Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Entdecken Sie mit Joel Greenblatt Ihre persönliche Schatzkarte zu außergewöhnlichen Anlagechancen, die von Portfolio-Managern, Wirtschaftsprofessoren und Top-Investmentexperten regelmäßig übersehen werden. In diesem praktischen Investmentführer zeigt er Ihnen, wie Sie Spin-offs, Umstrukturierungen, Fusionen, Insolvenzen und weitere profitable Situationen nutzen können. Gefüllt mit Fallstudien, wichtigen Hintergrundinformationen und nützlichen Tools, ist dieses Buch Ihr Schlüssel zum Erfolg an der Börse. Alles, was Sie brauchen, ist ein wenig zusätzliche Zeit und Mühe – und schon können Sie ein Börsengenie sein.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 302
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Sie haben das Zeug zum Börsengenie!
Joel Greenblatt
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel
You Can Be a Stock Market Genius
ISBN 978-0-684-84007-9
Copyright der Originalausgabe 1999:
Copyright © 1999 by Joel Greenblatt
First published by Simon & Schuster
Translation rights arranged by The Sandra Dijkstra Literary Agency
All Rights Reserved
Translation Copyright © 2007 by Börsenmedien AG, Kulmbach
Copyright der deutschen Ausgabe 2024:
© Börsenmedien AG, Kulmbach
Übersetzung: Egbert Neumüller
Gestaltung Cover: Johanna Wack
Cover Illustration: Andriy Onufriyenko/Getty Images
Gestaltung, Satz und Herstellung: Timo Boethelt
Lektorat: Merle Gailing
Druck: CPI books GmbH, Leck, Germany
ISBN 978-3-86470-970-8
eISBN 978-3-86470-971-5
Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
Postfach 1449 · 95305 Kulmbach
Tel: +4992219051-0 · Fax: +4992219051-4444
E-Mail: [email protected]
www.boersenbuchverlag.de
www.facebook.com/plassenverlag
www.instagram.com/plassen_buchverlage
Meiner wunderbaren Frau Julie und unseren vier fabelhaften Sprösslingen
DANKSAGUNG
1 FOLGE IMMER DER GOLDENEN STRASSE – und dann rechts ab
2 EIN PAAR GRUNDLAGEN – gehen Sie nie ohne die aus dem Haus
3 SPLITTER VON ALTEN AKTIEN – Spin-offs, Teil-Spin-offs und Bezugsrechtsemissionen
4 BITTE NICHT ZU HAUSE PROBIEREN! Risikoarbitrage und Fusionspapiere
5 BLUTVERGIESSEN (HOFFENTLICH NICHT IHRES) Bankrotte und Restrukturierungen
6 ”NEUE SCHUHE FÜR DAS KIND“ UND ”DAS GELD ANDERER LEUTE“ Rekapitalisierungen und Stub Stocks, LEAPS, Optionsscheine und Optionen
7 TROTZ LAUTER BÄUMEN DEN WALD SEHEN
8 DER WEG IST DAS ZIEL
ANHANG
GLOSSAR
Wie bei jedem derartigen Werk gibt es auch hier viele Schuldige. Natürlich liegt die Verantwortung für Irrtümer, Auslassungen, Falschaussagen und falsche Ratschläge letztlich bei einem Kerl aus Cleveland, der selbstverständlich unauffindbar zu sein scheint. Aus diesem Grund kann ich nur mit dem Finger auf folgende Verdächtige zeigen:
Die gesamte Truppe und Mannschaft von Gotham Capital. Dazu zählt auch mein Komplize Daniel Nir, den ich bei der Gründung von Gotham Capital glücklicherweise den Klauen der Harvard Business School entreißen konnte – er ist einer der Hauptgründe für den Erfolg von Gotham Capital, er hat zu diesem Projekt erheblich beigetragen und er ist nach wie vor einer der besten Treffer meines Lebens; auf meinen Partner Robert Goldstein, dessen brutal ehrliche (aber leider gerechtfertigte und sachkundige) Kommentare dieses Buch besser gemacht haben, als es sonst geworden wäre – ihm danke ich außerdem besonders für seine unvergleichlichen Beiträge zu den Beispielen, die auf den vorliegenden Seiten erwähnt werden (und zu den Gewinnen, die sie mit sich brachten), unter anderem für die Entdeckung von Charter Medical sowie seine außerordentliche Arbeit an Host Marriott und Liberty Media; meinen Partner Edward (Ned) Grier wegen seiner hilfreichen Kommentare und wegen seiner überlegenen Recherchen für die hier vorgestellten Fallstudien, unter anderem General Dynamics und Strattec. Jeder dieser außerordentlichen Investoren hätte wohl auch ohne die Hilfe von Partnern spektakuläre Investmentbilanzen vorzuweisen und deshalb empfinde ich es als Privileg, mit einer Gruppe dermaßen talentierter Freunde zusammenarbeiten zu dürfen.
Da ich gerade von Talent und Freunden spreche, möchte ich auch der engagierten und furchtlosen Cheftraderin (und einzigen Traderin) von Gotham danken – Lisa Alpert; unserem Finanzdirektor und rundum netten Kerl Bruce Berkowitz (nicht mit dem Wells-Fargo-Investor gleichen Namens verwandt); und schließlich unserer vielseitig begabten Büroleiterin Alison Jarret.
Es gibt noch zwei Mitglieder der Gotham-Familie, die besondere Erwähnung verdienen. Da wäre erstens Bruce Newberg, der wirklich als vollwertiger Partner am Erfolg von Gotham beteiligt ist. Er war nicht nur für die Beschaffung des Startkapitals verantwortlich, das Gotham erst möglich gemacht hat, sondern auch für einen nie endenden Strom kluger Ratschläge und außergewöhnlicher Anlageideen; außerdem ist er ein überwältigender Freund. Jeder sollte das Glück haben, einen derart treuen, guten Freund zu besitzen. Das zweite Mitglied der Gotham-Familie führt ein Doppelleben als meine Schwester. Linda Greenblatt war bei der Entstehung dieses Buches die wichtigste Diskussionspartnerin, Korrektorin und konstruktive Kritikerin. Es ist erstaunlich, dass sie nach 15 Korrekturlesungen immer noch an den richtigen Stellen lachen konnte und dass sie trotzdem die Zeit fand, die enorm erfolgreiche neue Investmentfirma Saddle Rock Partners zu managen. Ihre unendliche Geduld, ihr Engagement und ihre Intelligenz hatten dramatische Auswirkungen auf das Endergebnis. Ohne Lindas Hilfe hätte ich dieses Projekt auf keinen Fall geschafft.
Weitere Tatverdächtige, die wesentliche Beiträge und ihre Freundschaft eingebracht haben, sind unter anderem: John Scully von Hamilton Partners und der Columbia Business School, ein Mentor und Freund aus meiner Zeit bei Halcyon; Eric Rosenfeld, leitender Geschäftsführer von Oppenheimer & Co; Jeffrey Schwarz, Managing Partner von Metropolitan Capital Advisors; Richard Pzena von Pzena Investment Management; Mitch Julis, Managing Partner von Canyon Partners; Seth Klarman, Präsident der Baupost Group; Joseph Mazzella, mein Anwalt und Partner bei Lane, Altman & Owens; Robert Kushel, mein Broker bei Smith Barney; Mark Gimpel, Esq. für meine glorreichen Erinnerungen an die Apatschenstaffel; Major Gary E. Warren vom U. S. Marine Corps für seinen wertvollen Humor und Rabbi Label Lam dafür, dass er den Weg zu dem Stock im Sand gewiesen hat, insbesondere für seinen Gedanken „Geld ist die Währung des Lebens“ im letzten Kapitel.
Besonderer Dank gilt auch Bob Rosenkranz, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Delphi Financial Group und Managing Partner von Acorn Partners, für die unerreichte Unterstützung, die er Gotham in all den Jahren gewährt hat; Ezra Merkin, der in den 1980er-Jahren zweieinhalb Jahre Partner von Gotham war; und Stan Kaplan, der in den ersten fünf Jahren Cheftrader von Gotham war.
Ich danke außerdem Bob Mecoy, meinem Redakteur bei Simon & Schuster; meiner Agentin Sandra Dijkstra und Guy Kettelhack für seine Unterstützung bei der ersten Unterbreitung des Buchprojekts.
Ganz besonders möchte ich meiner gesamten Familie für die Liebe, Unterstützung und Ermunterung danken; alle haben sich mächtig ins Zeug gelegt und erheblich zum Endergebnis beigetragen (was mich persönlich und was das Buch angeht): meine wundervollen Eltern Allan und Muriel Greenblatt; Dr. Gary und Dr. Sharon Curhan; meine Schwiegereltern Dr. George und Cecile Teebor.
Des Weiteren schulde ich meinem Sohn dankbare Anerkennung, denn mit seiner bohrenden Fragerei nach dem Motto: „Papa, was bist du denn eigentlich? Polizist? Feuerwehrmann? Was?“, war er eine große Motivation für die Fertigstellung dieses Buches. Wenigstens kann ich ihm jetzt antworten: „Du weißt doch, was Dr. Seuss1 macht, oder?“
Und schließlich danke ich Julie, der Liebe meines Lebens (und Ehefrau) und unseren unglaublichen Kindern. Ich danke dir, jeder wertvolle Tag mit dir ist ein Geschenk.
1Theodor Seuss Geisel (1904–1991), bekannter amerikanischer Kinderbuchautor und Cartoonist, der als Dr. Seuss publizierte.
Es ergibt keinen Sinn, dass ein Buch einem beibringen kann, wie man an der Börse ein Vermögen verdient. Denn welche Aussicht auf Erfolg hat man, wenn man gegen eine Armee von milliardenschweren Portfoliomanagern oder eine Meute von Betriebswirtschaftlern antritt, die frisch von der Business School kommen? Der Vergleich zwischen Ihnen – dem Besitzer eines „Wie geht das?“-Buchs – und diesen Leuten ist wohl kaum fair, oder?
Das ist er wirklich nicht. Die betuchten Vermögensverwalter von der Wall Street und die brandneuen BWLer haben nämlich gegen Sie und das Buch keine Chance. Nein, Sie werden in Kapitel 8 keine Zauberformel finden und es ist keine Fortsetzung von How to Succeed in Business Without Really Trying1, aber wenn Sie bereit sind, ein vernünftiges Maß an Zeit und Mühe zu investieren, warten Börsengewinne und sogar ein Vermögen auf Sie.
Okay: Wo ist der Haken? Wenn das so leicht ist, wieso hauen einen dann die BWLer und die Profis nicht vom Sockel? Es ist klar, dass auch sie Zeit und Mühe investieren, und sie sind zwar nicht alle Raumfahrtexperten, aber die meisten von ihnen sind auch nicht gerade Dorftrottel.
So seltsam das auch scheinen mag – es gibt keinen Haken. Die Lösung dieses scheinbaren Paradoxons, wieso Sie möglicherweise die Macht haben, die sogenannten Börsenexperten auszustechen, liegt in einer Studie über die akademische Denkweise, in der Funktionsweise der Wall Street und in den Wochenendgewohnheiten meiner Schwiegereltern.
Fangen wir mit einer guten Nachricht über Ihre Ausbildung an: Wenn man vorhat, den Markt zu übertreffen – ihn „zu schlagen“ –, dann ist ein MBA- oder Doktortitel von einer Business School kaum von Nutzen. Das ist doch wirklich eine gute Nachricht, jedenfalls wenn Sie auf der zielstrebigen Suche nach dem Börsenerfolg nicht schon massenhaft Zeit und Geld in eine Business School investiert haben. Tatsächlich geht die gelehrteste wissenschaftliche Theorie von folgender Prämisse aus: Man kann den Markt nur über längere Zeit übertreffen, wenn man Glück hat.
Diese Theorie wird normalerweise als Theorie der Markteffizienz, Theorie der effizienten Märkte oder als Random-Walk-Theorie bezeichnet. Sie besagt, dass Tausende von Investoren und Analysten alle öffentlich verfügbaren Informationen über ein gegebenes Unternehmen aufnehmen und durch ihre Aktienkäufe beziehungsweise Aktienverkäufe den „korrekten“ Marktpreis bilden. Da also die Aktienkurse mehr oder weniger effizient gebildet werden (und man deshalb nicht zuverlässig Aktien zum Schnäppchenpreis findet), ist es demnach nicht möglich, die Börsenindizes über längere Zeiträume zu übertreffen. Die Wissenschaftler befassen sich zwar gelegentlich mit Ausnahmen (zum Beispiel mit dem Januareffekt, mit gering kapitalisierten Aktien und mit niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnissen), aber die meisten Strategien, mit denen man angeblich den Markt schlagen kann, werden als geringfügig und flüchtig abgetan; unter Berücksichtigung von Steuern und Transaktionskosten sei es schwierig, sie zu realisieren.
Da es also für die Finanzprofessoren nicht infrage kommt, den Markt zu schlagen, verbringen sie viel Zeit mit Dingen wie quadratisch-parametrischer Programmierung – das läuft ungefähr darauf hinaus, dass man die Aktien für diversifizierte Portfolios im dreidimensionalen Raum einsammelt. Das heißt, wenn man sich durch komplexe mathematische Formeln kämpft und eine Prise höhere Analysis samt statistischer Wahrscheinlichkeitstheorie hinzugibt, hat man ziemlich gute Chancen, die gleiche Performance zu erzielen wie die gängigen Aktienindizes. Wow! Durch das große Tamtam und Brimborium dringt eine klare Botschaft: Man kann den Markt nicht schlagen, also versuchen Sie es gar nicht erst. Tausende von MBAs und Doktoren haben für diesen lausigen Rat gutes Geld bezahlt.
Es gibt zwei Gründe, die grundlegende Lehre der Professoren nicht zu akzeptieren. Erstens enthalten die Annahmen und Methoden, die die Wissenschaftler verwenden, mehrere grundsätzliche Fehler, mit denen wir uns später kurz befassen werden, die aber nicht den Schwerpunkt dieses Buches bilden. Der zweite und wichtigere Grund ist folgender: Selbst wenn die Professoren grundsätzlich recht haben und der Aktienmarkt mehr oder weniger effizient ist, gelten ihre Studien und ihre Schlussfolgerungen nicht für Sie.
Offensichtlich weiß auch der größte Teil der Wall Street nichts von diesen Gelehrten, denn das ganze Konzept, dass man sich für Anlageberatung bezahlen lässt – sei es in Form von Gebühren oder in Form von Beratungshonoraren – passt nicht besonders gut zu der Idee, dass die Ratschläge eigentlich nichts wert sind. Zum Unglück der Börsenprofis scheinen die Tatsachen allerdings die Schlussfolgerungen der Wissenschaftler zu stützen. Wenn die wissenschaftliche Theorie stimmen würde, müsste man ja erwarten, dass die Pensionsfonds und die Investmentfonds auf lange Sicht ungefähr die gleiche Performance wie die Indizes schaffen müssten, natürlich abzüglich Beratungsgebühren. Die tatsächliche Bilanz weicht von der Theorie der Markteffizienz jedoch leicht ab, denn die Profis erzielen im Jahresdurchschnitt rund ein Prozent weniger als die relevanten Aktienindizes – und das vor Abzug von Gebühren. Erklärt sich die enttäuschende Leistung der Börsenprofis dadurch, dass die Märkte nur „mehr oder weniger effizient“ sind, oder sind andere Faktoren für diese schlappen Ergebnisse verantwortlich?
DASPROBLEM DER PROFIS
Ich habe mich darüber mit einem Profi unterhalten, den ich für einen der besten halte, die es gibt. Er ist ein Freund von mir und ich möchte ihn hier Bob nennen (auch wenn er in Wirklichkeit Rich heißt). Bob ist bei einer großen Investmentgesellschaft für ein Anlagevermögen von zwölf Milliarden Dollar verantwortlich. Damit Sie sich eine Vorstellung davon machen können: Wenn Sie zur Pferderennbahn gingen und zwölf Milliarden in 100-Dollar-Scheinen wetten würden, dann wäre der Geldstapel 20-mal so hoch wie das World Trade Center (ganz zu schweigen davon, dass eine solche Wette die Quote Ihres Pferdes wohl zunichtemachen würde). Laut Bob wird sein Erfolg folgendermaßen gemessen: Wie steht der Ertrag seines Portfolios im Vergleich zu dem Ertrag des S&P 500 da? Tatsächlich hat Bob eine phänomenale Erfolgsbilanz vorzuweisen: In den letzten zehn Jahren lag sein durchschnittlicher Jahresertrag immer zwei bis drei Prozent über dem des S&P 500.
Auf den ersten Blick passen das Wort „phänomenal“ und eine zusätzliche Jahresrendite von zwei oder drei Prozent nicht recht zusammen. Es stimmt zwar, dass sich mit zwei Prozent zusätzlich nach 20 Jahren dank des Zinseszinses 50 Prozent zusätzliches Vermögen ansammeln, aber das ist nicht der Grund, weshalb Bobs Erträge als phänomenal gelten können. Bobs Performance ist deshalb so beeindruckend, weil dieses Maß an zusätzlichem Ertrag in der Welt der Milliardenportfolios unglaublich schwer dauerhaft zu halten ist. Ein paar kurze Berechnungen decken die Beschränkungen auf, denen Bob durch die schiere Größe seines Portfolios unterworfen ist: Stellen Sie sich einmal vor, wie viele Dollars Bob in eine einzelne Aktie investieren muss, wenn er zwölf Milliarden aufteilen will. Wenn das Portfolio 50 Aktien beinhaltet, beträgt die durchschnittliche Anlagesumme 240 Millionen Dollar und bei 100 Aktien sind es 120 Millionen pro Aktienposition.
An der New York Stock Exchange (NYSE), an der American Stock Exchange (AMEX) und im Freiverkehr der Nasdaq notieren zusammengenommen etwa 9.000 Aktien. Davon haben rund 800 Aktien eine Marktkapitalisierung über 2,5 Milliarden Dollar und rund 1.500 davon haben einen Marktwert von mehr als einer Milliarde Dollar. Wenn wir davon ausgehen, dass Bob nicht mehr als zehn Prozent der umlaufenden Aktien eines Unternehmens besitzen will (aus rechtlichen Gründen und aus Gründen der Liquidität), liegt die Mindestanzahl der unterschiedlichen Aktien, die Bob in seinem Portfolio hat, vermutlich irgendwo zwischen 50 und 100. Wenn er das Reich der potenziellen Kaufkandidaten auf die Aktien mit Marktkapitalisierungen von weniger als einer Milliarde Dollar ausdehnen will – vielleicht weil er von weniger beachteten und möglicherweise unentdeckten Schnäppchen profitieren will –, wächst die Mindestanzahl leicht auf 200 verschiedene Aktien oder mehr.
Rein vom Gefühl her würden Sie ja wohl zustimmen, dass es von Vorteil ist, ein diversifiziertes Portfolio zu halten, damit eine oder zwei unglückliche (sprich „dämliche“) Aktien die Zuversicht und den Geldbeutel nicht allzu sehr beeinträchtigen. Dann stellt sich allerdings die Frage, wie viele Aktien ein „richtig“ diversifiziertes Portfolio enthalten sollte – 50, 100 oder gar 200?
Es stellt sich heraus, dass Diversifizierung nur einem Teil (und nicht dem größten) des Risikos entgegenwirkt, das mit Aktienanlagen verbunden ist. Selbst wenn man vorsichtshalber 9.000 Aktien kaufen würde, bestünde immer noch das Risiko der Auf- und Abwärtsbewegungen des gesamten Aktienmarktes. Dieses sogenannte Marktrisiko lässt sich durch die „perfekte“ Diversifizierung nicht beseitigen.
Wenn man einfach mehr Aktien kauft, vermeidet man zwar nicht das Marktrisiko, aber man kann damit eine andere Art von Risiko umgehen – das „Nichtmarktrisiko“. Das Nichtmarktrisiko ist der Anteil an dem Risiko einer Aktie, der nicht auf den Bewegungen des gesamten Aktienmarkts beruht. Dieses Risiko entsteht zum Beispiel, wenn eine Fabrik abbrennt oder wenn sich ein neues Produkt nicht so gut verkauft wie erwartet. Wenn man nicht seine gesamten Ersparnisse in ein Unternehmen investiert, das Kutscherpeitschen, Steintiere oder Hippie-Shirts herstellt, kann man den Risikoanteil wegdiversifizieren, der auf den Missgeschicken einzelner Unternehmen beruht.
Laut Statistik beseitigt der Besitz zweier Aktien 46 Prozent des Nichtmarktrisikos, das bei dem Besitz einer einzigen Aktie besteht. Dieser Anteil des Risikos reduziert sich durch den Besitz von vier Aktien um 72 Prozent, bei acht Aktien um 81 Prozent, bei 16 Aktien um 93 Prozent, bei 32 Aktien um 96 Prozent und bei 500 Aktien um 99 Prozent. Ohne wegen der Genauigkeit dieser Statistik Haare zu spalten, sollte man zwei Dinge bedenken:
Wenn man schon sechs oder acht Aktien aus verschiedenen Branchen gekauft hat, ist der Nutzen der Risikosenkung, den die weitere Erhöhung der Aktienanzahl bringt, nur noch klein.
Das Gesamtmarktrisiko lässt sich durch die schiere Erhöhung der Aktienanzahl im Portfolio nicht beseitigen.
Wenn Bob seine Lieblingsaktien aussucht und bei Nummer 20, 30 oder 80 angekommen ist, verfolgt er in der Praxis eine Strategie, die ihm durch die Größe seines Portfolios, durch rechtliche Aspekte und steuerliche Überlegungen auferlegt wird – und nicht weil er der Meinung ist, dass seine letzten Aktienideen genauso gut sind wie die ersten, denn er muss nur so viele Aktien kaufen, damit sein Portfolio optimal diversifiziert ist.
Kurz gesagt muss der arme Bob Dutzende großartiger Aktienideen bringen, er muss aus einem begrenzten Universum der am meisten beobachteten Aktien wählen, er muss große Mengen Aktien verkaufen, ohne dadurch den Kurs zu beeinflussen, und das Ganze in einem Goldfischglas, in dem seine Erträge jedes Quartal und sogar jeden Monat beurteilt werden. Zum Glück geht es Ihnen nicht so.
DAS GEHEIMNIS IHRES VERMÖGENS
Da Bob offensichtlich alle Hände voll zu tun hat, wohin soll man sich nun als Anleger wenden, wenn man wissen will, wie man am Aktienmarkt ein Vermögen verdient? Zu unserem Glück oder Unglück führen uns anscheinend alle Wege vor die Türschwelle meiner Schwiegereltern (keine Angst, ich sagte meiner – nicht Ihrer).
An Wochenenden findet man sie meistens bei irgendeiner Auktion auf dem Land, in einem Antiquitätengeschäft oder bei einer Haushaltsauflösung – auf jeden Fall auf der Suche nach Kunstwerken oder Antiquitäten, die ihnen gefallen. Sie sind leidenschaftliche Sammler und suchen nach Stücken, deren Besitz ihnen täglich Freude bereitet. Als heimliche Kapitalisten halten sie nach unentdeckten oder nicht anerkannten Kunstwerken und Antiquitäten Ausschau, die sie weit unter ihrem wahren Wert bekommen.
Wenn sie in Kapitalistenlaune sind, folgen meine Schwiegereltern einer ganz einfachen Strategie. Egal, ob sie bei „Kuhkaff Antiquitäten und Traktorteile“ ein schönes Exemplar finden oder auf dem Dachboden von Großmutter Kuchensack ein impressionistisches Gemälde – sie stellen sich vor dem Kauf nur eine einzige Frage: Wurden vergleichbare Möbelstücke beziehungsweise Gemälde in letzter Zeit bei Auktionen (oder von Händlern) weit über dem potenziellen Kaufpreis verkauft?
So einfach ist das, wirklich; allerdings können wir aus den Fragen, die sie nicht stellen, am meisten lernen. Sie fragen nicht: „Wird dieser Maler der nächste Picasso?“ oder „Steigen die Preise für französische Möbel aus dem 18. Jahrhundert bald rasant an?“ Es wäre zwar schön und vielleicht auch lukrativer, wenn man derartige künftige Entwicklungen voraussagen könnte, aber nur wenige Menschen haben gleichzeitig die Fähigkeit, das Wissen und die Zeit, die man bräuchte, um künftige Ereignisse vorauszusehen und davon regelmäßig zu profitieren. Ob meine Schwiegereltern die Zukunft voraussehen können, ist ja gar nicht die Frage; das brauchen sie nämlich gar nicht – sie wissen, wie sie aus dem Studium der Gegenwart Gewinn ziehen können.
Das bedeutet nicht, dass Kunst- und Antiquitätenwissen ihnen nicht helfen würde, Geld zu verdienen, aber dieses Wissen können ja viele Menschen erwerben. Ihr Vorteil besteht darin, dass sie dieses Wissen an Orten abseits der ausgetretenen Pfade anwenden. Diese Orte mögen schwerer zu finden sein, aber wenn man sie einmal gefunden hat, sorgt der Mangel an informierten Sammlern dafür, dass man die Chance hat, „ineffizient“ gepreiste Schnäppchen zu finden.
Aktienschnäppchen findet man eigentlich auf die gleiche Art. Wenn man seine Energie darauf verwendet, Situationen zu finden und zu analysieren, die von anderen informierten Investoren nicht genau beobachtet werden, werden die Chancen auf ein Schnäppchen viel größer. Der Trick besteht darin, die Gelegenheiten ausfindig zu machen.
Das ist wie in der alten Geschichte von dem Installateur, der ins Haus kommt, einmal auf die Rohre klopft und sagt: „Macht 100 Dollar.“
„100 Dollar!“, sagen Sie. „Sie haben doch nichts gemacht, außer einmal auf die Rohre zu klopfen!“
„Oh nein“, sagt der Installateur. „Dass ich einmal auf die Rohre geklopft habe, das kostet nur fünf Dollar. Aber dass ich weiß, wo ich klopfen muss, das kostet 95 Dollar.“
Zu wissen, wo man klopfen muss, das ist an der Börse das Geheimnis Ihres Vermögens. Bedenken wir das und enthüllen wir ein paar geheime Verstecke von Börsengewinnen.
1Preisgekröntes Musical von 1961 nach einem Buch von Abe Burrows und mit Musik von Frank Loesser.
Als ich 15 Jahre alt war, gab es nur einen Ort, an dem ich einen Blick auf Glücksspiele erhaschen konnte, und zwar die Hunderennen auf dem Hollywood Dog Track. Das war eine tolle Sache, denn bei meinem ersten unerlaubten Besuch entdeckte ich eine todsichere Möglichkeit, mit Windhunden reich zu werden. Im dritten Rennen trat ein Hund an, der die letzten sechs Rennen in nur 32 Sekunden geschafft hatte. Die Quote auf diesen Hund – nennen wir ihn Lucky – stand 99:1. Keiner der Hunde, die im dritten Rennen gegen Lucky antraten, war je schneller als 44 Sekunden gewesen.
Natürlich setzte ich einen Betrag, der für mich ein kleines Vermögen bedeutete, auf Lucky und auf Sieg. Wenn die Dummköpfe, die auf die anderen Hunde wetteten, mir ihr Geld geben wollten, sollten sie es doch tun! Aber als Lucky als Letzter die Zielgerade entlangzottelte, begann sich meine Meinung über die anderen Spieler zu ändern.
Das war nämlich Luckys erstes Rennen über eine längere Distanz gewesen. Offensichtlich hatten alle anderen gewusst, dass Lucky die spektakulär kurzen Zeiten über kürzere Strecken gelaufen war. Alle anderen Hunde waren erfahrene Langstreckenläufer. Meine todsichere 99:1-Wette war eine Fata Morgana, die sich zusammen mit meinem Geld schnell in Luft auflöste.
Positiv betrachtet hatte ich in weniger als einer Minute eine wertvolle Lektion gelernt. Ohne grundlegendes Wissen und grundlegendes Verständnis kann man eine großartige Geldanlage nicht von einer lahmen Ente unterscheiden. Bevor Sie also in den Hintergassen der Börse mit der Jagd nach verborgenen Investmentperlen beginnen, biete ich Ihnen hier ein paar Grundlagen an, die Ihnen bei der Suche helfen dürften.
EIN PAAR GRUNDLAGEN
1. Machen Sie die Arbeit selbst!
Eigentlich gibt es zwei Gründe, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Der erste ist ganz einfach: Sie haben gar keine andere Wahl. Wenn Sie wirklich nach Gelegenheiten suchen, die andere übersehen, gibt es dazu wohl selten Medienberichte oder Berichte von der Wall Street. Normalerweise gibt es zwar mehr als genug Informationen über die entsprechende Branche und über das Unternehmen und zum Teil können sie sogar hilfreich sein, aber fast nichts davon bezieht sich auf die besonderen Eigenschaften, die Ihre Investmentchance so attraktiv machen. Das sollte Sie nicht stören, denn Sie folgen ja nicht dem Motto „je mehr, desto besser“.
Der andere Grund, weshalb Sie selbst daran arbeiten sollten, hängt damit eng zusammen. Sie wollen Ihren reichen Lohn ja nicht dafür, dass Sie große Risiken eingehen. Das kann schließlich jeder. Sie wollen reichen Lohn dafür haben, dass Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben. Wenn Sie einer von wenigen Menschen sind, die eine bestimmte Investmentgelegenheit analysieren, sind sie logischerweise in der besten Position, den angemessenen Lohn für das eingegangene Risiko abzuschätzen. Nicht alle versteckten und verborgenen Anlagechancen sind attraktiv. Sie sollten Ihren Wetteinsatz auf Positionen setzen, deren Lohn die Risiken bei Weitem zu übersteigen verspricht.
Natürlich würde jeder gern in Geschäfte investieren, bei denen die Chancen zu den eigenen Gunsten stehen. Aber die meisten Menschen können das nicht tun, weil sie nicht wissen, dass es diese besonderen Gelegenheiten überhaupt gibt. Der Lohn Ihrer Fleißarbeit und Ihrer Analyse besteht in der Chance, in Positionen zu investieren, die ungerechte Erträge bringen. Ihre außerordentlich großen Gewinne sind dann nicht das Ergebnis großer Risiken, sondern der verdiente Lohn dafür, dass Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben.
Aber macht es überhaupt Spaß zu investieren, wenn man weiß, dass die Chancen unfairerweise zu den eigenen Gunsten stehen? Darauf können Sie wetten.
2. Trau keinem über 30.
3. Trau keinem 30-Jährigen und keinem unter 30.
Klar? Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Sie anruft und Ihnen einen guten Investmentrat gibt, ist ungefähr so groß wie die Wahrscheinlichkeit, dass man im Lotto gewinnt, ohne dass man einen Tippschein abgegeben hat. Das könnte durchaus passieren, aber es ist nicht gerade sehr wahrscheinlich. Wenn Börsenmakler bei Ihnen anrufen oder Ihnen schreiben, befolgen Sie einen Rat von Nancy Reagan: „Sagen Sie einfach Nein.“ Die Erfolgsquote der Analysten von großen Brokerhäusern bei der Voraussage von Unternehmensgewinnen oder Aktienkursen ist sehr niedrig – und wenn Sie glauben, die kleineren Brokerhäuser, die Pennystocks anpreisen, wären da besser, schreiben Sie mir bitte, dann erstatte ich Ihnen die Kosten für das Buch zurück; dann kann man Ihnen nämlich nicht helfen. Sogar die institutionellen Klienten bekommen von renommierten Investmentfirmen keine besonders guten Ratschläge.
Die Gründe für diese dauerhaft schlechte Leistung sind größtenteils systematischer Natur. Die überwiegende Mehrzahl der Analysten wird nicht direkt von den Klienten bezahlt. Die Empfehlungen und Researchberichte, die solche Analysten produzieren, werden im Austausch gegen Gebühreneinnahmen mit den Brokern der Firma verhandelt. Ein immerwährendes Problem ist der überwältigende Anreiz, Kaufempfehlungen auszugeben. Die Anzahl der Aktien, die kein Kunde besitzt, ist immer größer als die Anzahl der Aktien, die derzeit von Kunden gehalten werden. Infolgedessen kann man aus neuen Kaufempfehlungen mehr Gebühren schlagen als aus Verkaufsempfehlungen.
Ein weiteres berufsbedingtes Hindernis der Research-Analysten ist die Tatsache, dass sich Analysten, die die Aktie eines Unternehmens verreißen, eine wichtige Informationsquelle versperren. Es kann passieren, dass der entscheidende Kontakt zu Unternehmensvertretern und die Auskünfte der Investor-Relations-Abteilung dann anderen, „kooperativeren“ Analysten vorbehalten bleiben. Das erschwert natürlich die Arbeit. Darüber hinaus sinken dadurch vermutlich die Chancen, dass die Investmentfirma des anstößigen Analysten von dem Unternehmen Aufträge im Bereich Investmentbanking bekommt. Das ist der Grund, weshalb häufig Euphemismen wie „halten“ und „schlechter Zeitpunkt“ das direktere „verkaufen“ ersetzen.
Außer dieser Neigung zum Optimismus gibt es noch andere Probleme. Beispielsweise gibt man wohl kaum gewagte Gewinn- oder Kursprognosen ab, wenn alle Analystenkollegen anderer Meinung sind. Es ist sicherer, gemeinsam mit der Masse falschzuliegen, als Gefahr zu laufen, dass man eine Situation als Einziger falsch interpretiert, während alle anderen sie richtig eingeschätzt haben. Daraus folgt, dass frische, unabhängige Gedanken bei Analysten eher die Ausnahme als die Regel sind.
Dazu kommt, dass die meisten Analysten nur eine bestimmte Branche bearbeiten. Es gibt Analysten für die chemische Industrie, für die Bankenbranche, für den Einzelhandel – und die wissen kaum etwas über den relativen Anlagenutzen von Aktien aus anderen Branchen. Wenn also ein Chemie-Analyst eine Aktie innerhalb seiner Branche als „Kauf“ einstuft, hat er die Investmentperspektiven der Aktie nicht mit Aktien aus einer der restlichen 50 Branchen verglichen. Ein bestimmtes Wohnviertel im Zentrum von Cleveland mag im Vergleich zu der Siedlung drei Blocks weiter großartig erscheinen, nicht aber im Vergleich zu Beverly Hills.
Da die Aufgabe eines Analysten darin besteht, Unternehmen innerhalb einer bestimmten Branche miteinander zu vergleichen, fallen außergewöhnliche Ereignisse, die das Unternehmen betreffen, häufig nicht in seinen engeren Fachbereich. Das gilt sogar für den Fall, dass ein von ihm beobachtetes Unternehmen an einem Spin-off oder an einer Fusion beteiligt ist. Viele Analysten pausieren mit Empfehlungen oder beenden die Berichterstattung über ein Unternehmen, wenn solche großen Veränderungen stattfinden – angesichts ihrer Stellenbeschreibung mag das verständlich sein, aber wenn es um gewinnbringende Anlageempfehlungen geht, ist das nicht gerade hilfreich.
Die nächste Wand, gegen die Analysten rennen, ist die nackte Wirtschaftlichkeit. Für die Analysten an der Wall Street lohnt sich die Berichterstattung über Aktien oder sonstige Investments nur, wenn sie dadurch so viele Einnahmen (sprich Maklergebühren oder künftige Investmentbanking-Gebühren) erzeugen, dass sich Zeit und Mühe rentiert haben. Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung, deren Aktien nicht in großem Umfang gehandelt werden, schwerer durchschaubare Wertpapiere und einmalige Situationen werden aus diesem Grund meistens ignoriert. Ironischerweise halten genau die Bereiche, deren Erforschung für große Firmen unwirtschaftlich ist, für Sie das größte Gewinnpotenzial bereit.
Bilanz: Selbst wenn Sie in einer Fantasiewelt leben, in der Gebühren und Honorare keinen Einfluss auf Anlageentscheidungen haben, müssen Sie trotzdem der harten Realität ins Auge sehen – egal wie vertrauenswürdig Ihr Broker auch sein mag, er hat keine Ahnung, wie er Ihr Geld am besten anlegen kann. Aber geben Sie nicht ihm die Schuld, auch wenn er über 30 ist. Schuld ist das System: Es funktioniert einfach nicht.
4. Picken Sie die Rosinen heraus!
Das Highlight im Zeltlager war der „Krieg der Farben“. Für alle, die das nicht kennen: Der Krieg der Farben war jeden Sommer ein wochenlanges Ritual; das ganze Lager wurde in zwei Mannschaften aufgeteilt, die Blauen und die Grauen. Dann maßen sich die beiden Mannschaften nach Altersgruppen gegliedert in verschiedenen sportlichen Disziplinen. Der Höhepunkt des Farbenkriegs war die sogenannte „Apatschenstaffel“. Bei diesem Wettkampf, der zum Abschluss veranstaltet wurde, traten alle Altersgruppen der Mannschaften auf einmal gegeneinander an. Jeder musste eine bestimmte sportliche Leistung oder eine ungewöhnliche Aufgabe vollbringen, bevor der nächste Lagerteilnehmer die seinige angehen durfte – wie beim Dominoeffekt.
Also wetteiferten die Lagerteilnehmer wie in den alten Zeiten die Krieger der Apatschen in den verschiedensten Disziplinen: Wettlauf, Wettschwimmen, mit auf den Rücken gebundenen Händen Kuchen essen, Eierlauf ... Im Gegensatz zu anderen Disziplinen hing der Erfolg hier nicht davon ab, welches Team die stärkeren oder schnelleren Athleten hatte, sondern vielmehr davon, welches Team das Glück hatte, David Versotski zu seinen Mitgliedern zählen zu dürfen. David hatte die Aufgabe, drei Netzroller zu schlagen, bevor das nächste Mitglied seiner Mannschaft eine irdischere Aufgabe bewältigen durfte, zum Beispiel zum Ufer hinunterrennen.
„Netzroller“ bedeutet beim Tischtennis, dass der Ball beim Aufschlag zwar das Netz berührt, aber trotzdem auf der gegnerischen Hälfte der Platte landet. Den ganzen Sommer über war David ein ganz normaler Junge gewesen, aber er konnte solche Aufschläge auf Kommando servieren – einen, zwei, drei – wie kein anderer. Dadurch sparte er der Mannschaft bei der Apatschenstaffel, bei der es auf Sekunden ankommen konnte, mehrere entscheidende Minuten. In den spannenden Augenblicken vor Beginn des Wettkampfs flüsterten sich in Davids Mannschaft alle zu: „Keine Sorge, wir haben Versotski!“ Ich weiß nicht, was aus David geworden ist, aber wenn Netzrollen ein Profisport oder gar eine olympische Disziplin wäre, dann würde man den Namen David Versotski heute in einem Atemzug mit Babe Ruth und Michael Jordan nennen.
Was will ich damit sagen? Der entscheidende Punkt ist folgender: Wenn David es so einrichten konnte, dass er nur an Wettbewerben teilnahm, bei denen es um die größte Anzahl von Netzrollern ging, dann konnte er sehr oft gewinnen. Unglücklicherweise ist das im richtigen Leben normalerweise anders. Man kann sich seine Kämpfe und seine Spielfelder nicht immer aussuchen. Aber an der Börse kann man das durchaus tun.
Warren Buffett und andere haben dieses Konzept mit diversen Sprüchen veranschaulicht, zum Beispiel: „Auf 20 Pitches kommt nur ein Swing.“, „An der Wall Street gibt es keine angesagten Treffer.“, oder „Den Wurf abwarten!“ Die erfolgreichsten Pferdewetter (ich nehme an, diejenigen, die am wenigsten verlieren) sind diejenigen, die nicht bei jedem Rennen wetten, sondern die nur dann setzen, wenn sie eine eindeutige Meinung haben. Es klingt logisch, dass man seine Erfolgsquote enorm steigert, wenn man seine Investments auf Situationen beschränkt, mit denen man sich auskennt und bei denen man zuversichtlich ist. Es ergibt keinen Sinn, seine besten Ideen oder seine Lieblingspositionen dadurch zu verwässern, dass man sich durch eine Liste attraktiver Gelegenheiten nach unten durcharbeitet. Wenn Netzrollen nur eine von mehreren Disziplinen innerhalb eines neuartigen Zehnkampfs wäre, dann würden Davids Vorteil und Sachkenntnis dermaßen verwässert werden, dass er nur geringe Chancen hätte, den gesamten Zehnkampf zu gewinnen. Also: Wenn Sie niemand daran hindert, ausschließlich Netzroller zu schlagen, dann machen Sie das so lange, bis Sie abtransportiert werden.
Die Strategie, alles auf eine Karte zu setzen und diese Karte zu bewachen, ist weniger riskant, als Sie vielleicht denken. Wenn man aufgrund der Vorgeschichte von der Annahme ausgeht, dass der durchschnittliche Jahresertrag von Aktieninvestitionen etwa zehn Prozent beträgt, dann beläuft sich die statistische Wahrscheinlichkeit, dass die Rendite in einem gegebenen Jahr zwischen -8 Prozent und +28 Prozent liegt, ungefähr auf zwei Drittel. Statistisch gesprochen beträgt die Standardabweichung um den Durchschnitt von zehn Prozent ungefähr 18 Prozent. Und wie gesagt besteht dann immer noch eine Wahrscheinlichkeit von eins zu drei, dass der Ertrag aus diesem unglaublich breiten Bereich von 36 Prozentpunkten (-8 bis +28 Prozent) herausfällt. Diese statistischen Werte gelten für Portfolios, die 50 bis 500 unterschiedliche Aktien enthalten (also für die Art von Portfolio, die die meisten Aktien-Investmentfonds halten).
Aber womit kann man laut Statistik rechnen, wenn das Portfolio auf nur fünf Aktien begrenzt ist? Die Spannweite der zu erwartenden Jahresrendite muss dann ja wirklich immens sein. Wer weiß, wie sehr die verrückten Bewegungen einer oder zweier Aktien das Ergebnis verschieben? Genau genommen besteht eine Wahrscheinlichkeit von zwei zu drei, dass der Ertrag in dem Bereich zwischen -11 und +31 Prozent liegt. Dabei beträgt die erwartete Rendite immer noch zehn Prozent. Wenn Sie acht Aktien in Ihrem Portfolio haben, verengt sich der Bereich leicht auf -10 bis +30 Prozent und unterscheidet sich kaum von der Spannweite bei 500 Aktien. Die Tatsache, dass durch diese breite Spanne auf jeden Fall ein Lastwagen durchpasst, sollte diejenigen trösten, die keine 50 Aktien im Portfolio haben, und sie sollte Angst in den Herzen all jener säen, die glauben, mit mehreren Dutzend Aktien könnten sie sich ein vorhersehbares Jahreseinkommen sichern.
Langfristig gesehen (und das kann 20 oder 30 Jahre bedeuten) sind Aktien trotz der jährlich wechselnden Erträge wahrscheinlich das attraktivste Anlageinstrument. Deshalb sollte es mit einem breit gestreuten Aktienportfolio eigentlich möglich sein, grob die Performance der großen Börsenindizes widerzuspiegeln. Was Aktien angeht, ist eine durchschnittliche Leistung schließlich gar nicht so schlecht.
Aber wenn es Ihr Ziel ist, wesentlich besser zu sein als der Durchschnitt, dann besteht der richtige Weg darin, die Rosinen herauszupicken, nur einen von 20 Pitches zu schlagen, sich auf Netzroller zu spezialisieren oder welche Metapher auch immer diesen Punkt für Sie am besten trifft. Die Tatsache, dass dank dieses äußerst selektiven Prozesses nur eine Handvoll Positionen übrig bleibt, die Ihren Kriterien genügen, sollte kein Problem sein. Die Strafe, die Sie für ein konzentriertes Portfolio bezahlen – eine leicht höhere jährliche Schwankungsbreite (Volatilität) – dürfte von den höheren langfristigen Erträgen mit Leichtigkeit aufgewogen werden.
Fühlen Sie sich mit der Vorstellung, nur wenig auf eine bestimmte Karte zu setzen, immer noch nicht wohl? Verzweifeln Sie nicht. Es gibt noch mehr Möglichkeiten, das Risiko zu bewältigen, ohne die Effektivität einzubüßen, die durch den Besitz weniger Lieblingspositionen entsteht.
5. Kaufen Sie nicht noch mehr Aktien;legen Sie Geld auf die Bank!
Für den Preis von 1.000 Dollar sind Versicherungsgesellschaften bereit, einem gesunden 35-jährigen Mann eine Million Dollar zu bezahlen, falls er das Pech haben sollte, im Laufe des nächsten Jahres zu sterben. Die versicherungsstatistischen Tabellen besagen, dass das für die Versicherungsgesellschaft ein gutes Geschäft ist. Aber würden Sie sich an Stelle der Versicherung auf so ein Geschäft einlassen? Wahrscheinlich nicht. Das liegt daran, dass Sie sich unabhängig von der Aussage der Statistik keinen Verlust von einer Million Dollar leisten können, schon gar nicht für läppische 1.000 Dollar. Die Versicherungsgesellschaft hingegen schafft mithilfe Tausender Versicherungsnehmer aus den übernommenen Risiken ein Portfolio, das den statistischen Tabellen folgt. Aus diesem Grund macht sie mit dem regelmäßigen Abschluss von Wetten, die sich eine Einzelperson nicht leisten könnte, ein gutes Geschäft.
Es kann also passieren, dass ein konkretes Risiko für sich allein betrachtet unsicher oder gar verrückt erscheint, dass es aber im Kontext eines Gesamtportfolios durchaus sinnvoll ist. Nun gut, aber wenn dem so ist und wenn es eine gute Idee ist, seine Risiken zu streuen, wieso sage ich Ihnen dann immer wieder, dass es richtig ist, nur wenige Aktien zu kaufen?
Das lässt sich nur in zwei Teilen beantworten. Erstens riskiert die Versicherungsgesellschaft mit jeder Police den Verlust von 1.000 Dollar auf den Einsatz von einem Dollar. Damit sich dieser Einsatz lohnt, wären Tausende solcher Policen über einen mehrjährigen Zeitraum nötig. Wenn man Aktien kauft, ist das Risiko glücklicherweise auf einen Dollar pro eingesetztem Dollar begrenzt. Aus diesem Grund kann man bei aller Vorsicht in eine Handvoll attraktiver Aktien investieren, ohne sich nachsagen zu lassen, man nehme irrsinnige Risiken auf sich. Trotzdem empfiehlt alle Welt, ein breit diversifiziertes Portfolio anzulegen; wie kann ich da von Ihnen erwarten, dass Sie sich auf wenige ausgewählte Börsenchancen einlassen?
Die Antwort und der angekündigte zweite Grund, wieso ein breit gestreutes Aktienportfolio keine Zauberformel gegen Risiko ist, findet sich in der Art, wie man seine Aktienanlagen von Anfang an betrachten sollte. Man sollte nämlich bedenken, dass bei den meisten Menschen das Aktienportfolio nur einen Teil ihrer gesamten Geldanlagen darstellt. Die meisten Menschen legen einen Teil ihres Vermögens auf die Bank, investieren es in Geldmarktfonds, in ihr Eigenheim, in Anleihen, in den Wert ihrer Versicherungspolicen oder in Anlageimmobilien, um nur ein paar Möglichkeiten zu nennen. Wenn Sie darauf aus sind, nicht alles auf die gleiche Karte zu setzen, ist eine solche breite Diversifizierung auf unterschiedliche Vermögenswertklassen viel effektiver als die reine Streuung des Aktienportfolios. Das heißt, dass Sie eine richtig gute Aktienstrategie nicht dadurch ruinieren sollten, dass Sie sich in mittelmäßige Erträge hineindiversifizieren.
Egal wie viele verschiedene Aktien Sie kaufen – wenn Sie Geld an der Börse investieren, das Sie in den nächsten zwei bis drei Jahren für die Miete, für Ihr Hypothekendarlehen, für Essen, Gesundheitskosten,