Seine Schriften zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte - Max Weber - E-Book

Seine Schriften zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte E-Book

Max Weber

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Max Weber - Biografie und Bibliografie Seine Schriften zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Agrarverhältnisse im Altertum I. Einleitung. Zur ökonomischen Theorie der antiken Staatenwelt. II. Die Agrargeschichte der Hauptgebiete der alten Kultur. Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter I. Römisches und heutiges Recht. II. Die seehandelsrechtlichen Sozietäten. III. Die Familien- und Arbeitsgemeinschaften. IV. Pisa. Sozietätsrecht des Constitutum Usus. V. Florenz. VI. Die juristische Literatur. Schluß. Die ländliche Arbeitsverfassung Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter Der Streit um den Charakter der altgermanischen Sozialverfassung in der deutschen Literatur des letzten Jahrzehnts Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht Inhaltsübersicht. Einleitung. I. Zusammenhang der agrimensorischen genera agrorum mit den staats- und privatrechtlichen Qualitäten des römischen Bodens. II. Der grundsteuerfreie römische Boden in seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung. III. Das öffentliche und steuerbare Land und die Besitzstände minderen Rechts. IV. Die römische Landwirtschaft und die Grundherrschaften der Kaiserzeit. Anhang. Litteratur.

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Seine Schriften zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

Max Weber

Inhalt:

Max Weber – Biografie und Bibliografie

Seine Schriften zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

Agrarverhältnisse im Altertum

I. Einleitung. Zur ökonomischen Theorie der antiken Staatenwelt.

II. Die Agrargeschichte der Hauptgebiete der alten Kultur.

Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur

Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter

I. Römisches und heutiges Recht.

II. Die seehandelsrechtlichen Sozietäten.

III. Die Familien- und Arbeitsgemeinschaften.

IV. Pisa. Sozietätsrecht des Constitutum Usus.

V. Florenz.

VI. Die juristische Literatur. Schluß.

Die ländliche Arbeitsverfassung

Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter

Der Streit um den Charakter der altgermanischen Sozialverfassung in der deutschen Literatur des letzten Jahrzehnts

Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht

Inhaltsübersicht.

Einleitung.

I. Zusammenhang der agrimensorischen genera agrorum mit den staats- und privatrechtlichen Qualitäten des römischen Bodens.

II. Der grundsteuerfreie römische Boden in seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung.

III. Das öffentliche und steuerbare Land und die Besitzstände minderen Rechts.

IV. Die römische Landwirtschaft und die Grundherrschaften der Kaiserzeit.

Anhang.

Litteratur.

Seine Schriften zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Max Weber

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849612221

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Max Weber – Biografie und Bibliografie

Deutscher Soziologe, geboren am 21. April 1864 in Erfurt, verstorben am 14. Juni 1920 in München. Sohn eines Juristen und späteren Abgeordneten der Nationalliberalen Partei. Nach dem Abitur 1886 studiert W. an mehreren Universitäten Jura, Nationalökonomie, Philosophie und Geschichte. 1889 promoviert er zum Dr. jur. Nach seiner Hochzeit mit der Frauenrechtlerin und Soziologin Marianne Schnitger 1893 wird er ein Jahr später als Professor für Nationalökonomie an die Universität Freiburg berufen. Er wechselt 1897 nach Heidelberg und erkrankt psychisch. Nach sieben wechselvollen Jahren du einigen Reisen publiziert er ab 1904 seine wichtigsten Schriften. 1909 wird er zum Mitbegründer der "Deutschen Gesellschaft für Soziologie".

Wichtige Werke:

Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht, Stuttgart 1891Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland, Leipzig 1892Die "Objektivität" sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 19 (1904)Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus I. Das Problem, in: Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik 20 (1904)Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus II. Die Berufsidee des asketischen Protestantismus, in: Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik 21 (1905)Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen, in: Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik 41-46 (1915-1919), 41 (1916)Wissenschaft als Beruf, München/Leipzig 1919Politik als Beruf, München/Leipzig 1919Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, 3 Bde., Tübingen 1920-1921Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 1922Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1922Wirtschaftgeschichte. Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, München/Leipzig 1923Gesammelte Aufsätze zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 4 Bde., Tübingen 1924Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik, 4 Bde., Tübingen 1924

Seine Schriften zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

Agrarverhältnisse im Altertum1

Inhalt

I. Einleitung. Zur ökonomischen Theorie der antiken Staatenwelt.

Den Siedelungen des europäischen Okzidents ist im Gegensatz zu denjenigen der ostasiatischen Kulturvölker gemeinsam, daß – wenn man eine kurze und daher nicht ganz genaue Formel anwenden will –, bei jenen der Uebergang zur endgültigen Seßhaftigkeit ein Uebergang von einem starken Vorwalten der Vieh-, spezieller noch: der Milchviehzucht, gegenüber dem Bodenanbau zum Ueberwiegen der Bedeutung des Bodenanbaues über die mit ihm kombinierte Viehhaltung, – bei diesen dagegen von extensiver und deshalb nomadisierender Ackernutzung zum gartenmäßigen Ackerbau ohne Milchviehhaltung ist. Der Gegensatz ist ein relativer und gilt vielleicht für prähistorische Zeiten nicht. Aber so wie er geschichtlich bestanden hat, ist seine Tragweite groß genug. Er hat die Konsequenz, daß die Bodenappropriation bei den europäischen Völkern stets mit der Ausscheidung und ausschließlichen Zuweisung von Weiderevieren auf dem von einer Gemeinschaft okkupierten Gebiet an kleinere Gemeinschaften verknüpft ist, bei den Asiaten dagegen dieser Ausgangspunkt und damit die darauf beruhenden Erscheinungen primitiver »Flurgemeinschaft«, z.B. der okzidentale Begriff von Mark und Allmende, fehlen oder doch einen anderen ökonomischen Sinn haben. Die Flurgemeinschaftselemente in den ostasiatischen Dorfverfassungen zeigen daher, soweit sie nicht überhaupt modernen Ursprungs, z.B. aus der Steuerverfassung hervorgegangen sind, ein von den europäischen stark abweichendes Gepräge. Und auch der »Individualismus« des Herdenbesitzes mit seinen Folgen fehlt den ostasiatischen Völkern. Bei den Okzidentalen dagegen (hauptsächlich, aber nicht nur, in Europa) können wir auf gewisse Ausgangspunkte der Entwicklung fast überall zurückgreifen. Normalerweise ist hier – so viel wir urteilen können – der endgültig seßhafte Ackerbau mit der Verengung des Nahrungsspielraums entstanden durch zunehmende Verschiebung des Schwerpunkts der Ernährung vom Ertrage der Milchviehhaltung auf den Ertrag der Felder. Dies gilt nicht nur für das nordwesteuropäische, sondern im wesentlichen auch für das südeuropäische und vorderasiatische Gebiet. Aber allerdings wird in Vorderasien (Mesopotamien) und ebenso bei dem einzigen großen afrikanischen Kulturvolk, den Aegyptern, jener Entwicklungsgang schon in vorhistorischer Zeit sehr stark alteriert durch die einschneidende Bedeutung der Stromufer- und Bewässerungskultur, welche wenigstens denkbarerweise sich direkt aus ursprünglichem, vor der Zähmung der Haustiere liegendem, reinem Bodenanbau zu ihrem späteren gartenmäßigen Charakter entwickelt haben könnte, jedenfalls aber auch in historischer Zeit der ganzen Wirtschaft ein sehr spezifisches Gepräge gab.

Dagegen zeigen die hellenischen und – trotz der in den alten Quellen gerade dort stark hervortretenden Bedeutung des Viehes als Arbeits- (nicht Milch-)Viehes – auch das römische Gemeinwesen in ihrer agrarischen Unterlage wesentlich mehr Verwandtschaft mit unsern mittelalterlichen Zuständen. Die entscheidenden Unterschiede gegenüber den letzteren haben sich im Altertum herausgebildet auf derjenigen Entwicklungsstufe, auf welcher, bei vollzogener fester Siedelung, die Masse der Bevölkerung durch die Notwendigkeit intensiverer Arbeit an den Boden gefesselt und für militärische Zwecke ökonomisch nicht mehr disponibel war, so daß im Wege der Arbeitsteilung eine Berufskriegerschaft sich herausdifferenzierte und nun die wehrlose Masse für ihre Sustentation auszubeuten suchte. Die Entwicklung der militärischen Technik zu einer nur berufsmäßig zu betreibenden, weil ständige Ausbildung und Uebung voraussetzenden Kunst ging damit teils als Begleiterscheinung, teils als die wirkende Ursache parallel. Im europäischen frühen Mittelalter führte ein solcher Prozeß bekanntlich zur Entstehung des »Feudalismus«. In der Form, wie dies dort und damals geschah, hat das Altertum ihn nur in Ansätzen gekannt: die Kombination von Vasallität und Benefizium und die Ausgestaltung des romanisch-germanischen Lehnrechts hat in historischer Zeit im Altertum keine volle Analogie. Allein es erscheint nicht nötig und nicht richtig, den Begriff des »Feudalismus« auf diese spezielle Ausprägung zu beschränken. Sowohl die ostasiatischen wie die altamerikanischen Kulturvölker kannten Einrichtungen, die wir ihrer Funktion nach als ganz zweifellos »feudalen« Charakters betrachten, und es ist nicht einzusehen, warum nicht alle jene sozialen Institutionen, welchen die Herausdifferenzierung einer für den Krieg oder den Königsdienst lebenden Herrenschicht und ihre Sustentation durch privilegierten Landbesitz, Renten oder Fronden der abhängigen waffenlosen Bevölkerung zugrunde liegt, in den Begriff einbezogen werden sollten, die Amtslehen in Aegypten und Babylon ebensogut wie die spartanische Verfassung. Der Unterschied liegt in der verschiedenen Art, wie die Kriegerklasse gegliedert und ökonomisch gesichert ist. Unter den verschiedenen Möglichkeiten ist die Dislokation des Herrenstandes als Grundherren über das Land hin diejenige »individualistische« Form des Feudalismus, welche uns im okzidentalen Mittelalter (und in Ansätzen schon im Ausgang des Altertums) scharf analysierbar entgegentritt. Das mittelländische, und zwar speziell das hellenische, Altertum hat dagegen in der Frühzeit seiner Kulturentwicklung den »Stadtfeudalismus« in befestigten Orten zusammengesiedelter Berufskrieger gekannt. Nicht daß der »Stadtfeudalismus« die ausschließliche Form des Feudalismus im Altertum gewesen wäre, – aber er hat die späteren Zentren der »klassischen« politischen Kultur in den Anfängen ihrer spezifischen politischen Entwicklung direkt beherrscht. Er bedeutete daher für sie doch noch etwas mehr als etwa die zwangsweise Einsiedlung des Landadels in manche Städte des italienischen Mittelalters.

Der Import einer fremden und überlegenen militärischen Technik vollzog sich im Altertum in Südeuropa auf dem Seewege und unter gleichzeitiger Verflechtung der zuerst ergriffenen Küstenorte in einen immerhin, wenigstens seiner geographischen Ausdehnung nach, umfassenden Verkehr. Die feudale herrschende Klasse war zuerst regelmäßig zugleich diejenige, welche von jenem Verkehr Gewinn zog. Es führte deshalb die spezifisch antike feudale Entwicklung zur Bildung feudaler Stadtstaaten. Zentraleuropa wurde dagegen im frühen Mittelalter auf dem Landwege von einer der Sache nach gleichartigen militär-technischen Entwicklung ergriffen. Als es zum Feudalismus reif wurde, fehlte ihm ein so stark wie im Altertum entwickelter Verkehr, es baute sich hier der Feudalismus weit stärker auf ländlicher Unterlage auf und erzeugte die Grundherrschaft. Das Band, welches die herrschende militärische Schicht zusammenhielt, war deshalb hier das wesentlich persönliche der Lehnstreue, im Altertum das sehr viel festere des Stadtbürgerrechts.

Ausgangspunkt der Diskussion war die Theorie von Rodbertus, wonach die Antike in ihrer Gesamtheit der von ihm konstruierten Periode der »Oiken«- d.h. der Eigenproduktion des durch unfreie Arbeit erweiterten Hauses, angehört habe, die antike Arbeitsteilung wesentlich nur Arbeitsspezialisierung innerhalb des großen Sklavenhaushaltes gewesen sei, der Verkehr nur eine Gelegenheits- und Zufallserscheinung, bestimmt, die gelegentlichen Ueberschüsse der, dem Prinzip nach, wirtschaftlich selbstgenügsamen Großhaushaltungen zu verwerten (»Autarkie des Oikos«). Auch Karl Bücher hat diese Rodbertussche Kategorie des »Oikos« als den dem Altertum charakteristischen Typus der Wirtschaftsorganisation aufgefaßt, jedoch, nach seiner authentischen Deklaration dieser Ansicht – wie ich sie glaube interpretieren zu dürfen – im Sinne einer »idealtypischen« Konstruktion einer Wirtschaftsverfassung, die im Altertum in spezifisch starker Annäherung an die »begriffliche« Reinheit mit ihren spezifischen Konsequenzen auftrat, ohne daß jedoch das ganze Altertum, räumlich oder zeitlich, von ihr beherrscht wurde und (so darf wohl unbedenklich hinzugefügt werden) ohne daß diese »Herrschaft« in den Zeiten, wo sie bestand, mehr bedeutet hätte als eine, allerdings sehr starke, in ihren Konsequenzen höchst wirksame, Einschränkung der Verkehrserscheinungen in ihrer Bedeutung für die Bedarfsdeckung und eine entsprechende ökonomische und soziale Deklassierung der Schichten, welche deren Träger hätten sein können. Immerhin lag es in der Sache, daß Büchers Behandlung des Altertums als einer Exemplifikation des Typus: »Oikenwirtschaft« – denn dies mußte alsdann der Sinn seiner Erörterungen sein – ihn veranlaßte, gerade die für diesen paradigmatischen Zweck in Betracht kommenden Bestandteile der antiken Wirtschaftsgeschichte in einem Grade zu betonen, der bei den Historikern den Anschein erweckte, es solle der antiken Wirtschaft schlechthin der Charakter der »Oikenwirtschaft«, daneben allenfalls, in den Städten, der Charakter der »Stadtwirtschaft« (im »idealtypischen« Sinn dieses Wortes) zugesprochen werden. Der gegen Büchers so (nach seiner Erklärung: unrichtig) gedeutete Ansicht sich wendende Widerspruch Ed. Meyers ging nun aber soweit, die Verwendung besonderer ökonomischer Kategorien für das Altertum überhaupt zu verwerfen, und den Versuch zu machen, wenigstens für die klassische Zeit der Blüte Athens mit ganz modernen Begriffen, wie namentlich dem der »Fabrik« und der »Fabrikarbeiter«, zu operieren2), überhaupt aber nachzuweisen, daß wir uns die Zustände des damaligen Wirtschaftslebens »gar nicht modern genug« vorstellen könnten, auch in bezug auf die Bedeutung des Handels und der Banken. Nun ist, um nur dies zu bemerken, die Existenz selbst der freien »Hausindustrie« in dem Sinne des Begriffes, wie sie schon im 13. nachchristlichen Jahrhundert bestand, d.h. mit den kontraktlichen Formen des »Verlagssystems« (also nicht als nur faktische Ausbeutung des Produzenten durch den marktkundigen Kaufmann, wie sie natürlich auch das Altertum kannte), bisher nicht nachgewiesen. Erst recht fehlt aber bisher jeder Nachweis der Existenz von »Fabriken« auch nur im rein betriebstechnischen Sinne des Wortes (der z.B. russische Leibeigenenfabriken, die auf Fronarbeit ruhten, ebenso Staatswerkstätten, die für den Eigenbedarf arbeiten, einschließt). Von gewerblichen Betrieben, welche ihrer Größe, Dauer und technischen Qualität nach (Konzentration des Arbeitsprozesses in Werkstätten mit Arbeitszerlegung und -vereinigung und mit »stehendem Kapital«) diesen Namen verdienten, wissen die Quellen als von einer irgendwie verbreiteten Erscheinung nichts. Sie finden sich als Normalform nicht einmal in der Produktion der Pharaonen, der Monopolproduktion der Ptolemäer und des Spätkaiserreichs, welche am ersten daran erinnern könnten (s.u.). Der hellenische ergastnrion ist wesentlich die Gesindestube eines begüterten Mannes – meist eines Kaufmannes, speziell eines Importeurs von kostbaren Rohstoffen (Elfenbein z.B.) –, in welcher dieser eine beliebige Zahl zusammengekaufte oder zu antichretischem Pfandrecht genutzte gelernte Sklaven unter einem Aufseher (hgemon toy ergasthrioy denjenigen Teil jener Rohstoffe, den er nicht an freie Handwerker verkauft (Demosth. XXVII 823, 19), verarbeiten läßt (s.u. bei Athen). Man kann dies ergastnrion beliebig teilen (durch Verkauf eines Teils der Sklaven), wie einen Klumpen Blei, – weil es eben eine undifferenzierte Anhäufung von versklavten Arbeitern, keine differenzierte Organisation der Arbeit darstellt. Und die hier und da vorkommenden »Nebengewerbe« für den Absatz in den großen Landwirtschaftsbetrieben sind, ebenso wie die Verarbeitungswerkstätten der Monopolverwaltungen im Orient und in der Kaiserzeit, und wie die zweifellos damals wie auch im Mittelalter zuweilen größere Dimensionen annehmenden Textil-»Betriebe« der fürstlichen Hausfrauen, nur Anhängsel der Plantage, der Steuerverwaltung oder des »Oikos«, aber keine »Fabriken«. Wo wirklich Ansätze zu etwas einer »Fabrik« im technischen Sinne Aehnlichem etwa sich nachweisen lassen sollten – was selbstverständlich so gut im Altertum wie in der Leibeigenschaftsperiode Rußlands möglich bleibt –, würden sie aus den gleichen Gründen wie jene russischen »Fabriken« (s.u.) sicherlich nur »die Regel bestätigen«. Denn jedenfalls war dies keine Dauererscheinung des privaten Erwerbslebens. – Es ist ferner ein Betrieb von Bankgeschäften, der nach Umfang und Art auch nur das Maß dessen, was etwa im 13. Jahrh. im Mittelalter existierte, übertroffen hätte, quantitativ [nicht: qualitativ] für die Staatspächter ganz weniger politischer Machtzentren (im wesentlichen Rom, daneben Athen und einige andere) erweislich oder wahrscheinlich. Die Geschäftsformen des Handels – Seedarlehen, Commenda (der Diskontinuität des »frühkapitalistischen« Handels charakteristisch), Bankzahlungs- und Banküberweisungsgeschäfte – sind aber der Rechtsform nach frühmittelalterlich; der schon im frühen Mittelalter bekannte Wechsel ist erst in seinen Anfangsstadien vorhanden, der Zinsfuß nach Höhe, Zinsfrist, gesetzlicher Reglementierung ebenfalls in der Regel von frühmittelalterlichem Charakter; das Fehlen aller, schon im Mittelalter bekannten Formen eines Staatskredites, welche diesen zur regulären Kapitalrentenquelle hätte werden lassen, die charakteristischen Surrogate dafür, weiter auch die kolossalen »Horte« der orientalischen, noch der persischen Könige, ebenso wie die Tempelschätze der Hellenen in der Art ihrer Bedeutung und ihres Gebrauchs, – dies alles zeigt, wie wenig die vorhandenen Edelmetallvorräte als »Kapital« Verwendung fanden. Es wäre nichts gefährlicher, als sich die Verhältnisse der Antike »modern« vorzustellen: wer dies tut, der unterschätzt, wie dies oft genug geschieht, die Differenziertheit der Gebilde, welche auch bei uns schon das Mittelalter – aber eben in seiner Art – auf dem Gebiet des Kapitalrechts hervorgebracht hatte, und welche dennoch an dem Abstand seiner Wirtschaftsverfassung von der unsrigen nichts ändern. Und auch die staatlichen und halbstaatlichen Geldgeschäfte etwa der Ptolemäerbank mit ihrem riesigen Barschatz oder selbst der römischen Publikanen finden in den entsprechenden Erscheinungen mittelalterlicher Stadtstaaten (z.B. Genua) ihre frappante Parallele, werden jedoch von den letzteren schon im 13. Jahrh. in der verkehrswirtschaftlichen Technik übertroffen. Und es ist ferner auch nachdrücklich zu betonen, daß der »Oikos« im Rodbertusschen Sinn tatsächlich in der Wirtschaft des Altertums seine höchst bedeutungsvolle Rolle gespielt hat. Nur ist er einerseits – dies hatte ich s.Z. nachzuweisen gesucht – für das im Licht der Geschichte liegende hellenisch-römische Altertum erst spätes Entwicklungsprodukt (der Kaiserzeit) und zwar im Sinn der Ueberleitung zur feudalen Wirtschaft und Gesellschaft des frühen Mittelalters. Andererseits steht er (im Orient und teilweise auch in Hellas) an den Anfängen der für uns zugänglichen Geschichte, und zwar als Oikos der Könige, Fürsten und Priester, teils neben, teils – wo Fronpflicht der Untertanen besteht – über der kleinen Hauswirtschaft der letzteren. Auch hier freilich war er zweifellos keineswegs etwas, in Rodbertus' Sinn, direkt aus der erweiterten Eigenwirtschaft der alten Hausgemeinschaften Erwachsenes. Sondern er ist teils staatssozialistischen Charakters: so vielleicht vorwiegend in Aegypten als Folge der gemeinwirtschaftlichen Wasserregulierung, teils ist er (so im Orient und Althellas) mitbedingt durch die Handelsgewinnste, welche der älteste Träger regelmäßiger Tauschbeziehungen: der Häuptling und Fürst, durch Geschenkaustausch, faktisches Monopol im Zwischenhandel, endlich auch durch Eigenhandel (und was davon nicht zu trennen: Seeraub) macht und die, in Gestalt seines Schatzes, seine Herrenstellung und die Ausdehnung seiner Wirtschaft stützen. Gleichwohl muß natürlich dem Schwerpunkt nach die Bedarfsdeckung in dieser frühantiken »Oikenwirtschaft« der Fürsten und des politischen Herrenstandes überall eine naturalwirtschaftliche gewesen sein. Zwangsabgaben, Fronden, Sklavenraub gaben den Fürsten Mittel zum Eintausch der fremden Ware, die Edelmetalle des Schatzes dienten nicht kontinuierlicher geldwirtschaftlicher Bedarfsdeckung (auch beim Perserkönig nicht), sondern persönlicher Belohnung und gelegenheitspolitischen Machtzwecken. Ebenso beherrschte die Naturalwirtschaft aber auch zunehmend die Grundherrschaften und die »oikenwirtschaftlich« betriebene Staatswirtschaft der antiken Spätzeit (seit dem 3. Jahrh.). – Dagegen ist das gleiche bei den großen Sklavenvermögen der klassischen Zeiten des Altertums durchaus nicht in dem Maße der Fall gewesen, wie Rodbertus glaubte, und wohl nicht einmal in dem Grade, wie auch ich meinerseits es früher anzunehmen geneigt war: in diesem Punkte muß (m.E.) Ed. Meyer und einigen seiner Schüler (Gummerus) recht gegeben werden. Und ebenso muß m.E. eingeräumt werden, daß das an sich berechtigte Bestreben, die spezifischen Eigenarten der Wirtschaft des Altertums, zu denen zweifellos auch die Sklavenarbeit gehörte, herauszuarbeiten, mehrfach (auch z.B. bei mir) zu einer zu niedrigen Einschätzung der quantitativen Bedeutung der freien Arbeit geführt hat, wie namentlich die Arbeiten von Wilcken für das (allerdings gerade darin eine etwas exzentrische Stellung einnehmende) Aegypten gezeigt haben. Das Altertum kennt neben dem unfreien und halbfreien den freien Bauern – als Eigentümer, Geldpächter, Teilpächter; es kennt neben dem Hausfleiß und der unfreien gewerblichen Arbeit den freien Handwerker – als »Preiswerker«, Lohnwerker (dies weit häufiger) und (ebenfalls sehr häufig) als gewerblichen Nebenproduzenten –, den Handwerksbetrieb als Familien- oder Alleinbetrieb (weit überwiegend) oder als Meisterbetrieb mit einem oder einigen Sklaven und freien oder (meist) unfreien Lehrlingen. Es kennt ferner das Artjel-artige Zusammenarbeiten von Kleinhandwerkern (synergoi). Es kennt das Zusammendingen von gelernten Handwerkern durch Unternehmer (ergolabon) für konkrete Zwecke (fast nur: staatliche Arbeiter). Aber es hat z.B. gar kein Wort für unseren Begriff: »Geselle« (der ja dem Kampf gegen die »Meister« – ebenfalls ein dem Altertum fremder Begriff – entsprang). Denn es kennt überhaupt, trotz eines nicht geringen Reichtums des Vereinslebens, das Handwerk nicht auf einer solchen Stufe der autonomen Organisation, und nicht mit der kunstreichen Gliederung und Arbeitsverfassung (Gesellentum!), wie schon die Höhe des Mittelalters sie besaß. Zünftige oder zunftartige Organisation, wo sie besteht, ist vielmehr fast immer dem Schwerpunkt nach zwangsweise staatliche Leiturgieorganisation. Die soziale Position des Handwerkers ist, mit ephemeren und nur teilweisen (auch mehr scheinbaren) Unterbrechungen in der hellenischen Demokratie, gedrückt und die Machtstellung der Gewerbetreibenden hat offenbar nirgends ausgereicht, eine rechtliche Konzentration des Gewerbes in den Städten wie im Mittelalter zu erzwingen. (Ueber die Gründe s.u. bei Athen.) Endlich kennt das Altertum den freien ungelernten Lohnarbeiter, der sich allmählich aus dem auf Zeit in die Sklaverei Verkauften (Kind, Schuldner) oder sich selbst temporär Verkaufenden herausentwickelt hat. Es kennt ihn als Erntearbeiter und bei öffentlichen Erd-oder Bauarbeiten oder anderen staatlichen Unternehmungen in größerer Masse, sonst im allgemeinen als verstreute und meist unstete Gelegenheitserscheinung. – – Die Frage ist nun: kennt das Altertum (in einem kulturhistorisch relevanten Maß) kapitalistische Wirtschaft? – Zunächst: im allgemeinen ist die ursprüngliche Grundlage des Nahrungsspielraums der antiken Stadt (der orientalischen wie der mittelländischen Polis der Frühzeit) in einem so hohen Maße der Rentenbezug der stadtsässigen Fürsten und vornehmen Geschlechter aus Grundbesitz und eventuell Abgaben der Untertanen, wie dies heute nur noch in spezifischen Residenzstädten der Fall ist, oder – ein näherliegendes Beispiel – in dem Moskau der russischen Leibeigenschaftsperiode der Fall war. Die Bedeutung dieser Erwerbsquellen und damit die spezifisch politische Bedingtheit der ökonomischen »Blüte« der Städte, die sich in den schroffen Peripetien derselben äußert, ist auch weiterhin durch das ganze Altertum hin eine sehr große geblieben. Die antiken Städte waren stets in weit höherem Maße als die mittelalterlichen Konsum-, in weit geringerem dagegen Produktionszentren. Der Verlauf der antiken Städteentwicklung hat trotz zahlreicher ausgeprägt »stadtwirtschaftlicher« Erscheinungen (s.u.) nirgends zu einer »Stadtwirtschaft« von so stark dem begrifflichen »Idealtypus« angenähertem Gepräge geführt, wie in zahlreichen Städten des Mittelalters: eine Folge des Küstenkulturcharakters der Antike. Wenn nun im Altertum 1. die Entstehung von städtischen Exportgewerben in gewissen Artikeln von hoher Intensität und Qualität der Arbeit, 2. dauernde Abhängigkeit von fernher kommenden Getreidezufuhren, 3. Kaufsklaverei, 4. starkes Vorwalten spezifischer Handelsinteressen in der Politik sich zeigt, so fragt es sich: sind diese stoßweise auf- und abschwellenden »chrematistischen« Epochen solche mit »kapitalistischer« Struktur?

Es kommt auf die Abgrenzung des Begriffs »kapitalistisch« an, – die naturgemäß sehr verschieden erfolgen kann. Nur das eine wird man jedenfalls festhalten dürfen, daß unter »Kapital« stets privatwirtschaftliches »Erwerbskapital« verstanden werden muß, wenn überhaupt die Terminologie irgendwelchen klassifikatorischen Wert behalten soll: Güter also, welche der Erzielung von »Gewinn« im Güterverkehr dienen. Jedenfalls ist also »verkehrswirtschaftliche« Basis des Betriebs zu fordern. Einerseits also: daß die Produkte (mindestens zum Teil) Verkehrsobjekte werden. Andererseits aber auch: daß die Produktionsmittel Verkehrsobjekte waren. Nicht unter den Begriff fällt mithin auf agrarischem Gebiet jede grundherrliche Verwertung der personenrechtlich Beherrschten als eines bloßen Renten-, Abgaben- und Gebührenfonds wie im früheren Mittelalter, wo die Bauern durch Besitz-, Erbschafts-, Verkehrs- und Personalabgaben in natura und in Geld genützt wurden: – da hier weder der besessene Boden noch die beherrschten Menschen »Kapital« sind, weil die Herrschaft über beide (im Prinzip) nicht auf Erwerb im freien Verkehr, sondern auf traditioneller Bindung, meist beider Teile, aneinander beruht. Auch das Altertum kennt diese Form der Grundherrschaft. Es kennt andererseits die verkehrswirtschaftliche Parzellen verpachtung des Grundbesitzes: dann ist der Grundbesitz Rentenfonds, und »kapitalistischer« Betrieb fehlt. Die Ausnutzung der Beherrschten als Arbeitskraft im eigenen Betrieb des Herrn kommt im Altertum sowohl als Fronhofsbetrieb mit Kolonen (Pharaonenreich, Domänen der Kaiserzeit) wie als Großbetrieb mit Kaufsklavenarbeit, wie in Kombinationen beider vor. Der erstere Fall (Fronhof) macht klassifikatorische Schwierigkeiten, weil hier die verschiedensten Abstufungen von formell »freiem« Bodenverkehr und »freier« Pacht der Kolonen (also verkehrswirtschaftlicher Basis) bis zu gänzlicher traditioneller sozialer Gebundenheit der arbeitspflichtigen Kolonen an den Herrn und des Herrn an sie möglich sind. Immerhin ist das letztere durchaus die Regel, wo immer Kolonenbetrieb besteht. Die Kolonen sind dann zwar für ihre Person nicht »Kapital«, sie sind dem selbständigen freien Verkehr entzogen, aber ihre Dienste können, zusammen mit dem Boden, Verkehrsobjekt sein und sind es (Orient und Spätkaiserzeit) auch. Der Betrieb ist in diesen Fällen ein Mittelding; er ist »kapitalistisch«, sofern für den Markt produziert wird und der Boden Verkehrsgegenstand ist, – nicht kapitalistisch, sofern die Arbeitskräfte als Produktionsmittel sowohl dem Kauf wie der Miete im freien Verkehr entzogen sind. In der Regel ist das Bestehen des Fronhofsbetriebs aber eine Uebergangserscheinung, sei es vom »Oikos« zum Kapitalismus, sei es umgekehrt: zur Naturalwirtschaft. Denn immer ist es ja ein Symptom von (relativer) Kapitalschwäche, speziell Betriebskapitalschwäche, welche ihren Ausdruck in der Abwälzung des Betriebsmittelbedarfs auf die abhängigen Wirtschaften und der Ersparnis 1. von Inventarkapital, 2. entweder von Sklavenkaufkapital oder von Lohnfonds durch die Ausnutzung der Zwangsarbeit, findet, die ihren Grund (regelmäßig) in (relativ) unentwickelter Intensität des Güterverkehrs hat. Der Kaufsklavenbetrieb (d.h. der Betrieb unter Verhältnissen, in denen die Sklaven normale Verkehrsobjekte sind, gleichviel ob sie in concreto durch Kauf erworben wurden) auf eigenem oder gepachtetem Boden ist, ökonomisch angesehen, natürlich »kapitalistischer« Betrieb: Boden und Sklaven sind Gegenstand freien Verkehrs und zweifellos »Kapital«, die Arbeitskraft wird, anders als im Betrieb mit »freier Arbeit«, gekauft und nicht gemietet, oder, wenn (ausnahmsweise) gemietet, dann nicht von ihrem Träger (dem Arbeiter), sondern von dessen Herrn. Der Kapitalbedarf für das gleiche Quantum Arbeitskraft ist cet. par. also ein wesentlich größerer als bei Verwendung »freier« Arbeit, – ebenso wie der Bodenkäufer cet. par. mehr Kapital aufzuwenden hat als der Bodenpächter. Der kapitalistische Großbetrieb mit »freier« Arbeit endlich, welcher bei gleichem Grade der Kapitalakkumulation die weitaus größere Kapitalintensität des Betriebs an sachlichen Produktionsmitteln ermöglicht, ist dem Altertum normalerweise auf dem Gebiet der Privatwirtschaft nicht als Dauererscheinung bekannt, weder außerhalb noch innerhalb der Landwirtschaft. Gewiß findet sich der »Squire«-Betrieb im Orient und in Hellas, aber gerade in Zeiten und Gebieten, wo traditionelle Regeln herrschen (hellenische Binnengebiete, Talmud, gewisse hellenistische Gebiete), nicht in den Gebieten fortschreitender ökonomischer Entwicklung. Große Dauerbetriebe mit durchweg nur kontraktlich verpflichteter, also formell »freier« Arbeit, finden sich außerhalb der später noch zu erörternden Staatsunternehmungen, soviel bekannt, jedenfalls nicht in einem praktisch, ökonomisch oder sozial ins Gewicht fallenden Maße an den »klassischen« Stätten antiker Kultur: anders (teilweise) im Spätorient.

Man ist nun heute gewohnt, den Begriff des »kapitalistischen Betriebs« gerade an dieser Betriebsform zu orientieren, weil sie es ist, welche die eigenartigen sozialen Probleme des modernen »Kapitalismus« gebiert. Und man hat daher von diesem Standpunkt aus für das Altertum die Existenz und beherrschende Bedeutung »kapitalistischer Wirtschaft« in Abrede stellen wollen.

Wenn man indessen den Begriff der »kapitalistischen Wirtschaft« nicht unmotivierterweise auf eine bestimmte Kapitalverwertungsart: die Ausnutzung fremder Arbeit durch Vertrag mit dem »freien« Arbeiter, beschränkt – also soziale Merkmale hineinträgt –, sondern ihn, als rein ökonomischen Inhalts, überall da gelten läßt, wo Besitzobjekte, die Gegenstand des Verkehrs sind, von Privaten zum Zweck verkehrswirtschaftlichen Erwerbes benutzt werden, – dann steht nichts fester als ein recht weitgehend »kapitalistisches« Gepräge ganzer – und gerade der »größten« – Epochen der antiken Geschichte. Nur muß man sich auch hier vor Uebertreibungen hüten: – darüber später, – und ferner zeigen die Bestandteile des Kapitalbesitzes sowohl wie die Art seiner Verwertung charakteristische, für den Gang der antiken Wirtschaftsgeschichte bestimmend wichtige, Eigenheiten. Unter den Bestandteilen des Kapitalbesitzes fehlen natürlich alle jene Produktionsmittel, welche durch die technische Entwicklung der letzten beiden Jahrhunderte geschaffen sind und das heutige »stehende Kapital« ausmachen; auf der anderen Seite tritt ein wichtiger Bestandteil hinzu: Schuld- und Kaufsklaven. Unter den Arten der Kapitalverwertung tritt die Anlage im Gewerbe überhaupt, speziell aber in gewerblichen »Großbetrieben« zurück; dagegen besitzt im Altertum eine heute nach Art und Maß der Bedeutung ganz in den Hintergrund getretene Kapitalsverwertungsart eine geradezu dominierende Tragweite: die Staatspacht. Die klassischen antiken Richtungen der Kapitalanlage sind: 1. Uebernahme von oder Beteiligung an Steuerpachten und öffentlichen Arbeiten, 2. Bergwerke, 3. Seehandel (mit eigenem Schiffsbesitz oder Beteiligung daran, speziell durch Seedarlehen), 4. Plantagenbetrieb, 5. Bank- und bankartige Geschäfte, 6. Bodenpfand, 7. Ueberlandhandel (nur sporadisch als kontinuierlicher Großbetrieb – im Okzident wohl nur in den ersten beiden Jahrhunderten der Kaiserzeit nach dem Norden und Nordosten zu –, meist als Commendaanlage im Karawanenverkehr), 8. Vermietung von (ev. ausgebildeten) Sklaven oder ihre Ausstattung als selbständige Handwerker oder Händler gegen »Obrok«, wie die Russen sagen würden, endlich 9. kapitalistische Ausnutzung von gelernten gewerblichen Sklaven, die zu Eigentum oder pfandweise besessen wurden, mit oder ohne »Werkstätten« (Beispiele unten bei Athen). Die Häufigkeit der Verwendung von Sklavenarbeit im eigenen privaten gewerblichen  Betrieb ist nicht zu bezweifeln. Selbstmitarbeitende Handwerker mit einigen Sklaven werden vorgekommen sein. Kapitalistische Nutzung kommt in der oben erwähnten, weiterhin noch zu erörternden Form des ergastnrion vor. Für die »klassische« Zeit ist die Ausnutzung der eigenen Sklaven in Form der »unfreien Hausindustrie« (Hingabe der Rohstoffe und Arbeitsgerätschaften seitens des Herrn, Ablieferung der im Familienhaushalt des Sklaven daraus gefertigten Produkte), welche im Orient zweifellos, in Altägypten vorherrschend ist, nicht sicher nachzuweisen, obwohl gewiß vorhanden. Wenn dagegen die exportierten attischen Vasen in größerer Zahl (Maximum bisher ca. 80) den gleichen Namen aufweisen, so ist dies natürlich ein »Künstler« (nicht aber: ein »Fabrikant« oder »Verleger«), dessen Namen dann ev. eine Familie von Töpfern, in der das technische Können, als Geheimnis, erblich sich fortpflanzt, als Eponymos beibehält. Die Existenz von Handwerkerdörfern (dhmoi) in Attika ist für diesen familienhaften Handwerksbetrieb hier, wie sonst, charakteristisch (s.u.).

Für die quantitative wie qualitative Bedeutung kapitalistischer Erwerbswirtschaft im Altertum waren nun jeweils eine Reihe von Einzelmomenten maßgebend, die in sehr verschiedener Kombination miteinander aufgetreten sind.

1. Die Bedeutung der Edelmetallvorräte muß für das Tempo kapitalistischer Entwicklung zweifellos hoch angeschlagen werden. Allein heute besteht vielfach die Neigung, ihre Bedeutung für die Struktur der Wirtschaft selbst zu überschätzen. Die Wirtschaft Babylons, bei fehlenden Minen und offenbar – die Beschränkung des Edelmetalls auf die Wertmesserfunktion zeigt es ebenso wie die Korrespondenzen der Könige mit den Pharaonen – sehr geringem Metallvorrat, ist schon in ältester Zeit tauschwirtschaftlich so entwickelt wie die irgendeines anderen orientalischen Landes, entwickelter als die des goldbesitzenden Aegypten; die – wenn die neueren Berechnungen auch nur annähernd stimmen – kolossalen Edelmetallvorräte des ptolemäischen Aegypten andererseits haben, trotz voll durchgeführter Geldwirtschaft, den »Kapitalismus« als Strukturprinzip der Wirtschaft nicht zu irgendwelcher besonders bemerkenswerten Höhe, insbesondere nicht zu einer Entwicklung wie im gleichzeitigen Rom, gedeihen lassen; die wunderliche Ansicht endlich, daß das Hereinbrechen der Naturalwirtschaft in spätrömischer Zeit Folge der beginnenden Unergiebigkeit der Bergwerke gewesen sei, stellt den Sachverhalt vermutlich genau auf den Kopf: wo damals eine Unergiebigkeit der Minen sich überhaupt eingestellt hat, dürfte sie ihrerseits Folge der, aus ganz anderen Gründen, im Bergbau an Stelle des in klassischer Zeit gerade hier heimischen kapitalistischen Sklavenbetriebes getretenen Kleinpächterwirtschaft gewesen sein. Die mächtige Rolle, welche die Verfügung über große Edelmetallvorräte und ganz besonders die plötzliche Erschließung solcher kulturhistorisch gespielt haben, soll damit nicht im geringsten geleugnet werden: das alte Fronkönigtum (s.u.) ruht auf dem »Hort« des Königs; ohne die Bergwerke von Laurion gab es keine attische Flotte (?); die Verwandlung von hellenischen Tempelschätzen in Umlaufsmittel könnte manche Preisänderungen im 5./4. Jahrh. mit bewirkt (?) und diejenige der Schätze des Perserkönigs die hellenistische Städteentwicklung erleichtert haben; und die Wirkung des kolossalen kriegerischen Edelmetallimports in Rom im 2. Jahrh. v. Chr. ist bekannt. Aber die Bedingungen dafür, daß jene Edelmetallvorräte damals in der Art ihrer Nutzbarmachung so, wie geschehen, und nicht anders (z.B. thesaurierend, wie im Orient), verwendet wurden, mußten vorher vorhanden sein: – »schöpferisch« in dem Sinne der Erzeugung qualitativ neuer Wirtschaftsformen haben auch im Altertum Edelmetallquanta als solche nicht gewirkt.

2. Die ökonomische Eigenart des kapitalistisch verwendeten Sklavenbesitzes liegt, verglichen mit dem System der »freien« Arbeit, zunächst in der gewaltigen Steigerung des zur Beschaffung der lebendigen Arbeitskraft aufzuwendenden und durch Ankauf in ihr festzulegenden Kapitals; – bei Nichtbeschäftigung des Sklaven im Fall flauen Geschäftes bringt dieses Kapital nicht nur – wie die Maschine – keine Zinsen, sondern es »frißt« überdies (im wörtlichen Sinne) kontinuierliche Zuschüsse. Daraus allein schon folgt: Verlangsamung 1. des Kapitalumschlags, 2. des Kapitalbildungsprozesses überhaupt. Sodann: in dem damit zusammenhängenden, großen Risiko, welches gerade diese Form von Kapital trägt. Dies Risiko liegt nicht nur in dem Umstand begründet, daß die bei kapitalistischer Ausnutzung sehr hohe und dabei überdies ganz unberechenbare Mortalität der Sklaven ökonomisch ein Kapitalsverlust ihres Besitzers ist, auch nicht nur darin, daß jede politische Schlappe die Sklavenkapitalien gänzlich vernichten konnte, sondern außerdem und namentlich in den kolossalen Schwankungen der Sklavenpreise (Lucullus verkaufte Beutesklaven zu 4 Drachmen in einer Zeit, wo man bei mäßig versorgtem Markt im Frieden Hunderte von Drachmen erlegen mußte, um einen brauchbaren Arbeiter zu kaufen), welche die stete Gefahr der Entwertung des angelegten Kapitals mit sich brachte. Die Basis eines sicheren Kostenkalküls, die unumgängliche Voraussetzung differenzierter »Großbetriebe«, fehlte. Dazu tritt ein ferneres Moment: die patriarchale Sklaverei, wie sie im Orient überwog, gab dem Sklaven entweder die Stellung eines Hausgenossen des Herrn oder sie konzedierte ihm den Besitz einer eigenen Familie. Im letzteren Fall war auf eine Herauswirtschaftung des möglichen Maximums von Profit von vornherein verzichtet. Der Sklave leistete dann entweder Abgaben: dann war er Rentenfonds, nicht Arbeitskraft, oder, wo er – eventuell mit seiner Familie – als Arbeitskraft diente, war er Fronarbeiter oder unfreier Heimarbeiter mit allen Schranken der Einträglichkeit eines solchen. Eine wirklich »kapitalistische« Behandlung des Sklaven nach Art eines sachlichen Produktionsmittels fand dagegen ihre Schranke in der Abhängigkeit von stetiger Versorgung des Sklavenmarktes, und das heißt: von erfolgreichen Kriegen. Denn eine volle kapitalistische Ausnutzung seiner Arbeitskraft war nur bei nicht nur rechtlicher, sondern auch faktischer Familienlosigkeit der Sklaven möglich: bei einem Kasernensystem, welches aber dann die Ergänzung der Sklavenklasse aus der eigenen Mitte unmöglich machte. Anderenfalls wären Kosten und Unterhalt der Weiber und der Aufzucht der Kinder dem Anlagekapital als toter Ballast mit zur Last gefallen. Dies ließ sich zwar bezüglich der Weiber unter Umständen – aber bei der Eigenart der antiken Bedarfsdeckung und der Bedeutung der Hausspinnerei und -weberei keineswegs regelmäßig – durch textilgewerbliche Ausnutzung vermeiden. Bezüglich der Kinder kann eine Stelle Appians (b.c. 1, 7) dahin verstanden werden, daß wenigstens in gewissen Perioden des römischen Altertums spekulative Sklavenaufzucht massenhaft vorgekommen sei, also, wie in den nordamerikanischen Südstaaten, eine Arbeitsteilung zwischen Produktion und Verwertung wenigstens für einen Teil des Sklavenkapitals stattgefunden habe. Diese Deutung bleibt jedoch etwas fraglich. Die schroff schwankende Preisbildung des Sklavenmarkts mußte den Aufzuchtsgewinn unsicher machen. Für die Hauptverschleißgebiete der Sklavenarbeit: Plantagenbau, Seefahrt, Bergbau, Steuereintreibungsgeschäft, war ferner weibliche Arbeitskraft ungeeignet. Und in der Erwerbswirtschaft war es denn auch die Regel, daß man sich in der Hauptsache auf den Verbrauch männlicher Sklaven (zu Catos Zeit der einzigen als Gutsarbeiter, ebenso der einzigen im attischen ergastnrion nachweisbaren) beschränkte, wenn man dies tun konnte, d.h.: wenn der chronische Kriegszustand die stetige Versorgung des Marktes übernahm. Die weiblichen Sklaven dienten der Prostitution oder der Hausarbeit. Fand eine kontinuierliche Versorgung längere Zeit nicht statt, so konnte der Nachwuchs nur durch Zerfall der Sklavenkasernen und Herstellung des Familienlebens des Sklaven, d.h. Abwälzung des Interesses an der Reproduktion des Sklavenkapitals auf den Sklaven selbst, damit aber wiederum: Verzicht auf die schrankenlose Ausnutzung seiner Arbeitskraft, garantiert werden. Ein solcher Verzicht mußte aber, gegenüber dem System der gefesselt unter der Peitsche arbeitenden Plantagensklaven, überall da eine reine Einbuße an Profit bedeuten, wo nicht gleichzeitig eine Form gefunden wurde, ökonomisches Eigeninteresse des Sklaven für den Herrn nutzbar zu machen. Denn neben der Labilität des Sklavenkapitals und dem unkalkulierbaren Risiko, mit dem es belastet war, wirkte im Fall der direkten Verwertung des Sklaven als Arbeitskraft im Großbetrieb natürlich vor allem das fehlende Eigeninteresse des Sklaven jedem technischen Fortschritt und jeder Intensivierung und Qualitätssteigerung entgegen. Die für die Arbeitsleistung entscheidenden »ethischen« Qualitäten der Sklaven sind bei ihrer Benutzung im Großbetrieb die denkbar schlechtesten. Dem Verschleiß des Sklavenkapitals selbst trat dabei der Verschleiß sowohl des Arbeitsvieh- als des Werkzeugkapitals und der Stillstand der Werkzeugtechnik (z.B. der Pflüge) zur Seite. Ueber ersteren Punkt wird ausdrücklich geklagt: die Verwendung der Sklavenarbeit zur Getreideproduktion im großen wurde dadurch – wegen der Arbeitsintensität der antiken Getreideanbautechnik – unmöglich, aber überhaupt waren die Sklaven nur auf gutem Boden und bei niedrigem Preisstand des Sklavenmarktes im Großbetrieb mit wirklich beträchtlichem Gewinn verwertbar und wirkte ihre Verwendung regelmäßig in der Richtung der Extensität. Und – was noch wichtiger war – diese Eigenart der Sklavenarbeit hinderte auf gewerblichem Gebiet nicht nur die Verfeinerung der Werkzeugtechnik, sondern überhaupt jene Kombination von präzis ineinandergreifenden differenzierten Arbeitskräften, welche gerade das Wesen der spezifisch modernen Betriebsformen ausmacht, für welche ja doch nicht die bloße Arbeiterzahl charakteristisch ist. Gelernte gewerbliche Arbeit in Gestalt eines arbeitsteiligen Kaufsklavenbetriebes im großen zu verwerten, konnte aus dem gleichen Grunde zweifellos als eine normale Erscheinung – denn in Einzelfällen, aber dann stets in geringem Umfang, kommt sie (s. später) vor – im Altertum so wenig in Frage kommen, wie es sonst irgendwo geschehen ist. Selbst das wesentlich eine Anhäufung von Einzelarbeitern darstellende ergastnrion fand wesentlich an den ökonomisch stark begünstigten Plätzen, wie Athen, Rhodos, Alexandreia usw., seine Stätte, und auch da stets als Annex kaufmännischer Betriebe oder eines Rentenvermögens. Denn wenn Ueberschüsse gewerblicher Fronleistungen oder unfreier Heimarbeit oder der Erzeugnisse von großen Hauswirtschaften fürstlicher oder halbfürstlicher »Oiken« auch nicht selten auf dem Markt erscheinen, so muß man sich natürlich sehr hüten, dies mit der Existenz von Sklaven»fabriken« auf der Basis der Kaufsklaverei zu verwechseln. Selbst halbkapitalistische Gebilde, wie sie die Verwendung von Zwangsarbeit zur Schaffung von gewerblichen »Nebenbetrieben« seitens ganz großer Sklavenbesitzer oder des Monarchen darstellen, und welche ihren Typus in der Neuzeit in vielen russischen »Fabriken« des 18. und des ersten Drittels des 19. Jahrh. finden, können nur auf (faktisch) monopolitischer Basis bestehen und haben bestimmte Voraussetzungen. Diese Voraussetzungen: billige Nahrung, Monopolpreise der Produkte, außer ihnen aber noch: billiger Sklavenpreis, und folglich sehr hohe, das Todesrisiko deckende Exploitationsrate (selbst bei Demosthenes und Aischines 30 bis 100%) mußten auch vorhanden sein, wenn die Verwendung von gewerblichen Kaufsklaven im ergastnrion des Herrn dauernd möglich sein sollte: Auch dann blieben aber diese »Betriebe« meist auf höchstens einige Dutzende von Arbeitern beschränkt. Es fehlte das »stehende Kapital«, welches zur »Fabrik« gehört. Beliehen wurden die Sklaven, nicht die »Werkstatt«. Die Sklaven sind die Werkstatt, ihre Verpflegung durch den Herrn, nicht ihre Verwendung im konzentrierten »Betriebe« ist das Entscheidende. Die »Werkstatt« ihrerseits war Teil des »Oikos«, und alle jene so folgenschweren Rechtsentwicklungen, welche – viele Jahrhunderte vor Entstehung unserer »Fabriken« – die Trennung von Familienhaushalt und »Werkstatt«, von Privat-und Geschäftsvermögen schon im 13./14. Jahrh. begleiteten, blieben daher dem Altertum gänzlich unbekannt. (Es fehlen deshalb auch – mit wenigen charakteristischen Ausnahmen, speziell in der Staatspacht, – alle jene, das Perennieren des Betriebes, durch die wechselnden Schicksale der Vermögenszusammensetzung hindurch, sichernden »Unternehmungsformen«: Aktiengesellschaft u. dgl.) Die großbetriebliche Massenverwendung von Sklaven in Bergwerken, Steinbrüchen und bei öffentlichen Arbeiten ist fast gänzlich Verwertung ungelernter Arbeit. Die »unfreie Heimarbeit« trägt, als Spezies des Robottsystems, die ökonomischen Schwächen desselben an sich und es scheint fraglich, wie weit sie Zwecke der Marktproduktion diente. Pharaonen und Tempel verwendeten sie wohl wesentlich für Zwecke des Tempel-, Hof- und Staatsbedarfs, besonders natürlich, wenn das Rohmaterial vom Pharao (bzw. Tempel) importiert oder bergbaulich gewonnen war; daneben mag Marktverwertung des Produktes vorgekommen sein. Jedenfalls bedeutet auch sie, wo sie vorkam, eben Arbeit im eigenen kleinen (Familien-) Betrieb des Sklaven. Qualifizierte Sklavenarbeit im Großbetriebe ist etwas dauernd (auch außerhalb der wenigen großen Handelszentren) Normales nur in leitenden Stellungen, als Vorarbeiter oder Inspektor im Bergwerk oder in der Plantage, im Kontor, speziell bei der Kassen- und Rechnungsführung (der Möglichkeit der Tortur wegen) usw. Dieser Sklavenaristokratie pflegte aber dann, im eigensten Interesse des Herrn, die eigene (Quasi-) Familie (contubernium) und eigenes (Quasi-) Vermögen (peculium) konzediert zu werden; unter Umständen wurde ihnen selbst (so bei Plinius) die Respektierung ihrer Testamente gewährt und überdies fast immer die Chance des Loskaufs gegeben. Damit bildet diese Art der Sklavennutzung schon den Uebergang zu der Verwertung des gelernten, d.h. entweder schon vor seiner Versklavung (durch Krieg oder Bankerott) gelernt gewesenen, oder aber auf Kosten des Herrn in die Lehre gegebenen, Sklaven lediglich als Rentenfonds. Diese konnte entweder durch Vermietung als »Lohnwerker« geschehen, was massenhaft, oft unter Abwälzung des Risikos des Todes auf den Mieter, vorkam. Noch vorteilhafter, weil sie das Eigeninteresse des Sklaven in Bewegung setzte, war aber die Ausstattung mit einem peculium zwecks Etablierung als Handwerker oder Krämer auf seine eigene Rechnung. Der Herr bezog seine apopora und konnte sie innerhalb des Spielraums, den die Gefahr der Erschlaffung des Eigeninteresses des Sklaven gewährte, steigern, und er konnte überdies den Kapitalwert des Sklaven durch diesen selbst amortisieren lassen, indem er ihm die Chance, seinen aufgespeicherten Erwerb zum Loskauf zu verwenden, gab, beim Loskauf sich überdies bestimmte Abgaben und Dienstleistungen vorbehielt und – wozu besonders das römische Recht die verschiedensten Rechtsformen zur Verfügung stellte – an der Hinterlassenschaft des Freigelassenen sich den gesetzlich oder kontraktlich oder testamentarisch festgesetzten Anteil (in manchen Fällen die ganze Erbschaft) aneignete. Das Risiko des Kapitalverlustes durch Tod verminderte sich ja bei selbständiger Etablierung des Sklaven stark, wenn dieser eine Familie gründete und seine Kinder selbst gewerblich anlernte. Eine Haftung für die Geschäfte des Sklaven legte das Sklavenrecht dem Herrn regelmäßig nur in Höhe des peculium auf, während er dem Sklaven gegenüber natürlich formell auch zu dessen gänzlicher Einziehung befugt blieb. (Von dieser Befugnis allzuoft Gebrauch zu machen dürfte wenigstens der große Sklavenbesitzer im Altertum – ebenso wie in Rußland vor der Bauernbefreiung – durch die Notwendigkeit, das Eigeninteresse des Sklaven wach zu halten, und auch durch die – in Rußland seinerzeit zu so hoher Blüte gelangte – Kunst des Verhehlens des Besitzes seitens der Sklaven sich behindert gefunden haben.) Die zu allen Zeiten des Altertums sehr reichlichen, oft das Einschreiten des Gesetzgebers hervorrufenden Freilassungen, die doch natürlich keinesfalls auch nur überwiegend auf Kosten der Eitelkeit und des politischen Klientelbedürfnisses zu setzen sind, zeigen, wie gut jenes Eigeninteresse des Sklaven funktionierte. Diese so überaus viel sicherere Art, vom Sklavenbesitz Vorteil zu ziehen, schob aber dessen Ausnutzung offenbar vom Geleise der kapitalistischen Verwertung als Produktionsmittel zur Erzielung von »Gewinn« auf das Geleise des Bezugs von »Rente« und Loskaufgeld. Der »Kampf zwischen freier und unfreier Arbeit« spielte sich alsdann dem Schwerpunkt nach in der Sphäre des Kleinbetriebes in Gewerbe und Handel, nicht aber als ein Kampf zwischen Sklavengroßbetrieb und freiem Kleinhandwerk ab. Die mächtigen ökonomischen und politischen Risiken, welche alle direkt als Produktionsmittel verwerteten Sklavenvermögen belastet hätten, fielen dann fort. Dieser Zustand ist im Altertum weit verbreitet. Neben den ganz besitzlosen freien Bauern, Kleinpächtern, Krämern und Lohnwerkern stand 1. eine Schicht von freien Kleinbesitzern als Händler, gewerbliche Kleinproduzenten (Preiswerkern), die neben sich, auf dem Acker oder in der Werkstatt, einen oder einige, vielleicht im Kriege erbeutete oder aus Ersparnissen gekaufte Sklaven als »Gesellen« haben mochten, und stand ferner 2. die Schicht der unfreien gelernten Handwerker und Krämer, der leibeigenen Bauern oder unfreien Kleinpächter. Nur als Tributherr stand dann, wie ev. über dem Bauern und freien Krämer oder Handwerker sein Gläubiger und über dem freien Kolonen sein Verpächter, so über dem selbst wirtschaftenden Unfreien sein Leibherr. Diese Art der Ausnutzung des Sklaven als »Rentenfonds« setzte nun selbstredend, um dem Herrn Gewinn zu bringen, eine weitgehende lokale geldwirtschaftliche Arbeitsteilung voraus; war diese jedoch gegeben, dann mußte sie aus den angegebenen Gründen die Tendenz haben, sich gegenüber der Nutzung des Sklaven als Produktionsmittel nicht nur zu behaupten, sondern normalerweise auch auszudehnen, namentlich überall da, wo der Herr (wie bei den Vollbürgern, gegenüber den Metoiken; dem Amtsadel, gegenüber dem »Ritterstand«) stark politisch in Anspruch genommen war und also nicht selbst wirtschaften konnte, und zumal, wenn überdies der Sklavenpreis anhaltend hoch stand. – Was die Konkurrenz freier und unfreier Arbeit gegeneinander anlangt, so war bei dichter Besiedelung, hohen Bodenpreisen und der daraus sich ergebenden Nötigung zu intensiver Kultur, bei freiem Verkehr, und in Ermangelung von Hörigkeitsverhältnissen, die Verwertung ländlichen Grundbesitzes in Form der Parzellenpacht im Altertum wie in der Gegenwart ökonomisch zweifellos am meisten begünstigt. Der Kleinbetrieb ist in der Landwirtschaft des Altertums ja überhaupt die Regel, und nur die Plantagenkulturen – wozu im Altertum Oel-und Weinbau gehörten – trugen normalerweise den Sklavengroßbetrieb. Der Getreidebau erforderte, zumal bei der Technik des Altertums, zu starkes Eigeninteresse des Arbeiters, um (normalerweise) dem Sklavenbetrieb zugänglich zu sein. Nur wo Billigkeit der Sklaven und hoher Preis der Plantagenprodukte zusammenwirken, war in der Landwirtschaft der Sklavenbetrieb im Großen begünstigt. Im Gewerbe und Kleinhandel konnte die Prämie, welche die Loskaufschance auf das Eigeninteresse des Sklaven setzte, immerhin wirksam sein und seine Konkurrenz überall da stärken, wo die Möglichkeit, Rücklagen zu machen, überhaupt gegeben war. Es war kein Zufall, daß die Freigelassenen, welche als Sklaven zu arbeiten und zu sparen gelernt hatten, ökonomisch prosperierten: – zum Teil freilich auch einfach die Konsequenz ihres Ausschlusses von politischer Betätigung. Wenn die Inschriften der Kaiserzeit es wahrscheinlich machen, daß die Sklavenarbeit 1. auch im Gewerbe im Orient schwächer als im Okzident vertreten war, 2. die Sklaven häufiger in den gröberen Arbeiten auftreten, – so folgt ersteres zum Teil aus der weiterhin zu erörternden historisch überkommenen Kultur des Orients, zum anderen Teil zeigt es, wie die aus politischen Gründen folgende stärkere Versorgung des römischen Sklavenmarktes ihre Wirkung übte; das letztere aber ist die Folge davon, daß natürlich die Herren das Risiko und die Kosten, die Sklaven eine lange Lehrzeit durchmachen zu lassen, nicht allzuoft übernahmen. Man darf deshalb die Wirkung der Konkurrenz der Sklavenarbeit nicht ausschließlich, nicht einmal immer vornehmlich, in einer direkten Verdrängung freier Arbeit sehen. Allerdings ging, neben der Beförderung der ohnehin (s.u.) dem Altertum naheliegenden sozialen Diskreditierung der Arbeit durch die Konkurrenz landfremder Kaufsklaven, auch eine solche Verdrängungstendenz überall da her, wo nicht (wie im späteren Orient) die Kriegslast auf die Schultern von Berufskriegern, Söldnern oder fremden Herrenvölkern abgewälzt war: Anhaltende schwere Kriege von wechselndem Erfolge, welche die freie Bevölkerung jahraus, jahrein im Felde hielten und ökonomisch ruinierten, mußten – wie dies Appian berichtet – der Sklavenarbeit in ihrer Gesamtheit gegenüber der freien Arbeit, und zwar allen Formen der Sklavennutzung, zugute kommen. Kriegerische Expansion und große Siege werden dagegen regelmäßig die Expansion des Sklavenbesitzes, die Billigkeit der Sklaven und damit den Anreiz zu kapitalistischer Verwertung derselben im Eigenbetrieb (Plantage, Seefahrt, Bergwerk, ergastnrion usw.) gefördert haben. Für die kapitalistische Sklavennutzung in der Landwirtschaft speziell mußte aber ferner vor allem auch das Vorhandensein billigen und dabei ergiebigen Bodens ausschlaggebend sein, wie sie zeitweilig im Gefolge kriegerischer oder revolutionärer Konfiskationen und, chronisch, da und solange gegeben war, als dünne Besiedelung großer Strecken fruchtbaren Bodens mit schneller Entwicklung städtischer kaufkräftiger Verbrauchszentren Hand in Hand ging – wie dies in einem weder vorher noch nachher wiederholten Maße in Rom nach der Einigung Italiens und nach den ersten siegreichen überseeischen Kriegen der Fall war. – Schon die letzten und manche früheren Bemerkungen deuteten an, wie stark

3. die politischen Schicksale und Eigenarten der einzelnen Länder auf das Maß der relativen Entwicklung freier und unfreier Arbeit, auf das Maß »kapitalistischer« Verwertung der letzteren und auf deren Richtung Einfluß haben mußten. Die von L.M. Hartmann scharf in ihrer Bedeutung betonte militärische Belastung der freien Bevölkerung war als Prämie auf Sklavenarbeit da am stärksten, wo ein die sich selbst equipierenden Bauern und Kleinbürger mit umfassendes Aufgebot einer freien Bürgerschaft chronische Kriege großen Stils zu führen hatte, wie in der Blütezeit der hellenischen Demokratie und im republikanischen Rom. Umgekehrt lagen die Verhältnisse, wenn das Heer, mindestens zum Teil, sei es feudales, sei es autokratisches Berufs- oder Fronheer, oder aber Soldheer war, wie in Aegypten, vielen hellenistischen Staaten, der spätgriechischen Polis, dem spätkaiserlichen Weltreiche. Allein die Verschiedenheit der Arbeitsverfassungen der letzteren Staatengruppen untereinander zeigt, daß jedenfalls die Militärverfassung allein, als solche, weder für das Maß der Entwicklung der Sklaverei entscheidend war, noch, folglich, den antiken »Kapitalismus« in Maß und Richtung seiner Entfaltung endgültig bestimmte. Dagegen wirkten hier in hohem Grade die allgemeinen politischen Grundlagen des antiken Lebens und besonders die, letztlich von der politischen Verfassung her bestimmte, Art der Staatsverwaltung, speziell der Finanzverwaltung. – Die öffentlichen »Finanzen« in ihrer allmählichen Herausentwicklung aus dem »Oikos« des Stadtfürsten mit seinem thesaurierten Edelmetall-»Hort« sind der älteste und bleiben der größte aller »Wirtschaftsbetriebe«. Sie ersetzen teils die private Kapitalakkumulation, teils sind sie ihre Schrittmacher, teils endlich erdrücken sie sie. 1. Sie »ersetzen« sie: So am vollständigsten der bureaukratisch geleitete Robottapparat der Pharaonen, welcher (ursprünglich) den »Unternehmer« nicht kennt. Aber auch die Finanzierung der großen öffentlichen, an Privatunternehmer vergebenen Bauten der Hellenenstädte, wie sie aus den Bauinschriften sich ergibt, zeigt, vor allem in der regelmäßigen Vorauszahlung des Betriebskapitals an ihn aus der Staatskasse, daß eine private Kapitalakkumulation, welche ausgereicht hätte, um derartig große Beträge aus der Tasche des Kapitalisten selbst vorzuschießen, fehlte, daß die kraft politischer oder sakraler Autorität erhobenen Abgaben hier in die Bresche treten mußten. Hier hatte die Intervention eines privaten Unternehmers im wesentlichen nur den Sinn: Der Stadtstaat, welcher, im Gegensatz gegen die Pharaonenverwaltung, der erforderlichen Baubureaukräfte und (seit der Beseitigung der Bürgerfronden) auch der Zwangsarbeitskräfte entbehrte (mit Ausnahme der für solche Arbeiten nicht ausreichenden und meist anderweit – in den Kanzleien und Registraturen, in den Kassen, in der Münze, gelegentlich beim Wegebau – beschäftigten Staatssklaven), vergab die Organisation jener Bureau- und Arbeitskräfte gegen eine Unternehmerprämie an Private. Was ferner die Steuerverpachtung anlangt, so muß man sich gegenwärtig halten, daß auch sie in sehr vielen Fällen gerade diejenige Funktion des Privatkapitals nicht involviert, welche wir als ihm charakteristisch anzusehen gewohnt sind: die Bevorschussung. Die Steuerpächter zahlen oft ihre Haftsumme erst ein, nachdem sie alle, noch öfter, nachdem sie die entsprechenden Raten der Steuern erhoben haben; ja, wo der Staat Exekutivbeamte besitzt – z.B. in den ptolemäischen Revenue Laws –, erhebt der Pächter sie nicht einmal selbst, sondern der Staat erhebt sie, und die Pächter haften lediglich, nachdem die Naturalabgaben zu Geld gemacht sind, als Garanten für das etwaige Defizit, wie sie am Surplus profitieren. Hier ist der Zweck der »Verpachtung« offenbar nur: die Gewinnung einer festen Bar-Grundlage für das Staatsbudget durch Festlegung des Minimaleinkommens in Geld. Ist dies nun auch erst Produkt der hellenistischen Entwicklung des Steuerpachtwesens und haben die Steuerpächter oft die Pflicht wenigstens teilweiser Vorleistung übernommen, so zeigt doch jener Zustand, daß die oft hohen Pachtsummen nicht einfach auf eine entsprechend hohe private Kapitalakkumulation schließen lassen dürfen. Dagegen ist das Staatspachtsystem, vor allem auf dem Gebiete der Steuerpacht, natürlich ein wichtiges – sicher auch in Hellas eines der allerwichtigsten – Mittel der privaten Kapitalbildung. – 2. Zum bloßen »Schrittmacher« der privaten Kapitalbildung kann die Finanzwirtschaft aber erst da werden, wo ein Stadtstaat, der, als solcher, des eigenen bureaukratischen Mechanismus entbehrte, also den Staatspächter brauchte, als Herrscher über Domänen und über den Boden und die Tribute riesiger eroberter und unterworfener Gebiete verfügte. Dies war im Altertum in Rom in der republikanischen Zeit der Fall. Hier entwickelte sich daher, zweifellos von Anfang an im wesentlichen aus der Staatspächterschaft, eine mächtige Klasse privater Kapitalisten, welche in der Zeit des 2. punischen Krieges – der Zeitpunkt ist charakteristisch genug – den Staat nach Art moderner Banken als Geldgeber stützen, dafür aber auch schon während des Krieges ihm seine Politik vorschreiben konnte, deren Profitgier dann ein Reformer wie Gracchus, um sie zu gewinnen, Provinzen und Gerichte ausliefern mußte und deren Kampf mit dem Amtsadel, den er als Geldgeber ökonomisch »in der Tasche« hatte, das letzte Jahrhundert der Republik ausfüllt. Die Akme des antiken Kapitalismus war die Folge dieser Konstellation und der eigenartigen innerpolitischen Struktur des römischen Staates. – 3. »Erdrückend« endlich konnte das Finanzwesen antiker Staaten auf verschiedenen Wegen die Entwicklung privater Kapitalien beeinflussen: Zunächst trug die allgemeine politische Basis der antiken Staaten ganz allgemein zur Verstärkung der schon an sich, infolge der Art seiner Zusammensetzung, wie wir sahen, großen Labilität des Kapitalbestandes und der Kapitalneubildung bei. Die Steuerverfassung (Leiturgien der Besitzenden), die ganz rücksichtslos souveräne Verfügung der griechischen Polis, speziell der Demokratie, über das Privatvermögen ihrer Bürger (noch in der hellenistischen Spätzeit z.B. zu Kreditzwecken in einer Art, wie sie das Mittelalter nie gekannt hat: Verpfändung auch alles privaten Grundbesitzes durch die Stadt kommt vor), ferner die Konfiskationsgefahr bei jeder politischen Erschütterung und Parteiumwälzung in allen antiken Gemeinwesen, vollends die nicht seltenen gänzlich willkürlichen Vermögenseinziehungen in den Monarchien (der Boden von »halb Afrika« unter Nero) wirkten alle in der gleichen Richtung. Allein weit entscheidender als diese immerhin mehr akuten Katastrophen, welche einzelne Kapitalien oder den jeweiligen Kapitalbestand eines Gemeinwesens betrafen, war das Maß des Spielraums, den die Verwaltungspraxis dauernd den Profitmöglichkeiten des privaten Kapitals überhaupt und damit der Kapitalbildung gewährte. Dieser Spielraum hat sehr erheblich gewechselt. Er mußte in den antiken Monarchien grundsätzlich enger bemessen sein als in Republiken. Der antike Monarch und sein Staat sind stets Grundherren allergrößten Stils, teils in den Formen des Privatrechts, teils in der Form arbiträrer Herrschaft über unterworfene zinspflichtige Fremdvölkerschaften ohne garantiertes Bodenbesitzrecht. Das gleiche kann nun auch für die antike Polis zutreffen und traf, namentlich, in kolossalem Umfang auf die römische Republik zu. Während aber für die Polis ein solcher Besitz naturgemäß in erster Linie rein ökonomisches Ausbeutungsobjekt der wechselnden Gefolgschaften politischer Stellenjäger, und, natürlich, vor allem der Geldgeber der letzteren, war, und während daher in den Stadtstaaten, speziell Rom, gerade dieser öffentliche Bodenbesitz meist zu den Brutstätten privater kapitalistischer Ausnutzung (Abgabenpachtwucher, Bodenpachtwucher, Sklavenbetrieb, – je nach den Umständen), wurde, – mußte ein Monarch darin anders verfahren. Einerseits betrachtete er die Hintersassen seines Domaniums wesentlich mehr unter politischen Gesichtspunkten: als Stützen seiner dynastischen Machtstellung. Andererseits mußte er, im eigensten Interesse, sichere Renten weit höher einschätzen, als es die von kurzfristig gewählten Beamten geleitete Verwaltung republikanischer Gemeinwesen tat, denen und deren Gefolgsleuten der rasche Augenblicksgewinn im Vordergrund stand. Und es mußte, vor allem, seine Finanzpolitik eine mehr staatswirtschaftliche, politisch orientierte, auf dauernde Ausnutzung, also vorsichtige Schonung, der Leistungsfähigkeit seiner Untertanen gerichtete, sein, gegenüber der an kapitalistischen Privatinteressen orientierten Ausbeutungspolitik der Stadtstaaten. Daher ist nicht nur die Kleinpacht auf den monarchischen Staatsdomänen regelmäßig ganz vorwiegend, Großpacht und Sklavengroßbetrieb dagegen die Ausnahme: – wenn die römischen Kaiser für ihr Familiengut aus pekuniären Gründen die Großpacht vorzogen, so folgten sie doch bezüglich des staatlichen Domaniums der Regel. Sondern die Hauptsache ist, daß die »Krone« der Kapitalverwertungsformen: die Steuerpacht, in republikanischen Staaten stets auf dem Sprunge steht, nach Art des mittelalterlichen Genua, den Staat zu einer Entreprise der Staatsgläubigerschaft und Staatspächterschaft zu machen. In den monarchischen Staaten dagegen ist sie stets unter Kontrolle gehalten, oft gänzlich oder nahezu gänzlich verstaatlicht, immer aber eingeengt in ihren Gewinnchancen, und also: ihrer Zeugungskraft für die Bildung von Privatkapitalien beraubt, meist aber direkt in die Bahn einer Kombination von bureaukratischer mit (relativ) kleinbetrieblich finanzierter Monopolverwaltung gedrängt. Dieser Prozeß der Kontrolle, Monopolisierung und Bureaukratisierung, oft direkt der Ausschaltung des privaten Kapitals, schritt in allen großen antiken Monarchien unaufhaltsam fort. Er erfaßte allmählich neben den Steuern und Domänen die Bergwerke, die politisch wichtigen Teile des Handels und der Schiffahrt (namentlich die Getreideversorgung), weiterhin die für den Bedarf des Hofs, der Armee, der Bauten und öffentlichen Arbeiten wichtigen Lieferungen, die Banken (in Form sowohl staatlicher wie kommunaler Monopolbanken, letztere z.B. in den hellenistischen Monarchien und Kommunen für allen Geldwechsel). Während also die Polis nur den, seiner inneren Konstitution nach, labilen Charakter der Privatkapitalien (weniger durch die fast immer vergeblich gebliebene Bekämpfung der Vermögensdifferenzierung im Interesse der Bürgergleichheit, als durch die im Wesen des antiken Parteikampfes und der antiken Kriegführung liegenden stets sich wiederholenden politischökonomischen Katastrophen aller Art) aufs höchste steigerte, dabei aber doch das stete Neuaufflammen der Kapitalbildung und des kapitalistischen Verwertungsstrebens bestehen ließ, – hungerte diese bureaukratische »Ordnung« der monarchischen Staatswirtschaft gerade die größten Privatkapitalien langsam aus, indem sie die wichtigsten Quellen des Profites verstopfte. Und wo dann, im Gebiete geschlossener Monarchien, einerseits die dem Altertum wie dem Mittelalter urwüchsige Ausbeutung des Landes durch die Stadt, und andererseits die expansiven Boden- und Menschenraubkriege ins Stocken gerieten, da mangelte auch die für die Expansion der kapitalistisch nutzbaren Sklavenarbeit unentbehrliche Ueberschwemmung der Sklavenmärkte mit billiger Menschenware und das kapitalistisch exploitierbare Neuland. Mit dem durch alles dies herbeigeführten Stagnieren und Abschwellen des Kapitalbildungsprozesses ging dann regelmäßig die (neuerdings namentlich von Rostowzew sehr zutreffend gekennzeichnete) Tendenz der Sicherung der staatlichen Bedürfnisse durch stete Differenzierung und Erweiterung des Kreises der für die öffentlichen Leistungen mit ihrem Besitz oder ihrer persönlichen Qualifikation Bürgenden und dadurch an ihre soziale Funktion und ihren Besitz verwaltungsrechtlich Gebundenen Hand in Hand, um schließlich jene Universalherrschaft der Leiturgien und munera, die Vernichtung alles dessen, was man in den »klassischen« Zeiten des Altertums »Freiheit« genannt hatte, herbeizuführen, die für die sog. »Verfallszeiten« antiker Staaten charakteristisch ist. Die, für die Masse der Untertanen, so wohltätige Ordnung der Monarchie war eben der Tod der kapitalistischen Entwicklung und alles dessen, was auf ihr ruhte. Die Sklaverei als Trägerin kapitalistischen Erwerbes tritt dann weit zurück, die Neubildung privater mobiler Kapitalvermögen erlischt, da der Stimulus der Verwertungschancen unter das, bei der Konstitution des antiken Kapitals, unerläßliche Minimum sinkt, reglementierte und verwaltungsrechtlich gebundene, aber der privatrechtlichen Form nach »freie«, Arbeit tritt in den Vordergrund der ökonomischen Struktur. Wo überdies die Monarchie theokratischen