SG 000: Das große STAR GATE-Buch - Wilfried A. Hary - E-Book

SG 000: Das große STAR GATE-Buch E-Book

Wilfried A. Hary

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

STAR GATE Buchausgabe 000: Das große STAR GATE-Buch  

Wilfried A. Hary: „Der Pilotroman zur großen Serie: Wie alles begann…“

 

Kurz schien es im Jahr 1986, als gebe es eine neue Konkurrenz für Perry Rhodan, den ungekrönten Herrscher des bundesdeutschen SF-Heftchen-Marktes: STAR GATE – das Original. Doch was so hoffnungsvoll begann, scheiterte bereits nach elf Nummern auf kläglichste Weise. Und das trotz sehr guter Kritiken.

 

Auf provokativ-subjektive Weise schil­dert Mit-Erfinder und -Autor Wilfried A. Hary, wie es denn nun zu STAR GATE kam und warum die Serie so schnell wieder unterging…

 

Achtung: Dieses Buch enthält zusätzlich die Romane Nr. 5 und 18 bis 22 der exklusiv bei HARY-PRODUCTION laufenden Serie!

 

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie

STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary,

Frank Rehfeld

 

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch)

by HARY-PRODUCTION.

 

Die Buchausgabe „STAR GATE - das Original“ entspricht inhaltlich der gleichnamigen Romanserie, wurde jedoch für das Buchformat optimiert!

 

ISSN 1860-1855

© neu 2015 by HARY-PRODUCTION

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 

Coverhintergrund: Anistasius

Bearbeitung des Textes: Martin Brendel

Titelbild: Martin Brendel

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wilfried A. Hary

SG 000: Das große STAR GATE-Buch

STAR GATE Buchausgabe 000: „Der Pilotroman zur großen Serie: Wie alles begann…“

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Einführung und der erste Roman

SG 000:

Das große STAR-GATE-Buch

Wilfried A. Hary

Impressum:

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original: Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld.

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de.

ISSN 1860-1855

 

Überarbeitet von Martin Brendel

 

Diese Fassung:

© 2015 by HARY-PRODUCTION

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken

Telefon: 06332-481150

www.HaryPro.de

eMail: [email protected]

 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und

Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 

Titelbild: Martin Brendel

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!

 

 

Vorwort

 

Kurz schien es im Jahr 1986, als gebe es eine neue Konkurrenz für Perry Rhodan, den ungekrönten Herrscher des bundesdeutschen SF-Heftchen-Marktes: STAR GATE. Doch was so hoffnungsvoll begann, scheiterte bereits nach elf Nummern auf kläglichste Weise. Und das trotz teilweise sehr guter Kritiken. Auf provokativ-subjektive Weise schildert Mit-Erfinder und -Autor Wilfried A. Hary, wie es denn nun zu STAR GATE kam und warum die Serie so schnell wieder unterging - bevor wir „voll einsteigen“ in seinen doch recht umfangreichen Beitrag zur Serie:

»Erst war ich ja überhaupt nicht interessiert, als mich damals, im Herbst 1985 (Gott, ich hab' das Gefühl, es ist Ewigkeiten her: war doch die Welt noch in Ordnung - ganz ohne Sternentor und so...) ... also als mich einer der Perry-Rhodan-Autoren anrief und mir von einer Annonce erzählte: „Du, die suchen Autoren!“ - „Wer?“ - „Merkur-Verlag nennt er sich. Wäre das nichts für dich?“ Meine Antwort fiel entsprechend aus: „Kenne ich nicht, also neu oder zumindest ziemlich klein, und solche Verlage haben es an sich, Honorare nicht pünktlich oder überhaupt nicht zahlen zu können - und außerdem machen sie ziemlich schnell wieder dicht!“ Wie wahr, wie wahr...

Genannter Autorenkollege (hoffentlich werde ich jetzt nicht nach seinem Namen gelöchert, denn den will er lieber nicht nennen) rief mich zwischendurch noch mehrmals an, klar, jedesmal aus einem andern Grund, aber er fragte mich immer wieder nach meinem Interesse für Merkur. Meine Antwort blieb stereotyp:

„Nee!“

Obwohl, ich muß zugeben, irgendwie fand ich es schon interessant, daß ein bis dato unbekannter Verlag seine Autoren auf so ungewöhnliche Weise suchte: per Anzeige in Bingenheimers Magazin TRANSGALAXIS...

Irgendwie ritt mich der Teufel, als ich meiner Neugierde schließlich nachgab und am 20. Dezember 1985 folgenden Brief losschickte: „Sehr geehrte Herrschaften, wie ich durch einen Autorenkollegen erfuhr, bereiten Sie eine neue Science Fiction-Serie vor. Ich wäre sehr interessiert daran, mich an Ihrem Projekt als Autor zu beteiligen. Meine ,Referenzen': Ich arbeitete als Co-Autor (Konzeption, Exposés und Romane) an der Bastei-Serie ,Die Terranauten' (unter dem Pseudonym Erno Fischer), schrieb lange Jahre für TERRA ASTRA und bin zur Zeit der alleinige Autor der Comic-Serie ,Masters of the Universe' (Auflage zweimonatlich 150.000!). Ansonsten schrieb ich Science Fiction Romane für den Kelter Verlag, Marken Verlag (Erde 2000) und für den Zauberkreis Verlag - überwiegend unter dem Pseudonym W. A. Travers. Es würde mich sehr freuen, Ihr Interesse an meiner Arbeit geweckt zu haben, und hoffe auf baldige Nachricht mit freundlichen Grüßen...“ und so weiter und so fort...

Irgendwie erschien mir der Brief im nachhinein zu nüchtern, weshalb ich noch ein „PS“ druntersetzte: „Noch ein Frohes Fest und ein erfolgreiches Jahr 1986!“ Weil es eben in die Jahreszeit paßte. Nun, die erste Hälfte des gutgemeinten Wunsches ging zwar in Erfüllung, aber was den Erfolg betrifft... ohne nun vorgreifen zu wollen! Jedenfalls dauerte es bis zum 23. Januar 1986, bis Merkurs Ruf erscholl: ,Sehr geehrter Herr Hary, für die an uns gesandten Stilproben möchten wir uns recht herzlich bedanken. Da die Resonanz auf unseren Aufruf ,Autoren gesucht' recht groß war, dauerte die Ausfilterung der für uns in Frage kommenden Autoren einige Zeit. Daher erst jetzt unsere Antwort. Nach unserem Dafürhalten (Anmerkung von mir: Ich hasse diesen die deutsche Sprache quälenden Ausdruck - ist halt Geschmacksache!) kommen Sie durchaus als Mitautor in unserem Autorenteam in Frage (Anmerkung wieder von mir: Wer schaut in diesem Sonderfall nicht gern über solche Lappalien wie unsympathische Ausdrücke hinweg?). Aus diesem Grund möchten wir Sie zu der in unseren Verlagsräumen stattfindenden Autorenkonferenz am 15. 2. 1986, um 10 Uhr, einladen. Dort werden Sie alles weitere erfahren. Über eine kurze Terminbestätigung Ihrerseits würden wir uns sehr freuen und verbleiben...“ Es ist nicht zu leugnen, die Terminbestätigung erhielt Merkur von mir, sonst könnte ich heute nicht über STAR GATE schreiben. Schriftlich ging sie am 29. Januar 1986 raus. Und dann wurde Geschichte gemacht: STAR GATE-Geschichte! Vier Autoren einschließlich meiner Wenigkeit, jeder mindestens eine fix und fertige Serie in der Tasche, die eigene jeweils natürlich die „beste“... und zwei Jungverleger (= gemessen an ihrer Berufserfahrung, nicht an ihrem Lebensalter), sehr interessiert, sehr nett, voller Elan, daß es einen mitriß - und erst einmal dahingehend koordinierend, daß jeder seine eigenen Wünsche und Hoffnungen begrub und sich darauf einstellte, daß hier etwas „völlig Neues“ geboren werden sollte. Draußen war es an jenem Tag „saukalt“ in Essen, aber in den Verlagsräumen ging es heiß her: Die Heizung mußte heruntergedreht werden. Tatsächlich! Um es kurz zu machen: Innerhalb eines Tages wurde STAR GATE geboren! Denn von Verlagsseite stand nur der Serientitel fest: „STAR GATE - Tor zu den Sternen“. Der Rest war unsere Sache: Wir schufen die Grundlage zur Serie, mit einem groben Rasterrahmen, der von den einzelnen Autoren schließlich in „Heimarbeit“ ausgearbeitet werden mußte. Und das funktionierte eigentlich nur, weil wir eine strenge Aufgabenverteilung vornahmen: Nach dem groben Festlegen des Handlungsstrangs »Das Transmitter-Experiment« bis einschließlich Band 20 wurde unter anderem Frank Rehfeld (Anmerkung: Inzwischen längst einer der prominentesten deutschen Autoren sowieso) „ausgeguckt“, die Exposéredaktion zu übernehmen - und ich, sämtliche physikalischen und technischen „Voraussetzungen“ zu schaffen. Nun war auch schon klar, wer welchen Roman schreiben würde (von zwanzig jeder fünf): Ich wählte mir unter dem ersten Dutzend nur einen einzigen Band heraus, wie man weiß (und in der Auflistung weiter unten nachlesen kann). Das hatte einen gewichtigen Grund: Ich war damals Chefredakteur der Zeitschrift »Alt & Jung« (hatte leider überhaupt nichts mit Fantastik zu tun, sondern wendete sich vorwiegend an Senioren) und hatte vorerst eigentlich überhaupt keine Zeit, auch nur eine einzige Zeile für STAR GATE zu schreiben. Und ich hatte eine Kündigungsfrist, die ich einhalten mußte (ja, man macht im Leben manchmal so gravierende Fehler und gibt einen so guten Job auf - wegen der vagen Hoffnung, wieder mehr Schriftsteller sein zu dürfen, was mir halt doch noch mehr liegt als die journalistische Arbeit...).

Wir Autoren unterhielten während der knapp zwei Wochen bis zur zweiten Sitzung am 28. Februar einen ständigen „heißen Draht“ (trotz meiner Zeitprobleme), tauschten Ideen zu Details aus, sprachen alles miteinander ab - und jeder konzipierte neben seinen „Spezialaufgaben“ (= den Background betreffend) seine Romanexposés. Frank Rehfeld koordinierte schon mal die ersten.

Eigentlich war der 28. Februar die Steigerung: Es ging noch heißer her als beim ersten Mal, denn STAR GATE befand sich gewissermaßen im vorbereitenden Endstadium: Die Würfel fielen, die Sache kam ordentlich ins Rollen. Bereits am 7. März ging mein Manuskript zur Nummer 5 zur Post (= obwohl ich keine Zeit dafür hatte, „klaute“ ich mir die Zeit einfach, weil ich in meinem Job ja jetzt nichts mehr zu verlieren hatte: Die Kündigung bei meinem Brötchengeber war durch, und ich hatte meinen Nachfolger schon halbwegs eingearbeitet)! Die Mitautoren waren ebenfalls fleißig, so daß die Nummer 1: „Das Transmitter-Experiment“ von Kurt Carstens (= Pseudonym) schon einen Monat später gedruckt war. Die Auslieferung nahm zwei weitere Wochen in Anspruch. Wir waren alle mehr oder weniger euphorisch, als die erste Leserresonanz kam: überwältigend! Auch die Verkaufsstellen, soweit sie befragt werden konnten: „Noch niemals ist bei uns eine neue Serie so eingeschlagen - egal welcher Art!“

Dennoch gab es einen Wermutstropfen, den der Verlag leider unterschätzte: Nur ein Teil der Grossisten wurde erreicht - und damit auch nur ein ziemlich kleiner Teil der interessierten Leser! Wir meldeten unsere leisen Bedenken an, die jedoch von der Verlagsleitung zerstreut wurden: Während die nächsten Bände auf den Markt kamen, erreichte uns Autoren eine Positivnachricht nach der anderen aus dem Verlag. Im nachhinein läßt sich dazu sagen: Alles entsprach der Wahrheit, es wurde weder etwas hinzugefügt, noch weggelassen, trotzdem war die Serie von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wir alle hätten es wissen müssen, aber bei uns war nun einmal der Wunsch Vater des Gedankens: Wir taten alles, um der Serie zum Durchbruch zu verhelfen!

Die Macht der Merkur-Konkurrenz war größer: Sie intrigierten laut Aussage einiger Grossisten gegen das neue Projekt (als hätten die beiden großen Verlage es wirklich nötig gehabt, gegen einen so kleinen Verlag zu stänkern!) und sorgten dafür, daß viele Grossisten einfach die Romane nicht an die Kioske weiterlieferten. Und so kam bereits vor Auslieferung von Band 12... das AUS! Hier noch zum Inhalt der Serie, wie sie 1986 erschien: „Am 15. Juli des Jahres 2063 mißlingt das Großexperiment Star Gate, die Erfindung des Transmitters: Das siebenköpfige Team materialisiert, von der Erde aus ,abgestrahlt', nicht wie vorgesehen in der Empfangsstation auf dem Mond, sondern kommt auf einem fremden Planeten heraus. Sie nennen ihn Phönix. Durch Zufall sind die Menschen in ein bestehendes Transmittersystem eingedrungen! Doch wer sind die Erbauer? Nach vielen Abenteuern soll das Team von Phönix zur Erde zurückkehren und Bericht erstatten. Abermals geht was schief: Sie materialisieren auf einer Dschungelwelt, und der Computer des dortigen Star Gates strahlt die sieben Menschen zu einem Planeten ab, wo man seiner Meinung nach über das weitere Schicksal des Teams besser entscheiden kann. So erreichen sie die Ödwelt Shan. Die Roboter von Shan zeigen den Menschen drastisch mittels sogenannter Illuhauben die Vergangenheit, und so erfahren die Menschen, wie schrecklich die Strafen der Transmitter-Erbauer sind, wagt es jemand, mit ihrer Erfindung Mißbrauch zu treiben. Und genau das tun ja die Menschen, seit sie in das Netz eingedrungen sind - wenigstens nach Meinung der Erbauer: Mißbrauch treiben! Und die Strafen sind entsetzlich. Deshalb müssen die sieben Menschen unbedingt zurück, um die Erde zu warnen: Die Star Gate-Technik darf nicht mehr länger angewendet werden, soll nicht die gesamte Menschheit Gefahr laufen, vernichtet zu werden! Sie dürfen zwar letztendlich als Botschafter und Warner nach Phönix zurückkehren, auf dem sich irdische Wissenschaftler längst breitgemacht haben, aber als sie vom Star Gate auf Phönix zur Erde abgestrahlt werden, passiert erneut eine Katastrophe: Saboteure sprengen im gleichen Augenblick das Empfangsgerät auf der Erde in die Luft!“

Tja, und damit endete die Serie erst einmal - mit dem berühmten Knalleffekt praktisch im spannendsten Augenblick. Und daran scheiterte die Sache letzten Endes (man kann es tatsächlich mit einem einzigen Wort ausdrücken): Geld! Merke: Es ist viel wichtiger, möglichst viele Leser zu erreichen, als bei wenigen möglichst gut anzukommen. Anders herum: Die Quantität gewinnt gegen die Qualität (wie es uns ein berüchtigtes Boulevard-Blatt jeden Tag aufs Neue drastisch vor Augen führt)! Die rigorose Anwendung des existierenden Verteilermonopols sorgte dafür - zwar indirekt, aber dennoch äußerst erfolgreich, wie man sieht -, daß Star Gate eingestellt wurde - und es gibt nicht die geringste Hoffnung, daß es jemals wieder in solcher Form erscheint: Wir Autoren haben uns redlich bemüht, als Merkur dichtgemacht hat (obwohl die Verleger vor unseren Honorarforderungen zunächst unerreichbar „in den Untergrund“ verschwanden - und die damals fällig gewordenen Honorare bis heute nicht völlig bezahlen können), aber keiner der anderen Verlage war interessiert. Der Grund dafür ist ganz einfach: Es lohnte sich aus ihrer Sicht gesehen nicht!

 

 

Hier die versprochene Gesamtliste:

 

Das Transmitter-Experiment

Kurt Carstens / April 1986

Flucht von „Phönix“

Frank Rehfeld / April 1986

Höllenkommando „Phönix“

Frank Rehfeld / April 1986

Geheimcode Alpha

Carsten Meurer / April 1986

 

Wrack aus der Vergangenheit

Wilfried A. Hary / Mai 1986

(Damit beginnen wir anschließend als Teile 1 bis 4, und dann geht's gleich weiter mit den ursprünglich als Nr. 14 bis 17 geplanten Romanen als Teile 5 bis 24, wobei alles noch einmal gründlich überarbeitet, miteinander in Einklang gebracht und der Schluß umgeschrieben und damit zu einem endgültigen, logischen Ende wurde: Der Leser wird's danken!)

 

Ende eines Quellherren

Carsten Meurer / Mai 1986

Stadt der Illusionen

Carsten Meurer / Mai 1986

Wasser für Shan

Carsten Meurer / Mai 1986

Das Geheimnis der Statue

Frank Rehfeld / Juni 1986

Botschafter von den Sternen

Frank Rehfeld / Juni 1986

Das Transmitterinferno

Kurt Carstens / Juni 1986

Planet der Götter

Kurt Carstens / Juni 1986

 

Nach dieser Nummer wurde die Serie zum ersten Mal eingestellt. Sechs Romane blieben unveröffentlicht:

 

Die Rebellen von Moran-Dur

Frank Rehfeld

„Menschen unerwünscht“

Wilfried A. Hary

Der Clan der Rebellen

Wilfried A. Hary

Unter fremder Sonne

Wilfried A. Hary

Erfolgsaussichten: Null Prozent!

Wilfried A. Hary

Gestrandet

Uwe Anton

 

Als Volker Krämer (einer der beiden ehemaligen Verleger vom Merkur-Verlag) die Serie in Handarbeit weiterführte, wurde sie jedoch nicht mit den ursprünglichen Nummern 13-18 fortgesetzt, sondern mit völlig neuen Romanen:

 

13. Zeitsprung

Kurt Carstens /Juni 1987

14. Station im Nichts

Kurt Carstens /Juli 1987

15. Die Rebellen von Terra

Kurt Carstens / August 1987

16. Testflug der Excaligur

Kurt Carstens / Sept. 1987

Welt der bunten Drachen

Kurt Carstens / Okt. 1987

Die kyphorischen Jäger

Kurt Carstens / Nov. 1987

Vorstoß zur Erde

Kurt Carstens / Dez. 1987

Flucht in die Galaxis

Kurt Carstens / Januar 1988

Planet der Cheekah

Ted Ewigk / Feb. 1988

 

Damit wurde die Serie zum zweiten Mal eingestellt, und wiederum waren bereits drei Romane geschrieben worden, die nicht erscheinen konnten:

 

22. Die zweite Basis Kurt Carstens

23. Herrin der Urwelt Kurt Carstens

24. Die Zwerge von Yoron Kurt Carstens

 

Die Pseudonyme:

Kurt Carstens Werner Kurt Giesa

Frank Rehfeld Realname

Carsten Meurer Uwe Anton

Wilfried A. Hary Realname

Uwe Anton Realname

Ted Ewigk Werner Kurt Giesa

 

Ein herzliches „ad astra“

immer EUER Wilfried A. Hary

 

 

 

 

 

 

Der verrückte Computer I

 

 

 

1. Kapitel

 

Im Prinzip müßte es mir egal sein, was man im Konzern von mir hält, aber es ist eine Frage des Überlebens - und in dieser Hinsicht soll ich ja ein Spezialist sein...

Inzwischen weiß ich, daß man dazu nicht nur eine entsprechende Ausbildung als Einzelkämpfer in jeglicher Lage haben muß: Man muß auch lernen, zur rechten Zeit den Mund zu halten. Und deshalb würde ich, Ken Randall, niemals gegenüber dem Konzern zugeben, was ich dachte, als Dr. Dimitrij Wassilow hinter mir ächzte: „Das ist nie und nimmer Mütterchen Erde!“

Manchmal reizte mich sein russischer Akzent zum Schmunzeln. Diesmal nicht!

Ich spürte, wie sich meine Nackenhaut schmerzhaft zusammenzog. Nicht die Erde? Wo sonst? „Schon wieder so ein Mist!“ schimpfte Juan deCosta. „Die haben es darauf angelegt, mich zu ärgern. Erst sollten wir auf dem Mond landen und kamen auf dem Planeten Phönix heraus - und jetzt...?“

„Die hätten besser dich mal 'rangelassen, was?“ fragte Dr. Jörg Maister und schnaufte. Es klang verächtlich. Ich war schon am Ausgang. Der war genauso wie auf Phönix. Das Gitternetz des Star Gates bestand aus den gleichen winzigen Dreiecken und ließ sich problemlos von innen öffnen. In seiner Bauart ähnelte es nicht nur dem Star Gate, das wir auf jenem fremden Planeten vorfanden, sondern auch dem auf der Erde, mit dem wir vor Wochen gestartet waren - um auf Phönix zu stranden. Sogar die Form war praktisch identisch. Aber das Material war anders: Eine völlig unbekannte Legierung, an der sich unsere Wissenschaftler auf Phönix schon im wahrsten Sinne des Wortes die Zähne ausbissen. Der Zwischenraum. Natürlich befanden wir uns nicht auf der Erde. Aber auch nicht wieder auf Phönix. Ich spürte das typische Ziehen in der Bauchgegend. Mein Körper war gespannt wie eine Stahlfeder. Die fremdartige Umgebung reizte meine Sinne zu höchster Aufmerksamkeit. „Ich hätt's wissen müssen!“ schimpfte deCosta. „Deshalb haben sie uns geschickt: Weil wir als einzige bisher bewiesen haben, daß wir in fremder Umgebung klar kommen.“ „Die haben uns doch wohl nicht absichtlich...?“ fragte Dr. Janni van Velt kleinlaut. Manchmal erschien mir diese hochdotierte Wissenschaftlerin mit dem kurzen, blonden Haar doch ein wenig zu naiv. Ich fragte mich, wo sie wieder den grünen Kugelschreiber herhatte, an dem sie herumkaute, als gelte es, einen Wettbewerb damit zu gewinnen. Der Zwischenraum war leer. Ich entspannte mich: Keine Gefahr - vorläufig! Nicht einmal ein Stäubchen befand sich am Boden. Es gab keinerlei Computeranzeigen; nur kahle Wände, die in einem hellen Grün leuchteten, wie aus innen heraus. Befanden wir uns in der typischen Pyramide? Es sah ganz danach aus. Ohne mich noch um die anderen zu kümmern, ging ich weiter. Ein Teil der Wand löste sich scheinbar auf, als ich mich näherte. Keine Ahnung, wie die Erbauer der Star Gates solche Tricks schafften. Alles war nicht nur anders als auf der Erde, sondern in vielerlei Hinsicht auch anders als auf Phönix. Nur der Gitterkäfig war gleich. Hinter der Öffnung war alles hell überflutet. Ich näherte mich vorsichtig. Der eigentliche Computerraum. Blinkende Anzeigen, als wären sie eben erst zu neuem Leben erwacht - durch unsere unerwartete Ankunft? Noch wußten wir zu wenig über die Star Gates: War den Wissenschaftlern, die das Sternentor auf Phönix studierten und den dortigen Computer zu manipulieren versuchten, ein entscheidender Fehler unterlaufen - was ja zu befürchten gewesen war - oder war es diesem Computer hier möglich, uns gegen unseren Willen herzubeordern - wie auch immer? Nichts war auszuschließen. Ich ging durch die Öffnung in den Computerraum. Es gab keinerlei Sitzgelegenheiten oder sonstige Möbel, die uns einen Hinweis auf die Rasse der Erbauer hätten geben können. Genauso wie auf Phönix. Schräg gegenüber tat sich eine neue Öffnung auf. Ich nahm zunächst an, es sei eine Aufforderung für uns, den Computerraum zu verlassen. Weit gefehlt: Ein seltsames Wesen trat uns entgegen. Es hatte ein grünes, dichtes Fell, das feucht glänzte, bleckte knurrend sein braunes Gebiß - und stürzte sich im nächsten Moment auf mich. Meine linke Faust landete genau an der Kinnlade des Angreifers. Es krachte fürchterlich, aber das war nicht etwa das Kinn des Kerls, sondern mein Handgelenk. Als hätte ich Stahl getroffen. Der Angreifer prallte gegen mich und hätte mich umgeworfen, aber ich machte eine Ausweichbewegung und half noch ein wenig nach, um den Kerl genau auf der Stirnplatte landen zu lassen. Ja, es war ein Kerl, nicht etwa ein Tier dieses Planeten. Das war klar. Was hätte ein „Tier“ auch hier zu suchen gehabt? Wie hätte es in den vom Computer überwachten und kontrollierten Star Gate-Bereich so ohne weiteres eindringen können? Uns war es ja auch nur möglich, weil wir gewissermaßen „von innen“ kamen - nämlich durch das ständig aktivierte Sternentor...

Oder war es etwa - einer der sagenhaften Erbauer? Der Sturz machte ihm nichts aus. Behende, trotz seiner eher plumpen Gestalt, sprang er wieder auf. Aber ich ließ ihm keine Chance, einen neuen Angriff zu starten: Meine Hände verkrallten sich in seinem Fell. Ich stemmte ihn über den Kopf und schmetterte ihn mit voller Wucht gegen die Wand. „Das bringt auch nur ein Ken Randall fertig!“ ächzte Maister hinter mir begeistert. Auf die Idee, daß ich vielleicht tatkräftige Hilfe brauchen könnte, kam er natürlich nicht. Anscheinend fürchtete er, sich dabei zu sehr anstrengen zu müssen. Das war sowieso immer sein größtes Problem. Und andere ließ er nicht an seiner untersetzten Figur vorbei, weil er damit den Durchgang verbaute. Der Angreifer war erstaunlich hart im Nehmen, denn der Bums, mit dem er letztlich am Boden aufgesetzt hatte, machte ihm genauso wenig aus wie mein Kinnhaken. Schon wieder sprang er mich an. Ich änderte meine Taktik, wich rechtzeitig aus und ließ ihn ins Leere gehen. Und dann fuhr meine Hand zum Schocker. Der wirkte bis maximal zehn Meter Entfernung voll - und verfehlte auch hier seine Wirkung nicht: Der Bursche gab eine Reihe höchst merkwürdiger Töne von sich und taumelte in den Raum hinein, in Richtung Computerkonsolen. Aus seinen Ohren kam Qualm. Er verrollte die Augen und machte konvulsivische Bewegungen, ehe er umkippte. Ich hatte schon einige Reaktionen auf den Schocker erlebt, aber diese hier war einmalig. Dr. Dimitrij Wassilow erkannte genau wie ich den Grund: „Das ist überhaupt kein Wesen, sondern ein Roboter!“ „Aber bestimmt kein russischer!“ knurrte der Deutsche Yörg Maister. Er war ein Genie, hatte mit seinen 22 Jahren bereits einen Doktor-Titel und auch sonst noch einiges zu bieten - außer seiner sprichwörtlichen Faulheit. „Könnte aber!“ trumpfte Wassilow wacker auf. Er konnte es nicht bleiben lassen: Alles, was seiner Meinung nach gut war, erinnerte ihn an entsprechende „russische Erfindungen“...

„Ich hätte mir eine andere Begrüßung gewünscht“, sagte Mario Servantes und rieb sich das Kinn mit der rechten Hand. Man konnte deutlich sehen, daß ein Fingerglied fehlte. Bis jetzt hatte keiner von uns herausgefunden, wo er es gelassen hatte. Er zog vor, es mit einem Geheimnis zu umgeben. Überhaupt sah er sich gern im Mittelpunkt. Sein blauschwarzes, langes Haar lockte angeblich Frauen an wie Motten das Licht. Zu seinem Leidwesen allerdings war Tanya Genada, seine „Landsmännin“, nicht ganz so begeistert von ihm wie er es anscheinend von Frauen gewohnt war. Seltsam, wenn ich sie anschaute, bekam ich regelmäßig eine trockene Kehle. Oder mir wurde auf einmal zu warm...

„Was beschwerst du dich?“ fragte Maister vorlaut. „Unser Freund hier hat das schon ganz allein erledigt. Habt ihr gesehen, wie Ken Randall den Schocker gezogen hat? Ich sah mal 'n alten Western aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Mann, Ken Randall hätte damals todsicher 'ne gute Figur abgegeben.“ „Du nicht, was?“ erkundigte sich Mario anzüglich. Mir war klar, daß die dummen Sprüche nur ihre Furcht vor den unbekannten Gefahren kaschieren sollten, die uns hier erwarteten. Außerdem: Unsere Erfahrung von Phönix lehrte uns, daß es sobald

kein Entrinnen gab... Yörg Maister schwieg beleidigt. „Und jetzt 'raus hier, bevor noch mehr passiert!“ sagte der Russe und schob sich an mir vorbei. Sein kahler Schädel glänzte im Computerlicht wie frisch poliert. Nicht, daß ihm keine Haare mehr wuchsen: Es war nur ein Modegag. Die Gruppe blieb automatisch beisammen, als wir dorthin gingen, wo der verkleidete Roboter eingetreten war. Jetzt lag er schwer beschädigt am Boden. Terranische Schockstrahlen schienen seiner Technik wahrlich schlecht zu bekommen. Dr. Dimitrij Wassilow stöhnte laut auf. Er verbarg uns die Sicht, weshalb wir nicht sofort sehen konnten, was ihm die Sprache verschlug. Der Anblick allein schon wirkte auf ihn wie ein Schock...

 

 

 

2. Kapitel

 

Dr. Wassilow galt nicht gerade als übertrieben empfindsam. Auf die meisten durfte er eher abgebrüht wirken - wie einer, den man nicht so schnell aus der Ruhe bringen konnte. Aber diesmal konnte ich ihn gut verstehen: Auch mir verschlug der Anblick glatt die Sprache: Wir befanden uns inmitten eines gigantischen Dschungels! Die Bäume waren so hoch wie Wolkenkratzer. Dabei wirkten sie ungewöhnlich schlank, als müßten sie eigentlich beim geringsten Windhauch abknicken. Daß dies nicht geschah, dafür gab es mindestens zwei Gründe, von denen einer sofort ins Auge stach: Die Baumkronen waren oben so zusammengewachsen, daß die Urwaldriesen ein regelrechtes grünes Dach bildeten. Der zweite Grund war, daß die Schwerkraft von Dschungelwelt schätzungsweise 0,8 g betrug, also nur vier Fünftel wie auf der Erde. Kein Wunder, daß ich den schweren Roboter so leicht hatte stemmen können. Im Vergleich zur Erde hatte er nicht mehr gewogen als ein lebendiges Wesen in dieser Größe. Eigentlich wurde uns allen erst jetzt so richtig bewußt, daß wir allein an den veränderten Schwerkraftverhältnissen hätten sofort erkennen müssen, daß dies hier weder die Erde, noch Phönix sein konnte. „Mann, o Mann!“ rief Dr. Yörg Maister in seiner unkonventionellen Art. Er war der Bioniker unter uns, weshalb er sich anscheinend zuständig fühlte, diesen Planeten sofort zu taufen: „Vetusta!“ Niemand fragte ihn, wie er auf diesen Namen gekommen war. Er erklärte es uns trotzdem: „Ist lateinisch und bedeutet soviel wie Urwald!“ „Wie wahr, wie wahr!“ sagte Mario Servantes gedehnt. Er war Physiker, und grüne Natur hatte ihn anscheinend nie sonderlich interessiert. Diese hier schien ihm sogar Furcht einzuflößen. Der fünfunddreißigjährige Spanier wich zur Seite, damit auch die anderen das ganze Ausmaß dieser grünen Hölle überschauen konnten. „Jetzt ist mir auch klar, warum uns so ein verkleideter Roboter angriff!“ behauptete Maister. Er schaute sich beifallheischend in der Runde um. Als niemand so recht reagieren wollte, kratzte er sich erst den Backenbart, rieb sich danach über die Stirnglatze und strich zum Abschluß den verbliebenen Rest von schwarzen Haaren glatt. „Äh, scheint sich um so 'ne Art von Arbeitsroboter zu handeln. Der Umgebung angepaßt, weil es hier ganz offensichtlich irgendwelche Wesen gibt, die...?“ Schon wieder schaute er sich um. Jetzt zeigten sich alle plötzlich interessiert. Er lächelte und kostete seinen kleinen Triumph erst einmal ein paar Sekunden aus, bevor er mit der Zunge schnalzte und sagte: „Tja, sonst hätten sich seine Erbauer mit der Verkleidung ja keine so große Mühe zu machen brauchen, nicht wahr? Und gewohnt, ungebetene Gäste zu entfernen - griff er sich unseren guten Ken Randall und...“ Abermals das Zungenschnalzen. „Schocker scheint es hier jedenfalls nicht zu geben, sonst hätte man dafür gesorgt, daß die ihm nichts anhaben können.“ Die Theorie hatte einiges für sich: Ein perfekt der Umgebung angepaßter Roboter? Falls es hier wirklich intelligentes Leben gab, dann befand es sich auf einer vergleichsweise primitiven Stufe der Entwicklung. Für mich persönlich tauchte sofort die Frage auf: Wieso befand sich auf einer so unbedeutenden Welt ein Star Gate? Warum hatten es seine Erbauer einst hier errichtet? Unser wissenschaftliches Großteam, das sich längst eingehend mit dem gleichen Phänomen auf Phönix beschäftigte, hatte nicht viel herausbekommen - und erzeugte eigentlich mehr Fragen, als es beantworten konnte. So stellten sie inzwischen fest, daß es in der ansonsten sehr altertümlichen Kultur von Phönix Gegenstände von wahrhaft kultischer Bedeutung gab - und die von überlegenen Technikern hergestellt worden waren. Das merkwürdigste dabei war allerdings, daß man bei der Altersbestimmung auf wenige hundert Jahre kam. Einige der Wissenschaftler waren inzwischen sogar der Ansicht, diese Gegenstände hätten erst ein Alter von Jahrzehnten – zumindest jedoch von weniger als hundert Jahren! Dabei überlegte ich, wie sicher eigentlich die irdischen Methoden zur Altersbestimmung von Materialen nachweislich unbekannter Herkunft waren...? Es schauderte mich unwillkürlich. Alles, was die Star Gates betraf, war geheimnisvoll, und ich glaubte fast, dieses Geheimnis sei unlösbar: Was steckte dahinter? Wie konnte man die Widersprüche erklären? Die Manipulationen am Phönix-Star Gate, besser gesagt an seinem Computer, hatten einwandfrei erbracht, daß es eine unbekannt große Anzahl von Sternentoren auf den unterschiedlichsten Welten gab. Ein paar Codes waren inzwischen angeblich geknackt. Danach gab es auch Welten, die man nicht so ohne weiteres betreten durfte. Das heißt, ihre Anpeilung war gesperrt. Ich hatte es mit eigenen Augen gesehen: Man konnte einen anderen Planeten anpeilen, ganz einfach indem man die Norm des SG veränderte. Dabei mußte die Dreiecks-Pyramidenform jedoch genau exakt bleiben. Das heißt, man brauchte die Pyramide nur jeweils ein Stückchen größer oder auch kleiner zu fahren. Diese Veränderungen des Gitternetzes waren aufgrund der Dreieckseinteilung mechanisch möglich, wenn auch nur in begrenztem Umfang. Daß ich mich hier befand, obwohl vor unserem „Start“ gar nicht mal so hundertprozentig klar gewesen war. ob wir nicht doch auf der Erde landen würden, bewies die Theorie in der Praxis: Alle Welten, die mit einem Sperrcode versehen waren, gehörten anscheinend zu denen für „Nicht-Sauerstoff-Atmer“. Das heißt, es waren besondere Vorsichtsmaßnahmen geboten, wenn man dorthin wollte. Daß wir bei unserem ersten Sprung durch das irdische Sternentor am 15. Juli des Jahres 2063 auf Phönix strandeten, lag offensichtlich daran, daß die SG- Norm unseres irdischen Star Gates zufällig genau derselben Norm wie auf Phönix entsprach. Klar, unsere Herren und Damen Wissenschaftler hatten inzwischen jede Menge Theorien parat, was die Funktionsweise eines Star Gates betraf - daß einem der Kopf schwirrte und man letztlich doch nicht alles verstand... Wichtig für die Praxis war lediglich, daß es sich nicht um Einzel-SG handelte, sondern vielmehr um ein komplettes Netz! Vielleicht sogar um mehr als nur ein einzelnes Netz? Mir kam das gar nicht mal so kühn vor. Um so verwunderlicher blieb die Tatsache, daß wir nun schon zum zweiten Mal auf einem so unwichtigen Planeten wie Vetusta herausgekommen waren. Ich entfernte mich von der Gruppe und ging auf den Dschungelrand zu. Der Boden war grün, wie von Moos bedeckt, aber das täuschte: Es handelte sich offensichtlich um beschichtetes Metall - um das gleiche Metall wie in der Pyramide. Der Metallboden ging nicht ganz bis zum Dschungelrand. Dort verlief das Plattenende merkwürdig gezackt, als wäre es von einem Giganten mit Brachialgewalt einfach abgebrochen worden. „He, geh nicht zu weit!“ rief mir Tanya Genada hinterher. Ich tat ganz so, als hätte ich nichts gehört. Sie war eine Schönheit, sechsundzwanzig, in Madrid geboren. Sie war eine Survival-Spezialistin, groß, sportlich, hatte kupferrotes, halblanges Haar, das weit in die Stirn fiel und dort eine Narbe verdeckte... Ich hatte sie durch Zufall dort gesehen. Ihr war das ganz offensichtlich peinlich gewesen - mir nicht, denn es tat ihrer Schönheit keinerlei Abbruch. Eigentlich wäre sie die ideale Partnerin für mich gewesen – aber ich wollte keine Partnerin, sondern blieb lieber solo. Und wenn ich nicht irrte, dachte Tanya Genada in diesem Punkt haargenauso wie ich. Beruhigend zu wissen! dachte ich und knirschte mit den Zähnen. Ich hatte die Abbruchstelle erreicht und ging in die Hocke. Der Dschungelboden reichte bis hierher und zeigte Spuren künstlicher Bearbeitung. Ein Werk des Roboters? Wer sagte uns eigentlich, daß sich in der Station nur ein einziger befand? Unwillkürlich richtete ich mich auf und drehte den Kopf. Ich erwartete natürlich den Anblick einer großen Metallpyramide mit dreieckiger Grundform - der typischen Form eines Sternentors...

Es war nicht die Enttäuschung, die mir den Atem raubte, sondern die Erkenntnis, daß hier etwas geschehen war, was offensichtlich mit der Abrißkante des Metallbodens zusammenhing: Krieg!

 

 

 

 

 

3. Kapitel

 

Hier waren unvorstellbare Energien am Werk gewesen - und dennoch hatte ein Teil des ehemaligen gigantischen Komplexes den Angriff überstanden: Zum Beispiel das SG, mit dem wir vorhin erst angelangt waren. Es befand sich inmitten des Gebäuderestes. Oh, konnte man überhaupt Gebäude dazu sagen? Bei diesen ursprünglichen Ausmaßen? Meine Fantasie reichte durchaus, mir diesen Artefakt als Ganzes vorzustellen: Ein Kilometer maximal hoch! Die Pyramidenform ist da. Das Äußere wirkt grün - als wäre die Pyramide ein Bestandteil des umgebenden Dschungels...

Und dann die vernichtende Bombe - oder was auch immer: Die Pyramide wird auseinandergefetzt! Nur ein winziger Bruchteil davon bleibt stehen...

Es wirkte bizarr, und wenn man nicht an die ursprüngliche Form der gigantischen Pyramide dachte, konnte man fast annehmen, ein fantasievoller Künstler hätte diesen Artefakt genauso geplant und auch geschaffen: Nicht der reine Zweck bestimmte die Form, sondern die Laune des Schöpfers. Außerdem wirkte dieser Überrest des ursprünglichen Gebäudes nicht wie aus Metall, sondern eher wie aus Stein. Wäre ich nicht eben noch persönlich darin gewesen, hätte ich mich vom Anblick täuschen lassen. Ich hätte auch nie vermutet, darin ein Star Gate zu finden...

Und genau diese Überlegung ließ mich jetzt doch an meiner atemberaubenden Theorie zweifeln: Wenn ich mich nun irrte und hier keineswegs eine kriegerische Auseinandersetzung vorlag? Wenn die Station genauso gebaut worden war - aus Gründen der Tarnung? Das hätte allerdings nicht die Abrißkante der Metallplatte erklärt, auf dem das Gebäude ruhte und die mindestens fünfzig Schritte weit vom Gebäude entfernt erst endete - auf dieser Seite wenigstens. Die Gefährten waren längst aufmerksam geworden durch mein ihrer Ansicht nach merkwürdiges Verhalten. Sie entfernten sich vom Gebäude und sahen daran empor - an dieser skurrilen Gestaltung. Ich näherte mich ihnen wieder. „Vorsicht!“ gellte die Stimme von Dimitrij. Ich warf mich geistesgegenwärtig beiseite, nicht wissend, vor was er mich warnen wollte, aber die Reaktion kam genau richtig - und auch zum rechten Zeitpunkt: Eine Zehntelsekunde später hätte mich der grüne Tentakel erwischt, der an mir vorbeipeitschte. Ich sprang erschrocken weiter weg, kam in einer Rolle vorwärts auf und landete wieder auf den Beinen. Der nächste Tentakelarm hatte mich als Ziel auserkoren. Aber er griff nicht nach mir, sondern pendelte hin und her wie der Kopf einer Schlange. Und genauso wie eine Schlange hatte dieser Tentakel am äußersten Ende ein - Auge!

Ein grauenvoller Anblick, der einem schier das Blut in den Adern gerinnen ließ. Das Auge beobachtete mich, und ich spürte, wie meine Abwehr nachließ. Hatte es hypnotische Wirkung? Ich schüttelte den Kopf und taumelte rückwärts. Gleichzeitig zog ich den Schocker und schoß. Keine Zeit, erst noch großartig zu justieren. Ich jagte den Schockstrahl direkt in dieses Auge hinein. Der Tentakel zuckte zurück. Dafür schnellten zwei andere vor und peitschten in meine Richtung. Eigentlich erschienen sie wie selbständige Wesen - eben wie Schlangen, wobei die eine Sorte je ein Auge hatte und die andere blind war. Anstelle der Augen befanden sich dort krallenartige Greifwerkzeuge. Ich schoß noch mehrmals und sprintete dann zur wartenden Gruppe zurück. Jede meiner Aktionen wurde von lauten Zurufen begleitet. Als ich wieder bei ihnen war, atmeten die Gefährten erleichtert auf. Ich schaute zum Dschungelrand hinüber. Die Schockstrahlen hatten wenig Wirkung gezeitigt, aber doch genug, daß ich hatte fliehen können. „Sehr einladend ist das Gestrüpp auch wieder nicht!“ bemerkte Maister in seiner unnachahmlichen Art. Er schürzte die Lippen. „Also, wenn ihr mich fragt: Wir kehren ins Innere des Gebäudes zurück und überlassen den Rest dem Computer. Irgendwann wird es ihm sicher wieder einfallen, uns hier wegzulassen.“ „Du meinst, es müßte genauso kommen wie auf Phönix?“ fragte der vierunddreißigjährige Physiker Juan deCosta. Er war Energiespezialist, genauso wie Maister, obwohl der Deutsche obendrein auch noch seinen Doktortitel in Bionik hatte. Sie hatten auch noch andere Gemeinsamkeiten, obwohl deCosta ein typischer Südländer war: Beide waren klein, gemütlich und humorvoll - wenn auch von unterschiedlicher Art. deCosta war manchmal recht unfreiwillig komisch, denn er stach gern mit fantastischen Theorien hervor, obwohl er damit auf Vetusta noch gar nicht gekommen war. Das hatte er bisher anderen überlassen. Und jetzt schien er den richtigen Augenblick zu sehen, einmal gründlich aufzutrumpfen. Maister runzelte erwartungsvoll die Stirn, aber sein leichtes Grinsen bewies deutlich, was er von den Theorien des Spaniers eigentlich hielt. „Ja, gewiß, Juan. Warum sollte es hier anders sein als auf Phönix: Der Computer hat sein Sicherheitsprogramm und läßt uns deshalb nicht sofort weg: Er blockiert das Star Gate. In der Pyramidenspitze gibt es zwar nach wie vor das Fluoreszenz-Feld, das Tor ist also keineswegs abgeschaltet, aber...“ „...aber du kannst doch das eine nicht mit dem anderen vergleichen“, sagte deCosta nachsichtig. „Sind wir auf Phönix etwa von einem wildgewordenen Roboter empfangen worden?“ „Nein!“ „Na also! Und wieso glaubst du jetzt, daß es hier genauso ablaufen wird wie dort?“ „Sag mir doch erst einmal, was du davon hältst...“ deCosta lächelte. Es wirkte überlegen. Maister grinste unbeeindruckt weiter. Er legte den Kopf schief. Die Szene ließ mich beinahe vergessen, was ich soeben erst am Dschungelrand erlebt hatte. „Und wenn ihr nicht aufhört, über einen Gefährten zu lachen, hole ich das Ding mit den Tentakeln her!“ sagte ich zu den anderen. Das wirkte. Nicht, weil meine Worte sie überzeugt hätten: Sie besannen sich darauf, wo sie sich überhaupt befanden. Ich setzte dem noch eins drauf, indem ich hinzufügte: „Und jetzt gehen wir hinein und überprüfen die Theorie von deCosta erst einmal!“ Zuweilen konnte es schon einmal vorkommen, daß sich ansonsten distinguierte Wissenschaftler so benahmen - vor allem in einer solchen Ausnahmesituation. Auf Vetusta gab es sowieso keine Etiketten und Benimmregeln mehr. Jeder benahm sich, als gäbe es weder eine Rangordnung innerhalb des Teams, noch sonst etwas, was für eine gewisse Distanz gesorgt hätte. Ich paßte mich dem an, indem ich deCosta auf die Schulter klopfte - diesmal ließ er es zu - und sagte: „Na, worauf warten wir denn noch, Juan?“

 

 

 

 

4. Kapitel

 

Wie erwähnt - Juan deCosta konnte man am ehesten so charakterisieren: Klein, gemütlich und durchaus humorvoll, entwickelte er manchmal gern fantastische Theorien, die aber meist in die Hose gingen. Und wenn er dann gar zu experimentieren begann - knallte es auch meistens. Deshalb stand er eigentlich immer unter Erfolgszwang, wenn es einmal galt. Er mußte „es bringen“, und genau darauf, auf diese seine Charaktereigenschaft, baute ich. Wenn hier jemand Ergebnisse brachte - dann er. Obwohl seine Theorie keineswegs überzeugend geklungen hatte – auch in meinen Ohren nicht. Aber bevor wir uns dem gefährlichen Dschungel widmeten, um ihn zu erforschen, mußten wir erst einmal in der Station „reinen Tisch“ machen - um sozusagen den Rücken frei zu haben. Meines Erachtens bestand der Hauptunterschied zu dem Computer auf Phönix darin, daß dieser hier einstmals nur Teil einer größeren Einheit war - zuständig für dieses eine Star Gate - in einer Station, in der es allem Anschein nach viel mehr gegeben hatte – vor der Zerstörung. Dies war zunächst einmal meine eigene Theorie, die ich wohlweislich für mich behielt. Nun war erst einmal der vorlaute Juan deCosta an der Reihe. Wäre ich gehässig gewesen, hätte ich gedacht: Besser der als ich! Doch das tat der Hilfsbereitschaft des Teams keinerlei Abbruch. Jeder würde deCosta nach Kräften unterstützen. deCosta fühlte ich offensichtlich nicht sehr wohl in seiner Haut, als er sich der Computerkonsole näherte. Wir kannten den Computer auf Phönix, und hier waren sogar die Konsolen anders angeordnet. Es gab keine richtigen Schriftzeichen - oder hatten die eigenartigen Symbole eine ähnliche Funktion? deCosta leckte sich nervös die Lippen. Er kratzte sich am Hinterkopf. Man sah deutlich, daß er am liebsten geflohen wäre, aber es gab kein Entrinnen für ihn. Er mußte in den sauren Apfel beißen. Seine Hände schwebten unschlüssig über den Tasten. Sie senkten sich, stoppten wieder...

„Herrgott noch eins, du siehst doch, daß ich mich mit diesem Krimskrams nicht auskenne! Wann wirst du dich endlich dazu durchringen, mich zu unterstützen, hm?“ Das war zweifelsohne direkt an den Computer gerichtet. Glaubte der Spanier ehrlich, daß der Computer darauf reagieren würde? Mir fiel ein, daß wir ein paar von diesen daumennagelgroßen Translatern mit hatten. Man hatte sie uns gegeben, damit man sie auf der Erde auswerten konnte, weil sie mit den wichtigsten Spracheigenheiten auf Phönix programmiert waren. Außerdem hatte man ja damit gerechnet, daß wir möglicherweise überhaupt nicht auf der Erde „herauskamen“, sondern auf einem unbekannten Planeten. Dies war eingetroffen. Aber bisher hatte ich noch keine Veranlassung gesehen, den Translater einzusetzen. Im Grunde genommen war deCosta der einzige unter uns, der jetzt genau das tat, was im Grunde naheliegend war: Er wandte sich an den Computer und bemühte sich um Verständigung - und zwar verbal, ohne vorher sinnlos an den Tastaturen herumzuspielen. Und deshalb war es eigentlich auch nicht verwunderlich, als der Computer auch prompt antwortete - mit einer Gegenfrage: „Was bedeutet in Ihrer Sprache Herrgott, Krimskrams und hm? Die Bedeutung der anderen Spracheinheiten habe ich verstanden!“ Ja, sie lag tatsächlich auf der Hand - eine solche Reaktion. Dennoch fuhren wir alle erschrocken zusammen - einschließlich Juan deCosta. Er fürchtete sich vor seinem eigenen Mut - gewissermaßen. Zitternd wich er vor den Computerkonsolen zurück. Ich übernahm das Wort: „Im Moment ist es unwichtig. Wir sind hier und bitten dich um deine Unterstützung.“ „Die kann ich nicht gewähren. Geben Sie sich erst zu erkennen. Sie haben keinen Code. Woher kommen Sie? Was wollen Sie hier? Sie gehören nicht einmal zu einer Prüfkommission.“ „Ein Notfall führte uns her“, log ich. „Bitte näher bezeichnen. Notfallcode?“ Wie hätten wir den denn wissen können? Aber ich sagte ihm den Code von Phönix - soviel hatte ich inzwischen begriffen, von dem, was die Wissenschaftler mir zu erklären versucht hatten. „Dies ist kein Notfallcode. Was soll ich damit anfangen - hm?“ Der SG-Computer lernte erschreckend schnell. Unsere Gespräche waren von ihm natürlich belauscht worden, und es hatte ihm gereicht, innerhalb von Minuten unsere Sprache so zu lernen, daß er sie jetzt praktisch fehlerlos sprach. Wenigstens in diesem Punkt schien deCosta mit seiner Theorie recht zu haben. Vielleicht lag die Kapazität dieses Computers aber auch darin begründet, daß dies schon immer seine Spezialaufgabe gewesen war - noch als Bestandteil des Großkomplexes? Das hätte manches erklärt. „Du bist mißtrauisch. Das verstehen wir. Aber auch uns sei Mißtrauen gestattet. Schließlich hast du uns direkt nach unserer Ankunft angreifen lassen“, gab ich zu bedenken. „Es war kein Angriff gewesen, sondern eine Schutzmaßnahme. Leider ist der größte Teil meiner Speichereinheiten zerstört. Ich tippe auf aggressive Zerstörungsmaßnahmen, deren Motiv ich nicht durchschaue. Aber die Tatsachen sprechen für sich. Das heißt, ich bin hellwach!“ Jetzt übertrieb er es aber - mit der menschenähnlichen Sprechweise. „So kommen wir nicht weiter, Comp. Das wird ein Rede-Pingpong ohne Ende. Wir wollen nur, daß du uns das SG für unsere Rückkehr zur Verfügung stellst.“ „Erst einmal muß geklärt sein, mit welcher Absicht ihr gekommen seid. Außerdem zeigen eure Sprache, eure Kleidung und auch eure biologische Beschaffenheit, daß ihr sogar als Rasse nicht codiert seid.“ „Kein entsprechender Code, wie? Aber wie kannst du sicher sein, Comp? Wo du doch vorhin selber zugegeben hast, daß ein Großteil deiner Speicher aus unbekannten Gründen zerstört ist?“ Damit hatte ich ihn genau in der rhetorischen Falle, und er kam nicht mehr heraus: „Also gut, akzeptiert. Ich gebe auch das zu. Deshalb habe ich auch keine weiteren Maßnahmen mehr gegen euch durchgeführt.“ „Na, vielleicht warst du auch so zurückhaltend, weil dir nichts anderes übrigblieb? Könnte es sein, daß deine Abwehreinheiten genauso beschädigt oder gar zerstört sind wie deine Erinnerungsspeicher? Und warst du einst nicht viel größer? Ist das, mit dem ich hier spreche, nur noch ein Schatten von einst?“ Der Comp schwieg - und gab mir damit indirekt recht. Nach dem Motto: Keine Antwort ist auch eine Antwort.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Der verrückte Computer II

 

 

 

1. Kapitel

 

Zwar war es uns gelungen, den SG-Computer aus der Reserve zu locken, aber viel gewonnen war dabei zugegebenermaßen nicht. Wir wußten definitiv, daß uns der Computer nicht ohne weiteres hier weglassen würde. Dies war Punkt eins. Er konnte uns in unserer Bewegungsfreiheit nicht behindern. Dies war Punkt zwei. Hinzu kamen noch so unerfreuliche Punkte wie: Er verweigerte uns die Zusammenarbeit. Das wollte ich noch genauer wissen, weshalb ich sagte: „Was ist mit diesem Planeten, den wir Vetusta nennen? Was kannst du uns über ihn sagen?“ Auch diesmal blieb er schweigsam. „Jetzt hast du ihn beleidigt!“ sagte Maister humorlos. Der Russe fügte hinzu: „Wer hält uns auf, alles selber herauszufinden? Hier haben wir eine klassische Pattsituation. Das kenne ich aus unserer großartigen russischen Vergangenheit. In der ruhmreichen Geschichte Rußlands...“ „Nein!“ stöhnte Maister gottergeben. Dr. Dimitrij Wassilow verstummte prompt - genauso beleidigt anscheinend wie der Computer. Maister schaute mich herausfordernd an. „Könnte es sein, daß hier jemand zurückbleibt, wenn ihr euch in Marsch setzt?“ „Aha, wohl Bange vor Tentakeln mit Augen und Greifwerkzeugen dran, wie?“ rächte sich Wassilow. „Du hast recht.“ Ich nickte. „Jemand muß hier zurück bleiben, während wir uns in Marsch setzen, um die Umgebung zu erkunden.“ „Wieso eigentlich?“ widersprach Mario Servantes. „Ich finde, wenn wir alle zusammenbleiben, haben wir viel größere Überlebensaussichten.“ Die anderen gaben sich eher skeptisch bis zurückhaltend mit ihrer Meinung. Maister sorgte für die Entscheidung: „Wir befinden uns in der klassischen Pattsituation, wie Dr. Wassilow so überaus blumenreich ausführte. Also wird sich von allein nicht das geringste ändern. Wir müssen es selber in die Wege leiten. Einer muß mindestens hierbleiben, um zu sehen, was der Computer zu unternehmen gedenkt. Vielleicht hat er auch eine Möglichkeit, irgendwie Alarm zu geben - per Sternentor? Was wissen wir denn schon? Der braucht doch nur einen anderen Code zu wählen, damit die Norm des SG zu ändern, irgendeinen Datenträger hineinzuplazieren, und sei es auch einen Zettel mit der Aufschrift 'Hilfe! Überfall!' oder so... Tja, und ab geht die Post. Möchte gar nicht daran denken, was das für Auswirkungen haben könnte...“ Jetzt schauten sie alle recht betroffen drein. An solche Wahrscheinlichkeiten hatte wohl keiner gedacht. Ich mußte grinsen. Dr. Yörg Maister galt nicht umsonst als einer, der vor neuen Ideen förmlich sprühte - vor allem, wenn sie seiner sprichwörtlichen Faulheit entgegenkamen: Während wir also uns durch den Dschungel kämpften, um irgendwelchen unbekannten Gefahren zu trotzen, würde er es sich hier gewissermaßen gemütlich machen - vielleicht sogar innerhalb des Gitterkäfigs? Zumindest konnte er ja die Tür offenlassen und in aller Ruhe abwarten, was der Computer als nächstes zu tun gedachte. Es würde nicht ganz so bequem für ihn werden. Dafür würde ich schon sorgen, denn es nutzte uns nichts, wenn wir mehr über diese Welt erfahren hatten und sich in der Zwischenzeit die Einstellung des Rechengehirns nicht änderte, uns hier nicht wieder wegzulassen. Und das SG konnte nun einmal nur der Comp bedienen. Also waren wir auf ihn angewiesen. Ich holte Maister von seinem Höhenflug herunter: „Alles klar, Yörg, du wirst das Kind hier schon schaukeln, aber nicht ganz so allein, wie du dir das vorstellst!“ „Wie denn, die Gruppe noch mehr reduzieren?“ warf Mario Servantes ein und kam damit seinem deutschen Kollegen völlig unerwartet zu Hilfe - unerwartet und wohl auch unbeabsichtigt. „Ja!“ erwiderte ich knapp. „Wir sind insgesamt sieben. Zwei bleiben hier. Einer davon ist Dr. Yörg Maister. Er ist Energiespezialist und wird sich um das Star Gate und seine Bedienung kümmern. Ihm wird eine Wissenschaftlerin von hohem Rang zur Seite stehen: Dr. Janni vanVelt!“ Insgeheim dachte ich: Dann kann sie wenigstens nichts falsch machen. Dr. vanVelt war eine begnadete Theoretikerin - allerdings mit zwei linken Händen. Ich würde in diesem gefährlichen Dschungel mehr auf sie aufpassen müssen als auf die Umgebung, und das konnten wir uns nicht leisten. Hier jedoch konnte sie sich im wahrsten Sinne des Wortes nützlich machen. Sie lächelte mich an. Also hatte sie sehr wohl begriffen, um was es mir ging. Die blonde, kurzhaarige Frau hatte es mit ihren zweiundvierzig Jahren geschafft, die Konzernspitze ganz von ihren Fähigkeiten als Dimensions-Physikerin zu überzeugen. Und ihre Gedanken hatten durchaus praktische Auswirkungen. Ich konnte mir denken, daß sie und Dr. Maister das ideale Gespann sein würden. Obwohl es mir lieber gewesen wäre, wir hätten einen ausgesprochenen Kybernetiker bei uns gehabt. Man sollte an so einen denken, dachte ich - falls es eine neue Expedition geben sollte. Na, erst einmal müssen wir von hier weg...

Das letzte Wort war gesprochen. Mario Servantes fügte sich murrend. Yörg Maister beäugte seine Kollegin mißtrauisch. Er wußte, was man ihr zutrauen konnte. Andererseits ...

Dr. Maister fragte: „Sag mal, hast du keinen Kaugummi mehr?“ „Wieso?“ Weil du unaufhörlich an diesem vermaledeiten grünen Kugelschreiber nagst.“ Sie lachte leise. „Du hast recht: Er ist mein bestes Stück!“ Dann nahm sie den Kugelschreiber aus dem Mund und schob sich einen Kaugummiriegel hinein. „So“, seufzte Maister ergeben, „jetzt ist sie wenigstens so, wie ich's gewöhnt bin!“ Kopfschüttelnd wandte ich mich ab.

 

 

 

2. Kapitel

 

Wir hatten gerade den Dschungelrand erreicht, als sich ein großer Schatten auf uns niedersenkte. Für eine Sekunde dachte ich, eine Wolke hätte sich vor die Sonne geschoben. Aber es war keine Wolke, sondern ein fliegendes Ungeheuer mit spitz zulaufendem Kopf, lederartiger Haut und einer Flügelspannweite von insgesamt schätzungsweise knapp zehn Metern. Das Monster, das an die Flugsaurier der irdischen Vorzeit erinnerte, faltete die Lederflügel und ließ sich absacken wie ein Stein. Im Sturzflug kam es herunter, und es hatte sich ein Opfer ausgesucht: Tanya Genada! Vielleicht hatte es das kupferfarbene Haar angelockt? Oder sie war als Opfer auserkoren worden, weil sie etwas zurückgeblieben war und damit etwas Abstand zur übrigen Gruppe hielt? Sie war zu weit weg, als daß ich direkt hätte eingreifen können. Zwar zog ich blitzschnell meinen Schocker - genauso wie die anderen, aber wenn ich damit traf, war nichts gewonnen: Das abstürzende Ungeheuer würde Tanya unweigerlich unter sich begraben. Mein Herzschlag stockte bei diesem Anblick. Alles lief in Sekundenbruchteilen ab. Ich sah, daß Tanya blitzschnell zur Seite sprang, so daß die Fänge des Urvogels sie knapp verfehlten. Auch sie hatte jetzt ihren Schocker in der Hand. Wagte jedoch nicht zu schießen, so lange das Monster über ihr war. Der Urvogel drehte ab. Er fegte mit trägem Schwingenschlag über die große Lichtung in Richtung Ruine, drehte rechtzeitig ab, als wäre ihm die Ruine irgendwie unheimlich - und kehrte im weitem Bogen zurück. Diesmal jedoch kam der Vogel nicht nahe genug, als daß wir unsere Schocker hätten einsetzen können. Tanyas Kupferhaar leuchtete im Licht der fremden Sonne metallisch, als wäre es gar kein echtes Har, sondern aus lauter feinen Kupferdrähten gesponnen. Mir war heiß und kalt zugleich. Ich wollte zu ihr rennen und sie beschützend in die Arme nehmen. Sie hätte es sicherlich mißverstanden. Deshalb tat ich es nicht. Der Vogel kreiste, gewann wieder an Höhe. Er erschien im höchsten Maße verwirrt. Wieso eigentlich? Da kam mir ein Gedanke: Hatte er Tanya mit etwas verwechselt? Suchend schaute ich umher. Direkt an der Abrißkante des Metallbodens sah ich eine kupferfarbene Frucht liegen. Ja, es mußte sich um eine Frucht handeln, obwohl das Ding künstlich wirkte - eben wie aus Kupfer hergestellt. Ich beobachtete den Dschungel, um nicht wieder eine böse Überraschung zu erleben. Vorsichtig ging ich zu der Frucht hinüber und bückte mich nach ihr. Ich nahm sie nicht sofort in die Hand, sondern betrachtete sie zuerst eingehend. Wie ein übergroßer Kupferapfel. Ich tipte ihn vorsichtig an. Fühlte sich weich an, wie überreif. Ich nahm ihn auf. Ungewöhnlich schwer für diese Größe und vor allem für die hiesigen Schwerkraftverhältnisse. Kurzentschlossen warf ich die Frucht in Richtung Urvogel, der kreischend über der Lichtung kreiste. Die Kraft, die ich in diesen Wurf investierte, reichte aus: Die Frucht flog im hohen Bogen durch die Luft. Der Urvogel entdeckte sie und stürzte sich blitzschnell darauf. Er erwischte sie im Flug und gewann danach rasch wieder an Höhe. Hoch über uns kreischte er zufrieden. „Seht ihr, nicht alles Leben hier ist mörderisch. Es gibt auch Pflanzen- und Früchtefresser.“ „Wenn schon, dann hätte Maister mit uns gehen müssen und nicht zurückbleiben“, nörgelte jetzt Juan deCosta. „Schließlich ist er der einzige Bioniker in der Runde. Wenn es jemandem gelänge, die Tier- und Pflanzenwelt hier zu enträtseln, dann doch wohl er!“ Niemand ging darauf ein, außer Mario Servantes: „Du hast ja gehört, was unser Boß hier bestimmt hat. Und Maister blieb auch nur zurück, aus gewohnter Faulheit. Für den wäre ein Marsch durch den Dschungel mit viel zuviel Anstrengung verbunden gewesen.“ Sie hatten beide recht, aber es bedurfte keineswegs des Rates eines Bionikers, hier den Gefahren zu trotzen. Und die Ergebnisse analysieren konnte man später immer noch. Aber mir war klar, warum Juan deCosta diese Bedenken anmeldete: Er hätte gern in der Ruine herumexperimentiert, und es schmeckte ihm ganz und gar nicht, daß ich das verhindert hatte. Schließlich ist es von Vorteil, wenn nachher alles noch dasteht! dachte ich ketzerisch, während ich ihn ansah. Fatal wäre es, wenn jemand in seiner Experimentierwut alles in die Luft gesprengt hätte! Er erwiderte meinen Blick und schien meine Gedanken irgendwie zu erraten, denn deutlich schwoll eine Zornesader. Ich wandte mich ab und richtete meinen Schocker in das dichte Gestrüpp. Dann betätigte ich den Auslöser. Meiner Meinung nach, war das die beste Methode, gegen weitere Überraschungen einigermaßen gefeit zu sein. Die Reaktion auf meinen Schockstrahl war im wahrsten Sinne des Wortes fantastisch: Ein wildes Gebrüll hub an, und etwas fiel direkt aus dem Gestrüpp auf die Lichtung. Nein, das war es nicht, was so brüllte, denn das Gebrüll kam von weiter links. Ich sprintete hinüber und griff blindlings zu. Meine Hände krallten sich in Fell. So etwas kannte ich von dem Roboter, der uns in der Ruine angegriffen hatte. Aber das Wesen, das ich hier ins Freie zerrte, war keineswegs ein Roboter. Es war viel leichter, obwohl es dieselbe Größe hatte: wie ein erwachsener, ziemlich groß geratener Mensch. Es brüllte und schrie und bleckte das bräunliche Gebiß, wie um mir die Kehle durchzubeißen...

 

 

 

3. Kapitel