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Seeldini bietet in seinem großen Jahrmarktszelt Seelenreisen an. Seine Kunden inhalieren das Jupiter-Gas Demonium und ihre Körper befinden sich auf schwebenden Liegen. Sie tauchen ein in das innere Jenseits. Doch was wird geschehen, wenn sie dort auf Luzifer stoßen, den verstoßenen Engel? Wird Luzifer ihre Seelen an sich reißen - oder wird er selber Interesse an Seeldinis Technik haben und versuchen, diese für seine dämonischen Pläne einzusetzen? Cover selbst gemalt. Story auch enthalten im Buch: Fantastisches Geschichten und Gedichte ISBN 978-3-940445-99-5 290 Seiten, Taschenbuch & eBook Ich verwende in meinen Texten und Büchern gerne Philosophie und Humor. Deswegen: Phil Humor phil-humor.de
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Veröffentlichungsjahr: 2013
»Treten Sie näher meine Damen und Herren, wenn Sie den Mut haben. Sie suchen Transformation, Loslösung von Ihrer bisherigen Existenz? Kein Problem. Die Wissenschaft hat es möglich gemacht. Hinter diesem Vorhang könnten Sie zu dem werden, was Sie vermissen, was Sie herbeisehnen, ohne konkret zu ahnen, was es ist. Auch ich kann Ihnen nicht sagen, was Sie erwartet; es liegt alleine in Ihnen selbst verborgen und wartet darauf hervortreten zu dürfen. Was Sie angesammelt haben im Laufe Ihres Lebens, Verdrängtes, Unbeachtetes – gestatten Sie ihm Kontakt aufzunehmen mit Ihrer bewussten Persönlichkeit. Selbstherrlich regiert der Verstand über ein Reich, was er nicht im Mindesten kennt. Sie wähnen sich als Herrscher, als Lenker ihrer Lebenspläne? Haben Sie den Mut und erkennen Sie ihre eigene Ohnmacht. Doch danach – wenn Sie aus diesem Zelt wieder hervortreten – könnten Sie in der Tat machtvoller sein, vertrauter mit sich selbst und Sie blicken ein wenig hinter die Kulissen von sich selbst und dieser Welt, wenn Sie hinter diesen Vorhang treten. Kommen Sie. Ja, so ist es recht. Nur hereinspaziert. Dort an der Kasse zahlen Sie nur unglaubliche 15 Dimes. Sie haben gewiss schon davon gehört: von dem geheimnisvollen Jupiter-Gas Demonium. Begehrt ist es und sündhaft teuer. Für Sie aber heute werde ich großzügig sein, freigiebig über jedes vernünftige Maß hinaus: Ich werde Ihnen 5 Milliliter zum Inhalieren zur Verfügung stellen, jedem Einzelnen, der jetzt durch dieses Zelt hineintritt. Und nun meine Garantie: Wer unzufrieden ist nach dieser Séance, dieser Sitzung und Kontaktaufnahme mit dem inneren Jenseits, der bekommt sein Geld zurück, die ganzen 15 Dimes! Und ich zahle ihm noch zusätzlich zwei Dimes dazu. Ja, wir sind auf dem Jahrmarkt – ja, und es gibt Betrüger unter uns fahrenden Leuten. Aber sehe ich aus wie ein heruntergekommener Jahrmarktsschreier? Nein. Meine Kleidung ist feinstes Nunx, der Güteklasse vier. Kugelsicher, wärme-isolierend, hitzebeständig. Ich wäre bereit für den Trip in die Hölle, wenn es denn so weit kommt. Aber bislang habe ich Glück gehabt, keiner meiner Gäste hat sich als derart tiefsinniges Wesen erwiesen: Keinen Kontakt mit Satan und Co hat es bislang in meinem Zelt gegeben. Doch wir sind gewappnet. Nicht wahr?«
Seeldini blickte zu seiner Kassiererin Kassandra hinüber. Auch sie trug ein Nunx-Gewand. Das schwarze, große Jahrmarktszelt schwebte etwas über dem Boden und die eintretenden Besucher mussten eine Treppe benutzen, um hineinzugelangen.
»Haben alle Platz genommen auf Ihren schwebenden Liegen? Sie merken, wenn Sie sich umsehen, dass ich ein Faible habe für das Schweben. Sicherlich, man könnte auch bodenhaftende Möbel verwenden. Aber wozu haben wir die Wissenschaft, wenn sie uns nicht auch die Freude ermöglicht an kleinen Spielereien. Machen Sie es sich bequem! Denn es könnte sein, dass es gleich unbequem wird. Wer weiß, was da kommen mag. Meine Assistentin Kassandra wird Ihnen nun das Jupiter-Gas Demonium servieren. Den zugehörigen Inhalator finden Sie am Kopfende unter Ihrer Liege. Die Geräusche und den Lärm, das Störende blenden wir jetzt aus durch die Spezialbeschichtung meines Zeltes. – So, jetzt dringt kein Laut mehr vom Jahrmarkt dieser Welt zu uns. Wir sind ganz beieinander. Und auch das wird sich ändern. Denn gleich werden Sie nur noch sich selbst begegnen. Doch keine Sorge. Ich bin bei Ihnen, wenn Sie mich brauchen. Ich habe Rat und Erfahrung. Weiß Sie aus schwierigsten Situationen herauszulotsen. Ich bin ihr getreuer Lotse. Sei dieses Zelt mein Schiff. Wir werden jedes Riff sicher umschiffen. Doch gehen Sie nicht von Bord! Entfernen Sie sich nicht weit. Nicht das erste Mal. Ich sehe einige Gesichter, die ich kenne und die es zum wiederholten Male versuchen, die Grenzen Ihres Ichs auszudehnen immer weiter, bis sie übereinstimmen mit der gesamten Welt. Bis sie eines sind mit der Welt. Deckungsgleich. Doch Anfänger sind wir im Grunde alle, wenn es darum geht, den Bereich des inneren Ichs auszuloten. Unermesslich will uns seine Tiefe erscheinen. Wie ein unerforschtes Höhlenlabyrinth. Wer sich dort verirrt, wann wird der zurückkehren? – Wenn Sie meine Hilfe benötigen oder die Hilfe meiner Assistentin Kassandra, dann drücken Sie auf Ihrer Liege den schwarzen, sternenförmigen Knopf. Mag sein, dass Ihnen in Ihrer virtuellen Reise der Zugriff fehlt auf das Naheliegende und sie es nicht finden können: Doch der sternenförmige, schwarze Knopf ist eingebaut in die Strahlungs-Aura Ihrer Liegen. Sie werden diesen Knopf wiederfinden, wiedererkennen in anderen Welten, in anderen Sphären. Das ist ihr Notausgang. Aber ich bin sicher, sie werden ihn nicht benötigen. Sie sehen allesamt oberflächlich aus. Keinerlei Tiefgang. Keine ernste Gefahr. Oder doch? Schlummert nicht in jedem von uns die Unendlichkeit? Tarnt sich als alltägliches Einerlei? Vermag Eure gesamte Routine nicht diese Unendlichkeit zu übertünchen, zu verbrettern? Die Unendlichkeit, die sich jählings auftut unter Euch wie eine Bergschlucht. – Ich rede viel, und Ihr fragt Euch, ob der Seeldini nicht ganz einfach beginnen kann mit der Show. Aber Ihr selbst seid die Showstars, Ihr selbst seid die Bühne. Wer dieses nicht weiß, der wird vergebens auf den Auftritt der Akteure warten. Umfangen seid ihr nun von der Aura der schwebenden Liegen. Lasst es zu, dass diese goldene Aura Euch ganz durchdringt. Inhaliert das Jupiter-Gas Demonium. Von nun an hört ihr meine Stimme bis zu Eurer Wiederkehr nicht mehr.«
Die schwebenden Liegen erstrahlten in goldenem Glanz. Die Aura hatte die Form einer Kugel. Dutzende von solchen Kugeln schwebten in dem schwarzen, großen Zelt. Seine Assistentin Kassandra trat an Seeldinis Seite. Sie sagte zu ihm: »Wie kleine Sonnen sehen sie aus. Ich liebe diesen Anblick. Es scheint mir, als ob jede dieser Sonnen in einem anderen Goldton erstrahlt. – Meinst du, diesmal ist einer dabei? Einer, der den Durchbruch schafft? Wenn ich dich aufmerksam machen darf auf diesen Herren dort drüben. Er hat etwas Besonderes.«
Seeldini: »Du achtest auf das Äußerliche. Er sieht gut aus. Das ist alles.«