Lorn Hall« und »The Reeds« auf das uralte Erbe ihrer Heimat zurück, und die Kanadier Donald Tyson (»Ice Fishing«), Richard Gavin (»The Patter of Tiny Feet«) und Simon Strantzas (»The Beautiful Fog Ascending«) tun dies ebenfalls.

Weniger präzise Topografien stehen im Mittelpunkt von Michael Aronovitz’ komplexer, verschachtelter Erzählung »The Girl Between the Slats« und Melanie Tems »Iced In«, aber sie sind deshalb nicht weniger anschaulich. Hannes Boks »Mirandas Baum« beschwört den Pantheismus von Blackwood in einer Erzählung herauf, die wahrscheinlich Mitte der 1950er Jahre geschrieben, aber hier erstmals veröffentlicht wurde.

Die antiken Katakomben Italiens dienen als unheimlicher Schauplatz für Nancy Kilpatricks nachdenkliche Reflexion über Tod und Sterben, »Flesh and Bones«, während Jonathan Thomas' »Three Dreams of Ys« die Bretagne als Kulisse für eine Geschichte nimmt, die Fantasie und Seltsamkeit geschickt miteinander verbindet. Brian Stableford (»Et in Arcadia Ego«) greift auf das antike Griechenland mit seinen Nymphen und Satyrn zurück, um eine Geschichte zu erzählen, deren klassisches Setting schleichend in Lovecraft’sche Schrecken übergeht.

Die Unheimlichkeit der Landschaft kann in allen Genres der phantastischen Fiktion genutzt werden, und John Shirley (»At Home with Azathoth«) und Lois H. Gresh (»Willie the Protector«) nutzen sie in lebendigen Erzählungen, die Horror und Science-Fiction miteinander verbinden. Der paläogeanische Schrecken in Caitlín R. Kiernans »Blind Fish« und Jason V. Brocks »The Shadow of Heaven« wird durch die klar umgesetzten Schauplätze noch eindringlicher.

Die Unheimlichkeit der Landschaft ist nur eine Komponente in all diesen Erzählungen, denen es gleichzeitig gelingt, die Komplexität des menschlichen Charakters sorgfältig herauszuarbeiten und den Schrecken in einer Vielzahl von Themen, Motiven und Bildern zu evozieren. Jeder dieser Autoren ist auf der Suche nach dem Grauen aus den Tiefen seiner eigenen Vorstellungskraft, und ihre Leser werden unweigerlich zu Bewohnern bizarrer Reiche der Fantasie und des Schreckens, die sie sich nicht hätten vorstellen können.

 

 

S. T. Joshi

Ein Element des Albtraums

(Org. Titel: An Element of Nightmare)

 

von W. H. Pugmire

 

 

Und in diesem stummen Herzen von mir

Etwas erwacht immer danach.

Von den Lippen halb betrunken von ihrem Wein

Ein Echo ihres heidnischen Lachens.

SAMUEL LOVEMAN

 

Du kamst mit Gewitterwolken zu uns auf deinem schwachen Fahrrad in unser Anwesen. Da wir das Geräusch von Regen lieben, haben wir nicht darauf geachtet, wie du in unser Gasthaus geflogen bist und auf die Dielen getropft hast. Du kamst an die Bar und fragtest Selma, ob ein Zimmer frei sei, und in diesem Moment drehte ich mich um und betrachtete deine erbärmliche Gestalt in ihrem zerzausten Zustand. Die lange Gabardine, die dich umhüllte, glänzte feucht im fahlen Licht des Gasthauses, und als du die Kapuze abnahmst, hing dein feuchtes Haar wie durchnässtes Unkraut über deine großen Ohren.

»Das Bernsteinzimmer ist frei«, informierte Selma dich, während sie dir eine Tasse Kaffee anbot. Du hast dich an die Bar gelehnt und die heiße Tasse mit beiden Händen festgehalten.

»Ich kann Ihnen den Weg zeigen, Sirrah«, sagte ich. Du drehtest dich zu mir um, und ich bemerkte einen kurzen Blick der Überraschung und des vagen Unbehagens in deinen Augen. Es war fast so, als hättest du mich erkannt, obwohl ich wusste, dass wir uns noch nie begegnet waren. So empfand auch ich ein Gefühl der Beunruhigung, als ich mich von meinem Stuhl erhob, nach meinem Hut griff und ihn auf meinen Kopf setzte. Du hast deine rote Ledermappe fest umklammert und bist mir aus dem Speisesaal in den dämmrigen Flur und eine Teppichtreppe hinauf zum zweiten Stockwerk gefolgt. Als ich das Bernsteinzimmer betrat, ging ich zu dem kleinen Tisch und schaltete die Lampe ein, die den Raum mit sanftem, goldenem Licht erfüllte.

Du schautest dich im Raum um und nickst, dann musterst du mich wieder mit deinem seltsamen Blick. »Das ist das Sesqua-Tal, nicht wahr? Ich war mir nicht sicher, ich dachte, da sei ein riesiger Berg.«

»Der ist von Gewitterwolken umhüllt und daher nicht zu sehen. Ist es der Berg, der Sie in unser Land gezogen hat?«

»Nein, es war Poesie. Mein Name ist Ezra Klum, ich komme aus Tacoma. Meine Großmutter lebte hier für einige Jahre, als sie in den 1940er Jahren ein Mädchen war. Hilda Young, die Dichterin?«

Ich tat so, als würde mir der Name nichts sagen.

»Lange vor Ihrer Zeit, zweifellos.«

Du hast deinen Regenmantel ausgezogen und ihn über den einzigen Holzstuhl im Raum drapiert.

»Haben Sie keine trockene Kleidung?«

»In meinem Seesack, an mein Fahrrad gebunden. Ich habe zwischen diesem und dem nächsten Gebäude geparkt, unter dem Dachvorsprung und außerhalb des Regens. Ich werde die Tasche gleich holen. Ich wollte Sie fragen …« Du hieltest inne und sahst mich flehend an.

»Simon Gregory Williams, Ihr Diener.«

»Mr. Williams, kennen Sie einen lokalen Dichter, Davis Jemand? Wissen Sie, als ich klein war, hat mir meine Großmutter immer vorgelesen, und eines meiner Lieblingsbücher war der schmale lila Gedichtband von diesem Davis. Das ist schon lange her, und ich kann mich nicht mehr an den vollen Namen des Autors erinnern, aber Davis ist mir aus irgendeinem Grund im Gedächtnis geblieben. Meine Mutter wurde vor kurzem in eine Pflegeeinrichtung eingewiesen, und ich bin damit beauftragt, ihre Sachen durchzugehen. Ich hatte gehofft, die Bücher meiner Großmutter zu finden, aber anscheinend wurden sie verschenkt oder sind weggeräumt worden. Ich träume oft von meiner Großmutter, die mir diese Gedichte vorliest, und von dem Tonfall in ihrer Stimme, wenn sie vom Sesqua Valley spricht. Kinder sind beeinflussbar, und es hat mich sehr berührt, wie sich ihre Stimme veränderte, wie ihre Augen aufleuchteten, wenn sie diese Gedichte vorlas. Manchmal, wenn sie sich an diesen Ort erinnerte, hielt sie ein Foto in der Hand und strich über sein Bild.«

 Du hast deine Aktentasche auf das Bett gelegt und geöffnet, und als du dich wieder zu mir umdrehtest, sehe ich, was du in der Hand hieltest.

»Ich habe das hier gefunden«, sagtest du, als du mir den kleinen gerahmten Schnappschuss reichtest. »Das ist meine Großmutter – ist sie nicht jung! – und dieser Kerl ist der Dichter Davis. Das Bild ist etwas verblasst, und ein Teil seines Gesichts liegt im Schatten. Sind Sie mit ihm verwandt, Mr. Williams? Sie haben Ähnlichkeit mit ihm.«

»Wir sind verwandt. Sein Name war William Davis Manly.«

»Und ist das sein Haus, vor dem sie stehen? Gott, das würde ich zu gerne sehen. Ich bin ein bisschen besessen davon, eine Kopie seiner Gedichte zu finden, und ich dachte mir, der beste Weg wäre, diese Stadt zu finden.«

»Und Sie haben uns gefunden, wie clever. Ich bezweifle, dass Sie jemanden finden werden, der sich von seiner Ausgabe von Manlys Gedichten trennen will. Es ist ein seltenes Buch.«

»Gab es nicht eine raubkopierte zweite Auflage, die in den 1960er Jahren in Boston veröffentlicht wurde? Ich würde mich mit einer davon zufriedengeben.«

»Sie sind sehr gut informiert«, antwortete ich und versuchte, meine Stimme nicht zu heben. »Die meisten davon sind bei einem Lagerhausbrand vernichtet worden – so heißt es jedenfalls. Sie sind wahrscheinlich noch seltener als die Originalausgabe.«

Du hast dir auf die Lippe gebissen und traurig genickt, dann bist du zu dem kleinen Fenster gegangen und hast den Spitzenvorhang zur Seite geschoben. Wir hörten dem Regen zu.

»Ich hoffe, dieser Sturm ist nur vorübergehend. Ich hatte nicht vor, lange zu bleiben, aber ich wollte diese Hütte finden und mich vor ihr mit dem Foto meiner Großmutter fotografieren lassen. Kennen Sie den Ort?«

Ich seufzte. »Es liegt versteckt im Wald und wird kaum besucht. Ja, ich kann ihn Ihnen zeigen. Aber jetzt sollten Sie erst einmal die Tasche holen und trockene Kleidung anziehen. Im Ofen dort gibt es Brennholz und Holz. Sie werden es gemütlich haben.«

»Verdammt, ist das Ding verschnörkelt! Muss eine Antiquität sein. Du bist zum Holzofen gegangen und hast die Hand auf das kühle Metall gelegt.«

»Sie müssen nach dem langen Ritt erschöpft sein, trotz Ihrer Jugend. Bestimmt schmerzen auch Ihre Glieder. Sie werden das Bett sehr bequem finden. Das ist ein gutes Zimmer zum Träumen.« Ich sprach in meinem leisesten Ton, und du fingst an zu gähnen, als du meinen Worten lauschtest. Wir gingen gemeinsam aus dem Zimmer, und ich lachte, als du die Treppe hinunterhüpftest und in den Sturm hinausliefst.

Die anderen beobachteten mich, als ich wieder in das Gasthaus eintrat und hinter die Theke schlenderte, und sie schwiegen, als ich ein Glas nahm und begann, bestimmte Flüssigkeiten hineinzugießen. Dann untersuchte ich eine Reihe von kleinen Fläschchen, die mit Pulvern verschiedener Farbtöne gefüllt waren, und wählte eines aus, zog den Verschluss ab und streute etwas von dem Inhalt in die Flüssigkeit. Ich wandte mich an Selma und lächelte.

»Sie wird zurückkommen und dir Fragen stellen, und du wirst ihr das hier anbieten. Es wird sie zum Träumen bringen.«

Ich ging durch eine Seitentür hinaus und trat in den Regen, hob mein Gesicht und ließ das Wasser in meinen Mund gleiten, so dass ich den Himmel schmecken konnte. Mit sanfter Sprache sprach ich zum Sturm und hörte, wie er sich auflöste. Lachen erklang aus dem Inneren des Gasthauses, als ich mein Gesicht zum kleinen Fenster des Zimmers hob, das mit Lampenlicht erhellt war. Ich begrüßte die violetten Schatten des Abends und schaute in den Himmel, wo der kosmische Wind die Wolken vertrieb, so dass ich das kalte Sternenlicht auf meinen Augen spüren konnte. Die Zeit verging, und dann erlosch das Licht hinter ihrem Fenster. Ich griff in die Innentasche meiner Jacke, holte eine schlanke schwarze Flöte hervor und spielte eine Melodie, die den kosmischen Wind anlocken sollte. Während ich spielte, senkte sich die obere Böe herab und zerriss die Wolken, die den Berg Selta umhüllten. Der weiße Berg reckte seine Zwillingsgipfel, während etwas, das zwischen ihnen lauerte, zum Himmel heulte. Ich konnte mit meinen Zaubereraugen fast die Partikel des mutierten Sturms sehen, der das Gebäude vor mir erschütterte und durch die Spalten am Fenster deines kleinen Zimmers kroch, wo er deinen sterblichen Verstand im Traum überwältigen würde.

Der Morgen brach in strahlendem Licht an. Ich fühlte mich ruhelos und betrat den Hungry Place, einen weitläufigen Friedhof, auf dem die ersten Weißen, die nach Sesqua Town kamen, ihre Toten bestatteten. Der Boden an bestimmten Stellen des Tals ist ungesund, verdorben durch unheimliche unterirdische Kräfte, die aufsteigen und sich an die Psyche klammern. Wer zu lange auf solchem Boden verweilt, wird von irgendwann von Demenz heimgesucht. Da ich eine Vorliebe für vorübergehenden Wahnsinn habe, besuche ich manchmal diese Orte mit infiziertem Boden. Ich schlenderte dorthin, wo die Statue auf ihrem grob behauenen Steinsockel stand, studierte ihr Antlitz und erinnerte mich an vergangene Tage; und dann spürte ich deinen Schatten auf dem Boden neben mir und hörte deine leise Stimme.

»Er hat mich gestern Abend besucht.« Ich bewegte mich so, dass meine Augen deine durchbohrten, und so sahst du meine bestialische Visage zum ersten Mal deutlich. Du konntest deine schockierte Verwirrung nicht verbergen. Für deinesgleichen sehe ich monströs grotesk aus, und ein menschlicher Instinkt in dir scheint zu verstehen, dass ich nicht zu deiner Natur gehöre, sondern außerhalb von ihr stehe. »Der Dichter«, fuhrst du fort. »Er trug eines seiner Gedichte vor, eines, an das ich mich irgendwie aus meiner Kindheit erinnerte. Es war seltsam, denn manchmal war es seine eigene Stimme, wenn er rezitierte, und manchmal klang sie wie die meiner Großmutter; und manchmal klang sie überhaupt nicht wie eine menschliche Stimme, sondern wie ein Wind, der die menschliche Sprache verspottete. Träume sind verrückt.«

Du drehtest dich um und betrachtest die Statue von William Davis Manly, die nach dem Verschwinden des Dichters auf dem Hungry Place aufgestellt worden war.

»Er sieht dir so ähnlich, wenn auch etwas kultivierter.« Du lächeltest schief. »Das ist natürlich nicht böse gemeint.«

»Natürlich«, antwortete ich, nahm deinen Arm und führte dich vom Platz. »Erinnerst du dich an das Gedicht?«

»Nein, ich habe kein Gedächtnis für Worte. Das Gedicht drückt eine Art Sehnsucht nach fernen Reisen aus, denke ich; etwas über den Besuch von mondbeschienenen Türmen im Norden und versunkenen geheimen Katakomben im Osten. Aber ich erinnere mich an die Wirkung, die es auf mich hatte, als ich jung war, denn ich habe immer unter einem starken Gefühl der Einsamkeit gelitten. Vielleicht kommt das daher, dass ich bei einem alleinerziehenden Elternteil aufgewachsen bin, ich weiß es nicht. Ich habe es schwer gehabt, mich anzupassen. Wie sagte doch Oscar Wilde, dass andere Menschen ein Fehler sind und dass die beste Gesellschaft man selbst ist? Das habe ich schon immer gefühlt, und als ich Davis im Traum das Gedicht sprechen hörte, erinnerte mich das daran, wie sehr ich diese Gefühle empfinde; denn ich konnte die Außenseiternatur des Dichters spüren, sein Gefühl, ein Fremder unter den Menschen zu sein.«

Du hattest aufgehört, dich zu bewegen und auf den funkelnden weißen Stein unseres majestätischen Berges gestarrt.

»Komisch, ich fühle mich anders, seit ich hier angekommen bin. Etwas in mir fühlt sich wiedergefunden.«

Ich grinste und führte dich in den Wald, und ich wusste ohne Zweifel, dass dein Kommen zu uns kein Zufall war. Die Saat war vor langer Zeit gesät worden, als du in deiner Kindheit den poetischen Überlieferungen über das Sesqua-Tal zugehört hattest, und zwar von einer Frau, die sich einst hier aufgehalten hatte und deren Erinnerungen deine Träume prägten. Vom Sesqua-Tal zu träumen bedeutet, ihr Interesse und ihren Appetit zu wecken, und so lockt sie dich mit der Zeit zu sich.

---ENDE DER LESEPROBE---