Selbstwirksamkeit stärken - Monika Feichtinger - E-Book

Selbstwirksamkeit stärken E-Book

Monika Feichtinger

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Beschreibung

Wie Coaches Selbstwirksamkeit fördern können Im Coaching geht es unabhängig vom jeweiligen Ziel darum, das Vertrauen der Klient:innen in ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zu fördern, denn Menschen mit einer geringen Selbstwirksamkeitserwartung bleiben oft unter ihren Möglichkeiten. Monika Feichtinger und Miriam Wunder beschreiben in ihrem Buch, wie z. B. emotionale Aufladung von Themen, Fragetechniken oder Modifizierung von Glaubenssätzen dabei helfen, ins Tun zu kommen. Die Autorinnen – Expertinnen auf dem Gebiet der persönlichen Entwicklung – zeigen durch konkrete Übungen, Praxisbeispiele und Tools auf, wie Coaches ihre Klient:innen dabei unterstützen, ihre individuellen Stärken zu erkennen, zu entwickeln und gezielt einzusetzen. Egal, ob es um berufl ichen Erfolg, persönliche Ziele oder den Umgang mit Herausforderungen geht – dieses Buch bietet einen praktischen Leitfaden zur Entfaltung der Selbstwirksamkeit.

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Seitenzahl: 325

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Monika Feichtinger & Miriam WunderSelbstwirksamkeit stärken Wie Coaches ihre Klient:innen befähigen und beflügeln

Über dieses Buch

Wie Coaches Selbstwirksamkeit fördern können 

Im Coaching geht es unabhängig vom jeweiligen Ziel darum, das Vertrauen der Klient:innen in ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zu fördern, denn Menschen mit einer geringen Selbstwirksamkeitserwartung bleiben oft unter ihren Möglichkeiten. Monika Feichtinger und Miriam Wunder beschreiben in ihrem Buch, wie z. B. emotionale Aufladung von Themen, Fragetechniken oder Modifizierung von Glaubenssätzen dabei helfen, ins Tun zu kommen. Die Autorinnen – Expertinnen auf dem Gebiet der persönlichen Entwicklung – zeigen durch konkrete Übungen, Praxisbeispiele und Tools auf, wie Coaches ihre Klient:innen dabei unterstützen, ihre individuellen Stärken zu erkennen, zu entwickeln und gezielt einzusetzen. Egal, ob es um beruflichen Erfolg, persönliche Ziele oder den Umgang mit Herausforderungen geht – dieses Buch bietet einen praktischen Leitfaden zur Entfaltung der Selbstwirksamkeit.

Monika Feichtinger hat soziale Verhaltenswissenschaften studiert und arbeitet seit über 15 Jahren bundesweit als Trainerin, Beraterin und systemischer Coach mit einer Zusatzausbildung zum Emotionscoach.

Miriam Wunder ist ausgebildete Psychodramatikerin und systemischer Coach mit einer Zusatzausbildung als Emotionscoach. Sie arbeitet bundesweit seit über 20 Jahren als selbständige Trainerin.

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2024

Coverfoto: © Man As Thep (https://www.istockphoto.com)

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Wir behalten uns eine Benutzung des Werkes für Text und Data Mining i.S.v. § 44b UrhG vor.

Erscheinungsjahr dieser E-Book-Ausgabe: 2024

ISBN der Printausgabe: 978-3-7495-0593-7

ISBN dieses E-Books: 978-3-7495-0594-4 (EPUB), 978-3-7495-0595-1 (PDF).

Vorwort

Liebe Trainer:innen, Coaches und Berater:innen,

mit großer Freude darf ich euch das vorliegende Fachbuch Selbstwirksamkeit stärken: Wie Coaches ihre Klient:innen befähigen und beflügeln präsentieren.

Da ich die beiden Autorinnen seit über 30 Jahren kenne und ihr berufliches Wirken seitdem begleite und sehr schätze, freut es mich von Herzen, dass sie sich die Zeit genommen haben, dieses Buch zu schreiben und ihr vielfältiges Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben.

Als ehemaliger Rektor der Fachhochschule Aachen mit einer Professur für Personalmanagement, Schwerpunkt Verhaltensmanagement, ist es mir eine besondere Ehre, dieses Werk einzuleiten und einige Gedanken dazu zu teilen.

Selbstwirksamkeit, also die Überzeugung, dass man in der Lage ist, Herausforderungen zu bewältigen und selbst gesteckte Ziele zu erreichen, ist eine zentrale Kompetenz, die nicht nur im persönlichen Leben, sondern auch im beruflichen Kontext von unschätzbarem Wert ist. In einer Welt, die von ständigem Wandel und steigenden Anforderungen geprägt ist, gewinnt die Fähigkeit, selbstwirksam zu agieren, immer mehr an Bedeutung. Auch in meinen Wirkungsfeldern an der Hochschule, in Organisationen und dem privaten Erleben stelle ich immer wieder fest, dass Menschen ihr vorhandenes Potenzial nicht erkennen und sich dadurch im Leben oftmals Chancen entgehen lassen. Die Folge: Frustration nimmt zu und auch auf der körperlichen Ebene zeigen sich Symptome.

Die beiden Trainerinnen Miriam Wunder und Monika Feichtinger sind nicht nur Expertinnen auf dem Gebiet der Selbstwirksamkeit, sondern bringen zugleich eine große Expertise im Feld der Persönlichkeitsentwicklung mit. Auf Grundlage ihres Fachwissens und ihrer langjährigen Praxiserfahrung haben sie einen Leitfaden entwickelt, der Trainer:innen und Coaches dabei unterstützt, ihren eigenen Trainings- und Coachingsansatz zu optimieren und ihren Klient:innen eine konkrete Anleitung und diverse Werkzeuge zur Stärkung der Selbstwirksamkeit zu vermitteln.

Dieses Buch ist nicht nur eine wertvolle Ressource für Trainer:innen und Coaches, sondern auch ein Beitrag zur kontinuierlichen Weiterentwicklung unseres Bildungssektors. Es trägt dazu bei, die Qualität sowie die Wirksamkeit von Coachingsessions zu verbessern und somit die Fähigkeiten und das Selbstvertrauen der Klient:innen zu fördern. Darüber hinaus nimmt das Buch auch Einfluss auf unsere gesellschaftliche Entwicklung. Gerade in einer sehr volatilen Welt braucht es Menschen, die die Dinge mit Zuversicht in die Hand nehmen und Gestalter:innen ihres Lebens sind.

In den folgenden Kapiteln werdet ihr auf eine Reise durch die Welt der Selbstwirksamkeit geführt. Ihr werdet auf fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse stoßen, praxiserprobte Methoden kennenlernen und wertvolle Einblicke in die Arbeit der beiden Autorinnen erhalten. Dieses Buch bietet euch nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch konkrete Anleitungen und Übungen, die ihr in eurer Praxis unmittelbar anwenden könnt.

Ich möchte den Autorinnen für ihre herausragende Arbeit danken und hoffe, dass ihr als Leser:innen genauso von diesem Buch profitieren werdet, wie ich es mir vorstelle.

Mit herzlichen Grüßen

Professor Dr. Bernd P. Pietschmann

Ehem. Rektor der Fachhochschule Aachen – Hochschule für angewandte Wissenschaften

Einleitung

Selbstwirksamkeit ist ein Konzept, das aus unserer Sicht das Fundament für persönliches Wachstum und Erfolg bildet. In der Welt der Coaches ist es von entscheidender Bedeutung, da es die Fähigkeit eines Einzelnen beschreibt, Herausforderungen anzugehen, Probleme zu überwinden und gesteckte Ziele zu erreichen. – Und genau das ist es, was Klient:innen erreichen wollen. Unser Fachbuch richtet sich an Trainer:innen und Coaches, die ihr Verständnis von Selbstwirksamkeit vertiefen und praktische Werkzeuge erlernen möchten, um Klient:innen dabei zu unterstützen, ihr volles Potenzial zu entfalten. Ebenso dürfen sich Psychotherapeut:innen und alle anderen Berufsgruppen angesprochen fühlen, die andere Menschen beim Wachsen und Entfalten begleiten. Unser Buch soll dir1 eine tiefgehende und fundierte Durchdringung des Konzepts der Selbstwirksamkeit ermöglichen und eine Vielzahl von praktischen Übungen, Anleitungen und Tools zur Verfügung stellen, die du unmittelbar anwenden kannst. Aus der Praxis für die Praxis.

Wir stellen dir daher nicht nur theoretische Konzepte vor, sondern liefern auch gut umsetzbare Techniken, mit denen du deine Klient:innen auf ihrem Weg zur Selbstwirksamkeit begleiten und stärken kannst. Von bewährten Coachingtechniken bis hin zu neueren kreativen Übungen haben wir eine Vielzahl von Interventionen gebündelt und durch Fallbeispiele noch greifbarer gemacht. Wir möchten dich dabei unterstützen, deinen Klient:innen die innere Überzeugung zu vermitteln, dass sie schwierige Situationen gut meistern können, und sie zudem zum aktiven Handeln zu motivieren.

Es ist eine große Aufgabe, aber auch ein großer Gewinn, andere dazu zu befähigen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und es nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten.

Unser Ziel ist es, dir mit Spaß und Leichtigkeit nicht nur das „Warum“ der Selbstwirksamkeit nahezubringen, sondern auch das „Wie“.

Wir wünschen dir viel Erfolg und zahlreiche selbstwirksame Klient:innen!

Wegweiser durch das Buch

Im Folgenden wirst du neben den Praxistipps, die konkrete Anregungen für die Arbeit mit deinen Klient:innen bieten sollen, auf folgende Icons stoßen, die dich bestmöglich durch den Text navigieren sollen:

Beispiele aus unserer eigenen Coachingpraxis sollen die Theorie greifbarer und anschaulicher machen.

Verschiedene Arbeitsvorlagen für die Praxis (darunter auch eine Audiodatei) kannst du dir über die Website des Verlags kostenlos herunterladen. Gehe dazu auf die Produktseite zu diesem Buch: https://www.junfermann.de/titel/selbstwirksamkeit-staerken/1791 Scrolle runter zur Mediathek: Dort findest du die Zusatzmaterialien zu diesem Titel.

1 Wir haben uns in diesem Buch für das Du als Anrede entschieden, weil es unter Coaches meistens so gehandhabt wird und eine persönlichere Ebene schafft.

1. Erfolgsfaktor Selbstwirksamkeit

Zahlreiche Studien konnten belegen, dass eine optimistische Kompetenz- bzw. Selbstwirksamkeitserwartung die Voraussetzung dafür darstellt, sowohl kleinere Alltagsprobleme als auch (und vor allem) die Krisen des Lebens gut zu meistern und Ziele mit Kreativität und Ausdauer zu verfolgen (z. B. Weber, 2002). Menschen, die sich als selbstwirksam erleben, sind sogar weniger anfällig für Angststörungen und Depressionen (Ruholl, 2007) und verzeichnen insgesamt mehr Erfolge im Berufsleben. Wir würden sogar so weit gehen, die Selbstwirksamkeitserwartung eines Menschen als den zentralen Hebel für die Initiierung eines bestimmten Verhaltens und für Verhaltensänderungen zu bezeichnen. Grund genug also, sich für ein erfolgreiches Coaching näher mit ihr vertraut zu machen.

Du stellst dir vielleicht die Frage, was Selbstwirksamkeit eigentlich konkret bedeutet und ob bzw. wie du die Arbeit an der Selbstwirksamkeit (stärker) in dein Coaching integrieren kannst. Dazu betrachten wir zunächst den Ursprung des Konzepts und den Begriff der Selbstwirksamkeit (self-efficacy beliefs).

1.1 Das Selbstwirksamkeitskonzept nach Albert Bandura

„Perceived self-efficacy is concerned not with the number of skills you have, but with what you believe you can do with what you have under a variety of circumstances.“

(Bandura, 1997, S. 3)

Das Konzept der Selbstwirksamkeit geht zurück auf den kanadischen Psychologen Albert Bandura (1977). Er definierte Selbstwirksamkeit als das persönliche Zutrauen einer Person in die eigenen Möglichkeiten und Kompetenzen. Im Rahmen der Entwicklung von Selbstwirksamkeit benannte Bandura vier Faktoren (vgl. auch Abb. 1.1), die von Bedeutung sind:

Bewältigungserfahrungen / Erfolgserlebnisse

Nachahmung erfolgreicher Modelle / Vorbilder

Unterstützende Begleitung / Ermutigung durch andere

Emotionale Aufladung

Abbildung 1.1: Die vier Faktoren der Selbstwirksamkeit nach Bandura (1977)

Auf diese wichtigen Eckpfeiler der Selbstwirksamkeit möchten wir im Folgenden näher eingehen und sie auch gleich mit ersten Impulsen aus der Praxis anreichern:

Bewältigungserfahrungen / Erfolgserlebnisse

Das kennst du bestimmt aus deiner Coachingpraxis: Dein:e Klient:in will etwas Bestimmtes erreichen und setzt sich ein Ziel. Das ist gut und schafft einen positiven Anreiz. Nur ist dieses Ziel deutlich zu ambitioniert. Der Rückschlag oder ein Misserfolg sind vorprogrammiert. Das kann dazu führen, dass dein:e Klient:in demotiviert von seinem / ihrem Vorhaben ablässt und aufgibt.

Um dies zu vermeiden, ist es im Coachingprozess wichtig, zügig erste Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. Das Gefühl der positiven Entwicklung schafft eine hohe Motivation, um ein Ziel oder ein Vorhaben weiter zu verfolgen. Erlebt dein:e Klient:in sein / ihr Tun als (selbst-)wirksam, ist das an sich schon ein Erfolg. Daher:

 PRAXISTIPP

Achte bereits bei der Auftragsklärung auf machbare, realistische Ziele. Vereinbare überschaubare Zwischenziele und würdige auch die kleinen Schritte / Erfolge. Sie stärken die Selbstwirksamkeit. Du kannst deine Klient:innen zum Beispiel durch folgende Fragen führen:

Rapport-Schema

Was hast du dir vorgenommen? (Teilziel)

Was hast du bereits erreicht? (Damit lenkst du den Fokus deiner Klient:innen auf das bereits Geschaffte und nicht auf das, was noch nicht gelungen ist.)

Wie bist du vorgegangen? Was war dabei hilfreich? Was hat dich unterstützt?

Und wie geht es weiter – mit welchen Problemen rechnest du? Wie kannst du diesen gut begegnen? Wer oder was kann dir dabei helfen?

Dieses Prinzip lässt sich auf alle Lebensbereiche übertragen. Die Kunst besteht darin, deine Klient:innen zu fordern, ohne sie zu überfordern. Bleiben Erfolge aus, erwächst kein Vertrauen auf die eigene Selbstwirksamkeit, aber ohne Herausforderung gibt es ebenfalls kein Wachstum und keine Entwicklung!

Nachahmung erfolgreicher Modelle / Vorbilder

Ein weiterer Aspekt für die Förderung der Selbstwirksamkeit nach Bandura sind gute Modelle. Wir Menschen orientieren uns an anderen, suchen Vorbilder und lernen von ihnen. Gerade Kinder lernen auf diese Weise sehr viel in den ersten prägenden Lebensjahren. Aber auch Erwachsene und ganze Organisationen entwickeln sich ständig weiter, indem sie sich erfolgreiche Modelle zum Vorbild nehmen.

Nutzt man Modelllernen im Coaching, geht es im Kern darum, zu verstehen, was das Vorbild anders macht, um „erfolgreich“ zu sein, und sich daran in der eigenen Weiterentwicklung zu orientieren.

Grundsätzlich gilt: Nichts und niemand ist unwirksam. Alles, was wir tun (oder nicht tun) und sagen (oder nicht sagen), hat Auswirkungen. Menschen und Situationen können daher immer auch als schlechtes Beispiel dienen und verdeutlichen, wie man es auf keinen Fall machen sollte. Egal ob Sportler:in, Politiker:in, Kind, Erwachsene:r, Unternehmer:in … – überall wird verglichen, um besser zu werden, Fehler zu vermeiden und neue Maßstäbe zu setzen. Wichtig ist nur, dass die Orientierung an anderen der eigenen Verbesserung dient.

 PRAXISTIPP

Suche mit deinen Klient:innen nach passenden Vorbildern zur Orientierung. Lade sie dazu ein, die Fantasie spielen zu lassen. Vorbilder können auch fiktive Figuren, Avatare, Märchenfiguren etc. sein. Kläre im Detail, was genau dein:e Klient:in von diesem Vorbild / den Vorbildern lernen und auf sich übertragen will (welche Verhaltensweisen / Eigenschaften / Charakterzüge etc.)? Bei fiktiven Figuren könnte das z. B. die Zuversicht und der Optimismus von Pipi Langstrumpf sein … Woran würde dein:e Klient:in die Veränderung merken? Auch kleine Dinge sind es wert, betrachtet zu werden.

Unterstützende Begleitung / Ermutigung durch andere

Auf dem Weg, die Selbstwirksamkeit zu steigern, bedarf es auch der Ermutigung durch andere. Diesen Faktor hat dein:e Klient:in bereits berücksichtigt, indem sie oder er sich dich als Begleitung, als Coach oder Mentor:in, an die Seite holt. Eine Begleitung in diesem Sinn soll auf dem Weg zum Ziel unterstützen, Kraft und Zuversicht spenden. Natürlich soll sie auch kritische und reflektierende Fragen stellen und neue Möglichkeiten skizzieren.

Ermutigung sollte aber im Idealfall nicht nur von außen erfolgen. Wichtig ist, dass der oder die Klient:in hier internalisiert, die Kompetenz der Selbstermutigung ausbaut oder entwickelt; dass er weniger auf kritische Stimmen in sich und viel mehr auf die zuversichtlichen, positiv verstärkenden inneren Stimmen hört.

 PRAXISTIPP

Unterstütze deine Klient:innen dabei, sich auch selbst zu ermutigen, sich zu loben und sich zu stärken. Hierzu könnte beispielsweise eine „Tagesbetrachtung“ hilfreich sein:

„Was ist mir heute gut gelungen?“

„Womit habe ich mich heute gut gefühlt?“

„Was war konkret mein Anteil daran?“

Emotionale Aufladung

Der letzte, aber zugleich sehr wichtige Bestandteil gelingender Selbstwirksamkeit nach Bandura ist die emotionale Aufladung oder Aktivierung der Vorhaben. Veränderung benötigt Emotionen. Dabei können es funktionale wie Freude und Stolz oder dysfunktionale Emotionen wie Ärger, Wut und Angst sein. (Unter dysfunktionalen Emotionen wird eine Unterregulation verstanden, die schwer oder nicht kontrollierbar ist und zu unpassenden Handlungen führen kann.) Meist ist ein Mix aus beiden erfolgversprechend. Die Wut zum Beispiel beinhaltet häufig ein großes Maß an Energie, die als Antriebsenergie gesehen und genutzt werden kann, etwa, um gegen ein Unrecht vorzugehen. Die Vorfreude auf einen besseren Zustand bzw. Beendigung des Unrechts hilft dabei, in eine zielgerichtete Handlung zu kommen. Global betrachtet, verändern Menschen sich entweder aus Freude (das Neue scheint besser) oder die Motivation zur Veränderung resultiert aus einem gewissen Leid (die aktuelle Situation ist nicht mehr zu ertragen). Emotionen sind die Triebfeder für die Veränderung.

Bei allem, was im Leben passiert, ist auch der Körper beteiligt. Er „korrespondiert“ ständig mit dem Außen und Innen, geht unaufgefordert und ungefragt in Resonanz. Er zeigt spürbar auf, ob noch Kraft und Energie vorhanden sind, ob ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen oder eine Auszeit benötigt wird. Zugleich reagiert er in Form von physischen Signalen auf unsere Gedanken.

Freude z. B. stellt positive Energie zur Verfügung. Diese ermöglicht es uns, Vorhaben fokussiert und zielgerichtet anzugehen. Steht hingegen etwas Unangenehmes auf der To-do-Liste, breitet sich häufig Unwohlsein aus. Das zeigt sich beispielsweise an Kopf- oder Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit oder anderen Symptomen.

Einige Menschen reagieren bei unangenehmen Tätigkeiten mit Prokrastination (Aufschieberitis). Dies wiederum verstärkt Glaubenssätze wie zum Beispiel „Das schaffe ich eh nicht!“ oder „Das kann ich nicht!“. Diese erzeugen wiederum ungute Gefühle.

Um eine positive emotionale Aufladung zu erzeugen, ist ein klares und attraktives Zielbild sehr hilfreich.

 PRAXISTIPP

Lade deine Klient:innen ein, sich ihr Ziel so konkret wie möglich und in bunten Farben vorzustellen. Lass dir Details beschreiben. Eventuell malt der oder die Klient:in auch ein Zielbild oder findet ein stimmiges Symbol für den Zielzustand.

Stelle dann die Gefühle und den Körper deiner Klient:innen in den Fokus. Was genau fühlt er oder sie bei der Vorstellung, das Ziel erreicht zu haben? Wo im Körper ist dieses Gefühl spürbar? Wer ist noch anwesend? Was hört, riecht, schmeckt er oder sie?

Lade deine Klient:innen ein, sich mit allen Sinnen auf den Zielzustand einzulassen. Die Sinne geben Orientierung und schaffen eine Anziehungskraft, die uns zum Weitermachen motiviert. Lasse die Klient:innen in diesem Zustand etwas verweilen und das Gefühl „inhalieren“.

Diese vier Faktoren der Selbstwirksamkeit nach Bandura bedingen sich gegenseitig. Abbildung 1.2 zeigt auf, wie ein starkes Selbstwirksamkeitserleben die eigenen Ansprüche an sich selbst beeinflusst und welche Wechselwirkung daraus entsteht.

Abbildung 1.2: Selbstwirksamkeit und Handlungsergebnisse wirken oft zirkulär

Durch ein stärkeres Selbstwirksamkeitsempfinden geht der oder die Klient:in zunehmend schwierigere Aufgaben an. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten fördert Konzentration, Fokus, Kreativität – kurz: ermöglicht den vollen Zugriff auf die eigenen Ressourcen. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Bewältigung. Stellt sich der Erfolg dann tatsächlich ein, steigert sich die Selbstwirksamkeit automatisch bzw. bestätigt sich die Erwartung des Klienten bzw. der Klientin, die Aufgaben meistern zu können.

Bewusste und gelebte Selbstwirksamkeit ist ein Schlüssel für ein gelingendes Leben!

1.2 Unterschiede im Selbstwirksamkeitserleben der Klient:innen

Das Gefühl der Selbstwirksamkeit ist in jedem Menschen verankert, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeit gehen gelassener und zuversichtlicher mit Herausforderungen und schwierigen Situationen um. Sie sind und fühlen sich als Gestalter:innen des Geschehens und ihres Lebens.

Menschen, die eine schwache Selbstwirksamkeit haben, bleiben hingegen oft im „Jammertal“ hängen und fühlen sich als Opfer der Umstände. Sie haben den Eindruck, dem Geschehen wenig oder nichts entgegensetzen zu können. Wie kommt es zu diesen Unterschieden?

„An efficacious personality disposition is a dynamic, multifaceted belief system that operates selectively across different activity domains and under different situational demands.“

(Bandura, 1997, S. 42)

Jeder Mensch bringt eine gewisse Grunddisposition mit. Diese ist geprägt durch unsere Genetik, durch Erfahrungen im Kindesalter, Vorbilder, eigene Erfolgs- oder Misserfolgserlebnisse, Er- oder Entmutigung von außen … Darüber hinaus variiert das Gefühl der Selbstwirksamkeit situativ, abhängig vom Schweregrad der Aufgabe, der eigenen „Betroffenheit“ und dem aktuellen Kontext. Auch Menschen mit einer grundsätzlich hohen Selbstwirksamkeitserwartung werden Situationen kennen, in denen sie sich (zunächst) hilflos und ausgeliefert gefühlt haben. Dann stellt sich die Frage, wie schnell und wodurch sich das gute – oder zumindest ein besseres – Gefühl wieder einstellt und welche Hebel, und seien sie noch so klein, aus eigener Kraft bewegt werden können, um die Dinge konstruktiv angehen und positiv beeinflussen zu können.

Untersuchungen zeigen, dass der Glaube an die eigene Selbstwirksamkeit nichts mit der tatsächlichen – und objektiv messbaren – Expertise zu tun hat. Vielmehr ist es die subjektive Überzeugung, einer Aufgabe gewachsen zu sein, die zum Erfolg führt (Lent, Brown & Larkin, 1984). Sie sorgt dafür, dass Menschen Herausforderungen angehen und Ziele erreichen. Weil sie an ihre Selbstwirksamkeit glauben. Somit sollte auch im Coaching weniger um Fakten gerungen, sondern vielmehr an positiven Gefühlen und Grundüberzeugungen gearbeitet werden. Getreu dem Motto von Marie von Ebner-Eschenbach: „Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann, so ist es der Glaube an die eigene Kraft.“

Auch im Sport ist das Auflösen mentaler Barrieren entscheiden. Denke z. B. an das Beispiel von Roger Bannister. Der Mittelstreckenläufer visualisierte immer wieder, dass (bis dahin) Unmögliche möglich zu machen und die englische Meile unter 4 Minuten zu laufen. Im Mai 1954 gelang es ihm in 3:59,4 Minuten. Im gleichen Jahr schafften dies 37 weitere Läufer und im nächsten Jahr weit mehr als 300. Dieses Beispiel verdeutlicht auch, was für ein Strahlungseffekt entstehen kann, wenn die Glaubensbarriere einmal „gebrochen“ ist.

Durch Coaching kann der Glaube an die eigene Selbstwirksamkeit positiv verändert werden. Die Gedanken steuern im Wesentlichen die Gefühle. Und unsere Gefühle beeinflussen unser Handeln. Eine herausfordernde Situation ist besser zu bewältigen, wenn Zuversicht und der Glaube an die eigene Stärke spürbar sind. Die Situation als solche bleibt, wie sie ist. Lediglich die Annahme, dass die Ereignisse in irgendeiner Form beeinflussbar sind, erzeugt ein positiveres Grundgefühl, aus dem wiederum Stärke erwächst.

 PRAXISTIPP

Reflektiere mit deinen Klient:innen folgende Fragen:

Wo in deinem Leben hast du schwierige Situationen bewältigt oder Krisen überstanden?

Was oder wer war dabei hilfreich?

Was war dein Anteil an der positiven Entwicklung?

Was ist dir dabei gut gelungen? Worauf bist du stolz?

Wie ist es dir gelungen, die Situation zu bewerkstelligen?

Der bewusste Blick auf Ressourcen und Fähigkeiten erhöht das Vertrauen in die eigene Wirksamkeit. Sich bereits erzielte Erfolge zu vergegenwärtigen und darüber zu reflektieren wirkt bestärkend auf das gegenwärtige Erleben und Bewältigen der aktuellen Herausforderungen. (Mehr über die Wirkkraft der Reflexion findest du im Kapitel 2.)

Die Biografien bekannter Menschen können den Wert der Selbstwirksamkeit deutlich aufzeigen. Barack Obama beispielsweise stellten sich zahlreiche Schwierigkeiten und Probleme in den Weg (Hautfarbe, Alter, Werdegang …). Doch er war beharrlich und trug tief in sich die Überzeugung, dass er Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden kann. Das gab ihm die Kraft, diesen schwierigen Weg zu gehen. Und das Leben gab ihm recht. Natürlich (oder höchstwahrscheinlich) streben deine Klient:innen nicht das Amt des Präsidenten an. Doch auch bei anderen großen und kleinen Zielen, die sie mithilfe des Coachings realisieren wollen, ist eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung extrem hilfreich. Je geringer der Glaube an die eigene Selbstwirksamkeit, desto schneller geben Menschen auf, wenn es schwierig wird.

 PRAXISTIPP

Wenn du dich nicht nur auf deine Wahrnehmung und Interpretation verlassen möchtest, um herauszufinden, wie es um das Selbstwirksamkeitserleben deiner Klient:innen steht, kann der folgende Test wertvolle Hinweise bieten.

Bitte deine Klient:innen zu bewerten, wie stark die folgenden Aussagen auf sie zutreffen. Leite sie dazu an, intuitiv vorzugehen (ohne lange darüber nachzudenken).

1

2

3

4

5

1.

Krisen gehören zum Leben. Ich komme immer durch.

 

 

 

 

 

2.

Aus jeder Krise kann ich lernen.

 

 

 

 

 

3.

Ich weiß um meine Stärken und vertraue darauf.

 

 

 

 

 

4.

Ich kann im Leben immer etwas tun, habe eine Wahl.

 

 

 

 

 

5.

Auch wenn es „eng“ wird, kann ich mich auf mich selbst verlassen.

 

 

 

 

 

6.

Bei Problemen finde ich immer Wege, Ideen und Lösungen.

 

 

 

 

 

7.

Ich weiß, dass Probleme vorübergehen und wieder bessere Zeiten kommen.

 

 

 

 

 

8.

Ich habe immer eine Idee, was ich tun kann, oder weiß, wo ich mir Hilfe und Unterstützung holen kann.

 

 

 

 

 

9.

Ich habe Ziele und setze mich für sie ein.

 

 

 

 

 

10.

Die Sinnhaftigkeit des Lebens sehe ich auch, wenn ich Probleme habe.

 

 

 

 

 

11.

Ich lande immer auf „den Beinen“.

 

 

 

 

 

12.

Grundsätzlich bin ich zufrieden mit mir.

 

 

 

 

 

13.

Ich höre auf meinen Körper.

 

 

 

 

 

Gesamtpunktzahl

Auswertung:

Dies ist eine aktuelle Bestandsaufnahme. Wichtig ist, dass du mit deinen Klient:innen liebevoll auf das Ergebnis blickst, um Hinweise für ihre Entwicklung zu finden. Es gibt hier kein Richtig und kein Falsch. Es geht um Impulse für inneres Wachstum und Förderung der Selbstwirksamkeit.

Je niedriger die Punktzahl ist, desto selbstwirksamer erlebt sich dein:e Klient:in.

Bei einer Punktzahl von 13–25 Punkten sollte zwar sicherheitshalber geklärt werden, ob sich dein:e Klient:in nicht manchmal überfordert fühlt oder sich zu viel zumutet. Insgesamt zeigt das Ergebnis aber, dass er oder sie sich gut gewappnet fühlt für die Unwägbarkeiten, die das Leben nun mal an der einen und anderen Stelle mit sich bringt.

Bei einer Punktzahl von 26–35 kommt dein:e Klient:in vermutlich überwiegend gut im Leben zurecht, allerdings gibt es an der einen oder anderen Stelle Möglichkeiten zur Verbesserung.

Liegt die Punktzahl über 35, fühlt sich dein:e Klient:in wahrscheinlich in vielen Situationen vorrangig ausgeliefert und / oder machtlos. Womöglich hat sie oder er im Moment wenig Zugriff auf eigene Ressourcen und durchlebt vielleicht sogar eine Krise. In solchen Phasen passiert es leicht, dass das Zutrauen in die Selbstwirksamkeit geschwächt ist. Daran lässt sich arbeiten!

Grundsätzlich gilt: Je höher die Punktzahl, desto wichtiger ist der Blick auf die Stärken. Gerade die Aussagen, die mit einer 4 oder 5 bewertet wurden, zeigen die größten Potenziale bzw. Entwicklungsfelder deiner Klient:innen auf. Die Aufmerksamkeit bewusst auf diese zu lenken hilft oft schon, erste Handlungsalternativen zu erkennen.

Die Ergebnisse des obigen „Tests“ werden von Klient:in zu Klient:in variieren. Mit entsprechender Sensibilität für die jeweiligen Ausprägungen kannst du aber in jedem Fall einen Entwicklungsprozess anstoßen: Ist die Punktzahl hoch und die Ausprägung der Selbstwirksamkeit damit gering, wirst du in diesem Buch wertvolle Anregungen und Praxistipps erhalten, um dein Gegenüber zu fördern. Ist die Punktzahl niedrig und die Ausprägung der Selbstwirksamkeit grundsätzlich hoch, ist es möglich, die Lebensbereiche herauszufiltern, in denen sich dein:e Klient:in (noch) nicht als wirksam erlebt, und diese entsprechend zu analysieren. Dabei kann der nachfolgende Circle of Influence von Stephen R. Covey (2018) hilfreich sein (Abb. 1.3).

Abbildung1.3:Circle of Influence nach Covey (2018)

Der Circle of Influence unterscheidet drei Ebenen:

Den innersten Kreis nennt Covey den

Circle of Control,

was übersetzt so viel heißt wie „Kreis der Kontrolle“. Dieser Bereich umfasst alles, was selbst entschieden werden und auf das mit entsprechenden Handlungen direkt Einfluss genommen werden kann (eigene Gedanken, das eigene Verhalten etc.). Hier besteht die volle Kontrolle.

Der mittlere Bereich ist der

Circle of Influence,

der „Kreis des Einflusses“. Dieser beinhaltet vieles, was einen beschäftigt, jedoch nicht direkt selbst entschieden werden kann. Es gibt aber die Möglichkeit, durch eigene Handlungen Einfluss zu nehmen (Beziehungen, Gesundheit, berufliche Entwicklungen etc.).

Der dritte und äußere Bereich des Modells nennt sich

Circle of Concern,

also „Kreis der Bedenken“ oder „Kreis der Sorgen“. Hier sind die Themen angesiedelt, die einen bewegen, die sich aber außerhalb des eigenen Einflussbereiches befinden (politisches Weltgeschehen, oft auch das Verhalten anderer Menschen etc.). Gerade diese sind emotional oft am schwersten anzuerkennen, weil sie ein Gefühl der Ohnmacht auslösen.

 PRAXISTIPP

Lasse dir von deinen Klient:innen ihr Coachinganliegen im Detail schildern. Sammele die unterschiedlichen Aspekte und Themen möglichst auf Metaplankarten. Überlegt gemeinsam, welches Thema welchem Kreis zuzuordnen ist. Wichtig für den Prozess ist, hier allumfassend zu denken und keine Handlungsoptionen zu übersehen.

Nehmen wir die Coronakrise als Beispiel: Wir alle waren den politischen Entscheidungen unterworfen, auf die wir keinerlei Einfluss hatten (Circle of Concern). Unser Einfluss beschränkte sich lediglich darauf, wie wir uns in dieser Krise verhalten. Bleiben wir passiv und gehen in die Opferrolle oder werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten aktiv? So haben viele Trainer:innen während Corona ihr Angebot um digitales Training und Coaching erweitert und sich dafür weitergebildet (Circle of Control), ohne eine Sicherheit zu haben, dass diese „neue“ Form des Angebots auch gebucht und abgerufen wird (Circle of Influence).

 PRAXISTIPP

Symbolisiere den Circle of Influence mithilfe von langen Seilen oder bestimmten Bodenankern auf dem Boden und lasse deinen Klienten oder deine Klientin nacheinander in die jeweiligen Ringe des Kreises treten. Dort stellst du ihm oder ihr die folgenden Fragen:

Im Kreis der Bedenken:

Wo kannst du die Dinge nicht (mehr) beeinflussen? Was ist unverrückbar, egal, wie sehr du dich auch anstrengst? Wo hast du wirklich gar keinen Einfluss? Was ist, wie es ist? Worauf verschwendest du aktuell noch Energie, bist aber nicht wirksam damit? Wo ertappst du dich beim Jammern? Wo ärgerst du dich immer wieder?

Im Kreis des Einflusses:

Wer kann dir hier helfen? Wer kennt vielleicht jemanden, der helfen kann? Was hast du schon versucht? Was könntest du noch versuchen zu verändern? Was ist dein Beitrag am Gelingen?

Im Kreis der Kontrolle:

Was hat schon geholfen? Wo sind kleinere Veränderungen möglich? Was kannst du noch tun? Angenommen, es gäbe keine Beschränkungen und du wärst total mutig, hättest nichts zu verlieren – was wäre noch möglich? Wie genau kannst du die Situation beeinflussen? Wie viel Aufwand ist dir das wert? Wen oder was brauchst du dazu noch? Was ist ein guter nächster Schritt?

Zum Abschluss bitte den Klienten oder die Klientin nochmals in den Kreis der Bedenken und bitte ihn oder sie zu fühlen, wie es ist, hier einfach nichts tun zu können, rein gar nichts. Diese „Fühlübung“ wiederhole in den beiden anderen Kreisen. So kann dein:e Klient:in die Erkenntnisse im Körper verankern. Das ist mitunter ein sehr intensiver Prozess.

Der Circle of Influence ist im Coaching ein sehr wirksames Modell. Häufig erkennen Klient:innen durch ihn, dass sie objektiv betrachtet selbstwirksamer sind, als es sich für sie anfühlt. Oder sie entdecken Möglichkeiten, die Selbstwirksamkeit auszubauen. Das fühlt sich stärkend an.

Trotz der Wichtigkeit, das eigene Selbstwirksamkeitserleben zu stärken, gilt es zugleich zu akzeptieren, dass es Themen gibt, die unveränderbar sind oder sich dem eigenen Einfluss entziehen. Daher sollte frühestmöglich eine Akzeptanz der eigenen Grenzen geschaffen werden, um den Fokus gezielt auf jene Themen zu richten, die gestaltbar sind.

 PRAXISTIPP

Wenn wir die sogenannte Wunderfrage („Angenommen, über Nacht kommt eine gute Fee und löst dein Problem, woran merkst du die Veränderung?“) um den Aspekt der Selbstwirksamkeit ergänzen, bekommt die Arbeit eine ganz andere, tiefere Qualität. Während bei der ursprünglichen Frage (nach Steve de Shazer, einem der Begründer der lösungsfokussierten Kurzzeittherapie) die Lösung des Problems lediglich der guten Fee zuzuschreiben ist, verändert sich durch den Einbezug der Selbstwirksamkeit die Rolle der Klient:innen. Von passiven „Lösungsempfänger:innen“ werden sie zu aktiven Lösungsgestalter:innen, wie es im folgenden Praxisbeispiel mitzuverfolgen ist:

 Beispiel

Tanja ist eine attraktive junge Frau Mitte 20. Sie kommt ins Coaching, da sie seit Jahren immer wieder unter depressiven Verstimmungen leidet, die tiefe Traurigkeit und Antriebslosigkeit zur Folge haben. Sie war aus diesem Grund bereits mit 16 Jahren in Therapie, hat diese Sitzungen jedoch als furchtbar und sogar als Verschlimmerung ihres Problems abgespeichert. Sie fühlte sich nach den Sitzungen verunsichert und abgewertet. Eine weitere Therapie schließt sie daher für sich aus.

Der folgende Dialog zeigt einen Teil der Coachingsitzung, in dem deutlich wird, wie die Steigerung der Selbstwirksamkeit sich nicht nur auf die Problemlösung, sondern auch auf die Stärkung des Selbstvertrauens auswirken kann:

Miriam Wunder (MW): „Tanja, beschreibe mir doch einmal, wann und woran du merkst, dass das ‚Problem‘ sich wieder anschleicht?“

Tanja: „Es kommt ganz plötzlich, einfach so, ohne einen Zusammenhang. Es ist dann einfach da und mir laufen die Tränen runter. Morgens beim Schminken oder wenn ich unterwegs bin. Es passiert einfach so. Es kommt so über mich. Ohne Vorwarnung. Oder wenn ich zu Hause bin und meine Wohnung aufräumen sollte, dann bin ich wie gelähmt. Sitze nur da und gucke aus dem Fenster. Ich kann dann gar nichts tun. Außer warten. Und dann ärgere ich mich über mich, warum ich jetzt schon wieder weine oder es nicht schaffe aufzuräumen. Ich kann dann nichts, wirklich gar nichts tun.“

MW: „Das hört sich wirklich so an, als wäre es sehr anstrengend für dich.“

Tanja: „Ja, total! Ich weiß ja auch nie, wann es das nächste Mal passiert. Ich habe jetzt einen neuen Job und hoffe, dass es nicht wieder während der Arbeit über mich kommt.“

Tanja fühlt sich dem Problem völlig unterlegen. Aus ihrer Sicht ist sie ihm macht- und willenlos („selbst wenn ich will, kann ich nicht“) ausgeliefert. Durch die gescheiterte Therapie hat sie zudem das Zutrauen in sich, dem Problem etwas entgegensetzen zu können, verloren. Daher entscheide ich mich dafür, sowohl ihre Selbstwirksamkeit wieder zu stärken, sodass sie es schaffen kann, das Problem besser zu handeln, als auch ihr eine Idee davon zu vermitteln, wie es sich anfühlen könnte, wenn das Problem gelöst wäre. Ich arbeite mit der klassischen Wunderfrage, die ich um die Stärkung der Selbstwirksamkeit erweitere.

MW: „Tanja, beschreibe mir doch bitte einmal ganz konkret, was genau passiert, wenn diese depressive Verstimmung über dich kommt?“

Tanja: „Ich will gerade aufräumen und dann geht es los, ich bin plötzlich völlig leer. Hab keine Kraft, keine Energie. Muss mich hinsetzen. Mein Kopf ist voller Watte. Ich kann nichts denken. Schlimm ist das! Und dann warte ich. Wenn es gut geht, dann hört es irgendwann auf. Wenn nicht, gehe ich irgendwann ins Bett. Ohne mich abzuschminken und für die Nacht zu richten. Das war’s …“

MW: „Okay, Tanja, jetzt stell dir doch mal vor, es geschieht ein Wunder: Nachts kommt eine gute Fee und zaubert dein Problem weg. Einfach so. Zack! Weg ist es am nächsten Morgen. Woran würdest du merken, dass das Problem weg ist? Was würdest du anders fühlen? Wie würdest du anders denken? Was würden andere sehen? Wer würde zuerst feststellen, dass es anders ist?“

Ich lasse Tanja ein möglichst klares Skript für die Lösung entwickeln und leite sie an, dem positiven Zielzustand intensiv nachzuspüren.

Tanja: „Das kann ich mir gar nicht vorstellen, dass das überhaupt möglich wäre.“

MW: „Genau deshalb, Tanja, übernimmt das ja auch die gute Fee. Und die schafft das. Versuche es einfach mal, dich da einzufühlen, wie es ist, wenn das Problem morgen einfach weg wäre. Lass dir Zeit, schließ vielleicht deine Augen und spüre einfach mal nach.“

Tanja: „Ja, wenn das wirklich so wäre, dann würde ich morgens einfach aufstehen, mir ein Frühstück richten, duschen, mich schminken und noch kurz die Küche aufräumen, bevor ich pünktlich aus dem Haus gehe.“

MW: „Und wie würde es sich anfühlen, Tanja? Was wäre anders?“

Tanja (lacht): „Ich wäre voller Energie und Kraft. Wäre viel schneller, nicht so schleppend. Und unter der Dusche würde ich singen. Alles wäre leicht, selbstverständlich. Ich müsste nicht ewig über den nächsten Schritt nachdenken. Ja, ich wäre fast ein wenig beschwingt.“

MW: „Sehr gut … Hört sich verlockend an. Woran würden deine Kollegen merken, dass etwas anders ist?“

Tanja: „Ich würde gleich Guten Morgen sagen, statt mich zu verkrümeln. Würde vielleicht erzählen, was ich am Wochenende gemacht habe. Wäre länger an meinem Arbeitsplatz statt auf dem Klo zum Weinen. Und würde bestimmt mal den Kollegen Hilfe anbieten, statt mich in meiner Arbeit zu verkriechen. Außerdem würde ich gut gelaunt mit den anderen in die Mittagspause gehen. Puh, das wäre echt schön …“

Nun haben wir zwar einen positiven Zielzustand erreicht, allerdings ist Tanja bei diesem Vorgehen absolut passiv. Die Veränderungen sind lediglich durch die gute Fee entstanden, ohne Tanjas Zutun. Tanja kann sich somit nicht als selbstwirksam erleben. Daher arbeiten wir wie folgt weiter – mit dem Ziel, Tanja aktiv in die Lösung einzubinden. Und die gute Fee quasi „überflüssig“ werden zu lassen:

MW: „Prima, Tanja, das hört sich toll an! Aber wer möchte schon von einer guten Fee abhängig sein? Das hört sich jetzt bestimmt befremdlich für dich an. Aber angenommen, du willst dein Problem zurück, was könntest du selbst tun, um das, was du als problemhaft erlebt hast, wieder zurückzuholen? Denn wer glaubt schon an eine gute Fee?!“

Während Tanja eingangs beschrieben hat, dass das Problem einfach über sie komme und sie ihm passiv ausgeliefert sei, wird sie durch die obige Frage nun gedanklich vom passiven Problemopfer zum aktiven Problemtäter. Sie kann das Problem selbst erzeugen durch gewisse Verhaltensweisen. Frei nach dem Motto: „Wie mache / erzeuge ich mein Problem?“ Dabei wollen wir es natürlich nicht belassen, es ist nur ein Zwischenschritt. Denn wer will schon sein Problem zurück!

Tanja: „Na ja, ich könnte morgens einfach im Bett liegen bleiben. Mich krankmelden, nicht aufräumen. Statt mich aufzuraffen, mich einfach gehen lassen. Nicht duschen, nicht aufräumen, sondern mich auch etwas bemitleiden und nur schlafen und heulen …“

MW: „Okay, Tanja, das macht ja nicht wirklich Sinn, oder? Du willst bestimmt nicht freiwillig deine depressiven Verstimmungen zurück, oder?

Tanja: „Nein, ganz bestimmt nicht!“

MW: „Also, du hast ja vorhin schon mal gespürt, wie gut es sich anfühlt, wenn dein Problem weg ist. Wie könntest du jetzt denken, fühlen oder handeln, um das Wunder wieder herzuholen? Ohne die Hilfe der guten Fee?“

Tanja(überlegt): „Na ja, ich könnte mir jeden Morgen fest vornehmen, dass ich auf jeden Fall aufstehe. Egal, wie ich mich fühle. Hauptsache, ich komme erst mal aus dem Bett raus.“

MW: „Sehr gut! Und was dann?!

Tanja: „Dann entscheide ich mich bewusst für etwas Schönes zum Anziehen und gehe auf jeden Fall duschen. Und wenn ich dann schon angezogen bin, dann kann ich auch zur Arbeit gehen.“

MW: „Toll, Tanja, und könntest du vielleicht auch noch etwas Positives denken? Etwas, das dir den Tag erleichtert?“

Tanja: „Ja, klar, ich könnte mich auf meine Kollegin freuen, die ich echt mag. Auf eine gemeinsame Pause mit ihr.“

MW: „Prima, dann haben wir doch mal ein paar erste Schritte, die du aktiv tun kannst, um besser durch den Tag zu kommen. So, dass du spüren kannst, dass du dem Problem etwas entgegenzusetzen hast …“

Tanja(lächelt): „Ja, das probiere ich gleich morgen früh. Vielleicht klappt das.“

Durch die Ausweitung der Wunderfrage wurde Tanja selbst zur Gestalterin ihres Lebens. Sie konnte spüren, dass ihr Problem nicht einfach über sie kommt. Sie kann es aktiv beeinflussen. Und noch wichtiger: Sie erlebt sich durch ihr eigenes Denken und Handeln als selbstwirksam!

1.3 Ist Selbstwirksamkeit Einstellungssache?

„Effective functioning requires both skills and the efficacy beliefs to use them.“

(Bandura, 1997, S. 36)

Wie wir oben schon verdeutlicht haben, hängt die Selbstwirksamkeitserwartung eines Menschen nicht (allein) mit seinen tatsächlichen Fertigkeiten zusammen. Es geht vor allem um ein subjektives Gefühl: um die Gewissheit, eigene Fähig- und Fertigkeiten zur Zielerreichung einsetzen und nutzen zu können. Diese positive Überzeugung ist mindestens ebenso wichtig wie die Fertigkeiten selbst. Der Fokus im Coaching sollte daher u. a. auch immer auf der Einstellung und den Überzeugungen deiner Klient:innen liegen. Hierbei spielt die Wechselwirkung zwischen Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen eine entscheidende Rolle. Viele Menschen neigen dazu, ihren inneren Fokus auf das zu lenken, was sie nicht können oder nicht erreicht bzw. geschafft haben. Im Coaching ist es daher sehr hilfreich, den Fokus auf das bisher Erreichte und erfolgreich Gemeisterte zu lenken. So kann sich der Klient oder die Klientin als selbstwirksam erleben und die Einstellung dazu anpassen.

(Selbst-)wirksam erleben wir uns, wenn unseren optimistischen Gedanken (unserem Wollen) sinnvolle Taten folgen. Untätiges Verharren und das Verstricken in gedanklichen Konstrukten können bei Klient:innen schnell Frustration erzeugen und sind wenig hilfreich.

„Zufriedenheit und Glück sind nichts, das fertig geliefert wird. Sie entstehen durch dein eigenes Handeln.“

Dalai Lama

Durch das Aufzeigen von Handlungsoptionen im Coaching, und seien sie noch so minimal, entsteht bei Klient:innen das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Auch eine Entscheidung gegen eine Handlungsoption zu treffen (da der Preis zu hoch ist) ist eine aktive Handlung.

 PRAXISTIPP

Gehe gemeinsam mit deinen Klient:innen den folgenden Prozess durch, um Handlungsoptionen zu erarbeiten:

Bitte die Klientin oder den Klienten, ihr / sein Anliegen auf einer Skala von 1–10 zu bewerten: „Wie stark beeinflusst das Problem dein Leben?“ (1 = kaum; 10 = maximale negative Beeinflussung)

Angenommen, dein:e Klient:in antwortet mit einer 9.

Lass dir nun den Idealzustand beschreiben: „Wie wäre es richtig super?“ Mit was / welcher Situation wäre dein:e Klient:in zufrieden?

Was müsste dazu passieren?

Wichtig ist nun, bewusst zu machen, dass der Idealzustand nicht spontan und nicht in Kürze erreichbar ist. Hier gilt es, die schwierige Realität anzuerkennen.

Bitte den Klienten oder die Klientin zu überlegen, was er oder sie tun könnte, um die negativen Auswirkungen des Problems zu reduzieren (in diesem Fall, um von einer 9 auf eine 8 oder 7 zu kommen). Niedrigere Werte sind in der Regel unrealistisch. Biete hier Optionen an. Folgende Fragen können hilfreich sein, um den Wert nach unten zu verschieben:

„Was hast du schon alles versucht?“

„Wer könnte dir noch helfen?“

„Was kannst

du

sonst noch tun?“ Hier ist alles erlaubt und jede Fantasie hilfreich.

Wichtig ist nun, nächste Schritte zur Umsetzung in eine positive Richtung zu vereinbaren. Ohne den Anspruch, das Thema jetzt und in kurzer Zeit vollständig auflösen zu können.

 

Eine realistische Betrachtung der Entwicklungsmöglichkeiten ist bei diesem Prozess Voraussetzung für den Erfolg, da die Handlungsorientierung mit dem Anspruch einer sofortigen Lösung verloren ginge.

Jeder hat die Chance auf ein erfülltes Leben. Gleichgültig, was das individuell für den oder die Einzelne:n bedeutet. Doch in den seltensten Fällen stellt sich dieser Zustand „von allein“ ein. Vielmehr geht es darum, sich passende Strategien und stimmige Annäherungsziele zu überlegen, sich nicht von Zweifeln ausbremsen zu lassen, sondern ins Tun zu kommen!

Vielen Menschen widerfahren Schicksalsschläge wie Unfälle, Krankheiten, Verluste …, die nicht nur das eigene Leben, sondern auch das des gesamten Umfelds auf den Kopf stellen. Genau in diesen fordernden, einschneidenden Situationen besteht die Wahl zwischen (sich) aufgeben oder einem Strategiewechsel: „Was kann ich tun?“ Also, passiv sein und sich den Umständen ergeben oder im Wissen um die Tragweite der Umstände nach Möglichkeiten suchen, um das Leben wieder / weiter aktiv zu gestalten. Das gilt für die großen Umbrüche und Veränderungen des Lebens, aber auch für die kleinen alltäglichen Herausforderungen, die das Leben für uns bereithält. Und das sollte die grundlegende Message im Coaching sein.