Sextextsextett - Jürgen Lippe - E-Book

Sextextsextett E-Book

Jürgen Lippe

0,0
16,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die komischsten Saiten des Lebens in Dur und Moll

Ich bin ein großer Freund der Unterscheidung zwischen Sie und Du. Wenn jemand auf der Straße ruft: »Äh Jürjen, wie jeht et dich?«, dann lasse ich das durchgehen, denn die Person hat dringendere Sprachprobleme. Aber wenn mir beim Radio so ein hipper Moderator sagt: »Hi Jürgen, ich bin der Stulle«, dann sage ich: »Negativ, Herr Stulle. Ich habe Socken, die älter sind als Sie, also warten Sie bitte ab, bis ich Ihnen das Du anbiete, vielleicht in ein paar Jahren, wenn Sie dann im Heim mein Pfleger sind.«

Was tun gegen Nerv-Deutsch und Dauer-Geduze? Wie macht man eigentlich achtsam Schluss? Und was steht beim Sextextsextett auf dem Programm?

Neue Geschichten und Glossen vom großen alten Mann der Zwerchfellerschütterung.

»Jürgen von der Lippe durchwandert die deutsche Humorwüste, um Wortwitze spuckend den Eindruck zu widerlegen, der Esprit habe hierzulande keine Advokaten.« Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Der Wahl-Berliner ist nicht nur erfolgreicher Autor, sondern auch ein Internet-Star: Alleine seine Reihe ‚Lippes Leselust‘, in der er zusammen mit dem kongenialen Torsten Sträter literarische Neuerscheinungen bespricht und Texte daraus vorliest, hat 30 Millionen Follower.« Matthias Bieber, tz

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 242

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ich bin ein großer Freund der Unterscheidung zwischen Sie und Du. Wenn jemand auf der Straße ruft: »Äh Jürjen, wie jeht et dich?«, dann lasse ich das durchgehen, denn die Person hat dringendere Sprachprobleme. Aber wenn mir beim Radio so ein hipper Moderator sagt: »Hi Jürgen, ich bin der Stulle«, dann sage ich: »Negativ, Herr Stulle. Ich habe Socken, die älter sind als Sie, also warten Sie bitte ab, bis ich Ihnen das Du anbiete, vielleicht in ein paar Jahren, wenn Sie dann im Heim mein Pfleger sind.«

Was tun gegen Nerv-Deutsch und Dauer-Geduze? Wie macht man eigentlich achtsam Schluss? Und was steht beim Sextextsextett auf dem Programm?

Neue Geschichten und Glossen vom großen alten Mann der Zwerchfellerschütterung.

»Jürgen von der Lippe durchwandert die deutsche Humorwüste, um Wortwitze spuckend den Eindruck zu widerlegen, der Esprit habe hierzulande keine Advokaten.«

Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Das Genitalreferenzielle ist ein todsicheres Wirkmittel, und es gibt keine Kunstrichtung, die sich nicht damit beschäftigt.«

Jürgen von der Lippe im Podcast »Dora Heldt trifft ...«

Jürgen von der Lippe, Jahrgang 1948, ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Unterhaltungsbranche. Vor 52 Jahren stand er zum ersten Mal auf der Bühne, hat mehr Alben produziert als die Beatles und seit 41 Jahren nebenbei auch ein wenig Fernsehgeschichte geschrieben. Er hat alle wichtigen Preise bekommen, den Grimme Preis und die Goldene Kamera gleich zweimal. Neben gelegentlichen Ausflügen zum Film und auf Theaterbühnen schreibt der umtriebige Altmeister seit etlichen Jahren Bücher, die regelmäßig auf den Bestsellerlisten landen, mittlerweile sind es 16. Wenn es ihm gefällt, liest er ab und an auch mal ein Hörbuch ein – auch dafür gab es schon Preise. Nach seinem Romandebüt »Nudel im Wind« von 2019 erschien 2022 »Sex ist wie Mehl. Geschichten und Glossen«.

»Sextextsextett« ist sein neuestes Buch.

Jürgen von der Lippe

Sextextsextett

Geschichten und Glossen

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright © 2025 Penguin Verlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

[email protected]

Cover: Sabine Kwauka

Covermotiv: Anne Dohrenkamp

Redaktion: Matthias Bischoff

Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-32116-1V003

www.penguin-verlag.de

Inhalt

Achtsames Schlussmachen

Alles Beschiss

Bücher raten im Triple S

Aussterbende Dinge

Bettgespräch: Puma, Panther, Nilpferd

Auto

Buchempfehlung

Bewusstseinsstrom

Corona-Sprachnachlese

Comedy-Workshop

Das erste Mal

Competition Club

Euphemismen und Dysphemismen

Das Baumhaus

Frauen und Männer sind gleich

Das ideale Paar

Gedanken auf der Zugtoilette

Der Bär ist los

Gender Jokes

Der Mensch dahinter

Ich bin jetzt wach. Mehr möchte ich im Moment nicht sagen.

Der Nachtragewettbewerb

Ius iocosum

Der Traum

Zwischen Poledance und Purzelbaum

Die Kunst der Abschweifung

Heike Makatsch

Eigenleben

La Leeloo

Gute Wahl

Mach Siez

Handel im Wandel

Mit Scarlett Johansson in Bielefeld

Kein Geld

Das Sextextsextett

Interna corporis

Lea und Theo

Small Talk Part two

Bettgespräch: Schnorren

No wedding no cry

Nomen est omen

Bettgespräch: Quetscher oder Schlaffi

Penis-Presse

Literatur-Impro

Philosophen haben auch keine Ahnung

Me too late

Post OP

Morgen Tinder wird’s was geben

Kommunikation und Charisma

Otto, Quiz und Magenbitter

Seniorenmeldungen

PC tut weh

Sex in der Kunst

Pointenpoker

Sexuelle Weltrekorde

Poolgedichte

Small Talk

Selbst ist die Mum

Sprachschlampereien

TV-Pannen

Tote reden doch

Tut gar nicht weh

Wenn ein Schiff Phimose heißt

Überraschung

Was ist passiert?

Wild Vulva

Wo war Werner?

Political Correctness

Action Party

Bettgespräch: Der Kuckuck wird nass

Um es kurz zu machen

Achtsames Schlussmachen

An Scheidungsgründen fehlt es nie, wenn nur der gute Wille da ist.

Nestroy

Florian wirkte verstört. »Ihr müsst mir helfen, Leute, ich habe Beziehungsstress!«

Sven: »Der kann doch wohl bis nach dem Spiel warten, Dortmund gegen die Bayern, Alter, geht’s noch?«

»Ich will aber Schluss machen!«

Sven: »Na, dann mach doch, hast noch zehn Minuten bis zum Anpfiff!«

»So was kann man doch nicht in zehn Minuten besprechen, das ist eine Sache, die das ganze Leben betrifft!«

»Die das Leben verbessert, Alter, verbessert«, sagte Robert, »ihr passt nicht zusammen, das war uns allen hier klar, bring es zu Ende, je schneller, desto besser. Als meine erste Frau Schluss gemacht hat, habe ich es erst gar nicht gemerkt. Ich kam von einer Dienstreise zurück und habe gedacht, Scheiße, wir sind ausgeraubt worden, Gott sei Dank, sie haben nur ihre Sachen mitgenommen. Die Polizei fand dann den Klebezettel am Kühlschrank, nicht mal einen Brief oder eine SMS, einen Klebezettel am Kühlschrank, und dann hatte sie nicht mal die Pulle Sekt drin gelassen, zum Feiern. Das hat mich in Sachen Beendungsfolklore geheilt!«

»Also, so unpersönlich kann man das nicht machen, da bin ich nicht der Typ für.«

»Verstehe ich gut«, sagte Leon, »ich bin auch eher von der sensiblen Sorte. Wie findest du das: Ihr trefft euch, du sagst, ich mach’s kurz, jetzt kommt ein Abschiedskuss, dann küsst du sie, ganz innig, und sagst: Den Kaugummi kannst du behalten, tschau, Bella, na?«

»Du tickst doch nicht richtig!«

»Mann, das war ein Scherz, aber hier, der Spruch ist doch schön sensibel, hab ich mal in einem Film gehört: Ich hoffe, dass du glücklich wirst, mir genügt es, frei zu sein!«

Sören rief: »Sabbeln einstellen, das Spiel läuft!«

In den nächsten beiden Stunden hörte man nur Tor- oder Entsetzensschreie und Schluckgeräusche. Das Spiel endete zwei zu zwei.

»Könnte ich noch mal auf mein Anliegen zurückkommen?«

Sven klang jetzt schon strenger: »Sag mal, bist du im falschen Körper gefangen? Dieser weibliche Hang zur Problemlaberei ist doch nicht normal, vor allem, wo jeden Moment der Pizzabote klingelt.«

Sören meinte: »Gutes Stichwort, du könntest zu ihr sagen: Eine Pizza geht direkt auf die Hüften und bleibt für immer bei dir. Das ist der Unterschied zwischen einer Pizza und mir!« Es gab viel Beifall für diesen Beitrag. In das Gejohle klingelte der Pizzabote. Die Verteilung gestaltete sich problematisch.

Robert sagte: »Wer hatte die Quattro Stagioni, du, Florian?«

»Ja, aber ich kann sie jetzt nicht essen, das war unsere Lieblingspizza!« Und dann brach er in Tränen aus.

Sven meinte: »Hier, nimm erst mal einen dreifachen Averna mit Zitrone, das gibt Sodbrennen und lenkt dich ab.«

Florian blickte ihn dankbar mit seinen roten Augen an und exte den Kräuterbitter. Leon meinte: »Ich war auch mal in deiner Situation, Bruder, ich habe sie zum Essen eingeladen, mir den ganzen Abend diesen Mädelskram angehört, ihr immer recht gegeben, am Ende sagte sie: Es ist so schön, einen Partner zu haben, der einen versteht! Und ich so: Hast du nicht, aber kann ja noch kommen, mach’s gut!«

Florian sagte zwischen zwei Schluchzern: »Sagt mal, nehmt ihr mich nicht ernst? Mich belastet die Situation ungeheuer, macht jetzt mal ein paar vernünftige Vorschläge oder lasst es, ich komme schon klar. Und gib mir noch einen Averna.«

»Hey, das ist es!«, rief Robert. »Du sagst, Schatz, ganz schlechte Nachrichten, mein Arzt sagt, die Leber ist vergrößert, kein Alkohol mehr, das heißt, Schönsaufen entfällt, das entzieht unserer Beziehung die Geschäftsgrundlage. Ich find’s auch scheiße, habe verdammt gern getrunken.«

Alles grölte, was Florian mit einem erneuten Weinkrampf quittierte, bis sein Handy »Ping« machte. Eine SMS. Er schaute drauf und sagte tonlos: »Sie hat gerade mit mir Schluss gemacht!«

Sven fragte: »Wie hat sie’s formuliert?«

»›Das war’s!‹ – Smiley.«

Alles Beschiss

Wir werden von morgens bis abends beschissen. Es fängt beim Wetterbericht an. Sie hören: Heiter bis wolkig, gehen einkaufen und geraten ohne Schirm in einen Wolkenbruch. Im Supermarkt Ihres Vertrauens greifen Sie zur Kalbsleberwurst. Lesen genauer nach und stellen fest, Hauptzutat ist mit 47 Prozent Schweinefleisch, nur 16 Prozent sind Kalb. Das heißt, die Bezeichnung Kalb ist nur zu 16 Prozent erfüllt. Wenn die jetzt zwei Euro kostet, könnte ich im Gegenzug 32 Cent hinlegen, und den Rest mit Tauschwaren auffüllen, bunte Glasperlen, ein alter Fidget Spinner, all so was. Da mein Angebot ja auch 16 Prozent Bargeld enthält, hätte ich nach der Industrielogik bar bezahlt. Dasselbe gilt für die Herkunft. Ich kaufe Thüringer Landbuttermilch und stelle fest, sie kommt aus Bayern. Warum dürfen die das so nennen? Es gibt keine rechtliche Regelung, was man unter Begriffen wie regional oder Heimat zu verstehen hat. Also kann ich den Ramsch mit chinesischen Münzen, die mir irgendein Sammler mal geschenkt hat, bezahlen. Und wenn es heißt, das ist kein deutsches Geld, sage ich: Thüringen ist auch nicht Bayern.

Wir werden aber nicht nur vom Wetterfrosch oder von der Lebensmittelindustrie behumst, auch vom Partner. Drei Viertel aller Ehen gehen angeblich nach einem Seitensprung auseinander. Deswegen gibt es Treuetester-Agenturen, die uns Gewissheit verschaffen, ist aber nicht billig. Ein SMS-Test ist schon für 34 Euro zu haben. Also nicht Sadomaso, sondern die Agentur schickt der verdächtigten Person eine Nachricht aufs Handy, in der gefragt wird, ob Interesse an einem außerehelichen Verkehr bestehe. Das könnte man billiger haben, wenn man sich als Partner ein Prepaid-Handy besorgt und es selber macht. Das geht beim Spermaspuren-Check nicht, deswegen kostet der auch gleich mal 239 Euro. Und da wird man schon wieder über den Tisch gezogen, denn für 59 Euro gibt es den SemenSPY®-Original-Treuetest zum Nachweisen von Spermaspuren auf Unterwäsche, Kleidungsstücken, Bettwäsche bzw. anderen Gegenständen des täglichen Gebrauchs. SemenSPY® ist ein US-amerikanisches Produkt und wird weltweit von Strafverfolgungsbehörden und Detektiven genutzt, denn der Test wendet eine außergewöhnlich genaue Methode an – die sogenannte PSA (prostata-spezifisches Antigen). PSA ist eines der im Sperma am häufigsten vorkommenden Eiweiße, sogar dann, wenn keine Samenzellen vorhanden sind (bei Männern nach einer Vasektomie). Wissenschaftler sind in der Lage, PSA aus bis zu 30 Jahre alten Spermaflecken zu extrahieren! Wenn man also einen Hinweis darauf hat, dass die Partnerin es mit einem anderen auf der Waschmaschine getrieben hat, kommt der Privatdetektiv, der sich vorher für 59 Euro den Test besorgt hat, testet die Waschmaschine und berechnet 239 Euro. Und wenn der Test positiv ist, weißt du, dass du gleich zweimal beschissen worden bist. Dass der Test auch mit 30 Jahre alten Spermaproben funktioniert, ist eher ein Nachteil. Da kann die beschuldigte Frau sagen: Wir sind erst seit drei Monaten zusammen, das Sperma in meinem Schlüpper kann 30 Jahre alt sein. Preisfrage: Wie alt ist die Frau?

Da lass ich die Agentur doch lieber für 90 Euro ein Treffen arrangieren. Diese Dienste werden übrigens zu 80 Prozent von Frauen in Anspruch genommen. Wieso ist das so billig?

Dabei sagt die Statistik: Verheiratete Männer leben länger. Das ist natürlich eine klassische Fehlinterpretation, vermutlich von der Kirche in die Welt gesetzt. Andersrum wird ein Schuh draus. Langlebige Männer haben mehr Möglichkeiten zu heiraten.

Genauso alt wie die Sexualität ist die Ernährung, und da wird natürlich von den verschiedenen Interessengruppen auch gelogen, was das Zeug hält. Es wird gepredigt: Nehmt ab, Leute, Übergewicht verkürzt das Leben. Wenn man will, findet man genauso viele Studien, die sagen: Gewichtsabnahme, egal aus welchen Gründen, verkürzt das Leben. Hauptsächlich durch Herzinfarkt. Am besten gefiel mir dieser Kommentar: Das ganze Konzept der Ernährungsberatung ist fragwürdig. Ein Mensch, der jeden Bissen unter den Aspekten vermeintlich gesunder Ernährung 30-mal kaut, ist wie einer, der Sex hauptsächlich unter orthopädischen Gesichtspunkten sieht und seine Wirbelsäule entlasten möchte. Wo wir beim Sex sind: Im Dezember 17 war zu lesen, dass der Papst das Vaterunser, das ja auf Jesus zurückgehen soll, ändern möchte. Statt »Und führe uns nicht in Versuchung« möchte er, dass gebetet wird: »Und lass uns nicht in Versuchung geraten.« Denn, so der Papst: Ein Vater tut so was nicht, er hilft, sofort wieder aufzustehen. Wer dich in Versuchung führt, ist der Satan. Ich glaube, den Abertausenden kirchlichen Missbrauchsopfern ist es ziemlich wurscht, ob Gott die Geistlichen in Versuchung geführt oder ihnen lediglich nicht beim Aufstehen geholfen hat.

Wir haben damals in der Schule übrigens immer gesagt: »Und versuche uns nicht in der Unterführung.«

Bücher raten im Triple S

Es war wieder Literaturabend in unserer Kult-Quiz-Kneipe, dem Triple S. Auf der Bühne ein dreiköpfiges Panel, das vom Spielleiter mit Buchtiteln konfrontiert werden würde. Buchtitel, die nicht jeder kennt, selbstverständlich. Dann fantasiert jeder der drei etwas zusammen. Wer durch Zufall nah an der Wirklichkeit ist, bekommt einen Punkt, ansonsten gibt es einen Punkt für Witz oder Originalität oder beides, Jury ist das Publikum. Das Panel rekrutierte sich heute ausschließlich aus den Engeln der Nation, die im Zuge der Coronakrise zwar von Hinz und Kunz hymnisch besungen wurden, aber nach wie vor beschissen bezahlt wurden und so die Kasse wenigstens ein bisschen aufbessern konnten. Wer als Erster zwei Punkte hat, gewinnt 100 Euro. Das bedeutet maximal vier Spielrunden, dann gibt es neue Kandidaten und eine neue Disziplin.

Aber jetzt spielten erst mal Inga, 28, Polizeimeisterin, Judith, 30, Krankenschwester, und Bernd, 39, Hauptbrandmeister bei der Feuerwehr. Alle drei Leseratten, machten aber auch Sport und sahen gut aus, und es knisterte gehörig im Panel. Justus, 43, der Moderator für die gehobenen Quizabende, stellte sich nicht nur vor, wie er mit Judith anschließend noch was trinken würde, sondern auch die erste Frage:

»Worum geht es in dem Roman Blind, mit einer Pistole? Judith, bitte!«

»Es geht um einen älteren kranken Mann, der vielleicht einen Hirntumor hat, der ihn hat erblinden lassen, der Roman beschreibt seinen körperlichen Verfall, er hat eine Pistole im Nachttisch, mit der er Selbstmord begehen will, dann schiebt er aber trotz vermehrter Handicaps den Zeitpunkt immer weiter hinaus, nicht, weil er hofft, wundergeheilt zu werden, sondern weil er das Leben immer noch lebenswert findet. Den Schluss verrate ich nicht.«

Großer Beifall. Justus sagte: »Toller Trick, Judith, so zu tun, als ob du das Buch kennst!«

»Wer sagt denn, dass ich das Buch nicht kenne?«

»Fragen wir einfach unseren Feuerwehrmann, Bernd, bitte!«

»Also, ich kenne das Buch auch, deshalb weiß ich, dass es ein Westernroman ist über einen Sheriff, der nicht sehen, aber hervorragend schießen konnte, und zwar nach Gehör. Wenn der Duellpartner ›Zieh!‹ rief, zog er, und zwar schneller als jeder andere, visierte nach Gehör und erschoss den anderen. Er selbst wurde dann am Ende von hinten erschossen.«

Freundlicher Beifall. Justus fragte Inga: »Ich nehme an, du kennst das Buch auch?«

»Nein, genauso wenig wie meine beiden Konkurrenten, als erfahrene Polizistin habe ich an Mimik und Körpersprache natürlich erkannt, dass sie gelogen haben. Das muss ich jetzt auch, weil ich ja rate. Ich sage also, es ist ein Thriller, und es geht um einen geistesgestörten dekadenten superreichen Mann, der immer drei Leute kidnappt, denen die Augen verbindet, sie in ein Zimmer steckt, in dem eine Pistole versteckt ist. Wer sie findet und die beiden anderen erschießt, kommt frei.«

Riesenjubel im Fachpublikum, das eine gute Story wohl zu schätzen wusste. Justus sagte: »Drei schöne Versuche, hier kommt die Wahrheit: Blind mit einer Pistole ist der letzte einer Serie von Romanen über zwei schwarze Polizisten, die schließlich resignieren, aufgerieben zwischen den Schwarzen, die sie wegen ihres weißen Jobs verachten, und den Weißen, deren Gesetze sie vertreten, für die sie aber einfach Schwarze sind. Eine düstere Antithese zu den Verheißungen der Bürgerrechtsbewegung.«

Die Publikumsabstimmung fiel eindeutig für Inga aus, und Justus verlas den zweiten Titel: »Bescheidener Vorschlag, und diesmal fängt die Feuerwehr an, Bernd, bitte!«

»Bescheidener Vorschlag klingt für mich nach einem Tag im Leben eines Typen, der Frauen anbaggert, und zwar immer mit derselben Masche, er sagt: ›Ich bin ein bescheidener Mensch, der sich bemüht, nie zu viel von anderen zu verlangen. Ich habe Männer erlebt, die Frauen sofort aufgefordert haben, sie zu heiraten, bis der Tod sie scheiden würde. Oder mit ihnen in Urlaub zu fahren. Ich schlage Ihnen einfach einen schnellen Austausch von Zärtlichkeiten vor, dann verschwinde ich aus Ihrem Leben, ohne weitere Ansprüche zu stellen, können Sie damit leben?‹«

Das Publikum war begeistert, zumindest der männliche Teil, das sah nach einer spannenden Abstimmung aus.

»Sehr schön«, sagte Justus, »und was meint denn Judith, unser Engel in Weiß?«

»Ich denke, das Buch handelt von einem Grobian, vielleicht ist er auch Chef einer Firma oder Zuhälter, der ständig Leute beleidigt, das aber immer verbrämt, und so Sachen sagt wie ›Ich glaube, wir kommen in diesem Punkt nicht zu einer Einigung, deshalb mein bescheidener Vorschlag: Sie lecken mich einfach am Arsch, oder wenn das nicht nach Ihrem Geschmack ist, verpissen Sie sich einfach‹.«

Das aus dem Mund einer zierlichen, trotzdem mütterlich wirkenden und dabei sehr attraktiven Frau löste natürlich einen Begeisterungssturm im Publikum aus. Auch bei Justus, der aus seiner Begeisterung keinen Hehl machte, was ihm einen scheelen Blick vom Hauptbrandmeister eintrug.

»Und jetzt sind wir alle sehr gespannt auf unsere Freundin und Helferin Inga!«

»Tja, Leute, das tut mir jetzt ein bisschen leid für Bernd und Judith, aber das Buch kenne ich wirklich, mein Vater hat alles von Jonathan Swift, man kennt ihn von Gullivers Reisen, 1745 gestorben, also Swift, nicht mein Vater, und in diesem Buch tut er so, als wolle er das Problem lösen, dass die Kinder der Armen ihren Eltern und ihrem Land zur Last fallen. Es ist eine tiefschwarze Satire, denn er schlägt vor, dass die armen Kinder als Nahrungsquelle dienen könnten, denn, so Swift, kleine Kinder seien eine nahrhafte und bekömmliche Speise, egal ob geschmort, gebraten, gebacken oder gekocht.«

»Und damit ist Inga die Siegerin«, jauchzte Justus, »hier sind deine 100 Euro, möchtest du mich vielleicht zum Essen einladen?«

Inga sagte: »Da möchte ich doch Schwester Judith zitieren, Judith, könntest du den Satz noch mal wiederholen?«

»Du meinst: ›Ich glaube, wir kommen in diesem Punkt nicht zu einer Einigung, deshalb mein bescheidener Vorschlag: Sie lecken mich einfach am Arsch, oder wenn das nicht nach Ihrem Geschmack ist, verpissen Sie sich einfach‹?«

Justus ging dann mit Bernd essen.

Aussterbende Dinge

Wir älteren Menschen leben im Paradies, wie Jean Paul die Erinnerungen genannt hat, und zwar im einzigen Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann. Setzen Sie sich mit einem schönen Glas Wein in Ihren Lieblingssessel und erinnern Sie sich an ausgestorbene Dinge.

Im Radio gab es tolle Sachen. Der Reiseruf. Wenn Verwandte unterwegs waren, konnte man sie so alarmieren in den Zeiten vor dem Handy. »Herr A. aus B. wird dringend gebeten, zu Hause anzurufen.« Oder: »Der Gefreite Ernst Olisch, unterwegs mit einem dunkelgrünen Kettenfahrzeug Marke Leopard im Raum Scheveningen, Niederlande, wird dringend gebeten, seinen Standortkommandanten anzurufen …«

Was es auch nicht mehr gibt: den bunten Nachmittag im Radio. Oft Live-Veranstaltungen vor Publikum mit einem Conférencier, der den Übergang von einem zum anderen Künstler häufig als Assoziationsansage anlegte:

»Das war Wolfgang Petry, Petri Heil wünschen sich die Fischer, die Angler, denn der heilige Petrus ist der Schutzpatron der Angler, und der freut sich sehr, wenn er einen fängt, der so heißt wie der, der jetzt kommt, den kann man nicht essen, aber viele Frauen haben ihn immer noch zum Fressen gern, hier ist Frank Zander.«

Letztens beim Kramen habe ich etwas Wunderschönes gefunden, eine Postkarte: Hallo, Schatz, hier in Mombasa ist es wunderschön. Das Wetter ist gut, die Menschen sind sehr herzlich, wenn man das Hotel nicht verlässt. Bleibe noch einen Monat, habe mich in eine Schwedin verliebt. Die hats echt drauf. Bussi, Männe.

Die hab ich natürlich nicht abgeschickt, sonst könnte ich sie ja heute nicht vorlesen. Ich würde auf ein postkartenbasiertes Start-up-Unternehmen kein Geld setzen. Die Leute lesen keine Postkarten mehr. Die sagen: »O Gott, Kerstin hat ihr Handy verloren.« – »Wieso?« – »Sie hat ’ne Postkarte geschickt.« Heute macht man ein Selfie von sich vor einer Sehenswürdigkeit und mailt es mit einem launigen Kommentar. Hi, Rom bockt total, der alte Kasten hinter mir heißt Kolosseum, da gabs früher Reality-Killing.

Was aber nie aussterben wird, glaube ich zumindest, sind Scherzpostkarten zu allen möglichen Anlässen. Man findet sie in jedem Schreibwaren- oder auch Zeitungsladen, aber auch in Autobahnraststätten. Ich habe mal mit Fröhliche Arschnachten, Ihr Weinlöcher eine ernsthafte Verstimmung im Freundeskreis ausgelöst. Natürlich sammle ich diese Karten, wobei ich nur solche hinzufüge, die eine gelungene Melange aus Bild und Text bilden. Karten, auf die lediglich ein alter Witz gedruckt wurde, zählen nicht, das kann jeder. Aber eine Karte mit einem nackten Arsch, aus dem eine kleine Trompete ragt mit der Aufschrift Happy Birthday, alles in schlichtem Schwarz-Weiß, das hat was. Oder drei mittelalte Frauen, mit Blumengirlanden um den Hals und vollen Gläsern in der Hand, offensichtlich prächtigster Laune, und dann die Unterschrift: Unsere Männer sind jetzt ein Jahr tot. Das funzt. Ebenso wie die wohlig auf einem Heizkörper pennende Katze mit dem Text Ach wie gut, dass niemand weiß, auf wen und was ich alles scheiß. So was ist aktive Lebenshilfe, es lässt uns die überschwere Bürde kultureller Auflagen wie Political Correctness und Konsorten für einen Moment absetzen und durchschnaufen. Apropos, einer meiner Favoriten ist: Rechts im Bild eine Zwanzigerjahre-Chamois-Fotografie, offensichtlich aus einem Fotostudio, ein etwa dreijähriges pummeliges Mädchen ganz in Weiß mit großer Schleife im Haar, offenkundig missgestimmt, ich hoffe, Sie sehen das jetzt vor Ihrem geistigen Auge, und links in Großbuchstaben pissgelb auf Kachelgrün: Hunger, Pipi, Kalt. So sind Mädchen halt. Ein harmloses kleines Vorurteil, vom Zeitgeist zur mittelschweren Gedankenstraftat hochgejazzt, und durch die Fotoantiquität perfekt abgeschmeckt. Da fehlt nur noch das unhörbar geseufzte »Es war nicht alles schlecht«.

Anrufbeantworter von Festnetzanschlüssen, wenn es sie noch gibt, sind im Zeitalter der Gleichberechtigung auch nicht leicht zu besprechen. »Guten Tag, hier ist die Familie Müller-Plettenberg. Ich bin die Evi, ich bin der Johannes, und dann sind da die Solveig, der Aaron und der Riesenschnauzer Pluto. Wir sind nicht zu Hause. Bitte sprechen Sie uns aufs Band, was Sie auf dem Herzen haben, wir rufen zurück, versprochen. Und jetzt lasst euch nicht unterkriegen, macht euer Ding.« Auch toll, aber früher war witziger. Hier einige AB-Texte, die ich auf meinem antiken Festnetztelefon heute noch nutze:

»Guten Tag. Ich habe gerade eine Marienerscheinung und kann deshalb nicht ans Telefon gehen. Sobald Maria weg ist, rufe ich zurück.«

»Guten Tag. Bin zum Mittagessen. Wenn ich bis 19 Uhr nicht zurück bin, bin ich auch zum Abendessen.«

»Guten Tag, ich weiß nicht, wie man den Anrufbeantworter bespricht. Deshalb hören Sie jetzt die werkseitig aufgesprochene Ansage. Bitte sprechen Sie nach dem Piepton. Piep!«

»Guten Tag, ich bin zwar zu Hause, kann aber das Telefon nicht finden. Sagen Sie nach dem Piepton, was Sie von mir wollen.«

»Ich möchte Ihnen meine neue Erfindung vorstellen: Ich habe sie Anrufbeantworter genannt. Sie hören gleich einen Piepton, danach können Sie etwas sagen. Und das wird aufgezeichnet, sodass ich es hören kann, wann ich will. Wenn ich will. Und vielleicht rufe ich sogar zurück. Das wird sich zeigen.«

Und abschließend: »Ich wusste, dass Sie anrufen würden, deswegen bin ich auch abgehauen.«

Bettgespräch: Puma, Panther, Nilpferd

Sie: Ach, das ist ja witzig, hier hab ich einen Partnerschaftstest: Bist du ein Puma oder ein Panther?

Er: Ich sehe mich, wenn überhaupt, als Nilpferd. Ein gemütliches, aber wehrhaftes Tier, das keinen Feind fürchten muss und, wenn es gereizt wird, furchtbar in seinem Zorn ist. Nilpferde töten mehr Menschen als Löwen.

Sie: Das mag ja sein, aber darum geht es nicht. Ein Puma ist eine nicht mehr ganz junge Frau, die auf jüngere Männer steht, der Panther ist ein alter Sack, der junge Dinger abschleppen will.

Er: Diesen negativen Unterton mein Geschlecht betreffend habe ich wohl gehört. Puma als Bezeichnung für eine Frau, die nicht in Würde altern will, ist mir neu, das englische Wort ist Cougar und das deutsche Berglöwin. Oft läuft sie bei den Pornos auch unter Milf, Mother I’d like to fuck.

Sie: Ach, woher weißt du das?

Er: Ich lese viel. Und jetzt stell schon deine Fragen, damit Ruhe ist.

Sie: Was denkst du, wenn dir einer nachpfeift?

Er: Frauen, die auf der Straße pfeifen, sind mir zu burschikos, und Männer, die mir nachpfeifen, sind kurzsichtig oder auf dem Holzweg. Und was ist deine Antwort?

Sie: Ich gucke, wer da pfeift, und mache mir ein Bild.

Er: Was für ein Bild und warum? Nehmen wir an, ich habe dir nachgepfiffen. Du drehst dich um und siehst mich. Was denkst du?

Sie: Wie süß, mein Mäuserich hat mich von hinten für einen Teenie gehalten. Trotzdem stelle ich dich natürlich zur Rede, mache dir eine Szene, gebe dir dann aber die Chance, es wiedergutzumachen.

Er: Wie jetzt, du willst in einer Fußgängerzone zudringlich werden?

Sie: Nein, ich will in einer Fußgängerzone shoppen gehen, wobei du zahlst und anschließend die Tüten trägst.

Er: Schön. War’s das mit dem Quiz, kann ich jetzt meinen Artikel über Sokrates weiterlesen?

Sie: Ah, Sokrates, ich denke, also bin ich.

Er: Nein, das war Descartes, Sokrates war: Ich weiß, dass ich nichts weiß.

Sie: Das hilft ja nun auch nicht weiter, zweite Frage: Was assoziierst du mit der Farbe Orange?

Er: Eine Apfelsine.

Sie: Toll. Ich sehe, wie der leuchtend orange Sonnenball am Horizont langsam im Meer versinkt, während mein junger, braun gebrannter Lover mir einen Cocktail kredenzt.

Er: Aha, ich hatte vergessen zu erzählen, dass ich die Orange filetiere, dann die tropfenden Segmente auf dem Körper meiner Gespielin, die am Strand vor mir im Sand auf einer Kaschmirdecke liegt, kunstvoll arrangiere und sie ihr anschließend vom Leib lutsche. Nächste Frage!

Sie: Die Mutter bzw. der Vater deiner jugendlichen Liebhaberin bzw. deines Liebhabers stellt dich zur Rede. Wie reagierst du?

Er: Jetzt fängst du mal an.

Sie: Also ich würde mit der Mutter …

Er: Wieso mit der Mutter? Du würdest mit dem Vater deines jugendlichen Liebhabers in ein Café gehen und dann was tun?

Sie: Aber ein Gespräch von Mutter zu Mutter würde doch viel sachlicher verlaufen …

Er: Also, du kannst jetzt nicht ständig alles zu deinem Vorteil auslegen, ich gehe jedenfalls mit der Mutter meiner jungen Geliebten toll essen und erkläre ihr, dass ich überhaupt nur mit der Tochter angebandelt habe, um an sie ranzukommen, und ob ich mir da wohl Hoffnungen machen könnte …

Sie: Ach du lieber Himmel, platter geht’s wohl nicht, oder, warte mal, mein Handy … drück ich weg.

Er: Wer war denn das?

Sie: Och, nur der Vater eines meiner Schüler, der Junge hat Probleme.

Auto

Ich weiß ja nicht, was Sie für die Umwelt tun, aber ich habe von der Anschaffung einer Kuhherde abgesehen, weil Kuhfürze Methan enthalten. Methan wirkt etwa 25-mal stärker als CO2. In Neuseeland werden Kuhfürze schon lange besteuert. Mülltrennung mache ich schon ewig, trenne mich regelmäßig von meinem Müll, und ich fahre privat nicht Auto, erstens aus Umweltgründen und zweitens bin ich ein schlechter Fahrer, nüchtern zumindest. Als Student hatte ich mal einen blauen Drei-Gang-R4 namens August Hörnchen, mit dem bin ich öfter alkoholisiert gefahren, das war eigentlich sehr schön, ich war ganz locker, habe auch mit den anderen Verkehrsteilnehmern kommuniziert, habe die Scheibe runtergemacht und nach vorne gebrüllt: Fahr oder stirb, du Sackpfeife, wenn dir dein Kofferraum lieb ist! Oder ich habe Anhalter Erschrecken gespielt. Wenn ich einen hatte, wurde er erst mal weichgekocht, zehn Minuten ignoriert, nicht angesprochen, nicht angeguckt. Irgendwann habe ich gefragt: »Bist du eigentlich ein ängstlicher Typ? Ich würd da gern mal was probieren, das hab ich in einem Actionfilm gesehen, aber es müsste eigentlich klappen.« Später in Berlin brauchte man kein Auto, da habe ich nur noch unentgeltlich Aufkleber auf fremde Fahrzeuge geklebt, für den Smart hatte ich z. B. »Vorsicht Turnierpferde«, speziell für weiße Fiats 500 hatte ich »Als Kind war ich ein iPod«.

Aber noch mal zum Alkohol: Man hat festgestellt, dass die Reaktionen bis 0,4 Promille besser werden, erst ab dann schlechter. Bei 0,8 Promille verlängert sich der Bremsweg um vier Meter, aber jetzt kommt’s, wenn man während des Fahrens mit dem Handy telefoniert, verlängert er sich um vierzehn Meter.

Englische Forscher haben festgestellt: Wer beim Autofahren telefoniert, auch mit Freisprechanlage, hat ein doppelt so hohes Unfallrisiko. Viermal so hoch ist das Risiko, wenn man im Auto Telefonsex hat, achtmal so hoch, wenn man beim Fahren Sex hat, 16-mal, wenn man beim Autosex telefoniert, und 32-mal, wenn man beim Autosex noch Telefonsex hat, aber das hab ich nie gemacht.

Es gibt aber ganz einfach Situationen, Sie alle wissen das, wo man fährt, auch wenn man getrunken hat. Sie sind beim Chef eingeladen, der wohnt am Arsch der Ewigkeit, man sagt zur Frau: »Schatz, du kannst trinken, ich fahre, ich trinke nur zwei Schorle«, gut, jetzt sind es zwei Flaschen Wein geworden, man wird entsprechend locker, pinkelt in die antike Standuhr, beleidigt die Dame des Hauses: »Wer hat Sie denn geschminkt, Stevie Wonder?« Das Übliche halt, man fliegt raus, die Frau hat das natürlich wörtlich genommen mit dem Trinken, ist auch keine Hilfe mehr, kotzt gerade den Vorgarten voll, man hat aber am nächsten Morgen einen wichtigen Termin, braucht das Auto, wir kennen das alle, also fährt man. Ich habe spaßeshalber mal Richtlinien entwickelt, wie man sich als betrunkener Fahrer verhalten sollte, habe das auch an den ADAC geschickt, aber die waren nicht interessiert. Wollen Sie es hören? Schön.

Als Erstes: Wenn man selber nur ein mittleres oder kleines Auto hat, sollte man sich ein größeres, sicheres borgen, in jedem Falle möglichst viel Blech zwischen sich und einen potenziellen Unfallpartner bringen.

Zweitens, versuchen Sie gar nicht erst, rechts oder links zu fahren, das bringt nichts. Fahren Sie auf dem Mittelstreifen, das erleichtert Ihnen die Orientierung und gibt dem Gegenverkehr die doppelte Anzahl von Ausweichmöglichkeiten.