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<p><strong>Infektionen erfolgreich bek&auml;mpfen</strong></p> <p>Infektionen in der Gef&auml;&szlig;chirurgie stellen nicht nur das Operationsergebnis in Frage, sondern bedrohen das Leben des Patienten. Begegnen Sie Komplikationen mit souver&auml;ner Kompetenz, indem Sie von Expertenwissen profitieren. Wie entstehen Infektionen in der offen konventionellen Gef&auml;&szlig;chirurgie und nach endovaskul&auml;rer Therapie? Antworten darauf geben detaillierte Angaben zur Pathophysiologie, Epidemiologie und Bakteriologie &ndash; auch zu multiresistenten Erregern wie MRSA oder ESBL. Anerkannte Operationsverfahren, neue radiologische Techniken, wie Aorten- und Covered-Stents, oder moderne Wundbehandlungen, wie Vakuumtherapie, werden f&uuml;r die Praxis nachvollziehbar dargestellt.</p> <p>Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verf&uuml;gung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.</p>
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Seitenzahl: 1295
Veröffentlichungsjahr: 2019
Helmut Volkmar Zühlke, Zuhir Halloul, Roland Zippel
Thomas Schmitz-Rixen, Gregor Jürgen Görtz, Bernd-Michael Harnoss, Julian-Camill Harnoss, Peter Kujath, Andreas Laipple, Eric P. M. Lorenz, Frank Meyer, Karl-Heinz Orend, Olaf Richter, Axel Kramer, Wolfgang Schareck, Fabian Scheer, Erik Schlöricke, Jörg Tautenhahn, Stephan Titz, Andrej Udelnow, Malte Weinrich, Thomas Wild, Elard Zühlke, Richard Zühlke, Lennard Zühlke, Leonie Zühlke, Carsten Bünger, Thomas Bürger, Jasmin Dillner, Ina Ennker, Jürgen Ennker, Anke Gabler
Die Drucklegung dieses Werks wurde ermöglicht durch die Unterstützung der Firmen Takeda GmbH (Hürth), MAQUET Holding B.V. & Co. KG (Rastatt), Eusa Pharma Inc. (München), Lohmann & Rauscher GmbH & Co. KG (Neuwied), BERLIN-CHEMIE AG (Berlin) und Medtronic GmbH (Meerbusch). Die genannten Firmen haben keine direkte Einflussnahme auf die Erstellung der Inhalte ausgeübt.
679 Abbildungen
Prof. Dr. med. Helmut Volkmar Zühlke studierte Medizin an der Freien Universität Berlin und absolvierte seine Ausbildung zum Facharzt für Chirurgie am Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin (Prof. Dr. med. H. Franke und Prof. Dr. med. R. Häring), wo er sich 1983 habilitierte. 1989 wurde er leitender Oberarzt und ständiger Vertreter von Prof. Dr. med. R. Häring. Von 1991 bis 1994 war er Chefarzt der Chirurgischen Klinik des Krankenhauses „Kemperhof“ Koblenz und der Privatklinik „Russischer Hof“ Bad Ems, von 1994 bis 2016 Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie/Phlebologie am Evangelischen Krankenhaus der Paul-Gerhard-Stiftung Lutherstadt Wittenberg und von 2016 bis 2018 Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie, Endovaskuläre Chirurgie/Phlebologie am Klinikum Dessau. 1996 erwarb er die Facharztqualifikation für Viszeralchirurgie, Zusatzbezeichnungen „Phlebologie“, „Medikamentöse Tumortherapie“ und von 1998 bis 2017 war er Konsiliararzt des Herzzentrums Coswig/Anhalt. Seine Arbeitsschwerpunkte sind onkologische Chirurgie mit medikamentöser Tumortherapie und konventionell-offene Gefäßchirurgie mit Schwerpunkt Infektionen in der Gefäßchirurgie.
Neben seiner Tätigkeit als Chirurg war Herr Prof. Zühlke an zahlreichen Publikationen aus allen Gebieten der Chirurgie beteiligt und übte folgende Funktionen aus:
1983–2015 Lehrtätigkeit an der Freien Universität Berlin und an der Charité Berlin
1995–2017 Vorsitzender der Fach- und Prüfungskommission „Gefäßchirurgie“ der Ärztekammer Sachsen-Anhalt
1999–2017 Landesvorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen
1997/1998 Vorsitzender der Chirurgenvereinigung von Sachsen-Anhalt
2013/2014 Vorsitzender der Mitteldeutschen Chirurgenvereinigung
2000–2015 Inauguration: „Wittenberger Konferenz Evangelischer Krankenhäuser“ Deutschlands
Herr Prof. Zühlke ist Ehrenmitglied des Tumorzentrums Sachsen-Anhalt und der Mitteldeutschen Chirurgenvereinigung. 1983 erhielt er den Hermann Kümell-Preis der Norddeutschen Chirurgenvereinigung für die Habilitationsschrift und 2016 den Hans-Kehr-Preis. 2017 wurde ihm für seine Verdienste das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.
Prof. Dr. med. habil. Zuhir Halloul ist Leiter des Arbeitsbereichs Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Magdeburg A.ö.R. Er absolvierte sein Humanmedizinstudium in Lattakia (Syrien) und hiernach eine Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinchirurgie an der damaligen chirurgischen Klinik der Medizinischen Akademie Magdeburg unter Prof. P. Heinrich. Zügig schloss sich eine Subspezialisierung in der Gefäßchirurgie unter der Betreuung von Prof. W. Wagemann an. Im Zuge der Klinik-Umprofilierung wurde Herr Prof. Halloul schon bald zum Oberarzt berufen und entwickelte unter T. Bürger in der Klinik von Prof. H. Lippert das Profil des Arbeitsbereichs mit, dem er seit 2004 selbst vorsteht. Herr Prof. Halloul hat sich besonders um die Konsolidierung und Weiterentwicklung gefäßzentrumsgleicher Strukturen am Universitätsklinikum in Magdeburg verdient gemacht, was die Interdisziplinarität von (interventioneller) Radiologie, Nephrologie, Neurologie, Herzchirurgie, Kardiologie sowie Angiologie u.a. bündelt. Daneben hat sich unter seiner Leitung der gefäßchirurgische Ansprechpartner im Norden Sachsen-Anhalts i.S. eines Zentrums der hochspezialisierten Betreuung etabliert.
Neben dem von ihm vertretenen vollen Spektrum gefäßchirurgischer und endovaskulärer Operationen/Interventionen in der Klinik umfassen seine klinisch-wissenschaftlichen Interessen:
die gefäßmedizinischen Aspekte der Viszeralchirurgie, Onkochirurgie u.a. operativer Disziplinen,
das sich entwickelnde Spektrum endovaskulärer Eingriffe, insbesondere im Setting von Hybrideingriffen sowie
Indikation, Spektrum und Variabilität von gefäßchirurgischen Revisionseingriffen, vor allem auch bei Infektion.
Neben seiner klinischen Tätigkeit habilitierte sich Prof. Halloul i.R. seiner akademischen Graduierung zur Lebertransplantation. 2015 wurde er zum Apl. Professor ernannt.
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Roland Zippel studierte an der Universität Greifswald Medizin und erwarb hier 1992 die Facharztqualifikation. Es schloss sich eine Ausbildung im Schwerpunkt Gefäßchirurgie an. Während dieser Zeit erfolgten mehrmonatige Studienaufenthalte in der Klinik für Gefäßchirurgie Nürnberg sowie mehreren gefäßchirurgischen Zentren der USA. Danach war Herr Dr. Zippel als Oberarzt an der Klinik für Chirurgie der Universität Greifswald in den Fachgebieten Gefäß- und Viszeralchirurgie tätig. Seine wissenschaftliche Tätigkeit konzentrierte sich auf experimentelle Untersuchungen zur Biokompatibilität von alloplastischen Gefäßprothesen, die von der Deutschen Forschungsgesellschaft gefördert wurde. Zu dieser Zeit entstand in enger Zusammenarbeit mit Priv. Doz. Dr. rer. nat. Michael Schlosser die Arbeitsgemeinschaft Biokompatibilität an der Chirurgischen Klinik Greifswald, die fortwährend Bestand hat. 1999 verließ Herr Dr. Zippel Greifswald und wechselte in die Funktion des leitenden Oberarztes am Carl-Thiem-Klinikum Cottbus. 2002 übernahm Herr Dr. Zippel die Klinik für Chirurgie in Riesa und Großenhain sowie die ärztliche Leitung des Krankenhausverbundes für fast 10 Jahre. In dieser Zeit wurde auch die Graduierung zum Master of Business Administration an der FH Neu Ulm erworben. Das Habilitationsverfahren mit dem Thema „Morphometrie der lokalen Entzündungsreaktion und Differenzierung der systemischen Immunantwort nach Implantation von alloplastischen Gefäßprothesen“ konnte 2011 erfolgreich abgeschlossen werden. Dr. Zippel ist weiterhin aktiv in die Lehrtätigkeit an der Universität Greifswald im Bereich Gefäßchirurgie eingebunden. Am 1. September 2016 übernahm Herr Dr. Zippel die Chefarztfunktion am Elbe-Elster-Klinikum Herzberg. Im Zentrum der klinischen Tätigkeit stehen sowohl die komplexe konventionelle Gefäßchirurgie als auch Hybrideingriffe und die Onkochirurgie des Gastrointestinaltraktes. Sein besonderes Interesse gilt der Therapie mesenterialer Durchblutungsstörungen sowie der Ausbildung des chirurgischen Nachwuchses.
Nach der Ära konventioneller offener Gefäßkonstruktionen, in der über 60 Jahre hinweg hochspezialisierte, komplizierte Gefäßrekonstruktionen, inklusive effizienter Gefäßersatzmaterialien und Prothesen entwickelt wurden, folgten endovaskuläre Techniken, die nicht nur von Gefäßchirurgen, sondern auch von interventionell therapierenden Kardiologen, Angiologen und Radiologen erfolgreich eingesetzt wurden.
Mit dem Wandel des Therapiespektrums von Gefäßerkrankungen vollzog sich auch ein Wandel der Betrachtungsweise. Wurde bislang immer von der „Gefäßchirurgie“ gesprochen, so wurde erkannt, dass es sich nicht nur um eine lokale Erkrankung der Gefäße sondern um eine generalisierte Erkrankung des Organsystems Gefäße handelt. Aus diesem Grund haben die Autoren den umfassenderen Titel „Septische Gefäßmedizin“ gewählt. Deshalb ist es heute folgerichtig, die Therapie von Infektionen nicht nur als lokalen Prozess in der Gefäßchirurgie zu betrachten, sondern als Infektionen in der Gefäßmedizin, in der alle entzündlichen Erkrankungen, die das Organ Gefäß betreffen, eingegliedert werden.
Die Erfolge der konventionellen und endovaskulären Techniken sind weiterhin überzeugend. Dennoch können sie auch bei Beachtung aller prophylaktischen Hygienemaßnahmen den Patienten durch seltene, teilweise lebensbedrohliche infektiöse Komplikationen belasten.
Selbst neu entwickelte Antibiotika können das Auftreten oder die Ausbreitung einer Infektion nicht immer verhindern. Intraoperativ gesetzte Infektionen von Wunden der Gefäßrekonstruktion selbst, inklusive der prothetischen Materialien, führt bei den ohnehin durch oft gravierende Vorerkrankungen belasteten Patienten zu infektiösen Komplikationen und Morbidität mit ungewissem Ausgang und zusätzlichen verlängerten Krankenhausaufenthalten.
Jede Art von Intervention an den primär schon mangeldurchbluteten Extremitäten führt bei einer nosokomialen Infektion zu einer Extremsituation, die zum Extremitätenverlust und bei einem Teil der Patienten sogar zur konsekutiven Sepsis führen kann.
H.V. Zühlke und B.-M. Harnoss haben bereits 1988 im Ueberreuther Wissenschaftsverlag ein umfassendes Werk zur „Septischen Gefäßchirurgie“ vorgelegt, welches sich differenziert mit der Klinik der Infektionen, der Diagnostik und der Therapie der Infektionen in der offenen Gefäßchirurgie beschäftigt. Diese Monografie war über viele Jahre für zahlreiche Gefäßchirurgen ein hilfreiches und instruktives Lehrbuch und gab wertvolle praktikable Therapievorschläge. Einer der damaligen renommierten Gefäßchirurgen Europas, der Niederländer Rene J.A.M van Dangen, hatte in seinem Geleitwort 1988 ausgeführt: „Gerade bei dem jetzigen Erfahrungsstand der rekonstruktiven Gefäßchirurgie und der wachsenden Zahl gefäßchirurgischer Eingriffe ist eine umfassende Übersicht über Behandlungsmöglichkeiten und Ergebnisse septischer Komplikationen ein Gebot der Stunde.“
Diese Aussage trifft auch 2019 weiterhin zu. Es ist ein Trugschluss, dass sich die Infektionssituation durch Minimierung des konventionell offenen bzw. endovaskulären interventionellen Vorgehens reduziert hätte. Allein für Europa wird eine Zunahme von aktuell 33000 auf 400000 Tote prognostiziert. Dabei wird ein Teil der Infektionen auf postoperative nosokomiale Infektionen, auch in der Gefäßmedizin, zurückzuführen sein.
Es ist Helmut Volkmar Zühlke zu danken, dass er die jetzige geforderte Aktualität umsetzt und eine vollständige Überarbeitung dieses wichtigen Themas in die Wege leitete. Die Änderung des Titels in „Septische Gefäßmedizin“ ist damit programmatisch.
Dieses Ziel konnte mit Hilfe namhafter Autoren beim Thieme Verlag Stuttgart erreicht werden. Es liegt ein erweitertes Gemeinschaftswerk von Gefäßmedizinern und Gefäßtherapeuten vor, welches dem aktuellen wissenschaftlichen Therapiestandard und differenzierten Handlungsoptionen vieler Entitäten in der Septischen Gefäßmedizin gerecht wird.
Eingang gefunden haben erneut Diagnostik und Therapie der infektiösen Komplikationen der offenen konventionellen Gefäßkonstruktionen aller Lokalisationen, inklusive der lebensbedrohlichen primären Infektionen der aortalen Strombahn, sowie der arteriellen und venösen Gefäße. Um vergleichbare Ausgangssituationen zu schaffen wurde die bewährte Stadieneinteilung der Tiefeninfektion von 1988 übernommen.
Die Epidemiologie, die Pathophysiologie und Prophylaxe der Infektionen werden ausführlich behandelt und mit aktueller Literatur unterlegt. Einen wichtigen Part nehmen die perioperativen antiinfektiösen Maßnahmen, die Prophylaxe sowie die medikamentöse Therapie ein. Neben den septischen Komplikationen konventioneller offener Rekonstruktionen werden auch endovaskuläre Techniken mit ihren Komplikationen ausführlich klinisch und diagnostisch kritisch dargestellt und Lösungsvorschläge vorgegeben. Auch andere infektiöse Komplikationen und Entitäten aus den Bereichen Katheter- und Portsysteme sowie der Phlebologie werden abgehandelt.
Es ist den Autoren gelungen, die vielfältigen Möglichkeiten der operativen Sanierung infizierter Gefäßareale in pragmatischer Weise darzustellen. Dazu gehören auch interventionelle Techniken zur Überbrückung des akuten lnfektionsstadiums. Die Therapieziele werden durch Algorithmen und an Hand von instruktiven Zeichnungen vorgegeben. Weiterhin werden die lnfektionen des diabetischen Fußes, Amputationen bei Versagen der revaskularisierenden Therapien sowie die septischen Komplikationen in der Herzchirurgie dargestellt. Ergänzend wird die Bedeutung der Viszeralchirurgie für durchzuführende transperitoneale Eingriffe abgehandelt.
Mit dem Buch zur „Septischen Gefäßmedizin“ wird allen beteiligten und interessierten Ärzten eine umfassende Übersicht in Klinik, Diagnostik und Therapie sowie ein grundlegender Ratgeber in Rehabilitation bei Revisionsoperationen an die Hand gegeben.
Durch Beachtung der vorgegebenen Ziele und Therapieoptionen wird es möglich, durch ein frühzeitiges, zielgerichtetes Handeln lebensbedrohliche Situationen und damit die schweren klinischen Auswirkungen bei einem Teil der betroffenen Patienten effizient zu bekämpfen, gravierende Verläufe zu mildern oder gar zu verhindern.
Lübeck, im Januar 2019
Prof. Dr. med. Peter Kujath
Infektionen in der Gefäßchirurgie, vor allem, wenn die Gefäßrekonstruktion selbst betroffen ist, stellen nicht nur das Operationsergebnis in Frage, sondern führen nicht selten auch zum Extremitätenverlust und bedrohen das Leben des Patienten. Wenn auch die Häufigkeit postoperativer Infektionen insgesamt gering ist, so versterben dennoch in Abhängigkeit von der Lokalisation der Infektion, vom Ausmaß der Revaskularisation und vom implantierten Material bis zu 30% der Patienten. Bei weiteren 30% wird eine Majoramputation notwendig. Nur bei etwa einem Drittel der Betroffenen kann die Infektion unter Funktions- und Extremitätenerhalt zur Ausheilung gebracht werden.
Über einen langen Zeitraum wurde die Bedeutung von Infektionen nicht nur auf dem Fachgebiet der Gefäßchirurgie unterschätzt. Die großen Epidemien schienen besiegt, Antibiotika standen bereit. Multiresistenzen, Multimorbiditäten, Immunsuppression sowie Demografiewandel und nosokomiale Infektion waren in der Vergangenheit noch keine alltäglich gebrauchten Schlagworte. Erstmals dokumentierte die 1988 von Zühlke und Harnoss publizierte Monografie „Septische Gefäßchirurgie“ umfassend die Problematik infektiöser Komplikationen. Das Interesse an ihr war bereits so groß, dass bald eine weitere Auflage folgte, die von Zühlke, Harnoss und Lorenz 1994 herausgegeben und um aktuelle Therapiestrategien zur Ausheilung einer Infektion erweitert wurde. Die Thematik hat sich im Laufe der Jahre nicht nur als Katalysator der medizinischen Forschung und Entwicklung erwiesen, sondern gewinnt zunehmend an Bedeutung in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Im Jahr 2004 wurden die Leitlinie „Perioperative Antibiotikaprophylaxe“ der AWMF veröffentlicht, 2008 die Leitlinie „Gefäßinfektion“ der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie. Inzwischen gehört ein externes Audit, z.B. durch ein Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS), zu den gesetzlichen Pflichten jeder gefäßchirurgischen Abteilung im Rahmen der Qualitätssicherung.
Dem Ziel des „Über-den-Tellerrand-Schauens“ Rechnung tragend wurde 2019 als Titel des neuen Buches die „Septische Gefäßmedizin“ gewählt. Im Jahr 2019 ist zu konstatieren, dass sich mit der Entwicklung endovaskulärer Techniken ein grundsätzlicher Wandel in der Therapie von Gefäßerkrankungen vollzogen hat. Es resultierte eine Minimierung des operativen bzw. interventionellen Traumas, begleitet von einer Senkung unmittelbar postoperativer Morbidität und Mortalität. Wie die Erfahrungen der letzten zwei Jahrzehnte gezeigt haben, sind auch endovaskuläre Maßnahmen von Infektionen betroffen, und zwar sowohl am Interventionsort selbst als auch beim eingebrachten Material sowie an der Zugangslokalisation. Auch in der Wundbehandlung ist eine Weiterentwicklung eingetreten. Die Einführung der Unterdrucktherapie sowie die Entwicklung moderner Verbandsstoffe für phasengerechtes Wundmanagement haben einen Wandel in der Behandlungsstrategie frisch infizierter und chronischer Wunden bewirkt.
Die Grundzüge der Therapie von Infektionen haben sich seit der 1. Auflage nicht wesentlich geändert. Eine Neubewertung und -gewichtung der Strategien erwies sich jedoch aufgrund der Wahrnehmung folgender Fortschrittsmerkmale als notwendig:
klinische Studien
neu entwickelte Technologien
Veränderungen der bakteriellen Resistenzlage, Einsatz neuer Antibiotika
Bewertung neuer diagnostischer Verfahren
Entwicklung „infektresistenter“ Prothesen
Die Kapitel der Epidemiologie, Pathophysiologie, Klinik und Diagnostik sowie der differenzierten Therapieoptionen und Standards wurden grundlegend überarbeitet und aktualisiert. Neue Kapitel wurden hinzugefügt, unter anderem die der Infektionen bei endovaskulären Techniken, der Bridging-Verfahren bei Infektionen sowie der Gefäßinfektion bei Drogenabusus. Leider ist aufgrund der limitierten Datenlage der vorliegende Evidenzgrad weiterhin gering. Die Erfassung von Infektionsort, Operationsmethode und verwendetem Prothesenmaterial im Rahmen eines multizentrischen Registers erscheint sinnvoll, um Details der Infektionsgenese, der Therapieverfahren und der Ergebnisse zu generieren.
Infektionen in der Gefäßmedizin stellen für alle Ärzte, die interdisziplinär im vaskulären Organsystem arbeiten, eine Herausforderung dar. Dieses Buch möchte die aktuelle Methodenvielfalt in der Diagnostik und Behandlung von entzündlichen Komplikationen umfänglich abbilden. Dazu werden Grundsätze und Standardverfahren sowie Alternativverfahren auf der Grundlage einer aktuellen Literaturrecherche dargestellt und kritisch diskutiert. Die ausgewiesenen Koautoren waren angehalten, relevante praktische Tipps in die Abhandlung einzuarbeiten. Das Buch versteht sich somit auch als Anleitung zum Handeln.
Prof. Dr. med. Helmut Volkmar ZühlkePD Dr. med. Roland ZippelProf. Dr. med. Zuhir Halloul
Das vorliegende Werk stellt einen längst überfälligen Beitrag zur anhaltenden aktuellen Thematik von Infektionen in einem Spezialgebiet der Humanmedizin dar. Infektionen nehmen nicht nur im Fachbereich der Medizin, sondern auch in der Öffentlichkeit und in den Medien eine immer bedeutendere Präsenz ein. Insofern war es notwendig, eine aktuelle umfassende Übersicht über die Diagnostik und Therapie von Infektionen in der Gefäßmedizin darzustellen.
Das komplexe Thema und die differenzierte Darstellung der Therapieoptionen von Infektionen der verschiedenen Entitäten führte zu einer längeren Reifungsphase des Buchprojektes. Die Expertise von ausgewiesenen Fachleuten, die sich über viele Jahre mit dem Grundthema des Buches beschäftigen, sowie die vorhandenen zahlreichen internationalen Publikationen erforderten eine umfangreiche Themenausarbeitungen und Detailkonzeptionen.
Dabei dem Buch die assoziierte fachlich-kollegiale Zusammenarbeit der Autoren zugute. Diese führte zu einer evidenzbasierten und leitliniengerechten Therapie in der septischen Gefäßmedizin.
Ohne die entgegenkommende, offene und konstruktive Bereitschaft aller aufgeführten Buchkapitelautoren, Kollegen und Freunden wäre diese Neuauflage nicht möglich gewesen. Ihnen danke ich sehr. Auch diejenigen, die in dem Buch nicht explizit namentlich genannt sind, gebührt im Namen der Herausgeberschaft mein Dank. Ohne sie alle wäre dieses Buch nicht zu realisieren gewesen.
Meinen Mitherausgebern Zuhir Halloul und Roland Zippel danke ich für die kooperative, kollegiale und freundschaftliche Zusammenarbeit, konstruktiven Diskussionen sowie kritische Durchsicht und Korrekturen.
Ein besonderer Dank gilt Herrn Kollegen Frank Meyer für seine wertvolle editorielle Assistenz und seine geduldige, konstruktive Mitarbeit und unermüdliche Unterstützung. Herrn Sebastian Kerber danke ich für die IT-Unterstützung im Rahmen der hundertfach vorhandenen fotografischen Dokumentation sowie für die konzeptionelle Umsetzung und Bearbeitung des vorhandenen Bildmaterials.
Die Anzeigen der verschiedenen Produkte in diesem Buch dokumentieren das Interesse der beteiligten Firmen und Ihre wertvolle Unterstützung. Ihnen sei ein besonderer Dank ausgesprochen.
Nicht zuletzt darf ich mich auch im Namen der Mitherausgeber und aller Autoren für die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit beim Thieme Verlag bedanken hinsichtlich der unendlich mühevollen Detailarbeit und Umsetzung der zahlreichen Fragen zur Gestaltung und Produktion dieses Buches.
Lutherstadt Wittenberg, im Dezember 2018
Prof. Dr. med. Helmut Volkmar Zühlke
A./Aa.
Arteria/Arteriae
ACI
Arteria carotis interna
AFS
Arteria femoralis superficialis
AFC
Arteria femoralis communis
AIE
Arteria iliaca externa
APF
Arteria profunda femoris
ASA
American Society of Anesthesiologists
ASS
Aspirin
ATP
Adenosintriphosphat
AVK
Arterielle Verschlusskrankheit
Ch, Charr.
Charrière
CT
Computertomografie
CTA
Computertomografie-Angiografie
DCE MRT
dynamische kontrastmittelverstärkte MRT
DNA
Desoxyribonukleinsäure
DSA
digitale Subtraktionsangiografie
ESC
European Society of Cardiology
EVAR
endovaskuläres Aortenrepair
FKDS
farbkodierte Duplexsonografie
Gy
Gray
ID
Infektionsdosis
IMRT
Intensitäts-modulierte Radiotherapie
KEA
Karotisendarteriektomie
KAS
Karotisarterienstentung
LD
letale Dosis
MRA
Magnetresonanzangiografie
MRGN
multiresistente gramnegative Bakterien
MRSA
Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
MRT
Magnetresonanztomografie
NF-κB
Nuclear Factor-κB
OP
Operation(ssaal)
pAVK
periphere arterielle Verschlusskrankheit
PET-CT
Positronenemissionstomografie-Computertomografie
PMN
polymorphkernige neutrophile Granulozyten
PTA
perkutane transluminale Angioplastie
PTFE
Polytetrafluorethylen
RIN
radiogen induzierte Neuropathie
ROS
reactive oxygen species
SVS
Society of Vascular Surgery
TEA
Thrombendarteriektomie
TEVAR
thorakales endovaskuläres Aortenrepair
TIA
Transitorisch ischämische Attacke
TNFα
Tumornekrosefaktor alpha
VAC
Vakuum
VEGF
Vascular Endothelial-derived Growth Factor
V./Vv.
Vena/Venae
VSM
Vena spahena magna
VSP
Vena saphena parva
WHO
World Health Organization
Z.n.
Zustand nach
Titelei
Über die Herausgeber
Geleitwort
Vorwort
Danksagung
Abkürzungsverzeichnis
1 Rekonstruktion der arteriellen Strombahn – ein historischer Rückblick
1.1 Einführung
1.2 Entwicklung und Anwendung gefäßprothetischer Materialien
1.2.1 Autogener Gefäßersatz
1.2.2 Allogener Gefäßersatz
1.2.3 Xenogener Gefäßersatz
1.2.4 Alloplastischer Gefäßersatz
1.3 Gefäßmodellierung
1.4 Literatur
2 Epidemiologie, Inzidenz und klinische Manifestation septischer Gefäßkomplikationen
2.1 Postoperative Infektionsgefährdung und -disposition chirurgischer Patienten
2.1.1 Risikofaktoren für postoperative Wundinfektionen
2.1.2 Prävention postoperativer Wundinfektionen
2.1.3 Literatur
2.2 Postoperative Infektionen in der Gefäßchirurgie
2.2.1 Definition und Klassifikation postoperativer Infektionen nach gefäßrekonstruktiven Eingriffen
2.2.2 Inzidenz septischer Gefäßkomplikationen
2.2.3 Inzidenz im zeitlichen Verlauf
2.2.4 Literatur
2.3 Pathogenese postoperativer Infektionen nach gefäßrekonstruktiven Eingriffen
2.3.1 Endogene und exogene Infektionswege
2.3.2 Pathogenetische Infektionsmöglichkeiten und -wege
2.3.3 Einflussfaktoren auf die Immunkompetenz des Patienten
2.3.4 Erregeraffinität und Pathogenese
2.3.5 Literatur
2.4 Zeitpunkt gefäßprothetischer Infektionen
2.4.1 Frühe und späte Infektionsmanifestation
2.4.2 Infektionsmanifestation – Symptomatik und Lokalisation
2.4.3 Infektionsmanifestation – klinische Ergebnisse
2.4.4 Literatur
2.5 Lokalisation gefäßprothetischer Infektionen
2.5.1 Supraaortale Gefäßrekonstruktion
2.5.2 Aortofemorale Gefäßrekonstruktion
2.5.3 Inguinale Gefäßrekonstruktion
2.5.4 Literatur
2.6 Infektionsgefährdung unterschiedlicher gefäßprothetischer Materialien
2.6.1 Autogener Venenbypass
2.6.2 Bioprothese
2.6.3 Alloplastische Gefäßprothese
2.6.4 Literatur
2.7 Spezifische Infektionsprobleme alloplastischer Gefäßprothesen
2.7.1 Sekundäre Endothelisierung
2.7.2 Transitorische Bakteriämie
2.7.3 Bakterielle Adhärenz
2.7.4 Literatur
2.8 Infektionsbegünstigende Faktoren in der Gefäßchirurgie
2.8.1 Stadium der chronischen arteriellen Verschlusskrankheit
2.8.2 Reintervention bei gefäßchirurgischen Eingriffen
2.8.3 Akute gefäßrekonstruktive Intervention
2.8.4 Literatur
2.9 Infektionsdisponierende Faktoren des gefäßkranken Patienten
2.9.1 Komorbiditäten
2.9.2 Ernährung und Immunstatus
2.9.3 Präoperative perkutane Arteriografie
2.9.4 Literatur
2.10 Symptomatik infektiöser Komplikationen nach gefäßrekonstruktiven Eingriffen
2.10.1 Symptomatik oberflächlicher Infektionen
2.10.2 Symptomatik tiefer Infektionen
2.10.3 Symptomatik spätmanifester Infektionen
2.10.4 Literatur
3 Infektionen des Gefäßsystems, Pathophysiologie bakterieller Gefäßkomplikationen, antibiotische Therapie
3.1 Einleitung
3.2 Allgemeine Grundlagen der Infektionslehre
3.2.1 Pathogenität, Virulenz, Infektiosität und Kontagiosität
3.2.2 Virulenzfaktoren
3.2.3 Entzündung
3.2.4 Infektion
3.2.5 Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS)
3.2.6 Sepsis
3.2.7 Septischer Schock
3.2.8 Sepsis-Syndrom
3.2.9 Toll-like-Rezeptoren
3.3 Epidemiologie von Protheseninfektionen
3.3.1 Bakterielle Erreger
3.3.2 Antibiotische Therapie
3.3.3 Resistente Erreger
3.4 Literatur
4 Die infizierte Arterie
4.1 Geschichte
4.2 Pathogenese
4.3 Definition und Einteilung
4.3.1 Mykotisches Aneurysma
4.3.2 Infiziertes Aneurysma
4.3.3 Mikrobielle Arteriitis
4.3.4 Infiziertes posttraumatisches Pseudoaneurysma
4.3.5 Arteriitis durch fortgeleitete Umgebungsinfektion
4.3.6 Arteriitis unterschiedlicher Genese
4.3.7 Infiziertes Nahtaneurysma
4.4 Lokalisation
4.5 Diagnose
4.5.1 Anamnese
4.5.2 Klinik
4.5.3 Apparative Diagnostik
4.6 Therapie
4.7 Literatur
5 Allgemeine Therapiemaßnahmen
5.1 Das infizierte Gefäß
5.1.1 Problemstellung
5.1.2 Operative Strategie
5.1.3 Drainage und Spülbehandlung
5.1.4 Literatur
5.2 Die infizierte Wunde
5.2.1 Einteilung
5.2.2 Wundinspektion
5.2.3 Phasen der Wundheilung
5.2.4 Unterdruck-(Vakuum-)Therapie
5.2.5 Fasziotomie bei Kompartmentsyndrom
5.2.6 Literatur
5.3 Wundverschluss als Infektionsprophylaxe
5.3.1 Literatur
5.4 Organperforationen im Abdomen
5.4.1 Literatur
6 Prinzipien der modernen Wundbehandlung
6.1 Definition
6.1.1 Die akute Wunde
6.1.2 Die chronische Wunde
6.1.3 Ulkus (Geschwür)
6.2 Evidenzanalyse
6.3 Diagnostik
6.3.1 Größenmessung und subjektive Beschreibung der Wunde
6.3.2 Digitale Wundanalyse
6.3.3 Hyperspektralanalyse
6.3.4 Scores und Erfolgsmessung
6.4 Therapie
6.4.1 Spezielle lokale Prophylaxe- und Therapiemaßnahmen
6.4.2 Praktisches Vorgehen beim Verbandwechsel
6.4.3 Antiseptika
6.4.4 Wundauflagen
6.4.5 Lokale Unterdrucktherapie
6.4.6 Wunddébridement
6.4.7 Einfluss von Pharmaka auf die Wundheilung
6.4.8 Literatur
7 Glutealnekrose
7.1 Definition und Ursachen
7.2 Anatomie
7.3 Pathophysiologie
7.4 Therapie
7.5 Diskussion
7.6 Literatur
8 Gefäßersatz in der Infektion
8.1 Autogenes und alloplastisches Material
8.1.1 Problemstellung
8.1.2 Autogenes Material
8.1.3 Alloplastisches Material
8.1.4 Ergebnisse experimenteller Untersuchungen
8.1.5 Klinische Ergebnisse
8.1.6 Abschließende Beurteilung
8.1.7 Praxisempfehlungen
8.1.8 Literatur
8.2 Allogenes und xenogenes Material
8.2.1 Allogenes Material
8.2.2 Xenogenes Material
8.2.3 Literatur
9 Nahtmaterial
9.1 Problemstellung
9.2 Anforderungen an Nahtmaterial
9.3 Einsatzgebiete der verschiedenen Nahtmaterialien
9.3.1 Resorbierbares Nahtmaterial
9.3.2 Antiseptisches Nahtmaterial
9.3.3 Nahtmaterial im infizierten Areal
9.4 Literatur
10 Autogene Rekonstruktion
10.1 Aortoiliakofemorale Gefäßachse
10.2 Leistenregion
10.3 Femoropopliteale Gefäßachse
10.3.1 Frühinfektionen
10.3.2 Langer Hautschnitt
10.3.3 Autogene Bypassverfahren
10.3.4 Prothesenimplantation
10.3.5 Bypassinfektion mit Anschluss im 3. Poplitealsegment oder krural
10.3.6 Beteiligung beider Leisten
10.3.7 Extraanatomischer Bypass
10.3.8 In-situ-Rekonstruktion mit Hilfe der V. femoralis communis
10.4 Andere Infektionslokalisationen
10.4.1 A. carotis communis und A. carotis interna
10.4.2 Intestinalarterien
10.5 Literatur
11 Spezielle Therapien in der Infektion
11.1 Extraanatomische Bypassverfahren
11.1.1 Umgehung der Subklavia-Axillar-Region
11.1.2 Umgehung des Retroperitoneums
11.1.3 Umgehung der Inguinalregion
11.1.4 Umgehung der distalen Oberschenkel- bzw. proximalen Unterschenkeletage
11.1.5 Literatur
11.2 Endoluminale Bridging-Verfahren
11.2.1 Problemstellung
11.2.2 Indikation
11.2.3 Klinisches Bild und Diagnostik bei Patienten mit Blutungskomplikationen
11.2.4 Primäre/sekundäre aortoenterale Fistel
11.2.5 Ureteroarterielle Fistel
11.2.6 Traumatische Gefäßverletzungen im Kindesalter
11.2.7 Ergebnisse
11.2.8 Literatur
12 Biologische Sicherungsoperation
12.1 Problemstellung
12.2 Omentumtransposition
12.2.1 Gestielte Netzsegmente
12.2.2 Gestielte Netzlappenplastik
12.2.3 Technik der Netzpräparation
12.2.4 Indikationen und Ergebnisse
12.3 Myokutane Lappenplastik
12.4 Muskeltransposition
12.4.1 Sartoriustransposition
12.4.2 Transposition des M. rectus femoris
12.5 Versenkungsoperation
12.6 Andere Materialien zur Prothesenbedeckung
12.7 Additive lokale Therapiemaßnahmen
12.8 Literatur
13 Diagnostik retroperitonealer Gefäßprotheseninfektionen
13.1 Problemstellung
13.2 Computertomografie
13.3 Magnetresonanztomografie (MRT)
13.4 Sonografie
13.5 Szintigrafie und Positronenemissionstomografie (PET)
13.6 Endoskopie
13.7 Angiografie
13.8 Kontrastmitteluntersuchungen
13.9 Praktische Anwendung
13.10 Literatur
14 Die infizierte Gefäßrekonstruktion
14.1 Retroperitoneale Protheseninfektion
14.1.1 Problemstellung
14.1.2 Diagnostische Verfahren
14.1.3 Frühinfektionen
14.1.4 Spätinfektionen
14.1.5 Literatur
14.2 Aortointestinale Fistel
14.2.1 Einteilung
14.2.2 Pathogenese
14.2.3 Klinik
14.2.4 Inzidenz
14.2.5 Lokalisation
14.2.6 Diagnostik
14.2.7 Therapie in der Blutung
14.2.8 Literatur
14.3 Infrainguinale Protheseninfektion
14.3.1 Problemstellung
14.3.2 Pathogenese
14.3.3 Inzidenz
14.3.4 Lokalisation
14.3.5 Bakteriologie
14.3.6 Klinik
14.3.7 Diagnostik
14.3.8 Therapie
14.3.9 Literatur
14.4 Femoropopliteale Protheseninfektion
14.4.1 Frühinfektion
14.4.2 Spätinfektion
14.4.3 Ergebnisse
14.4.4 Literatur
14.5 Infektion extraanatomischer Bypässe
14.5.1 Problemstellung
14.5.2 Klinik und Diagnostik
14.5.3 Therapie
14.5.4 Literatur
15 Infektionen nach endovaskulären Therapieverfahren
15.1 Historie
15.2 Problemstellung
15.3 Klassifikation
15.4 Ätiologie
15.4.1 Kontaminationswege und prädisponierende Risikofaktoren
15.4.2 Inzidenz
15.4.3 Erregerspektrum
15.5 Diagnostik
15.6 Therapie
15.6.1 Endograftinfekt nach TEVAR
15.6.2 Endograftinfekt nach EVAR
15.6.3 Endograftinfekt nach Karotisangioplastie
15.7 Literatur
16 Infektionen im Bereich der Viszeralarterien
16.1 Ätiologie, klinisches Erscheinungsbild und Epidemiologie
16.2 Lokalisationen, klinische Manifestationen und diagnostisches Vorgehen
16.3 Endovaskuläre Therapie
16.3.1 Leberarterien
16.3.2 A. gastroduodenalis
16.3.3 A. lienalis
16.3.4 A. mesenterica superior
16.3.5 Aa. pancreaticoduodenales
16.3.6 A. renalis
16.4 Chirurgische Therapie und Differenzialindikation
16.5 Literatur
17 Viszeralchirurgische Aspekte in der Gefäßchirurgie
17.1 Problemstellung
17.2 Zugangswege zum Abdomen
17.2.1 Medianer Zugang
17.2.2 Pararektaler Zugang
17.2.3 Retroperitonealer Zugang
17.2.4 Weitere Zugangswege
17.2.5 Wahl des geeignetsten Zugangswegs
17.3 Operationstechnische Besonderheiten
17.4 Operationsreihenfolge
17.5 Komplikationen
17.6 Akute mesenteriale Ischämie
17.6.1 Problemstellung
17.6.2 Kollateralkreisläufe
17.6.3 Ursachen und Krankheitsentstehung
17.6.4 Diagnosestellung
17.6.5 Gefäßchirurgische Therapieoptionen
17.6.6 Therapeutische Ansätze und Aufgaben des Viszeralchirurgen
17.7 Postoperative und postinterventionelle Darmischämie
17.7.1 Postoperative ischämische Kolonnekrose
17.7.2 Transmurale Nekrose
17.7.3 Enterovaskuläre Fistel
17.8 Traumen mit kombinierten Gefäß- und viszeralen Läsionen
17.9 Postoperative Komplikationen nach Gefäßeingriffen
17.9.1 Peritonitis
17.9.2 Therapie von Folgezuständen nach gefäßmedizinischen Maßnahmen
17.10 Literatur
17.11 Weiterführende Literatur
18 Nahtaneurysma
18.1 Definition und Einteilung
18.2 Inzidenz und Bedeutung
18.3 Ursachen und Krankheitsentstehung
18.3.1 Systemische und lokale Faktoren
18.3.2 Empfängerarterie
18.3.3 Physikalische Kräfte
18.3.4 Material
18.3.5 Infektionen und Wundheilungsstörungen
18.4 Ausgewählte Aneurysmalokalisationen
18.4.1 Aortoiliakales Pseudoaneurysma
18.4.2 Inguinales Nahtaneurysma
18.4.3 Nahtaneurysmen nach Karotisthrombendarteriektomie
18.5 Prophylaxe
18.6 Literatur
19 Inflammatorisches Aneurysma
19.1 Definition und Einordnung
19.2 Ätiologie
19.3 Häufigkeit
19.4 Klinik
19.5 Diagnostik
19.6 Therapie
19.7 Literatur
20 Zugangschirurgie zur intravenösen Medikamentengabe, Ernährung und Hämodialyse
20.1 Einleitung
20.2 Entwicklung von Kathetern und Shunts
20.3 Infektionen bei Kathetern und Ports
20.4 Indikationen, Risikofaktoren und Vermeidung von Komplikationen
20.5 Komplikationen von Hämodialyse-Shunts
20.5.1 Nonmaturation – fehlende Reifung der arteriovenösen Fistel
20.5.2 Gefäßstenose, Shuntvenenektasie, distale Ischämie und Punktionsaneurysma
20.5.3 Thrombosen/Verschlüsse
20.5.4 Infektionen
20.6 Differenziertes Vorgehen bei Shuntinfektionen
20.6.1 Frühinfekt – Spätinfekt
20.6.2 Lokalisierte und generalisierte Infektion
20.6.3 Desinfektion, Antibiotikaprophylaxe und -therapie
20.7 Literatur
21 Gefäßverletzungen
21.1 Bedeutung und Historie
21.2 Häufigkeit, Einteilung und Pathogenese
21.3 Diagnostik
21.4 Therapie
21.4.1 Allgemeines Vorgehen
21.4.2 Rekonstruktionsarten/-techniken
21.4.3 Lokalisationen
21.4.4 Kontaminationsgrad
21.4.5 Besonderheiten der Therapie bei Kindern
21.4.6 Interventionelle Therapiemöglichkeiten
21.4.7 Postoperative Antikoagulation
21.5 Fallbeispiele
21.5.1 Iatrogene Verletzung der A. poplitea
21.5.2 Gefäßverletzung der A. tibialis anterior und A. dorsalis pedis rechts bei Z.n. Tibiaschaftfraktur am rechten Unterschenkel
21.5.3 Traumatische Verletzung der A. axillaris bei Z.n. Humerus-Trümmerfraktur
21.5.4 Gefäßverletzung im Bereich der A. brachialis rechts bei Z.n. suprakondylärer Humerusfraktur rechts mit geschlossener Reposition und Stabilisierung mittels Spickungsdrähten
21.5.5 Traumatische Verletzung der thorakalen Aorta descendens (loco typico) bei Polytraumatisierung
21.5.6 Iatrogene Verletzung der A. hepatica dextra bei Zustand während laparoskopischer Cholezystektomie
21.6 Literatur
22 Infektionen bei Drogensüchtigen
22.1 Bedeutung und Definition
22.2 Pathophysiologie
22.3 Diagnostik
22.3.1 Nachgewiesenes Erregerspektrum
22.4 Therapie
22.4.1 Antimikrobielle Chemotherapie
22.4.2 Operativer Eingriff
22.4.3 Psychiatrisches Konsil
22.5 Prognose
22.6 Literatur
23 Radiogene Vaskulopathie
23.1 Einleitung
23.2 Auftreten in verschiedenen Gefäßgebieten
23.3 Pathogenese
23.4 Klinische Manifestation und Diagnostik
23.5 Therapie
23.5.1 Konservative Behandlungsoptionen
23.5.2 Indikationen und Möglichkeiten der invasiven Therapie
23.6 Literatur
24 Infektion in der Venenchirurgie
24.1 Einleitung
24.2 Definitionen
24.3 Ätiologie
24.4 Epidemiologie
24.5 Sonderformen
24.5.1 Septische Thrombose
24.6 Diagnostik
24.6.1 Apparative Verfahren
24.7 Therapie
24.7.1 Konservative Therapie
24.7.2 Invasive Therapie
24.7.3 Spezielle Therapie ausgewählter Verlaufsformen
24.8 Literatur
25 Lymphologische Aspekte in der septischen Gefäßchirurgie
25.1 Problemstellung
25.2 Lymphbahnen der oberen und unteren Extremität
25.2.1 Grundlagen
25.2.2 Lymphbahnen der oberen Extremität
25.2.3 Lymphbahnen der unteren Extremität
25.3 Lymphozele und Lymphfistel
25.3.1 Definition
25.3.2 Ätiologie und Pathogenese
25.3.3 Differenzialdiagnose
25.3.4 Diagnostik
25.3.5 Therapie
25.3.6 Prophylaxe
25.4 Periprothetisches Serom – aseptische Perigraftreaktion
25.4.1 Problemstellung
25.4.2 Definition
25.4.3 Klinik und Diagnostik
25.4.4 Ätiologie und Pathogenese
25.4.5 Histologie
25.4.6 Therapie
25.5 Erysipel
25.5.1 Ätiologie und Pathogenese
25.5.2 Klinik und Diagnostik
25.5.3 Differenzialdiagnose
25.5.4 Therapie
25.6 Postoperatives Revaskularisationssyndrom
25.6.1 Definition
25.6.2 Pathophysiologie und Klinik
25.6.3 Therapie
25.7 Lymphödem
25.7.1 Definition
25.7.2 Ätiologie und Pathogenese
25.7.3 Klinik
25.7.4 Diagnostik
25.7.5 Therapie
25.8 Postoperatives Extremitätenödem
25.8.1 Pathogenese
25.8.2 Therapie
25.9 Literatur
26 Postoperative Wundheilungsstörungen im Sternalbereich
26.1 Problemstellung
26.2 Definition und Pathogenese
26.3 Vorbeugende OP-Technik
26.4 Diagnostik
26.5 Therapie
26.5.1 Entwicklung
26.5.2 Ziel der Rekonstruktion
26.5.3 Patientenvorbereitung
26.5.4 Vakuumtherapie
26.5.5 Rekonstruktion
26.6 Literatur
27 Revisionen nach tiefer Infektion
27.1 Problemstellung
27.2 Diagnostik
27.3 Indikation
27.4 Operatives Vorgehen
27.5 Lokoregionäre Fibrinolyse und endovaskuläre Therapien
27.6 Literatur
28 Gefäßchirurgie beim diabetischen Fußsyndrom (inkl. Amputation)
28.1 Definition, Historie und Einteilung
28.1.1 Typ-I-Diabetes mellitus
28.1.2 Typ-II-Diabetes mellitus
28.1.3 Metabolisches Syndrom
28.2 Pathophysiologie
28.2.1 Diabetische Polyneuropathie
28.2.2 Diabetische Angiopathie
28.3 Klinik
28.3.1 Kompartmentsyndrom
28.3.2 Veränderte Statik des diabetischen Fußes
28.3.3 Osteoarthropathie
28.3.4 Mykosen
28.4 Diagnostik
28.4.1 Klinische Untersuchung
28.4.2 Angiografie
28.4.3 Biomechanik des Fußes
28.4.4 Mikrobiologische Erregerdiagnostik
28.5 Therapie
28.5.1 Konservative Therapie
28.5.2 Operative Therapie
28.6 Literatur
29 Amputation
29.1 Definition
29.2 Einteilung
29.3 Anforderungen an die Amputation bzw. den Amputationsstumpf
29.4 Indikationsstellung und Zeitpunkt der Amputation
29.5 Notwendige Diagnostik
29.6 Definition der Amputationshöhe
29.7 Allgemeine Grundsätze
29.8 Minoramputationen
29.8.1 Zehenamputation
29.8.2 Transmetatarsale Amputation/Vorfußamputation
29.8.3 Sprunggelenknahe Amputation
29.9 Majoramputationen
29.9.1 Unterschenkelamputation
29.9.2 Kniegelenkexartikulation
29.9.3 Oberschenkelamputation
29.9.4 Hüftgelenkexartikulation
29.10 Literatur
30 Schicksal der Gefäßprothese nach Majoramputation
30.1 Problemstellung
30.2 Befundkonstellationen
30.2.1 Amputation fernab der intakten Gefäßrekonstruktion ohne wesentliche Beeinträchtigung des Abstroms
30.2.2 Die Amputation schränkt den Abstrom über die intakte Gefäßrekonstruktion ein
30.2.3 Die Gefäßrekonstruktion durchzieht die infektfreie Amputationsebene bei intakter Inkorporation der Gefäßprothese
30.2.4 Eine (potenziell) infizierte oder noch nicht inkorporierte Gefäßrekonstruktion durchzieht die Amputationsebene
30.2.5 Persistierender Wundinfekt im Amputationsstumpf bei belassenen Anteilen der alloplastischen Prothese
30.2.6 Chronische Infektion im Bypasslager mit Abszedierung, Fistelbildung und/oder septischer Blutung
30.3 Operativ-taktisches Vorgehen
30.4 Literatur
31 Therapie und Prophylaxe von Wundinfektionen nach gefäßchirurgischen Operationen
31.1 Infektionsraten
31.2 Systemische antibiotische Infektionsprophylaxe
31.2.1 Perioperative antibiotische Prophylaxe (PAP)
31.2.2 Pharmakokinetik
31.2.3 Erreger von SSI nach gefäßrekonstruktiven Eingriffen
31.2.4 Wirksamkeit antibiotischer Prophylaxe bei gefäßrekonstruktiven Eingriffen
31.2.5 Perioperative Prophylaxe in der Gefäßchirurgie – generell oder individuell?
31.2.6 Protrahierte postoperative antibiotische Prophylaxe
31.2.7 Geeignete Antibiotika für die perioperative Prophylaxe
31.3 Therapie septischer Komplikationen in der Gefäßchirurgie
31.3.1 Antibiotische Therapie
31.3.2 Infusionstherapie
31.4 Lokale antibiotische Infektionsprophylaxe
31.4.1 Antibiotisches Preclotting alloplastischer Gefäßprothesen
31.4.2 Antibiotikaanreicherung in alloplastischen Gefäßprothesen
31.5 Lokale antiseptische Infektionsprophylaxe
31.6 Präventivmaßnahmen zur Infektionsprophylaxe
31.6.1 Präoperative Maßnahmen
31.6.2 Perioperative Maßnahmen
31.6.3 Intraoperative Maßnahmen
31.6.4 Postoperative Maßnahmen
31.6.5 Rahmenbedingungen
31.7 Literatur
Anschriften
Sachverzeichnis
Impressum
H. Zühlke, E. Zühlke
Operative Eingriffe am Gefäßsystem des Menschen finden bereits in den Überlieferungen der griechischen und römischen Medizin Erwähnung. Sie beschränkten sich jedoch auf die Versorgung traumatischer oder iatrogener Gefäßläsionen durch Ligatur oder Koagulation mittels Brenneisen, um lebensbedrohlichen Blutungen zu begegnen. Diese oft verstümmelnde Methode mit konsekutiver Ischämie und Nekrose wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beibehalten. Als Kasuistik publizierte 1759 der englische Chirurg Hallowell die erste erfolgreiche Rekonstruktion einer iatrogenen Läsion der A. brachialis mit „seitlich umschlungener Nahttechnik“. Dieser Eingriff blieb als Einzelfall ohne Einfluss auf die damals üblichen Operationstechniken und ohne Wiederholung für mehr als 100 Jahre.
Erst die Anlage einer anterolateralen Anastomose zwischen Pfortader und V. cava inferior durch den russischen Chirurgen von Eck (1877) bedeutete einen weiteren Fortschritt in der Chirurgie der Gefäße. Die nach von Eck benannte Fistel ist mit einer Vielzahl von Variationen ein bis heute gültiges Konzept in der Behandlung der portalen Hypertension, wenn auch die transluminalen Verfahren wie der transjuguläre intrahepatische portosystemische Stent-Shunt (TIPS) heute bevorzugt werden.
Tierexperimentelle Untersuchungen bereiteten Ende des 19. Jahrhunderts den Weg für eine rekonstruktive Gefäßchirurgie. Jaboulay (1896), Jassinowsky und Dörfler (1899) erprobten allschichtige Einzelknopfnahttechniken an Gefäßen in unterschiedlichen Modifikationen. Alternativ erfolgten Versuche der Gefäßanastomosierung mit Fremdmaterialien in Form eines Glaszylinders durch Abbe (1894), eines Hohlzylinders durch Nitze (1897) oder eines „auflösbaren Magnesiumzylinders“ durch Payr (1900). Dieser erstmalige Einsatz alloplastischen Materials hatte allerdings weniger einen Gefäßersatz zum Ziel als vielmehr eine suffiziente Anastomose mit ausreichendem Lumen.
Der erste wirklich gefäßrekonstruktive Eingriff am Menschen mit dem Ziel der Überbrückung einer Defektzone gelang 1897 dem amerikanischen Chirurgen John B. Murphy. Er resezierte ein traumatisiertes Femoralissegment und rekonstruierte das Gefäß mit einer zirkulären invaginierenden Nahttechnik. Bereits ein Jahr später beschrieb Gluck (1898) die erfolgreiche Überbrückung eines Defekts in der A. carotis durch ein gleichseitig ausgeschaltetes Segment der V. jugularis.
Es ist der Verdienst von A. Carrel und C. C. Guthrie, 1906 in systematischen Untersuchungen zur experimentellen Gefäßchirurgie die Basis für ein teilweise bis heute unverändert gültiges operationstechnisches Vorgehen bei wiederherstellenden Gefäßeingriffen geschaffen zu haben. Die Nutzung allogener Venentransplantate als Gefäßersatz, die Erweiterungs- und Patch-Plastik stenotischer Gefäßabschnitte oder die fortlaufende überwendliche Gefäßnaht sind Ergebnisse ihrer Untersuchungen. Auch die erste Transplantation eines Hundekopfes, 50 Jahre vor den oft zitierten gleichartigen Versuchen von Wladimir Demichow, einem bedeutenden russischen Forscher auf dem Sektor der Organtransplantation, wird der gleichen Arbeitsgruppe zugeschrieben ▶ [11], ▶ [23], ▶ [26]. Diese richtungsweisenden Untersuchungen wurden 1912 durch den Nobelpreis gewürdigt, der mit einer gewissen Zufälligkeit lediglich A. Carrel und nicht auch C. C. Guthrie zuerkannt wurde.
Goyanes (1906) und Lexer (1907) gelang es, traumatische arterielle Aneurysmen mit autogenen Venensegmenten zu überbrücken. Diese Methode fand ebenso wie die von Ernst Jeger 1913 weiterentwickelte Bypasstechnik erstmals bei der Versorgung von Gefäßverletzungen im Ersten Weltkrieg breite Anwendung. Gleichzeitig wurde dabei jedoch auch offensichtlich, dass zahlreiche infektionsbedingte Komplikationen die Ergebnisse akuter gefäßrekonstruktiver Eingriffe beeinträchtigen ▶ [14].
Der gedankliche Ansatz, obstruierte oder traumatisierte Gefäßsegmente durch künstliche Blutleiter zu ersetzen, ist logisch und folgerichtig. Die erste versuchsweise Anwendung alloplastischer Materialien wird bereits aus dem späten Mittelalter überliefert. Vesalius erprobte 1542 Strohhalme, um damit die Oberschenkelarterie von Hunden zu ersetzen. Wie zu erwarten war, scheiterten diese Versuche ausnahmslos an frühzeitigem, thrombotisch bedingtem Transplantatverschluss. Die gleichen Erfahrungen machte Horsley Anfang dieses Jahrhunderts (1915) mit der aussichtslosen Anwendung verschiedenartiger Zylinder aus Silber, Glas oder Gummi.
Die klinische Anwendung der von Carrel und Guthrie tierexperimentell erprobten auto- und allogenen Gefäßtransplantate blieb zunächst auf den Zeitraum des Ersten Weltkriegs und fast ausschließlich auf traumatische Gefäßdefekte beschränkt. Erst die Einführung moderner Narkosetechniken, gerinnungshemmender Medikamente und jederzeit verfügbarer Infusionslösungen ermöglichte einen weiteren Fortschritt im Hinblick auf eine rekonstruktive Gefäßchirurgie. Der französische Chirurg Kulin griff 1949 die Methode des Gefäßinterponats erneut auf. Er nutzte erstmalig die V. saphena magna zur Überbrückung („Pontage“) eines femoropoplitealen Gefäßverschlusses, ein Material und eine Technik, die noch heute als Bypass Anwendung findet. Die Vene und die Technik werden heute weiterhin routinemäßig und zahlreich eingesetzt.
Damit war der Anfang zur operativen Therapie der arteriellen Verschlusskrankheit gemacht. Breite klinische Anwendung fanden autogene Venentransplantate mit Beginn der 1960er Jahre, als die hohen Versagerquoten alloplastischer Gefäßprothesen und langstreckiger, halbgeschlossener Thrombendarteriektomien im infrainguinalen Bereich offensichtlich wurden ( ▶ Abb. 1.1).
Abb. 1.1 Die Enfernung des okkludierenden Verschlusszylinders ist aufgrund des anatomischen Schichtaufbaus logisch und folgerichtig.
Abb. 1.1a Langstreckiger Intimazylinder nach halbgeschlossener Desobliteration der A. femoralis superficialis über eine Arteriotomie der A. femoralis communis und der distalen A. femoralis superficialis.
Abb. 1.1b Vollständiger Intimazylinder nach Desobliteration der Beckenetage über Arteriotomien der A. femoralis communis und A. iliaca communis beidseits. Mit dieser Technik ist die aortofemorale Gefäßachse beidseits wieder frei durchgängig.
Überzeugende Langzeitergebnisse machen die autogene Vene, ob als V. saphena magna oder V. femoralis superficialis, bis heute zur universalen Gefäßprothese bei peripherer Verschlusslokalisation und auch zentral bei Obstruktionen von Gefäßen mit entsprechendem Kaliber wie den Nierenarterien oder den Koronarien. Entscheidende, unübertroffene Vorteile autogener Venen sind die antithrombogene Eigenschaft des vitalen Endothels und die hohe Infektresistenz des biologischen Gefäßersatzes. Sie toleriert daher besser als jedes andere Bypassmaterial Einschränkungen und Störungen des Blutstroms, bedingt durch Stenosen der Ein- oder Ausstrombahn oder Abknickungen in der Bypassführung. Insbesondere für die gelenküberschreitende Bypass-Strecke ist die autogene Vene ohne vergleichbare Alternative. Die Infektresistenz macht sie zum universalen Gefäßersatz in infizierten oder kontaminierten Bereichen ( ▶ Abb. 1.2).
Abb. 1.2 Die V. saphena magna stellt auch weiterhin den idealen Gefäßersatz in Bezug auf das Infektionsrisiko und das Langzeitergebnis dar. Aufgrund der vielfachen Varianten der Vene kann auch eine gedoppelte V. saphena magna nach sorgfältiger Präparation zum langstreckigen femoropoplitealen Bypass eingesetzt werden.
Nachteilig sind die inversen Kaliberverhältnisse bei der Umkehrung der Stromrichtung, die begrenzte Länge möglicher Transplantate und die häufig ungenügende Qualität aufgrund variköser Veränderung oder Phlebitis. Zu berücksichtigen sind weiterhin das unvermeidliche Operationstrauma bei der Explantation und die Verstärkung eines postischämischen Ödems bei chronisch-venöser Insuffizienz. Um diese Problematik zu umgehen und um die Operationszeit am ischämischen Bein, Morbidität und postischämisches Syndrom zu verringern, wird teilweise die Transplantatentnahme von der jeweils kontralateralen Seite bevorzugt.
Es besteht auch heute weiterhin kein Zweifel, dass autogene Venen dem idealen Gefäßersatz – auch mit Limitierung – am nächsten kommt. Manche Venen sind jedoch dilatiert und varikös-ektatisch verändert. Mit einer Ummantelung mit einem elastischen Netzgeflecht aus Polyester kann die Venenwand stabilisiert werden. Dieses Netzgeflecht hat die Aufgabe, die Intimahyperplasie zu verhindern, die Offenheitsrate zu erhöhen, einer Degeneration der Venenwand entgegen zu wirken und Restenosen zu reduzieren.
Die V. cephalica erwies sich als autogener Gefäßersatz in ihrer biologischen Wertigkeit der V. saphena magna weitgehend vergleichbar. Im Gegensatz zu der Unterschenkelvene mit variköser Veränderung bei durchschnittlich 30% der Patienten ist jedoch dieses Gefäß meist intakt und, abgesehen von iatrogenen Manipulationen und Komplikationen, unversehrt. Trotzdem wird die V. saphena magna in der Regel bevorzugt, die relativ langstreckig ist, mit einem ausreichenden Kaliber zur Verfügung steht und sich in dem bereits exponierten Operationsgebiet zur Explantation anbietet ▶ [4].
Die autogene Arterie wurde bereits 1913 von Jeger wegen ihrer druckadaptierten Wandtextur mit hoher Flexibilität und fehlender Degenerationstendenz als idealer Gefäßersatz bezeichnet. Verfügbarkeit, Kaliber und operativer Zugang der dafür in Frage kommenden Gefäßabschnitte stellen jedoch bis heute ungelöste Probleme dar, die nur eine akzidentelle Anwendung erlauben. Potenzielle Spendergefäße sind die A. radialis, A. lienalis, A. carotis externa und A. iliaca interna. Ein segmentaler Aufbau aus arteriellen Streifentransplantaten für einer kaliberstarken Gefäßersatz hat sich infolge zahlreicher thrombotischer Frühverschlüsse nicht bewährt.
Die unstreitbaren Vorteile autogenen Gefäßersatzes veranlassten Peirce (1953) zum Versuch, Prothesen über subkutan implantierte Polyethylentubi zu gewinnen. Trotz guter tierexperimenteller Ergebnisse setzten erst 1963 Eiken und Norden diesen Ansatz fort und ergänzten den Mandrin mit einem zirkulären Dacronnetz. Eine Weiterentwicklung mit doppeltem Dacronnetz durch Sparks fand 1973 erste klinische Anwendung. Langzeitergebnisse wurden von Hallen und Sweetman (1976) wie auch von Parsonnet (1978) infolge hoher Verschlussraten und degenerativer Veränderungen negativ beurteilt. Die notwendige mehrwöchige Anzüchtung machte sie für die kurzfristige Anwendung ungeeignet. Für den klinischen Gebrauch blieb sie daher weitgehend bedeutungslos.
Ein neuer Weg wurde durch Anzola (1951) mit dem Einsatz allogener Nabelschnurvenen beschritten und 1960 von Nabset und Yong fortgesetzt. Parallel dazu entwickelte Rosenberg (1957) eine Methode der partiellen proteolytischen Denaturierung allogener Gefäßprothesen, so dass nur noch der nicht antigen wirksame Bindegewebsmantel verblieb. Als Synthese aus beiden Methoden behandelte Dardik 1975 humane Nabelschnurvenen mit Glutaraldehyd und sicherte die Wandstabilität zusätzlich durch ein externes Dacronnetz, dessen Thrombogenität Sawyer 1982 durch negative Wandladung verringerte.
Trotz unbestreitbarer Vorteile der biologischen Gefäßprothesen wie hoher Wandelastizität und geringer endothelialer Appositionstendenz sowie hoher struktureller Übereinstimmung mit der autogenen Vene sind die Nachteile unübersehbar. Hierzu zählt in erster Linie die wechselhafte Materialqualität mit ungleichmäßiger Wandstärke und dissezierender Schichtung, die die operationstechnische Verarbeitung, insbesondere englumiger Anastomosen, erschwert. Spezielles Instrumentarium und an die Materialeigenschaften dieser Gefäßprothesen adaptiertes technisches Vorgehen ermöglichen es, die Inzidenz häufig ungeklärter Frühthrombosen zu verringern. Mit entsprechender Erfahrung hätte nach Dardik (1980) diese Bioprothese bei fehlender autogener Vene eine Alternative werden können ▶ [12]. Die Langzeitergebnisse überzeugten, übertrafen nach Largiader (1987) die der alloplastischen Implantate und waren mit denen der autogenen Vene vergleichbar.
Auch die Technik der Fixierung der Umbilikalvene mit Alkohol durch Mindich 1975 sowie die eigene Aufbereitung nach Anders und Zühlke 1977 ▶ [2] am Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin, bei der die Nabelschnurvenen auf Glasstäbe aufgezogen und mit 4% gepuffertem Formalin fixiert wurden, ergaben keine Implantate, die sich im Langzeitversuch bewähren und durchsetzen konnten ( ▶ Abb. 1.3, ▶ Abb. 1.4).
Abb. 1.3 Die Nabelschnur wurde frisch aus dem Kreißsaal zur Präparation abgeholt und auf Glasstäbe unterschiedlichen Kalibers aufgezogen sowie anschließend in 4%ig gepuffertem Formalin zur Denaturierung und Sterilisierung in Glasröhren gelagert.
Abb. 1.4 Im Langzeitversuch kam es, da die Nabelschnurarterien nicht abpräpariert waren, zur typischen Torsion und Dilatation der Implantate, die einer weiteren Verwendung dieser Präparationstechnik entgegenstanden.
Auch Arterien von menschlichen Spendern wurden in der Vergangenheit implantiert, jedoch ohne größeren klinischen Erfolg. Als routinemäßiger Gefäßersatz setzten sich alloplastische Prothesen durch, die in jeder Länge und jedem Durchmesser zur Verfügung stehen. Seit den 1980er Jahren bis heute erleben jedoch allogene Arterien, ob „frisch“ oder kryokonserviert, eine Renaissance. Die Transplantate werden auch heute vor allem zur Sanierung von infizierten retroperitonealen Dacronprothesen und infizierten aortalen Stentprothesen (EVAR) der aortoiliakofemoralen Gefäßachse erfolgreich eingesetzt. In der klinischen Routine nehmen sie jedoch keinen größeren Stellenwert ein.
Die ersten tierexperimentellen Untersuchungen xenogener Gefäßimplantate gehen wiederum auf Carrel zurück, der 1912 eiskonservierte xenogene Venensegmente bei Hunden als Interponat in die Aorta descendens implantierte. Fehlende immunologische Kompatibilität ließ die von Gross 1948 fortgesetzten Versuche scheitern. Sterilisation und Denaturierung mit Formalin, Alkohol, Glyzerin oder Hochvoltbestrahlung blieben ebenfalls erfolglos (Deterlin 1951, Hufnagel 1953, Creech 1954). Die Transplantate wurden in situ partiell durch körpereigenes Gewebe substituiert, degenerierten oder verblieben als nekrotische Struktur.
Heute wird xenogener Gefäßersatz aus bovinem (Rinder-)Perikard und porzinem (Schweine-)Perikard hergestellt. Durch spezielle Aufbereitungsmethoden wird das Material denaturiert. Perikard wird als Patch routinemäßig eingesetzt, kann aber auch zu Röhren geformt werden ▶ [20].
Nach der Technik von Sparks werden in subkutanem Gewebe von Schafen „Gefäßröhren“ gezüchtet, die nach Aufbereitung als Gefäßersatz eingesetzt werden können. Diese Omniflow-II-Prothesen werden aktuell klinisch eingesetzt, vor allem zum peripheren Gefäßersatz und bei Infektionen, wenn keine geeignete V. saphena magna zur Verfügung steht ▶ [16], ▶ [29].
Vielfältige Versuche alloplastischen Gefäßersatzes wurden zu Anfang des Jahrhunderts mit starren Rohren aus unterschiedlichen Materialien vergeblich unternommen (Abbe 1894, Nitze 1897, Payr 1900). Erst die zufällige Beobachtung einer glatten Pseudointima, die einen Seidenfaden im strömenden Blut nach kurzer Zeit umschloss, gab den Anstoß Anfang der 1950er Jahre zur Erprobung feinmaschiger, poröser Gefäßprothesen aus alloplastischem Material. Es folgten von Voorhees 1952 erste erfolgreiche tierexperimentelle Erprobungen.
Porosität und biologische Indifferenz des Materials waren die entscheidenden Voraussetzungen für biokompatible alloplastische Gefäßprothesen, die in den folgenden Jahren aus unterschiedlichen Materialien wie Nylon, Orlon, Ivalon und Marlex entwickelt wurden (Deterlin 1955, Edwards 1962, Ochsner 1961, Wesolowski 1956). Von allen erprobten Materialien konnten sich Dacronprothesen (Polyethylenterephthalat, PET) und Teflonprothesen (Polytetrafluorethylen, PTFE) langfristig als geeignetes gefäßprothetisches Material durchsetzen.
Die seit 50 Jahren bewährten PET-Prothesen können je nach Herstellungsprozess gewebt, gestrickt oder gewirkt sein. Während bei Webware Schuss- und Kettfäden ohne Maschenbildung rechtwinklig verkreuzt werden, bestehen Gewirke und Strickwaren aus unterschiedlich ineinander verlaufenden Maschen. Durch Variation von Fadendurchmesser und -querschnittprofil, Anzahl der verwendeten Fäden, Strick-, Web- oder Wirkmustern sowie Besatz mit Einfach- oder Doppelvelours ändern sich Dichtigkeit, Elastizität und Stabilität der fertigen Prothesen.
Die physikalischen Eigenschaften alloplastischer Gefäßprothesen konnten durch eine quer verlaufende Riffelung, „crimping“ genannt, deutlich verbessert werden. Der Gewinn an Längs- und Querelastizität geht jedoch mit zunehmender Integration der Gefäßprothesen in das Implantatlager wieder verloren. Um dem Effekt entgegenzuwirken, wurde die Prothese ring- oder spiralverstärkt, um bei gelenküberschreitenden Rekonstruktionen die Knickstabilität zu optimieren.
Zu Beginn der Anwendung von Dacronprothesen waren diese blutdurchlässig. Um diese „porösen“ Prothesen abzudichten, werden sie vor der Implantation mit dem Blut des Patienten am Operationstisch getränkt. Dieses Vorgehen wurde als Preclotting bezeichnet. Dieser Schritt ist bei den primärdichten PTFE-Prothesen nicht erforderlich. Dacronprothesen werden heute durch Auftragen von Albumin, Kollagen und Gelatine bereits vom Hersteller abgedichtet.
Von Beginn an des klinischen Einsatzes von alloplastischen Prothesen wurde sichtbar, dass das Material für Infektionen anfällig war. Veränderungen des Keimspektrums und der Resistenzlage der beteiligten Bakterien verschärften die Situation. Um das Material zu schützen, wurde die Prothese intraoperativ mit einem Antibiotikum (z.B. Rifampicin) oder mit einem Antiseptikum (Triclosan) getränkt. Erst später wurde in die Beschichtung der Prothese Silberacetat eingebracht bzw. das Material mit Silber bedampft, um eine „Infektionsresistenz“ zu erzielen. Die letzte Entwicklung stellt eine Dacronprothese dar, in der neben Silberacetat Triclosan in die Beschichtung eingebracht ist (Synergy der Firma Maquet).
Auch Polytetrafluorethylen (PTFE, Teflon) hat in seiner gereckten („expanded“) Form als ePTFE seit über 30 Jahren einen großen Stellenwert in der Gefäßchirurgie. Es wird zumeist als Bypassmaterial im Bereich schmallumiger Gefäße verwendet ( ▶ Abb. 1.5). Die gefäßprothetischen Eigenschaften der Teflonprothese konnten durch hohe Porosität der ePTFE-Prothese deutlich verbessert werden ▶ [5]. Bei langstreckigem, subkutanem oder gelenküberschreitendem Prothesenverlauf konnte eine äußere Spiral- oder Ringverstärkung die Durchgängigkeit derartiger Prothesen verbessern ▶ [24].
Abb. 1.5 Steht die V. saphena magna nicht in ausreichender Länge zur Verfügung, kann das autogene Material vor allem im gelenküberschreitenden Bereich in Kombination mit alloplastischem Material (Composite Graft) eingesetzt werden.
Es wurde versucht, die Thrombogenität und die Neointimaproliferationrate der PTFE-Prothese durch Innenwandbeschichtung mit Carbon bzw. Heparin zu reduzieren. Die Prothesen können aufgrund der Materialeigenschaften konisch hergestellt und die Anastomosenkonfiguration kann aufgrund der plastischen Verformbarkeit zu einem Anastomosentrichter geformt werden, um eine optimale Anastomosenanpassung vor allem bei weit peripherer Dimension und in der Shuntchirurgie zu konstruieren.
Trotz der unbestreitbaren Vorteile alloplastischer Gefäßprothesen – kurze Operationszeiten, einfache Technik und rasche Verfügbarkeit vielfältiger Gefäßkaliber – sind die Langzeitergebnisse, insbesondere bei langstreckigen gelenküberschreitenden Prothesen, unbefriedigend. Flexions- und Rotationstraumata sind geeignet, Mikroläsionen der Neointima zu induzieren, mit der Konsequenz regionaler Appositionsthrombosen, konsekutiver Stenosierung und Transplantatverschluss. In gleicher Weise begünstigen inkongruente Materialeigenschaften in den Anastomosen eine regionale Intimahyperplasie. Die ungenügende Aufnahmekapazität eines distalen Empfängersegments und der entsprechend hohe Abflusswiderstand sind zusätzlich eine häufige hämodynamische Ursache frühzeitiger Thrombosen und entsprechender Funktionseinbußen alloplastischer Prothesenimplantate.
Es ist weiterhin erforderlich, Dacron- und PTFE-Prothesen weiter zu entwickeln, da der Idealgefäßersatz bis heute noch nicht gefunden ist. Die Besiedelung von Gefäßprothesen mit autogenen Endothelzellen befindet sich noch im experimentellen Stadium (Genetic Engineering).
Die Pathogenese der Intimaproliferation, Liposklerose und der kalzifizierenden Arteriosklerose stellt bis heute einen nicht umkehrbaren Prozess dar. Die Vorstellung, stenosierte oder okkludierte Gefäße von dem Intimazylinder zu befreien, ist faszinierend. Die Ausschälplastik – auch Desobliteration, von Joao Cid Dos Santos 1946 erstmalig durchgeführt und publiziert, kam diesem Wunsch am nächsten.
Bypassverfahren mit autogener Vene oder alloplastischen Prothesen ließen dieses Verfahren in den Hintergrund treten. Charles Dotter, ein Radiologe, bemerkte durch Zufall, dass sich der Intimazylinder mit Hilfe von koaxialen Kathetern aufdehnen ließ. Diese Beobachtung stand für den Beginn einer Ära der Gefäßmodellierung, die bis heute nicht abgeschlossen ist. Grüntzig entwickelte 1974 einen formstabilen Ballonkatheter, mit dem Gefäße, auch Koronargefäße, erweitert werden konnten. Dieses Verfahren, auch als perkutane transluminale Angioplastie (PTA) bezeichnet, führte dazu, dass zum Ende der 1970er Jahre jedes mit dem Ballonkatheter erreichbare Gefäßareal dilatiert wurde.
Voraussetzung für das Einbringen der Dilatationskatheter und Stents ist die Seldinger-Technik. Sie wurde 1953 von dem schwedischen Radiologen Sven-Ivar Seldinger entwickelt, um Schleusen und Führungsdrähte in die Gefäße einzubringen ▶ [25]. Histologische Untersuchungen bewiesen, dass das arteriosklerotische Material nicht nur komprimiert, sondern das Gefäßsegment gesprengt wurde. Es lag auf der Hand, das Verfahren auch intraoperativ mit konventionellen offen-gefäßchirurgischen Verfahren zu kombinieren (heute als Hybridverfahren bezeichnet). Zühlke beschrieb bereits 1981 den Einsatz dieser Verfahren und brachte den Begriff „Intraoperative offene transluminale Angioplastie“ (IOTA) in den deutschen medizinischen Sprachgebrauch ein ▶ [30].
Die zusätzliche Stabilisierung durch Einbringen eines Metallstents durch Palmaz 1975 verbesserte die Langezeitergebnisse signifikant. Durch Nicholes L. Volodos wurde 1986 zum ersten Mal ein Aortenaneurysma durch eine endovaskulär eingebrachte Stentprothese therapiert ▶ [28]. Anfang der 1990er Jahre wurden dann Stentprothesen durch Parodi entwickelt, die endoluminal eingebracht wurden und so Aortenaneurysmen ausschalteten. Damit war der Siegeszug endovaskulärer Verfahren, der sich bis heute fortsetzt, vorprogrammiert.
Die Entwicklung endovaskulärer Gefäßmodellierung ist noch lange nicht abgeschlossen und abzusehen. Perspektivisch müssen jedoch, um ein besseres Langzeitergebnis zu erzielen, die stenosierten oder verschlossenen Gefäße von den Intimazylindern befreit werden (offen oder endoluminal einzubringende Arteriektomie-Katheter unterschiedlichster Technologien). Neben den bereits existierenden mechanischen oder lasergestützten Verfahren müssen weitere Techniken entwickelt werden, um eine Intimaproliferatur und Thrombogenität der wiedereröffneten Gefäße zu reduzieren. Dabei kann perspektivisch nach Desobliteration eine Auskleidung mit ultradünnem PTFE-Material oder durch eine autogene Endothelzellenbesiedelung („Bioengineering“) durchgeführt werden.
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A. Laipple
Seit jeher bedroht eine Infektion Ergebnis und Erfolg des operativ Tätigen. Zeitweilig wurde sie sogar als unvermeidliches transitorisches Stadium des regulären Wundheilungsprozesses betrachtet. Pus galt als „bonum et laudabile“ (gut und lobenswert), da die Alternativen – Wundphlegmone und Gangrän – den sicheren Tod des Patienten bedeuteten. Erst die Entdeckung und Erkenntnis der Asepsis und Antisepsis führten zu einem tiefgreifenden Wandel der operativen Praktiken und der Prognose des operierten Patienten.
Postoperative Wundinfektionen stellen in Deutschland mit ca. 16% nach Pneumonien und Harnwegsinfektionen die dritthäufigste nosokomiale Infektionsart in Akutkrankenhäusern dar ▶ [31]. Die zunehmende Relevanz zeigt sich in einer aktuellen Prävalenzstudie, in der postoperative Wundinfektionen mit einem Anteil von 24,3% an allen nosokomialen Infektionen sogar die häufigste Krankenhausinfektion waren ▶ [32]. Nach den Daten des Statistischen Bundesamts wurden 2014 in Deutschland ca. 16,2 Millionen Operationen durchgeführt ▶ [33]. Bei einer postoperativen Infektionsrate von 1,8% ergibt sich anhand der Daten von OP-KISS (Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System) eine geschätzte aktuelle Anzahl von 290000 postoperativen Wundinfektionen. Diese sind mit einer Steigerung von Morbidität und Letalität sowie einer Verlängerung der Verweildauer und der Erhöhung von Therapie- und sozialen Folgekosten verbunden ▶ [34].
Die Kenntnis der Epidemiologie postoperativer Infektionen ist Voraussetzung für das Verständnis der speziellen Problematik postoperativer septischer Komplikationen in der Gefäßchirurgie. Wundinfektionserreger können von der Haut- oder Schleimhautflora des Patienten (endogen) oder von außen (exogen) in das Wundgebiet gelangen. Die für eine Wundinfektion erforderliche Erregermenge (Infektionsdosis) wird durch Verhalt von Transsudat und Exsudat, Fremdkörper (Implantate, Nahtmaterial u.a.) Ischämie und Gewebenekrosen signifikant erniedrigt ▶ [31]. Die meisten postoperativen Wundinfektionen treten zwischen dem 3. und 8. postoperativen Tag nach primärem Wundverschluss auf ▶ [35]. Im Zusammenhang mit Implantaten können Infektionen erst deutlich später manifest werden ▶ [36].
Das Haupterregerreservoir für endogene Wundinfektionen ist die körpereigene Flora des Patienten ▶ [37]. Die Erreger können des Weiteren von einer bestehenden Infektion entfernt liegender Körperstellen stammen und von dort endogen über den Blut- oder Lymphweg in das Operationsgebiet gelangen ▶ [38]. Zu den exogenen intraoperativen Infektionsquellen zählen die Körperflora des Operationspersonals und die unbelebte Umgebung im Operationsraum (Medizinprodukte, Flächen u.a.). Das strikte Einhalten der Asepsis ist die Basis der Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor exogener Wundinfektion. Obligat sind eine regelrechte chirurgische Händedesinfektion sowie das Tragen eines Mundschutzes, sterilen Operationskittels und steriler Handschuhe. Die unbelebte Umgebung im Operationsraum kommt als Erregerreservoir z.B. durch nicht regelrecht aufbereitete oder rekontaminierte Medizinprodukte in Betracht ▶ [39].
Voraussetzung für exogene postoperative Erregerübertragungen ist ein Zugangsweg für die Erreger. Eine primär heilende Wunde ohne Drainage gilt in der Regel nach 24 Stunden als verschlossen und nicht mehr kontaminationsgefährdet. Kleine Dehiszenzen einer sonst primär heilenden Wunde, Operationswunden, die bis zu einem sekundären Wundverschluss offen bleiben, sowie Drainagen sind potenzielle Eintrittspforten ▶ [31], ▶ [37].
Das Risiko für postoperative Wundinfektionen ergibt sich u.a. aus dem Grad der bakteriellen Besiedlung im Operationsgebiet. Dieses wird in 4 Kontaminationsklassen zusammengefasst ▶ [34]:
saubere (aseptische) Eingriffe: primär sterile Eingriffe, z.B. in der Gefäßchirurgie, ohne Eröffnung kontaminierter Hohlorgane (Respirations-, Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt), aseptisches Operationsgebiet, Verschluss der Wunde durch Primärnaht
sauber-kontaminierte Eingriffe (bedingt aseptisch): Eingriffe mit Eröffnung gering kontaminierter Hohlorgane (z.B. im Bereich des oberen Gastrointestinaltrakts, des Respirations- oder Urogenitaltrakts)
kontaminierte Eingriffe: Eingriffe, bei denen stark kontaminierte Hohlorgane eröffnet werden (z.B. Eröffnung des infizierten Respirations- oder Urogenitaltrakts, Darmeröffnung), traumatische Wunden
verschmutzte (infizierte) Eingriffe: Eingriffe mit akuten bakteriellen Infektionen, traumatische Wunden mit devitalisiertem Gewebe, purulente Entzündung im Operationsgebiet, Eröffnung von Abszessen u.a.
Die Kategorie der sauberen Eingriffe ist epidemiologisch und auch hinsichtlich der speziellen Problematik gefäßrekonstruktiver Eingriffe von besonderem Interesse. So reicht die Angabe der Kontaminationsklasse heute nicht mehr aus, um das Risiko für postoperative Wundinfektionen abzuschätzen. Das Infektionsrisiko wird von vielen Faktoren beeinflusst, die auch bei aseptischen Eingriffen zu infektiösen Komplikationen führen können. Dabei werden patienteneigene (endogene) und nur bedingt beeinflussbare Faktoren von solchen unterschieden, die durch geeignete perioperative infektionspräventive Maßnahmen beeinflussbar sind.
Überblick
Risikofaktoren einer postoperativen Wundinfektion ▶ [31]
Patient
Lebensalter >70 Jahre
Vor-/Begleiterkrankungen (z.B. Diabetes mellitus)
bestehende Infektionen an anderer Körperstelle
(nasale) Besiedlung mit Staphylococcus aureus
Mangelernährung
Adipositas
Rauchen
maligne Grunderkrankung
Zytostatikatherapie/Immunsuppression
Anämie (prä- und postoperativ)
Perioperativ
Dauer des präoperativen Krankenhausaufenthalts >2 Tage
nicht sachgerechte präoperative Haarentfernung
nicht sachgerechte Hautreinigung/Hautdesinfektion
nicht sachgerechte perioperative Antibiotikaprophylaxe
Abweichungen von der physiologischen Körpertemperatur
Hypoxie/Oxygenierung
Operationsspezifisch
Dauer des Eingriffs
Operationstechnik einschließlich Blutstillung
Art des Eingriffs (z.B. Notfall- oder Elektiveingriff, Kontaminationsgrad)
Operationszeitpunkt
Implantate, Fremdkörper
Postoperativ
Drainage (Liegedauer)
postoperative invasive Maßnahmen, die mit Bakteriämien einhergehen
nicht sachgerechte postoperative Wundversorgung
Art der postoperativen Ernährung
Zum Vergleich postoperativer Wundinfektionen und zur Bestimmung des individuellen Infektionsrisikos eines Patienten erfolgt heute eine Risikostratifizierung unter Anwendung des international gebräuchlichen National Nosocomial Infections Surveillance System (NNIS) Risikoscores ▶ [41]. Dieser berücksichtigt die OP-Dauer, den ASA-Score des Patienten und den Kontaminationsgrad der Operationswunde. Je höher der NNIS-Risikoindex, desto größer ist das Risiko für eine postoperative Wundinfektion.
Die Prävention postoperativer Infektionen im Operationsgebiet ist von zentraler Bedeutung. Hierzu liegen von der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut ausführliche Empfehlungen vor (www.rki.de) ▶ [31].
In verschiedenen Studien hat sich die Dauer des präoperativen Krankenhausaufenthalts als relevanter Risikofaktor für Wundinfektionen in der Gefäßchirurgie erwiesen. So erhöht sich das Infektionsrisiko von 1,2% bei einem Tag auf 2,1% bei einer Woche und 3,4% bei zwei Wochen ▶ [40]. Die Ursachen hierfür sind meist multifaktoriell (Erkrankungsschwere und Komorbidität, Stress, Kolonisation mit resistenten Hospitalkeimen u.a.) ▶ [31]. Die präoperative Verweildauer sollte so kurz wie möglich sein.
Für die Gefäßchirurgie ist auch die Dauer des operativen Eingriffs relevant. Die OP-Dauer ist mit der postoperativen Wundinfektionsrate assoziiert ▶ [42]. Mit jeder Stunde verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit infektiöser Wundheilungsstörungen. Sie steigt von 1,3% in der ersten Stunde auf über 4% nach drei Stunden Operationsdauer ( ▶ Tab. 2.1) ▶ [40].
Tab. 2.1
Operationsdauer und Infektionsrate.
Operationsdauer
Infektionsrate
0–1h
1,4%
1–2h
2,8%
2–3h
4,4%
Gründe sind z.B. das höhere Expositionsrisiko und die potenziell stärkere Gewebetraumatisierung. Fremdkörper einschließlich Nahtmaterial und Prothesen sowie devitalisiertes Gewebe (koaguliertes Gewebe im Rahmen der Blutstillung, nekrotisches Gewebe, ausgetrockneter Wundrand u.a.) können eine Entzündung im OP-Gebiet fördern und das Risiko einer postoperativen Infektion im Wundgebiet erhöhen. Des Weiteren ist eine allgemeine Resistenzschwächung des Patienten durch Blutverlust und Narkosedauer als Ursache zu nennen. Dies fordert von den Chirurgen ein möglichst zügiges, atraumatisches operatives Vorgehen, effektive Blutstillung, Entfernung devitalisierten Gewebes sowie eine strenge Indikation für den Einsatz von Fremdkörpern ▶ [31].
Die perioperative Antibiotikaprophylaxe spielt in der Gefäßchirurgie vor allem bei der Verwendung von Gefäßprothesen eine große Rolle. Sie reduziert sowohl Wund- als auch frühe Gefäßprotheseninfektionen ▶ [43]. Entscheidend ist ein wirksamer Blut- und Gewebespiegel ab dem Zeitpunkt des Hautschnitts für die Dauer der Operation. Im Allgemeinen ist die intravenöse Einmalgabe eines Antibiotikums kurz präoperativ (bei Narkoseeinleitung) ausreichend. Bei hohem Blutverlust oder längerer Operationsdauer als 3–4 Stunden empfiehlt sich eine erneute Gabe. Der protektive Effekt der Antibiotikaprophylaxe ist belegt, eine längere Anwendung ist ohne zusätzlichen Nutzen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Selektion und Resistenzentwicklung sowie möglicher Nebenwirkungen ist die Prophylaxe auf die Dauer der Operation zu begrenzen ▶ [44]