Sein teuflisches Herz - J.D. Robb - E-Book

Sein teuflisches Herz E-Book

J.D. Robb

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Beschreibung

Der neue Pageturner aus der Erfolgsserie von J.D. Robb!

Eine junge Frau – nackt, blutig und völlig verwirrt – stolpert direkt vor das Auto von Police Lieutenant Eve Dallas und ihrem Ehemann Roarke. Daphne Strazza ist schnell identifiziert, und ein Routinebesuch in ihrem schicken New Yorker Townhouse offenbart Schlimmes. Anthony Strazza, weltberühmter Gehirnchirurg, liegt tot und offensichtlich gefoltert inmitten mutwilliger Zerstörung. Der Arzt war nicht gerade beliebt, und so herrscht an Verdächtigen kein Mangel. Doch alle Spuren scheinen im Sande zu verlaufen, und die junge Witwe erzählt nur wieder und wieder, sie sei vom Teufel selbst misshandelt worden. Als Eve Dallas daraufhin tiefer gräbt, stößt sie auf das leibhaftig Böse .... eine Begegnung, die der toughen Detective alles abverlangen wird.

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Seitenzahl: 614

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Buch

Als die New Yorker Kommissarin Eve Dallas und ihr milliardenschwerer Ehemann Roarke nach Hause fahren, stolpert ihnen plötzlich eine junge Frau vor das Auto – benommen, nackt und blutig. Roarke tritt auf die Bremse, und Eve schreitet zur Tat.

Daphne Strazza wird sofort in die Notaufnahme gebracht, aber für ihren Mann Dr. Anthony Strazza ist es zu spät. Der brillante orthopädische Chirurg liegt tot in den Trümmern seines obsessiv organisierten Stadthauses, seine drei Tresore sind geöffnet und geleert. Daphne wäre eine wertvolle Zeugin, aber in ihrem Schock kann sie den Täter nur so beschreiben, dass sie ihn immer wieder »den Teufel« nennt …

Es stellt sich zwar heraus, dass Dr. Strazza kalt, kontrollierend und weithin unbeliebt war, aber Eve glaubt nicht daran, dass Daphne die Täterin ist. In einem Wettlauf gegen die Zeit stellt sich vor allem eine Frage: Wie sieht der Teufel aus? Und wo wird er als Nächstes auftauchen?

Autorin

J. D. Robb ist das Pseudonym der international höchst erfolgreichen Autorin Nora Roberts, einer der meistgelesenen Autorinnen der Welt. Unter dem Namen J. D. Robb veröffentlicht sie seit Jahren erfolgreich Kriminalromane.

Liste lieferbarer Titel

Rendezvous mit einem Mörder · Tödliche Küsse · Eine mörderische Hochzeit · Bis in den Tod · Der Kuss des Killers · Mord ist ihre Leidenschaft · Liebesnacht mit einem Mörder · Der Tod ist mein · Ein feuriger Verehrer · Spiel mit dem Mörder · Sündige Rache · Symphonie des Todes · Das Lächeln des Killers · Einladung zum Mord · Tödliche Unschuld · Der Hauch des Bösen · Das Herz des Mörders · Im Tod vereint · Tanz mit dem Tod · In den Armen der Nacht · Stich ins Herz · Stirb, Schätzchen, stirb · In Liebe und Tod · Sanft kommt der Tod · Mörderische Sehnsucht · Ein sündiges Alibi · Im Namen des Todes · Tödliche Verehrung · Süßer Ruf des Todes · Sündiges Spiel · Mörderische Hingabe · Verrat aus Leidenschaft · In Rache entflammt · Tödlicher Ruhm · Verführerische Täuschung · Aus süßer Berechnung · Zum Tod verführt · Das Böse im Herzen · So tödlich wie die Liebe · Geliebt von einem Feind · Der liebevolle Mörder · Im Licht des Todes

Mörderspiele. Drei Fälle für Eve Dallas · Mörderstunde. Drei Fälle für Eve Dallas · Mörderlied. Vier Fälle für Eve Dallas

Nora Roberts ist J. D. Robb.

J. D. Robb

Sein teuflisches Herz

Roman

Deutsch von Uta Hege

Die Originalausgabe erschien 2017 

unter dem Titel »Echoes in Death« bei St. Martin’s Press, New York.

Dieser Roman ist im Juni 2022 bei Weltbild erschienen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Copyright © der Originalausgabe 2016 by Nora Roberts

Published by Arrangement with Eleanor Wilder

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Copyright © 2022 der deutschsprachigen Ausgabe

by Blanvalet Verlag, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Regine Kirtschig

Covergestaltung: www.buerosued.de

Covermotiv: plainpicture/Anja Weber-Decker; www.buerosued.de

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

LH ∙ Herstellung: sam

Printed in Germany

ISBN: 978-3-641-29096-2V002 

www.blanvalet.de

Mein Herz, am fernen Firmament ersterben sie,

verhallen über Hügel, Acker oder Fluss,

doch unsere Echos schwingen sich von Seel’ zu Seel’

und schwellen dort immer weiter an.

ALFRED, LORDTENNYSON

Eine traurige Geschichte ist das Beste für den Winter.

WILLIAMSHAKESPEARE

War sie tot?

Sie fühlte sich so ungebunden und substanzlos wie ein Geist.

Sie hatte das Gefühl zu schweben, als wäre alles rund um sie herum verschwommen, verblasst, bedeutungslos. Aber vielleicht war ja auch sie selbst verschwommen, verblasst, bedeutungslos, und rund um sie herum bewegte sich die Welt mit Tönen, die sie nicht mehr hörte, mit Farben, die sie nicht mehr sah.

Dann war der Tod nicht anders als das Leben. Aber vielleicht hatte der Tod sie ja auch befreit.

Aber wovon?

Sie hatte das Gefühl, als kratzten winzig kleine Nägel an den Rändern ihres Hirns und riefen das Bedürfnis, wegzulaufen und sich zu verstecken, in ihr wach. Aber warum? Warum?

Was hatte das alles für einen Sinn? Weswegen sollte sie sich noch verstecken, wenn sie sowieso nicht mehr am Leben war? Die Toten durften schlafen, oder nicht? Sie durften schlafen, schlafen, schlafen bis in alle Ewigkeit.

Dann wieder kam es ihr so vor, als ob sie gerade wach geworden wäre, obwohl sie noch vollkommen benommen war.

Ziellos wanderte sie durch die Gegend und erkannte, dass sie zwar verwirrt, doch gleichzeitig auch seltsam unbeteiligt war. Sie wusste nicht, ob sie im Himmel oder in der Hölle war, doch die verblichenen Farben und verschwommenen Konturen hatte sie schon einmal irgendwo gesehen. Dann taten die plötzlich grellen Farben ihr in den Augen weh, und die Konturen waren so scharf, als könnte sie sich daran schneiden, wenn sie ihnen zu nahe kam.

Genauso schnell verblasste und verschwamm dann wieder alles, was sie seltsam tröstlich fand.

Da war auch noch ein Geruch, ja, ja, der durchdringende Totenduft von Lilien und von Blut. Wenn sie Blut und Lilien roch, war sie auf alle Fälle tot.

Am besten legte sie sich einfach hin und schliefe ein. Am besten legte sie sich hin und wartete, bis jemand käme, der ihr sagen könnte, was sie machen und wohin sie weitergehen sollte. Ob das Wesen, das sie holen käme, Engel oder Teufel wäre, würde sie dann sehen.

Vor ihrem inneren Auge tauchte eine Mischung beider Wesen auf, und da der Anblick sie erschaudern ließ, beschloss sie, sich nicht hinzulegen, sondern selbst herauszufinden, wo sie war. Hatten etwa auch Tote Angst?

Mit einem Mal stand sie vor einer Tür, die sie mit großen Augen anstarrte. Rein oder raus? Raus oder rein? War das nicht vollkommen egal?

Sie sah, dass eine Hand den Knauf der Tür ergriff. War es womöglich ihre eigene Hand? Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Sie roch auch weiterhin die Lilien und das Blut. Der Knauf war kein normaler Knauf, denn jedes Mal, wenn sie versuchte, ihn zu packen, wich ihr das verdammte Ding mit schlängelnden Bewegungen nach links, nach rechts, nach oben und nach unten aus.

War das vielleicht ein Spiel?

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.

Warum eigentlich nicht?

Die Hand griff nach dem Knauf, doch abermals wich er ihr aus.

Also noch einmal.

Er schlängelte sich erst nach rechts und dann nach links, dann aber hatte sie das Teil erwischt, und wie aus weiter Ferne drang ihr eigenes dünnes Lachen an ihr Ohr.

Rein oder raus. Raus oder rein.

Die Tür ging auf. Sie ergab sich in ihr Schicksal und trat ein.

Die Totenwelt war abwechselnd in Dunkelheit und gleißend helles Licht getaucht, weshalb sie schützend eine Hand vor die Augen hob.

Eve wünschte sich nichts mehr, als endlich aus dem lächerlichen Fetzen und den Knöchelbrechern herauszukommen, die sie heute Abend trug. Sie hatte ihre Pflicht als Ehefrau erfüllt, sich in ein Kleid gezwängt, angemalt und einen Abend lang die Partnerin des Gottes der Geschäftswelt herausgekehrt.

Sie fragte sich, wer überhaupt auf die Idee gekommen war, einen winterlichen Wohltätigkeitsball zu organisieren. An einem kalten Februarabend zogen es normale Leute doch wohl vor, in Jogginghose und mit einer Decke auf der Couch herumzulungern, doch da nachts um zwei bei Minusgraden nicht einmal die schlimmsten Schweinehunde auf der Straße flanierten, hatte sich ihr keine Möglichkeit geboten, sich dem öffentlichen Auftritt an der Seite ihres Gatten zu entziehen.

Zwar hatte das Jahr 2061 arbeitstechnisch mit dem sprichwörtlichen großen Knall begonnen, und sie hatte auch im Januar eine Reihe von Mordfällen auf den Tisch bekommen, dann aber hatten die New Yorker Mörder eine Pause eingelegt, die sie für einen wirklich schönen, dreitägigen Kurzurlaub auf Roarkes privater Insel und für jede Menge heißen Sex im heißen Sand genutzt hatten. Wenn sie jetzt zum Abschluss ihrer freien Tage aufgemotzt inmitten lauter anderer aufgemotzter Leute Smalltalk machen musste, war das ein geringer Preis für dieses Glück.

Vor allem wäre sie ab Montag abermals im Dienst und liefe dann wieder bewaffnet, in vernünftigen Klamotten und bequemen Boots herum.

Obwohl sie ihre Waffe und die Dienstmarke auf diesem blöden Ball in eine lächerliche, kleine diamantbesetzte Tasche stopfen musste, hatte sie sie wenigstens dabei. Denn ohne diese beiden Dinge ging Eve Dallas, Lieutenant der New Yorker Polizei, nicht aus dem Haus.

Dann hatte sie’s geschafft, nahm seufzend in der angenehm geheizten Limousine Platz und freute sich, weil sie dem eleganten East Side Hotel mit dem übertrieben winterlich geschmückten Ballsaal und den ebenso geschmückten Gästen entkommen war.

Roarke legte eine Hand unter ihr Kinn, zog mit dem Daumen die Konturen ihres Grübchens nach und küsste sie. »Ich danke dir.«

Sie saß in einem teuren Luxusschlitten, blickte in die wilden blauen Augen eines Mannes, der von einer großzügigen Gottheit wie der Prototyp des rundherum perfekten Exemplars der Gattung Mensch erschaffen worden war, und hatte fast den ganzen Abend lang nichts Besseres zu tun gehabt, als innerlich zu maulen, weil sie als seine Frau zur Teilnahme an einem luxuriösen Ball gezwungen gewesen war.

Was sicher nicht im Sinn der Regeln war, die für eine gute Ehe galten.

»Es war okay.«

Mit einem leisen Lachen presste er ihr abermals die Lippen auf den Mund und ließ den Motor an. »Obwohl du neun von zehn Minuten total gelangweilt warst.«

Sein melodiöser, irischer Akzent und sein Humor gefielen Eve genauso gut wie das von dichtem schwarzem Haar gerahmte, prachtvolle Gesicht.

Als ihn die Gottheiten erschaffen hatten, hatten sie die besten Eigenschaften eines Kriegers, eines Dichters und eines, wenn auch gestürzten, Engels in dem Mann vereint und dann als Ausgleich eine menschenscheue, hartgesottene Mordermittlerin für ihn als Partnerin gewählt.

Das sollte irgendwer verstehen.

»Siebeneinhalb von zehn, denn es war wirklich nett, die Miras und Charles und Louise zu sehen. Das heißt, es war okay.«

»Du hast super mitgespielt.«

»Na ja. Du hast vielleicht nicht mitbekommen, wie ich dieser Frau mit dem Turm aus Haaren, die aussahen wie geschlagene Sahne, zu verstehen gegeben habe, dass ich mich ganz sicher nicht in ihrem Komitee zur Resozialisierung irgendwelcher krimineller Schweinebacken engagieren werde, weil es eigentlich mein Job ist, solche Typen wegzusperren.«

»Das habe ich durchaus gehört, und ich war wirklich froh, dass du nicht auf sie losgegangen bist, als sie dir anschließend erklärt hat, dass die Polizei sich viel zu sehr aufs Strafen statt auf Resozialisierung konzentriert.«

»Tatsächlich war ich kurz davor, du kannst deinen hübschen Arsch darauf verwetten, dass sie sicher nicht mehr wollte, dass wir Mitleid mit so einem Typen hätten, wenn er ihr eins auf die Sahnehaube geben würde, damit sie ihm all die Klunker, die um ihren Hals gehangen haben, überlässt.«

»Sie kann nicht wissen, wie viel Herz und Mitgefühl die Polizei für ihre Arbeit braucht, denn schließlich wurde sie noch nie zu einem Mordopfer gerufen, und sie musste auch noch nie jemandem sagen, dass ein Mensch, den er geliebt hat, nicht mehr wiederkommen wird.«

»Deshalb bin ich ja auch nicht auf sie losgegangen«, stellte sie selbstzufrieden fest und schmiegte sich in ihren Sitz. »Ein Punkt für mich. Wenn ich gleich aus diesem blöden Fetzen und aus diesen Knöchelbrechern raus bin, geht’s mir wieder rundum gut.«

»Es hat mir fast genauso großen Spaß gemacht, dich in dem Fetzen und den Knöchelbrechern herumlaufen zu sehen, wie es mir Spaß machen wird, sie dir gleich auszuziehen.«

»Morgen schlafen wir dann aus und räkeln uns noch faul im Bett, bevor …«

Sie hatte sich beim Reden aus Gewohnheit auf der Straße umgeschaut, und plötzlich rief sie: »Meine Güte! Stopp!«

Roarke hatte bereits selbst die Frau gesehen, die direkt vor seiner Limousine auf die Straße trat.

Mit riesengroßen, leeren Augen, nackt und blutverschmiert stand sie im Licht der Scheinwerfer, und während Eve noch aus dem Wagen sprang und anfing, ihren Mantel auszuziehen, lief Roarke schon auf sie zu und hüllte sie in seinen Mantel ein.

»Sie ist vollkommen durchgefroren«, sagte er zu Eve und wandte sich dann an die Frau. »Schon gut. Sie sind in Sicherheit.«

»Sind Sie ein Engel?« Sie hob eine Hand an sein Gesicht, verdrehte ihre Augen, und dann gaben plötzlich ihre Beine nach.

»Schaff sie in den Wagen. Haben wir eine Decke oder so etwas dabei?«

»Im Kofferraum.« Er trug die Frau zu seiner Limousine, schob sie in den warmen Fonds, und Eve zerrte eine Decke aus dem Kofferraum und schob sich neben sie.

»Ich setze mich zu ihr nach hinten. Gib mir meine Tasche und fahr zum St. Andrew’s Hospital, das ganz hier in der Nähe ist.«

Auch er stieg eilig wieder ein, warf ihr die Tasche zu und trat das Gaspedal bis auf den Boden durch.

Eve zog ihr Handy aus der Tasche und rief in der Klinik an. »Eve Dallas, Lieutenant der New Yorker Polizei.« Sie ratterte die Nummer ihrer Dienstmarke herunter und fuhr fort: »Wir bringen eine unbekannte Frau zu Ihnen, Anfang bis Mitte zwanzig. Sie ist stark unterkühlt, bewusstlos und unter Schock. Wir sind in drei bis fünf Minuten da.«

Sie machte eine Aufnahme der Frau und sah dabei die Würgemale rund um den Hals.

»Die Frau wurde gewürgt und vielleicht vergewaltigt. Sie hat ein paar Schnitt- und jede Menge Schürfwunden, aber das Blut, das wir hier sehen, stammt ganz bestimmt nicht nur von ihr.«

»Sie kann in diesem Zustand nicht besonders lange unterwegs gewesen sein. Zum einen ist es dafür zu kalt, und zum anderen hätte sie dann doch bestimmt jemand gesehen.«

»Sie hat auch Blut im Haar«, murmelte Eve. »Ihr wurde auf den Hinterkopf geschlagen«, fuhr sie fort und wünschte sich, sie hätte neben der Dienstmarke und Waffe auch ihr Untersuchungsset dabei. Sie sah sich die Hände und die Nägel erst einmal an und blickte wieder auf, als Roarke mit lautem Bremsenquietschen vor der Notaufnahme hielt.

Zwei Ärzte oder Pfleger hatten dort bereits mit einer rollenden Krankenliege Position bezogen, sie rief den beiden zu: »Sie liegt im Fonds. Sie hat eine Schlagwunde am Kopf, wurde mit einem Seil oder mit einem Schal gewürgt und vielleicht vergewaltigt.«

Eve trat einen Schritt zur Seite, und die beiden Männer hoben die Verletzte auf die Liege, rollten sie ins Haus, und noch im Laufen wandte sich der Jüngere der beiden, der kaum alt genug war, um ein Bier in einer Kneipe zu bestellen, erneut an Eve und Roarke. »Kommen Sie mit. Ich brauche alle Infos, die Sie haben.«

Sie rannten bis zu einem Untersuchungsraum, in dem schon weiteres Personal versammelt war. »Auf drei!«

Gemeinsam hievten sie die immer noch besinnungslose Frau auf einen Untersuchungstisch.

»Körpertemperatur 33 Grad«, schrie jemand über all den anderen Lärm hinweg.

»Ich schaffe schnell den Wagen aus dem Weg und bin dann sofort wieder da«, wandte sich Roarke an Eve, die nur noch Tropfe und Kanülen, Wärmedecken, weiße Kittel, Spritzen sah.

Oh Gott, sie hasste Krankenhäuser.

»Sagen Sie mir alles, was Sie wissen«, bat der junge Doktor, ohne seine Arbeit zu unterbrechen.

Er war kaum älter als die junge Frau, die auf der Pritsche lag, hatte einen wilden Mopp aus dicht gelocktem braunem Haar und ein ausdrucksvolles Gesicht, dem die Erschöpfung deutlich anzusehen war.

»Sie stand plötzlich mitten auf der Straße. Auf dem Carnegie Hill. Genau so, wie sie jetzt hier liegt. Sie lief und sprach, als hätte sie zu viel getrunken, sie stand eindeutig unter Schock. Sie hat noch meinen Mann gefragt, ob er ein Engel wäre, dann ist sie einfach umgefallen.«

»Temperatur bei 34 Grad und steigend.«

»Sie müssen Ihre Hände eintüten«, bat Eve. »Und vorher brauche ich noch ihre Fingerabdrücke. Das Blut an ihrem Körper stammt auch noch von jemand anderem als ihr.«

»Lassen Sie mich erst ihr Leben retten.«

Widerstrebend trat Eve einen Schritt zurück und musterte noch einmal das Gesicht der Frau.

Jung und unter all den Abschürfungen äußerst attraktiv. Halb schwarz, halb Asiatin, zierlich, vielleicht 1,60 Meter groß und höchstens 50 Kilo schwer. Hüftlanges wild zerzaustes schwarzes Haar und zartrosa lackierte, sorgsam manikürte Nägel an den Fingern und den Zehen. Keine sichtbaren Tattoos, auch die Löcher in den Ohren waren leer.

Eve trat vor die Tür und glich das Foto aus dem Wagen mit den Bildern der Gesichtserkennung ab. Obwohl sie sicher keinen Treffer landen würde, weil die Züge unter all den Abschürfungen kaum noch zu erkennen waren, lenkte diese Arbeit sie zumindest von der grässlichen Umgebung ab.

Sie sah erst wieder auf, als Roarke mit ihrem Untersuchungsset von draußen kam.

»Ich dachte mir, dass du das vielleicht brauchst.«

»Auf jeden Fall. Ich danke dir. Wenn sie nicht wieder zu sich kommt, bis sie da drinnen mit ihr fertig sind, brauche ich ihre Fingerabdrücke, um herauszufinden, wer sie ist. Sie muss hier aus der Gegend kommen. Sie hat die Haut und Hände einer Frau, die regelmäßig zur Kosmetikerin geht, und war ganz sicher noch nicht lange draußen unterwegs. Das heißt, dass sie hier in der Gegend wohnt, hier arbeitet oder zumindest zu Besuch gewesen ist.«

Sie blickte wieder auf die Tür des Untersuchungsraums. »Das viele Blut sieht aus, als hätte sich die Frau gewehrt, aber ich habe keine dazu passenden Verletzungen entdeckt und unter ihren Fingernägeln weder Blut noch Haut gesehen.«

»Du fürchtest, dass sie nicht allein war und noch jemand anderes angegriffen worden ist.«

»Zumindest kann ich das bisher nicht ausschließen. Falls sie fliehen konnte, ist das andere Opfer …«

Ehe sie den Satz beenden konnte, kam der junge Doktor aus dem Untersuchungsraum. »Sie ist wieder stabil, die Temperatur liegt bei über 35 Grad. Neben der Kopfwunde hat sie noch Prellungen und Abschürfungen im Gesicht und überall am Bauch, verschiedene, zum Glück nicht allzu tiefe Schnittwunden und eine Gehirnerschütterung. Sie wurde mehrfach auf brutale Art und Weise vergewaltigt, am besten führen Sie deshalb selbst noch eine kurze Abfrage bei ihr durch. Die verwaschene Sprache und das Torkeln waren wohl eine Folge der Unterkühlung und des Schocks. Wir untersuchen selbstverständlich noch ihr Blut auf Alkohol und Drogen, doch ich denke nicht, dass sie etwas genommen oder eingeflößt bekommen hat.«

»Ich brauche ihre Fingerabdrücke, und wie gesagt, ein Teil des Bluts stammt nicht von ihr«, rief Eve ihm in Erinnerung. »Das heißt, dass vielleicht auch noch jemand anderes angegriffen worden ist und dass ich, wenn ich ihren Namen habe, vielleicht ein zweites Leben retten kann.«

»Tut mir leid, so weit habe ich bisher nicht gedacht.« Er fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. »Ich hatte wieder einmal eine Doppelschicht.«

»Das sieht man Ihnen an.«

»Noch mal: Es tut mir leid. Wahrscheinlich hat die Frau es Ihnen zu verdanken, dass sie noch am Leben ist. Auf alle Fälle haben Sie sie vor schweren Hirnschäden bewahrt. Ich bin übrigens Dr. Nobel. Del Nobel.«

Eve nahm die angebotene Hand. »Dallas. Lieutenant der New Yorker Polizei. Und Roarke.«

»Das kam vor circa zwei Minuten bei mir an.« Jetzt gab er Roarke die Hand, sein Blick jedoch lag weiterhin auf Eve. »Das ist ein wirklich hübsches Kleid.«

»Wir waren irgendwo eingeladen.«

»So sieht’s aus. Ich hoffe nur, die Flecken gehen noch einmal raus. Und jetzt holen Sie sich erst mal Ihre Abdrücke, weil sich doch sicher irgendjemand Sorgen um die Frau da drinnen macht.«

Zurück im Untersuchungsraum erklärte Eve: »Ich brauche Bilder der Verletzungen.« Zuerst aber zog sie ihr Identifizierungspad hervor und nahm die Abdrücke der unbekannten Frau.

»Okay. Die Frau heißt Strazza, Daphne Strazza. Vierundzwanzig Jahre alt und wohnhaft knapp zwei Blocks von dort entfernt, wo sie uns vor den Wagen lief. Verheiratet mit einem gewissen …«

Ehe sie den Satz beenden konnte, atmete der junge Arzt geräuschvoll ein.

»Sie kennen sie.«

»Nein, aber ich kenne ihren Mann. Den kennen alle hier. Anthony Strazza. Meine Güte. Sie ist Strazzas Frau?«

»Behalten Sie das bitte erst einmal für sich … da, sehen Sie, jetzt wacht sie auf.«

Erst flatterten die langen, dunklen Wimpern, dann gingen die schräg stehenden Augen auf, und Daphne sah benommen aus leuchtend grünen Augen zu ihr auf.

Bevor Eve etwas sagen konnte, hob der Arzt die Hand und wandte sich dann selber der Patientin zu. »Sie sind okay. Sie sind im Krankenhaus. Niemand tut Ihnen weh. Sie sind in Sicherheit.«

Die grünen Augen irrten durch den Raum, und als der Atem der Frau stockte, nahm der Doktor tröstend ihre Hand. »Sie sind okay. Sie sind in Sicherheit. Ich bin Arzt und werde Ihnen etwas gegen die Schmerzen geben.«

»Nein, nein, nein.«

»Okay, okay, dann warten wir damit«, bot er mit weiterhin ruhiger Stimme an, und obwohl die Geräte ihren Blutdruck und auch alles andere überprüften, legte er die Finger auf ihr Handgelenk und maß auf altmodische Weise den Puls. »Entspannen Sie sich einfach«, bat er sie. »Atmen Sie erst einmal durch. Können Sie uns sagen, was passiert ist?«

»Ich war tot. Ich glaube, ich war tot.«

Jetzt trat auch Eve neben ihr Bett. »Woran können Sie sich noch erinnern?«

»Ich … bin weggegangen. Oder vielleicht auch die Welt.«

»Vorher. Wissen Sie, was vorher war?«

»Wir hatten fünfzig Gäste eingeladen. Cocktails um halb acht, Dinner dann um acht. Ich hatte ein Dior-Kleid an, das mit dem perlenbesetzten Saum. Es gab Jakobsmuscheln, Hummermedaillons und Winterkürbissuppe, dann Rostbraten und Rosmarinkartoffeln aus dem Ofen mit weißem und grünem Spargel, danach Windbeutel und Kaffee, und zu trinken …«

»Das genügt mir erst einmal. Wie ging’s nach dem Essen weiter?«

»Unsere Gäste blieben bis halb zwölf. Sie hätten schon um elf gehen sollen, weil mein Mann am nächsten Tag morgens in die Klinik muss, aber ich hatte es nicht gut genug geplant. Er ist Chirurg, ein wirklich talentierter, allseits respektierter Mann. Normalerweise gehen wir nach einem solchen Abend immer gleich zu Bett, und unsere Hausdroiden räumen auf. Wir gehen zu Bett und …«

Abermals rang sie nach Luft, und diesmal drückte Eve ihr aufmunternd die Hand. »Sie sind in Sicherheit, aber Sie müssen mir erzählen, was passiert ist, als Sie nach dem Fest zu Bett gegangen sind.«

»Es war jemand im Haus«, stieß sie mit leiser Flüsterstimme aus. »Kein Gast. Und auch niemand des Caterings. Ein Teufel, er sah wie ein Teufel aus. Mein Mann … er ist gestürzt. Er ist gefallen, und der Teufel hat ihn ausgelacht. Mehr weiß ich nicht. Mehr weiß ich nicht. Bitte. Das ist alles, was ich weiß.«

Sie rollte sich zu einem Ball zusammen und brach in lautes Schluchzen aus.

»Das reicht«, erklärte Del in barschem Ton. »Sie braucht jetzt erst einmal Ruhe. Geben Sie ihr etwas Zeit.«

»Ich muss noch ihre Fingernägel untersuchen, vielleicht hat sie den Täter ja gekratzt.«

»Beeilen Sie sich.«

Die Untersuchung mit der Mikrobrille blieb ergebnislos, auch als Eve behutsam mit der Feile unter Daphnes Fingernägel fuhr, fand sie dort nichts.

»Sie hatte nicht den Mumm oder vielleicht auch keine Chance, sich zu wehren.« Eve sah sich die Fesselspuren an Daphnes Handgelenken an. »Falls sie noch irgendwas erzählt, bekomme ich sofort Bescheid. Ich setze jemanden vor ihre Tür und komme später selbst noch einmal vorbei.«

Auf dem Weg nach draußen fragte Roarke: »Lässt du die Frau bewachen, damit niemand zu ihr reinkommt oder damit sie nicht unbemerkt von hier verschwinden kann?«

»Das weiß ich selbst nicht so genau.« Sie zog ihr Handy aus der Tasche und gab Daphnes und den Namen ihres Mannes darin ein. »Wir müssen sehen, was dieser Strazza macht.«

Das war es dann mit ihren ursprünglichen Plänen für das Ende dieses Abends, dachte Eve und seufzte resigniert.

Vor Daphne hatte der Chirurg schon eine andere Ehefrau gehabt, die nach der Scheidung vor fünf Jahren nach Australien ausgewandert war.

Zwei Jahre später hatte er seine jetzige Frau geehelicht, die über zwanzig Jahre jünger war als er. Vor der Hochzeit hatte sie studiert und dieses Studium mit dem Planen von Veranstaltungen finanziert, nach der Heirat aber Studium und Arbeit eingestellt.

Sie war das sprichwörtliche Luxusweibchen, jung und schön und in der Lage, Dinnerpartys oder andere Feste auszurichten, über die die Schickeria auch noch Wochen später sprach.

Eve fragte sich, ob vielleicht manche Leute auch in ihr ein solches Luxusweibchen sähen, und als Roarke den Wagen direkt vor dem Haus aus rotem Backstein, wo die Strazzas wohnten, parkte, schaute sie ihn fragend von der Seite an.

»Du hast nicht unbedingt das große Los gezogen.«

»Warum nicht?«

»Weil du keine Frau hast, mit der du dich wirklich schmücken kannst.«

»Ach nein? Ich finde schon, auch wenn du eindeutig kein Luxusweib wie viele andere Frauen bist.«

»Ist das ein Kompliment?« Ein Grinsen auf den Lippen, stieg sie aus und balancierte auf den lächerlichen, schicken Mädchenschuhen Richtung Haus.

»Es ist die Wahrheit. Wenn ich eine andere hätte haben wollen, hätte ich mir eine andere angelacht.« Mit diesen Worten nahm er ihre Hand und glitt mit dem Daumen über ihren Ehering. »Aber ich wollte eben meinen Cop. Du denkst an Daphne Strazza und an ihren Mann, der deutlich älter ist als sie.«

»Woher weißt du, wie alt er ist? Du hattest schließlich bisher keine Zeit, um seine Daten durchzugehen.«

»Das musste ich auch nicht, denn schließlich ist der Mann ein angesehener Chirurg, das heißt, dass er doch sicher an die zwanzig Jahre älter ist als sie.«

»Sechsundzwanzig, um genau zu sein. Die erste Ehefrau war ungefähr in seinem Alter und ist nach der Scheidung nach zwölf Jahren auf eine Schaffarm nach Australien abgehauen, was etwas völlig anderes ist, als wenn man seine Tage im Kosmetikstudio und auf Dinnerpartys in den teuren Stadthäusern der Upper East Side von New York verbringt.«

Sie schaute sich das Haus von außen an und registrierte drei Etagen altehrwürdiger Eleganz. Die Strazzas hatten beide Hälften eines Doppelhauses übernommen und die beiden alten Eingangstüren durch eine breite Flügeltür aus dunklem Holz ersetzt. Die hohen, schlanken Fenster waren ebenfalls mit dunklem Holz gerahmt und wie die beiden Glastüren des Balkons im ersten Stock zu nachtschlafender Zeit mit Sichtschutz versehen, im Balkongitter und in den beiden schmiedeeisernen Geländern links und rechts der kurzen Treppe Richtung Haustür wies ein stilisiertes S auf die Bewohner hin.

Das ganze Haus verströmte eine würdevolle Atmosphäre, aber Strazza hatte es so gut gesichert wie Fort Knox.

»Sie haben eine Kamera, ein Handlesegerät, eine Gegensprechanlage und dazu ein Kartenschloss«, bemerkte Eve. »Das Haus soll zwar gediegen wirken, aber gleichzeitig haben sie hier Audio- und Bewegungsmelder und vor allem wirklich gute Schlösser installiert.«

»In meinen alten Zeiten wäre dies genau die Art von Haus in der Nachbarschaft gewesen, die ich mir auf jeden Fall von innen hätte ansehen wollen«, stellte Roarke mit einem wehmütigen Lächeln fest. »In solchen Häusern werden schließlich immer jede Menge Kunst, Schmuck und Bargeld aufbewahrt.«

»Wie lange hättest du damals gebraucht, um reinzukommen?«

Er strich sich seine wild im Wind wehenden Haare aus der Stirn und schaute sich die Schlösser an. »Mit der erforderlichen Vorbereitung und dem notwendigen Eifer? Zwei bis drei. Eher zwei.«

»Minuten?«

»Was denn sonst?«

Er gab nicht damit an, das war Eve bewusst. Er sagte einfach, wie es war.

Sie drückte auf den Klingelknopf, doch nichts geschah.

Sie klingelte erneut und stellte fest: »Da stimmt was nicht. Normalerweise kriegt man, wenn man klingelt, doch automatisch eine Antwort oder wird auf jeden Fall gescannt.«

Roarke zog seinen Handcomputer aus der Tasche, drückte ein paar Knöpfe und erklärte: »Die Alarmanlage ist nicht in Betrieb, nicht einmal die Tür ist abgesperrt.«

»Verdammt.« Sie zerrte ihre Marke und die Waffe aus dem Abendtäschchen, ließ das Täschchen auf die Treppe fallen und machte ihre Marke neben einem kleinen Aufnahmegerät am Aufschlag ihres Mantels fest.

Als auch ihr Gatte wenig überraschend eine Waffe aus dem Knöchelholster zog, sah sie ihn warnend an. »Moment. Rekorder an. Lieutenant Eve Dallas und der zivile Berater Roarke gehen nach zweimaligem Klingeln an der Tür des Wohnhauses von Anthony und Daphne Strazza herein. Die Tür ist nicht verschlossen, und auf unser Klingeln gab es keine Reaktion. Wir gehen deshalb davon aus, dass Strazza unter Zwang dort festgehalten wird oder verwundet ist. Ich habe den zivilen Berater vorsorglich mit einer Schusswaffe versehen.«

Sie schob die Haustür auf, sprang in gebückter Haltung ins Foyer, und während Roarke ihr folgte, schaute sie sich in der Eingangshalle um. Das Licht aus einem silbernen und weißen Kronleuchter fiel auf den weißen Marmorboden und das dort verschmierte und verspritzte leuchtend rote Blut.

»Wir haben Blut und Fußabdrücke. Nackte Fußabdrücke, die wahrscheinlich Daphne Strazza auf dem Boden hinterlassen hat.«

Auf ihr Zeichen gingen sie und Roarke, noch immer mit gezückten Waffen, die verschiedenen Zimmer in der unteren Etage durch.

Auch ohne dass ihr Mann sie extra darauf hinwies, fielen ihr die leeren Nischen, in denen einmal Kunstgegenstände gestanden hatten, und der bisher nicht entsorgte Müll der Dinnerparty auf.

Sie gingen weiter in den ersten Stock und teilten sich dort so wie unten auf.

Die weißen Flügeltüren eines Zimmers standen offen, und bereits im Flur roch es nach Blumen, Blut und Tod.

Tatsächlich traf sie alle diese Dinge in der großzügigen Suite mit ihrem extrabreiten Bett mit hohen, rötlich goldenen Pfosten an. Der Boden und das weiße Bettzeug waren blutverschmiert, an der zerbrochenen Rückenlehne eines umgefallenen goldenen Stuhls hingen die zerfetzten Überreste ebenfalls mit Blut verschmierten Klebebands, und in der Blutlache auf dem weiß-goldenen Teppich schwammen die weißen Lilien aus der großen Vase aus Kristall, die neben Strazza auf dem Boden lag. Er lag in einem Gemisch aus Hirnmasse und Blut und hatte seine Arme und Beine ausgestreckt, als wäre er ein Menschenopfer. Er war noch vollständig bekleidet und trug einen dunkelgrauen Anzug über einem Hemd in einem helleren Grau. Auch seine sicher alles andere als billigen Manschettenknöpfe waren noch da und funkelten. Das Wenige, was Eve von seinem Gesicht sehen konnte, war nur noch mit Mühe zu erkennen, weil es von brutalen Schlägen rot und violett verfärbt und aufgequollen war, seine dunkelblonden Haare waren mit Blut und mit der Hirnmasse verklebt, die aus dem Loch in seinem Hinterkopf gesickert war.

»Ich habe eine Leiche!«

Roarke kam an die Tür und schaute sich den Toten an.

»So was tut niemand, der einfach ein paar Kleinigkeiten mitgehen lassen will.«

»Vielleicht ist ja die Lage plötzlich eskaliert«, bemerkte Eve. »Vor allem haben wir uns in der oberen Etage noch nicht umgesehen.«

»Dann geh am besten erst mal rauf und lass mich währenddessen deinen Untersuchungsbeutel aus dem Wagen holen, denn wir wissen schließlich beide, dass der Täter längst über alle Berge ist.«

Da hatte er wahrscheinlich recht, und trotzdem ginge sie am besten weiter streng nach Vorschrift vor und suchte noch den Rest des Hauses ab. Im oberen Geschoss waren Strazzas Arbeitszimmer und ein Bad, ein Fernsehraum, der ausnehmend modern und männlich eingerichtet war, eine kleine Küche, eine gut bestückte Bar, ein zweiter Arbeitsraum und dort in einem kleinen Schrank ein offener Tresor.

Als sie wieder hinunterging, kam Roarke ihr entgegen.

»Ganz oben ist ein praktisch leerer Safe. Sieht nicht so aus, als ob er aufgebrochen worden ist. Ich nehme an, der Code wurde aus Strazza herausgeprügelt, aber sieh ihn dir am besten noch einmal an.«

Mit einem Seufzer zog sie sich die Schuhe mit den nadeldünnen Absätzen und Glitzerriemchen aus, besprühte die nackten Füße und die Hände und hielt Roarke die Dose hin. »Warum gehst du danach nicht noch die Badezimmerschränke durch? Ich muss die Leiche identifizieren und die Spurensicherung bestellen.«

»Da wird die arme Peabody sich sicher freuen, wenn sie um diese Uhrzeit von dir aus dem Bett geworfen wird.«

»Ein Polizist steht auf, wenn’s nötig ist, egal, um welche Uhrzeit. Verdammt, ich brauche richtige Klamotten.«

»Kein Problem.«

»Ach nein?«

»Auch Summerset steht auf, wenn’s nötig ist.«

Sie dachte an den Butler ihres Mannes, der ihr meist gehörig auf die Nerven ging. »Aber …«

Amüsiert glitt Roarke mit einem Finger über ihre nackte Schulter, ehe er das Schlafzimmer betrat. »Du musst entscheiden, ob du andere Sachen haben möchtest oder nicht.«

»Verdammt. Natürlich will ich andere Sachen haben. Stiefel. Meinen ganz normalen Mantel und …«

»Er wird schon wissen, was du brauchst. In Strazzas Teil des Schranks ist noch ein offener, leerer Safe.«

Eve warf den eleganten Abendmantel ab und lief in ihrem dünnen silbrig-roten Kleid mit nackten Füßen bis zum Schrank. Der Rock des Kleids bestand aus Dutzenden hauchdünner Lagen Stoffs, die ihr wie Bänder um die Beine wehten, wenn sie ging, und über ihrem nackten Rücken kreuzten sich zwei Glitzerbänder, die nicht breiter als die Riemchen ihrer Schuhe waren.

Entschlossen drückte sie die Finger des Toten auf das Identifizierungspad.

»Das Opfer ist Anthony Strazza, wohnhaft hier in diesem Haus.« Sie zog ein anderes Instrument hervor und las den Todeszeitpunkt davon ab. »1.26 Uhr. Todesursache scheint vorbehaltlich der Ergebnisse der Leichenschau ein Schädelbruch zu sein.«

»Das war’s«, erklärte Roarke. »Im Schrank der Frau ist kein Tresor. Ich nehme an, der Safe auf seiner Seite hat für die Verwahrung ihres Schmucks gereicht. Dann gehe ich jetzt erst einmal rauf, um mir den Safe dort oben anzusehen.«

»Guck bitte vorher nach, wie unser Täter reingekommen ist und ob es vielleicht irgendwelche Bilder von ihm gibt. Wahrscheinlich hat er zwar die Kameras zusammen mit der Alarmanlage ausgeschaltet, aber vielleicht haben wir ja Glück.«

»Ich glaube nicht, dass es dem Täter um die Sachen ging, die er am Ende hat mitgehen lassen.«

»Die waren nur ein Bonus nach der Vergewaltigung der Frau und nach dem Mord an ihrem Mann. Verdammt. Mein Handy ist noch in dem blöden Glitzerding, das draußen auf der Treppe liegt.«

»Oh nein. Das leere Glitzerding liegt längst im Kofferraum, und alles, was noch drin war, habe ich in deinen Untersuchungsbeutel gepackt.«

»Das war echt nett von dir. Da ist es ja. Hör zu, ich sage Peabody, dass sie McNab mitbringen soll, weil es hier jede Menge elektronischer Geräte gibt. Dann könntest du schon mal nach Hause fahren und dich aufs Ohr hauen, wenn du willst.«

Als er sie einfach reglos ansah, meinte sie: »War nur ein Vorschlag.«

»Hm. Der Eindringling hat die Alarmanlage kurz und klein geschlagen, aber da wir erst einmal sichergehen mussten, dass der Täter nicht mehr da ist, habe ich mir die Geräte und die drei Droiden, die er ebenfalls zerstört hat, bisher noch nicht näher angesehen.«

»Er drischt anscheinend gern auf alles, was ihm vor die Fäuste kommt, ein – egal, ob Menschen oder Dinge.«

»Dann sehe ich mir erst mal die Alarmanlage an.«

Eve wandte sich erneut der Leiche zu, und während sie sich wieder einmal fragte, wozu Menschen alles fähig waren, bestellte sie die SpuSi und die anderen Kollegen ein.

Nachdem sie Strazza und den Tatort aufgenommen hatte, rollte sie den Toten auf den Rücken, um ihn sich von vorne anzusehen.

»Mehrfache Gesichtsverletzungen. Wahrscheinlich wurden sie ihm mit der Faust und einem Knüppel zugefügt. Dazu Kratzer und verschiedene leichte Einschnitte am Hals, wie sie auch schon am Hals der Frau zu sehen waren. Nichts weist darauf hin, dass Strazza während dieses Überfalls geknebelt war, aber er war anscheinend an den Stuhl gefesselt, denn an seinen Handgelenken kann man noch die Kabelbinder sehen, die dafür verwendet worden sind.«

Sie schaute sich die dünnen Plastikschnüre aus der Nähe an.

»Er hat versucht, sich zu befreien. Die Handgelenke weisen tiefe Einschnitte und Abschürfungen auf, und in den Wunden und am Kabelbinder haben sich ein paar kleine Splitter festgesetzt. Vom Blut und Klebeband, das zusätzlich verwendet wurde, sind noch Reste an den Stuhlbeinen und am Ärmel des Jacketts zu sehen. Die Abschürfungen an den Knöcheln zeigen, dass das Opfer vielleicht selbst den einen oder anderen Treffer während eines Kampfes mit dem Angreifer gelandet hat.«

Sie richtete sich auf, um sich den umgestürzten Stuhl genauer anzusehen.

»Er konnte sich befreien, ist aufgesprungen und hat sich auf den Angreifer gestürzt. So sieht es für mich aus. Also packt der Angreifer die schwere Vase, lässt sie gegen seine Schläfe krachen, und als er am Boden liegt, drischt er damit noch einmal auf ihn ein.«

»Was macht die Frau in dieser Zeit?«, fragte sich Eve, während sie Blutproben von ein paar Stellen nahm, und lenkte ihren Blick in Richtung Bett.

»Sie hatte eine Platzwunde am Hinterkopf. Hat sie versucht, dem Ehemann zu helfen, bekam einen Schlag verpasst und wurde ohnmächtig? Vielleicht. Und als sie wieder zu sich kommt, ist sie verwirrt, steht unter Schock, hat eine Gehirnerschütterung. Das Hirn stellt kurzfristig die Arbeit ein, deswegen steht sie auf, geht runter und dann aus dem Haus, obwohl sie völlig unbekleidet ist.«

Eve atmete geräuschvoll aus. Nachdem sie selbst im Alter von acht Jahren vergewaltigt und misshandelt worden war, war auch sie selbst, bedeckt mit ihrem eigenen und mit fremdem Blut, in einem tranceähnlichen Zustand aus dem Haus marschiert.

»Um nicht vollkommen durchzudrehen, stellt das Gehirn vorübergehend die Arbeit ein.«

Sie richtete sich wieder auf, atmete tief durch und schloss die Augen vor den Bildern aus der damaligen Zeit, denn schließlich hatten sie mit diesem Fall und ihrer Arbeit nicht das Mindeste zu tun. Sie musste sich jetzt darauf konzentrieren, wie es heute hier in diesem Zimmer abgelaufen war.

Die Dinnerparty ist vorbei, und es ist Zeit, ins Bett zu gehen. Sie sind zusammen heraufgekommen und haben sich darüber unterhalten, wie das Fest gelaufen ist. Wer was gesagt hat, wie das Essen und die allgemeine Stimmung waren. So machte man es doch. Dann sind sie ins Schlafzimmer gekommen, wo sie nach ihrer Meinung sicher waren, müde und zufrieden, weil die Feier gut gelaufen war.

Hat der Täter sie schon erwartet? Haben sie ihn vielleicht gekannt? War es jemand, der bei ihrer Feier ausgeholfen hat? Jemand des Partyservices oder die Bedienung, die das Essen oder die Getränke aufgetragen hat? Vielleicht hat auch einfach irgendwer das allgemeine Treiben ausgenutzt, um sich ins Haus und weiter bis ins Schlafzimmer zu schleichen und dort abzuwarten, bis das Ehepaar nach oben kommt.

Dann hätte er das Haus bereits im Vorfeld gekannt, sonst hätte er nicht gewusst, wo das Schlafzimmer der Eheleute lag.

Bei Erscheinen der Strazzas musste er zuerst die größere Gefahr, das hieß den Mann, aus dem Verkehr ziehen, auf die eine oder andere Art. Vielleicht hat er der Frau ein Messer an den Hals gehalten oder Strazza direkt umgehauen. Wahrscheinlich das Zweite, danach hat er Daphne vielleicht ein paar Ohrfeigen verpasst und sie gezwungen, Strazza an den Stuhl zu fesseln, bevor auch sie selbst ans Bett gefesselt wurde.

Stirnrunzelnd hob Eve die weiße Spitzenunterwäsche und das weiße Kleid vom Boden auf.

Nein, nein, er hatte ihr die Sachen nicht vom Leib gerissen. Daphne sollte sich alleine ausziehen. Vor seinen und den Augen ihres Ehemanns. Er hatte dieses Machtgefühl gebraucht und sich an Strazzas ohnmächtiger Wut berauscht.

Als Roarke zurückkam, blickte sie ihn fragend an. »Hat er sich wohl zuerst die Zugangscodes für die Tresore geben lassen, damit diese Sache abgeschlossen war? ›Ich werde Ihnen oder ihr nichts tun. Ich will nur das, was Ihnen gehört.‹ Daphne hat die Zugangscodes ganz bestimmt nicht gehabt.«

»Bist du dir sicher?«

»Ja. Der eine Safe ist in der Schrankhälfte, in der seine Sachen hängen, und der andere in seinem Arbeitszimmer, also haben sie anscheinend ihm gehört. Sie ist vor allem ein Schmuckstück, und egal, was er für sie empfunden hat, war er auf jeden Fall der Boss. Man spürt nur ihn in diesem Haus, er hat die gesamte obere Etage mit Beschlag belegt. Sie hat hier keinen eigenen Raum. Dies ist sein Haus, denn schließlich hat er es mit seinem Geld bezahlt. Zumindest kommt es mir so vor. Der Täter hat ihr ganz schön zugesetzt, aber er hat dem Ehemann noch sehr viel übler mitgespielt. Ich meine, noch bevor er ihn getötet hat. Was gar nicht nötig war. Er hätte ihm auch einfach drohen können, das Gesicht von seiner hübschen Frau in Fetzen oder ihm die Eier abzuschneiden, wenn er ihm die Zugangscodes der Safes nicht nennt.«

Denn Strazza hatte ihm die Codes gegeben, aber trotzdem hatte der Täter ihn furchtbar zugerichtet und am Ende umgebracht.

»Die meisten Leute würden in so einem Augenblick sofort verraten, was der Täter hören will. Nach ein paar Schlägen ins Gesicht oder wenn man sieht, dass der geliebten Ehefrau ein Messer an den Hals gehalten wird, verrät man es auf jeden Fall. Denn schließlich sind nur Dinge in den Safes, die obendrein versichert sind.«

Roarke nickte zustimmend. »Dann denkst du also, dass der Täter das zuerst erledigt hat. Er hat als Erstes die Tresore ausgeräumt und die Droiden und die Kameras im Haus zerstört. Danach kam er noch einmal zurück, um Strazza umzubringen und seine Frau zu vergewaltigen.«

»Der Arzt sagt, dass sie mehrfach vergewaltigt worden ist. Vielleicht zum ersten Mal sofort, als sie ins Schlafzimmer gekommen sind, damit ihr Mann begreift, wie ernst die Lage ist. Dann hat er gedroht, sie noch einmal mit Gewalt zu nehmen und umzubringen, wenn Strazza Schwierigkeiten macht. Er hat die Frau gezwungen, sich selbst vor seinen und den Augen ihres Mannes auszuziehen.«

Eve zeigte auf das Kleid. »Die Blutflecken rühren wahrscheinlich von den ersten Schlägen oder Schnitten her, aber zerrissen ist es nicht. Das heißt, dass er es Daphne nicht vom Leib gerissen hat. Der Mann ist an den Stuhl gefesselt, vielleicht stellt sich der Killer mit dem Messer hinter ihn und sagt, dass sie sich ausziehen soll, wenn er ihm nicht den Hals aufschlitzen soll. Dann fesselt er die Frau ans Bett, und sie lässt es geschehen, ohne sich zu wehren. Aber man wehrt sich, wenn man vergewaltigt wird. Das hat sie auch getan oder auf jeden Fall versucht, dabei hat sie sich die Hand- und Fußgelenke aufgeschürft.«

Sie blickte auf das Bett und stellte sich den Kampf der beiden bildlich vor.

»Danach läuft er vielleicht noch einmal durchs Haus und packt ein paar Sachen ein, die ihm unterwegs ins Auge stechen. Das heißt, dass er ein großkotziger Bastard ist und sich vollkommen sicher fühlt. Dann kommt er zurück, vergewaltigt sie noch einmal, drischt wieder auf die beiden ein und vergeht sich auch noch ein viertes Mal an ihr. Doch irgendwann gelingt es Strazza, sich von seinen Fesseln zu befreien, er springt auf und stürzt sich auf den Kerl. Den abgeschürften Knöcheln nach hat er ihm ein, zwei Faustschläge verpasst. Auch sie ist ihre Fesseln wieder los, weil sie sich längst nicht mehr wehrt, vielleicht rappelt sie sich auf, um ihrem Mann zu helfen oder abzuhauen. Also holt der Täter aus und stößt sie derart fest gegen das Fußteil des Bettes, dass sie zu Boden geht und dort benommen liegen bleibt. Dann schnappt er sich die Vase, geht damit auf Strazza los und drischt so lange auf ihn ein, bis der sich nicht mehr rührt.«

Der ganze Raum war voller Blut, deswegen hatte Roarke das Blut am Rand des Bettes bisher noch nicht bemerkt. Er fragte sich, ob Eve jemals auf die Idee gekommen war, dass ihre Fähigkeit, den Ablauf des Geschehens von einem Tatort abzulesen, sich mit einer dunklen Form von Poesie vergleichen ließ.

»Und warum lässt er sie am Leben? Warum bringt er sie nicht beide um?«

»Das weiß ich nicht. Als bösartiges Arschloch, das er ist, hätte er meiner Meinung nach auch sie ermorden sollen. Aber vielleicht war dieser Mord auch nicht geplant. Vielleicht hat er den Mann ja einfach nur aus einer Laune heraus umgebracht.«

Sie stand in ihrem wunderschönen, an den Rändern blutverschmierten Abendkleid am Fußende des Bettes und zeigte dorthin, wo der Tote lag.

»Ich meine, Himmel, Strazza hat ihn attackiert.«

»Das war natürlich dreist.«

»Genau. Er hat ihn angegriffen und deshalb den Tod verdient. Aber die Frau? Sie ist ein Nichts, nachdem er mit ihr fertig ist, weshalb er sie am Leben lässt. Sie war bewusstlos, als der Kerl verschwunden ist, und ist dann unter Schock noch eine gute halbe Stunde draußen herumgelaufen, bis sie von uns aufgesammelt wurde. Der Killer hatte also reichlich Zeit, um alles einzupacken und mit seiner Beute abzuhauen.«

Die Hände in den Hüften, sah sie sich im Zimmer um. »So könnte es dem Tatort und den beiden Opfern nach gelaufen sein. Vielleicht in einer anderen Reihenfolge, doch ich glaube nicht, dass dieser Mord geplant war. Sonst hätte er auch Daphne Strazza umgebracht.«

»Wahrscheinlich hast du recht.«

»Oder vielleicht dachte er ja auch, dass sie nicht mehr am Leben ist. Sie liegt am Boden, und sie blutet stark aus ihrer Wunde am Kopf, mit dem sie gegen die Bettkante geschlagen ist. Also bricht er in Panik aus, sammelt in aller Eile seine Sachen ein und sieht zu, dass er Land gewinnt.«

»So oder so ist er ein elender Sadist.«

»Auf jeden Fall. Selbst wenn dies vielleicht sein erster Mord gewesen ist, war dies auf keinen Fall der erste Überfall auf diese Art, den er begangen hat. Was uns womöglich weiterhilft.«

Als sie es läuten hörten, meinte Roarke: »Ich gehe schon. Das sind wahrscheinlich deine anderen Sachen oder deine Partnerin.«

»Falls es Peabody ist, schick sie gleich rauf, und sag McNab, dass er sich um die elektronischen Geräte kümmern soll.«

Allein im Zimmer, sah sie sich noch einmal die Position der Möbel und der Leiche, der Kristallvase und der von Daphne ausgezogenen Kleider an. Dann trat sie vor den Schrank des Toten und vernahm das laute Trampeln dicker Winterstiefel, das verriet, dass ihre Partnerin im Anmarsch war, und einen hohen, spitzen Schrei.

Noch während sie nach ihrer Waffe griff, erkannte sie den Grund der Hysterie und ließ den Stunner augenrollend wieder auf den Untersuchungsbeutel fallen.

»Diese Schuhe! Wahnsinn, diese Absätze sind echt der Hit!«

»Halten Sie die Klappe, Peabody.«

Stattdessen machte Peabody ein schmatzendes Geräusch, trat durch die Tür und streckte ehrfürchtig die Hand nach einem von Eves Knöchelbrechern aus.

»Die sind so heiß, dass man sich fast daran verbrennt«, erklärte sie und komplettierte ihre pinkfarbene Jacke, ihre pinkfarben gestreifte Mütze und die pinkfarbenen Stiefel mit dem pinkfarbenen Flauschrand durch das rosige Gesicht, das sie vor lauter Freude bekam, weil sie einen solchen Schuh in ihren Händen hielt.

»Verdammt, stellen Sie das Ding dorthin zurück, wo Sie es aufgehoben haben. Sind das da meine Sachen?«

»Was? Oh ja. Bei unserer Ankunft fuhr der Fahrer gerade damit vor.« Als Peabody sich zwang, statt der schicken Glitzerschuhe ihren Lieutenant selber anzusehen, stieß sie einen neuerlichen Juchzer aus. »Das Kleid!«

»Hören Sie auf«, fuhr Eve sie an und schnappte sich den Kleidersack, mit dem die Partnerin hereingekommen war.

»Aber das Kleid ist wunderschön! Es ist der Inbegriff von … Sexygant.«

»Es ist ein Kleid, und dieses blöde Wort haben Sie sich ausgedacht.«

»Aber es passt, denn dieses Kleid ist ungeheuer sexy, aber gleichzeitig auch furchtbar elegant. Es ist … Sie haben Blut und Hirnmasse am Saum – ich hoffe nur, das kriegen Sie noch einmal raus.«

»Oh ja, das ist im Augenblick mein drängendstes Problem. Der tote Mann da drüben auf dem Boden hat erst mal noch Zeit.«

»Es ist nur so …« Jetzt kramte auch die Partnerin den Cop aus ihrem Innersten hervor. »Ihm kann egal sein, ob sein Anzug noch mal sauber wird. Der Mann war Arzt, nicht wahr? Ein Arzt, der sich jetzt selber nicht mehr helfen kann. Haben Sie schon Neuigkeiten von der Frau?«

»Bisher noch nicht. Wir fahren nachher noch einmal ins Krankenhaus. Ich habe auch die SpuSi und den Pathologen einbestellt. Todeszeitpunkt und Todesursache stehen fest. Am besten sprühen Sie erst mal ihre Hände und die Füße ein und fangen hier in diesem Zimmer an. Ich gehe schnell ins Bad und ziehe mich dort um.«

Sie schloss die Tür des eleganten, ganz in Weiß und Gold gehaltenen Raums, stieg aus dem Kleid und atmete erleichtert auf.

Tatsächlich hatte Summerset ihr alles eingepackt, was sie bräuchte, und während sie versuchte, nicht daran zu denken, dass er ihr auch Unterwäsche hatte schicken müssen, zog sie erst ihr Höschen und ihr Hemd, dann eine weiche schwarze Wollhose und einen grauen Pulli und am Schluss ihr Waffenholster, eine schwarze Jacke, deren graue Nadelstreifen kaum zu sehen waren, und robuste schwarze Stiefel an.

Natürlich hatte Summerset auch die Schatullen für den Schmuck, den sie getragen hatte, mitgeschickt, nacheinander nahm sie die verschiedenen Stücke ab und sortierte sie mit etwas Mühe in die jeweiligen Kästen ein. Dann legte sie auch noch das Knöchelholster an, das er mitgegeben hatte, und platzierte ihren Mantel, ihre heiß geliebte Schneeflockenmütze, einen schwarz-grau-rot gestreiften Schal und ein Paar sicher sündhaft teurer Handschuhe mit Pelzfutter, die sie bestimmt im Handumdrehen verlieren würde, auf den Badewannenrand, um sie anzuziehen, bevor sie wieder führe.

Erleichtert, weil sie endlich wieder ganz sie selbst war, ließ sie ihre Schultern kreisen und sah in den Spiegel mit dem reich verzierten Rahmen, der über dem langen Waschtisch hing.

»Verdammt!«

Sie starrte oberhalb von ihren zwar viel zu schicken, doch durchaus akzeptablen, weil normalen Kleidern in ihr immer noch erschreckend aufgebrezeltes Gesicht. Doch um sich abzuschminken und auf diese Weise wieder ein normaler Cop zu werden, fehlten ihr die Mittel und die Zeit.

Sie schnappte sich den Kleidersack und riss die Tür des Badezimmers auf. »Peabody!«

»Ma’am?« Die Partnerin zog eilig ihren Kopf aus Strazzas Kleiderschrank.

»Haben Sie etwas dabei, womit man dieses Zeug abkriegt?«, erkundigte sich Eve und machte mit dem Zeigefinger eine kreisende Bewegung vor ihrem Gesicht.

»Make-up-Entferner oder Reiniger? Nein.«

»Verdammt, verdammt, verdammt.«

»Aber Sie sehen super aus.«

»Das interessiert mich nicht.«

»Nein, wirklich. Im Grunde wird durch den Lippenstift das Hartgesottene an Ihnen sogar noch betont.«

»Schwachsinn.« Aber da Eve aus Erfahrung wusste, dass das ganze Zeug durch Wasser und durch Seife so verschmieren würde, dass es aussah wie ein riesengroßer blauer Fleck, vergaß sie einfach ihr Gesicht.

Doch als sie sich nach den Knöchelbrechern bückte, um sie in den Kleidersack zu packen, warf sich Peabody dazwischen und rief mit entsetzter Stimme aus. »Oh nein! Sie dürfen diese Schuhe da nicht einfach reinstopfen. Haben Sie denn keinen Schuhkarton? Lassen Sie mich das machen. Los, geben Sie her! Im Übrigen war Dr. Strazza offenbar ein furchtbarer Pedant, zwanghaft ordentlich.«

»Ach ja?«

»Der Schrank ist übertrieben aufgeräumt, und was fängt irgendwer mit sechzig völlig gleichen weißen Anzughemden an? Auch die schwarzen und die grauen Hemden und die schwarzen und die grauen Anzüge und Hosen sehen alle ähnlich aus. Von Farben hielt er offensichtlich nichts. Die Sachen hängen alle akkurat und ordentlich sortiert im Schrank«, erklärte sie und packte vorsichtig Eves Schuhe ein. »In den Kommoden liegen auch noch ein paar Sport- und Freizeitsachen, teilweise in einem beinah kühnen Dunkelblau, aber selbst die sind ordentlich gefaltet und genau nach Farbtönen sortiert. Bei der Unterwäsche und den Socken sieht’s nicht anders aus. Ach ja, und alle Hemden – selbst die Freizeithemden – sind mit seinem Monogramm versehen.« Peabody seufzte.

»Dann hat er noch jeweils zwei Paar vollkommen gleiche weiße sowie schwarze Laufschuhe und an die fünfzig Paare Anzugschuhe, alle schwarz. Der Computer neben seinem Schrank listet nicht nur alle Kleidungsstücke, sondern auch das letzte Mal, wann sie getragen wurden, und das Datum und den Ort des Kaufs von allen Sachen auf. Es gibt hier nichts, was älter als ein Jahr wäre.«

»Dann war er also ziemlich pingelig.«

»Wobei man meiner Meinung nach das Ziemlich streichen kann.«

»Was ist mit dem anderen Schrank?«

Eve selber zog die Schublade des einen Nachttischs auf und tütete das Tablet, das sie dort entdeckte, ein. Genau wie eine Flasche Schlaftabletten, die verschreibungspflichtig war, eine Flasche mit Potenzpillen, eine weiße Augenbinde und die lange weiße Seidenkordel, die sie in der Lade fand.

Dann ging sie um das Bett herum und zog die Schublade des anderen Nachtschranks auf. Auch sie enthielt ein Tablet, das sich öffnen ließ und auf dem eine Reihe Bücher über Speisen und Getränke sowie die Bewirtung offizieller Gäste abgespeichert waren.

Sie zog den goldenen Lilienstopfen aus dem kleinen Fläschchen, das daneben lag, und schnupperte daran. »Parfüm. Auf dem Tablet hier in ihrem Nachttisch findet sich nur Haushaltskram. Keine Musik, kein Buch, kein Bild und nichts Persönliches.«

»Ihr Schrank sieht fast genauso aus wie der von ihrem Mann«, erklärte Peabody. »Die Sachen hängen dort vielleicht nicht ganz so akkurat, aber beinah. Die Klamotten sind fast alle weiß, bestenfalls mit etwas Gold oder ein bisschen Silber aufgemotzt. Wogegen sich bei ihrer Nacht- und Unterwäsche alles findet. Die deckt die gesamte Bandbreite von jungfräulich bis obernuttig ab.«

»Interessant. Ich finde nirgends Sexspielzeug. Er hat zwar seine Pillen, aber das war es dann auch schon.« Noch einmal sah sich Eve im Zimmer um. »Ob das vielleicht ein ganz besonderes Thema ist? Bei all dem Weiß und Gold kommt man sich hier ja beinah wie in einer Kirche oder einem Tempel vor. Aber wie dem auch sei …«

Sie fuhren mit der Arbeit fort, und bis sich Eve die vielen Badeöle und die anderen pflegenden Produkte, die wie das Parfüm nach Lilien rochen, angesehen hatte, waren der Pathologe und die Spurensicherer am Werk.

Ernsthaft versucht griff sie nach einer Flasche mit Make-up-Entferner, stellte sie dann aber ordentlich an ihren Platz zurück.

»Weiß und Lilien. Weiß und duftend. Unschuldig und frisch. Vielleicht sollte Daphne sich ja ihrem Mann so präsentieren. Und dieses Bild hat dann der Täter durch die Vergewaltigung zerstört.«

»Sie glauben, dass der Killer einen von den beiden oder alle beide kannte?«

»Nun, zumindest wusste er genau, wie er sich unbemerkt ins Schlafzimmer der beiden schleichen kann«, bemerkte Eve im Gehen. »Er kannte sich hier aus, denn Daphne Strazza hat gesagt, er wäre schon im Schlafzimmer gewesen, als sie nach dem Essen raufgekommen sind. Sie hat gesagt, er hätte wie der Teufel ausgesehen. Sie steht noch unter Schock, aber so hat sie ihn beschrieben.«

»Hatte er womöglich eine Maske auf?«

»Das könnte sein. Wir brauchen erst einmal die Namen aller Leute des Partyservices, der Dekorateure, Barkeeper und Bedienungen, die heute hier gewesen sind. Ein paar der Firmen sind auf ihrem Tablet abgespeichert, auf dem auch die Gästeliste ist.«

»Das ist natürlich praktisch.«

»Vor allem, da der Täter die drei Hausdroiden, die es gab, kaputt geschlagen hat.«

»Was ist mit Angehörigen?«

»Die Eltern unseres Toten leben noch. Sie sind geschieden, die Mutter lebt mit ihrem zweiten Mann in Frankreich und der Vater in der Schweiz. Sie war Physikerin, ist jetzt aber in Pension, während er als Neurologe immer noch als Chefarzt an einer privaten Klinik arbeitet. Daphnes Eltern kamen während eines Asienurlaubs bei einem Tsunami um. Sie selbst war damals neun und kam zu Freunden der Familie, die im selben Ort in Minnesota lebten wie ihre Eltern, bevor sie gestorben sind. Ich habe die DeSilvas nicht verständigt, denn ich habe sie bisher nicht überprüft.«

Inzwischen standen sie vor Strazzas Arbeitszimmer und sahen durch die offene Tür.

»Das könnte ich doch übernehmen«, bot Peabody ihr an.

»Okay, und fragen Sie die elektronischen Ermittler, ob es irgendwelche Neuigkeiten gibt. Anscheinend waren sie schon hier und haben Strazzas Telefon und Tischcomputer eingepackt. Ich will mich trotzdem noch ein bisschen umsehen«, meinte Eve und sah auf ihre Uhr. »Danach rufe ich Strazzas Eltern an, und ich muss noch mal mit Daphne Strazza sprechen und sie fragen, ob wir die DeSilvas informieren sollen.«

»Sie muss doch eine Freundin haben. Jede Frau hat eine beste Freundin, und die beste Freundin unseres zweiten Opfers wird doch sicher auf der Gästeliste von gestern Abend stehen.«

Obwohl Eve nickte, wusste sie, dass es auch Frauen ohne eine beste Freundin gab. Bevor sie Mavis Freestone festgenommen hatte, hatte schließlich auch sie selber zwei Jahrzehnte ihres Lebens ohne eine echte Freundin zugebracht.

Eine kurze Runde durch das Arbeitszimmer zeigte ihr, dass Strazza wirklich zwanghaft ordentlich gewesen war, denn alle Schubladen und Türen waren abgesperrt, und der Doktor hatte offenbar für jeden noch so kleinen Gegenstand einen bestimmten Platz gehabt. Inzwischen aber hatten Roarke oder McNab – oder vielleicht auch beide – alle Schlösser aufgebrochen, und sie setzte sich in Strazzas sicher teuren Lederschreibtischsessel, um die Schubladen des Schreibtischs durchzugehen.

Dann kam McNab in seinen karierten Airboots mit zu einem langen Pferdeschwanz gebundenem blondem Haar und Dutzenden von Glitzerringen in den Ohren, in einem Sweatshirt, auf dem Elvis wild die Hüften kreisen ließ, und einer leuchtend blauen Schlabberhose, auf der mindestens ein halbes Dutzend leuchtend grüne sowie scharlachrote Taschen prangten, durch die Tür gehüpft und lächelte sie fröhlich an.

»Hi, Dallas, heute haben Sie ja noch früher mit der Arbeit angefangen als sonst. Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass ich die ermordeten Droiden auf die Wache bringen lasse, um sie mir noch einmal genauer anzusehen, obwohl das sicher nicht viel bringen wird. Auch die Computer, Links und Tablets nehmen wir mit. Peabody hat gesagt, Sie hätten in den Nachtschränken der beiden auch noch zwei Tablets entdeckt.«

»Sein Tablet ist gesichert, ihres nicht.«

»Das passt. Die Schubladen des Schreibtischs gingen nur mit seinem Daumenabdruck auf, selbst der Vorratsschrank und mindestens die Hälfte aller Badezimmerschränke drüben waren abgesperrt.« Er zeigte mit dem Daumen auf die Tür. »Wer sichert denn sein Klo mit einem zusätzlichen Zugangscode?«

»Der tote Strazza.« Sie sah auf und fuhr zusammen. »Können Sie das Ding da vielleicht abstellen?«

Er schaute sich verwundert um. »Was für ein Ding?«

»Das Ding auf Ihrer Hühnerbrust. Das lenkt mich von der Arbeit ab.«

Er blickte auf den Elvis, der die Hüften schwenkte, und ein Grinsen huschte über sein Gesicht. »Ach den. Na klar.« Er tippte Elvis mit dem Finger auf den Bauch, und sofort stellte der inzwischen längst verstorbene King die wilden Schwünge ein.

»Also, wir haben uns die drei Tresore angesehen. Außer den beiden, die Sie schon gefunden hatten, gibt’s noch einen im Herrensalon im Erdgeschoss. Sie wurden alle ordentlich geöffnet und dann ausgeräumt. Wahrscheinlich haben die Opfer diesem Kerl die Zugangscodes genannt.«

»Ich denke, das war Strazza, denn die Frau hat die Codes wahrscheinlich nicht gekannt.«

»Okay. Die elektronischen Geräte haben unseren vergewaltigenden, mörderischen Einbrecher nicht weiter interessiert, denn schließlich hat er nicht einmal die wirklich guten, tragbaren Computer eingesackt. Roarke meint, es gäbe ein paar leere Stellen, wo vielleicht mal Kunstwerke gewesen wären.«

»Das überprüfen wir bei der Versicherung. Es ging dem Täter also um die Kunstwerke, den Schmuck und um das Bargeld, das vielleicht im Haus gewesen ist. Um Ausweise und Pässe, um Kreditkarten und Unterlagen der Bank. Mit all diesen Sachen kann man Kohle machen, wenn man weiß, wohin man damit gehen muss.«

»Wir werden gucken, was auf den Computern über die Finanzen dieser Leute abgespeichert ist. Natürlich nehmen wir uns auch noch die Alarmanlage vor, aber genau wie die Droiden hat der Kerl auch sie kurz und klein gehauen und obendrein die Festplatte der Kiste eingesackt.«

»Reden Sie mit den Geräten, und ich rede mit den Leuten«, meinte Eve und stand mit einem leisen Seufzer wieder auf.

»Wir machen eben jeder unseren Job. Sie sehen übrigens echt klasse aus.«

Sie sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Was haben Sie gesagt?«

Er wurde schreckensstarr. »Das war ganz sicher nichts Persönliches. Es fiel mir einfach auf.«

»Sie sieht tatsächlich gut aus, nicht wahr?«, pflichtete Roarke ihm fröhlich bei und schlug ihm auf die Schulter, als er hinter ihm den Raum betrat. »Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie seit vierundzwanzig Stunden auf den Beinen ist. Die Leute aus dem Leichenschauhaus haben Strazza mitgenommen. Da es langsam hell wird und sich schon die ersten Gaffer blicken lassen, haben die Beamten draußen vorsorglich die Straße abgesperrt.«

»Okay.« Sie wandte sich noch einmal an den elektronischen Ermittler, aber sah dabei durch ihn hindurch. »Haben Sie nichts mehr zu tun, Detective?«

»Doch, natürlich«, meinte er und trat den Rückzug an.

Roarke legte Eve die Hände um die Hüften, sah sie an und stellte lächelnd fest: »Du siehst tatsächlich super aus.«

»Ich habe nichts von diesem Zeug dabei, mit dem sich das andere Zeug entfernen lässt«, gab sie zurück und tippte ihre Wange an.

»Du wirst es sicher überleben, wenn du dieses Zeug noch etwas länger tragen musst.« Er küsste sanft das Rouge, das sie auf beiden Wangen trug. »Deine anderen Sachen nehme ich am besten schon mal mit. Ich müsste nämlich irgendwann nach Hause fahren, um mich selber umzuziehen. Dein Wagen steht inzwischen vor der Tür.«

»Danke. Gut, dass du ihn hast kommen lassen. Ich glaube, er hat sie beherrscht.«

»Du sprichst von Anthony und Daphne Strazza.«

»Ja. Ihr Tablet ist frei zugänglich, wogegen sämtliche Gerätschaften von ihm mit Passwörtern gesichert sind. Genau wie seine Zimmer und sogar sein Klo. Ihre Schrankhälfte sieht wie ein Spiegelbild von seiner Hälfte aus. Ich glaube, er hat ihre Kleider ausgesucht. Ich weiß, das machst du auch für mich, aber … die Sachen passen auch zu mir. Und selbst wenn ich in der Kommode sexy Unterwäsche finde, sieht sie niemals nuttig aus.«