Skull-Ranch 2 - J. William Cross - E-Book

Skull-Ranch 2 E-Book

J. William Cross

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Beschreibung

John Morgan scheint es geschafft zu haben. Ein schwerer, gefahrvoller Trail hat ihn und seine tapferen Männer ins Bluegrass Valley von Colorado geführt. Noch steht alles in den Anfängen. Ringsum lauern viele Feinde und tausend tödliche Gefahren. Und während John Morgan noch um seine Existenz kämpfen muss, tritt im fernen Alabama seine Tochter Mary-Lou die gefährliche Reise nach Westen an. Ihre Großeltern, bei denen sie bisher gelebt hat, sind vor kurzem gestorben, und Mary-Lou steht völlig allein. Sie hofft, in Colorado eine neue Heimat zu finden, aber schon bald sieht es so aus, als ob sie ihr Ziel niemals erreichen und ihren Vater nicht wiedersehen würde. Der Weg nach Colorado wird zu einem Weg durch die Hölle ...

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Inhalt

Cover

Impressum

John Morgans Tochter

Vorschau

Das Bluegrass Valley

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Faba/Bassols

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8077-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Morgans Tochter

von William Cross

John Morgan scheint es geschafft zu haben. Ein schwerer, gefahrvoller Trail hat ihn und seine tapferen Männer ins Bluegrass-Valley von Colorado geführt. Noch steht alles in den Anfängen. Ringsum lauern viele Feinde und tausend tödliche Gefahren. Und während John Morgan noch um seine Existenz kämpfen muss, tritt im fernen Alabama seine Tochter Mary-Lou die gefährliche Reise nach Westen an. Ihre Großeltern, bei denen sie bisher gelebt hat, sind vor kurzem gestorben. Und Mary-Lou steht völlig allein. Sie hofft, in Colorado eine neue Heimat zu finden, aber schon bald sieht es so aus, als ob sie ihr Ziel niemals erreichen und ihren Vater nicht wieder sehen würde. Der Weg nach Colorado wird zu einem Weg durch die Hölle …

Die Brücke, die den Lubbock Creek überspannt, ist keine große Brücke. Sie hat eine Stützweite von gerade dreißig Yards. Und doch ist es eine sehr wichtige Brücke, denn der Schienenstrang der Atchison-Topeka-&-Santa-Fé-Bahn führt über sie hinweg.

Mick Jones und Les Conolly sind sich der Bedeutung der Brücke durchaus bewusst. Sie ist für sie ein gefundenes Fressen.

Bis zum Bauch stehen die beiden Banditen im seichten Wasser des Lubbock Creek.

Gerade haben sie eine massive Sprengladung am Hauptstützpfeiler der Brücke angebracht. Das Dynamit steckt in einem wasserdichten Sack, denn die Ladung soll unter der Wasseroberfläche hochgehen. Jones und Conolly wollen vermeiden, dass die Spuren der Sprengung gleich auf den ersten Blick sichtbar werden.

Jetzt schicken sich die beiden Verbrecher an, ans Ufer zurückzukehren. Sie gehen sehr langsam und vorsichtig, denn während des Rückweges rollen sie die Zündschnur auf, deren Ende mit dem über der Wasseroberfläche liegenden Zipfel des Sacks verbunden ist.

Schließlich erreichen sie das Ufer. Sie machen das andere Ende der Zündschnur so an einem Baum fest, dass sie jederzeit straff gespannt ist und nicht durchhängt. Dann zünden sie die Schnur an.

Gespannt beobachten sie, wie sich die Glut an der Schnur entlangfrisst. Gleich hat die Glut den Sack mit dem Dynamit erreicht. Jones und Conolly gehen in Deckung.

Eine Explosion zerreißt die Stille. Sie ist nicht einmal sehr laut, denn das Wasser dämpft den Detonationslärm. Als die beiden Banditen wieder aufblicken, sehen sie, dass die Brücke in der Mitte durchgesackt ist. Gleisfragmente hängen frei in der Luft. Begeistert schlagen sich Jones und Conolly auf die Schultern.

»Alles aussteigen, bitte!«

Mary-Lou Morgan, die Tochter von John Morgan, runzelt die Stirn, als sie die Stimme des Stationsvorstehers hört.

Wieso denn?, denkt sie. Wieso soll ich denn hier schon aussteigen?

Man hat ihr gesagt, dass die Bahnlinie durchgeht bis Garden City. Dieses Nest hier aber, in dem der Zug jetzt steht, heißt St. James und ist noch mehr als hundert Meilen von Garden City entfernt.

Auch der schwitzende fette Mann, der Mary-Lou im Abteil gegenübersitzt, ist verwundert. Verwundert und empört. Der Mann heißt Greg Bullock und ist Viehhändler von Beruf. Mary-Lou kann nicht sagen, dass sie ihn sehr sympathisch findet. Die ganze Fahrt über hat er unaufhörlich auf sie eingeredet und mit ihr anzubändeln versucht. Auf eine Art und Weise, die er wohl charmant findet, die sie jedoch lediglich als plump empfunden hat. Alles, was Bullock sagt und tut, geht ihr zusehends auf die Nerven. Jetzt aber ist sie ausnahmsweise einmal mit seinem Handeln einverstanden. Bullock reißt das Fenster auf und steckt den Kopf nach draußen.

»Hey, Mister«, hört Mary-Lou ihn wütend rufen, »was soll der Blödsinn? Wollen Sie uns auf den Arm nehmen?«

Der Stationsvorsteher, ein grauhaariger Mann mit hängenden Schultern, kommt angeschlurft.

»Sorry, Sir«, sagt er, »aber es ist so, dass der Zug im Augenblick nicht weiterfahren kann. Ich muss Sie leider bitten …«

Bullock lässt ihn gar nicht weiterreden.

»Was quatschen Sie da?«, unterbricht er den Angestellten der Atchison-Topeka-&-Santa-Fé-Bahn grob. »Nicht weiterfahren? Sie sind wohl wahnsinnig geworden, was? Ich muss sofort nach Dodge City! Dringende Geschäfte, die keinen Aufschub dulden. Ich verlange …«

Der Stationsvorsteher lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. »Sorry, Sir«, sagt er wieder und spielt dabei mit der Pfeife rum, die er in der Hand hat, »aber wir haben hier einen Fall von höherer Gewalt. Drei Meilen von hier ist die Brücke über den Lubbock Creek zusammengebrochen. Die Gleise hängen in der Luft und … Na ja, es geht jedenfalls im Augenblick nicht weiter.«

Der Viehhändler flucht. Und er flucht noch mehr, als er hören muss, dass der unfreiwillige Aufenthalt mindestens drei, vier Tage dauern wird. So lange brauchen die Streckenarbeiter der Bahngesellschaft, um den Schaden zu beheben.

»Nehmen Sie’s nicht so tragisch«, versucht der Bahnhofsvorsteher zu trösten. »St. James ist ein nettes, kleines Städtchen. Und so ein paar Tage sind schnell vorbei.«

Nettes Städtchen? Das findet Mary-Lou nun gar nicht. Was sie durch das Abteilfenster erkennen kann, sieht alles andere als einladend aus. Der Bahnhof besteht aus einer primitiven Holzbaracke und einem Wasserturm. Und die Häuser im Hintergrund machen ebenfalls einen nachlässigen, unfreundlichen Eindruck. Staub und Schmutz überall. Aber was hilft’s? Züge können nun einmal nicht durch die Luft fliegen, sondern sind auf Gleise angewiesen.

Während Bullock noch zetert und schimpft, greift Mary-Lou nach ihrem Koffer und schickt sich an auszusteigen.

St. James ist wirklich ein Nest, in dem sich die Präriehunde »Gute Nacht« sagen. Alle Reisenden, außer Mary-Lou Morgan und dem Viehhändler Bullock noch rund zwanzig andere Personen, sind stocksauer. Ausnahmslos sind sie im Golden-Star-Hotel abgestiegen. Ein richtiges Hotel ist das natürlich nicht. Nur ein einfacher Saloon, der ein paar Zimmer zu vermieten hat. Zuwenig Zimmer, um jedem Reisenden einzeln gerecht werden zu können. Mehrere Personen müssen sich jeweils immer ein Zimmer und ein schmuddeliges Bett teilen. Mary-Lou gefällt das gar nicht. Ihre Zimmergenossin ist eine rothaarige, fortwährend kichernde junge Frau namens Lizzy Smith, die sich auf dem Weg nach Dodge City befindet, um dort in einem Tingeltangel zu tanzen und zu singen. Mary-Lou hat nichts gegen Tingeltangel-Mädchen. Aber sie findet, dass die rote Lizzy etwas weniger Schminke, dafür aber etwas mehr Seife benutzen sollte. Auch jetzt noch, nachdem sie das gemeinsame Zimmer verlassen hat und hinunter in den Saloon gegangen ist, hat Mary-Lou ein unangenehmes Aroma in der Nase.

Im Gastraum ist es voll, sehr voll sogar. Fast alle Reisenden sind da. Und, wie es scheint, auch so ziemlich sämtliche Einwohner von St. James. Mary-Lou hat Mühe, einen Platz zu finden. Wohl oder übel setzt sie sich an den Tisch Bullocks, der ihr einen Stuhl freigehalten hat.

Ein paar andere Männer aus dem Zug sitzen mit am Tisch. Mary-Lou kennt sie nicht. Und sie legt auch keinen größeren Wert darauf, sie näher kennen zu lernen. Die Versuche der Männer, sie durch Komplimente und dick aufgetragene Schmeicheleien für sich einzunehmen, lassen sie kalt. Die Kavaliere merken, dass sie sich vergeblich mühen. Und so kommen sie schnell auf das eine Thema zurück, das alle Reisenden miteinander verbindet: ihre missliche Situation, in diesem Kaff festzuhängen wie Fische im Netz.

»Ich werde die Gesellschaft verklagen«, schimpft der fette Viehhändler, »ja, das werde ich tun. Schadenersatz – das kostet die was! Wenn ich zu spät nach Dodge komme, haben die Cattlemen aus dem Süden ihre Herden bereits an meine Konkurrenz verkauft, und ich stehe in der Wüste. Aber nicht mit mir, sage ich Ihnen! Verklagen werde ich sie, verklagen!«

Er findet eifrige Zustimmung. Auch ein Versicherungsvertreter aus Kansas City, der befürchtet, das große Geschäft zu verpassen, will der Bahngesellschaft ans Leder. Und selbst ein Mann, der überhaupt nicht an Termine gebunden ist, weil er in den Rockies nach Gold suchen will, trägt sich mit dem Gedanken, es den Bahnleuten schwer heimzuzahlen.

Der Saloonbesitzer tritt an den Tisch. Er sieht so schmuddelig aus wie seine Betttücher, aber er hat ein freundliches Gesicht und ist sehr höflich. Mary-Lou hätte es lieber, er wäre grantig, dafür aber sauber. Das kann sie sich jedoch nicht aussuchen. Sie hat Hunger und bestellt notgedrungen etwas zu essen. Schon jetzt kann sie sich lebhaft vorstellen, was für eine Art Essen ihr dieser Mann vorsetzen wird. Auch die anderen Reisenden geben Bestellungen auf. Nicht nur für den Magen, sondern auch für die Kehle. Reichlich für die Kehle, denn im Whisky sehen sie die einzige Möglichkeit, ihren Ärger über den Zwangsaufenthalt in St. James zu überwinden.

Mary-Lou seufzt innerlich. Sie hasst Säufer. Nur allzu gut kann sie sich noch an den Bürgerkrieg erinnern, in dem betrunkene Soldaten und Guerillas die schlimmsten Gräueltaten verübten. Betrunkene Männer können sein wie die Tiere. Auch was diesen Punkt angeht, kann sie sich schon jetzt lebhaft vorstellen, wie Bullock und die anderen in ein paar Stunden aussehen werden. Sie wünscht sich, weit, weit fort zu sein von diesem so genannten Hotel, von diesem ganzen miesen Nest St. James.

Das Essen ist gekommen. Es sieht genauso aus, wie sich Mary-Lou das vorgestellt hat. Ein undefinierbares Stew, das nach nichts schmeckt und ihr doch den Hals zuschnürt. Mit Todesverachtung würgt sie das Zeug hinunter. Auch die Männer an ihrem Tisch essen und spülen kräftig mit Bier und Brandy nach. Dabei schimpfen sie immer noch auf die Bahngesellschaft und erklären mit immer lauter werdenden Stimmen, was für entsetzliche finanzielle Verluste ihnen entstehen.

Mary-Lou kann es langsam nicht mehr hören. Sie beschließt, die Tischrunde zu verlassen. Der Abend ist zwar gerade erst angebrochen, aber sie zieht es doch vor, die restlichen Stunden auf ihrem Zimmer zu verbringen. Die Tänzerin wird wohl so schnell nicht kommen. Das Girl sitzt schräg gegenüber an einem anderen Tisch, schäkert mit einigen Einheimischen herum, kichert dabei unentwegt und scheint sich ganz wohl zu fühlen.

Gerade will Mary-Lou aufstehen, als ein Mann an den Tisch tritt. Der Mann ist groß und kräftig und hat ein klobiges Gesicht, in dem listige Augen blitzen. Er trägt einen schwarzen Prinz-Albert-Rock, ein blütenweißes Hemd, rote Schnürsenkelkrawatte und teure Lackstiefel.

»Verzeihung, die Herrschaften«, sagt er und stützt sich mit beiden Händen auf die Tischplatte. »Ich habe aus ihren Gesprächen gehört, dass sie über Ihren Zwangsaufenthalt hier in St. James alles andere als begeistert sind.«

Coleman, der Versicherungsvertreter, blickt hoch. Er sieht den Fremden an, als habe ihm dieser einen schlechten Witz erzählt.

»Ah, Mister«, antwortet er, »wie kommen Sie denn auf so was? Nehmen Sie mich. Ich bin extra von Kansas City gekommen, um ein paar unvergessene Tage in diesem herrlichen Städtchen verleben zu können.«

Der Ankömmling grinst. Er hat die triefende Ironie, die in Colemans Worten mitschwang, sehr wohl mitbekommen.

»Oh«, sagt er, »da habe ich mich wohl geirrt. Und ich dachte, Sie seien vielleicht interessiert daran, möglichst schnell wieder von St. James wegzukommen.«

Er tut so, als wolle er gehen. Aber natürlich lassen das die Männer an Mary-Lous Tisch nicht zu. Selbstverständlich sind sie neugierig, was ihnen der Fremde zu sagen hat.

»Warten Sie, Mister«, fordert Bullock ihn auf. »Könnte nämlich sein, dass Sie sich doch nicht geirrt haben.«

Der Fremde steht schon wieder am Tisch.

»Mein Name ist Jones«, sagt er. »Und ich wüsste schon einen Weg, auf dem sie schnellstens an ihr Ziel gelangen können, ohne darauf warten zu müssen, bis der Zug wieder fährt.« Coleman winkt ab. »Wenn Sie darauf spekulieren, uns ein paar Gäule zu verkaufen, liegen Sie falsch. Ich bin nicht nach Kansas gekommen, um an einem Rodeo teilzunehmen.«

»Nein, ich will Ihnen keine Pferde verkaufen«, stellt Jones richtig. »Ich weiß, dass Herrschaften aus dem Osten nicht dazu geschaffen sind, hundert Meilen oder mehr in einem harten Sattel zurückzulegen. Aber was würden Sie von einer hübschen, bequemen Kutsche halten?«

Sofort hat er die ungeteilte Aufmerksamkeit der Reisenden. Auch die von Mary-Lou. Sie denkt im Moment nicht daran, auf ihr Zimmer zu gehen.

»Eine Kutsche?«, wundert sich Meadows, der Mann, der im Westen nach Gold graben will. »Fährt denn hier noch eine Postkutsche?«

Jones lächelt. »Offiziell nicht. Seit es die Bahnlinie gibt, hat Wells Fargo auf dieser Strecke den Postkutschendienst eingestellt.«

»Aber?«, drängt Bullock ungeduldig. Er greift nach seinem Glas und leert es mit einem Zug.

»Nun«, sagt Jones, »es gibt nicht nur Wells Fargo. Ich bin selbst Besitzer einer Postkutsche. Eine achtsitzige Concord. Nicht mehr ganz neu, aber noch sehr … haha … rüstig. Habe sie günstig erworben, als Wells Fargo aufgab. Wenn Sie interessiert sind … Kein Problem für mich, Sie zu günstigen Bedingungen nach Dodge City zu befördern.«

»Setzen Sie sich doch, Mr. Jones«, sagt Bullock.

Er ist so begierig auf ein weiteres Gespräch mit diesem Mann, dass er ihm sogar seinen eigenen Stuhl zur Verfügung stellt.

Die Verhandlungen mit Jones gehen ziemlich schnell über die Bühne. Die »günstigen Bedingungen«, von denen Jones sprach, entpuppen sich sehr bald als ziemlich handfester Wucher. Trotzdem kann sich der Mann mit der Postkutsche über mangelnden Zuspruch nicht beklagen. Mehr als die Hälfte der Festsitzenden ist bereit, auf die überzogenen finanziellen Forderungen von Jones einzugehen. Es handelt sich durchweg um Leute, die genug Geld in der Tasche haben. Sie alle sind nicht zu ihrem Vergnügen in den Westen gekommen und vertreten die Ansicht, dass Zeit manchmal mehr wert sein kann als Geld. Da nur acht, zur Not auch neun Plätze in der Concord zur Verfügung stehen, kann es sich Jones erlauben, sich die Leute auszusuchen, die er befördern will. Klar, dass er dabei allein seinen finanziellen Vorteil im Auge hat.

Auch Mary-Lou ist unter denen, die St. James mit der Kutsche am nächsten Morgen verlassen werden. Sie besitzt genügend Geld, um die teure Fahrt bezahlen zu können. Vor zwei Monaten sind in Alabama die Eltern ihrer Mutter verstorben, die im Krieg von Banditen ermordet worden ist. Mary-Lou hat knapp fünftausend Dollar geerbt, und nun ist sie auf dem Weg zu ihrem Vater in Colorado.

Befriedigt verabschiedet sich Jones, nachdem alles besprochen worden ist.

»Morgen Früh dann vor dem Hotel«, kündigt er an und verlässt den Gastraum.

Die Stimmung der Reisenden hat sich merklich gehoben. Jedenfalls bei denen, die abreisen werden. Der Saloonbesitzer aber macht ein finsteres Gesicht.

»Ich an Ihrer Stelle würde vorsichtig sein«, sagt er, während er die Hände an seiner schmutzigen Schürze reibt. »Keiner von uns hier kennt diesen Jones. Er ist nicht aus dieser Gegend. Und wer weiß – vielleicht will er Sie nur in eine Falle locken?«

»Wie kommen Sie denn darauf, Mister?«, fragt Bullock, der sehr froh ist, doch noch rechtzeitig nach Dodge City zu kommen.

»Well«, meint der Saloonbesitzer gedehnt, »scheint, dass einige von Ihnen ’nen Haufen Geld bei sich haben. Wäre doch ein gefundenes Fressen für Banditen, oder?«

Der Viehhändler macht eine wegwerfende Handbewegung. »Das sagen Sie doch nur, weil Sie sich darüber ärgern, dass Sie an uns nichts mehr verdienen können.«

»Nein«, erwidert der Besitzer des Golden-Star-Hotels kopfschüttelnd. »Es ist nur so, dass die Brücke über den Lubbock Creek bestimmt nicht ohne Grund zusammengebrochen ist. Könnte doch einer dran gedreht haben, oder? ’nen Zug zu überfallen, dazu gehört schon was. Aber so ’ne Postkutsche …«

Gedankenschwer lässt er die Worte in der Luft hängen.

Bullock und ein paar andere machen jetzt doch nachdenkliche Gesichter. Dann aber lacht der Viehhändler.

»Und selbst wenn … Wir sind immer noch neun Personen. Sollen die Banditen mal kommen!«

Er tippt auf seine linke Achsel, wo er wohl eine Waffe in einem Schulterholster verborgen hält.

Der Saloonbesitzer zuckt die Achseln.

»Sie müssen es wissen«, sagt er. Dann kehrt er hinter seinen Tresen zurück und fängt an, Gläser zu spülen.

Mary-Lou glaubt eigentlich nicht daran, dass die Postkutsche zur Falle werden wird. Dieser Jones machte auf sie nicht den Eindruck eines Banditen. Wahrscheinlich hat Bullock sogar recht gehabt: Dem Saloonbesitzer geht es nur um seinen Umsatz.

Als ihre Tischgenossen dann anfangen, die bevorstehende Abreise mit scharfen Getränken zu feiern, geht sie. Diese eine Nacht im Golden-Star-Hotel – sie wird sie überstehen.

Nicht viel später ist sie tief und fest eingeschlafen.

Am anderen Morgen ist Jones pünktlich zur Stelle. Er sieht wie verwandelt aus, denn er trägt jetzt einen derben Wildleder-Anzug, und auf seinem Kopf sitzt ein verbeulter Stetson mit einer Adlerfeder. Aus einem tiefgeschnallten Holster ragt der Elfenbeinkolben eines schweren Revolvers.