Selbstgesteuertes Lernen in der betrieblichen Ausbildung. Die Bosch Rexroth AG - Franz Melf - E-Book

Selbstgesteuertes Lernen in der betrieblichen Ausbildung. Die Bosch Rexroth AG E-Book

Franz Melf

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Beschreibung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Didaktik - BWL, Wirtschaftspädagogik, Note: 1,3, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Neben der Definition des Begriffes ‚Selbstgesteuertes Lernen‘ sowie deren Merkmale und Begründung befasst sich der Autor im Theorieteil mit den Bedingungen hierfür wie die Voraussetzungen beim Lernenden, bei den Lehrenden und der Lernumwelt. Desweiteren betrachtet er die Möglichkeiten und Grenzen des selbstgesteuerten Lernens und diskutiert die didaktische Interpretation, gefolgt vom konnstruktivistischen Lehr-/Lernverständnis und dem Zusammenhang von selbstgesteuertem Lernen und Konstruktivismus. Im praktischen Teil werden verschiedene Selbstlernmethoden (Leittextmethode, Projektmethode Lerninsel, Planspiel, Rollenspiel, Lernvertrag, Computerbasiertes Training, Lernquellenpool, Lerntagebuch, Lernkonferenz) vorgestellt und ihre Anwendbarkeit in der betrieblichen Ausbildung am Beispiel der Bosch Rexroth AG veranschaulicht. Der Autor geht darauf ein, dass dabei verschiedene Rollen (Unternehmen Ausbilder, Azubi) und prüft die Sicherstellung der Lernerfolge. Zuletzt wägt er ab und gibt ein Empfehlung ab.

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Veröffentlichungsjahr: 2006

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Inhaltsverzeichnis
4a. Voraussetzungen beim Lernenden
4b. Voraussetzungen bei den Lehrenden.
4c. Voraussetzung der Lernumwelt.
2a. Leittextmethode
2b. Projektmethode.
2c. Lerninsel
2d. Planspiel
2e. Rollenspiel
3a. Lernvertrag
3b. Computerbasiertes Training
3c. Lernquellenpool.
3d. Lerntagebuch
3e. Lernkonferenz.
4a. Rolle des Unternehmens.
4b. Rolle der Ausbilder.
4c. Rolle der Auszubildenden

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Exemplarische Veranschaulichung am Beispiel der Bosch Rexroth AG

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A) Hinführung (Begründung der Themenwahl, Ziele der Diplomarbeit)

Beginnen möchte ich mit einer Sammlung von Zitaten, die zur Begründung der Themenwahl dienen sollen. So ist oft sinngemäß in der wirtschaftspädagogischen Fachliteratur zu lesen: „Wir befinden uns heute inmitten eines gesellschaftlichen Umwandlungsprozesses von einer Industriegesellschaft hin zu einer

Informationsgesellschaft. Dies hat dramatische Auswirkungen auf die Anforderungen seitens des Arbeitsmarktes und der Gesellschaft an die allgemeine und berufliche Aus- und Weiterbildung. Wissenserwerb im Sinne von konstruktiver Informationssuche, -aufnahme und -verarbeitung erfährt durch die Informationsexplosion sowohl hinsichtlich der Vorbereitung zukünftiger Generationen als auch der Unterstützung der Anpassung heutiger Generationen eine sich immer schneller verändernde Umwelt“1. Weiter heißt es in demselben Aufsatz von SEMBILL und seinen Mitarbeitern2: „Die Konfrontation mit einer komplexen und dynamischen Umwelt verlangt einen verbesserten Umgang mit Komplexität zur Bewältigung zukünftiger Lebenssituationen. Als zentrale (Schlüssel-) Qualifikation kommt hier insbesondere die komplexe Problemlösefähigkeit als Vorausaussetzung bzw. Implikation von Handlungskompetenz aller Individuen in Frage. Der Entwicklung von Lehr-Lern-Arrangements und Lernumgebungen, die in der Lage sind, komplexe Problemlösefähigkeit zu fördern, kommt daher eine besondere Bedeutung zu“3.

In allen Sektoren von Wirtschaft und Gesellschaft vollzieht sich derzeit ein Wandel, der dazu führt, dass zunehmend neue Anforderungen (vgl. Abb.1) an Personen gestellt werden, die ein Produkt herstellen oder eine Dienstleistung erbringen. Beispielsweise sinkt die Bedeutung vom rein mechanischen Handwerk oder einfachen Tätigkeiten in der Verwaltung zu Gunsten von intellektuell anspruchsvollerer Beschäftigung wie

1Detlef Sembill, Karsten D. Wolf, Eveline Wuttke, Ina Santjer und Lutz Schumacher, „Prozeßanalyen Selbstorganisierten Lernens“, in: Klaus Beck und Rolf Dubs (Hrsg.),Kompetenzentwicklung in der Berufserziehung: kognitive, motivationale und moralische Dimensionen kaufmännischer Qualifizierungsprozesse(Stuttgart: Steiner, 1998) 57; Vgl. Heinz Mandl und Hans Spada (Hrsg.),Wissenspsychologie(München: Psychologie Verlags Union, 1988).

2Der Einfachheit halber wird in dieser Arbeit die männliche Form verwendet und schließt die weibliche Bezeichnung mit ein.

3Sembill/Wolf/Wuttke/Santjer/Schumacher, „Prozeßanalyen Selbstorganisierten Lernens“, 57.

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Überwachung, Programmanwendung oder Fehlersuche.4Neue Situationen sollen dabei selbständig bewältigt werden können, was neben einer fundierten Fachwissensbasis auch einer Verfügbarkeit verschiedener Strategien bedarf.5Im Umgang mit neuen Informationsprogrammen zeigt sich, dass etwa die Aneignung betriebsspezifischer Programme zwar ein wichtiger Bereich der Berufsausbildung ist, wegen der Vielfalt der verwendeten Software und ihrer ständigen Weiterentwicklung jedoch die Fähigkeit zu einer raschen und selbständigen Erfassung, Veränderung und Optimierung des Einsatzes von jeweils spezifischen Computerprogrammen (z. B. zur Textverarbeitung) ein wichtiges Ziel der Ausbildung darstellt.

Abb. 1: Kompetenzwandel in Berufen

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Rudolf Fink,Prozessorientierung in der PETRAplus. Erweiterung des PETRA-Konzeptes zur Projekt- und Ausbildung mit

Transferorientierten Ausbildung um die Prozessorientierung und die Ausbildung als Teil eines lernenden Unternehmens,Hrsg., Siemens Professional Education (Erlangen: Publicis Corporate Publishing, 2003) 11.

Daher ist es ratsam, traditionelle Ausbildungsformen zu erweitern, wobei insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten zu selbstgesteuertem Lernen im Mittelpunkt steht, die neben der inhaltlichen sowie der sozialen vor allem die Methodenkompetenz umfasst und dadurch zur beruflichen Handlungskompetenz verschmelzen kann (vgl. Abb.2). Lernende sollten in die Lage versetzt werden, ihr Lernen alleine oder in Kooperation mit anderen

4Vgl. Rolf Arnold,Berufspädagogik. Lehren und Lernen in der beruflichen Bildung(Aarau: Verlag für Berufsbildung, 1990).

5Dubs,Kaufmännische Berufsausbildung für die Zukunft(St. Gallen: Institut für Wirtschaftspädagogik, 1989).

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Lernern zu planen, zu organisieren, umzusetzen, zu kontrollieren und zu bewerten.6Hierzu bedarf es jedoch eines ausreichenden Verständnisses für die Bedingungen des Einsatzes derartiger Lehr- und Lernformen (siehe I.4.).

Die einstigen Ausbildungsordnungen auf Basis des Berufsbildungsgesetzes7von 1969 haben zu einer immer ausgeprägteren Trennung von Fertigkeiten einerseits und Kenntnissen andererseits geführt, weshalb es nur allzu oft zu Missverständnissen in der Auslegung des Ausbildungsrahmenplanes kam. Die Spitzenverbände der Wirtschaft stimmten sich darüber ab, dass unter Qualifikation mehr zu verstehen sei, als die bloße Addition von fundierten Fertigkeiten und gründlichen Kenntnissen: „Sie enthält als Ausbildungsziel auch personale Fähigkeiten und Kompetenzen wie selbständiges Handeln, Verantwortungsbereitschaft, Kooperationsfähigkeit.“8In den Ausbildungsordnungen ist dieser Konsens nun vorgesehen: „Die neugeordnete Berufsausbildung wird darauf abzielen, fachliche (sachliche) methodische Kompetenzen sowie personale und soziale Kompetenzen zu vermitteln. Die Vermittlung dieser Kompetenzen zielt auf eine berufliche Handlungsfähigkeit im Sinne selbständigen Planens, Durchführens und Kontrollierens hin. Damit soll insbesondere die Fähigkeit, berufliche Aufgaben eigenständig zu lösen, gefördert werden."9Im Wortlaut eines Gesetzes heißt es erstmalig in §3 Abs.4 der Verordnung über die Berufsausbildung in den industriellen Metall- und Elektroberufen vom 15. Januar 1987: „Die in dieser Rechtsordnung genannten Fertigkeiten und Kenntnisse sollen so vermittelt werden, dass der Auszubildende im Sinne des §1 Abs.2 des

6Vgl. Dubs, „Selbständiges (eigenständiges oder selbstgeleitetes) Lernen: Liegt darin die Zukunft?“, in:Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik,89, 2, 1993, 113-117.

7Berufsbildungsgesetz vom 14. August 1969, in:Bundesgesetzblatt.Jahrgang 1969 I, 1112, zuletzt geändert durch Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, in:Bundesgesetzblatt.Jahrgang 2003, I, 2954; Siehe auchBundesministerium für Bildung und Forschung[Online], URL: http://www.bmbf.de/pub/berufsbildungsgesetz.pdf [22. Januar 2005].

8Deutscher Industrie- und Handelstag (Hrsg.),Die neuen Metall- und Elektroberufe.Beiträge zur Gesellschafts- und Bildungspolitik, 121 (Köln: Dt. Inst.-Verl., 1986) 11.

9Grundsätze zur Neuordnung der bürowirtschaftlichen Ausbildungsberufe vom Mai 1988, vgl. VLW, 1990; Zitiert nach: Franz-Josef Kaiser und Hans Kaminski,Methodik des Ökonomie-Unterrichts: Grundlagen eines handlungsorientierten Lernkonzepts(Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 1999) 29; Vgl. Karlwilhelm Stratmann und Manfred Schlösser,Das duale System der Berufsbildung: eine historische Analyse seiner Reformdebatten; Gutachten für die Enquete-Kommission ‚Zukünftige Bildungspolitik - Bildung 2000‘ des Deutschen Bundestages(Frankfurt am Main: Gesellschaft zur Förderung arbeitsorientierter Forschung und Bildung, 1990) 278.

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Berufsbildungsgesetzes zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit befähigt wird, die insbesondere selbständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren einschließt“10. Die Auszubildenden sollen laut ARNOLD/KRÄMER-STÜRZL „nicht nur über fachliche Kenntnisse und Qualifikationen verfügen, sondern diese auch selbständig anwenden können“11. In der Berufspädagogik wird daher auch von einer ‚erweiterten Qualifizierung‘ gesprochen, einer Qualifizierung also, die über die bloße Vermittlung von fachlichem Wissen und Können hinausreicht.

Abb. 2: Modell der Handlungskompetenz

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fink,Prozessorientierung in der Ausbildung mit PETRAplus, 28.

Ziel der Berufsausbildung ist nach KAISER/KAMINSKI die berufliche Handlungskompetenz, die aus Fach-, Sozial-, Methoden- und Lernkompetenz besteht (siehe Abb.2).12Ihnen zufolge verdeutlicht insbesondere die Zielsetzung, dass der Auszubildende zu selbständigem Planen, Durchführen und Kontrollieren befähigt werden soll, dass in den Ausbildungsordnungen endlich an das angeknüpft wird, was seit längerem explizit in der Industrie- und Betriebssoziologie sowie der Wirtschaftspädagogik unter den Stichwörter extrafunktionale Fertigkeiten, überfachliche Qualifikationen bzw. Schlüsselqualifikationen

10Zitiert nach: Arnold und Antje Krämer-Stürzl,Berufs- und Arbeitspädagogik: Leitfaden der Ausbildungspraxis in Produktions- und Dienstleistungsberufen(Berlin: Cornelsen Girardet, 1999) 225; Siehe auch Bernd Ott,Ganzheitliche Berufsbildung: Theorie und Praxis handlungsorientierter Techniklehre in Schule und Betrieb(Stuttgart: Steiner, 1995) 170f.

11Ibid.

12Kaiser/Kaminski,Methodik des Ökonomie-Unterrichts,30.

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(vgl. Abb.1) diskutiert wird.13Dabei verweisen sie auf eine Dokumentation von REETZ/REITMANN aus dem Jahr 1990.14Bei der Frage, was die betriebliche Berufsausbildung zu leisten habe, „um Auszubildende sowohl für den Betriebs- und Branchenwechsel als auch für die Bewältigung neuer technologischer und arbeitsprozessualer Anforderungen sowie zur Fort- und Weiterbildung zu befähigen, haben sich Sachverständige und Verordnungsgeber unter den Schlüsselqualifikationen für die ‚Selbständigkeit‘ entschieden und festgelegt, daß [sic!] diese nicht unabhängig von den fachlichen Fertigkeiten und Kenntnissen zu vermitteln und in Prüfungen nachzuweisen ist“15. Verschiedene Modellversuche in Kooperation mit Großunternehmen haben gezeigt, dass sich selbstgesteuerte Lernmethoden sehr wohl für den Einsatz in der betrieblichen Ausbildung bewähren.16Grundsätzlich ist ein Abbau der traditionellen Fremdsteuerung und -kontrolle im Ausbildungsprozess zugunsten mehr vom Auszubildenden selbst gesteuerter und kontrollierter Lernprozesse zu erkennen.17Auch andere Autoren erkennen, „dass angesichts der rapiden und kaum vorhersehbaren Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Beruf neue Qualifikationsprofile angestrebt werden müssen“18. Der Erwerb berufsspezifischer Kompetenzen allein reiche nicht mehr aus, so der Kanon, denn langfristiger beruflicher Erfolg hänge künftig verstärkt von der Adaptionsbereitschaft an sich verändernde berufliche Anforderungsstrukturen ab. Daher stelle die Entwicklung einer auf Selbstbestimmung beruhenden Aus- und Weiterbildungsmotivation zunehmend ein wichtiges Kriterium für erfolgreiche Ausbildung dar.

ARNOLD/SCHÜßLER sehen in der beruflichen Qualifizierung zwar nach wie vor die Notwendigkeit von Fachkenntnissen, doch laut ihrer Meinung wird die vielerorts früher übliche tiefgehende fachliche Spezialisierung nicht mehr erwartet: „Zunehmend hat man

13Siehe auch Stratmann/Schlösser,Das duale System der Berufsbildung,279; Siehe auch Ott,Ganzheitliche Berufsbildung,171ff.

14Lothar Reetz und Thomas Reitmann (Hrsg.),Schlüsselqualifikationen: Fachwissen in der Krise? Dokumentation eines Symposiums in Hamburg(Hamburg: Feldhaus, 1990).

15Stratmann/Schlösser,Das duale System der Berufsbildung,280.

16Siehe Brigitte Schmidt-Hackenberg, Ingrid Höpke, Ilse G. Lemke, Klaus Pampus und Dietrich Weissker,Neue Ausbildungsmethoden in der betrieblichen Berufsausbildung: Ergebnisse aus Modellversuchen(Berlin: Bundesinstitut für Berufsbildung, 1990); Vgl. Karl-Heinz Sommer (Hrsg.),Betriebspädagogik in Theorie und Praxis. Festschrift - Wolfgang Fix zum 70. Geburtstag(Esslingen: DEUGRO, 1990).

17Stratmann/Schlösser,Das duale System der Berufsbildung,282f.

18Doris Lewalter, Andreas Krapp, Inge Schreyer und Klaus-Peter Wild, „Die Bedeutsamkeit des Erlebens von Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit für die Entwicklung berufsspezifischer Interessen. Befunde einer Interviewstudie“, in: Beck/Dubs,Kompetenzentwicklung in der Berufserziehung,143.

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nämlich erkannt, daß [sic!] gerade Detail- und Spezialkenntnisse heute immer leichter von Computern bzw. Expertensystemen abgerufen werden können. Und die Lösung kompliziertester beruflicher Probleme wird heute bereits immer häufiger von automatischen Steuerungssystemen übernommen, während der Mensch selbst aus dem unmittelbaren Bearbeitungsprozeß [sic!] heraustritt und vielmehr planerische, vorbereitende, überwachende und korrigierende bzw. koordinierende Funktionen übernimmt.“19

Es gehe darum, die Lernenden heute zu wandlungsbereiten und wandlungsfähigen Subjekten zu entwickeln, welche über selbstschärfende Qualifikationen verfügen, d.h. über Qualifikationen, die sie in die Lage versetzen, sich dann notwendige Inhaltskenntnisse und Fachkompetenz anzueignen, wenn diese aufgrund der beruflichen und gesellschaftlichen Lebenssituationen erforderlich werden. Daneben werde es in unserer

Informationsgesellschaft immer wichtiger, so ARNOLD/SCHÜßLER, die riesigen Mengen an Informationen, die auf den einzelnen [sic!] einströmen, sinnvoll zu verarbeiten und vernünftig mit den Informationsmedien umzugehen.20

Die Autoren fahren fort: „Wird Lernen als Konstruktion und Aneignung durch die Lernenden verstanden, muß [sic!] der pädagogische Professionalitätsblickwinkel auf über-und außerfachliche Dimensionen erweitert werden“21. Wenn sich Lernende „neue Erkenntnisse, Sichtweisen und Erfahrungen vor dem Hintergrund ihrer biographisch erworbenen Deutungsmuster und im Kontext ihrer eigenen Lernprojekte aneignen, ergibt sich eine zwingende Notwendigkeit für die professionell Lehrenden, Bedingungen für die Selbstorganisation der Lehrenden zu schaffen und Prozesse der selbsttätigen und selbständigen Wissenserschließung zu ermöglichen“22. Neben PÄTZOLD nehmen sie ferner Bezug auf DUBS, demzufolge sich die veränderten Aspekte der Lehr-Lernprozesse in traditionellen und innovativen Lernkulturen widerspiegeln, in denen Lernende ihre Lernprozesse selbständig steuern können und nicht mehr hauptsächlich nur Empfänger von Lernprodukten sind.

19Arnold und Ingeborg Schüßler,Wandel der Lernkulturen: Ideen und Bausteine für ein lebendiges Lernen(Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1998) 1.

20Ibid., 2.

21Ibid., 79.

22Günter Pätzold, zitiert nach: Arnold/Schüßler,Wandel der Lernkulturen,79.

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Kurz gefasst bringen es KRAPP/WEIDENMANN auf den Punkt: „Die Fähigkeit, selbstgesteuert zu lernen, wird angesichts der raschen Veränderung von Wissensbeständen zu einer Schlüsselqualifikation in der Informationsgesellschaft“23. Zwischenzeitlich wurden die Ausbildungsordnungen erneut modifiziert und neue Ausbildungsberufe (z.B. Mechatroniker24) geschaffen. Das bisherige Stufenmodell von Grundbildung mit jeweils darauf folgender berufsübergreifender, berufsspezifischer und fachrichtungsspezifischer Fachbildung ist aufgehoben bzw. sind die Stufen miteinander verschmolzen, denn nun findet von Anfang an eine integrierte Vermittlung von gemeinsamer Kernqualifikation (in abnehmendem Maße) und berufspezifischer Fachqualifikation (in zunehmendem Maße) statt.25Die Unterscheidung nach Fachrichtungen fällt weg und Auszubildende spezialisieren sich dafür in betrieblichen Einsatzgebieten.26Die Befähigung zu selbständigem Planen, Durchführen und Kontrollieren als Zielsetzung der Berufsausbildung ist durch eine neu verankerte Prozessorientierung mit dem Ausbildungsziel „Handeln im betrieblichen

Geschäftszusammenhang“27erweitert worden. Explizit ist ferner zu lesen: „Im Rahmen der berufsspezifischen Fachqualifikationen ist die berufliche Handlungskompetenz durch Qualifikationen zu erweitern und zu vertiefen, die im jeweiligen Geschäftsprozess zur ganzheitlichen Durchführung komplexer Aufgaben befähigt“28. Selbstgesteuert lernen zu können ist eine Schlüsselqualifikation und gehört zur geforderten Berufsreife (vgl. Abb.1 und 2), weshalb ich darauf im Folgenden vertiefend eingehen werde.

23Krapp und Bernd Weidenmann, „Entwicklungsförderliche Gestaltung von Lernprozessen - Beiträge der Pädagogischen Psychologie“, in: Karlheinz Sonntag (Hrsg.),Personalentwicklung in Organisationen(Göttingen, Hogrefe, 1992) 63-82.

24Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Beruf und Karriere. Ausbildungsberufe. Mechatroniker[Online], URL: http://www.bmwa.bund.de/Navigation/Beruf-und-

Karriere/ausbildungsberufe,did=13158.html [22. Januar 2005]; Siehe auchBundesinstitut für Berufsbildung. Ausbildungsberuf Mechatroniker/-in, IH[Online], [12. August 2004], URL: http://www2.bibb.de/tools/aab/aab_start.php [22. Januar 2005].

25Verordnung über die Berufsausbildung in den industriellen Elektroberufen vom 3. Juli 2004, §3 Abs.3, in:Bundesgesetzblatt.Jahrgang 2003, I, 31 (Bonn: 11. Juli 2003) 1144; Siehe auchBundesinstitut für Berufsbildung. Neuordnung von Berufen. Portal Elektroberufe - Download[Online], [12. August 2004], URL: www.bibb.de/dokumente/doc/bundesgesetzblatt/doc [22. Januar 2005], 3; Siehe auchBundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Beruf und Karriere. Ausbildungsberufe. Elektrotechnik und elektronische Anlagen[Online], URL: http://www.bmwa.bund.de/Redaktion/Inhalte/Pdf/ao-industrielleelektroberufe,property=pdf.pdf [22. Januar 2005], 1. Vgl. Thomas Schmitz-Mertens und Franz Schropp,Industrielle Metallberufe. Tipps für Ausbilder und Betriebe,(Bonn: DIHK - Gesellschaft für berufliche Bildung - Organisation zur Förderung der IHK-Weiterbildung mbH, 2004) 3ff.

26Ibid., 3.

27Verordnung über die Berufsausbildung in den industriellen Elektroberufen vom 3. Juli 2004, §3 Abs.1.

28Ibid., Abs.4.

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Die Bezeichnung der vorliegenden Diplomarbeit ist mit der Bosch Rexroth AG (siehe II.1) in Person von Andreas Fröhlich (Leiter der kaufmännischen Ausbildung und der Weiterbildung) sowie mit meinem akademischen Betreuer, Prof. Dr. Josef Aff, abgestimmt worden. Die Arbeit zielt auf eine Interpretation von selbstgesteuertem Lernen für die betriebliche Ausbildung, angepasst an die Anforderungen von Bosch Rexroth. Mir wurde der Auftrag erteilt, ausgewählte Elemente des individuellen selbstgesteuerten Lernens auf die praktische Tauglichkeit für ihr Ausbildungszentrum (siehe II.1) zu prüfen. Daraus ergeben sich verschiedene theoretische Fragestellungen, die ich im ersten Teil erörtern möchte. So ist eingangs zu klären, was genau unter selbstgesteuertem Lernen zu verstehen sei (siehe I.1.), denn in der Literatur finden sich hierzu vielfältigste Definitionsbemühungen. Der zweite Punkt legt deren Merkmale fest, gefolgt von Argumenten der Befürwortung. Bei den Bedingungen für selbstgesteuertes Lernen unterteile ich in die Voraussetzungen beim Lernenden, bei den Lehrenden und der Lernumwelt, um die Annahmen für jeden einzelnen Bereich theoretisch zu determinieren. Anschließend gehe ich der Frage nach, über welche Möglichkeiten und Grenzen des selbstgesteuerten Lernens in der Literatur geschrieben wurde. Dem folgt die didaktische Interpretation des zu untersuchenden Begriffes. Im siebten Punkt stelle ich das zugrunde gelegte Lehr-/Lernverständnis des Konstruktivismus dar, um am Ende des Theorieteils den Zusammenhang mit dem selbstgesteuerten Lernen noch gründlicher herstellen zu können. Die praktische Umsetzung will ich im II. Abschnitt des Hauptteils exemplarisch am Beispiel der Bosch Rexroth AG veranschaulichen. Als Erstes stelle ich das Unternehmen und ihr Ausbildungszentrum kurz dar. Ihre Ausbilder wenden bereits etliche Methoden selbstgesteuerten Lernens an, worauf ich in 2. eingehe. Weitere ausgewählte Elemente betrachte ich daran angehängt, gehe auf Autorenbeiträge hierzu ein und prüfe die Anwendbarkeit in der betrieblichen Ausbildung. Insbesondere das individuelle selbstgesteuerte Lernen soll im Unternehmen durch Hilfsmittel zur Reflexion gefördert werden, was allerdings der Einhaltung entsprechender Rahmenbedingungen (siehe 4a.) und Kompetenzen (siehe 4b. und 4c.) bedarf. Basierend auf den theoretischen Annahmen über die Voraussetzungen (siehe I.4.) verteile ich die Rollen der betrieblichen Ausbildungsakteure (siehe 4.), damit ihnen zielgerichtetes Handeln durch Festlegung des Aufgabenbereichs innerhalb des selbstgesteuerten Lernens erleichtert wird. Zu Ende bringen möchte ich die praktische Abhandlung mit der Darstellung von passenden Lernerfolgskontrollen, ehe am Schluss mein Fazit kritisch abwägt, ob die Bosch Rexroth

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AG weitere Elemente des selbstgesteuerten Lernens in ihrer Berufsausbildung einsetzen sollte.

Das Produkt dieser Diplomarbeit lässt sich umschreiben mit einer Ansammlung von Maßnahmen, Arrangements und Hilfsmitteln, welche selbstgesteuertes Lernen beeinflussen, einer Ist-Analyse bestehender Maßnahmen von selbstgesteuertem Lernen als Ausgangslage der Ausbildung bei Bosch Rexroth, einer Zusammenstellung der geforderten Kompetenzen der Ausbildenden und Auszubildenden sowie mit Vorschlägen zur Gestaltung der Umsetzung von selbstgesteuertem Lernen in der betrieblichen Ausbildung, basierend auf den Erwartungen und Vorgaben von Bosch Rexroth. Durch die wissenschaftliche Untersuchung kann sich die Ausbildung der Bosch Rexroth AG didaktisch positionieren und so ihre Bildungstätigkeit entsprechend planen und umsetzen. Rahmenbedingungen und Vorgaben erfahren dadurch eine Anpassung bzw. können als Grundlagen eines geeigneten Bildungsarrangements gestaltet werden. In vielen Gesprächen mit Ausbildern und Auszubildenden wurden für die vorliegende Arbeit Informationen gesammelt, die oftmals mit in meine Ideen geflossen sind. An der Stelle meinen herzlichen Dank hierfür, den ich auf alle Beteiligten ausweite, die an dieser Diplomarbeit insofern mitgewirkt haben, als sie mich angefangen von motivierenden Worten bis hin zu Ratschlägen in meinen Bemühen gestärkt haben.

B) Ausarbeitung

I.Theorie

1. Definition des Begriffes ‚Selbstgesteuertes Lernen‘

In der Literatur gibt es vielfältige Definitionsversuche des Begriffes, die sich hinsichtlich der Betonung unterschiedlicher Akzentuierungen, Variablen, Zielgruppen und Menschenbilder unterscheiden.29Es ist jeweils zu berücksichtigen, wer eine Definition, wann und vor welchem theoretischen Hintergrund verfasst hat und welche persönlichen Erkenntnisinteressen die Autoren verfolgen. Ansätze aus der Pädagogik und der Psychologie verwenden den Begriff in unterschiedlichen Kontexten. Selbststeuerung an

29Helmut F. Friedrich und Mandl, „Analyse und Förderung selbstgesteuerten Lernens“, in: Franz E. Weinert und Mandl (Hrsg.),Psychologie der Erwachsenenbildung. Enzyklopädie der Psychologie, D, I, 4(Göttingen: Hogrefe, 1997) 240f; Siehe auch Susanne Kraft, „Selbstgesteuertes Lernen. Problembereiche in Theorie und Praxis“, in:Zeitschrift für Pädagogik,45, 6, 1999, 834.

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sich liegt vor, wenn das Verhalten absichtlich und bewusst auf ein Ziel ausgerichtet ist oder es verändern will.30Den Gegenpol hierzu bildet die Fremdsteuerung, wobei es sich um die Extremwerte eines Kontinuums handelt, die in der Realität immerzu vermischt vorkommen (vgl. Tab.1).31Fremdgesteuertes Lernen, ob durch Lehrkraft oder Computersoftware, enthält stets auch einen Anteil an Selbststeuerung wie etwa die Konzentration auf die Lernaufgabe (hört man zu oder klinkt man sich aus) oder die Beantwortung von Fragen (Art und Weise, wie man sich mental mit dem Stoff auseinandersetzt). Ohne das Selbst geht es nicht, „denn menschliches Lernen ist zu einem beträchtlichen Teil immer selbstgesteuert“32. REINMANN-ROTHMEIER schreibt entsprechend: „Informationen aufnehmen, verarbeiten, behalten und abrufen, daraus Wissen generieren, anwenden und verändern - all das kann der Lernende grundsätzlich nur selbst bewerkstelligen.“33Und zusammen mit MANDL kommt sie zur Feststellung: „Bei jedem Lernen übernimmt der Lernende Steuerungs- und Kontrollprozesse. Wenn auch das Ausmaß eigener Steuerung und Kontrolle je nach Lernsituation variiert, ist doch kein Lernen ohne jeglicheSelbststeuerungdenkbar“34. Der Nürnberger Trichter zum Einflößen von Wissen ist ein Ammenmärchen. „Lernen im engeren Sinne, d.h. die mentale Verarbeitung neuer Information, ist immer in der Verantwortung des lernenden Subjekts.“35Andererseits ist selbstgesteuertes Lernen schon allein durch die Darstellung des Wissensgebietes abhängig vom jeweiligen Autor und somit zu einem gewissen Teil immer fremdgesteuert. Der Außenstehende kann oft nicht feststellen, ob selbst- oder fremdgesteuertes Lernen stattfindet, denn nur die lernende Person selbst vermag zu beurteilen, inwieweit Lerntätigkeiten als selbstbestimmt erlebt werden.36Trotzdem ist

30Rita Stebler,Eigenständiges Problemlösen(Bern: Lang, 1999) 108.

31P. Robert-Jan Simons, „Lernen, selbständig zu lernen - ein Rahmenmodell“, in: Mandl/Friedrich (Hrsg.),Lern- und Denkstrategien. Analyse und Intervention(Göttingen: Hogrefe, 1992) 251; Siehe auch Kaiser/Kaminski,Methodik des Ökonomie-Unterrichts,76.

32Jochen Grell und Waldemar Pallasch, „Selbstgesteuertes Lernen in einer Kultur der Fremdsteuerung“, in: Heinz Neber, Angelika V. Wagner und Wolfgang Einsiedler (Hrsg.),Selbstgesteuertes Lernen. Psychologische und pädagogische Aspekte eines handlungsorientierten Lernens(Weinheim: Beltz, 1978) 89.

33Gabi Reinmann-Rothmeier, „Vom selbstgesteuerten zum selbstbestimmten Lernen“, in:Pädagogik,5, 2003, 11.

34Reinmann-Rothmeier/Mandl,Lernen in Unternehmen: Von einer gemeinsamen Vision zu einer effektiven Förderung des Lernens.Forschungsbericht, 80 (München: Ludwig-Maximilians-Universität, Institut für Pädagogische Psychologie und Empirische Pädagogik, 1997) 8.

35Friedrich, „Selbstgesteuertes Lernen in Aus- und Weiterbildung“, in: Frank Höfer,Selbstgesteuertes Lernen: Tagungsband / Pädagogisches Forum 2002(München: Bayerische Verwaltungsschule, 2002) 14.

36Gerald A. Straka,Auf dem Weg zu einer mehrdimensionalen Theorie selbstgesteuerten Lernens.Forschungs- und Praxisberichte der Forschungsgruppe LOS (Lernen, Organisiert und Selbstgesteuert), 1 (Bremen: Universität, 1998) 60.

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unbestreitbar, dass selbstgesteuertes Lernen in mehr oder weniger starker Ausprägung bei allen Lernern und in allen Situationen stattfindet.37DOHMEN bezeichnet das selbstgesteuerte Lernen als „einen realistischen Mittelweg zwischen einem völlig autonomen Lernen und einem engen Geführt- und Eingepaßtwerden [sic!] in vorgegebenen Lernarrangements“38. Er räumt dem Lernenden ein, im Wesentlichen selbst über Ziele, inhaltliche Schwerpunkte und Wege ihres Lernens entscheiden zu können, sei es fremd-oder eigenorganisiert.39Der Autor verweist explizit darauf, dass selbstgesteuertes Lernen mit organisierter Lernunterstützung einhergeht und sich mittels Fremdsteuerung optimieren kann.40

Für NUISSL macht die Diskussion um selbstgesteuertes Lernen ferner deutlich, dass der lernende Mensch in den Mittelpunkt gerückt wird, der mündige Mensch, das Individuum, das sein Leben selbst in die Hand nimmt und selbstbewusst durch Institutionen, Organisationen, Strukturen und Formen hindurch zum gewünschten Ziel kommt.41Er spricht der Definition von DOHMEN nichts ab, betont jedoch bewusster die Entscheidungsfreiheit des Lerners als wichtiges Kriterium. REINMANN-ROTHMEIER/MANDL konstatieren: „Wer selbstgesteuert lernt, plant sein Lernvorhaben in dem Sinne eigenständig, daß [sic!] er sich selbst Ziele setzt und Möglichkeiten überlegt, diese zu erreichen. Selbststeuerung impliziert zudem, die ablaufenden Lernprozesse eigenständig zu steuern und zu überwachen“42. Es sind

37Vgl. Ralph G. Brockett und Roger Hiemstra,Self-direction in adult-learning: Perspectives on theory, research, and practice(New York: Routledge, 1991); P. Robert-Jan Simons, „Lernen, selbständig zu lernen - ein Rahmenmodell“, in: Mandl/Friedrich,Lern- und Denkstrategien,251-264; Beate Schreiber,Selbstreguliertes Lernen. Entwicklung und Evaluation von Trainingsansätzen für Berufstätige(Münster: Waxmann, 1998) 10.

38Günther Dohmen, „Selbstgesteuertes Lernen als Ansatzpunkt für einen notwendigen neuen Aufbruch in der Weiterbildung“, in: Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.),Selbstgesteuertes Lernen.Dokumentation zum KAW-Kongreß vom 4. bis 6. November 1998 in Königswinter (Reinheim: Lokay, 1999) 30.

39Dohmen,Selbstgesteuertes Lebenslanges Lernen.Ergebnisse der Fachtagung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie vom 6.-7.12.1996 (Bonn: Gustav-Stresemann-Institut, 1997) 26.

40Siehe Arnold, Claudia Gómez Tutor und Jutta Kammerer,Selbstlernkompetenzen. Arbeitspapier 1 des Forschungsprojektes „Selbstlernfähigkeit, pädagogische Professionalität und Lernkulturwandel“ (Teilprojekt: Selbstlernkompetenz).Pädagogische Materialien der Universität Kaiserslautern, 12 (Kaiserslautern: Universität, 2001) 14.

41Ekkehard Nuissl, „Selbstgesteuertes Lernen - seine Voraussetzungen und Grenzen“, in: Bundesministerium für Bildung und Forschung,Selbstgesteuertes Lernen,33f.

42Reinmann-Rothmeier/Mandl, „Lernen in Unternehmen“, in: Peter Dehnbostel, Heinz-H. Erbe und Hermann Novak (Hrsg.),Berufliche Bildung im lernenden Unternehmen: zum Zusammenhang von betrieblicher Reorganisation, neuen Lernkonzepten und Persönlichkeitsentwicklung(Berlin: Edition Sigma, 1998) 199.

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unterschiedliche Varianten der Steuerung denkbar, abhängig davon, welche Lernaktivität der Lernende wirklich selbst zeigt (vgl. Tab.1). Allen Definitionsversuchen gemein ist, dem Lerner eine bedeutende Rolle bei den Bestandteilen der Handlungstheorie (Planung, Ausführung und Kontrolle) zuzusprechen. Als wichtige Voraussetzung für die Planung wird die Fähigkeit angesehen, selbständig den eigenen Lernbedarf zu identifizieren, den Ort für das Lernen zu bestimmen und die Zeit dafür einteilen zu können. Die selbständige Auswahl angemessener Lernstrategien und die Durchführung von Lernhandlungen sind bedeutsam für die Zielerreichung innerhalb der Ausführung.43Zusätzlich werden Strategien zur Selbstmotivierung und Aufrechterhaltung des Lernens betont. Dem Lerner wird die Fähigkeit zugeschrieben, die das Lernen auslösenden und aufrechterhaltenden Prozesse beeinflussen zu können.44Dabei gestalten und organisieren Lernende ihren Lernprozess nicht unbedingt selbst, sondern sie entscheiden selbst, was sie wie und wann machen.45Bedeutsam für die anschließende Kontrolle ist die selbständige Reflexion über das eigene Verhalten und die Fähigkeit zum Umgang mit Fehlern, denn darauf basiert die erfolgreiche Anpassung der Lernaktivitäten an die Ziele und den individuellen Lernfortschritt. So definiert Simons die Fähigkeit zu selbständigem Lernen auch schlicht als „das Ausmaß, in dem eine Person fähig ist, ihr eigenes Lernen - ohne Hilfe anderer Instanzen - zu steuern und zu kontrollieren.“46Der lernende Mensch initiiert und organisiert seine eigenen Lernprozesse. Die Zielvorstellung einer Förderung von Selbstbestimmung, Selbsttätigkeit und Selbstverantwortung im Lernprozess ist in vielen Ansätzen vertreten.47

Als einer der Vordenker von ‚self-directed learning‘, der englischen Bezeichnung von selbstgesteuertem Lernen, gilt KNOWLES (neben anderen Ideengebern der amerikanischen Erwachsenenbildung wie HIEMSTRA, LONG und TOUGH)48. KNOWLES beschreibt selbstgesteuertes Lernen als einen Prozess, in dem Lerner die Initiative ergreifen, um mit oder ohne Hilfe anderer ihre Lernbedürfnisse festzustellen, ihre Lernziele zu formulieren,

43Paul R. Pintrich und Elisabeth V. De Groot, „Motivational and self-regulated learning components of classroom academic performance“, in:Journal of Educational Psychology,82, 1990, 33-40.

44Barry J. Zimmerman, „Becoming a self-regulated learner: Which are the key subprocesses?”, in:Contemporary Educational Psychology,11, 1986, 307-313.

45Nuissl, „Selbstgesteuertes Lernen“, 33.

46Simons, „Lernen, selbständig zu lernen“, 251-264.

47Franz G. Deitering,Selbstgesteuertes Lernen(Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie, 1995) 11.

48Siehe Widmung im Buch von Huey B. Long (Hrsg.),Developing Paradigms for Self-Directed Learning(Norman: University of Oklahoma, 1998).