3,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 3,99 €
'Hunter? Wer ist eigentlich Hunter?' Xenia ist sich sicher: Sie liebt den Schattenbrecher Phoenix. Aber dennoch fühlt sie sich eigenartig, komisch. Irgendwas stimmt nicht. Allerdings kommt sie einfach nicht dahinter, was es denn nun ist. Kann es wirklich daran liegen, dass ihr die Erinnerungen an diesen ominösen Lichtbrecher namens Hunter geraubt wurden? Oder hat es einen anderen Grund? So oder so müssen Phoenix und Xenia zurück an die Shadowbreaker Academy bevor sie ihrer Bestimmung folgen und die Herrscher über die Licht- und Schattenwelt werden. Zwischen einem schwierigen Start unter den Schülerinnen und Schüler der Academy und diesen eigenartigen Gefühlen welche Xenia immer wieder heimsuchen, kehrt plötzlich Hunter zurück und bringt Xenias Welt erneut durcheinander. „Liebe, mein Freund, ist unauslöschbar, wenn sie zwei Seelenverwandte gefunden hat.“ ACHTUNG: Dieser Band ist Teil einer Quadrologie und endet mit einem Cliffhanger!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Inhaltsverzeichnis
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
Über die Autorin
Mondlicht Kuss
Copyright © 2020 Susanna Schober
Alle Rechte vorbehalten.
Susanna Schober
Frohsinnstraße 27,
8200, Gleisdorf
Cover: Susanna Schober
Quelle: Canva, Shutterstock
Korrektorat/Lektorat: Anett Hoffmann
Für die Flucht in die Fantasie.
Für meine Leser/innen
Für euch
„Es ist zu spät, mein Freund“, sagt Felix und legt Neró die Hand auf die Schulter.
„Sie hat ihn vergessen, ihre Gefühle für ihn, alles. Skaad ist einer der stärksten Schatten. Ohne seine Hilfe wird sie ihre Gefühle, ihre Gedanken, alles was Hunter betraf, niemals zurückbekommen. Sie wird zu Phoenix gehören und damit glücklich sein“, höre ich ihn erklären. Aber ich verstehe dennoch nur die Hälfte von dem, was er spricht.
Ja, ich liebe Phoenix und ich glaube, es war schon immer so, oder?
Mein Blick fällt auf den Kerl neben mir. Sobald ich ihn ansehe, dreht er den Kopf. Sein Ausdruck wird weich und er kommt einen Schritt näher. Sofort schlägt mein Herz schneller.
„Geht es dir gut?“, fragt er mich leise und ich hebe den Kopf, um ihm ein strahlendes Lächeln zu schenken.
„Solange ich bei dir bin, ja“, gebe ich zurück.
Phoenix hebt die Augenbrauen. „Lass uns einen ruhigen Ort aufsuchen. Ich möchte dir einiges erklären, ja?“
Noch immer lächelnd nicke ich. „Okay.“
Anschließend wendet sich Phoenix an die Mitglieder des Rates. Alexander, Felix und Diana sind dazu übergegangen, sich untereinander zu unterhalten, während Neró uns nur weiterhin beobachtet.
Als ich ihn ansehe, scheint er zu seufzen. Wieso hat er bloß so miese Laune? Der Neró, den ich kennengelernt habe, war stets gut gelaunt. Aber vielleicht ist heute einfach nicht sein Tag? Man kann ja schließlich nicht jeden Tag derselben Laune sein.
„Lass uns gehen“, spricht mich Phoenix erneut an, nachdem er sein Gespräch anscheinend beendet hat, nimmt meine Hand und zieht mich sanft hinter sich her durch den Gang.
„Wohin gehen wir denn?“, hake ich nach.
„Siehst du gleich. Wir waren schon vor wenigen Tagen hier drin“, erklärt er nur und ich vertraue ihm. Wieso auch nicht? Er ist der Mann, den ich heiraten werde, um die Schatten aufzuhalten.
Ihn heiraten ... das ist keine meiner Entscheidungen. Welches Mädchen möchte schon mit sechzehn Jahren heiraten? Ich bestimmt nicht! Aber wenn ich es nicht tue, wenn ich die Herrschaft nicht zusammen mit Phoenix übernehme, dann werden die Schatten die Welt untergehen lassen. Sie werden die Sonne für immer vertreiben und Dunkelheit bringen. Das kann ich unmöglich zulassen. Und was ist schon mein eigenes Wohl gegen das Wohl so vieler? Außerdem hatte ich Glück. Es hätte mich viel schlechter treffen können als mit Phoenix. Nicht nur, dass er mit seinen dunkelbraunen Haaren und Augen, den wunderschön geschwungenen Lippen und der geraden Nase unheimlich gut aussieht, hat er auch noch einen wunderbaren Charakter. Er ist toll! Und soweit ich das verstanden habe, ist er auch sehr stark. Außerdem ist er der noch einzige lebende Schattenbrecher, während ich beide Mächte in mir trage. Ich bin das Kind eines Licht- und einer Schattenbrecherin. Quasi ein Mischling, wenn man es so will. Allerdings soll ich angeblich genau deshalb auch sehr mächtig sein.
Phoenix bleibt stehen und öffnet die Tür eines Raumes, der mir sofort bekannt vorkommt. Röte schießt mir in die Wangen und ich erinnere mich daran, dass er mich auf dieses Klavier gehoben, und mich anschließend heftig geküsst hat. Er hätte auch mehr gewollt. Aber dazu war ich noch nicht bereit.
„Was machen wir hier?“, frage ich, sofort wieder etwas nervös.
Phoenix sieht mich an und schmunzelt. Denkt er auch daran, was wir zuletzt hier getan haben? „Wir unterhalten uns, Xenia“, erklärt er und ich kneife die Lippen zusammen.
„Worüber?“, hake ich nach.
„Über uns und was hier passiert ist.“
Verwirrt sehe ich ihn an. Was ist denn passiert? Außer, dass wir uns ineinander verliebt haben? Ich meine, mir ist bewusst, dass das alles sehr schnell ging und wir noch viel Zeit damit verbringen müssen, uns kennenzulernen, bevor wir ... die Schattenbrecherlinie fortsetzen können und wollen. Aber ...
„Sagt dir der Name Hunter etwas?“, beginnt er und nennt schon wieder diesen Namen, weshalb ich seufze.
„Ich habe doch schon vorhin gesagt, dass ich ihn nicht kenne, oder? Wieso fragt ihr alle ständig nach ihm? Was ist an dem Kerl so besonders?“
Phoenix‘ Mundwinkel zucken. „Besonders? Nichts. Aber du kanntest ihn. Nicht lange, vermutlich auch nicht besonders gut, aber ihr kanntet euch. Und du warst ...“ Er schluckt, als wäre er beunruhigt und würde es am liebsten nicht aussprechen, weshalb ich ihm näherkomme und seine Hand nehme.
„... du warst in ihn verliebt. Nicht in mich. Du wolltest ihn.“
Verdutzt stehe ich da. Ich wollte diesen Hunter? Und wieso dann jetzt nicht mehr? „Was ist passiert?“, frage ich deshalb und Phoenix’ Schultern sinken nach unten.
„Skaad, der Schatten, dein Großvater. Er hat dir deine Erinnerungen an Hunter genommen und stattdessen deine Liebe für ihn ... auf mich übertragen. Skaad ist wahnsinnig stark, Xenia. Nur er wird es wieder lösen können. Wenn er das nicht tut, wirst du dich nie wieder an Hunter erinnern können.“
Wie von selbst ziehen sich meine Augenbrauen zusammen. „Ich habe also diesen Hunter geliebt und jetzt liebe ich dich?“
Der Schattenbrecher nickt langsam und betrübt. „Das glaube ich nicht.“
Nun blinzelt er verwirrt.
„Wenn ich diesen Hunter tatsächlich geliebt hätte, dann hätte ich ihn bestimmt nicht einfach so vergessen. Vielleicht wollte ich ihn ja gerne vergessen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Skaad mich einfach anfassen muss und schon bin ich von meiner Liebe zu Hunter ‚geheilt‘. Wenn es wirklich Liebe gewesen ist, müsste ich noch irgendwas fühlen. Das tue ich nicht. Was ich stattdessen fühle, ist, dass ich in dich verliebt bin.“
Phoenix lächelt sanft, hebt die Hand an meine Wange und streicht mit dem Daumen darüber. „Ich wünschte mir, es wäre so. Aber es verschafft uns die Zeit, uns kennenzulernen, zusammen zu sein. Wenn du das möchtest ...“
„Natürlich möchte ich das! Hast du mir eben nicht zugehört? Ich bin in dich verliebt, Phoenix!“
Mein Gegenüber atmet tief durch und nickt anschließend langsam. „Okay. Aber dir ist bewusst, dass wir in wenigen Tagen oder Wochen heiraten müssen, oder?
Entschlossen nicke ich. „Ja, das ist mir bewusst. Bis dahin haben wir aber Zeit, oder?“
„Ja, die haben wir.“
„Gut. Und was sollen wir jetzt tun?“, will ich wissen.
„Wir könnten uns küssen“, schlägt Phoenix grinsend vor.
„Worauf wartest du dann noch?“, kommt es noch über meine Lippen, ehe er einen weiteren Schritt auf mich zu macht, die Lücke zwischen uns schließt und seine Arme um meinen Körper legt. Anschließend beugt er sich herunter, bis er direkt neben meinem Ohr ist.
„Das würde ich wirklich, wirklich gerne tun, Xenia. Du ahnst gar nicht, wie sehr ich es möchte. Aber ich möchte auch nicht ausnutzen, was Skaad mit dir angestellt hat. Ich möchte, dass du mich küsst, wenn du tatsächlich dazu bereit bist, es zu tun, hörst du? Wenn du wirklich fühlst, tief in deinem Herzen, dann küsse mich und ich werde dich nicht mehr loslassen.“ Phoenix richtet sich wieder auf und streicht mir über die Schultern bis zu meinen Handgelenken, wo sich bereits ab seinem ersten Wort eine heftige Gänsehaut breitgemacht hat.
„Bis dahin, sollten wir an die Academy zurückkehren. Du musst noch viel über deine Kräfte lernen, solltest unterrichtet werden und ich werde dir mit Freuden dabei zusehen, wie du dies tust.
„Zurück zur Academy?“, wiederhole ich und er nickt.
„Dort hast du die besten Chancen, schnell alles zu lernen, was du wissen musst. Du warst doch schon einmal in einer Unterrichtseinheit, hast gesehen, was dort gelehrt wird. Es wird dir von Nutzen sein, dort deine Kräfte zu entfalten. Du musst lernen, sie beherrschen zu können, sonst wirst du irgendwann jemanden verletzen. Es ist wichtig für dich und die Menschen in deiner Umgebung“, erklärt er mir.
„Glaubst du, meine Eltern werden mich besuchen? Dürfen sie das überhaupt?“, nuschle ich, weil mir erst jetzt einfällt, wie wenig ich an sie gedacht habe, seit ich diese Welt betreten habe.
Auch wenn sie nicht meine leiblichen Eltern sind, mich ‚nur‘ aufgezogen haben, waren und sind sie doch meine Eltern. Sie waren immer für mich da, haben mich gut behandelt und mir all ihre Liebe geschenkt. Ich möchte sie so bald wie nur möglich wiedersehen.
„Natürlich. Soweit ich von Daniel informiert wurde, sind deine Eltern ohnehin Eingeweihte. Sie können dich jederzeit besuchen.“
Erleichtert atme ich auf. Das sind gute Neuigkeiten. Ich werde Daniel, sobald wir zurück an der Academy sind, bitten, telefonieren zu dürfen. Vorerst müssen wir aber wohl klären, wie und ob wir überhaupt zurück an die Academy dürfen.
„Wird der Rat uns einfach so zurücklassen?“, murmle ich und erneut tritt Phoenix etwas näher.
„Xenia, wir werden das Herrscherpaar sein. Glaubst du wirklich, sie können es uns verbieten? Wir sind einzeln schon stärker als einige der Ratsmitglieder und deren Gefolge. Zusammen sind wir unbesiegbar. Niemand wird sich unseren Entscheidungen in den Weg stellen, das verspreche ich dir. Einzig die Entscheidung, ob wir heiraten und Kinder bekommen, liegt nicht gänzlich bei uns. Hier geht es um das Wohl der Welt und deren Bewohner. Wir können unsere eigenen Interessen nicht vor die, der ganzen Welt stellen.“
Den Kopf hebend sehe ich zu ihm auf, direkt in seine wunderbaren, warmen, braunen Augen. „Das würde ich auch nicht wollen. Wenn die Zeit reif ist, dann werden wir das Herrscherpaar sein, das verspreche ich dir. Aber du hast Recht. Ich muss noch viel lernen, muss dich kennenlernen und ich sollte wirklich erst im vollen Besitz meiner Kräfte sein, bevor wir versuchen, die Schatten für immer zu vertreiben, oder?“
„Ja, das solltest du“, versichert er mir und streicht mir erneut sanft über den Arm.
„Für alles andere haben wir später noch genügend Zeit. Für alles andere haben wir unser ganzes Leben, wenn du es möchtest.“
Ich möchte es. Gerade jetzt, wo er mich so liebevoll ansieht, mir direkt gegenübersteht und dabei so umwerfend gut aussieht, da möchte ich es. Er ist mein Schicksal, meine Bestimmung, der Mann, mit dem ich über die Licht- und Schattenwelt herrschen werde. Später. Wenn wir beide bereit sind, wenn er zu mir und ich zu ihm gehöre. Bald.
Wenige Tage später halten wir vor den Toren der Shadowbreaker Academy. Wieso sie eigentlich so heißt, weiß ich gar nicht, aber ich vermute mal, weil ja die Schattenbrecher meist über die Licht- und Schattenwelt geherrscht haben, oder so. Möglicherweise erfahre ich in den nächsten Wochen und Monaten ja noch einiges über die Welt der Schattenbrecher. So viel Zeit haben uns die Ratsmitglieder zugestanden. Einige Wochen. Sie meinten, wir können es uns nicht erlauben, viele Monate zu warten, aber auch sie verstanden es, dass ich nicht komplett unwissend in das Geschehen hineingeschubst werden kann. Nach einem langen Gespräch haben sie also zugestimmt, mir oder eher uns die Zeit hier an der Academy zu geben, damit ich lerne, meine Kräfte zu kontrollieren und auch sonst noch einiges von der Welt, in der wir leben, zu erfahren. Wenn ich ehrlich bin, bin ich schon ziemlich gespannt darauf. Auch wenn es anfangs für mich ein großer Schock war aus meinem Umfeld gerissen zu werden, meine Eltern verlassen zu müssen und meine Freunde nie wieder zu sehen, habe ich doch auch hier einige nette Menschen kennengelernt. So gibt es hier River, Sybille und natürlich Phoenix. Außerdem hat Neró versprochen, wenn wir ihn holen, auch immer wieder vorbei zu schauen. Neró stammt nämlich aus einer anderen Zeit und kann nur mit Hilfe eines Schattenbrechers hierherkommen. Auch Alexander stammt eigentlich aus der Zeit, in der Neró geboren wurde. Er wurde allerdings vor vielen Jahren hierhergeholt und verbringt seitdem sein Leben in unsrer Zeit. Ziemlich verwirrend das alles und ich bin mir auch sicher, dass ich bestimmt irgendwas durcheinandergebracht habe. Aber das ist jetzt nicht wichtig. Wichtig ist, dass Phoenix und ich hier sind und wir von nun an zusammen hier unterrichtet werden. Phoenix meinte zwar, er könne schon alles und es wäre überhaupt nicht nötig, dass er ebenfalls den Unterricht besucht, aber er ließ sich dann doch irgendwie breitschlagen und wird mit mir dieselben Kurse besuchen. Alexander, Felix und Diana waren sich darüber einig, dass Phoenix und ich unsere Kräfte am besten zusammen entwickeln werden. Deshalb sollen wir uns so wenig wie nur möglich trennen. Daniel, der Leiter der Academy, hat den Auftrag, uns zusammen in einem Zimmer unterzubringen. Irgendwie hatte sich nach dieser Information etwas Komisches in mir breitgemacht, etwas, dass ich nicht greifen konnte. Aber es verschwand so schnell, wie es gekommen war und deshalb habe ich dem keine weitere Beachtung geschenkt.
„Alles in Ordnung?“, fragt mich Phoenix und streicht mir sanft über den Arm, weil ich noch immer nicht ausgestiegen bin und in meinen Gedanken versunken war.
„Natürlich, lass uns aussteigen.“
Kaum stehen wir vor dem Tor, wird dieses geöffnet und Daniel erscheint. „Xenia, Phoenix, ich bin sehr froh darüber, dass ihr zu uns zurückgekehrt seid!“, meint er und schüttelt uns beiden energisch die Hände, während er bis über beide Ohren grinst, was irgendwie nicht echt wirkt. Aber vielleicht bilde ich mir das nur ein.
„Hallo Daniel“, begrüße auch ich ihn und spiegle sein Grinsen, während Phoenix ruhig neben mir steht und bloß nickt. Er scheint nicht besonders begeistert von Daniel zu sein. Ich werde ihn bei Gelegenheit fragen, weshalb das so ist.
„Ihr werdet euch wie zuvor eure Wohneinheit mit River teilen. Er ist bereits informiert und erwartet euch. Ich nehme an, ihr findet selbst hin?“
Mit einem Seitenblick zu Phoenix nicke ich langsam. Ich glaube schon, dass ich weiß, wie ich in unsere Wohneinheit gelange. Nur weiß ich gerade nicht, woher ich das so genau weiß und wer mich vor wenigen Wochen dorthin geführt hat. Vielleicht war es River? Sybille? Oder gar jemand ganz anderes? Ich habe keine Ahnung.
„Xenia“, erklingt Nerós Stimme hinter mir, weshalb ich mich zu ihm umdrehe.
„Ich möchte morgen in meine eigene Zeit zurückkehren und wäre dir sehr dankbar, wenn du mich zurückbringen könntest, ginge das?“, fragt er und streift Phoenix einen Moment mit seinem Blick.
„Natürlich Neró, was ist das denn für eine Fr- ...“ Phoenix tritt vor mich und schneidet mir das Wort ab.
„Ich mache das. Xenia muss sich ausruhen. Sie hat viel erlebt in den letzten Wochen. Sie wird müde sein, ausgelaugt. Sie braucht ein wenig Zeit, um sich zu erholen!“, spricht er ungefragt und ich richte mich kerzengerade auf. Warte, was?
„Ähm, Phoenix. Ich stehe direkt hier und habe gerade gesagt, dass ich das sehr gerne machen werde. Ich muss mich nicht ausruhen und mir geht es gut. Falle mir bitte nicht ins Wort“, maßregle ich ihn.
Er dreht sich zu mir und sieht mich mit seinen großen, braunen Augen an. „Entschuldige, meine Schöne, ich dachte bloß ...“
Ich schüttle den Kopf. „Was dachtest du? Dass du über mich hinweg entscheiden kannst, wann ich Ruhe brauche?“
„Natürlich nicht. Es tut mir leid“, wiederholt er und ich nicke, ehe ich an ihm vorbei zu Neró sehe.
„Morgen früh, ja? Komm einfach vorbei und wir erledigen das. Ich freue mich, dass du mir genug vertraust, um mit mir durch die Zeit zu reisen“, lasse ich Neró wissen, weshalb sich nun ein Lächeln auf seinen Lippen bildet.
„Perfekt, ich danke dir!“ Mit diesen Worten dreht er um, steigt in den Wagen und fährt ihn anscheinend weg.
„Sollen wir?“, frage ich Phoenix, welcher noch immer ein wenig verdattert am Tor steht und mich ansieht.
„Ja, klar“, antwortet er bloß und folgt Daniel und mir in das Innere der Burg.
„Xenia, ich würde dich bitten, morgen, direkt nachdem du Neró zurückgebracht hast, zu mir ins Büro zu kommen. Bis dahin werden wir einen Stundenplan für euch zusammengestellt haben, der euch fordert und fördert. Es wird keine leichte Aufgabe, all das nachzuholen, was ihr in den letzten Tagen verpasst habt, aber ich habe das Gefühl, ihr werdet es dennoch schaffen. Ich bin sogar überzeugt davon, dass ihr es außerordentlich gut meistern werdet.“
Nickend folgen wir Daniel bis zu seinem Büro, wo sich unsere Wege trennen. „Morgen früh!“, ruft mir der Leiter hinterher, weshalb ich ihm winke und mit Phoenix anschließend die Stufen zu den Wohnräumen hinauf gehe.
Oben angekommen habe ich keine Schwierigkeiten unsere Wohneinheit zu finden. Obwohl wir dort auch wohnen, halte ich es allerdings für angebracht, zu klopfen, was ich auch sogleich tue. Wir warten einige Sekunden, ehe die Tür geöffnet wird und River vor uns steht. Sofort breitet sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus, zumindest so lange, bis er Phoenix neben mir erblickt und das Lächeln so schnell verschwindet, wie es gekommen war. Mag er Phoenix nicht? Und wenn, warum? Was ist zwischen den beiden vorgefallen?
„Hi“, erklingt Rivers Stimme, ehe er uns Platz macht und einige Schritte zurück tritt, um uns in die Wohneinheit zu lassen.
„Hallo River“, begrüße auch ich ihn und trete vor, um ihm schnell die Arme um den Körper zu schlingen. Es dauert einen Moment, aber dann erwidert er die Umarmung und schließt seine Arme ebenfalls um mich.
„Schön, dass du wieder da bist“, murmelt er in mein Haar und drückt mich noch ein wenig mehr an sich, ehe er langsam loslässt und seine Hände sanft über meine Arme gleiten lässt. Ich hebe den Kopf und sehe in seine wasserblauen Augen, die wohl perfekt zu seinem Wasserelement passen.
„Habe ich viel verpasst?“, möchte ich wissen und er hebt die Augenbrauen.
„Es scheint eher so, als hätte ich vieles verpasst“, erwidert er und sieht rasch zu Phoenix, welcher bisher stumm am Türrahmen gelehnt hatte und uns beobachtet.
„Ich bin mir nicht sicher, was du meinst. Außer diesem skurrilen Ausflug zum Rat ist bei uns nichts anders, oder?“, richte ich an meinen Freund.
Phoenix hebt den Kopf. „Nein, nichts ist anders“, kommt es von ihm, während er River fixiert, welcher prompt nickt. Was sollte das denn?
„Naaa gut, wo wir das geklärt haben, würde ich jetzt gerne ins Bett gehen. Ich bin unheimlich müde von der unendlich langen Autofahrt.“
„Wieso hast du euch nicht einfach hierher gebracht? Als halbe Lichtbrecherin müsstest du das doch können, oder?“, will River wissen.
„Ja, aber Neró und der Rat waren dagegen. Ich soll meine Kräfte nicht ständig für private Angelegenheiten nutzen. Keine Ahnung wieso eigentlich, aber sie werden es wohl wissen, oder? Sie meinten, es würde die Schatten nur noch mehr anziehen, wenn ich Lichtkräfte nutze. Deshalb haben sie mir quasi auferlegt, so wenig mit den Lichtern zu arbeiten wie nur möglich, also, sie nur beim Unterricht zu nutzen oder um Schatten zu verjagen“, rasple ich schnell herunter und River nickt.
„Da haben sie wohl recht. Hun- ...“ Er bricht ab, ohne den Satz zu beenden. Atmet dann tief durch und beginnt erneut. „Ich kannte mal jemanden, der ständig seine Kräfte benutzt hat und deshalb auch dauernd mit den Schatten zu tun hatte.“
„Ja, das klingt logisch. Licht zieht eben auch Schatten an, wohingegen Schatten, Licht anzieht, oder?“, hake ich nach und River nickt.
„Wird wohl so sein. Aber manchmal passt es eben nicht zusammen, stimmts?“, nuschelt er, ehe er sich umdreht und in sein Zimmer verschwindet. Wieso sind hier alle so eigenartig? Und was wollte er sagen, bevor er den Satz gestoppt hat?
„Komm schon, Xenia, wir sollten uns ausruhen. Wer weiß, wie viele Unterrichtseinheiten uns Daniel morgen aufbrummt. Wir sollten auf jeden Fall ausgeschlafen sein, wenn wir unsere Kräfte ergründen.“ Phoenix stößt sich vom Türrahmen ab, geht an mir vorbei und schnappt sich meine Hand. Dann zieht er mich ins Innere unseres Zimmers, schließt die Tür, tritt ganz dicht vor mich und sieht mir tief in die Augen.
„Ich bin verrückt nach dir, weißt du das?“, flüstert er nahe an meinem Ohr und mein Mund wird trocken, während mein Herzschlag einen Gang zulegt. Phoenix Wirkung auf mich ist einmalig. Ich liebe es, wenn er mir nahe ist, so nahe, dass ich seinen wunderbaren Geruch in mich aufnehmen kann.
„Und ich nach dir“, erwidere ich benommen und greife nach seinem Shirt, um ihn am Kragen näher zu mir zu ziehen. Kurz vor meinen Lippen hält er jedoch an. Ich spüre seinen Atem, sein Mund streicht federleicht über meinen, ehe er sich ganz darauf legt und mich sanft und behutsam küsst. Es fühlt sich so schön an, so richtig, so wunderbar. Aber dennoch fehlt irgendwas, irgendwas fehlt und ich kann nicht sagen, was es ist.
Am nächsten Morgen werde ich durch ein lautes Klopfen an der Tür geweckt, welches mich heftig aus dem Schlaf reißt. Ich hatte einen eigenartigen Traum, welchen ich nun im Nachhinein nicht mehr richtig beschreiben könnte. Er handelte von einem Schatten, einem Kerl, den ich nicht kenne. Ich konnte ihn nicht benennen, er blieb ständig nur schemenhaft und ließ niemals zu, dass ich einen Blick auf sein Gesicht warf. Der Traum fühlte sich so real an. Ich hatte das Gefühl, diesen Schatten zu kennen. Sehr gut zu kennen. Aber immer, wenn ich ihn ansprach, verschwand er. Später tauchte er wieder auf und so ging das den ganzen Traum über. Irgendwie hatte ich den Eindruck, er würde mich beschützen. Aber es war alles so durcheinander, so verquer, dass ich gar nicht richtig definieren konnte, wie es nun wirklich war.
„Moment“, murmle ich, öffne die Augen und spähe zur anderen Seite des Zimmers hinüber. Phoenix scheint schon aufgestanden zu sein und hat den Raum verlassen. Deshalb richte ich mich nun auf, wische mir den Schlaf aus den Augen und stehe auf, um die Tür zu öffnen. Neró steht davor und lächelt mich freundlich an.
„Guten Morgen, Prinzessin“, gibt er amüsiert von sich und mustert mich einmal komplett, was mich daran erinnert, dass ich bloß Schlaf Shorts und einen Sport-BH zum Schlafen trage. Hastig schlage ich ihm die Tür vor der Nase zu, laufe zum Schrank und hole mir ein Shirt heraus, welches ich sogleich über meinen Kopf ziehe. Dann schlüpfe ich aus meiner viel zu knappen Shorts und ziehe eine bequeme Jeans an. Danach öffne ich die Tür erneut.
„Also, wegen mir hättest du das nicht machen müssen. Ich wäre gerne mit dir im ... Pyjama gereist“, spricht er frech und ich verdrehe die Augen.
„Na klar. Das kann ich mir vorstellen. Guten Morgen, du Spanner!“, schimpfe ich gespielt.
Neró zieht die Augenbrauen hoch. „Spanner? Wie sollte ich nicht hinsehen, wenn du die Tür in so einem Outfit öffnest? Wen hattest du denn erwartet?“
„Niemanden. Ich habe nur nicht daran gedacht, dass ich ja nicht gerade viel trage, wenn ich schlafe ...“
Der Spanner nickt grinsend. „Na schön, entschuldige. Es war ein ... Reflex. Lässt du das gelten?“
Mit einem Schmunzeln nicke ich langsam und biete ihm anschließend an, in mein Zimmer zu kommen. Allerdings lehnt er ab. „Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne noch kurz mit dir spazieren gehen, bevor wir aufbrechen?“
„Oh, ja, natürlich! Ich muss nur eben noch ins Badezimmer. Kannst du so lange warten? Ich verspreche auch, mich zu beeilen.“
Neró willigt ein im Wohnzimmer auf mich zu warten, weshalb ich mir rasch frische Unterwäsche schnappe und ins Badezimmer laufe, um meiner Morgenroutine nachzugehen.
„Wieso wolltest du noch spazieren gehen?“, frage ich nach, als wir am Rande des Waldes ankommen, nachdem ich mir die Zähne geputzt und meinen Körper gewaschen habe.
„Ich wollte gerne noch etwas mit dir besprechen. Etwas Wichtiges. Und ich wollte sichergehen, dass wir nicht dabei belauscht werden.“
Verwundert ziehe ich die Augenbrauen hoch. „Was meinst du damit?“
Neró bleibt stehen, sieht sich um und kommt einen Schritt näher. Dann sieht er zu mir herunter und legt mir sanft eine Hand auf die Schulter. „Es ist mir wichtig, dass du weißt, dass das hier nicht dein Schicksal ist, nicht deine Bestimmung. Xenia, du bist für etwas, für jemand anderen bestimmt. Ich weiß, du liebst Phoenix, aber ... vertraust du mir?“
Die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme macht mich nervös. Aber seine Worte schicken einen Schauer durch meinen Körper. „Natürlich vertraue ich dir, Neró. Mehr als den meisten anderen hier. Sprich weiter, bitte ...“
Der Feuerelementar holt tief Luft, ehe er flüsternd weiterspricht. „Sie wollen nicht, dass ich es dir sage. Sie wollen dich einfach so diesem ... Schattenbrecher überlassen, weil sie denken, keine andere Wahl zu haben. Aber ich bin mir sicher, ihr könnt das überwinden. Ich kenne Hunter, ich weiß, dass er diese Barriere in seinem Kopf durchbrechen kann. Und ich weiß auch, wie stark du bist. Auch ein so starker Schatten wie Skaad kann dich nicht auf Dauer beeinflussen. Irgendwann wird seine Beeinflussung nachlassen und dann wirst du merken, dass es zu spät ist. Ich will das verhindern. Xenia, ich mag dich wirklich sehr. Ehrlich gesagt, wünschte ich, ich könnte dir näher sein, als ich es bin. Du wärst eine Bereicherung für mein Leben und das Haus des Feuers. Aber ich lebe nicht in dieser Zeit und deine Gefühle gehören einem anderen. Auch wenn er nicht gerade mein Lieblingslichtbrecher ist, ist er ein guter Kerl.“
„Neró, wovon sprichst du, ich verstehe noch immer nicht!“ Seine Worte wühlen mich so sehr auf. Wieso sagt er das? Weil er mich mag? Worauf will er hinaus?
„Deine Liebe für Phoenix ist nicht echt. Du fandest ihn ganz okay, mehr nicht. Klar, da war diese Anziehungskraft. Euer Blut hat euch gegenseitig angezogen. Aber du hast ihn nicht geliebt. Kurz bevor das alles Geschehen ist, hast du ihn sogar beinahe umgebracht. Du wolltest ihn mit einem Lichtstrahl töten, aber ich habe es verhindert. Jetzt weiß ich nicht mehr, ob es die richtige Entscheidung war, das zu tun ...“
Erneut schaut er mich an, kommt schnell noch näher und zieht mich in eine Umarmung. „Versprich mir, dass du nicht blind in dieses Schicksal läufst. Halte deine Augen weit offen, höre auf dein Herz. Dein Verstand wurde vielleicht verblendet, aber an dein Herz kommt auch der stärkste Schatten nicht ran. Es wird dir sagen, wem deine Gefühle wirklich gelten, wenn auch nicht sofort ...“, flüstert er mir ins Ohr, während ich meine Arme um ihn lege und seine Umarmung erwidere.
„Ich verspreche es“, murmle ich an seine Brust gelehnt.
„Gut. Und, Xenia?“, spricht er leise und ich hebe den Kopf. „Phoenix ist vielleicht kein böser Kerl. Aber schenke ihm nicht dein uneingeschränktes Vertrauen ...“
Einen Moment schließe ich die Augen. Ich verstehe nicht, wieso er das sagt, wieso er denkt, Phoenix wäre nicht gut genug. Vielleicht liegt es daran, dass er mich gerne für sich hätte? Vielleicht ist es so, aber die Art, wie er all diese Dinge gesagt hat, verdeutlichte mir, wie ernst er es meint. Ich vertraue ihm und werde deshalb im Hinterkopf behalten, auf der Hut zu sein.
„Sollen wir los?“, frage ich, da mir keine andere Erwiderung einfällt.
Nickend macht er einen Schritt zurück, entlässt mich aus seiner Umarmung und nimmt stattdessen meine Lichtbrecherhand in seine. Die Hand mit der Schattenspirale zu berühren wäre zu gefährlich für einen Elementar. Zwar bin ich mir sicher, meine Kräfte kontrollieren zu können, aber man muss das Schicksal nicht herausfordern.
„Los“, sagt er und schließt die Augen, was mir die Möglichkeit gibt, ihn kurz anzusehen. Neró war der Erste nach dem Schulwart und Daniel, den ich getroffen hatte, als ich diese Welt betreten habe. Er hat mich damals Prinzessin genannt, mich damit verwirrt. Erst später wurde mir dann eröffnet, wieso er mich ständig so nannte. Ich soll die Herrscherin über die Licht- und Schattenwelt werden. Die Prinzessin über Dunkelheit und Licht. Aber bis dahin ist es hoffentlich noch ein weiter Weg, denn ich fühle mich nicht bereit für eine solche Aufgabe, so eine Herausforderung. Dennoch wird viel von mir erwartet und ich möchte niemanden enttäuschen. Mir wurde klar und deutlich gesagt, was passieren wird, wenn ich nicht schnellstmöglich meinen Platz einnehme: Die Welt wird in Schatten getaucht und kein Licht wird noch durchdringen können. Das möchte ich mit allen Mitteln verhindern, auch, wenn das bedeutet, dass ich schneller erwachsen werden muss ...
„Xenia?“, reißt mich Neró aus meinen Gedanken. Er hat seine Augen wieder geöffnet und schaut mich nun fragend an.
„Entschuldige, ich war in Gedanken ...“, gebe ich beschämt von mir und er lächelt.
„Okay, können wir jetzt?“
Prompt schließe ich die Augen, greife seine Hand fester und denke an die Zeit, in der Neró lebt. An sein süßes, kleines Häuschen und den wunderbaren Kamin, der mir bei meinem Besuch bei ihm so sehr gefallen hatte.
„Wahnsinn, du hast mich direkt nach Hause gebracht!“, ruft ein erfreuter Neró aus, als ich die Augen öffne, und entlockt mir damit ein Lächeln.
„Sieht ganz so aus!“
„Wenn du in diesem Tempo weiter lernst, wirst du die stärkste Herrscherin, die wir jemals hatten, Prinzessin. Ich glaube fest an dich!“
Seine Worte lassen mich rot anlaufen. „Danke, Neró. Ich weiß deine Worte wirklich zu schätzen und werde sie mir zu Herzen nehmen“, versichere ich ihm.
„Gut, das ist gut. Nun solltest du dich auf den Rückweg machen. Daniel hat einiges für euch geplant und ich bin mir sicher, Phoenix ist bereits auf der Suche nach dir. Erzähle ihm nicht, was ich dir gesagt habe ...“
„Das werde ich nicht. Aber ... Neró, von wem hast du vorhin gesprochen? Wer ist für mich bestimmt, wenn nicht Phoenix?“, möchte ich wissen, bevor ich zurückkehre.
„Du kennst den Namen bereits ...“
„Hunter?“, spreche ich sofort aus und mein Gegenüber nickt.
„Was hat es bloß mit ihm auf sich? Warum sollte er meine Bestimmung sein?“
„Das musst du alleine herausfinden, meine Schöne. Alles, was ich dir über ihn erzähle, wird durch Skaads Schattenkraft aufgelöst. Du weißt noch seinen Namen, aber weißt du sonst noch etwas?“
„Nein“, antworte ich prompt.
„Siehst du? Ich hatte dir direkt von ihm erzählt. Selbst Phoenix hatte dir erklärt, wer Hunter für dich war. Aber du hast es bereits wieder vergessen. Skaad hat ganze Arbeit geleistet, um seinem Schützling den Weg frei zu machen. Ich weiß, er wollte nur das Beste für dich. Er ist im Grunde einer der Guten, aber das hätte er nicht tun dürfen. Seine Einmischung bringt vieles durcheinander. Auch wenn sich Hunter nicht mehr an seine Liebe zu dir erinnern konnte, so hätten wir bestimmt einen Weg gefunden ...“ Neró mustert mich kurz. „Lassen wir dieses Thema fürs erste. Es wühlt dich auf und ich kann im Moment nicht viel dazu beitragen, die Probleme zu lösen. Aber ich werde nicht aufhören zu suchen, bis ich dir helfen kann, verstehst du?“
Einen Moment sehen wir uns in die Augen. Ich sehe in seinen eine tiefe Zuneigung, die ich meinem Empfinden nach überhaupt nicht verdient habe. Dennoch freue ich mich darüber. Ich freue mich, einen so guten Freund in Neró gefunden zu haben. Jemanden, dem ich vertrauen kann und der dies nicht ausnutzen wird. „Danke, ich danke dir für alles, Neró“, spreche ich deshalb aus und ein breites Grinsen erhellt sein eben noch so ernstes Gesicht.
„Immer und zu jeder Zeit, Prinzessin. Komm zu mir, wenn du mich brauchst. Ich werde hier sein. Du wirst mich finden, wenn du an mich denkst. Scheue dich nicht davor, deine Kräfte zu nutzen, hörst du?“, betont er noch und ich nicke, ehe wir uns erneut umarmen und ich die Augen schließe, um zurück in meine Zeit zu wechseln.
Zurück vor den Toren der Academy mache ich mich auf den Weg zu Daniels Büro, um meinen Stundenplan abzuholen. So weit komme ich aber gar nicht, denn im nächsten Moment werde ich grob angerempelt, komme ins Straucheln und stoße gegen die Wand, an der ein großes Landschaftsbild hängt, welches sogleich ins Schwanken gerät und dann auf den Boden knallt. Ich hatte Glück. Der Rahmen hat mich um ein paar Millimeter verfehlt und das Glas hat keinen Schaden genommen.
„Sag mal, haben sie dir ins Hirn geschissen?“, rufe ich dem Kerl nach, der sich nicht mal die Mühe gemacht hat, sich zu entschuldigen oder wenigstens zu vergewissern, dass es mir gut geht. „He! Ich rede mit dir!“, brülle ich lauter, aber selbst jetzt hält er nicht an. Er biegt um die Ecke und verschwindet, so, als wäre er gar nicht da gewesen.
„Was ist los? Was ist hier passiert?“, ertönt plötzlich Phoenix’ Stimme direkt neben mir und ich fahre zu ihm herum.
„Hast du das gesehen? Hast du gesehen, wie mich dieser ... dieser Typ einfach über den Haufen gerannt hat und dann abgehauen ist, ohne sich zu entschuldigen?“
„Nein, ich habe dich schreien gehört und kam die Stufen runter gerannt. Ich dachte, dir wäre etwas passiert ...“, spricht mein Freund und tritt näher „... ist alles in Ordnung? Hast du dir weh getan?“
„Nein, mir ist nichts passiert. Ich habe mich bloß erschrocken und außerdem ist dieses Bild von der Wand gekracht und sieh mal, was mit dem Rahmen passiert ist!“
Phoenix folgt meinem Blick und zieht die Nase kraus, was wahnsinnig süß aussieht. „Wir sollten es Daniel melden, damit er das schnell reparieren lassen kann. Ich schätze, du weißt nicht, dass diese Gemälde einen Sinn und Zweck haben, oder?“
Fragend ziehe ich die Augenbrauen hoch. „Welcher soll das sein?“
Phoenix’ lächelt. „Diese Gemälde sind wahren Orten entsprungen. Sie bringen Lichtbrecher an genau diese Plätze, wenn sie durch die Bilder reisen.“
Blinzelnd sehe ich ihn an, während eine Erinnerung durch meinen Kopf zuckt. Ein Bild, durch welches man reisen kann ... „Bin ich schon einmal durch ein Bild gereist?“
„Nein“, kommt es prompt aus Phoenix’ Mund und aus irgendeinem Grund, glaube ich ihm das nicht ganz. Es ist das Gefühl, welches ich habe, wenn ich an das Reisen durch Bilder denke. Ich glaube, ich habe es schon einmal getan. Ich weiß nur nicht mehr, in welchem Zusammenhang und wieso es mir Phoenix nicht sagen möchte.